Etzoldsche Sandgrube – Park und Gedenkort

Prager Straße / Paulinerweg / Augustinerstraße / Russenstraße | Ortsteil: Probstheida

Auf dem obersten Plateau des mit Bäumen bewachsenen Hügels wird der Besucher mit einem schönen Blick aufs Völkerschlachtdenkmal belohnt. Mit dem Bau des Steinernen Riesen in Probstheida ist die Etzoldsche Sandgrube eng verbunden. Schließlich ist das Areal mit dem heutigen Park einst entstanden, um Sand für den Denkmalsbau zu gewinnen. Inzwischen ist der aus vielen Trümmern entstandene 12 Meter hohe Hügel in der Parkanlage ein Gedenkort. Viele Reste historischer Gebäude, darunter die bei der Umgestaltung des Augustusplatzes am 30. Mai 1968 gesprengte Universitätskirche St. Pauli, liegen unter der aufgetürmten Erde.

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Sandgrube wird zur Deponie für Trümmer


Weniger als einen Kilometer ist das Areal vom Völkerschlachtdenkmal entfernt, dessen Bau im Jahre 1898 beginnt. Neben anderen Baumaterialien wird dafür auch Sand benötigt, der in der Grube ihres einstigen Besitzers Etzold ausgehoben wird. Die Grube bleibt nach dem Denkmalbau in Betrieb – liegt dann aber brach. Nach den Bombenangriffen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg auf Leipzig sind viele Trümmer zu beräumen. Die Etzoldsche Sandgrube wird für diese zur Deponie. Bis in die erste Hälfte der 1980er Jahre hinein dient die Grube, die bald zum Hügel anwächst, zur Ablagerung von Bauschutt. Und bis zur
Friedlichen Revolution wissen wohl nur wenige Leipziger, dass die Grube quasi zur Grabstätte der Kirchen und anderer Kulturgüter ihrer Stadt geworden ist. Forscher wollen nach wie vor herausfinden, ob möglicherweise auch Särge mit Gebeinen dort lagern. Viele Leipziger Honoratioren sind in der Gruft unter der alten Paulinerkirche am Augustusplatz beigesetzt worden. Ihre Gebeine sind vor der Sprengung in einer Nacht- und Nebel-Aktion an einen bis heute unbekannten Ort geschafft worden. Es ist unklar, ob es der Südfriedhof ist. Die Spuren sind vom DDR-Ministerium für Staatssicherheit offenbar gut getilgt worden, viele Fragen bleiben derzeit unbeantwortet.

Kirchensprengung ist politischer Akt


Die Sprengung der Universitätskirche St. Pauli, seit 1543 Bestandteil der 
Universität Leipzig, ist ein politischer Akt gewesen. Der Sakralbau ist den Machthabern der DDR, die den Karl-Marx-Platz (heute Augustusplatz) nach sozialistischen Vorstellungen umgestalten wollen, ein Dorn im Auge. Deshalb muss die Kirche ebenso verschwinden wie das zentrale Gebäude des Augusteums, das zwar beschädigt war, aber zu retten gewesen wäre. Doch die SED-Oberen forcieren die Entwicklung eines zentralen Platzes, der für politische Manifestationen, Feiern und Volksfeste geeignet ist. Die politische Neuorientierung der als Karl-Marx-Universität benannten Universität soll durch eine andere Architektur manifestiert werden.

Bis zu 26 Meter tief werden die Trümmer am Grund der Etzoldschen Sandgrube gelagert. Viele Bauten aus dem Leipziger Osten landen ebenfalls hier. Das bekannteste ist die Markuskirche, die 1973 aufgegeben und 1978 gesprengt wird. 

Nach der Friedlichen Revolution kommen die Geheimnisse der Sandgrube ans Licht. Es ist die Evangelische und Katholische Studentengemeinde, die hier eine kreuzförmige Holzstele zum Gedenken aufstellt. Das ist am 23. Mai 2003.

Klanginstallation erinnert an Kirche


Im Jahr 2010 beginnt die Stadt Leipzig, hier einen Gedenkort einzurichten. Zu diesem Zweck wird der Park neu erschlossen, auf dem Plateau entsteht eine Klanginstallation von
Erwin Stache. „Verlorene Töne“ sollen an diesen verlorenen Ort erinnern. Der Gedenkort lädt ein, das abgesenkte Oval zu betreten und die Installation selbst auszuprobieren. Wer die eingelassenen Schieferplatten berührt, erzeugt mit Trittgeräuschen zunächst den Eindruck, als würde er sich auf hohlem Boden bewegen. Stimmen von Zeitzeugen, Orgelpfeifen und Stadtgeräusche sind zu hören. Die Töne schwellen an, bis plötzlich – als Hinweis auf das plötzliche Verschwinden des Sakralbaus – alle Geräusche abrupt verstummen. Die Klanginstallation ist nur in der wärmeren Jahreszeit in Betrieb (meist April bis Oktober).

Landschaftsarchitektur und Klangkunst wirken hier auf inspirierende Weise zusammen. Der Gedenkort ist zwar von Bäumen umgeben. In Richtung Augustusplatz bleibt aber eine freie Sichtachse. Auf diese Weise gelingt es, den einstigen Standort der Universitätskirche mit dem Ort ihrer Ablagerung räumlich zu verknüpfen. An Informationstafeln wird zudem über den historisch bedeutsamen Ort informiert. Der Park an der Etzoldschen Sandgrube ist auch bei Erholungssuchenden beliebt. Er ist ein idyllischer Ort mit Wiesenflächen und einem großen Kinderspielplatz. Auch Naturfreunde kommen hier auf ihre Kosten, denn der größtenteils wild aufgewachsene Wald ist eine Fundgrube seltener Pflanzenarten, darunter der in in Sachsen seltene Weiße Schwalbenwurz. Neben Robinien und verschiedenen Ahornarten gibt es auch Eschen, Pappeln, Silberweiden und Schwarzkiefern. Die Fläche des Parks hat eine Größe von 10,2 Hektar. 

Wer die Etzoldsche Sandgrube besuchen möchte, erreicht diese u.a. mit der Straßenbahnlinie 15 (Haltestelle Russenstraße).

