Bildlexikon Leipzig

Fürstenhauserker / Fürstenhaus

Nikolaistraße 1 / Grimmaische Straße 17 | Ortsteil: Zentrum

Das Fürstenhaus wurde 1558 vom Bildhauer Paul Wiedemann als prächtigstes Bürgerhaus Leipzigs im Stil der Renaissance für den Ratsherren Georg Roth errichtet. Es wurde leider mitsamt seiner beiden eindrucksvollen Runderker im Zweiten Weltkrieg zerstört. Bei dem Fürstenhauserker am Eckhaus in der Grimmaischen Straße 17, Ecke Nikolaistraße, handelt es sich um eine nach historischem Vorbild vom Dresdner Bildhauer Christian Hempel und Steinmetzen des VEB Denkmalpflege Leipzig geschaffene Replik. Diese wurde in Form eines Runderkers aus Rochlitzer Porphyr im Jahr 1986 am neugebauten Eckhaus angebracht.

Sächsische Renaissance inmitten der Einkaufsmeile


Das Fürstenhaus galt einst als prächtigstes Bürgerhaus der Leipziger Renaissance und war eines der wichtigsten Bauten dieser Art in Mitteldeutschland. Erstmals erwähnt wurde einer seiner Vorgängerbauten im Jahr 1503 als Predigerkloster, gelegen am „Pauler Kirchhofe“. Zwischen 1540 und 1546 erwarb der Dekan der medizinischen Fakultät,
Sebastian Roth, diverse Grundstücke am „Pauler Kirchhofe“, darunter Überlieferungen nach auch das Fürstenhaus. Der Sohn des Dekans, Kaufmann Georg Roth, beauftragte später die Errichtung eines Neubaus auf den Grundmauern des Klosters und der einstigen Bürgerhäuser im spätgotischen Stil. An dieser Stelle entstand im Jahr 1558 nach Entwürfen des Steinmetzen Paul Wiedemann gegenüber des heutigen Eiscafés San Remo in der Grimmaischen Straße 30 das vornehme Bürgerhaus. Neben den Fürstenhauserkern schuf Paul Wiedemann im Jahr 1557 auch den Pfeiferstuhl im Festsaal des Alten Rathauses als herausragendes Zeugnis der Bildhauerkunst. Da einst vier Söhne des Herzogs Friedrich Wilhelm I. von Altenburg während ihres Studiums an der Universität Leipzig in dem Renaissance-Bau logierten, erhielt es im Jahr 1612 den Namen Fürstenhaus. Das Gebäude war optisch mit rechteckigen Fenstern und durchlaufenden Sohlbankgesimsen sowie die Stirnseiten jeweils mit einem vor das Dach gesetzten Ziergiebel gestaltet. Die Hauptfassade schmückten drei Zwerchhäuser. Besonders markant waren die beiden aufwändig verzierten Runderker aus Rochlitzer Porphyr an der Hauptfront, welche das von Giebeln bekrönte zweigeschossige Wohnhaus schmückten. Dabei handelte es sich zugleich auch um die eindrucksvollsten Bauplastiken jener Zeit in der Stadt, welche Profilbildnisse und Wappen in filigraner Ornamentik der Renaissance abbildeten. Historische Quellen belegen auch den Aufenthalt des Zaren Peter der Große im Gebäude im Jahr 1713. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Fürstenhaus bereits im Besitz der benachbarten Universität Leipzig, welche das Objekt im Jahr 1648 erwarb. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde das Gebäude meist vermietet, bevor es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Kaufhaus umfunktioniert wurde.

Bei einem verheerenden Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude in der Nacht des 4. Dezember 1943 zerstört. Wie einige Fotoaufnahmen aus der Nachkriegszeit zeigen, ragte lediglich noch der Treppenturm aus dem Trümmerhaufen heraus. In der Folge wurden beim Abbruch der Ruine einige Überreste der beiden verhältnismäßig gut erhaltenen Erker aus dem Schutt geborgen und über mehrere Jahrzehnte in den Kellern der Moritzbastei eingelagert. In den 1980er Jahren beauftragte die Stadtverwaltung Leipzig den Dresdner Bildhauer Christian Hempel mit der Anfertigung einer vollständigen Kopie des Runderkers aus Rochlitzer Porphyr. Mit Unterstützung von Steinmetzen des VEB Denkmalpflege Leipzig fertigte Hempel eine originalgetreue Replik auf Grundlage einiger weniger geborgenen Fragmente sowie unter Zuhilfenahme von historischen Aufnahmen. Die Replik in Form eines prächtigen Runderkers wurde im Jahr 1986 am neugebauten Eckhaus in der Grimmaischen Straße 17 befestigt. Die Originalfragmente der im Krieg zerstörten Erker galten bis zu ihrer Wiederentdeckung 2006 auf dem Werkstoffhof des Dresdner Steimetzbetriebes als verschwunden und wurden im Jahr 2011 an die Universität Leipzig zurückgeführt. Nach umfassender Restaurierung sollen die Fragmente des Fürstenhauserkers ab Herbst 2024 im Rahmen eines Lapidariums im Seminargebäude der Universität Leipzig auf dem Campus Augustusplatz ausgestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Der festeste Turm ist der Name des Herrn…


Der zweigeschossige Fürstenhauserker aus Porphyrtuff mit seiner welschen, schiefergedeckten und geschwungenen Dachhaube wurde einst nach dem Vorbild der vom Baumeister
Kunz Krebs geschaffenen Runderker am Schloss Hartenfels in Torgau konzipiert. Die Brüstungsfelder des Erkers bilden im ersten Obergeschoss diverse Wappendarstellungen sowie im zweiten Obergeschoss Kartuschen mit Bildnissen der Besitzerfamilie ab. Oberhalb der sechs in für die Renaissance typischem Rollwerk gerahmten Fenstern ist die lateinische Inschrift „Turris fortissima nomen domini beati omnes qui confiunt in eo“ eingraviert. Übersetzt bedeutet dies „Der festeste Turm ist der Name des Herrn, glücklich alle, die sich zu ihm bekennen“. Weitere für den Architekturstil typische Elemente befinden sich am Erker in Form von Flechtbändern und hängenden Girlanden, welche die Fenster optisch voneinander trennen, ebenso wie Eierstabfries und Diamantquader unter dem Hauptgesims. Am Konsolstein sind die Initialen des Steinmetzes Paul Wiedemann angebracht. 

Stand: 28.2.2024

Bildergalerie - Fürstenhauserker / Fürstenhaus

Historisches Bildmaterial - Fürstenhauserker / Fürstenhaus

Mendelssohn-Büste auf einer Stele

Mendelssohn-Ufer (zwischen Mozartstraße und Beethovenstraße) | Ortsteil: Zentrum-Süd

Die vom Leipziger Bildhauer Walter Arnold geschaffene Mendelssohn-Büste wurde am 4. November 1947 am ehemaligen Standort des abgetragenen Mendelssohn-Denkmals vor dem im Krieg stark beschädigten Zweiten Gewandhaus eingeweiht. Die Porträtstele besteht aus einem 2,28 Meter hohen Sockel aus Kalksandstein, auf welchem sich eine 61 Zentimeter hohe Bronzebüste von Felix Mendelssohn Bartholdy befindet. Seit 2007 befindet sich die Mendelssohn-Büste südwestlich des Mendelssohn-Ufers unweit der Mozartbrücke vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Keinen Komponisten ehrt die Musikstadt mit mehr Denkmälern…


Nach Wien blickt kaum eine andere Stadt auf eine so vielseitige musikalische Vergangenheit zurück, wie Leipzig. Die durch Unternehmen und Messe prosperierende Stadt ist Heimat des weltberühmten
Thomanerchores und war Wirkungsstätte vieler namhafter Komponisten und Musiker, welche sich hier zeitweise aufhielten oder lebten. Einer von ihnen war der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy, der zwölf Jahre in Leipzig lebte und mit seinem Wirken einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung Leipzigs als Musikstadt mit internationaler Strahlkraft leistete. Von 1835 bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1847 war er Gewandhauskapellmeister, entdeckte die Werke von Johann Sebastian Bach wieder und gilt als Begründer der ersten Musikhochschule Deutschlands im Jahr 1843. Das Conservatorium der Musik wurde später in Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig umbenannt und entwickelte sich seit seiner Gründung europaweit zu einer der renommiertesten Einrichtungen dieser Art. Mendelssohn lebte mit seiner Familie in der ersten Etage eines spätklassizistischen Bürgerhauses in der heutigen Goldschmidtstraße. In dem restaurierten Gebäude befindet sich heute das von Kurt Masur eröffnete Mendelssohn-Haus, welches die restaurierte und rekonstruierte Wohnetage mit Musiksalon sowie zwei weitere Ausstellungsetagen beherbergt. Geehrt wird Felix Mendelssohn Bartholdy auch mit den alljährlich über eine Woche um Mendelssohns Todestag herum stattfindenden Mendelssohn-Festtagen. Als Kooperation zwischen dem Mendelssohn-Haus und dem Gewandhaus zu Leipzig wird im Rahmen von vielfältigen Konzertveranstaltungen an beiden authentischen Orten das umfassende Repertoire aufgeführt, darunter Kammer- und Chormusik sowie Sinfonien.

Für keinen anderen Komponisten gibt es mehr Denkmäler in Leipzig, wie für Felix Mendelssohn Bartholdy. Dazu zählt das 2008 gegenüber der Thomaskirche errichtete Mendelssohn-Denkmal als drei Meter hohe Bronzestatue. Dabei handelt es sich um eine Replik des von Werner Stein entworfenen Mendelssohn-Denkmals, welches sich einst an der Ostseite des Zeiten Gewandhauses befand. Aufgrund von Mendelssohns vermeintlicher jüdischer Abstammung wurde das Denkmal 1936 auf Geheiß des stellvertretenden Leipziger Bürgermeisters, Rudolf Haake, abgebrochen.

