Schumann-Haus Leipzig

Inselstraße 18
Ortsteil: Zentrum-Ost

Das Schumann-Haus Leipzig wurde 1838 von Friedrich August Scheidel im Stil des Klassizismus errichtet. Es diente dem Künstlerpaar Robert Schumann und Clara Schumann (geb. Wieck) zwischen 1840 und 1844 als Wohnhaus. Heute herbergt das Haus die Freie Grundschule „Clara Schumann“, den Schumann-Verein Leipzig e.V. sowie die Rahn Dittrich Group. In der einstigen Schumann-Wohnung befindet sich das Schumann-Museum mit der Dauerausstellung „Experiment Künstlerehe“.

Vom der Süßwaren-Fabrik zum Schumann-Museum


Das Schumann-Haus in der Inselstraße 18, ehemals Inselstraße 5, ist von großer musik-sowie architekturgeschichtlicher Bedeutung und blickt auf eine wechselhafte Historie zurück. Die Inselstraße befand sich auf einer der Hauptachsen der in den 1830er Jahren in Leipzig entstehenden städtebaulichen Erweiterung. Private Investoren parzellierten und erschlossen zu dieser Zeit ihre Gartengrundstücke entlang des regelmäßig verlaufenden Straßennetzes, welche die neu entstandene Friedrichstadt und die Marienstadt begrünten. Die Viertel zeichneten sich durch ihre „lieblichen und großartigen Gebäude, durch ihre schönen Gärten und ihre breiten Straßen“ aus. Im Jahr 1838 entschloss sich der Maurermeister Friedrich August Scheidel in der damaligen Inselstraße 5 zum Bau eines dreigeschossigen Bürgerhauses mit reich gestalteter Fassade im Stil des Klassizismus, welches ihm als Wohnhaus dienen sollte. 

Nach ihrer Heirat am 12. September 1840 in der Kirche Schönefeld bezogen Robert und Clara Schumann das neu errichtete Haus als ihr erstes gemeinsames Domizil in dem aufstrebenden Stadtteil, wo sie bis zum Umzug nach Dresden 1844 wohnten. Die Schumanns lebten in einer der beiden Wohnungen im ersten Stock, die sie sich mit einer weiteren Familie teilten. Die aus acht Zimmern, einem Saal, einigen Kammern und Wirtschaftsräumen bestehende Wohnstätte beschrieb Clara selbst als „kleines, aber trauliches, freundliches Logis“. Im Jahr 1887 siedelte sich im Schumann-Haus die Kakao-, Schokoladen-, Konfitüren- und Honigkuchenfabrik Schwarz & Große an. 1910 entstand ein großflächiges neues Fabrikgebäude, in dessen repräsentatives Torgebäude das Schumann-Haus mit einbezogen wurde. Das Gebäude überstand den Zweiten Weltkrieg weitestgehend unbeschadet, jedoch geriet es in Vergessenheit und verfiel zu DDR-Zeiten immer mehr. Bis in die 1990er Jahre wies lediglich eine unscheinbare Tafel an der Wand des sich im Privatbesitz befindlichen Areals auf dessen Geschichte hin. Im Jahr 1999 wurde das Schumann-Haus von der Rahn Dittrich Group gekauft, welche es vor dem Verfall bewahrte und unter strengen denkmalpflegerischen Gesichtspunkten umfassend sanierte. Seit 2014 ist das Schumann-Haus im Besitz der Europäischen Stiftung für Bildung und Kultur der Rahn Dittrich Group und beherbergt neben der Freien Grundschule „Clara Schumann“ auch den Schumann-Verein Leipzig e.V. In der einstigen Schumann-Wohnung befindet sich heute das Schumann-Museum mit der multimedialen Dauerausstellung „Experiment Künstlerehe“. Die übrigen Räume der Wohnung werden von der Freien Grundschule „Clara Schumann“ mit künstlerisch-musischem Schwerpunkt und der gleichnamigen Musikschule genutzt. Das Schumann-Haus stellt heute eine einzigartige Symbiose aus Ausbildungsstätte, Museum und Veranstaltungsort dar und zählt zu den wenigen erhaltenen Beispielen klassizistischer Architektur in Leipzig. Es ist zudem eine Station auf der Leipziger Notenspur.

Repräsentativer Klassizismus im Grünen


Die für den Stil charakteristische klare bauliche Gliederung des Schumann-Hauses zeigt sich in den deutlich voneinander abgesetzten drei Geschossen, welche durch einen ornamentalen Fries betont werden. Typisch für den Zeitgeist sind auch die von Etage zu Etage variierenden Fensterbedachungen. Aus der Fassadenfront tritt ein markanter Mittelrisalit mit sechs Pilastern und dazwischen angeordneten Reliefplatten hervor, welche antike Szenen darstellen. Oberhalb einer Toreinfahrt tragen vier schlicht gehaltene Konsolen einen dreiachsigen Balkon mit einem für den Zeitgeist typischem Rautengitter auf Höhe der Schumannschen Wohnung. Über dem Balkon erheben sich fünf kannelierte Pilaster mit korinthischen Kapitellen.

„Experiment Künstlerehe“ am authentischen Ort


In den Räumlichkeiten der einstigen Schumann-Wohnung befindet sich heute ein Museum, welches das Leben und Wirken von Robert und Clara Schumann während ihres vierjährigen Leipzig-Aufenthalts klanglich und visuell veranschaulicht. Dabei handelt es sich um das erste Museum für ein Musikerpaar, welches sich auf Augenhöhe begegnet und deren Lebensläufe nebeneinander dargestellt werden. Anlässlich des 200. Geburtstages von Clara Schumann wurde 2019 die Dauerausstellung „Experiment Künstlerehe“ eröffnet und es entstand ein neues multimediales Museumskonzept. Die Ausstellung illustriert in sechs thematischen Räumen die Herausforderungen und Themen des Ehelebens der Schumanns. Im Mittelpunkt stehen die in Leipzig entstandenen Ehe-Tagebücher und der gemeinschaftlich komponierte Liederzyklus „Liebesfrühling“.

Der historische Schumann-Saal mit seiner originalen Ausmalung verkörpert den damaligen Zeitgeist und lässt die Tradition des musikalischen und literarischen Salons wieder aufleben, in welchem sich das kulturelle Leben der Schumanns abspielte. Hier begrüßte dasKünstlerpaar namhafte Gäste, darunter Hans Christian AndersenFranz LisztFelix Mendelssohn BartholdyRichard Wagner und Hector Berlioz. Die Zeit in Leipzig markierte für die Schumanns zudem die Blütezeit ihres künstlerischen Schaffens: es wurde gemeinsam musiziert, komponiert und uraufgeführt. Robert Schumann komponierte drei Streichquartette, zwei Sinfonien, das Oratorium „Das Paradies und die Peri“ sowie die Lieder von „Frauenliebe und Leben“ und die „Kerner-Lieder“. Die wohl bekanntesten Stücke sindRobert Schumanns „Frühlingssinfonie“, welche im Gewandhaus zu Leipzig uraufgeführt wurde, sowie der gemeinsam komponierte Liederzyklus „Liebesfrühling“. Auf ausgewählten Stühlen, welche sich um den Flügel in der Raummitte gruppieren, kann man über Infrarot-Lautsprecher den Porträts von Zeitgenossen der Schumanns, darunter Claras Mutter Mariane Bargiel, lauschen. An einer Wand im Schumann-Saal hängt das berühmte Relief von Ernst Rietschel aus dem Jahr 1846 in Form eines Doppelporträts von Clara und Robert Schumann. Dieses gilt als besonders lebensnah und authentisch. Im neben dem Schumann-Saal befindlichen „Reisekabinett“ können die zwei von Leipzig ausgehenden Konzertreisen der Schumanns nach Dänemark und Russland nachvollzogen werden. Im „Ausbildungskabinett“ ist unter anderem „Claras Hand“ ausgestellt. Dabei handelt es sich um eine von Erwin Stache auf Basis eines Gipsabdrucks von Clara Schumanns Hand geschaffene Klanginstallation. Im einstigen Arbeitszimmer Robert Schumanns, dem „Ehe-Experimentierraum“, verwandeln visualisierte Features von Magdalene Melchers den Raum mittels sechs Beamern in die Themenschwerpunkte Liebe und Kunst, Kinder und Geld. Im von Erwin Stache geschaffenen „Klangraum“ lassen die von der Decke hängenden Gegenstände Töne oder ganze Musikstücke erklingen. Im „Hörkabinett“ können Besucher den von Robert und Clara Schumann in Leipzig komponierten Werken lauschen.

Bis 2020 veranstaltete das Schumann-Haus jährlich im September die Schumann-Festwoche. Statt dieser findet seit 2021 die Veranstaltungsreihe „Con spirito – Das Leipziger Kammermusikfestival“ statt. An acht Tagen finden acht Konzerte in historischen Wohn- und Wirkungsstätten von Komponisten statt, die die Leipziger Musiktradition entscheidend prägten. Zu den Austragungsorten zählen neben dem Schumann-Haus auch die Thomaskirche, das Bach-Museum und die Alte Nikolaischule.

Bildergalerie - Schumann-Haus Leipzig

Schillerhaus

Menckestraße 42
Ortsteil: Gohlis-Süd

Das 1717 im Stil eines typischen Bauernhauses erbaute Schillerhaus diente von Mai bis September 1785 als Quartier für Friedrich Schiller. Dabei handelt es sich um die älteste Literaturgedenkstätte Deutschlands. Das Schillerhaus ist das einzige erhaltene Bauernhaus im Leipziger Stadtgebiet aus dem frühen 18. Jahrhundert. Es ist ein Bestandteil des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig.

Der Lockruf aus Leipzig


Die Geschichte des Schillerhauses im Stadtteil Gohlis reicht bis ins frühe 18. Jahrhundert zurück. Das Gebäude wurde 1717 als Wohnstallhaus auf einem typischen kleinbäuerlichen Anwesen als Dreiseitenhof nach mitteldeutschem Vorbild im Dorf Gohlis erbaut. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden Teile des Hauses als Sommerquartier vermietet. Zu seinen berühmten Gästen zählte kein Geringerer als Friedrich Schiller. Die Ankunft des damals 25-jährigen Dichters in Leipzig am 17. April 1785 markierte einen tiefen Einschnitt in seiner persönlichen und künstlerischen Entwicklung. Hinter Schiller lagen gescheiterte Projekte und unglückliche Verbindungen, darunter die unbefriedigende Arbeit als Regimentsmedicus im Dienste Karl Eugens von Württemberg und eine desillusionierende Tätigkeit als Theaterdichter in Mannheim. Persönliche Sorgen und Zerwürfnisse mit Schauspielern verschlimmerten neben seiner längeren Krankheit und seinen Schulden die Lage. Die Einladung seines Leipziger Freundeskreises rund um den Juristen Christian Gottfried Körner stellte für Schiller eine unverhoffte Möglichkeit dar, sein Leben neu zu ordnen und eine gesicherte Existenz als Dichter aufzubauen. Zudem beteuerte Körner, dass Schiller im weltoffenen Leipzig bewundert werden würde. Aber erst eine Geldsendung von Körner ermöglichte Schiller schließlich die Reise nach Leipzig. Da sich Körner bei Schillers Ankunft aus beruflichen Gründen in Dresden aufhielt, lernten sich beide erst am 1. Juli 1785 auf dem Rittergut Kahnsdorf bei Borna persönlich kennen, welches dem Theologen und Philologen Johann Christian Gottlieb Ernesti, einem Verwandten Körners, gehörte. 