Stand: 10.01.2024

Erinnerungskreuz an die Johanniskirche

Johannisplatz | Ortsteil: Zentrum-Südost

Das Erinnerungskreuz an die ehemalige Johanniskirche befindet sich auf dem Johannisplatz vor der Westseite des Grassimuseums. Es markiert den Standort des Johanniskirchturms und erinnert an den Bombenangriff auf Leipzig vom 3. zum 4. Dezember 1943. Bei diesem wurde die seit 1305 bestehende Johanniskirche schwer getroffen und brannte aus. Die Reste des Kirchenschiffs wurden am 19. Februar 1949 abgerissen. Der Kirchturm blieb vorerst bestehen und wurde 1957 sogar rekonstruiert. Den SED-Parteifunktionären mit ihrer Vision des sozialistischen Stadtumbaus war der barocke Kirchturm als christliches Symbol jedoch ein Dorn im Auge, so dass er am 9. Mai 1963 gesprengt wurde.

Bildergalerie - Erinnerungskreuz an die Johanniskirche

Der Verein Johanniskirchturm e.V. engagiert sich seit seiner Gründung am 15. März 2003 für die Wiedererrichtung des Johanniskirchturms, der auch eine wichtige Sichtachse zur Universität Leipzig darstellt. Seit 1993 erinnert auf dem geschichtsträchtigen Areal des Johannisplatzes ein Holzkreuz an die Zerstörung der Johanniskirche. Auf Initiative des Johanniskirchturm e.V. wurde das marode Denkmal im Jahr 2013 durch ein neues Kreuz ersetzt, das der Leipziger Künstler Heinz-Jürgen Böhme aus Eichenholz fertigte. Auf dem Querbalken des rund 4 Meter hohen Kreuzes brachte er die schlichte Inschrift an: ZUR ERINNERUNG.

Stand: 10.01.2024

Connewitzer Kreuz

Bornaische Straße, Wolfgang-Heinze-Straße, BIedermannstraße | Ortsteil: Connewitz

„Connewitzer Spitze“ – ein Sport- und Bewegungsparcours zwischen Wolfgang-Heinze-Straße, Biedermannstraße und Bornaischer Straße – im Leipziger Ortsteil Connewitz ist wohl eine Wortschöpfung der Neuzeit. Nur eine nicht mehr benutzte Gleiskurve trennt sie vom Kulturdenkmal mit dem nachgebildeten Weichbildzeichen, das dem Areal seinen Namen gab: dem Connewitzer Kreuz.

Bildergalerie - Connewitzer Kreuz

Das ist leicht zu übersehen, da das „Kreuz“ mit seinem pulsierenden Leben und der starken Verkehrsbelastung durch sieben aufeinandertreffende Straßen kein zentraler Platz ist, auf dem die Menschen verweilen.

Ein Zeichen für städtische Gerichtsbarkeit


Das Kulturdenkmal hat die Zeiten überstanden. Errichtet wird es 1536 im Auftrag der Stadt Leipzig. Die achteckige, fast fünf Meter hohe steinerne Säule aus
Rochlitzer Porphyr sowie einer Sandsteintafel als Krone zeigt das Leipziger Stadtwappen sowie einen Totenkopf zu Füßen des Gekreuzigten. Geschaffen hat sie Hans Pfretzschner, der damalige Ratssteinmetz. Auf der Connewitz zugewandten Seite ist ein liegendes Kreuz abgebildet sowie die Jahreszahl der Aufstellung zu lesen. Die Säule ersetzt ältere hölzerne Kreuze, die die Stadt seit 1436 in Auftrag gegeben hat. 

Jene Weichbildzeichen zeigten damals an, dass das Gebiet der städtischen Verwaltungshoheit und Gerichtsbarkeit unterliegt. Das ist für die Kaufleute wichtig, die sich Leipzig nähern. Über die heutige Kochstraße reisen die aus dem Süden kommenden Handelsleute entlang der Via imperii – eine der bekanntesten alten Fernhandelsstraßen – zur Leipziger Messe. 1877 wird die Südstraße (heute: Karl-Liebknecht-Straße) als geradlinige Verbindung vom Kreuz zur Stadt Leipzig fertig gestellt. Im Jahr 1891 erfolgt die Eingemeindung des Dorfes Connewitz, das damals etwa 15. 600 Einwohnern hatte.

Original steht im Alten Rathaus


Solche Weichbildzeichen gab es damals übrigens an allen vier Ausfallwegen der Handelsstadt. Jenes in Connewitz bliebt als einziges davon erhalten. Das durch Umwelteinflüsse stark beschädigte „Connewitzer Kreuz“ wurde im Jahr 1994 durch eine Kopie ersetzt, für die sich benachbarte Kirchgemeinden wie jene der
Paul-Gerhardt-Kirche sowie die Sparkasse Leipzig eingesetzt hatten. Das Original befindet sich im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig im Alten Rathaus. Der Leipziger Bildhauer Markus Gläser hat es restauriert. Die Kopie des Connewitzer Kreuzes wurde am 8. September 1994 in feierlicher Form von Kulturdezernent Georg Girardet und Denkmalpfleger Wolfgang Hocquél vom Regierungspräsidium der Öffentlichkeit übergeben. An diesem Tag öffnet auch das Beratungszentrum Leipzig-Connewitz der Sparkasse an der Scheffelstraße.

Stand: 10.01.2024

Historisches Bildmaterial - Connewitzer Kreuz

Brückensprengungsdenkmal

Thomasiusstraße 1 / Ranstädter Steinweg | Ortsteil: Zentrum-West

Anlässlich des 50. Jahrestags der Völkerschlacht bei Leipzig wurde das Brückensprengungsdenkmal vom „Verein zur Feier des 19. October“ am 19. Oktober 1863 eingeweiht. Es erinnert an die Sprengung der dort gelegenen Elsterbrücke, welche den Verfolgern des aus Leipzig flüchtenden französischen Heeres den Weg abschneiden sollte. Durch die verfrühte Explosion fanden tausende Soldaten den Tod.

Bildergalerie - Brückensprengungsdenkmal

Vom Korporal Lafontaine und dem verfrüht gezündeten Sprengsatz


Das Brückensprengungsdenkmal befindet sich im
Waldstraßenviertel am Ranstädter Steinweg unmittelbar am Elstermühlgraben zwischen Richard-Wagner-Platz und Waldplatz. Am 19. Oktober 1813 wurde der Ranstädter Steinweg mit seiner am westlichen Ausgang gelegenen Brücke sowie der auf einem Damm in Richtung Lindenau führenden Chaussee Schauplatz einer tragischen Explosion.