Altes Denkmal am neuen Standort


Ein weiterer Ort, der den berühmten Komponisten namentlich ehrt, befindet sich in Form einer Grünanlage im
Musikviertel unweit des Bundesverwaltungsgerichtes. Im Rahmen der Offenlegung des Pleißemühlgrabens zwischen 2006 und 2007 und dem Bau einer Tiefgarage unterhalb des Areals wurde von 2005 bis 2012 das sogenannte Mendelssohn-Ufer geschaffen. Eine begrünte Treppenanlage führt hinunter zum Pleißemühlgraben, während die sich auf den Stufen befindlichen Sitzkuben Noten auf Notenlinien symbolisieren. Die lockere Verteilung dieser soll die ersten beiden Takte aus Mendelssohns Violinkonzert e-Moll darstellen. Die grüne Sitztreppe wird von Anwohnern und Studenten in der benachbarten Universitätsbibliothek gleichermaßen als beliebter Aufenthaltsort genutzt.

An der Südwestecke des Mendelssohn-Ufers befindet sich seit dem Jahr 2007 die Mendelssohn-Büste. Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Untergang des Nationalsozialismus setzte sich besonders Rudolf Fischer als Rektor der Staatlichen Hochschule für Musik – Mendelssohn-Akademie (ab 1972 Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig) für eine erneute öffentliche Würdigung von Felix Mendelssohn Bartholdy ein. Mit den vorhandenen Mitteln wurde zunächst am 2. Oktober 1946 ein Gedenkstein mit Namen und Lebensdaten des Komponisten am Standort des 1936 von den Nationalsozialisten abgetragenen Mendelssohn-Denkmals vor den Überresten des stark beschädigten Alten Gewandhauses eingeweiht. Dank einer großzügigen Spende der „Leipziger Zeitung“ über 11.200 Mark konnte der Gedenkstein durch eine von Walter Arnold geschaffene Stele ersetzt werden. Auf einem 2,28 Meter hohen Sockel aus Kalksandstein fertigte der Leipziger Bildhauer eine 61 Zentimeter hohe Bronzebüste an, welche Felix Mendelssohn Bartholdy abbildete und von der Bronzegießerei Noack geschaffen wurde. Die Mendelssohn-Stele wurde am 4. November 1947 durch Erich Zeigner, den damals amtierenden Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, feierlich am einstigen Standort des abgetragenen Mendelssohn-Denkmals in der Grassistraße eingeweiht. 

Auf einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung hin wurde die Stele am 25. Oktober 1967 an das westliche Ende der Fritz-von-Harck-Anlage verlegt, wo sie bis 1999 verblieb. Aufgrund der Umgestaltung der Grünanlage vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde die Mendelssohn-Büste zwischenzeitlich auf das Areal des Mendelssohn-Hauses verlegt, bevor sie 2007 ihren endgültigen Standort südwestlich des Mendelssohn-Ufers unweit der Mozartbrücke erhielt. Der ursprüngliche Plan, die Stele nach Fertigstellung des neuen Universitätskomplexes auf dem Areal des Zweiten Gewandhauses zu platzieren, wurde verworfen.

Stand: 18.01.2024

Bildergalerie - Mendelssohn-Büste auf einer Stele

Thüringer Hof

Burgstraße 19 | Ortsteil: Zentrum

Der „Thüringer Hof“ ist Leipzigs älteste Traditionsgaststätte. Seinen heutigen Namen erhielt der Gasthof 1838 vom aus Thüringen stammenden Gastwirt Friedrich Pietzsch. Besondere Bekanntheit erhielt der Thüringer Hof durch die geistige Elite, die ihrerzeit in den Gemäuern verkehrte, darunter Martin Luther, Robert Schumann und Friedrich Gottlob Klopstock. Im Traditionshaus werden thüringische, fränkische und sächsische Spezialitäten serviert.

Über 500 Jahre Historie: Leipzigs ältestes Traditionsgasthaus


Begrüßt wurden die Gäste einst in der Vorhalle mit dem Wandspruch „Wo einst die Ritter rüstig gezecht, Da zecht’s sich noch heutigen Tages nicht schlecht! Frisch fröhlicher Sang durchhallt das Gewölbe, Die Zeiten sind andre, der Durst ist derselbe!“ Der Thüringer Hof galt einst als volkstümlichste Biergaststätte der Stadt. Seine Geschichte reicht bis ins Jahr 1454 zurück. 

1519 kam Martin Luther nach Leipzig, besuchte auch den Thüringer Hof und hielt seine berühmte Disputation mit Johannes Eck in der benachbarten Pleißenburg, auf deren Grundmauern sich heute das Neue Rathaus befindet. Dieses Ereignis wird heute im Thüringer Hof als Lutherspektakel in Szene gesetzt. Keine andere Leipziger Gaststätte – außer Auerbachs Keller – weist derartig bleibende geschichtliche Spuren auf. 

Das ursprüngliche Gebäude des Thüringer Hofs wurde 1454 von Dietrich von Buckendorf erbaut. 1466 eröffnete die Gaststätte erstmals unter dem Namen „Studentenburse“. 1515 wurde Dr. Heinrich Schmiedeberg, Professor und Kanzler des Bistums Naumburg sowie Freund Martin Luthers, Eigentümer des Gasthofs. Im Jahr 1552 verlieh Herzog Moritz Curfürst von Sachsen dem Wirtshaus ein vom Künstler Lucas Cranach geschaffenes Hauswappen. Zwischen 1561 und 1606 befand sich der Thüringer Hof im Besitz von Erasmus von Könneritz und dem Freiherrn von Pflugk. Im Jahr 1813 wurde das Gasthaus Zeuge von Napoleons Flucht aus Leipzig durch die Burgstraße nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig 1813. Seinen heutigen Namen „Thüringer Hof“ erhielt es 1838 vom aus Thüringen stammenden Gastwirt Friedrich Pietzsch, auch bekannt unter dem Namen „Tigerwirt“, der auch Inhaber des „Goldenen Tigers“ am Brühl war.

Geistige Elite in „Grimpe-Stube“, „Burgverlies“ und „Lutherhalle“


1858 wurde Johann August Grimpe neuer Eigentümer. Nach der Übernahme des Gasthauses 1877 durch seinen Sohn Georg Grimpe, einem der populärsten Bürger der Stadt, erhielt der Thüringer Hof durch die neue, originelle Gestaltung, seine Bekanntheit und erfuhr seine Blütezeit. Das Gasthaus bot in etwa 17 Räumlichkeiten Platz für rund 1.200 Gäste. Die „Luther-Halle“, die „Grimpe-Stube“, der „Karzer“, das „Refektorium“, die „Vordere Wolfsschlucht“ und „Hintere Wolfsschlucht“, die „Cantorei“, das „Burgverlies“ und die „Gute Stube“ sowie die nach Richard Wagner, Johann Sebastian Bach und Theodor Körner benannten Zimmer verliehen dem Thüringer Hof sein individuelles Flair. Nach der baulichen Einbeziehung des Freihauses wurden die Gasträume um die großzügige „Lutherhalle“, den überdachten Hof „Staubfreier Garten“ und den „Freyhaus-Saal“ erweitert. 

Das Geschichtsinteresse von Georg Grimpe und die Tatsache, dass er größten Wert auf Historie legte, traf genau den Zeitgeschmack. Der Gastwirt ließ einige bedeutsame Begebenheiten aus der Stadtgeschichte vom Künstler Adolf Lehnert in einem geschnitzten Wandrelief darstellen. Stolz präsentierte er den Gästen außerdem einen Originalbrief von Martin Luther, den der Reformator an den vormaligen Hausbesitzer Dr. Heinrich Schmiedeberg, zu welchem er ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, schrieb.

Aus alt wird neu: Historische Bausubstanz im neuen Gewand


Durch den Erwerb der beiden Nachbargrundstücke Nummer 19 und 23 durch Georg Grimpe im Jahr 1888 wurde der Thüringer Hof zu einer volkstümlichen Großgaststätte mit legendärem Ruf. Es erfolgte eine umfassende Rekonstruktion sowie eine prunkvolle Ausgestaltung mit Architekturmalerei, kunstvollen Wand- und Deckenvertäfelungen, Bleiglasfenstern und Kunstschmiedearbeiten. Nach dem Kauf des Thüringer Hofes mit Grund und Boden durch die Würzburger Hofbräu AG im Jahr 1911 wurde die Gaststätte ein Jahr später von Andreas Hermann und dessen Frau als Pächter übernommen. Seit diesem Jahr ist der Thüringer Hof Spezialausschank der Würzburger Hofbräu AG. Zwischen 1930 und 1933 wurde die Lutherstube im Restaurant unter Einbeziehung des Pflugkschen Freihauses ausgebaut. Dank den beiden Pächterfamilien Hermann und Börner sowie der Würzburger Hofbräu AG entwickelte sich die Lutherhalle zu einem besonderen und einzigartigen Anziehungspunkt. Der Raum wurde mit diversen künstlerischen Motiven aus dem Leben und Wirken von Martin Luther ausgestaltet: Ein großes Rundbogenfenster mit Glasgemälde zeigte den Reformator auf dem Reichstag zu Worms, während in den Kunstverglasungen von acht weiteren Fenstern Städtebilder aus Luthers Zeit illustriert waren. Der Raum war außerdem mit zwölf an den Steinpfeilern angebrachten Plastiken in Form von Charakterköpfen bedeutender Frauen und Männer aus Luthers Zeit ausgestaltet. 

Durch einen schweren Bombenangriff im Jahr 1943 wurde der traditionsreiche Gebäudekomplex des Thüringer Hofes beinahe vollkommen zerstört. Zwischen 1948 und 1949 begann der Wiederaufbau des Gasthauses im Erdgeschoss, wobei einige Überreste und Details der alten Bausubstanz gerettet und in den Neubau integriert werden konnten. Im Jahr 1952 wurde Robert Sauer Pächter des Thüringer Hofes, bevor dieser 1972 durch die Gaststättenorganisation Gastronom Leipzig übernommen wurde. 1993 startete nach Abriss des alten Gebäudes der Wiederaufbau sowie die gesamte Rekonstruktion. Am 4. Mai 1996 wurde der Thüringer Hof nach dreijähriger Bauzeit wiedereröffnet.