Schillers schaffensfrohe Sommermonate in Gohliser Landidylle


In Leipzig verweilte Schiller zunächst im – für seine Verhältnisse – teuren Gasthof Blauer Engel in der Petersstraße 20 und am Folgetag im Gasthaus Kleines Joachimsthal in der Hainstraße 5. Der Verlagsbuchhändler Georg Joachim Göschen, der ebenfalls zu Körnersengem Freundeskreis zählte, vermittelte Schiller Anfang Mai 1785 ein Zimmer im Haus des Bauern Christoph Schneider im Dorf Gohlis nordwestlich von Leipzig. Im Sommer 1785 lebte Göschen selbst in der Stube im Erdgeschoss des Bauernhauses. 
Dem jungen Schiller und seiner Sehnsucht nach ländlicher Idylle kam die Wohnstätte sehr gelegen. Dank seiner Lage fernab der rauchenden Kamine und übelriechendenWassergräben des Stadtzentrums war Gohlis die Sommerfrische der Stadtbewohner. In einem Brief nach Mannheim am 24. April 1785 schrieb Schiller: „Ich werde auch einige Monate in dem Orte Goliz zubringen, der nur eine Viertelmeile von Leipzig entlegen ist, und wohin ein sehr angenehmer Spaziergang durch das Rosental führt. Hier bin ich willens, sehr fleißig zu seyn, an dem Karlos und der Thalia zu arbeiten…“. Schillers Aufenthalt in Leipzig markierte eine der unbeschwertesten Zeiten seines Lebens, welche sich auch in seinen künstlerischen Werken widerspiegelte. So verfasste er hier seine Werke „Don Carlos“ und seine weltberühmte Ode „An die Freude“, die von Ludwig van Beethoven vertont wurde. Nach seiner Abreise am 11. September 1785 verweilte Schiller noch bis Juli 1787 als Körners Gast in Dresden und kehrte in den Folgejahren mehrmals nach Leipzig zurück.

Vom unscheinbaren Bauernhaus zur ältesten Literaturgedenkstätte Deutschlands


Erst im Jahr 1841 wurde das einstige Bauernhaus in Gohlis als jenes identifiziert, in dem Schiller im Sommer 1785 gewohnt hatte und die Anbringung einer Gedenktafel an einer vor dem Grundstück errichteten steinernen Ehrenpforte veranlasst. Diese wurde am 11. November 1841 enthüllt. Dass die Erinnerungen an das unscheinbare Gohliser Bauernhaus erhalten blieben, ist dem Wirken des Leipziger Schillervereins zu verdanken. Dieser wurde am 24. Oktober 1842 unter der Leitung des Schriftstellers Robert Blum gegründet, der anlässlich Schillers Geburtstags bereits 1840 eine öffentliche Feier ausrichtete. 1848 wurdenim Innern eine Gedenkausstellung eingerichtet sowie jährliche Schillerfeste durchgeführt. Das Schillerhaus wurde zur ersten Literaturgedenkstätte Deutschlands. Der Schillerverein verhinderte 1856 den vorgesehenen Abbruch des Hauses und erwarb dieses 1856 käuflich. Damit bewahrte er neben der Gedenkstätte auch ein eindrucksvolles Denkmal mitteldeutscher ländlicher Architektur. 

1857 bis 1858 gab es erste bauliche Veränderungen des Dreiseitenhofes. Die Scheune und die Toranlage wurden abgebrochen und umfassende Sanierungsarbeiten im Gebäudeinnern vorgenommen. Im Laufe der Jahrhunderte litt die historische Bausubstanz erheblich. 1995 musste das Schillerhaus schließlich wegen Einsturzgefahr geschlossen werden. Dank zahlreicher Fördermittel und Spendengelder erfolgte 1997 eine denkmalgerechte Sanierung. So konnte das Schillerhaus am 28. Oktober 1998 als Außenstelle des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig mit einer neuen Ausstellung wieder eröffnen. Im Jahr 2002 wurde der Bauerngarten nach historischem Vorbild rekonstruiert.

Göschenzimmer, Bauernstube und Schillerstube im frühklassizistischen Zeitgeist


Das Schillerhaus beherbergt heute eine neu gestaltete Dauerausstellung, welche mehr als 100 Exponate umfasst und Schillers Leben und Wirken in den historischen Gemäuern lebendig werden lässt. Das Schillerhaus als Hauptbau und gleichzeitig Wohnteil des einstigen Dreiseitenhofes beherbergte im Erdgeschoss eine größere und kleinere Stube und die Küche. Bei der kleineren Stube rechts vom Eingang, dem „Göschenzimmer“, handelte es sich einst um einen Stall, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Sommerquartier umgebaut wurde. In dem Raum befindet sich auch ein detailreiches Modell vom Dorf Gohlis im 18. Jahrhundert. Der alte Siedlungskern des einstigen Gassendorfes hat sich bis heute zum Teil erhalten. Die benachbarte Küche wurde 1717 ursprünglich als Flurküche eingerichtet, deren originaler Rauchhut noch heute gut erkennbar ist. Die Trennwand zum Flur entstand 1857, die frühklassizistische rötliche Wandfarbe entspricht dem historischen Vorbild. Die „Bauernstube“ links neben der Küche gibt Auskunft über Schillers Freundes- und Bekanntenkreis rund um Christian Gottfried Körner. 

Über eine schmale Treppe gelangt man ins Obergeschoss mit der „Schillerstube“ und zwei Schlafkammern. In der linken Schlafkammer wurde die frühklassizistische Ausmalung aus Schillers Zeit nach historischen Befunden rekonstruiert, während die rechte Schlafkammer monochrom grau ausgemalt war. Die Räume geben Einblicke in das Wirken des Schillervereins zu Leipzig. Gegenüber befindet sich die „Schillerstube“ mitsamt der benachbarten kleinen Schlafkammer, welche erst Mitte des 18. Jahrhunderts entstand. In diesen zwei Räumen logierte Schiller 1785. Zu Schillers Zeiten waren die Zimmerwände und Kammern entsprechend dem Frühklassizismus gegliedert und farbig gestaltet. Die weißgekalkten Wandflächen stellten einen wirkungsvollen Kontrast zu den mit roten Holzlasuren gefassten Decken und Türen dar. Rechts neben der Tür zur Schillerstube befindet sich eine Büste Friedrich Schillers. Der Gipsabguss wurde vom Bildhauer Johann Heinrich Dannecker, einem Freund des Dichters aus der gemeinsamen Schulzeit, während Schillers Aufenthalt in Stuttgart 1794 modelliert. Ein Highlight in der Schillerstube ist die in einer Vitrine ausgestellte originale Weste Schillers um 1800. Diese gelangte als Geschenk von Schillers ältestem Sohn Karl in den Besitz des Schillervereins nach Leipzig und wurde 1841 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. 

Das Schillerhaus empfängt Besucher zu Konzerten, Lesungen, Theateraufführungen und zahlreichen anderen Kulturveranstaltungen. Im Bauerngarten finden Sommertheater-Aufführungen statt.

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Historisches Bildmaterial - Schillerhaus

Panometer Leipzig

Richard-Lehmann-Straße 114
Ortsteil: Connewitz

Das Panometer Leipzig präsentiert seit 2003 die weltweit größten 360°-Panoramen des Künstlers Yadegar Asisi. Die wechselnden Panoramen mit entsprechender Licht- und Tonkulisse und thematischen Begleitausstellungen lockten seit der Eröffnung Millionen Besucher in den ehemaligen Gasometer von 1910.

Der Weg zur Lichtenergie in der Messestadt


Was von Weitem an die imposante Kulisse des Kolosseums in Rom erinnert, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ehemaliges Gasometer von 1910 und zugleich Zeitzeuge der wechselvollen Leipziger Energiegeschichte. Nachdem zahlreiche europäische Städte von der Öl- auf die Gasbeleuchtung umstellten, schloss sich auch Leipzig dieser Entwicklung an. Der Stadtrat beauftragte 1836 den Dresdner Ingenieur Rudolf Sigismund Blochmann mit dem Bau einer Gasbeleuchtungsanstalt. Nur zwei Jahre später wurde der Betrieb in Leipzigs erstemGaswerk in der Sandgrube vor dem Gerbertor aufgenommen und es entstanden die ersten Gaslaternen auf dem Markt, auf dem Brühl, in der Katharinenstraße sowie in der Gerber- und Hallischen Straße. Da das Gaswerk in den 1860er Jahren an seine Kapazitätsgrenzen stieß, veranlasste der Stadtrat den Bau eines weiteren Gaswerks in der Kaiserin-Augusta-Straße, der heutigen Richard-Lehmann-Straße. Das Gaswerk II wurde von 1882 bis 1885 nach Plänen von Georg Wunder errichtet und nahm am 18. August 1885 seinen Betrieb auf. Es repräsentierte den damaligen technischen Zenit der Gaserzeugung mittels Steinkohle. Die Anlage wurde bis 1910 in vier Bauabschnitten erweitert und konnte eine Tageshöchstleistung von 120.000 Kubikmeter erbringen.

Vom Gasometer zum Panometer


Im Zuge der Industrialisierung wuchs der Bedarf nach elektrischer Energie rasant, jedoch war es bis dato nicht zu bewerkstelligen, das erzeugte Gas kontinuierlich und zeitnah bereitzustellen. Eine Lösung sah man im Bau von Teleskop-Gasspeichern, sogenannten Gasometern, welche große Mengen an Gas mit konstantem Druck bevorraten konnten. Das Gaswerk II verfügte zwischenzeitlich über bis zu vier dieser Gasometer, wovon drei mit einer gemauerten Fassade ausgestattet waren. Zahlreiche Leipziger Vorort-Gaswerke wurden stillgelegt und durch das 1929 zum Zentralgaswerk ausgebaute Gaswerk II ersetzt. Es entwickelte sich zu einer wichtigen Wirtschaftskraft und förderte die neue Unabhängigkeit vom Tageslicht. 1935 brannten in Leipzig bereits rund 53.000 Gaslaternen.