Nach der am Vorabend verlorenen Völkerschlacht zog sich Napoleon mit seinen französischen Truppen am 19. Oktober 1813 aus Leipzig zurück. Die Route in Richtung Thüringen führte über einen einzigen möglichen Weg entlang des Ranstädter Steinwegs nach Lindenau. Um zu verhindern, dass seine Gegner die Verfolgung aufnahmen, gab der französische Kaiser vorsorglich den Befehl, die Sprengung der Straßendammbrücken vorzubereiten. Der polnische Heeresführer unter Napoleon, Fürst Józef Antoni Poniatowski, deckte mit seinen Soldaten den Rückzug. Auf der schmalen, über den Elstermühlgraben führenden Steinbrücke am äußeren Stadttor stauten sich die Flüchtenden mitsamt ihren Wagen und Pferden. Napoleon selbst war mit großer Verzögerung über das Peterstor am Ranstädter Steinweg und am Stau vorbei am Naundörfchen an der Elsterbrücke angekommen. Auf letzterer wurde eine große Ladung Sprengstoff deponiert, welche unmittelbar nach Sichtung der Verfolger durch Korporal Lafontaine und drei seiner Männer gezündet werden sollte. Ein Großteil des französischen Heeres befand sich bereits auf dem Marsch nach Markranstädt. Etwa 20.000 Soldaten, darunter die den Rückzug deckende Truppe, waren noch jenseits der Brücke. Kaum war Napoleon außer Reichweite, wurde die Brücke von ersten Kanonenkugeln einer kleinen, vom Rosental kommenden und sich auf die Brücke zu bewegenden Gruppe russischer Jäger getroffen. Wie befohlen zündete Korporal Lafontaine nach eigenem Ermessen die sich auf einem Floß unterhalb der Brücke befindliche Sprengladung. In der Folge fanden bereits durch die Explosion zahlreiche Soldaten den Tod oder ertranken im Hochwasser führenden Fluss. Da die Brücke zu früh gesprengt wurde, war der Fluchtweg nun für 20.000 Mann des französischen Heeres abgeschnitten. Viele starben beim Versuch der Flussdurchquerung, wieder andere ergaben sich den anstürmenden Verbündeten. Etwa 40.000 der napoleonischen Soldaten, darunter 36 Generäle, gerieten in Gefangenschaft. Unter unermüdlichen Kämpfen erreichte auch Poniatowski stark verwundet die Elster nach der Sprengung. Beim Versuch der Durchquerung ertrank er. Die Grabplatte in Gedenken an den polnischen Fürsten befindet sich noch heute auf dem Alten Johannisfriedhof.

Sandstein und Granit am Elstermühlgraben


Anlässlich des 50. Jahrestags der Völkerschlacht zu Leipzig und auf den Tag fünfzig Jahre nach der Brückensprengung wurde vom „Verein zur Feier des 19. October“ am 19. Oktober 1863 das Brückensprengungsdenkmal eingeweiht. Der Entschluss zur Errichtung eines Denkmals in Erinnerung an das Ereignis von 1813 wurde bereits im Jahr 1861 auf der Generalversammlung des Vereins gefasst. Die Stadt Leipzig genehmigte das Vorhaben und stellte das erforderliche Areal in Form einer dreieckigen, vom Elstermühlgraben begrenzten Grünflache am Ranstädter Steinweg, Ecke Thomasiusstraße, kostenlos zur Verfügung. Bedingung war, dass am Denkmal keine Inschrift gegen das französische Volk angebracht werden sollte. Bestrebungen zur Abtragung des Denkmals und das Anlegen einer Grünanlage konnten nach 1945 unter Verweis auf entgegenstehende Anordnungen der Sowjetischen Militäradministration abgelehnt werden. Stattdessen wurden Mittel für eine Restauration und Reparatur des das Denkmal umgebenen Gitterzaunes bereitgestellt. Letzterer wurde aus Gründen der besseren Sichtbarkeit im Jahr 1953 zwischenzeitlich entfernt. Im April 1983 wurde das Brückensprengungsdenkmal erneut restauriert. Im Zuge der Freilegung des Elstermühlgrabens wurde das Denkmal etwas versetzt und am 20. Mai 2006 neu geweiht. Lediglich ein Punkt blieb offen: die Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes. Historische Vorlagen belegen eine den oberen Absatz des Hauptblocks umlaufende Reihe aus 16 Kanonenkugeln.

Das Brückensprengungsdenkmal wurde vom Maurermeister Franz Otto Georg Steib, der Leipziger Eisengießerei Götz & Nestmann sowie dem Leipziger Steinmetzmeister Ernst Julius Einsiedel geschaffen. Das aus Sandstein und Granit gefertigte überlebenshohe Denkmal erinnert optisch an einen Würfel mit mehrstufigem Unterbau. Dieser trägt die Inschrift „Sprengung der Brücke bei dem Rückzuge des französischen Heeres am 19. October 1813“. Der Sockelbereich besteht aus Kleinpflaster in Granitschwellenumrandung, während die Stufen und das Denkmal selbst aus Postaer Sandstein gefertigt wurden. Bekrönt wird es mit einer Sprenggranate als Eisenguß in Form einer stilisiert aufzüngelnden Flamme. Letztere soll in der Gießerei der Gebrüder Karl Harkort und Gustav Harkort gegossen worden sein. Als historisch belegt gilt mittlerweile die Einbeziehung von Kanonenkugeln zu einem früheren Zeitpunkt. Diese bildeten zu jener Zeit den strukturellen Übergang zur nächsthöheren Stufe. Wann und weshalb die Kugeln abgenommen wurden, ist noch ungeklärt. Großzügig umfasst wird das Brückensprengungsdenkmal von einem eisernen Gitterzaun.

Stand: 10.01.2024

Historisches Bildmaterial - Brückensprengungsdenkmal

Synagogendenkmal / Große Gemeindesynagoge

Gottschedstraße 3 / Ecke Zentralstraße | Ortsteil: Zentrum-West

Umsäumt von niedrigen Sträuchern stehen 140 Bronzestühle an der Gottschedstraße, die die meisten Leipziger als Kneipenmeile kennen. Einladend sehen sie nicht gerade aus. Sie gehören zu einem begehbaren Denkmal, das die beiden Leipziger Architekten Anna Dilengite und Sebastian Helm für das Eckgrundstück Gottschedstraße/Zentralstraße geschaffen haben. Es erinnert an die Große Gemeindesynagoge, die während der Novemberpogrome in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 in Brand gesteckt und zerstört wird. Die leeren Stühle sind voller Symbolik. Die Nationalsozialisten haben nicht nur ein bedeutendes Gebäude unweit des Promenadenringes zerstört. Auch die Menschen, die in die Synagoge zum Gebet kommen, sind fort. Ausgegrenzt, verfolgt, vertrieben, ermordet. Stege führen nun hinein in die Reihen. Besucher sollen sich durchaus mal setzen, verweilen und vor allem nachdenken. Sich an diesem Gedenkort mit der Geschichte der ehemaligen Großen Gemeindesynagoge beschäftigen. Durch diese Gestaltung wird auch das räumliche Vakuum des Ortes schmerzhaft bloßgelegt.