Schlemmen wie zu Luthers Zeiten


Die Thüringer Hof zu Leipzig GmbH lädt heute als junges thüringisch-sächsisches Unternehmen zum Speisen und Verweilen ein. Begrüßt werden die Gäste an der Hausecke des Thüringer Hofes von einer fröhlichen, bronzenen Gambrinusfigur. Gemeinsam mit riesigen, schmiedeeisernen Auslegern und Kandelabern, dem historischen Eingangsportal und der dem Original nachempfundenen historischen
Handschwengelpumpe aus dem Jahr 1984 zählt diese zu den Wahrzeichen des Gasthauses. Neben der thüringischen Küchentradition werden auch sächsische und fränkische Spezialitäten angeboten. Die wohl bekannteste Speise des Thüringer Hofes ist das „Luthergericht“. Dabei handelt es sich um gepökeltes Eisbein mit hausgemachtem Sauerkraut und Thüringer Klößen. Neben frisch gezapftem Pils und Schwarzbier sind auch Thüringer Edelobstbrände und Spezialitäten wie der Leipziger Allasch nicht aus der Getränkekarte wegzudenken. 

Das Herzstück des Thüringer Hofes, der Luthersaal, bietet Platz für 200 Gäste und präsentiert sich mit eindrucksvollem Kreuzgewölbe und Säulenverkleidung in dunklem Eichenholz, gemütlichen Nischen, schmiedeeisernen Lüstern und Wandbildern des Leipziger Malers Emil Block, die Städtemotive aus Luthers Zeiten zeigen. Diese Motive dienten auch als Vorlage für ehemalige Bleiglasfenster in der Lutherhalle. In diesem Raum spüren die Gäste noch immer den Zeitgeist, als berühmte Persönlichkeiten, Akademiker der Universität, Bischöfe und studentische Burschenschaften in dem Haus verkehrten. 

Der glasüberdachte Innenhof des Restaurants mit 40 Plätzen stellt mit seinen üppigen Grünpflanzungen einen neuzeitlichen Kontrast zum restlichen, historischen Ambiente des Thüringer Hofes dar und erinnert an eine Orangerie. Hierbei handelt es sich um einen beliebten Ort für einen Kaffeeklatsch mit frischem Blechkuchen, einem Stück Eistorte oder kleineren Veranstaltungen. 

Stand: 27.2.2024

Bildergalerie - Thüringer Hof

Historisches Bildmaterial - Thüringer Hof

Universität Leipzig

Augustusplatz 10 | Ortsteil: Zentrum

Die 1409 als Alma Mater Lipsiensis gegründete Universität Leipzig ist die zweitälteste ohne Unterbrechung betriebene Universität Deutschlands. Bestehend aus 14 Fakultäten und 149 angebotenen Studiengängen beherbergt sie rund 31.000 Studenten, darunter etwa 3.000 ausländische Kommilitonen aus 130 Ländern. Ihr heutiges Erscheinungsbild im Stil der zeitgenössischen Moderne geht auf die Umgestaltung ab 2004 nach Entwürfen des niederländischen Architekten Erick van Egeraat zurück.

Intellektuelles Asyl für die Prager Elite in Leipzig


Die Gründung der Universität Leipzig reicht bis ins frühe 15. Jahrhundert zurück. Sie ist eng mit der Geschichte der Prager Karls-Universität verbunden, an welcher zahlreiche deutsche Studenten immatrikuliert waren. Die Studenten, Professoren und Magister hatten sich dort gemäß ihren Herkunftsländern zu vier Nationen – der böhmischen, der bayerischen, der polnischen und der sächsischen – zusammengeschlossen. Die Landmannschaften wählten in einer festgelegten Abfolge ihren Rektor. Im Zuge politischer, sozialer und religiöser Konflikte veranlasste der amtierende deutsche König
Wenzel IV. im Kuttenberger Dekret vom 18. Januar 1409 eine einseitige Änderung des Stimmrechts in den Gremien der Universität zugunsten der böhmischen Universitätsnation. Aus Protest gegen die Bevorzugung der böhmischen Nation und den Verlust ihrer Privilegien kündigten die anderen drei Nationen ihre Mitgliedschaft an der Universität Prag. Der Leipziger Landesherr Markgraf Friedrich IV. bot ihnen intellektuelles Asyl im wettinischen Leipzig. Durch die Anwesenheit der geistigen Elite Deutschlands sah er die Chance zur Gründung einer eigenen Universität. Der Lehrbetrieb wurde bereits im Juli 1409 in einem vom Rat der Stadt zur Verfügung gestellten Gebäude provisorisch aufgenommen. Am 9. September 1409 erteilte der neu gewählte Papst Alexander V. schließlich die Zustimmung für die Gründung der Alma Mater Lipsiensis. Die Universität Leipzig übernahm die bereits in Prag und anderen deutschen Universitäten gängige Gliederung in Nationen und ergänzte diese um eine meißnerische Landmannschaft. Am 2. Dezember 1409 fand im Refektorium des Thomasklosters eine feierliche Zeremonie zur Universitätsgründung statt. Noch am gleichen Tag wurde der Schlesier Johann Otto von Münsterberg zum Rektor gewählt. Der Bischof von Merseburg, Nikolaus Lubich, stärkte als Kanzler und Konservator die universitäre Eigenständigkeit.

1409/1410 gehörten der Universität Leipzig 369 Studenten und 43 Hochschullehrer an. Die Gründung erstreckte sich über die klassischen Fakultäten Theologie, Medizin und Jurisprudenz, hinzu kam der Fachbereich Artistik, darunter die „Sieben freien Künste“ Rhetorik, Grammatik, Dialektik, Geometrie, Arithmetik, Astronomie und Musik. Für den Lehrbetrieb standen zwei Gebäude aus landesherrlichem Besitz zur Verfügung: das „Große Kolleg“ in der heutigen Goethe-/Ritterstraße sowie das „Kleine Kolleg“ in der Schlossgasse bei der einstigen Pleißenburg, dem heutigen Neuen Rathaus. Aus Platzmangel wurden auch die Thomaskirche und die Nikolaikirche als Unterrichtsstätten genutzt. Die Alma Mater finanzierte sich neben kirchlichen Schenkungen sowie landesherrlichen und städtischen Zuwendungen durch Steuern und Naturalien aus universitätseigenen Dörfern. Die Mehrheit der Magister verdiente ihren Unterhalt durch Studiengebühren, wobei die zwölf Magister des Großen Kollegs vom Landesherrn ein jährliches Gehalt von 30 Gulden bezogen. Die Studenten wohnten zunächst in angemieteten Unterkünften ihrer Magister oder in unter Aufsicht der verantwortlichen Lehrkräfte stehenden Wohnheimen.

Bildungsoffensive und Erweiterung der Universität


Allein im Gründungsjahr stellten die Studenten knapp elf Prozent der Gesamtbevölkerung Leipzigs dar. Da die Universität die Finanzkraft der Stadt erheblich steigerte, wurde diese durch Verleihung von akademischen Privilegien und die Befreiung von städtischen Abgaben bereits unmittelbar nach ihrer Gründung vom Rat der Stadt beworben. Die Studenten profitierten durch den steuerfreien Ausschank einer beachtlichen Menge Bier und durften ihre Unterkünfte auch privat vermieten. Durch die Berufung des Mediziners
Nikolaus Schulte als ersten Universitätsangehörigen in den Leipziger Rat stärkten die Stadtväter 1435 auch intellektuell ihre Reihen. Herzog Moritz von Sachsen beschloss am 26. Mai 1542 einen jährlichen Zuschuss an die Alma Mater von 2.000 Gulden. 

Im Zuge der Reformation wurde die Universität 1539/40 auf Initiative des amtierenden Rektors Caspar Borner umfassend umgestaltet: Fächer wurden spezialisiert, Lehrinhalte und -methoden modernisiert und neue Disziplinen eingeführt. Auf Weisung von Herzog Moritz wurde der Universitäts-Ausbau vorangetrieben. Der Universität Leipzig wurden fünf Dörfer aus dem ehemaligen Besitz des Thomasklosters übertragen. Sie erhielt neben finanziellen Mitteln wertvolle Bibliotheksbestände. Zur wertvollsten Errungenschaft zählte die Übereignung der Liegenschaften des säkularisierten Dominikanerklosters St. Pauli am Grimmaischen Tor am 22. April 1544. Auf dem Klostergelände entstanden Unterkünfte für Studenten sowie Professoren. Es stand auch genügend Platz für die Hörsäle der Fakultäten und die Bibliothek zur Verfügung. Nach ihrer äußeren und inneren Neugestaltung erlebte die Universität in Mitte des 16. Jahrhunderts einen Aufschwung. Dank der Reformierung der Lehrinhalte durch den Rektor Joachim Camerarius stieg die Zahl der Studenten sprunghaft an und es entstand eine der größten und modernsten Universitäten Deutschlands.

Von der Alma Mater zur Karl-Marx-Universität der DDR-Moderne


Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Universität Leipzig zum Zentrum der geistigen Elite in Mitteldeutschland. Zu ihren berühmt gewordenen Studenten zählten unter anderem
Johann Wolfgang Goethe, Gottfried Wilhelm Leibnitz, Gotthold Ephraim Lessing, Robert Schumann, Richard Wagner und Friedrich Nietzsche.

Ab 1830 erfolgte eine bauliche Expansion der Universität. Nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel und Albert Geutebrück entstand 1836 das nach König Friedrich August benannte Augusteum im schlichten, klassizistischen Stil. Im Zuge der Neugestaltung des Universitätskomplexes am Augustusplatz von 1892 bis 1897 nach Plänen von Arwed Rossbach wurde auch das Augusteum im Stil der Neorenaissance umgestaltet. Aufgrund der stetig wachsenden Studentenzahl erwies sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Unterbringung aller universitären Bereiche am innerstädtischen Standort nicht länger möglich. Folglich wurden die medizinischen und naturwissenschaftlichen Bereiche entlang der Liebigstraße sowie an der Johannisallee angesiedelt. Die Universitätsbibliothek fand in der Beethovenstraße ihren neuen Standort.