Durch den Bombenangriff auf Leipzig am 4. Dezember 1943 wurden zahlreiche Betriebsstätten der Stadtwerke zerstört und die Gasproduktion konnte erst 1945 sukzessive wieder aufgenommen werden. Zwischen 1952 und 1977 wurde das Zentralgaswerk nach dem deutschen Kommunisten Max Reimann benannt und als „Gaskokerei Max Reimann“ geführt. An ihn erinnert bis heute die Max-Reimann-Büste vor dem Panometer I. 

Die Gasometer I und II wurden noch bis 1977 zur Speicherung des produzierten Stadtgases genutzt und schließlich nach 92-jähriger Betriebszeit stillgelegt. Während das Zentralgaswerk abgerissen wurde, blieben die Gasometer I und II sowie zahlreiche Werkstätten und Verwaltungsbauten verschont. Auf dem Areal des ehemaligen Zentralgaswerks befindet sich heute die Verwaltung der Stadtwerke Leipzig. Um die historischen Gasometer vor dem Verfall zu bewahren, wurden durch die Stadtwerke 2002/2003 umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt. In diese bezog man auch den Künstler und Architekten Yadegar Asisi ein. Dieser hatte die mutige Idee, die riesigen Mauerwerksflächen für monumentale Panoramabilder zu nutzen. Seit 2003 zeigt Asisi nun im ehemaligen Gasometer II seine außergewöhnlichen Ausstellungen und machte damit das Industriedenkmal unter dem Namen „Panometer“ weltweit bekannt. Bei „Panometer“ handelt es sich um ein Kunstwort aus „Panorama“ und „Gasometer“. Mit der Präsentation seiner Panoramen erweckte Asisi eine Tradition zu neuem Leben, denn in Leipzig gab es mit dem Panorama am Roßplatz über 60 Jahre einen Bau, in dem Panoramabilder gezeigt wurden. Er wurde im Zweiten Weltkrieg 1943 zerstört. Unmittelbar neben dem Panometer befindet sich der Gasometer I. Dieser wurde von 2009 bis 2012 als „Arena am Panometer“ wiederbelebt und bietet seitdem als Kulturstätte eine einmalige Open-Air-Atmosphäre.

360°-Panoramen im Industriedenkmal


Die imposante und stadtbildprägende Kulisse des Panometers im Stadtteil Connewitz misst eine Höhe von rund 50 Metern vom Boden bis zur Spitze der Laterne auf dem Kuppeldach. Das zylinderförmige Industriedenkmal wurde in massiver Ziegelbauweise errichtet, dessen Mauern stellenweise rund 1,50 Meter dick sind. Die Außenfassade wurde aus gelben Klinkersteinen gefertigt und wird durch die farblich abgesetzten roten Klinker auf Höhe des Erdgeschosses, den Fenstern und den Gesimsen ergänzt. Die Bauweise entsprach den Ansprüchen des damaligen Stadtbaudirektors Hugo Licht, technische Anlagen in der Stadt in einem architektonisch und ästhetisch anspruchsvollen Bauwerk einzubetten. Die Außenfassade der vier Stockwerke zieren 125 gleichmäßig angeordnete Bogenfenster. Auf Höhe desErdgeschosses ist noch heute das Gasometer, das eigentliche Messgerät des einstigen Gasspeichers, angebracht. Die kreisrunde Konstruktion und der Durchmesser von ca. 57 Metern ermöglichten es Yadegar Asisi, das Gebäude zum modernen Ausstellungsraum für seineweltgrößten 360°-Panoramen umzufunktionieren. Die 32 Meter hohen Rundbilder mit einer entsprechenden Licht- und Tonkulisse widmen sich wechselnden Themen, welche durch Begleitausstellungen und Making-Of-Filme ergänzt werden. Durch die sehr hohe Auflösung der Panoramen kann sich der Besucher auch mit einem Fernglas auf eine Entdeckungstour nach Bilddetails begeben.

Tropische Natur und Altes Rom im industriekulturellen Flair


Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums zur Erstbesteigung des Mount Everest im Mai 2003 wurde die erste Ausstellung „EVEREST“ von 2003 bis 2005 im Panometer gezeigt. Das Panoramabild entführte die Besucher zu einer Expedition in das 6.000 Meter hohe „Tal des Schweigens“ im Himalaya-Gebirge. Von 2005 bis 2009 war das Panorama „ROM 312“ zu sehen, welches die prächtige Hauptstadt des römischen Reichs im Jahr 312 n. Chr. präsentierte. In „AMAZONIEN“ konnten sich die Besucher von 2009 bis 2012 auf eine Expedition in die südamerikanischen Tropen begeben und die faszinierende Artenvielfalt bewundern. Anlässlich des 200. Jubiläums der Völkerschlacht wurde im Panorama „LEIPZIG 1813“ von 2013 bis 2015 die Szenerie von Leipzig unmittelbar nach dem Ende der Völkerschlacht 1813 gezeigt. Vom Dach der Thomaskirche bot sich ein Blick auf das Geschehen in den Straßen mit Soldaten, Geflüchtetensowie Verletzten, die man in offenen Lazaretts versorgte. Von 2015 bis 2017 wurde in „GREAT BARRIER REEF“ die einzigartige Unterwasserwelt des Korallenriffs vor Australien präsentiert. Das Panorama „TITANIC“ führte die Besucher von 2017 bis 2019 auf eine Unterwasser-Reise. Das Rundbild zeigte das einstige Luxusschiff, das von der Natur unter Wasser zurückerobert wurde. Von 2019 bis 2021 machte „CAROLAS GARTEN – Eine Rückkehr ins Paradies“ die Welt des Mikrokosmos in der faszinierenden Szenerie eines heimischen Gartens erlebbar. 

Nach der Eröffnung des Panometers in Leipzig schuf Yadegar Asisi weitere Ausstellungsorte für seine Panoramen, die sich in Dresden, Wittenberg, Hannover, Pforzheim, Berlin und Rouen befinden.

Bildergalerie - Panometer Leipzig

Historisches Bildmaterial - Panometer Leipzig

Museum für Druckkunst Leipzig

Nonnenstraße 38
Ortsteil: Plagwitz

Das 1994 vom Münchner Sammler Eckehart Schumacher-Gebler gegründete Museum für Druckkunst Leipzig stellt einen lebendigen Ort der Industriekultur in der traditionsreichen Verlags- und Buchstadt dar. Als produzierende Werkstatt und Museum gleichermaßen können 500 Jahre Druckgeschichte an rund 100 funktionierenden Maschinen und Pressen in authentischer Atmosphäre erlebt werden. Eine Rarität in Deutschland stellt die voll funktionsfähige Schriftgießerei dar.

500 Jahre Druckgeschichte am authentischen Ort


Das einzigartige Museum befindet sich in einem um 1876 errichteten Gebäude im ehemaligen Industrieviertel Plagwitz. Der Komplex wurde zunächst von einer Firma für Strickmaschinen als Produktionsstätte und ab 1921 beinahe durchgehend als Druckerei- und Verlagshaus genutzt. Ab 1921 wurde die Dr. Karl Meyer GmbH neuer Eigentümer des Gebäudekomplexes und eröffnete ein Jahr später ihre Firma mit den Schwerpunkten: Buch- und Kunstverlag, Reisebuchhandel, Druckerei, Buchbinderei sowie Herstellung von Gegenständen des Kunsthandels. Von 1922 bis 1923 gestaltete der Architekt Edgar Röhrigdie Fassade des Gebäudes um, so dass eines der seltenen Beispiele des Art-déco in Leipzigentstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg – den das Objekt unbeschadet überstand – investiertedie Dr. Karl Meyer GmbH in moderne Drucktechnik, darunter den Illustrations- und Mehrfarbendruck. Mit der Bestimmung des Buchhändlers Erich Bernhardt als neuen Treuhändler des Unternehmens durch die Stadt Leipzig wendete sich 1949 das Blatt. Ab 1953 wurde das einstige Privatunternehmen durch Zwangsverstaatlichung in die Offizin Andersen Nexö eingegliedert. Dabei handelte es sich um einen Buchhersteller, unter dessen Dach bis in die 1970er Jahre zahlreiche Druckereien vereint wurden und bis 1990/91 an verschiedenen Standorten in Leipzig produzierten. Ab 1989 wurden mehrere Betriebsstätten der Offizin an die ehemaligen Eigentümer zurückübertragen oder geschlossen.

Der Hochdruckbetrieb in der Nonnenstraße 38 wurde an den Münchner Sammler und Typografen Eckehart Schumacher-Gebler übertragen, dessen Initiative das Museum seine Entstehung verdankt. Er sammelte fast 25 Jahre lang Schriftgussmatrizen, Bleilettern, Stahlstempel sowie Maschinen des Druckgewerbes und schuf ein einzigartiges Ensemble. Schumacher-Geblers Sammlung wurde im 1994 eröffneten Werkstattmuseum für Druckkunst in Leipzig ausgestellt. In den Folgejahren wurde das Museum unter Bewahrung seines Zeitgeistes etappenweise umgebaut und saniert. Die Trägerschaft des Museums übernahm 1999 die von Verena von Mitschke-Collande und dem Unternehmen Giesecke & Devrientgegründete Stiftung Werkstattmuseum für Druckkunst Leipzig. Seitdem gilt das Museum nicht nur als ein authentischer und traditionsreicher Ort der „Schwarzen Kunst“, sondern auch als eine der letzten noch aktiven historischen Druckereien in Leipzig.

Ein Blick hinter die Art-déco-Mauern


Das historische Ensemble des denkmalgeschützten Museumsgebäudes verfügt seit den Renovierungsarbeiten 1922/23 über eine Fassadenfront im Stil des Art-déco. Besonders auffallend ist die Tatsache, dass sich das Eingangsportal des Museums nicht symmetrisch zur Mittelachse des Gebäudes, sondern seitlich versetzt, befindet. Die oberste Etage wird von einem Dreiecksgiebel betont. Der rechteckige Innenhof ist von roten Klinkerbauten mit gelben Fensterbögen begrenzt und repräsentiert das authentische Flair der Industriearchitektur aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Eine Besonderheit im Museum stellt auch der Fahrstuhl im Treppenhaus aus dem Jahr 1922 dar, welcher über einen außergewöhnlichen Brems-Mechanismus verfügt.