Bildergalerie - Synagogendenkmal / Große Gemeindesynagoge

Eine Synagoge auch für Messebesucher


Die Große Gemeindesynagoge wird auch
„der Tempel“ genannt. Das Gotteshaus ist die älteste und bedeutendste Synagoge Leipzigs und wurde nach Plänen von Otto Simonson, einem Schüler von Gottfried Semper, mit etwa 1.600 Plätzen auf einem trapezförmigen Grundriss konzipiert. Das Gebäude muss groß genug sein, um auch von den jüdischen Handelsleuten, die regelmäßig zur Leipziger Messe in die Stadt kommen, genutzt zu werden. Die Grundsteinlegung erfolgt am 9. September 1854. 

Ein Jahr später, am 10. September 1855, kann Rabbiner Adolf Jellinek es bereits einweihen. Das im maurischen Stil errichtete Gotteshaus ist stilprägend für den Synagogenbau in Deutschland in dieser Zeit. Bei seiner Weihe wirkt der Thomanerchor mit. Die Gemeinde ist liberal. Sogar eine Ladegast-Orgel gibt es ab 1868. Diese liberale Ausrichtung führt allerdings zu Akzeptanzproblemen mit den zugewanderten orthodoxen Juden. Deshalb wird für sie die Ez-Chaim-Synagoge in Apels Garten 4/Otto-Schill-Straße errichtet, die in der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 ebenfalls zerstört wurde. 

Gedenkstein erinnert an die Zerstörung


Um an die Zerstörung der Großen Gemeindesynagoge zu erinnern, wurde am 18. November 1966 an der ehemaligen Nordfassade ein Gedenkstein aus Cottaer Sandstein aufgestellt. Der Leipziger Bildhauer
Hans-Joachim Förster entwarf ihn. Das Grundstück der ehemaligen Synagoge diente viele Jahrzehnte als Parkplatz und Standort einer Trafostation. Nach der Friedlichen Revolution im Herbst `89 gibt es Restitutionsansprüche.

Bereits im Juni 1994 beschließt der Stadtrat, in der Gottschedstraße eine würdige Gedenkstätte für die mehr als 13.000 ermordeten und verfolgten Leipziger Juden zu errichten. Doch das Vorhaben zieht sich hin, da komplizierte Grundstücksfragen zu klären sind. So bemüht sich auch die Jewish Claims Conference als Sachwalterin erbenlosen jüdischen Besitzes um das Grundstück. Sie zieht ihre Ansprüche dann aber zurück. 

1997 wird die Stadt Leipzig Eigentümerin der Fläche. Gemeinsam mit der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig lobt sie einen sachsenweit offenen anonymen Wettbewerb aus, zu dem auch internationale Künstler eingeladen sind. Die Leipziger Architekten Anna Dilengite und Sebastian Helm gehen zwar nicht als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Favoriten der Jury sind zunächst ein strenger Kubus aus Beton und Glas sowie alternativ ein Labyrinth aus Glasplatten, auf denen die Namen aller ermordeten Leipziger Juden stehen sollen.

Doch Dilengite und Helm überzeugen mit ihrem Entwurf den Stadtrat. Die Gedenkstätte für verfolgte, ausgegrenzte und ermordete jüdische Bürger wird am 24. Juni 2001 im Beisein des israelischen Botschafters in Deutschland, Shimon Stein, eingeweiht. „Die Menschen sollen sich auf die Stühle setzen und beim Aufstehen die Erinnerung mitnehmen“, sagte er damals.

Brodyer Synagoge bleibt erhalten


An der Grundstücksgrenze steht eine Wand aus Sichtbeton mit Texten in englischer, deutscher und hebräischer Sprache auf jeweils drei Bronzetafeln. Wie die Synagoge aussieht, können auch Nichtsehende in Braille-Schrift ertasten.

Von den Leipziger Synagogen ist lediglich die Brodyer Synagoge in der Keilstraße, die 1904 in ein Wohnhaus hinein gebaut wurde, in ihrer ursprünglichen Funktion erhalten geblieben. Dort konnten beherzte Anwohner im November 1938 den Brandherd löschen. Die Inneneinrichtung sowie Fernster wurden dennoch demoliert. Das Gebäude der Brodyer Synagoge wird „arisiert“, dient danach als Seifenfabrik und wird im Oktober 1945 wieder als Synagoge geweiht. Heute ist sie die Gemeindesynagoge der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig.

Stand: 17.12.2023

Historisches Bildmaterial - Synagogendenkmal / Große Gemeindesynagoge

Gellert-Denkmal

Schillerstraße – Promenadenring | Ortsteil: Zentrum

Dem Dichter Christian Fürchtegott Gellert zu Ehren ließ der Buchhändler Johann Wendler 1774 ein Denkmal errichten. Nur fünf Jahre nach dessen Tod wurde das originale Gellert-Denkmal erbaut, das jedoch weder im Originalzustand noch am Originalplatz heute zu sehen ist.

Bildergalerie - Gellert-Denkmal

Das Leben des Christian Fürchtegott Gellert


Christian Fürchtegott Gellert wurde am 4. Juli 1715 als neuntes von dreizehn Geschwistern in Hainichen geboren. Im Jahr 1734 kam er nach Leipzig und studierte dort mit zwischenzeitlicher Unterbrechung Theologie an der 
Universität Leipzig. Schließlich wurde Gellert dort Professor für Poesie, Beredsamkeit und Moral, wobei er sich auf Prosa spezialisierte. Ein Schwerpunkt seines Seminars, das auch Johann Wolfgang Goethe seiner Zeit besuchte, war der Briefstil. Daneben schrieb und dichtete er Werke, wovon vor allem seine Fabeln große Bekanntheit erlangten. Aber auch Lustspiele, ein Roman, Lehrgedichte, Erzählungen sowie geistliche Oden und Lieder gehörten dazu. Sein gesamtes Leben in Leipzig wohnte er zurückgezogen und in einfachen Verhältnissen, bis er schließlich am 13. Dezember 1769 starb.