In den Kriegsjahren 1943 bis 1945 wurden ca. 60 Prozent der Bausubstanz der Alma Mater zerstört. In den Plänen des SED-Regimes zur städtischen Umgestaltung im sozialistischen Stil spielte auch der Wiederaufbau der 1953 in Karl-Marx-Universität umbenannten Bildungseinrichtung eine wichtige Rolle. In diesem Zuge wurden die im Krieg beinahe unbeschädigt gebliebene Universitätskirche St. Pauli sowie das teilweise zerstörte Augusteum auf Anweisung von Walter Ulbricht am 30. Mai 1968 gesprengt. Zwischen 1968 und 1975 entstand nach Plänen von Hermann Henselmann ein neuer Campus in Form eines um einen Innenhof gruppierten Neubaukomplexes mit Hörsaal- und Seminargebäude, Hauptgebäude und Mensa. Das ebenfalls von 1968 bis 1972 neu erbaute City-Hochhaus im Stil der DDR-Moderne diente der Universität bis 1994 als Sitz verschiedener Fakultäten und Sektionen und wird heute als modernes Bürohochhaus genutzt.

600 Jahre Geschichte im modernen Gewand


Die Neugestaltung des innerstädtischen Universitätskomplexes am Augustusplatz nach der politischen Wende 1989 war zunächst heftig umstritten und mündete in jahrelangen Diskussionen über den Umgang mit der DDR-Architektur. Nachdem die Entwürfe aus einem ersten Architekturwettbewerb abgelehnt wurden, entschied sich die Fachjury im Rahmen eines zweiten Wettbewerbs 2004 für den Entwurf des niederländischen Architekten Erick van Egeraat. Der neu konzipierte innerstädtische Campus setzt sich aus saniertem Seminargebäude, neu erbautem Institutionsgebäude mit Ladenzeile im Erdgeschoss, Hörsaalgebäude, Campusbibliothek und neuerbauter Mensa am Park gegenüber der Moritzbastei zusammen. Zahlreiche weitere Fakultäten befinden sich nach wie vor an mehreren Standorten in der Stadt verteilt. Zudem nahm Egeraat die alte Ansicht des Augusteums sowie der Universitätskirche wieder auf und interpretierte die historischen Bauten im modernen Antlitz neu. Insofern sollte beim Betrachten des Komplexes ein Wiedererkennungseffekt und eine optische Assoziation mit den verloren gegangenen Bauwerken ausgelöst werden. Anstelle der 1968 gesprengten Universitätskirche entstand zwischen 2007 und 2017 das Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli.

Das neue Augusteum wurde 2012 eröffnet und beherbergt als Hauptgebäude des Campus das Auditorium mit etwa 800 Sitzplätzen, die Fakultät für Informatik und Mathematik, eine Galerie und Büroräumlichkeiten. Das sogenannte Schinkeltor wurde als letztes erhaltenes Detail des alten Augusteums als Innenhofzugang zum Neuen Augusteum integriert und die fehlenden Musenfiguren auf der Balustrade durch den Leipziger Bildhauer Markus Gläser ergänzt. Im Innenhof der Universität, dem sogenannten „Leibnitzforum“, befindet sich heute das 1883 von Ernst Hähnel geschaffene Leibniz-Denkmal des einstigen Schülers der Universität, Gottfried Wilhelm Leibnitz, in Form einer Bronzestatue.

Stand: 10.02.2024

Unzeitgemäße Zeitgenossen – Bronzeplastik

Grimmaische Straße / östlicher Eingang | Ortsteil: Zentrum

Bei den „Unzeitgemäßen Zeitgenossen“ handelt es sich um eine von Bernd Göbel zwischen 1986 und 1989 geschaffene Bronzeplastik in der Grimmaischen Straße am Augustusplatz. Sie wurde am 14. November 1990 als Geschenk an die Stadt Leipzig der Öffentlichkeit vorgestellt. Platziert auf einem Balken, der optisch an einen Galgen erinnert, befinden sich fünf nackte Figuren. Jede verfügt über ein goldenes Detail als charakteristisches Erfolgsattribut. Das Denkmal verkörpert Kritik an den überholten Denk- und Verhaltensweisen seiner Entstehungszeit und fungiert zugleich als Gegendenkmal mit fünf Antihelden.

Göbels personifizierter Ärger oder: zeitlos zeitgemäße Zeitgenossen?


Vom Augustusplatz kommend markiert den östlichen Eingang der Grimmaischen Straße ein prominent platziertes Denkmal mit fünf unbekleideten Menschen auf einem Balken. Wer die Bronzeplastik interpretieren möchte, der sollte einen Schritt näher herantreten und sich etwas Zeit nehmen, denn die Entstehung dieser fünf Figuren ist ebenso spannend wie nicht mit bloßer Betrachtung zu erklären.

Das von Bernd Göbel zwischen 1986 und 1989 mit dem Titel „Unzeitgemäße Zeitgenossen“ geschaffene Denkmal bildet einen Stadtgestaltiker, eine Pädagogikerin, einen Diagnostiker, einen Kunsttheoretiker und eine Rationalisatikerin ab. Ausschlaggebend für die Ideenschöpfung war Göbels Ärgernis über fünf verschiedene Charaktere, die ihm im Laufe seines Lebens begegneten. Dass ein solcher Unmut ein energischer und zugleich ausdrucksstarker Auftraggeber sein kann, zeigt sich in der Entstehungsgeschichte der „Unzeitgemäßen Zeitgenossen“. 

Angefangen bei einer Pädagogin, die einen Schüler, Göbels Sohn, auf dem Kieker hatte, kurz: die Pädagogikerin. Göbels Ärgernis über den Umgang nahm alsbald im Jahr 1978 in seinem Atelier Gestalt in Form einer aus Gips geformten Pädagogikerin an, deren äußere Haltung ihre innere offenbarte. Einige Zeit später verschlug es Göbel wegen Unwohlsein zum Arzt, einem Diagnostiker, der lieber sich selbst zuhörte, anstatt auf den Herzschlag seines Patienten zu hören. Zu Göbels Verärgerung gesellt sich auch der Kunsttheoretiker, von Vorurteilen, mangelnder Selbstreflexion und einer opportunen Meinung geprägt, ebenso wie die Rationalisatikerin, die den Bürgern Amtsweisheit lehren will. Der letzte im Bunde ist der Stadtgestaltiker, welcher ohne Rücksicht auf die Historie Kirchen, Schlösser und Bürgerhäuser sprengt.

Alsbald versammelten sich die fünf Charaktere, die Bernd Göbel im Laufe der Zeit verärgert hatten, in seinem Atelier im halleschen Lettin. Der Bildhauer fasste den Entschluss, seinen gebündelten und personifizierten Unmut als „Unzeitgemäße Zeitgenossen“, auch „Beginn einer Reihe“, der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das Denkmal wurde, wie von Göbel beabsichtigt, mittig am Eingang der Grimmaischen Straße vom Augustusplatz kommend platziert. Durch den prominenten Platz sollte das Kunstwerk einen Denkanstoß im belebten Stadtzentrum geben. Verstärkt wurde dies durch die Höhe des Balkens, dessen Oberkante sich auf nur 1,90 Metern Höhe befindet. Insofern können Passanten nicht problemlos darunter hindurch laufen – ein zwingender und zugleich unaufdringlicher Realismus.

Im Dezember 1988 wurden verschiedene Zitate, welche als Interpretationshilfen am Denkmal platziert werden sollten, dem Kulturverantwortlichen im Rat des Bezirks vorgelegt. Dazu zählten neben siebzehn aus Bernd Göbels Notizen stammenden auch elf weitere vom Kabarettisten Bernd-Lutz Lange. Wiederum sechs Sätze wurden wenig später nachgereicht. Die Entscheidung fiel schließlich im März 1989 auf dreizehn ausgewählte Zitate. Zu Beginn des Jahres 1990 erhielt die Leipziger Bronzebildgießerei T. Noack den Auftrag zur Umsetzung des Bronzegusses. Während der Besichtigung des fertig gestellten Werkes am 13. September 1990 wurde die letztliche Entscheidung für eine tatsächliche Aufstellung des Denkmals gefällt. Im Zusammenhang mit den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen nach dem Ende der DDR war zuletzt nicht sicher gewesen, ob die gesellschaftskritische und künstlerische Wirkung erhalten geblieben war. 

Bernd Göbels Bronzeplastik wurde schließlich als Geschenk an die Stadt Leipzig am 14. November 1990 der Öffentlichkeit vorgestellt. In der dazugehörenden Pressemitteilung hieß es: „Die Anwesenden würdigten das Kunstwerk als ein zeitgemäßes Denkmal voll bitterer Ironie und humanistischem Aufbegehren gegen Dogmatismus. Engstirnigkeit und menschenverachtende Selbstüberhebung, welches ein Jahr nach Beginn der Friedlichen Revolution sowohl jüngste und noch nicht bewältigte Geschichte reflektiert als auch ein Thema von bleibender Aktualität aufgreift.“

Denkanstoß inmitten der Fußgängerzone


Bei den „Unzeitgemäßen Zeitgenossen“ handelt es sich nicht um ein Monument des gesellschaftlichen Fortschritts mit Helden des sozialistischen Alltags, sondern, im Gegenteil, um ein Gegendenkmal mit fünf Antihelden, was die Stimmung zur Entstehungszeit widerspiegelte und zugleich Kritik übte. Platziert auf einem Balken, welcher optisch an einen Galgen erinnert, balancieren die fünf unbekleideten Personen unterschiedliche geometrische Körper und blicken in verschiedene Richtungen. Weiterhin besitzt jede Figur ein goldenes Detail als charakteristisches Erfolgsattribut. Der Stadtgestaltiker trägt einen Lorbeerkranz, der Diagnostiker ein Hörrohr, die Pädagogikerin einen Hammer und die Rationalisatikerin eine Säge, während den Diagnostiker goldene Ohren und Nase kennzeichnen. Mit der Hand am Zünder für den Sprengsatz und den Kopf in Richtung der ehemaligen Universitätskirche St. Pauli geneigt, führt er blind sein Zerstörungswerk aus. Diese Darstellung Göbels spielt auf ebenjene Sprengmeister an, welche die Kirche am 30. Mai 1968 grundlos in die Luft jagten. Die fünf Figuren sind sich der sich allmählich entwickelnden Veränderung ihrer Situation nicht bewusst und stecken von Reflexion in ihren überholten Denk- und Verhaltensweisen fest.

