Bildlexikon Leipzig

Mückenschlösschen

Waldstraße 86 | Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Das Mückenschlösschen befindet sich unmittelbar am Elstermühlgraben vor dem Rosental. Bei dem Namen handelt es sich um eine Anspielung auf den 1723 von August dem Starken geplanten Bau eines Lustschlosses an heutiger Stelle, welcher aufgrund der Mückenplage scheiterte. Das Mückenschlösschen wurde am 16. September 1892 von Gustav Strauss erbaut. Heute wird in der nach historischem Vorbild sanierten Gaststätte mit großzügigem Biergarten regionale, deutsche Küche angeboten. Die Veranstaltungsräume bieten eine authentische Kulisse für Events verschiedener Art.

Vom Lustschloss des starken Augusts zum Mückenschlösschen


Die Geschichte des Mückenschlösschens reicht bis ins frühe 18. Jahrhundert zurück. Genau an der heutigen Stelle des Mückenschlösschens an der Rosentalbrücke am Elstermühlgraben wollte der Kurfürst von Sachsen und König von Polen,
August der Starke, um 1723 ein Lustschloss erbauen lassen. Die Schneisen durch das Rosental waren für dieses Vorhaben bereits geschlagen. Aufgrund der vorherrschenden Mückenplage durch die sumpfige Umgebung bäumte sich das Pferd des Kurfürsten bei einem Besuch jedoch auf und er fiel herunter. Da die Schmach zu groß für ihn war, wich er – sehr zur Freude des Leipziger Stadtrates – von seinem Plan ab und das Schlösschen wurde nicht gebaut. 

Nach Erhalt der Baugenehmigung am 5. Juli 1890 für die Villa Oskar Linker vollendete der Architekt Gustav Strauss den entsprechenden Rohbau am 16. September 1892. Der 1895 unter dem Namen „Waldschlösschen“ eröffnete Gastronomiebetrieb wurde wenig später in Erinnerung an die Geschichte von August dem Starken in „Mückenschlösschen“ umbenannt. Nur vier Jahre nach der Eröffnung erfolgte im Februar 1898 bereits der erste Umbau in Form von zwei zusätzlichen Gästezimmern, einem Buffet-, Kaffee- und Billardzimmer. Im Jahr 1899 wurde der Kaufmann Johannes Meister neuer Eigentümer der Villa. Sein Plan eines Anbaus von Maschinenhaus, Pferdestall und Wirtschaftsgebäude wurde am 15. Juni 1990 von der „Königlichen Gewerbe Inspektion“ genehmigt, jedoch nie umgesetzt. Zwischen 1912 und 1921 wurde das Mückenschlösschen dreimal zwangsversteigert und ging am 23. Februar 1921 schließlich in den Besitz von J. Katzenellenbogen über. Aufgrund der Inflation musste die Villa 1923 schließen. Nach zahlreichen Besitzerwechseln wurde Arthur Beyerlein 1935 neuer Eigentümer des Geländes und nutzte dieses bis 1992 als Postkartenverlag. Ein Jahr später kaufte ein eng mit der Stadt verbundenes Ehepaar das Mückenschlösschen und ließ dieses nach historischen Vorlagen von 1890 von sächsischen Künstlern und Bauhandwerkern restaurieren. Am 1. August 1995 wurde das Gebäude von der Paulaner AG als Restaurant und Ausflugslokal übernommen und 1996 mit großem Biergarten direkt am Elstermühlgraben neu eröffnet. Im Jahr 2005 sanierten die neuen Pächter Josef Hutter und Henrik Dantz das Mückenschlösschen umfangreich. Sie bauten die zweite Etage aus und erweiterten das Lokal 2011 um drei zusätzliche Räume – Weinstube, Kaminzimmer und Rosentalsaal.