Ein Umzug kommt selten allein


Nur einige Jahre nach Gellerts Tod gab der Buchhändler Johann Wendler, der Gellerts Schriften verlegte, ein Denkmal für Gellert in Auftrag. Die Entwürfe dafür kamen von
Adam Friedrich Oeser, einem Freund Gellerts, und wurden von dessen Schüler, dem Bildhauer Friedrich Samuel Schlegel ausgeführt. Am 6. Februar 1774 wurde schließlich das Original-Denkmal in Wendlers Garten an der Johannisstraße errichtet.

Nach Wendlers Tod wurde das Gellert-Denkmal an die Universität übergeben, wo es seinen Platz im Burscherschen Garten des Paulinums fand. Im Jahr 1842 gab man es an die Stadt weiter, die es auf den Schneckenberg am Schwanenteich stellte. Somit stand es in unmittelbarer Nähe zu Gellerts einstiger Wohnung in der Ritterstraße 14. 

Doch auch dieser Standort sollte noch nicht der letzte gewesen sein, denn 1864 musste das Denkmal dem Bau des Neuen Theaters weichen. Den Abbau überstand das Denkmal jedoch nicht und zerfiel. Übrig blieb nur das Bildnismedaillon, das heute im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig ausgestellt ist. Auch das Modell des Denkmals ist hier verwahrt. Nach diesem Modell wurde das Gellert-Denkmal im Jahr 1909 vom Bildhauer Max Lange nachgebaut. Diese Nachbildung steht heute in den Anlagen des Promenadenrings zwischen Schillerstraße und Universitätsstraße.

Dem Andenken Gellerts gewidmet


Den Sockel des Gellert-Denkmals bildet ein quadratischer Unterbau mit einem Lorbeerkranz, auf dem ein Säulenstumpf nach oben ragt. Während der originale Säulenstumpf aus Sandstein bestand, ist die Nachbildung heute aus Marmor gefertigt. Auf der Säule ist eine geschmückte Urne zu sehen, die von drei Grazien in Kindergestalt geehrt wird und Gellerts Andenken bewahren. Auch ein Bildnisrelief befindet sich hier und zeigt den Dichter im Profil. Zwei der Kinderfiguren neigen sich über die Urne, während die dritte das Bildnisrelief mit einer Girlande schmückt. 

Auf der Rückseite des Sockels befindet sich eine Inschrift: „MEMORIAE/ C.F.GELLERT/ sacrum (dem Andenken Gellerts gewidmet, d.A)“. Das Denkmal hat eine Gesamthöhe von 3,75 Metern.

Drei Denkmäler für Gellert


Neben dem Gellert-Denkmal an der Schillerstraße gibt es noch weitere Andenken an Gellert, die jedoch nicht mehr alle zu sehen sind. So erbaute Oeser 1781 ein weiteres Denkmal, das im Garten des 
Gohliser Schlösschens steht. Initiator für das sogenannte Gellert-Sulzer-Denkmal war der Verleger Philipp Erasmus Reich

Einst erinnerte noch ein Gellert-Denkmal im Rosental an den Dichter und Fabelschreiber. Am östlichen Rand des Rosentals stand ein Marmor-Standbild von 1865. Es stammte vom Bildhauer Hermann Knaur und zeigte einen roten Sandsteinsockel mit Sinnsprüchen von Gellert. Allerdings wurde es im Jahr 1919 abgetragen.

Freundeskreis Gellert Leipzig


Um den 300. Geburtstag Gellerts im Jahr 2015 gebührend zu organisieren, gründete sich im Mai 2014 der Freundeskreis Gellert Leipzig. Auf deren Initiative hin wurde an der ehemaligen Wohnstätte in der Ritterstraße 14 eine
Gedenktafel – Christian Fürchtegott Gellert angebracht. Auch das Grab auf dem Südfriedhof wurde neugestaltet und mit einer Stele versehen. Doch dort befand es sich nicht immer, denn Gellert wurde zunächst auf dem Alten Johannisfriedhof begraben. Nach dem Umbau der Johanniskirche wurden seine Gebeine im Jahr 1900 in die Bach-Gellert-Gruft unter den Altarraum umgelagert. Zum gleichen Zeitpunkt setzte man dort auch den ehemaligen Thomaskantor Johann Sebastian Bach bei. 

Nach der Kriegszerstörung der Johanniskirche wurde Gellert 1949 in die Universitätskirche umgebettet, die jedoch 1968 auf Weisung der SED gesprengt wurde. So kamen Gellerts Gebeine 1969 schließlich auf den Südfriedhof, wo er seine bis heute letzte Ruhestätte fand. Johann Sebastian Bachs Gebeine wurden 1949 in die Thomaskirche überführt und im Altarraum beigesetzt.

Die Bach-Gellert-Gruft ist noch heute auf dem Johannisplatz erhalten, wurde aber beim Abriss der Johanniskirche zugeschüttet. Der Johanniskirchturm Verein bemüht sich seit Jahren, diese historisch bedeutende Stätte für Interessierte wieder sichtbar zu machen. 

Stand: 17.12.2023

Historisches Bildmaterial - Gellert-Denkmal

Altes Bach-Denkmal

Dittrichring (gegenüber Nr. 8) | Ortsteil: Zentrum

Das Alte Bach-Denkmal wurde am 23. April 1843 zu Ehren des einstigen Thomaskantors Johann Sebastian Bach vor der damaligen Thomasschule enthüllt. Heute steht die aus Sandstein gefertigte Säule auf dem Promenadenring zwischen Thomaskirche und Dittrichring und gilt als das weltweit älteste Bachdenkmal.

Bildergalerie - Altes Bach-Denkmal

Ein Mann großer Werke


Ein Leipzig ohne Johann Sebastian Bach kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Nicht umsonst gilt er als einer der wichtigsten Wegbereiter und Begründer Leipzigs als Musikstadt. Geboren am 21. März 1685 in Eisenach, zog es ihn für seine Hauptschaffensperiode nach Leipzig, wo er zwischen 1723 und 1750 als Musikdirektor und Kantor in den vier großen Kirchen wirkte. Vor allem in der Thomaskirche war er sehr aktiv und leitete dort den schon damals weltberühmten
Thomanerchor. Neben der Ausbildung von über 300 Thomanern schuf er jeden Sonntag neue Kantaten und komponierte große Werke wie die berühmte Matthäus-Passion und die Johannes-Passion. Er galt als einer der geistreichsten und größten Klavier- und Orgelspieler und dennoch nahm die Stadt seinen Tod am 28. Juli 1750 kaum zur Kenntnis. Bach wurde im vorderen Teil des Alten Johannisfriedhofs begraben und geriet schnell in Vergessenheit. Grund hierfür war der Wandel des musikalischen Geschmacks, nach dem der Barockstil als altmodisch betitelt wurde. 