Auf dem senkrechten Balken gravierte Göbel Zitate von Johann Wolfgang Goethe und Bertolt Brecht ein, während auf dem Querbalken der deutsche Dramatiker Rolf Hochhuth zitiert wird: „Selbstverständlich darf man einem Prinzip das Leben opfern – doch nur das eigene“. Der Standpfeiler des Balkens ist umschlungen von mystischen Kreaturen mit Brettern und Seilen. Dies kann als Versuch interpretiert werden, die sich anbahnende Katastrophe in Form eines Zusammenbruchs zu verhindern.

Bernd Göbel war bis 2008 Professor der Bildhauerei an der Hochschule Burg Giebichenstein in Halle. Bis heute verfehlen seine „Unzeitgemäßen Zeitgenossen“ ihre Wirkung nicht. Viele Passanten bleiben in der der belebten Einkaufsmeile überrascht stehen und verweilen oder posieren vor dem skurrilen Denkmal. Es ist eine der meistfotografierten Attraktionen der Stadt Leipzig.

Stand: 26.01.2024

Bildergalerie - Unzeitgemäße Zeitgenossen – Bronzeplastik

Mückenschlösschen

Waldstraße 86 | Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Das Mückenschlösschen befindet sich unmittelbar am Elstermühlgraben vor dem Rosental. Bei dem Namen handelt es sich um eine Anspielung auf den 1723 von August dem Starken geplanten Bau eines Lustschlosses an heutiger Stelle, welcher aufgrund der Mückenplage scheiterte. Das Mückenschlösschen wurde am 16. September 1892 von Gustav Strauss erbaut. Heute wird in der nach historischem Vorbild sanierten Gaststätte mit großzügigem Biergarten regionale, deutsche Küche angeboten. Die Veranstaltungsräume bieten eine authentische Kulisse für Events verschiedener Art.

Vom Lustschloss des starken Augusts zum Mückenschlösschen


Die Geschichte des Mückenschlösschens reicht bis ins frühe 18. Jahrhundert zurück. Genau an der heutigen Stelle des Mückenschlösschens an der Rosentalbrücke am Elstermühlgraben wollte der Kurfürst von Sachsen und König von Polen,
August der Starke, um 1723 ein Lustschloss erbauen lassen. Die Schneisen durch das Rosental waren für dieses Vorhaben bereits geschlagen. Aufgrund der vorherrschenden Mückenplage durch die sumpfige Umgebung bäumte sich das Pferd des Kurfürsten bei einem Besuch jedoch auf und er fiel herunter. Da die Schmach zu groß für ihn war, wich er – sehr zur Freude des Leipziger Stadtrates – von seinem Plan ab und das Schlösschen wurde nicht gebaut. 

Nach Erhalt der Baugenehmigung am 5. Juli 1890 für die Villa Oskar Linker vollendete der Architekt Gustav Strauss den entsprechenden Rohbau am 16. September 1892. Der 1895 unter dem Namen „Waldschlösschen“ eröffnete Gastronomiebetrieb wurde wenig später in Erinnerung an die Geschichte von August dem Starken in „Mückenschlösschen“ umbenannt. Nur vier Jahre nach der Eröffnung erfolgte im Februar 1898 bereits der erste Umbau in Form von zwei zusätzlichen Gästezimmern, einem Buffet-, Kaffee- und Billardzimmer. Im Jahr 1899 wurde der Kaufmann Johannes Meister neuer Eigentümer der Villa. Sein Plan eines Anbaus von Maschinenhaus, Pferdestall und Wirtschaftsgebäude wurde am 15. Juni 1990 von der „Königlichen Gewerbe Inspektion“ genehmigt, jedoch nie umgesetzt. Zwischen 1912 und 1921 wurde das Mückenschlösschen dreimal zwangsversteigert und ging am 23. Februar 1921 schließlich in den Besitz von J. Katzenellenbogen über. Aufgrund der Inflation musste die Villa 1923 schließen. Nach zahlreichen Besitzerwechseln wurde Arthur Beyerlein 1935 neuer Eigentümer des Geländes und nutzte dieses bis 1992 als Postkartenverlag. Ein Jahr später kaufte ein eng mit der Stadt verbundenes Ehepaar das Mückenschlösschen und ließ dieses nach historischen Vorlagen von 1890 von sächsischen Künstlern und Bauhandwerkern restaurieren. Am 1. August 1995 wurde das Gebäude von der Paulaner AG als Restaurant und Ausflugslokal übernommen und 1996 mit großem Biergarten direkt am Elstermühlgraben neu eröffnet. Im Jahr 2005 sanierten die neuen Pächter Josef Hutter und Henrik Dantz das Mückenschlösschen umfangreich. Sie bauten die zweite Etage aus und erweiterten das Lokal 2011 um drei zusätzliche Räume – Weinstube, Kaminzimmer und Rosentalsaal.

Sächsisch-bayerische Küche in historischer Kulisse


Das Mückenschlösschen zeichnet sich durch das authentische Ambiente nach historischem Vorbild aus. Insofern wird nicht nur für kulinarischen Genuss, sondern auch für ein entspanntes Verweilen der Gäste gesorgt. Im Erdgeschoss befindet sich das Restaurant mit kleinem gemütlichem Café sowie Bar und Tresen. Der großzügige Gastraum erinnert an das Ambiente, das vom einst wohlhabenden Bürgertum der Stadt genossen wurde. Er ist mit prachtvollen, original erhaltenen Kassettendecken und Wandvertäfelungen ausgestaltet. Die bei der Restaurierung wiederentdeckten floralen Wandbemalungen im Jugendstil vervollständigen gemeinsam mit der farblich dezent abgestimmten Einrichtung das historische Ambiente. Die Speisekarte des Mückenschlösschens umfasst größtenteils regional bodenständige Speisen mit aus Sachsen stammenden Erzeugnissen. Neben den à la carte Speisen, darunter Sächsische Kartoffelsuppe, gebratenes Zanderfilet und Flammkuchen, werden auch Getränke-Klassiker wie
Leipziger Allasch angeboten. Zum Angebot zählt zudem eine Auswahl an Fassbieren, darunter das Mückenschlösschen Spezialbier, Paulaner Premium Pils und Hefe naturtrüb. Als Traditionsgaststätte der Paulaner-Brauerei umfasst die Speisekarte auch bayerische Schmankerl, wie Gebratenen Leberkäse nach „Oberbayerischer Art“. Das Angebot wird außerdem um wechselnde saisonale Spezialitäten ergänzt. 

Entspannung mitten im Grünen bietet der großzügige, unmittelbar neben dem Elstermühlgraben gelegene Biergarten. Er wird um einen Holzspielplatz, einen hauseigenen Kräutergarten und eine historische Grotte ergänzt. In den Sommermonaten bietet sich auf dem Freisitz zudem die Möglichkeit, Grill-Partys ab 20 Personen zu veranstalten. Hierbei übernimmt das Mückenschlösschen das Einkaufen, Vorbereiten und Aufräumen, während die Gäste entspannt feiern und schlemmen können. 

Die Veranstaltungsräume des Mückenschlösschens bieten einen authentischen Rahmen für Events verschiedener Art, von Hochzeit über Firmenfeier bis Familienessen. Der Rosentalsaal bietet Platz für bis zu 100 Gäste, das Kaminzimmer und das Turmzimmer je bis zu 25 sowie die Weinstube bis zu 30. Die Buffetauswahl reicht von mediterran bis sächsisch. Der Veranstaltungskalender des Mückenschlösschens umfasst zudem auch verschiedene kulturelle Events, darunter Dinnershows, Theater und Kabarett. 

Stand: 10.01.2024

Bildergalerie - Mückenschlösschen

Historisches Bildmaterial - Mückenschlösschen

Moritzbastei

Kurt-Masur-Platz 1 | Ortsteil: Zentrum

Die Moritzbastei wurde von 1551 bis 1553 nach Plänen von Hieronymus Lotter als Wehranlage errichtet und nach dem Auftraggeber, dem Kurfürst Moritz von Sachsen, benannt. Sie ist der letzte erhaltene Teil der ehemaligen mittelalterlichen Stadtbefestigung. Nach der Zerstörung der Moritzbastei im Zweiten Weltkrieg wurde sie ab 1974 in mühevoller Handarbeit von 30.000 Helfern, darunter zahlreiche Leipziger Studenten wie die spätere Bundeskanzlerin  Angela Merkel, von Trümmerschutt befreit. Seit der Eröffnung 1982 gilt die Moritzbastei als größter Studentenclub Europas.

Von der spätmittelalterlichen Wehranlage zu Lagerraum und Arbeitsstätte


Die Moritzbastei ist Leipzigs bekanntestes Kulturzentrum, in dem historische Architektur und modernes Kulturleben miteinander verbunden sind. Sie befindet sich unmittelbar neben dem
Gewandhaus zu Leipzig gegenüber dem City-Hochhaus und der Universität Leipzig am Promenadenring und blickt auf fast 500 Jahre wechselvolle Geschichte zurück.