Als ehemaliges Druckereigebäude handelt es sich bei dem Museum für Druckkunst Leipzig um einen authentischen Ort der Industriekultur, der nicht nur visuell, sondern auch haptisch erlebt werden kann. Dies wird bereits beim Betreten der Ausstellungsräume und dem für eine aktive Druckerei charakteristischen Duftgemisch aus Öl, Schmiere und Druckfarbe deutlich. Fachleute führen die betriebsbereiten Maschinen und Pressen täglich vor. Die Besucher haben die Möglichkeit, sich an einigen Stationen selbst auszuprobieren. Dabei steht neben der Vermittlung druckgeschichtlicher und typografischer Kenntnisse ein praktisch-experimenteller Umgang mit den Druckutensilien im Vordergrund.

„Schwarze Kunst“ zum Bestaunen und Mitmachen


Auf vier Sammlungsetagen werden in den Werkstätten an rund 100 funktionstüchtigen Maschinen die vier wichtigsten historischen Drucktechniken veranschaulicht, der Hochdruck, der Tiefdruck, der Flachdruck und der Durchdruck. Den Schwerpunkt der Sammlung bildet der seit dem 15. Jahrhundert angewandte Hochdruck als älteste Drucktechnik. Dazu zählen der traditionelle Buchdruck und der Holzstich, welcher zur Reproduktion von Bildern dient. Im Bereich des Hochdrucks praktiziert das Museum neben dem traditionellen Handsatz auch den gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten Maschinensatz. Eine deutschlandweite Rarität stellt die voll funktionsfähige Schriftgießerei dar, in welcher Bleibuchstaben manuell oder maschinell gegossen werden. Anhand einer umfassenden Sammlung von funktionstüchtigen Zeilensetz- und Zeilengießmaschinen wird die historische Herstellung von Satz lebendig dargestellt. In zahlreichen Setzkästen kann man die Bleilettern und Werkzeuge des Handsetzens betrachten. Darüber hinaus beherbergt das Museum eine deutschlandweit einzigartige Kollektion an Holz- und Bleilettern, Stahlstempeln und Matrizen in rund 4.000 Schriftarten europäischen und orientalischen Ursprungs.

Bildnerische Techniken werden im Museum durch die zum Tiefdruck gehörende Radierung und den Kupferstich sowie die zum Flachdruck zählende Lithografie und den Lichtdruckrepräsentiert. Die unterschiedlichen Druckvorgänge können die Besucher an zahlreichen Druckmaschinen und -pressen von der Aufnahme des Papiers bin hin zur Ablage des fertigen Bogens unmittelbar erleben. In der ständigen Ausstellung werden verschiedene Tiegeldruck- und Kniehebelpressen sowie eine hölzerne Spindelpresse präsentiert, welche das Druckverfahren aus Zeiten der industriellen Revolution veranschaulicht. Die historischen Druckmaschinen stammen von namhaften Herstellern, darunter MAN, Heidelberg sowie König & Bauer. Dabei handelt es sich um Zeugnisse des Druckgewerbes aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Die Sammlung wird durch eine voll ausgestattete Handbuchbinderei, eine komplett funktionsfähige Werkstatt für den Holzstich um 1900 sowie eine mit rund 3.500 Fachliteraturen ausgestattete Präsenzbibliothek ergänzt.

Veranstaltungskalender voller Höhepunkte


Im Jahr 2018 wurden die „Künstlerischen Drucktechniken des Hochdrucks, Tiefdrucks, Flachdrucks und Durchdrucks und deren Mischformen“ mit Beschluss der Deutschen UNESCO-Kommission in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Damit wird insbesondere in Zeiten der Digitalisierung die Relevanz des Analogen für die heutige Gesellschaft herausgestellt.

Neben der Dauerausstellung werden in wechselnden Sonderausstellungen u.a. Kunstwerkevon nationalen und internationalen Künstlern ausgestellt, welche die historischen Werkstätten sowie die Maschinen und Pressen zur Umsetzung ihrer künstlerischen Vorhaben nutzten. Besucher können den Künstlern dabei über die Schulter schauen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Auf diese Weise wird das Kulturerbe künstlerischer Drucktechniken lebendig gehalten und erlebbar gemacht. Das Angebot des Museums wird zudem durch thematische Führungen und Workshops für jede Altersklasse abgerundet. Auch die alljährlichen Leipziger Typotage gehören zum festen Bestandteil des Veranstaltungskalenders.

Bildergalerie - Museum für Druckkunst Leipzig

Mendelssohn-Haus

Goldschmidtstraße 12
Ortsteil: Zentrum-Südost

Das 1844 errichtete Mendelssohn-Haus im Stil des Spätklassizismus und Biedermeiers war zwischen 1845 und 1847 Wohn- und Sterbehaus des Gewandhauskapellmeisters Felix Mendelssohn Bartholdy. Es ist europaweit die letzte erhaltene Privatadresse des berühmten Komponisten und beherbergt heute ein Museum.

Vom ersten Gewandhauskapellmeister mit Taktstock


Leipzig gilt seit jeher als Musikstadt von Weltrang und war Heimstatt vieler berühmter Musiker. Unweit des Gewandhauses in der Goldschmidtstraße 12, früher Königstraße 5, befindet sich das Mendelssohn-Haus, welches als Wohn- und Sterbehaus des bedeutendsten Komponisten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Felix Mendelssohn Bartholdy, von großer kulturgeschichtlicher Bedeutung für die Stadt ist. Es ist zudem Station auf der Leipziger Notenspur.

Das Mendelssohn-Haus wurde 1844/45 vom Maurermeister Johann Heinrich Waltherjunior als viergeschossiges Wohnhaus im Stil des Spätklassizismus und Biedermeiers errichtet. Als der 26-jährige Felix Mendelssohn Bartholdy im Herbst 1835 nach Leipzig kam, um den Posten des Gewandhauskapellmeisters anzutreten, herrschte in der aufstrebenden und schnell wachsenden Handelsstadt ein aufklärerischer Geist. Leipzigs ganzer Stolz galt der Musik, insbesondere dem Gewandhaus und seinem Orchester. Mendelssohns ersten Auftritt als Gewandhauskapellmeister am 4. Oktober 1835 beschrieb Robert Schumannbegeistert: „Hunderte Herzen flogen ihm zu im selben Augenblick“. Mendelssohn war dabei der erste Gewandhauskapellmeister, der einen Taktstock benutzte. Im Jahr 1837 heiratete erCécile Jeanrnaud und das junge Paar bezog eine geräumige Wohnung nahe der ehemaligen Pleißenburg. Nach zwischenzeitlichen Verpflichtungen in Berlin kehrten der Gewandhauskapellmeister und seine Familie 1845 endgültig nach Leipzig zurück und bezogen die Beletage mit neun Zimmern in der Königstraße 5. Mendelssohn läutete auch die Renaissance der Musik von Johann Sebastian Bach ein und brachte das erste Bach-Denkmal in den Grünanlagen des Promenadenrings vor der Thomaskirche auf den Weg. Im Jahr 1843 gründete Mendelssohn in Leipzig das Conservatorium. Es handelte sich um die erste Musikhochschule in Deutschland. 

Die Nachricht vom frühen Tod seiner Schwester Fanny Hensel am 14. Mai 1847 schockte ihn zutiefst, so dass er sich aus dem öffentlichen Leben zurückzog und mehrere Monate Urlaub machte. Nach zahlreichen Schlaganfällen verstarb der begnadete Künstler am 4. November 1847 im Alter von 38 Jahren in seiner Leipziger Wohnung.

Vom Fotolabor zum Museum mit internationaler Strahlkraft


Die bereits seit dem 19. Jahrhunderts einsetzende und unter den Nationalisozialisten gipfelnde Verachtung von Musikern mit jüdischer Herkunft sorgte für die Diffamierung von Mendelssohns reichem Werk, welches teilweise in Vergessenheit geriet. Auch während der DDR-Zeit verwahrloste das Mendelssohn-Haus. Die Wohnetage der Mendelssohns wurde zwischenzeitlich als Fotolabor genutzt und kaum jemandem war bekannt, dass der berühmte Kapellmeister in ebendiesem Haus seine letzten Lebensjahre verbracht hatte. Als nach 1989 Pläne zur Umgestaltung des Gebäudes in ein Möbelhaus oder gar zu dessen Abriss auftauchten, wurde auf Initiative des damaligen Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur1991 die Internationale Mendelssohn-Stiftung e.V. ins Leben gerufen. Der Verein erwarb das Wohnhaus samt Grundstück und machte es sich zur Aufgabe, das Gebäude vor weiterem Verfall zu bewahren, umfassend zu sanieren und zum Kulturzentrum mit internationaler Strahlkraft umzugestalten. Dank der finanziellen Unterstützung weltweiter Sponsoren gelang es der Stiftung, das Mendelssohn-Haus anlässlich des 150. Todestages Felix Mendelssohn Bartholdys am 4. November 1997 nach nur 11-monatiger Sanierungszeit als Museum zu eröffnen. Das Mendelssohn-Haus wurde 2001 als ein „Kultureller Gedächtnisort mit besonderer nationaler Bedeutung“ in das Blaubuch der Bundesregierung aufgenommen.

Multimediale Ausstellungsräume in authentischen Gemäuern


Das Mendelssohn-Haus gilt als herausragendes Beispiel der selten gewordenen spätklassizistischen Wohnhausarchitektur. Seit der Eröffnung 1997 werden in der restaurierten Neun-Zimmer-Wohnung der Mendelssohns im ersten Obergeschossauthentische Einblicke in das Leben und Wirken des berühmten Musikers sowie in die Wohnkultur des Klassizismus und Spätbiedermeiers gegeben. Die nachempfundenen Wohn- und Arbeitsbereiche sind mit originalen Möbeln, Noten und Briefen des Komponisten ausgestattet. Dazu gehören ein Mäntelchen im Kinderzimmer von Sohn Carl, Nähutensilien im Kabinett von Gattin Cécile und ein originales Kochbuch. Von Mendelssohns Begabung als Aquarellmaler und Zeichner zeugen zahlreiche Bilder an den Wänden. Der Musiksalon in der Beletage, wo einst Mendelssohns Musikparthien stattfanden und namhafte Persönlichkeiten wie Richard Wagner oder Robert Schumann und Clara Schumann zu Besuch waren, dient der aktiven Aufrechterhaltung des musikalischen Erbes Mendelssohns. Hier finden jeden Sonntag um 11 Uhr kammermusikalische Konzerte verschiedenster Musikepochen von renommierten oder aufstrebenden Künstlern statt.