Die Bach-Renaissance wird ausgerufen


Wie sehr Bach in Vergessenheit geriet, macht eine Schrift von
Robert Schumann deutlich: „Viele Stunden lang forschte ich kreuz und quer, ich fand keinen J. S. Bach. Als ich den Totengräber darum fragte, schüttelte er über die Obskurität des Mannes den Kopf und meinte, Bachs gäbs viele…“.

Schließlich waren es Vertreter der musikalischen Romantik, die Bach und seine Werke wiederentdeckten. Allen voran war hier der Komponist und spätere Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy beteiligt. Er war es, der die Musik Johann Sebastian Bachs wieder in die Kirchen und auch auf die Bühnen brachte. Mit seiner Aufführung der Matthäus-Passion 1829 in der Berliner Singakademie löste er eine europaweite Bach-Renaissance aus. Mendelssohn gab auch den Anstoß, Bach durch ein Denkmal in seiner langjährigen Wirkstätte Leipzig zu ehren. Dafür sammelte er selbst Einnahmen aus extra dafür angesetzten Konzerten, natürlich mit Bachs Werken. Darunter war die Matthäus-Passion vertreten, die dadurch am 4. April 1841 erstmals in Leipzig wiederaufgeführt wurde. Die Erlöse der Konzerte flossen in die Umsetzung des Bach-Denkmals. 

Ein Denkmal für Bach


Mit dem Denkmal beauftragt wurde der Dresdner Akademieprofessor
Eduard Bendemann. Unterstützung erhielt er von Julius Hübner und Ernst Rietschel. Die sich nach oben verjüngende Säule aus Sandstein wurde schließlich vom Bildhauer Hermann Knaur und dem Leipziger Steinmetzmeister Friedrich Moritz Hiller realisiert. Der Mittelteil mit seinem Säulenbündel und den vier freistehenden, gewundenen Ecksäulen steht auf einem sechseckigen Sockel. Obenauf befindet sich ein Gehäuse mit vier gotischen Tabernakeln, zu jeder Himmelsrichtung eine. Die Nordseite ist geprägt von der Büste des Komponisten als Halbplastik. Zur Ostseite hin ist ein orgelspielender Genius zu sehen, der Bach als Künstler und Orgelspieler darstellt. Einen Hinweis auf den Komponisten der Kirchenmusik zeigt das Relief zur Südseite. Hier sind zwei Genien abgebildet, mit Palmenzweigen und Dornenkronen. Auf der Westseite ist schließlich ein Schüler unterrichtender Genius zu sehen, der den Lehrer- und Kantorberuf Bachs darstellt. Als Genius wird der persönliche Schutzgeist eines Mannes mit dem Ausdruck seiner Persönlichkeit bezeichnet. Bekrönt wird das Denkmal mit einer Kreuzblume. Ein schmiedeisernes Gitter mit bronzenen Zierteilen umfasst das Kunstwerk, dessen Errichtung sich im Jahr 2035 zum 200. Mal jährt. 

1843 wurde die Säule an seinem Platz, der damals unmittelbar hinter der Thomasschule lag, aufgestellt. Nach einem von Mendelssohn veranstaltetem Konzert im Gewandhaus zu Leipzig wurde es am 23. April 1843 feierlich enthüllt und der Stadt übergeben. Hier war unter anderem auch ein Enkel Bachs, ein 81-jähriger Mann, samt Familie aus Berlin angereist. 

Der Gedenkstein wurde im Laufe der Zeit mehrmals restauriert, jedoch nie beschädigt oder zerstört. Er überstand somit alle gesellschaftlichen Umbrüche und auch Bombenangriffe auf Leipzig. 

Ein Denkmal kommt selten allein


In unmittelbarer Nähe des Alten Bach-Denkmals wurde anlässlich des 200. Geburtstages Johann Sebastian Bachs ein weiteres Denkmal errichtet. Direkt vor dem Südportal der Thomaskirche steht nach einigen Jahren der Planung eine überlebensgroße Statue Bachs aus Bronze. Der Entwurf von
Carl Seffner zeigt Bach als vitalen Kantor und Komponisten vor einer Orgel stehend. Das neue Bach-Denkmal wurde am Kantaten-Sonntag am 17. Mai 1908 eingeweiht. Gemeinsam mit der dahinter liegenden Thomaskirche als Wirkstätte Bachs bot dieser Ort einen historischen Rahmen für die Errichtung des Denkmals. Nicht zuletzt deshalb, weil die vermeintlichen Überreste Bachs in der Thomaskirche unter einer bronzenen Grabplatte ruhen. Direkt gegenüber können Interessierte in das Leben und Wirken Bachs eintauchen. Im 1711 erbauten Bosehaus befindet sich heute das Bach-Museum. Bach verkehrte oft hier, da er mit dem Kaufmann Georg Heinrich Bose und seiner Familie gut befreundet war. Beide Familien musizierten gern miteinander. Im Jahr 1985 zog das Bach-Archiv ins Bosehaus und eröffnete die erste Ausstellung des Bach-Museums. 

Stand 29.11.2023

Historisches Bildmaterial - Altes Bach-Denkmal

Gedenkort für die verstorbenen Kinder Leipzigs

Liebigstraße 28 | Ortsteil: Zentrum-Südost

Im Friedenspark befindet sich inmitten einer großzügigen Rasenfläche mit ungewöhnlicher Bepflanzung eine Gedenkort für die verstorbenen Kinder Leipzigs. Bei dem 45 Meter langen und sechs Meter breiten Heckengarten handelt es sich um eine Sonderanlage an der Westseite des Friedensparks. Diese beherbergt neun Wildapfelstämme sowie um eine Stahlplatte angeordnete Findlinge. Auf der Platte sind die Begriffe „Anfang“ und „Ende“ eingraviert. Das sich in der daneben befindlichen Bronzeschale sammelnde Regenwasser soll Tränen symbolisieren. Der Entwurf stammt von Antje Schuhmann, Juliane Kirchner-Jung und Detlev Lippmann. Auftraggeber des Gedenkortes ist der Förderkreis der Kinderklinik e.V. der Universität Leipzig.