Während des Schmalkaldischen Krieges wurde Leipzig im Januar 1547 für 21 Tage lang belagert, aber nicht eingenommen. Dennoch erwies sich die 2,5 Kilometer lange Stadtbefestigung im Zuge des versuchten Angriffs und gegen die entwickelte Kriegstechnik als zu schwach. Aus diesem Grund ließ Kurfürst Moritz von Sachsen die Verteidigungslücke zwischen dem Peterstor und dem Grimmaischen Tor schließen und veranlasste anstelle des stark zerstörten Henkersturms den Bau einer massiven Henkersbastei als zukünftige Wehranlage in offener Fünfecksform mit vier Meter dicken und 15 Meter hohen Mauern. Besonders ausgedehnt wurden die Kasematten angelegt, die unterhalb der Bastei als beschussfester Raum für Soldaten und Material dienten. Mit dem Bau der Bastei sollte die bestehende Stadtbefestigung gestärkt und die Kontrolle des Vorfeldes der Stadt sichergestellt werden. 1.200 Bauern mussten die geplante Anlage in Fronarbeit errichten. Für die Beschaffung von Baumaterial wurden nach Beschluss der Stadtväter die Überreste des Nonnenklosters auf dem Petersberg abgetragen. Künftig sollte der Schutz der Stadt durch drei Bastionen gewährleistet werden: Die Ranstädter Bastei im Nordwesten, die Hallesche Bastei im Nordosten und die Henkersbastei an Stelle des zerstörten Henkersturms im Südosten. Mit der Leitung des Baus von 1551 bis 1553 wurde Hieronymus Lotter beauftragt. Durch seine gewissenhafte Arbeit erhielt der spätere Bürgermeister Leipzigs in der Folge weitere Großaufträge in der Stadt sowie in ganz Sachsen, darunter den Umbau des Alten Rathauses und die Bauleitung von Schloss Augustusburg bei Chemnitz. An der Spitze der im stumpfen Winkel zueinanderstehenden, abgeschrägten Seiten der Schildmauer wurde das Kurfürstlich-Sächsische Wappen angebracht, von dem der Bildhauer Markus Gläser im Auftrag des Denkmalschutzes 2011 eine Kopie anfertigte. Das verwitterte Original wird im Innern der Moritzbastei präsentiert. 1554 erhielt das massive Bauwerk zu Ehren von Kurfürst Moritz von Sachsen seinen heutigen Namen „Moritzbastei“.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde Leipzig zwischen 1618 und 1648 fünfmal belagert und beschossen. Da sich die Stadt bereits zu dieser Zeit zu einem bedeutenden Handels- und Messezentrum entwickelt hatte, war sie von kaiserlichen und schwedischen Truppen stark umkämpft. Die Stadtbefestigung geriet ab 1631 immer wieder unter Beschuss. Während des Siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763 wurde die Moritzbastei schwer beschädigt. Der Bastionenbau erwies sich als nutzlos, da Leipzig über die Schwachstellen im Mauerwerk zwischen den Basteien eingenommen wurde. Im Anschluss verlor die Moritzbastei ihre militärische Funktion und wurde zu einem Lager für Handelswaren und einer Arbeitsstätte für Buchdrucker, Glockengießer und Schwefelzieher umfunktioniert. Dank der Kasematten in Ziegelbauweise bot deren Tonnengewölbe Platz für Soldatenunterkünfte, die Lagerung von Ausrüstung, Waffen und Munition, während in der Gießerwerkstatt vor Ort Geschütze gegossen werden konnten. Auch ein Weinkeller wurde angelegt.

Vom Schuttberg aus Trümmern zu Europas größtem Studentenclub


Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Gebäude umgenutzt: Zwischen 1796 und 1834 errichtete die Stadt auf den Mauern der Moritzbastei die
Erste Leipziger Bürgerschule – deutschlandweit einzigartig. Die klassizistische zweiflügelige Anlage mit ovalem Mittelbau, die den fünfeckigen Grundriss der alten Bastei wieder aufnahm, entstand nach Plänen von Stadtbaudirektor Johann Friedrich Carl Dauthe und wurde nach seinem Tod von Wilhelm Kanne vollendet. Die Anlage nahm in einem Teil des Gebäudes am 2. Januar 1804 mit anfänglich 238 Schülern den Lehrbetrieb auf. Später wurde in den Gemäuern die Annenschule, eine Frauenberufsschule, aufgenommen. Bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg wurde das Schulgebäude in der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1943 schwer zerstört und dessen unterirdische Gewölbe nach 1945 mit Zehntausenden Tonnen Trümmern und Bauschutt befüllt. Von der einstigen Moritzbastei, deren Kasematten fast unversehrt blieben, war fortan nur noch ein Hügel im Park erkennbar.

1974 wurde der mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Schuttberg wiederentdeckt und seine zukünftige Nutzung als Studentenclub beschlossen, mit dessen Planung die Architekten Bernd Lauenroth und Reinhard Plewe beauftragt wurden. Der erste Spatenstich erfolgte am 30. März 1974, als die Reste der Moritzbastei den Studenten der Karl-Marx-Universität als Ausbauobjekt Jugendclub übergeben wurden. In mühevoller Handarbeit mit Schaufel und Schubkarre begannen diese mit der Freilegung der zugeschütteten Moritzbastei. Unter den rund 50.000 Universitätshelfern befand sich auch die damalige Physikstudentin Angela Merkel. Aus den unterirdischen Gewölben wurden rund 35.000 Kubikmeter Trümmerschutt entfernt und die ursprüngliche Bauform der Kasematten wiederhergestellt. Der erste Bauabschnitt wurde am 1. Dezember 1979 zur Nutzung freigegeben und das „Jugend- und Studentenzentrum Moritzbastei“ 1982 nach acht Jahren und 150.000 Arbeitsstunden eröffnet. Die Übergabe des fertigen Komplexes erfolgte am 5. Februar 1982 an die Karl-Marx-Universität. Zur Wendezeit um 1989 wurde die Moritzbastei von der FDJ als Zentrum für Begegnungen betrieben, in dem Studenten kulturelle Veranstaltungen, Foren und Runde Tische organisierten. Durch die Hochschulreform in Sachsen 1992 erfolgte die Ausgliederung der Moritzbastei von der Universität. Sie wurde seit 1993 von der Moritzbastei Betriebs GmbH im Auftrag der Stiftung Moritzbastei betrieben unter der Prämisse, die studentische und akademische Kultur in Leipzig voranzutreiben.

Historische Architektur trifft auf modernes Kulturleben in uriger Atmosphäre


Seit den 1990er Jahren ist die Moritzbastei nicht mehr nur für Studenten zugänglich, sondern wird als öffentliches Kulturzentrum bewirtschaftet. Sie entwickelte sich zu einer der wichtigsten subkulturellen Treffs des Leipziger Nachtlebens. Tagsüber werden im Café und Restaurant Barbakane Speisen und Getränke angeboten. Zwei Gasträume, der „Fuchsbau“ und das „Schwalbennest“, wurden nach nicht mehr existierenden Studentenkneipen benannt. Abends sorgen Live-Konzerte nationaler und internationaler Künstler unterschiedlicher Genres von Jazz bis Rock sowie Kabarett, Diskothek und Kneipe für eine angenehme Atmosphäre in den unterirdischen Gewölben, darunter die „Veranstaltungstonne“ mit Bierbar. Durch die regelmäßig stattfindenden Lesungen, Theateraufführungen sowie Diskussionsrunden wie das seit 1996 bestehende
Tourismusfrühstück ist die Moritzbastei fester Bestandteil des Leipziger Kulturlebens. In den wärmeren Monaten wird auf der Sommerbühne im Freien ein vielfältiges Kulturprogramm geboten.

An den militärischen Ursprung des Gebäudes als Verteidigungsanlage erinnert heute die Kugelpyramide am linken Eingang der Moritzbastei, die aus aufgeschichteten Steingeschossen aus dem Dreißigjährigen Krieg besteht. 

Stand: 10.01.2024

Bildergalerie - Moritzbastei

Historisches Bildmaterial - Moritzbastei

Leuchtreklame “Mein Leipzig lob’ ich mir”

Brühl / Am Hallischen Tor | Ortsteil: Zentrum

Bei der denkmalgeschützten Leuchtreklame „Mein Leipzig lob‘ ich mir“ auf dem Dach des Einkaufszentrums Höfe am Brühl handelt es sich um ein Wahrzeichen der Messestadt. Es wurde 1967 von Gerd Dachse in Zusammenarbeit mit der PGH Elektro Thalheim nach einem Entwurf der Gebrauchsgrafiker Theo Hesselbarth und Jürgen Mau geschaffen. Die 100 Meter breite und bis zu fünf Meter lange Anlage besteht aus einer viersprachigen Grußbotschaft „Willkommen in Leipzig“ und dem Goethe-Zitat „Mein Leipzig lob‘ ich mir“. Aufgrund des Gebäudeabrisses am Brühl wurde die Reklame 2007 demontiert, eingelagert und am 26. Juli 2018 wieder nach historischem Vorbild montiert.

Als leuchtende Neonschriftzüge die Messestadt erhellten…


Das leuchtende
Doppel-M auf dem Dach des Wintergartenhochhauses, die Löffelfamilie neben der Feinkost auf der Karl-Liebknecht-Straße, die Kult-Leuchtwerbung Milchbar Pinguin oder „Mein Leipzig lob‘ ich mir“ am Brühl: Dabei handelt es sich nur um drei von einst unzähligen Neonwerbeanlagen, welche Leipzig den Ruf der „Hauptstadt der Leuchtreklamen“ verschafften. Zu DDR-Zeiten tauchten vermutlich ca. hundert leuchtende Neonreklamen die Messestadt in bunte Farben. Im Areal rund um den Promenadenring wurden seit den 1950er Jahren Dutzende Leuchtanlagen, nicht zuletzt auf Geheiß von SED-Chef Walter Ulbricht, geschaffen, dem es bei einem Besuch in seiner Heimatstadt zu dunkel und trist gewesen sein soll. In der Folge wurde das nächtliche Stadtbild durch die Leuchtinstallationen aufgewertet und Leipzig somit zur inoffiziellen Hauptstadt der Neonreklamen. Der Höhepunkt dürfte um 1980 erreicht worden sein, als die Straßenbeleuchtung schwach war und die Reklamen von den Dächern und Fassaden umso heller strahlten. Die Leuchtreklamen warben in der Innenstadt und an größeren Ausfallstraßen etwa für prickelnd frisches Mineralwasser, Zellwolle, doppelt konzentrierte Suppen oder die Leipziger Messe. Seit 1990 verschwand eine Vielzahl der Leuchtreklamen, die nicht unter Denkmalschutz standen, aus dem Stadtbild. Wo Häuser neu gebaut oder saniert wurden, wanderten die oftmals vollkommen verrosteten Neon-Blech-Installationen in die Schrottpresse. Um 2000 wurde das Thema von der Denkmalpflege wieder aufgegriffen und die bedeutendsten Anlagen als origineller Bestandteil des Stadtbildes erhalten. Mittlerweile stehen etwa zwanzig Neon-Schriftzüge in Leipzig unter Denkmalschutz. Oftmals ist es privaten Initiativen oder Immobilieninvestoren zu verdanken, dass die Anlagen wieder leuchten. Federführend bei der Sanierung zahlreicher Reklamen war die Leipziger Firma NEL, deren Vorgängerfirma zu DDR-Zeiten zahlreiche Anlagen gebaut hatte.