Seit 2014 wird im Erdgeschoss des Mendelssohn-Hauses mit Hilfe von modernster Technik eine interaktive Annäherung an Mendelssohns Musik gewährleistet. Im Effektorium gruppieren sich um ein Dirigentenpult mit Touchscreen 13 Stelen, welche das Mendelssohnsche Orchester verkörpern. Der Besucher kann in einigen Werken des berühmten Komponisten zwischen modernen und historischen Instrumenten sowie zwischen den Konzertorten wählen und das Orchester mit einem Taktstock entsprechend dirigieren. Die dirigierenden Bewegungen entscheiden über Lautstärke und Tempo der Musik, während die Partitur auf einem Bildschirm exakt zu den musikalischen Befehlen mitläuft. Über das Treppenhaus mit der rekonstruierten und teilweise erhaltenen historischen Fassung gelangt man in die erste und zweite Ausstellungsetage. Anlässlich von Mendelssohns 170. Todestags wurde das Museum 2017 um neue Ausstellungsräume im zweiten Obergeschoss erweitert. Dort befindet sich seitdem die weltweit einzige ständige Ausstellung zu Mendelssohns Schwester, der berühmten Komponistin Fanny Hensel. Fannys Lebenswerk wird in sieben Räumen dargestellt, wobei ihr Klavierzyklus „Das Jahr“, bestehend aus zwölf Klavierstücken, welche die 12 Monate eines Jahres symbolisieren, den roten Faden der Ausstellung bildet. Die Ausstellungsräume zeigen unter anderem eine Briefwand, die von Fannys andauerndem Einfluss auf ihren Bruder Felix erzählt und ein großes Wandbild als Schnappschuss der Berliner Wohnung von Fanny und Wilhelm Hensel. Auch das Internationale Kurt-Masur-Institut siedelte sich 2017 im zweiten Obergeschoss an. In einer kleinen Ausstellung wird das musikalische und politische Wirken des bedeutenden Gewandhauskapellmeisters dokumentiert und sein Erbe lebendig gehalten.

Italienischer Palazzo des Spätklassizismus


Das viergeschossige Mendelssohn-Haus ist entsprechend der Epoche des Spätklassizismus schlicht und zweckmäßig mit dennoch großzügiger Fassadengestaltung gehalten. Die Architektur spiegelt die Einflüsse der nach 1830 einsetzenden italienische Neorenaissance wider. Der vom Baumeister Johann Wilhelm Walther junior seitlich aufgeführte quadratische Turm bildet eine Eckdominante, dessen oberste Etage mit Rundbogenfenstern das Gebäude überragt. Die klare geometrische Form des Gebäudes wird durch den unter dem flachen Walmdach liegenden Konsolgesims nochmals hervorgehoben und erinnert an einen italienischen Palazzo mit Flachdach. An das Mendelssohn-Haus grenzt ein gepflegter Garten mit einer Remise, in welcher ein Kindermuseum eingerichtet ist. Im Sommer lädt der Garten zum Verweilen ein und bietet eine einladenden Kulisse für hochkarätige Konzerte. Auch als Ort für Hochzeiten erfreut sich das Mendeleohn-Haus großer Beliebtheit.

Bildergalerie - Mendelssohn-Haus

Historisches Bildmaterial - Mendelssohn-Haus

Grieg-Begegnungsstätte

Talstraße 10
Ortsteil: Zentrum-Südost

Die Grieg-Begegnungsstätte befindet sich im Gebäude des ehemaligen Leipziger Verlagshauses C. F. Peters. Sie wurde auf Initiative des 1998 gegründeten Vereins Grieg-Begegnungsstätte e.V. am 7. November 2005 feierlich eröffnet und beherbergt neben einer Dauerausstellung zum Leben und Wirken des norwegischen Komponisten den historischen Musiksalon. Edvard Grieg studierte von 1858 bis 1862 am Konservatorium in Leipzig Klavier und Komposition. Seine berühmten Werke wurden vom Leipziger Musikverlag C. F. Peters vertrieben, in dessen Räumlichkeiten Grieg während seiner zahlreichen Leipzig-Aufenthalte sein Domizil hatte. Die Grieg-Begegnungsstätte ist Station 3 auf der Leipziger Notenspur.

Vom hohen Norden nach Leipzig: Start einer Weltkarriere


Norwegens bedeutendster Komponist, Edvard Grieg, war etwa ein halbes Jahrhundert in besonderer Weise mit Leipzig verbunden. Ihn zogen das reiche Musikleben und die Möglichkeit an, von ausgezeichneten Klangkörpern und Virtuosen neue Werke sowie eigene Kompositionen zu hören. Der Norweger war fasziniert von dem geselligen Umgang mit Musikern, musikinteressierten Persönlichkeiten, Komponisten und bedeutenden Interpreten, darunter Peter Tschaikowski und Johannes Brahms, die zu seinen Freunden zählten.

Der am 15. Juni 1843 in Bergen geborene norwegische Komponist kam als 15-jähriger 1858 nach Leipzig, um am von Felix Mendelssohn Bartholdy gegründeten KonservatoriumKlavier und Komposition zu studieren. Grieg wohnte in einem Studentenzimmer in der Dresdner Straße 27. Im Zuge seines vierjährigen Studiums bot sich ihm die Möglichkeit, sich von ausgezeichneten Lehrern wie dem späteren Gewandhauskapellmeister Carl ReineckeLouis PlaídyIgnaz Moscheles oder Ernst Ferdinand Wenzel ausbilden zu lassen. Noch als Student bot Edvard Grieg seine frühen Kompositionen dem Musikverlag von Max Abraham an. Der Leiter des C. F. Peters Verlages, der die große Begabung des Norwegers erkannte, ließ diese drucken und es entwickelte sich zwischen Max Abraham, seinem Nachfolger Henri Hinrichsen und Edvard Grieg ein enges, lebenslanges Freundschaftsverhältnis. Im Jahr 1889 schloss Grieg mit dem Musikverlag C. F. Peters in Leipzig einen Generalvertrag ab, der dem Verlag das alleinige Publikationsrecht seiner Werke einräumte sowie Grieg und seine Frau auf Lebenszeit finanziell absicherte. Während seiner teils monatelangen Aufenthalte in Leipzig in der Konzertsaison konnte er sich stets auf die Gastlichkeit der Leiter des Musikverlages verlassen. Dazu zählten neben der Bereitstellung einer kleinen Wohnung in der dritten Etage des Verlagshauses auch die Organisation von geselligen Zusammenkünften mit Komponisten und Interpreten sowie die Besorgung von Karten für Leipziger Musikaufführungen.

Vom renommierten Musikverlag Peters


Im Gebäude des 1800 in Leipzig gegründeten und weltweit angesehenen Musikverlages C.F. Peters, in dessen oberster Etage Grieg während seiner Leipzig-Aufenthalte logierte, wurde dem berühmten Komponisten mit der Grieg-Begegnungsstätte ein Denkmal geschaffen. Mit dem Bau der großzügigen Gebäudeanlage mit 1.500 Quadratmetern Wohn- und 380 Quadratmetern Gewerbefläche beauftragte Max Abraham 1873/1874 den HofbaumeisterOtto Brückwald, der auch das Bayreuther Festspielhauses errichtete. In Leipzig erbaute er unter anderem die Handelslehranstalt – heute Volkshochschule. Der damalige Eigentümer des Musikverlages C. F. Peters erwarb zu diesem Zeitpunkt die Grundstücke in der Talstraße und in der Lindenstraße, um ein Domizil für den Verlag und Wohnraum für Verleger und Gäste zu schaffen. Der Verlag verlegte neben den Werken Edvard Griegs auch jene der größten zeitgenössischen Komponisten, darunter Johann Sebastian BachGustav MahlerRobert SchumannRichard Wagner und Richard Strauss. Der Nachfolger Max Abrahams, Henri Hinrichsen, arbeitete und lebte in dem Haus gemeinsam mit seiner Familie bis zum Zweiten Weltkrieg. Der Verlag wurde vom Nazi-Regime enteignet sowie Henri Hinrichsen und 14 seiner jüdischen Familienmitglieder verhaftet. Hinrichsen kam 1942 in Auschwitz ums Leben. Zwei seiner Söhne konnten noch emigrieren und gründeten 1938 in London die Hinrichsen Edition Ltd. sowie 1948 in New York die C. F. Peters Corporation. In Deutschland siedelte der Verlag nach dem Krieg nach Frankfurt am Main über, während das Leipziger Stammhaus zum Volkseigenen Betrieb wurde. 1993 wurde das Gebäude an die Rechtsnachfolger der enteigneten Eigentümer zurückgegeben.

Authentische Atmosphäre am historischen Ort: Originaler Musiksalon und Dauerausstellung


Im Jahr 1998, 91 Jahre nach Edward Griegs letztem Leipzig-Aufenthalt, wurde der Verein Grieg Begegnungsstätte e.V. gegründet. Dieser machte es sich zur Aufgabe, im Gebäude des einstigen Musikverlages C. F. Peters in der Talstraße 10 eine Gedenk- und Begegnungsstätte zu Ehren des norwegischen Komponisten mit Ausstellung und Musiksalonzu errichten. Mit diesem Vorhaben folgte man dem Appell Henri Hinrichsens in seiner Verlagschronik, dieser geschichtsträchtige Ort solle zukünftigen Generationen öffentlich zugängig gemacht werden. Die feierliche Eröffnung fand am 7. November 2005 statt. Seither beherbergt die Wohnung in der 1. Etage eine Dauerausstellung zum Leben und Wirken Edvard Griegs. Auf der sogenannten Beletage mit dunkler, originaler Holzvertäfelung, kunstvoller Holzdecke, stilechter Tapete aus England und Kamin befindet sich das Herzstück der Grieg-Begegnungsstätte, der historische Musiksalon um 1900. In diesem original erhaltenen und aufwändig sanierten Raum stellte Grieg seinerzeit den Verlegern Max Abraham und später Henri Hinrichsen seine neuesten Kompositionen vor. Unmittelbar nach der Einweihung der Räumlichkeiten wurde ein historischer Flügel der Firma J. L. Duysen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erworben, welcher regelmäßig bei Konzerten – von Klavier-Rezitalen über Liedermatineen bis hin zu Kammermusikprogrammen – zum Einsatz kommt. Der Musiksalon wird seit 2010 von einer in Porzellan gegossenen Büste Edvard Griegs geziert, welche von der Porzellanmanufaktur Kämmer aus dem thüringischen Rudolstadt-Volkstedt hergestellt und vom Vereinsmitglied Volker Thiel aus Erfurt gesponsert wurde. Im begrünten Innenhof befindet sich die 2009 eingeweihte Grieg-Büste

Neben Konzerten organisiert der Verein Grieg Begegnungsstätte e.V. auch Vorträge, Lesungen und Workshops. Im Mittelpunkt stehen hierbei häufig Norwegen, das Leipziger Musikleben oder die Geschichte des Musikverlages C. F. Peters. In größeren Abständen organisiert der Verein den Internationalen Edvard-Grieg-Kongress, bei welchem Gäste u.a. aus Skandinavien, Großbritannien und den USA begrüßt werden.