Weiterhin befindet sich am Gedenkort eine steinerne Stele mit dem Namen des Gedenkortes. Auf deren Rückseite ist auf einer Stahlplatte die folgende Inschrift aufgeführt: 

Dank allen, die diesen Ort ermöglicht haben. Leipzig, 8. Juni 2012

Stand: 29.11.2023

Bildergalerie - Gedenkort für die verstorbenen Kinder Leipzigs

Gletschersteinpyramide

Gustav-Schwabe-Platz, Naunhofer Straße/Ludolf-Colditz-Straße | Ortsteil: Stötteritz

Der „Steinhaufen“ ist von Menschenhand aufgetürmt worden: Dennoch erinnert die Gletschersteinpyramide auf dem Gustav-Schwabe-Platz, die etwas versteckt im Schatten des Völkerschlachtdenkmals und des Wasserturms Probstheida der kommunalen Wasserwerke zu finden ist, an einen natürlichen Vorgang, der die Erdoberfläche veränderte. Riesige Gletscher sind vor gut 150.000 Jahren auf dem Gebiet der heutigen Region Leipzig abgelagert worden. Nahezu 1.000 Kilometer sind sie während der Saalekaltzeit von Skandinavien hierher gewandert. Sie bringen eine dicke Eisschicht mit, die etwa 25.000 Jahre später durch eine Erwärmung des Erdklimas zu tauen beginnt. Unter der Eisschicht formiert sich die Leipziger Tieflandbucht. Viele Findlinge und Gesteinsschutt lagern nun dort. Der Geologe Carl Friedrich Naumann von der Universität Leipzig wies die Inlandvereisung 1844 durch seine Forschungen nach.

Sechs Meter hohe Pyramide entsteht


Solche Findlinge werden Anfang des 20. Jahrhunderts im gesamten Stadtgebiet gesammelt. 1903 entsteht daraus eine sechs Meter hohe Pyramide, die aus etwa 550 Findlingen besteht. Die Fläche misst etwa 5,40 mal 5,40 Meter.

1904 wird der benachbarte Gregoryplatz mit der Findlingsmauer angelegt. Finanziert hat die Pyramide die Deutsche Credit-Anstalt sowie die Leipziger Immobiliengesellschaft, wie man heute an der an der Pyramide angebrachten Tafel lesen kann. Die 1872 gegründete Gesellschaft spielt eine wichtige Rolle beim baulichen Aufschwung der sich entwickelnden Großstadt. Sie erschließt Baugrund und stößt bei Ausschachtungen auf größere Mengen eiszeitlichen Gneis- und Granitgesteins.

Moos wird entfernt, die Fugen erneuert


Im Jahr 2000 wird die Pyramide saniert, um das besondere gesteinskundliche Kulturgut zu wahren und neu in Szene zu setzen. Die Initiative geht auf
Klaus Bente vom Institut für Mineralogie, Kristallographie und Materialwissenschaften der Universität Leipzig zurück. Nach 20 Jahren ist eine Sanierung meist erforderlich. Etwa um das Moos zu entfernen sowie gerissene Fugen zu erneuern. Das steinerne Kulturgut wird oft mit Graffiti verunstaltet – das wiederum macht regelmäßige Reinigungen notwendig.

Inschrift auf der Tafel auf der Vorderseite der Gletschersteinpyramide


In der um Jahrtausende zurückliegenden Eiszeit
haben die gewaltigen Gletscher Skandinaviens
ihre südlichen Ausläufer bis in diese Gegend erstreckt
und zahlreiche Steine aus Schweden mit sich geführt
und hier abgelagert.

Aus solchen Steinen ist im Jahre 1903
von DER ALLGEMEINEN DEUTSCHEN CREDIT-ANSTALT und
DER LEIPZIGER IMMOBILIENGESELLSCHADFT
IN LEIPZIG
in deren Feldern sie zerstreut eingebettet lagen
dies Denkmal hier am Fundort errichtet worden.

Das Denkmal steht im Schutze edler Menschen

Stand: 29.11.2023

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Schiller-Denkmal

Schillerstraße – Lenné-Anlage im Promenadenring | Ortsteil: Zentrum

Das vom Leipziger Bildhauer Johannes Hartmann geschaffene Schiller-Denkmal wurde anlässlich Friedrich Schillers 109. Todestags am 9. Mai 1914 in der Lenné-Anlage des Promenadenrings eingeweiht. Das marmorne Monument wurde nach klassizistischem Vorbild mit Einflüssen des Jugendstils erschaffen und zeigt auf einer hohen Stele die Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren in Form eines Mannes und einer Frau angebracht.

Von der Porträtplakette zum marmornen Denkmal am 109. Todestag


Das Leipziger Schiller-Denkmal wurde zu Ehren des über mehrere Monate in Leipzig verweilenden Dichters und dessen Schaffen errichtet. Der Einladung eines Verehrers folgend kam Friedrich Schiller erstmals am 17. April 1785 nach Leipzig. Dort bezog er zunächst in der Petersstraße, später in der Hainstraße 5 im Gasthaus
Kleines Joachimsthal Quartier, wo er 1789 nochmals mit seiner Frau wohnte. Aus diesem Grund wurden an der Fassade zwei 1859 geschaffene Kupfermedaillons mit den Bildnissen des Ehepaares angebracht. Der Verlagsbuchhändler Georg Joachim Göschen vermittelte Schiller ein Zimmer in einem Bauernhaus im Dorf Gohlis bei Leipzig. Im heutigen Schillerhaus schrieb der Dichter seine berühmte Ode „An die Freude“, arbeitete am „Don Carlos“ und am „Fiesko“. Nach seiner Abreise am 11. September 1785 besuchte Schiller Leipzig noch einige Male für kürzere Aufenthalte, so etwa 1801 und 1804. 

Obwohl Friedrich Schillers Geburtstag nach seinem Tod 1805 seit den 1840er in der Stadt als volkstümliches Fest gefeiert wurde, setzten die Leipziger dem berühmten Dichter erst verhältnismäßig spät ein Denkmal. Anlässlich seines 100. Geburtstages wurde im November 1859 auf dem Markt temporär eine Kolossalbüste auf einem hohen Postament errichtet. Gleichzeitig erhielt auch die neu angelegte Straße zwischen Universitätsstraße und Peterstor den Namen Schillerstraße. Anlässlich des 100. Todestages des Dichters ließ der Schokoladenmanufakteur Adolph Schütte-Felsche im Mai 1905 auf dem Gelände des früheren Ausflugslokals Wasserschenke in Gohlis, wo Schiller oft einzukehren pflegte, an einem Granitstein eine von Carl Seffner geschaffene Porträtplakette Schillers anbringen, welche 1975 verloren ging.