Ein Stückchen Stadtgeschichte an den Brühl-Arkaden


Seit 1967 wurden Gäste, die aus dem
Hauptbahnhof traten und in Richtung Innenstadt schauten, mit einer viersprachigen Grußbotschaft „Willkommen in Leipzig“ und dem Goethe-Spruch „Mein Leipzig lob‘ ich mir“ empfangen. Der Satz entstammt Johann Wolfgang Goethes Tragödie „Faust“, in welcher der vorlaute Student Frosch in Auerbachs Keller ruft „Mein Leipzig lob‘ ich mir!? Es ist ein Klein-Paris und bildet seine Leute.“ Dieser Spruch wurde seit dem 19. Jahrhunderts zum geflügelten Wort. Geburtsort dieser und weiterer Leipziger Leuchtreklamen, war das Atelier der Gebrauchsgrafiker Theo Hesselbarth und Jürgen Mau am Lindenauer Markt und später in der Menckestraße direkt neben der Gosenschenke „Ohne Bedenken“. Die von ihnen 1967 gegründete Künstlergruppe „Unda“, lateinisch für „Welle“ oder „Strömung“, war eine der aktivsten Nährböden für die Gestaltung von Neonwerbeanlagen in Leipzig. Mau und Hesselbarth erhielten den Auftrag, für den 1967 am Brühl errichteten Plattenbau eine leuchtende Grußbotschaft für Leipziger Gäste zu entwerfen. Bei dem Goethe-Zitat äußerte die SED zunächst ihre Bedenken, ob ein Vergleich der Messemetropole mit der zu Goethes Zeiten verkommenen französischen Hauptstadt angemessen wäre. Die Debatte dauerte beinahe ein Jahr an, bevor die lokale Parteispitze das Vorhaben schließlich genehmigte. Unda schuf nicht nur den Entwurf für die Leuchtreklame „Mein Leipzig lob‘ ich mir“, sondern auch Entwürfe für viele weitere leuchtende Kunstwerke, welche über Jahrzehnte – und zum Teil noch heute – das Stadtbild prägen. Die Umsetzung des Entwurfes hatte Gerd Dachsel inne, der die Leuchtwerbung mit der damaligen PGH Elektro Thalheim bei Chemnitz herstellte.

Zwischen Einlagerung und Neumontage: Leipzigs Wahrzeichen begrüßt wieder seine Gäste


Bei dem Neonschriftzug handelte es sich um ein Wahrzeichen der Messestadt und zugleich um einen bedeutenden Teil der Stadtgeschichte. Der Dichterspruch prangte in meterhohen Lettern über dem Wohnblock am Innenstadtring. Als die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) im Jahr 2007 ihre Plattenbauten am Brühl abreißen ließ, wurde die denkmalgeschützte Leuchtreklame demontiert und in einer Halle im Landkreis Leipzig eingelagert. Anstelle des früheren Wohnblockes eröffnete am 25. September 2012 das Einkaufszentrum Höfe am Brühl. Nach aufwändiger Sanierung der denkmalgeschützten Leuchtreklame in Höhe von rund 400.000 Euro durch den Essener Brühl-Investor MFI sollte die knapp 100 Meter breite und bis zu fünf Meter hohe Anlage wieder am Dach des Einkaufszentrums montiert werden. Die Sanierungsarbeiten nach historischem Vorbild von 1967 wurden von der Firma Caralux bei Rackwitz in Zusammenarbeit mit dem Amt für Denkmalschutz ausgeführt. 

Aufgrund eines andauernden Rechtsstreits mit dem benachbarten Leipzig Marriott Hotel ab 2012 verzögerte sich die Montage um mehrere Jahre. Hintergrund war eine Debatte um die Ausrichtung der historischen Leuchtstreifen vis-à-vis dem Hotel und die damit verbundene Befürchtung, dass sich Gäste von der Helligkeit der Reklame bei Nacht gestört fühlen könnten. Schließlich einigte man sich auf eine Installation des Goethe-Zitates in Richtung Innenstadt bzw. Museum der bildenden Künste, wie zuvor bereits 1967. Die Willkommensgrüße in Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch wurden in Richtung Hallisches Tor angebracht, an der Ecke zum Innenstadtring wurden das Leipziger Stadtwappen sowie der Schriftzug „Willkommen in Leipzig“ montiert, der – wie bereits vor 1990 – ankommende Besucher in Leipzig begrüßen soll. 

Seit dem 26. Juli 2018 prangt die Leuchtreklame nach historischem Vorbild am Dach der Höhe am Brühl. 2.200 Meter neueste LED-Neonflex-Schläuche wurden in die knapp 100 Meter lange, fünf Meter hohe und 30 Tonnen schwere Reklame verbaut und lassen den Schriftzug täglich strahlen. 

Stand: 10.01.2024

Bildergalerie - Leuchtreklame “Mein Leipzig lob’ ich mir”

Historisches Bildmaterial - Leuchtreklame “Mein Leipzig lob’ ich mir”

Bayerischer Bahnhof Gasthaus & Gosebrauerei Leipzig

Bayerischer Platz 1 | Ortsteil: Zentrum-Süd

Das Lokal wurde am 19. Juli 2000 im sanierten und denkmalgeschützten Gebäudekomplex des historischen Bayerischen Bahnhofs eröffnet. Die Idee stammte vom fränkischen Braumeister Thomas Schneider, der auf der Suche nach einem neuen Standort für seine Sudstätte in Mittelfranken für die Herstellung der Original Leipziger Gose war. Die Konzeption sämtlicher Räumlichkeiten geht auf den Architekten Rainer Hochreither zurück. Die Gaststätte und Restaurant Bayerischer Bahnhof beherbergt ca. 1.000 Sitzplätze im Restaurant sowie im angrenzenden Biergarten und bietet gut bürgerliche bayerisch-sächsische Küche an. Neben einigen hauseigenen Bieren werden jährlich ca. 3.000 Hektoliter Leipziger Gose gebraut.

Aus historischem Bahnhofsgelände wird Gastronomielandschaft


Der repräsentative, der Stadt zugewandte Portikus der einstigen Bahnhofshalle des Bayerischen Bahnhofs ist bereits von Weitem sichtbar. Zwischen 1842 und 1844 im Auftrag der „Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn-Compagnie“ erbaut, war der Bayerische Bahnhof Ausgangspunkt der Strecke Leipzig-Hof. Im weltweit ältesten Kopfbahnhof fuhren täglich zahlreiche Personen- und Schnellzüge ein und aus. Die von den Architekten
Christian August und Eduard Pötzsch entworfene Anlage wurde zum Vorbild für spätere Bahnhofsbauten. Ihre rund einhundert Meter lange, viergleisige Bahnsteighalle war von einem auf Eichenstützen befestigten Holzdach bedeckt. An die Halle schlossen sich seitlich jeweils mehrere symmetrisch angeordnete Gebäude für die Fahrgastabfertigung und Verwaltung an, welche ebenfalls Wohnungen für das Bahnhofspersonal beherbergten. Mit der Eröffnung des Leipziger Hauptbahnhofs 1915 verkehrten die Fernzüge fortan im Neubau, die Fahrpläne des Bayerischen Bahnhofs wurden ausgedünnt und er verlor zunehmend an Bedeutung. Das Bahnbetriebswerk wurde schließlich 1952 geschlossen und der planmäßige Eisenbahnbetrieb 2001 eingestellt.

Wo einst Züge von Sachsen nach Bayern starteten, sollte zukünftig Bier unter bayerischer Patronage fließen. An einem Sommerabend im Jahr 1996 führte es den fränkischen Braumeister Thomas Schneider in einen damals von Studenten behelfsmäßig betriebenen, idyllischen Leipziger Biergarten am Bayerischen Bahnhof. Der Franke stellte zu jener Zeit in seiner Weißenburger Sudstätte Leipziger Gose her, welche erstmals Mitte des 18. Jahrhunderts in Leipzig und Umgebung ausgeschenkt worden war. Das Rezept hatte er von einem örtlichen Getränkehändler erhalten, der sich für das Wiederaufleben der Brautradition der obergärigen Bierspezialität einsetzte. Schneider braute alle paar Monate einen 35-Hektoliter-Sud Gose, welchen er nach Leipzig liefern ließ. Aufgrund der deutlich steigenden Nachfrage des Gerstensafts sowie der Tatsache, dass er nicht auf Dauer eine sächsische Bierspezialität in Mittelfranken herstellen konnte, suchte der Weißenburger Braumeister einen geeigneten Standort, um seine Sudstätte nach Leipzig zu verlagern. Vom Bayerischen Bahnhof äußerst angetan, plante Thomas Schneider mit dem Eigentümer der Bahnhofsanlage, der Deutschen Bahn AG, die Verwirklichung seines ehrgeizigen Projektes: Für 12,5 Millionen DM sollte das verfallene Gebäude des Bayerischen Bahnhofs aufwändig saniert werden und in den historischen Räumlichkeiten eine Gasthausbrauerei entstehen. Die Verhandlungen zogen sich aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten bei der Deutschen Bahn AG sowie einer Vielzahl zu klärender Fragen hinsichtlich des Denkmalrechts knapp drei Jahre hin. Die Arbeiten begannen schließlich im Mai 1999. Ab sofort würde Schneider anstatt der Kleinstmengen in Franken nun vor Ort 3.000 Hektoliter Gose herstellen können, wovon die Hälfte an den Getränkehandel gehen, die andere Hälfte in der anliegenden Gaststätte ausgeschenkt werden sollte. In ca. 14 Monaten Bauzeit wurde die Bausubstanz denkmalgerecht saniert und nach historischen Vorlagen ergänzt, bevor das Lokal „Bayerischer Bahnhof Gasthaus und Gosebrauerei Leipzig“ schließlich am 19. Juli 2000 eröffnete.