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Historisches Bildmaterial - Grieg-Begegnungsstätte

Grassimuseum

Johannisplatz 5-11
Ortsteil: Zentrum-Südost

Das Grassimuseum zählt zu den größten Museumkomplexen in ganz Deutschland. Es wurde zwischen 1925 und 1929 am Johannisplatz von Hubert Ritter im Stil des Art-déco und der Neuen Sachlichkeit errichtet. Das Grassimuseum beherbergt drei Museen von internationalem Rang, das GRASSI Museum für Angewandte Kunst, das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig und das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig. Seinen Namen verdankt das Museum seinem Stifter, dem Leipziger Kaufmann Franz Dominic Grassi.

Der Mäzen Grassi und die Zwei Millionen Goldmark


Die Geschichte des Grassimuseums reicht bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit entstanden in Leipzig bedeutende Sammlungen der Völkerkunde und des Kunstgewerbes, welche zunächst von privaten Vereinen getragen wurden. Der Leipziger Bankier und Kaufmann italienischer Herkunft, Franz Dominic Grassi, hinterließ seiner Heimatstadt nach seinem Tod im Jahr 1880 ein Vermögen von rund 2,4 Millionen Goldmarkunter der Prämisse, sie für „Annehmlichkeiten und Verschönerungen der Stadt“ zu nutzen. Neben der Verwendung für prächtige Bauwerke, Parkanlagen und Denkmäler, wurde Grassis großzügiges Vermächtnis für den Bau eines eigenen Gebäudes für die Sammlungen genutzt: Das Alte Grassimuseum wurde nach dem Namen seines Stifters von 1892 bis 1895 im Stil der Neorenaissance und nach Plänen des Stadtbaurats Hugo Licht an der Südseite des damaligen Königsplatzes, heute Wilhelm-Leuschner-Platz, erbaut. Ab 1900 beherbergte es das Museum für Völkerkunde und das Kunstgewerbemuseum Leipzig.

Vom Königsplatz zum Johannisplatz: ein museales Schwergewicht entsteht


Die Ausstellungsflächen des Museums wurden aufgrund der rasant wachsenden Bestände der völkerkundlichen und kunsthandwerklichen Sammlungen schnell zu klein für die alten Gemäuer. Auf Initiative des damaligen Museumsleiters Richard Graul wurde vom Stadtrat ein entsprechender Neubau beschlossen, der den Ausstellungsexponaten angemessenen Platz bieten sollte. Dieser wurde aus Mitteln des Vermächtnisses von Grassi finanziert. Zwischen 1925 und 1929 wurde das neue Grassimuseum nach Entwürfen der Leipziger Architekten Hans Voigt und Carl William Zweck vom Stadtbaurat Hubert Ritter im Stil des Art-déco und der Neuen Sachlichkeit auf dem Johannisplatz neben der Johanniskircheerbaut. Die neue Museumsanlage entstand auf der trapezförmigen Grundfläche des ehemaligen Johannishospitals aus dem 15. Jahrhundert, welches für den Bau des Grassimuseums abgerissen wurde. Die Seitenflügel des Gebäudes zwischen DresdnerStraße und Prager Straße waren ursprünglich auf die 1963 gesprengte Johanniskirche ausgerichtet. Das Gebäude beherbergt seitdem die drei international bedeutsamen Museen, das GRASSI Museum für Angewandte Kunst, das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig und das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig. Im Südflügel des Museums war zu dieser Zeit das Messehaus Grassimuseum untergebracht, wo die 1920 von Richard Graul begründete Grassimesse, eine museumseigene Verkaufsmesse, stattfand. Die dort groß angelegte Schau „Europäisches Kunsthandwerk“ verhalf dem Museum zu internationalem Ansehen und entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Forum für die Kunstgewerbe-Elite.

Durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurden die Sammlungen stark beschädigt und gingen zum Teil verloren. Aufgrund des fortschreitenden baulichen Verfalls des Museums seit 1945 konnte der Betrieb nur sehr eingeschränkt in der reduzierten Ständigen Ausstellung in fünf von ursprünglich 30 Räumen fortgeführt werden. Es folgten Jahrzehnte der Provisorien und der teilweisen oder gänzlichen Schließung der Museumsräume. Im Jahr 2007 wurde das Grassimuseum nach umfassender Sanierung und Modernisierung unter der Leitung des Londoner Architekturbüros David Chipperfield Architects wiedereröffnet. 

: Nach Eröffnung des ersten Ausstellungsrundgangs „Antike bis Historismus“ der neu konzipierten Ständigen Ausstellung 2007 wurde 2010 der zweite Ausstellungrundgang „Asiatische Kunst. Impulse für Europa.“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach der vollständigen Rekonstruktion der Pfeilerhalle mit typischen Elementen des Art-déco wurde 2012 der dritte Ausstellungsrundgang „Jugendstil bis Gegenwart“ eröffnet.

Zwischen goldener Ananas und bronzener Hirschkuh


Die architektonische Gestaltung des Grassimuseums verbindet eine klare, funktionalistisch orientierte Formensprache mit den expressiven Schmuckformen des Art déco. Der ein- bis dreigeschossige Museumskomplex aus rötlichem Rochlitzer Porphyrtuff wurde im für den Entstehungszeitraum charakteristischen Stil des Art-déco errichtet. Er besteht aus einem einfachen Stahlskelett mit ausfachendem Mauerwerk und einem kupfergedeckten Dach, wobei auf Bauschmuck weitgehend verzichtet wurde. Unweit des Eingangs am Täubchenweg befindet sich das Friccius-Denkmal, welches an die Erstürmung des äußeren Grimmaischen Tores durch die Königsberger Landwehr unter Major Friccius 1813 erinnert. 
Über dem siebentorigen Eingangsbau thront auf dem Architrav in goldener Schrift der Name „Grassimuseum“. Über einen Innenhof, dem „Ehrenhof“, gelangt man zum Mittelbau mit einer breiten, als Säulenhalle konzipierten Durchfahrt, von wo aus die Eingangstreppen zu den beiden Museumsflügeln hinaufführen. Auf dem Dachgesims der durch sechs Kolossalpilaster gegliederten Hauptfassade bekrönt ein aufgesetztes Türmchen mit sechs schmalen Fenstern und einem fast neun Meter hohen dekorativen Aufbau den Komplex. Bei letzterem handelt es sich um eine gezackte, fontainenförmige Schalenform, die optisch einergoldenen Ananas gleichen soll. Über einen Durchgang unter dem Mittelbau gelangt man in einen zweiten Innenhof. Hier befindet sich im Rehgarten die lebensgroße bronzene Art-déco-Plastik einer vom Dresdner Bildhauer Paul Berger 1928 geschaffenen Hirschkuh, die von Diana, der römischen Göttin der Jagd, gestreichelt wird. An den Innenhof schließt unmittelbar der parkähnliche Alte Johannisfriedhof an, welcher als Lapidarium bewusst in die Gestaltung mit einbezogen wurde. Durch das Zusammenspiel aus Kunst, Kultur und Natur stellt das Grassimuseum einen einzigartigen Anziehungspunkt dar.

Vereinte Kontraste von Art-déco bis Bauhaus


Die Gestaltung der Innenbereiche des Museums wurde eher sparsam gehalten. Das weitläufige Haupttreppenhaus beherbergt mit der vom Bauhaus-Künstler Josef Albers 1926 konzipierten Verglasung der bis zu 18 Meter hohen Fenster ein einzigartiges Kunstwerk der Moderne: Die unterschiedlichen geometrischen Variationen bilden einen Kontrast zwischen Außenfassade und Verglasung. Die im Krieg zerstörten Fenster wurden 2011 von der Paderborner Glasmalereiwerkstatt Peters wiederhergestellt. 
Das Herzstück des Museums ist die Pfeilerhalle im GRASSI Museum für Angewandte Kunstaus dem Jahr 1927. Der Raum war bis 1943 einer der repräsentativsten Veranstaltungssäle Leipzigs und musste nach den Kriegszerstörungen umfassend saniert werden. Raumhohe Dreikantpfeiler mit integrierten Schauvitrinen tragen eine laufende Galerieempore, die im Obergeschoss den Übergang in den zur Prager Straße gelegenen Flügel markieren. Mit seinen Formen im Zackenstil und der Farbgebung im vorherrschenden Rot, mit Akzenten in Blau und Gold, repräsentiert die Pfeilerhalle auf besondere Weise den Stil des Art-déco.

Ein Streifzug durch 3.000 Jahre Kunst und Kultur


Das Grassimuseum beheimatet als Museumsquartier drei Museen von internationaler Bedeutung: Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst zählt europaweit zu den führenden Häusern für Gestaltung und angewandte Kunst. In wechselnden Ausstellungen zu Kunsthandwerk, Fotografie, Design und Architektur werden Sammlungen und Highlights aus mehreren Jahrhunderten präsentiert. Die Grassimesse bietet alljährlich ein internationales Forum für zeitgenössisches Design und Kunsthandwerk. In der Ständigen Ausstellung mit den Schwerpunkten Bauhaus, Art-déco und Jugendstil kann der Besucher einen Streifzug durch 3.000 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte unternehmen. Der Sammlungsbestand umfasst etwa 230.000 Exponate des europäischen und außereuropäischen Kunsthandwerks von der Antike bis zur Gegenwart.

Das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig zeigt in der Dauerausstellung und diversen Sonderausstellungen ethnologische Sammlungen, die nach den verschiedenen Kontinenten geordnet sind. Den Grundstock des Museums bildet die Sammlung des Dresdner Hofrats und Bibliothekars Gustav Klemm mit etwa 200.000 Objekten.

Das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig bietet in seiner Schau- und Studiensammlung Einblicke in die internationale Musik- und Kulturgeschichte aus Zeiten der Renaissance, des Barock und der Zeit Johann Sebastian Bachs in Leipzig. Es ist mit seinen rund 10.000 Ausstellungsobjekten, darunter wertvolle europäische und außereuropäische Instrumente, das zweitgrößte Musikinstrumenten-Museum Europas und Station 5 auf der Leipziger Notenspur.

In den „Museen im GRASSI“ finden alljährlich verschiedene Großveranstaltungen statt, die viele Besucher anziehen. Dazu gehören die Museumsnacht Halle und Leipzig und das Grassifest. Bei letzterem werden in den Innenhöfen und Ausstellungen verschiedene Programmpunkte geboten, wie Kreativangebote, Workshops, Führungen sowie ein Musik- und Bühnenprogramm.