Monumente für Schiller gehörten im 19. Jahrhundert zur Standardausstattung deutscher Städte. Als Symbolfigur nationaler Einheitsbestrebungen und Lieblingsfigur des deutschen Volkes wurde Schiller lange Zeit sogar über Johann Wolfgang Goethe gestellt. Erste ernsthafte Bemühungen um ein dauerhaftes Schiller-Denkmal in Leipzig wurden im Januar 1906 durch einen Denkmalausschuss, dessen Leiter später der bekannte Leipziger Literaturhistoriker und geistige Führer des Schillervereins Georg Witkowski war, gemacht. Der hierfür in Betracht gezogene Platz vor dem Alten Theater am heutigen Goerdelerring wurde von der Stadt abgelehnt. Im November 1911 startete der Denkmalausschuss in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Künstler-Verein einen Wettbewerb, dessen 33 eingegangene Entwürfe im April 1912 im Neuen Rathaus ausgestellt wurden. Obwohl ursprünglich ein Denkmal des jungen Schillers, als Kontrast zum Standbild Goethes, angedacht war, wurde der Entwurf des Leipziger Bildhauers Johannes Hartmann zum Sieger auserkoren. Hartmann galt als enger Vertrauter Max Klingers und wurde durch seine Mitarbeit u.a. am Neuen Rathaus, an der Deutschen Bücherei und an dem Brunnen Badendes Mädchen unter den Arkaden des Alten Rathauses bekannt. Am 3. Juli 1912 wurde auf dem ursprünglich für das Denkmal geplanten Platz am Neumarkt eine hölzerne Probefassung aufgestellt, die im März 1913 zum fertigen Monument vollendet wurde. Im Juni wurde der Standort ein weiteres Mal mit der Probefassung getestet. Die Stadt bezuschusste die noch fehlenden 20.000 Mark und trug die Kosten für die 3.270 Mark teure Fundierung, so dass einer rechtzeitigen Fertigstellung bis zum 109. Todestags Schillers am 9. Mai 1914 nichts mehr im Wege stand.

Durch Leipzigs Grün schillert Schiller…


Hartmanns Werk aus Marmor zeigt die sich nach klassizistischem Vorbild auf hoher, schmuckloser Stele befindliche streng frontal und unbekleidete Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren angebracht, links ein Mann, rechts eine Frau. Diese Ausführung erinnert an die Trabantendenkmäler aus dem 19. Jahrhundert. Die beiden Figuren stehen symbolisch für die „Erhabenheit“ und die „Tragik“, was den Betrachter zum Infragestellen des geläufigen Dichterstandbildes anhalten sollte. Beide Sockelfiguren sollen das „Ringende als zentrales Moment des dichterischen Schaffensprozesses“ verkörpern. Ihre Nacktheit zielt auf das „allgemein Menschliche ohne antikisierende Geschlechtslosigkeit“ ab. In Hartmanns ersten Entwurf für das Monument war die weibliche Figur ursprünglich von den Hüften abwärts bekleidet gewesen.

Die beiden Figuren erinnern an das Schaffen Max Klingers, während hinter den bildnerischen Intentionen das Vorbild Max Klingers und Johannes Hartmanns, der französische Bildhauer Auguste Rodin, steht. Ausgangspunkt für Hartmanns Werk waren nicht Schillers frühere Aufenthalte in Leipzig, sondern dessen über die Zeiten gerichtete strebende Idealität, welche bereits von Ernst Rietschel, dem Schöpfer des Weimarer Doppelstandbilds, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für alle folgenden Schiller-Rezeptionen festgeschrieben wurde. Hartmann interpretierte diese in seinem Werk durch den Ausdruck schicksalsschwerer Innenschau und einer Mystifizierung Schillers. Bei der Modellierung der Gesichter sagte sich Hartmann von der vom Stuttgarter Bildhauer Johann Heinrich Dannecker geschaffenen Bildnisbüste Schillers bewusst los: Sein Denkmal in Form eines hohlwangigen Dichters brach mit dem typischen Schillerbild des 19. Jahrhunderts. Dieser vollzogene Formenwandel im Geist des Jugendstils entsprach den veränderten Vorstellungen von Literatur um 1900 und der Entwicklung vom Bild des klassischen Dichterfürsten zum Erlebnislyriker. Insofern war das Monument, damals wie heute, schwer mit der gängigen Vorstellung eines Dichtermonuments in Einklang zu bringen. Für die marmorne Ausführung des Schiller-Denkmals war wohl der langjährige Hilfsarbeiter Max Klingers, der Steinbildhauer August Schmiemann aus Plagwitz, verantwortlich.

„Pfui Teufel“: Warum sich die Leipziger über das Denkmal empörten…


Bereits am Tag nach der Denkmalweihe empörten sich einige Bürger der Stadt in einem anonymen Schreiben mit den Worten: „Ein Paar gemeinere Gestalten konnten unsere allverehrten Stadtväter unsrem edlen Schiller wohl nicht an die Seite stellen als wie den Adam und die Eva, die da nackend sich der Jugend zeigen. Pfui Teufel noch einmal.“ Trotz der Kritik blieb das Denkmal in der Promenadenanlage an der Schillerstraße in seiner Ursprungsform erhalten. Dennoch zählte es nicht wie das 
Bach-Denkmal vor der Thomaskirche oder das Goethe-Denkmal auf dem Naschmarkt zu den populären Denkmälern der Stadt. Dies lässt sich zum einen mit der Tatsache begründen, dass sich Schillers Denkmal derart als Kunstwerk geriert, dessen Platz vielmehr im Museum als unter freiem Himmel zu suchen wäre. Zum anderen fehlt es vielen Bürgern inhaltlich an lokalem Bezug. Anstatt der Vorstellungen des „Leipziger Schiller“ in Form einer historisierenden Kostümstatue wurde vielmehr eine geläuterte, abgehobene „Walhalla-Idealität“ Schillers inszeniert, welche der Denkmalserwartung widersprach.

Bei dem Leipziger Schiller-Denkmal, welches zeitgleich mit dem Dresdner Schiller-Denkmal entstand, handelt es sich um eines der letzten öffentlichen Monumente, die dem Dichter zahlreich in Deutschland gesetzt wurden. Es ist außerdem das einzige Denkmal Leipzigs, welches stärkere Einflüsse des Jugendstils zeigt.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Schiller-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Schiller-Denkmal

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