Gose, Schaffner, Heizer und Kuppler: Leipziger Bierspezialitäten in Eisenbahnatmosphäre


Die Gebäude des einstigen Bahnhofkomplexes präsentierten sich fortan wieder in ihrer einstigen spätklassizistischen Eleganz. Das Innere wurde von einem italienischen Kirchenmaler als neohistorisches Capriccio mit sizilianischen Wandmalereien ausgestaltet. Die historischen Bahnhofsräume wurden weitgehend originalgetreu restauriert. Die Besucher betreten zunächst eine geräumige Empfangshalle mit einem Stück Güterwagen auf originalen Gleisen und Weichensignalen als Tischlampen. Durch die Platzierung der Gäste auf überhohen Stühlen erinnert der Blick nach draußen an den Blick aus dem Zugfenster. Der Eingangshalle schließt sich ein Arkadengang mit Glasfront und Ausblick auf den vorgelagerten Biergarten sowie die integrierte Schalterhalle an. Letztere beherbergt seit dem 16. Oktober 2019 das
Dolden Mädel Braugasthaus Leipzig mit 100 wechselnden Craft Beer Sorten und gut bürgerlicher Küche. 

Das Herzstück der Gasthausbrauerei ist die Biersiederei mit Sitz- und Stehplätzen sowie den beiden kupfernen Braukesseln. Weitere Biere aus eigener Herstellung sind der „Heizer“, ein Schwarzbier, der „Kuppler“, ein Weizenbier, sowie der „Schaffner“, ein Pils. Im ehemaligen Beamtenwohnhaus des Bahnhofs befinden sich die Gosestube und der Wintergarten. Neben der Gosestube ist der sogenannte Schalander, ein Bierverkostungsraum, untergebracht. Wo früher Bahnfahrer ihre Fahrkarten lösten, befindet sich heute der Sächsisch-Bayerische Salon mit grünweißen und blauweißen Spezialitäten von Sächsischen Quarkkeulchen bis Bayerischer Leberkäse und Fränkischer Rostbratwurst. Wo früher der Restaurantbesitzer wohnte, kann heute das Sudhaus besichtigt werden. Hier können Besucher an einigen Wochentagen dem Braumeister bei der Arbeit zusehen und auch Bierseminare besuchen. Sämtliche Räume der weitgehend vom Weißenburger Architekten Rainer Hochreither in warmen Ocker- und Brauntönen gestalteten Brauerei unterstreichen den historischen Charakter des Baudenkmals.

Seit der Fertigstellung des City Tunnels befindet sich wenige Meter unterhalb des Tresens der Gaststätte die unterirdische Station „Bayerischer Bahnhof“ mit zwei oberirdischen Ausgängen jenseits des ehemaligen Bahnhofsgeländes. Das Gasthaus umfasst insgesamt ca. 1.000 Sitzplätze, davon 600 im Gebäude und weitere 400 im Biergarten. Die Speisekarte bietet gut bürgerliche bayerisch-sächsische Küche von Hax’nsülze bis Sächsischer Sauerbraten. Neben der Leipziger Gose ist auch der Leipziger Allasch als hiesige Spezialität aus der Getränkekarte nicht wegzudenken. Seit Mai 2003 exportiert das Gasthaus und Gosebrauerei Bayerischer Bahnhof die eigens gebraute Leipziger Gose u.a. in die USA und nach Dänemark. 

Stand: 10.01.2024

Bildergalerie - Bayerischer Bahnhof Gasthaus & Gosebrauerei Leipzig

Historisches Bildmaterial - Bayerischer Bahnhof Gasthaus & Gosebrauerei Leipzig

Brückensprengungsdenkmal

Thomasiusstraße 1 / Ranstädter Steinweg | Ortsteil: Zentrum-West

Anlässlich des 50. Jahrestags der Völkerschlacht bei Leipzig wurde das Brückensprengungsdenkmal vom „Verein zur Feier des 19. October“ am 19. Oktober 1863 eingeweiht. Es erinnert an die Sprengung der dort gelegenen Elsterbrücke, welche den Verfolgern des aus Leipzig flüchtenden französischen Heeres den Weg abschneiden sollte. Durch die verfrühte Explosion fanden tausende Soldaten den Tod.

Vom Korporal Lafontaine und dem verfrüht gezündeten Sprengsatz


Das Brückensprengungsdenkmal befindet sich im
Waldstraßenviertel am Ranstädter Steinweg unmittelbar am Elstermühlgraben zwischen Richard-Wagner-Platz und Waldplatz. Am 19. Oktober 1813 wurde der Ranstädter Steinweg mit seiner am westlichen Ausgang gelegenen Brücke sowie der auf einem Damm in Richtung Lindenau führenden Chaussee Schauplatz einer tragischen Explosion.

Nach der am Vorabend verlorenen Völkerschlacht zog sich Napoleon mit seinen französischen Truppen am 19. Oktober 1813 aus Leipzig zurück. Die Route in Richtung Thüringen führte über einen einzigen möglichen Weg entlang des Ranstädter Steinwegs nach Lindenau. Um zu verhindern, dass seine Gegner die Verfolgung aufnahmen, gab der französische Kaiser vorsorglich den Befehl, die Sprengung der Straßendammbrücken vorzubereiten. Der polnische Heeresführer unter Napoleon, Fürst Józef Antoni Poniatowski, deckte mit seinen Soldaten den Rückzug. Auf der schmalen, über den Elstermühlgraben führenden Steinbrücke am äußeren Stadttor stauten sich die Flüchtenden mitsamt ihren Wagen und Pferden. Napoleon selbst war mit großer Verzögerung über das Peterstor am Ranstädter Steinweg und am Stau vorbei am Naundörfchen an der Elsterbrücke angekommen. Auf letzterer wurde eine große Ladung Sprengstoff deponiert, welche unmittelbar nach Sichtung der Verfolger durch Korporal Lafontaine und drei seiner Männer gezündet werden sollte. Ein Großteil des französischen Heeres befand sich bereits auf dem Marsch nach Markranstädt. Etwa 20.000 Soldaten, darunter die den Rückzug deckende Truppe, waren noch jenseits der Brücke. Kaum war Napoleon außer Reichweite, wurde die Brücke von ersten Kanonenkugeln einer kleinen, vom Rosental kommenden und sich auf die Brücke zu bewegenden Gruppe russischer Jäger getroffen. Wie befohlen zündete Korporal Lafontaine nach eigenem Ermessen die sich auf einem Floß unterhalb der Brücke befindliche Sprengladung. In der Folge fanden bereits durch die Explosion zahlreiche Soldaten den Tod oder ertranken im Hochwasser führenden Fluss. Da die Brücke zu früh gesprengt wurde, war der Fluchtweg nun für 20.000 Mann des französischen Heeres abgeschnitten. Viele starben beim Versuch der Flussdurchquerung, wieder andere ergaben sich den anstürmenden Verbündeten. Etwa 40.000 der napoleonischen Soldaten, darunter 36 Generäle, gerieten in Gefangenschaft. Unter unermüdlichen Kämpfen erreichte auch Poniatowski stark verwundet die Elster nach der Sprengung. Beim Versuch der Durchquerung ertrank er. Die Grabplatte in Gedenken an den polnischen Fürsten befindet sich noch heute auf dem Alten Johannisfriedhof.

Sandstein und Granit am Elstermühlgraben


Anlässlich des 50. Jahrestags der Völkerschlacht zu Leipzig und auf den Tag fünfzig Jahre nach der Brückensprengung wurde vom „Verein zur Feier des 19. October“ am 19. Oktober 1863 das Brückensprengungsdenkmal eingeweiht. Der Entschluss zur Errichtung eines Denkmals in Erinnerung an das Ereignis von 1813 wurde bereits im Jahr 1861 auf der Generalversammlung des Vereins gefasst. Die Stadt Leipzig genehmigte das Vorhaben und stellte das erforderliche Areal in Form einer dreieckigen, vom Elstermühlgraben begrenzten Grünflache am Ranstädter Steinweg, Ecke Thomasiusstraße, kostenlos zur Verfügung. Bedingung war, dass am Denkmal keine Inschrift gegen das französische Volk angebracht werden sollte. Bestrebungen zur Abtragung des Denkmals und das Anlegen einer Grünanlage konnten nach 1945 unter Verweis auf entgegenstehende Anordnungen der Sowjetischen Militäradministration abgelehnt werden. Stattdessen wurden Mittel für eine Restauration und Reparatur des das Denkmal umgebenen Gitterzaunes bereitgestellt. Letzterer wurde aus Gründen der besseren Sichtbarkeit im Jahr 1953 zwischenzeitlich entfernt. Im April 1983 wurde das Brückensprengungsdenkmal erneut restauriert. Im Zuge der Freilegung des Elstermühlgrabens wurde das Denkmal etwas versetzt und am 20. Mai 2006 neu geweiht. Lediglich ein Punkt blieb offen: die Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes. Historische Vorlagen belegen eine den oberen Absatz des Hauptblocks umlaufende Reihe aus 16 Kanonenkugeln.

Das Brückensprengungsdenkmal wurde vom Maurermeister Franz Otto Georg Steib, der Leipziger Eisengießerei Götz & Nestmann sowie dem Leipziger Steinmetzmeister Ernst Julius Einsiedel geschaffen. Das aus Sandstein und Granit gefertigte überlebenshohe Denkmal erinnert optisch an einen Würfel mit mehrstufigem Unterbau. Dieser trägt die Inschrift „Sprengung der Brücke bei dem Rückzuge des französischen Heeres am 19. October 1813“. Der Sockelbereich besteht aus Kleinpflaster in Granitschwellenumrandung, während die Stufen und das Denkmal selbst aus Postaer Sandstein gefertigt wurden. Bekrönt wird es mit einer Sprenggranate als Eisenguß in Form einer stilisiert aufzüngelnden Flamme. Letztere soll in der Gießerei der Gebrüder Karl Harkort und Gustav Harkort gegossen worden sein. Als historisch belegt gilt mittlerweile die Einbeziehung von Kanonenkugeln zu einem früheren Zeitpunkt. Diese bildeten zu jener Zeit den strukturellen Übergang zur nächsthöheren Stufe. Wann und weshalb die Kugeln abgenommen wurden, ist noch ungeklärt. Großzügig umfasst wird das Brückensprengungsdenkmal von einem eisernen Gitterzaun.

Stand: 10.01.2024

Bildergalerie - Brückensprengungsdenkmal

Historisches Bildmaterial - Brückensprengungsdenkmal

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