Bildergalerie - Grassimuseum

Historisches Bildmaterial - Grassimuseum

Clown-Museum Leipzig

Breite Straße 22
Ortsteil: Reudnitz-Thonberg

Das Clown-Museum Leipzig wurde 2010 von Hans-Dieter Hormann eröffnet. Europas einziges Clown-Museum beherbergt in vier Ausstellungsräumen rund 25.000 Exponate. Auf der Bühne im Foyer finden regelmäßig verschiedene Aufführungen, darunter Gastspiele von international bekannten Clowns, statt.

Aus Sammelleidenschaft wird Europas einziges Clown-Museum


Die Kunst der Clowns und Spaßmacher reicht mehr als 2.000 Jahre zurück. Wohl kein anderer Beruf sorgt für so viel Heiterkeit, wie der eines Clowns. Sein Name leitet sich vermutlich vom französischen „colon“, zu Deutsch Bauer oder Tölpel, ab. Im 16. Jahrhundert war der Clown eine lustige Theaterfigur mit der Aufgabe, ernste Geschichten aufzulockern. Später traten die Spaßmacher auf Jahrmärkten auf, bevor sie ihren festen Platz schließlich im Zirkus fanden. Die Clowns in Süd- und Mitteleuropa waren poetisch, während sie in Russland politisch und in Nordamerika schriller, dicker und größer als anderswo waren. Die charakteristische weiße Schminke im Gesicht, die roten Lippen und Wangen wurden erst im 19. Jahrhundert zu ihrem Erkennungszeichen.

Die Besucher in Europas einzigem Clown-Museum in Leipzig werden mit den Worten Charlie Chaplins: „Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag.“ begrüßt. Der weltberühmten Stummfilmlegende ist in den Räumlichkeiten ein eigener Bereich gewidmet. Das vom Verein „Dipetos Welt der Clowns e.V.“ betriebene Clown-Museum wurde vom heutigen Museumsdirektor Hans-Dieter Hormann im April 2010 eröffnet. Als pensionierter Architekt und passionierter Clown-Bewunderer galt sein Interesse bereits seit seiner Jugend den Komikern mit der roten Nase und den riesigen Schuhen. Seitdem ihn als Neunjährigen eine Clownsfigur im Schaufenster begeisterte, wurde ihm fortan zu verschiedenen Anlässen etwas mit Zirkus-Bezug geschenkt. Aus dem Interesse wurde schließlich eine Sammelleidenschaft für alles mit Clown-Bezug, welche nach Beendigung seiner beruflichen Laufbahn im Clown-Museum mündete. Ziel Hormanns war es, eine Kultur zu erhalten und diese öffentlich zugänglich zu machen.

Alles rund um die Spaßmacher mit roter Nase und riesigen Schuhen


Die Ausstellung beherbergt in vier Räumen rund 25.000 Exponate, darunter ca. 8.000 Clown-Figuren aus unterschiedlichen Materialien und Ländern, mehr als 3.500 Filmplakate, über 800 Bücher, Marionetten, Programmhefte, Filmaufnahmen, Instrumente sowie historische Fotografien und etwa 600 Zeitungen, die älteste stammt aus dem Jahr 1856. Unter den Exponaten befinden sich auch hunderte katalogisierte Originalfotos berühmter Clowns des bekannten Künstlerfotografen Dieter Preiß. Bei zahlreichen Ausstellungsstücken handelt es sich um Geschenke von weltberühmten Stars der Brancheoder deren Verwandten, darunter Original-Kostüme von Walter GalettiOleg Popow und des beliebten von Jiří Vršťala verkörperten Clowns Ferdinand. Auch eine Grock-Marionette, der Original-Schminkkasten von Charlie Rivel und ein Programmheft von seinem Gastspiel im August 1939 im Krystallpalast Varieté befinden sich in der umfangreichen Sammlung. Die Originalpuppen Hurvinek und Spejbl, die als Vater und Sohn bekannten hölzernen Marionetten aus Prag, sind ein Ausstellungshighlight. Im Jahr 2021 entstand ein Ausstellungsraum, welcher allein der Geschichte des Lachens gewidmet ist. Ein über zwei Meter großes Schaubild veranschaulicht die Entwicklung des Lachens und Frohsinns seit der griechischen Mythologie.

Das Clown-Museum verfügt über die Stadtgrenzen hinaus in der erstaunlich großen Szene in Europa über eine noch stärker ausgeprägte Bekanntheit als in Leipzig selbst. Bezüge der Leipziger Clown-Szene bestehen bis hin zu den Theaterreformatoren Johann Christoph Gottsched und Caroline Neuber, die den Hanswurst – einen Vorgänger des Clowns – in Leipzig 1737 von den Bühnen der Stadt vertrieben. Fortan wurden Schauspiele mit literarischem Anspruch und ohne obszöne Improvisationsspiele aufgeführt. Nach dem Verschwinden des Spaßmachers aus dem Theater kehrte er schließlich über den Zirkus und die Jahrmärkte wieder zurück.

Dank seines ausgezeichneten internationalen Rufes und dem damit einhergehenden Vertrauen werden dem Museum immer neue Ausstellungsstücke geschenkt und die Sammlung fortlaufend erweitert. Im Jahr 2014 wurde dem Museum vom World Parlament of Clowns der „Planet of Smile Award“ verliehen. Zu Gast sind jedes Jahr bekannte internationale Clowns, welche dem Museum nicht nur einen Besuch abstatten, sondern auf der kleinen Bühne auftreten. Diese wird auch regelmäßig für diverse Vorführungen für Kindergarten- und Schulkinder genutzt. Ein großer Förderer des originellen Museums ist Thorsten Wolf, Schauspieler sowie Kabarettist des Kabarett-Theaters Leipziger Funzel. Er organisierte für den Erhalt des Museums die Patenschafts-Aktion „Weniger Smartphone – Mehr Phantasie“ und unterstützt es auf vielfältige Weise.

Bildergalerie - Clown-Museum Leipzig

Bergbau-Technik-Park

Großpösna
Am Westufer 2 (Freiluftmuseum an der Bundesautobahn A 38)

In dieser Gegend haben Menschen die Landschaft mit all ihren ursprünglichen Merkmalen komplett umgestaltet. Ein knappes Jahrhundert lang fand ein Totaleingriff in die vorgefundene Natur statt, wie sie zuvor über Jahrtausende hinweg ohne menschliches Zutun entstanden war. Im Leipziger Südraum hat der Braunkohlebergbau das Land und die Menschen geprägt. Akribisch gesammelte technische Sachzeugen im Bergbau-Technik-Park zeigen, mit welch immensem technischen Aufwand und warum der Eingriff in die natürliche Umwelt geschah. Ein Besuch erleichtert die Spurensuche und deckt Zusammenhänge auf. Aus luftiger Höhe eröffnet sich aus Baggerfahrerperspektive ein verstörend-erklärender Blick, wie dicht der Bergbau bis in die frühen 1990er Jahre bereits an die Großstadt herangerückt war, als abrupt der große Stopp verordnet wurde. Die Leipziger Silhouette mit Neuem RathausThomaskircheCity-Hochhaus und Völkerschlachtdenkmal liegt zum Greifen nahe.

Technische Riesen im Leipziger Neuseenland


Der Bergbau-Technik-Park befindet sich zwischen Markkleeberger See und Störmthaler See. Er ist ein Freiluftmuseum und präsentiert im Leipziger Neuseenland Industriekultur pur. Hier stehen keine Modelle in Vitrinen, sondern die zur Ruhe gekommenen Tagebauriesen vermitteln einen selten gewordenen Originaleindruck von den Dimensionen der Kohleförderung und der eingesetzten Technik. 

Kein Museumsbau hätte die beiden größten Exponate beherbergen können, den Bandabsetzer 1115 und den Schaufelradbagger 1547 mit ihren beeindruckenden reichlich 30 Metern Höhe. Beide Großgeräte stammen aus den Jahren 1985 bzw. 1986, haben also nur rund ein Jahrzehnt im aktiven Dienst gestanden – der eine, um Erdmassen, die auf dem Kohleflöz lagerten, über einen weit gespannten Ausleger zu verkippen, der andere, um den eigentlichen Zweck aller Aktivitäten zu erfüllen, nämlich das natürliche Kohlelager abzubauen. Ein vielschichtiges Räderwerk aus Mensch und Maschine griff ineinander, um bei jedem Wetter und an jedem Tag des Jahres Kohle zu fördern. Kräftige E-Loks zogen die Züge mit dem Abraum oder mit dem aufwendig gewonnenen „braunen Gold“. Die beweglichen Gleise mussten hinter den ausgreifenden Baggern kontinuierlich bis zum Abbauort gerückt werden. Der gesamte Zugbetrieb wurde aus Stellwerken gesteuert, die dank ihrer Kufen auf den einzelnen „Etagen“der Tagebaue ebenso beweglich wie die Gleise sein mussten. Armdicke Kabel für die Stromzufuhr wandten sich durch das umgepflügte Gelände und folgten den Baggern und den Werkbahnen.

Von all diesen technischen Sachzeugen blieben typische Vertreter erhalten, die im Bergbau-Technik-Park zu bestaunen sind. „Ich bin Bergmann! Wer ist mehr?“ war ein geflügeltes Wort in der DDR. Es drückte demonstrativ den Stolz dieser Berufsgruppe aus und vermittelte die Überzeugung, unverzichtbar im Wirtschaftsgefüge zu sein. Umso tiefer saß der Schock, als kurz nach der deutschen Einheit aus ökologischen und ökonomischen Gründen beschlossen wurde, den Braunkohleabbau im Süden und Norden von Leipzig drastisch einzuschränken. Die Kohleförderung litt an kompletter Erschöpfung. 

Rettung für die Riesen 


Nunmehr kehrten sich Berufsstolz und Traditionsbewusstsein der Bergleute dahin, ausgesuchte technische Sachzeugen einer ganzen industriellen Epoche zu bewahren und – so lange es geht – durch lebendige Berichte der Männer und Frauen, die unter komplizierten Bedingungen damit gearbeitet hatten, sachkundig zu begleiten. Bagger, Schienenfahrzeuge, Raupenschlepper, Speziallader und vieles mehr sollten für nachfolgende Generationen aufbewahrt werden. Dank des 2002 gegründeten Vereins Bergbau-Technik-Park e.V. und seiner Unterstützer aus den umliegenden Kommunen und aus der öffentlichen Verwaltung wurde die stillgelegte Technik gerettet. Ohne dieses Engagement wären vor allem die beiden riesigen Bagger – der eine 2.400 Tonnen, der andere 1.300 Tonnen schwer – längst verschrottet worden und den Weg allen alten Eisens gegangen. So jedoch halten sie in der weitläufigen Ausstellung die Erinnerung an den Großtagebau Espenhain wach.

Reichlich „Kohle“ nach der Kohle


Großtagebau Espenhain? Es gibt ihn nicht mehr. Eine vom Menschen geformte Landschaft kehrte stattdessen zurück. Das war immer so geplant, wurde in der DDR aber eher nachrangig, gemessen an der Priorität der nie enden wollenden „Schlacht um Kohle“, betrieben. Die drastische Einschränkung der Braunkohleförderung in den 1990er Jahren ging als Glücksfall einher mit dem sofortigen Schwenk zum Sanierungsbergbau. Nach der Kohle rollte „die Kohle“an. In die entstehende größte Landschaftsbaustelle der Welt flossen Milliardenbeträge. 

Aus den Restlöchern, die nach der Materialentnahme aus dem Schoß der Erde übrigblieben, entstanden anmutige künstliche Seen, was anfangs nur wenige glauben wollten. Die verkippten Erdmassen im Rücken der Abbauseite der aufgelassenen Gruben wurden planiert, mit schnell wachsenden Gehölzen bepflanzt und mit einem Wegenetz für Wanderer erschlossen. Der Bergbau-Technik-Park ruht auf aufgefülltem Gelände des früheren Tagebaus. Es scheint, als würden die Bagger hoch über ihrem einstigen Einsatzrevier aufragen. Und die vorüberführende Autobahn, wo mancher Fahrer beim ersten Mal von den schieren Dimensionen der ausgestellten Technikzeugen nebenan überrascht ist, gründet in weiten Abschnitten auf Betonpfählen, die in das frisch aufgeschüttete, erst allmählich zur Ruhe kommende Erdreich getrieben wurden. Die Abkehr von der Kohleförderung und die Rekultivierung der Landschaft sollten schließlich schnell geschehen.

Dass nunmehr das für 2038 vereinbarte und „idealerweise“ vielleicht auf 2030 vorgezogene Ende des Braunkohlebergbaus in ganz Deutschland viel schneller kommt, als noch vor wenigen Jahren absehbar war, steigert den Wert der bewahrten Technik im Bergbau-Technik-Park. Sie hat die Zeugenschaft für eine komplizierte industrielle Epoche übernommen.

Bildergalerie - Bergbau-Technik-Park

Bach-Museum Leipzig

Thomaskirchhof 15-16
Ortsteil: Zentrum

Das Bach-Museum befindet sich seit seiner Gründung 1985 im Bosehaus am Thomaskirchhof. Die multimediale und interaktive Dauerausstellung widmet sich dem Leben und Wirken Johann Sebastian Bachs und seiner Familie und rückt seine Bedeutung für die Musikstadt Leipzig in den Fokus.

Authentische Atmosphäre im Bosehaus


Der Name Johann Sebastian Bach prägt maßgeblich die kulturelle Identität der Musikstadt Leipzig. Neben der Thomaskirche, in der Bach von 1723 bis 1750 als Thomaskantor wirkte, war die benachbarte Thomasschule seine Wohn- und Wirkungsstätte. Hier wohnte er bis zu seinem Tod mit seiner Familie, unterrichtete Schüler und komponierte zahlreiche seiner Stücke. Auch das der Thomasschule gegenübergelegene Bosehaus galt als eine wichtige Wirkungsstätte des Thomaskantors. Die Familien Bach und Bose pflegten ein freundschaftliches Nachbarschaftsverhältnis und Bach selbst musizierte des Öfteren in dem Haus.

1985 öffnete das Bach-Museum im ehemaligen Wohnhaus des Kaufmanns Georg Heinrich Bose seine Pforten. Der Ort wurde sorgfältig gewählt. So war es Werner Neumann, Musikwissenschaftler und langjähriger Direktor des Bach-Archivs, welcher in den 1970er Jahren erstmals die Verbindung zwischen den Familien Bach und Bose nachgewiesen hatte. Die Beherberbung des 1950 gegründeten Bach-Archivs und des neu gegründeten Bach-Museums im Bosehaus war deshalb nur konsequent, da die Thomasschule als originale Wohnstätte des Thomaskantors nach ihrem Abriss 1902 nicht mehr zur Verfügung stand. Damit wurde das Haus zum anschaulichen Zeugen der unmittelbaren Lebenswelt des großen deutschen Komponisten und Musikers von Weltrang.

Bachs Antlitz begrüßt die Besucher


Die erste Ausstellung im Museum beherbergte vier Räume im 1. Obergeschoss des Vorderhauses sowie zwei für Sonderausstellungen vorgesehene kleinere Kabinette. Anlässlich Bachs 250. Todestags im Jahr 2000 wurde die Ausstellung erstmals neugestaltetund um ein Hörkabinett sowie einen Medienraum erweitert. Zwischen 2008 und 2010 wurde das Museum erneut erweitert, neu gestaltet und zu Bachs 325. Geburtstag, am 21. März 2010, feierlich eröffnet. Es wurde ein eingeschossiger Anbau mit einem Raum für Sonderausstellungen und einer Schatzkammer ergänzt, welcher sich gemeinsam mit dem neu eingerichteten Lustgarten an den historischen Südflügel ansiedelt. Seit der Gründung des Museums wurden in den Raumlichkeiten bislang rund 100 Sonderausstellungen gezeigt.

Im Foyer des Museums bietet sich den Besuchern der Anblick einer Marmorbüste Bachs im Alter von 60 Jahren. Diese 1897 von Carl Seffner geschaffene Büste entstand in Verbindung mit dem Denkmalprojekt für den Thomaskantor, welches Ende des 19. Jahrhunderts in Leipzigs initiiert wurde. Neben dem Alten Bach-Denkmal von 1843 in den Parkanlagen des Dittrichrings sollte ein zweites Denkmal entstehen. Nach der Wiederentdeckung des Bach-Grabs auf dem Alten Johannisfriedhof und der Identifizierung von Bachs Gebeinen, an der Seffner maßgeblich geteiligt war, wurden entsprechende Abgüsse des Schädels modelliert und mit den bestehenden Bach-Porträts abgeglichen. Nach diesem Vorbild entstanden 1908 das von Carl Seffner geschaffene Neue Bach-Denkmal auf dem Thomaskirchhof sowie mehrere Büsten, darunter jene im Bach-Museum aus Marmor.

Ein Rundgang durch die Dauerausstellung


Auf einer Fläche von rund 450 Quadratmetern bietet die multimediale und interaktive Ausstellung in zwölf thematisch unterteilten Räumen eindrucksvolle Einblicke in das Leben und Wirken Bachs und seiner Familie. Die Schatzkammer im Erdgeschoss beherbergt die wertvollsten Museumsbestände. An der Stirnseite des Raumes befindet sich das wohl herausragendste Ausstellungsstück des Bach-Museums: eines von lediglich zwei authentischen Porträts Johann Sebastian Bachs. Dieses wurde 1748 vom Maler Elias Gottlob Haußmann geschaffen und dem Museum 2015 vom amerikanischen Musikwissenschaftler William Scheide vererbt. In der Vitrine im Zentrum des Raumes sind originale Schriften aus der Feder Bachs ausgestellt. Seine Notenhandschriften und Drucke müssen aufgrund ihrer Fragilität mehrmals jährlich ausgetauscht werden.

Unter den Musikerfamilien des Barocks prägte wohl keine das musikalische Leben Mitteldeutschlands so herausragend, wie die Familie Bach. Dies thematisiert ein klingender Stammbaum in der Dauerausstellung, welcher die Familienmitglieder sowie deren Kompositionen in den Fokus rückt. Die Grundlage stellte Johann Sebastian Bach selbst zur Verfügung, als er in seinem „Urspung der musikalisch-Bachschen Familie“ Kurzbiografien der 53 männlichen Familienmitglieder, darunter Instrumentenbauer, Kantoren sowie Stadt- und Hofmusiker, vorstellte. Ein weiteres Ausstellungsstück ist eine massive Eisentruhe, welche als einziges bekanntes Möbelstück aus dem Besitz der Familie Bach stammt. Diese Tatsache wurde erst 2009 bekannt, als eine Besucherin auf dem Innendeckel der bis dahin im Dommuseum Meißen als Spendenbehälter genutzten Truhe das Monogramm Bachs entdeckte. Die Initialen „JSB“ sind einmal von links nach rechts und einmal spiegelverkehrt zu lesen und werden von einer fünfzackigen Krone komplettiert.

Von der antiken Johannis-Orgel über barocke Klänge im Sommersaal


Im Zentrum der Ausstellung steht eine Orgel, welche das wichtigste Instrument des Thomaskantors war. Seine Orgelstücke zählten zu den anspruchsvollsten, die jemals komponiert wurden, wobei nicht nur sein Orgelspiel selbst, sondern auch seineBegutachtung neu erbauter oder reparierter Orgeln hoch geschätzt wurde. Auf einem ausgestellten Orgelspieltisch ist die vom Orgelbaumeister Johann Scheibe für die ehemalige Johanniskirche erbaute Orgel zu sehen, die von Bach höchstpersönlich 1743 geprüft und für gut befunden worden war. Bei dem Spieltisch handelt es sich um das einzige erhaltene Relikt der Bach-Orgel in Leipzig. Es ist eine Dauerleihgabe des GRASSI Museums für Musikinstrumente der Universität Leipzig.

Zu Bachs wertvollsten Handschriftenbeständen, die im Museum ausgestellt sind, zählen 44 Stimmensätze der Choralkantaten von 1724 bis 1725. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt als Thomaskantor 1723 verschrieb sich Bach dem ehrgeizigen Projekt, für jeden Sonn- und Feiertag eine Kantate zu komponieren und diese aufzuführen. Nach Fertigstellung der Partituren ergänzten Kopisten oder Familienmitglieder die entsprechenden Stimmensätze für das Orchester und den Chor. Vor jeder wöchentlichen Aufführung in der Thomas- oder der Nikolaikirche korrigierte Bach die Abschriften und studierte die Kantaten ein.

Zum Bach-Museum gehört auch ein kleiner Museumsgarten, welcher dem luxuriösen Lustgarten der Familie Bose, dem Großbosischen Garten, zu Beginn des 18. Jahrhunderts nachempfunden ist. Dieser war mit einer Länge von 32 Metern und einer Breite von 18 Metern um einiges größer als der heutige Rosengarten. Hier ließ die Familie Bose Obstbäume, barocke Zierbeete und eine Sommerlaube anlegen, während sich in der Mitte des Gartens ein steinerner Springbrunnen befand. Es wird angenommen, dass sich die Familie Bach selbst des Öfteren bei einem ihrer vielen Besuche bei der Familie Bose in dem Garten aufgehalten haben soll. Ein weiterer Teil des Museums ist der Sommersaal, wo vermutlich Bach selbst musizierte. In seinem barocken Ambiente finden regelmäßig Kammerkonzerte der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts statt.

Bildergalerie - Bach-Museum Leipzig

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