Sächsisch-bayerische Küche in historischer Kulisse


Das Mückenschlösschen zeichnet sich durch das authentische Ambiente nach historischem Vorbild aus. Insofern wird nicht nur für kulinarischen Genuss, sondern auch für ein entspanntes Verweilen der Gäste gesorgt. Im Erdgeschoss befindet sich das Restaurant mit kleinem gemütlichem Café sowie Bar und Tresen. Der großzügige Gastraum erinnert an das Ambiente, das vom einst wohlhabenden Bürgertum der Stadt genossen wurde. Er ist mit prachtvollen, original erhaltenen Kassettendecken und Wandvertäfelungen ausgestaltet. Die bei der Restaurierung wiederentdeckten floralen Wandbemalungen im Jugendstil vervollständigen gemeinsam mit der farblich dezent abgestimmten Einrichtung das historische Ambiente. Die Speisekarte des Mückenschlösschens umfasst größtenteils regional bodenständige Speisen mit aus Sachsen stammenden Erzeugnissen. Neben den à la carte Speisen, darunter Sächsische Kartoffelsuppe, gebratenes Zanderfilet und Flammkuchen, werden auch Getränke-Klassiker wie
Leipziger Allasch angeboten. Zum Angebot zählt zudem eine Auswahl an Fassbieren, darunter das Mückenschlösschen Spezialbier, Paulaner Premium Pils und Hefe naturtrüb. Als Traditionsgaststätte der Paulaner-Brauerei umfasst die Speisekarte auch bayerische Schmankerl, wie Gebratenen Leberkäse nach „Oberbayerischer Art“. Das Angebot wird außerdem um wechselnde saisonale Spezialitäten ergänzt. 

Entspannung mitten im Grünen bietet der großzügige, unmittelbar neben dem Elstermühlgraben gelegene Biergarten. Er wird um einen Holzspielplatz, einen hauseigenen Kräutergarten und eine historische Grotte ergänzt. In den Sommermonaten bietet sich auf dem Freisitz zudem die Möglichkeit, Grill-Partys ab 20 Personen zu veranstalten. Hierbei übernimmt das Mückenschlösschen das Einkaufen, Vorbereiten und Aufräumen, während die Gäste entspannt feiern und schlemmen können. 

Die Veranstaltungsräume des Mückenschlösschens bieten einen authentischen Rahmen für Events verschiedener Art, von Hochzeit über Firmenfeier bis Familienessen. Der Rosentalsaal bietet Platz für bis zu 100 Gäste, das Kaminzimmer und das Turmzimmer je bis zu 25 sowie die Weinstube bis zu 30. Die Buffetauswahl reicht von mediterran bis sächsisch. Der Veranstaltungskalender des Mückenschlösschens umfasst zudem auch verschiedene kulturelle Events, darunter Dinnershows, Theater und Kabarett. 

Stand: 10.01.2024

Bildergalerie - Mückenschlösschen

Historisches Bildmaterial - Mückenschlösschen

Bayerischer Bahnhof Gasthaus & Gosebrauerei Leipzig

Bayerischer Platz 1 | Ortsteil: Zentrum-Süd

Das Lokal wurde am 19. Juli 2000 im sanierten und denkmalgeschützten Gebäudekomplex des historischen Bayerischen Bahnhofs eröffnet. Die Idee stammte vom fränkischen Braumeister Thomas Schneider, der auf der Suche nach einem neuen Standort für seine Sudstätte in Mittelfranken für die Herstellung der Original Leipziger Gose war. Die Konzeption sämtlicher Räumlichkeiten geht auf den Architekten Rainer Hochreither zurück. Die Gaststätte und Restaurant Bayerischer Bahnhof beherbergt ca. 1.000 Sitzplätze im Restaurant sowie im angrenzenden Biergarten und bietet gut bürgerliche bayerisch-sächsische Küche an. Neben einigen hauseigenen Bieren werden jährlich ca. 3.000 Hektoliter Leipziger Gose gebraut.

Aus historischem Bahnhofsgelände wird Gastronomielandschaft


Der repräsentative, der Stadt zugewandte Portikus der einstigen Bahnhofshalle des Bayerischen Bahnhofs ist bereits von Weitem sichtbar. Zwischen 1842 und 1844 im Auftrag der „Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn-Compagnie“ erbaut, war der Bayerische Bahnhof Ausgangspunkt der Strecke Leipzig-Hof. Im weltweit ältesten Kopfbahnhof fuhren täglich zahlreiche Personen- und Schnellzüge ein und aus. Die von den Architekten
Christian August und Eduard Pötzsch entworfene Anlage wurde zum Vorbild für spätere Bahnhofsbauten. Ihre rund einhundert Meter lange, viergleisige Bahnsteighalle war von einem auf Eichenstützen befestigten Holzdach bedeckt. An die Halle schlossen sich seitlich jeweils mehrere symmetrisch angeordnete Gebäude für die Fahrgastabfertigung und Verwaltung an, welche ebenfalls Wohnungen für das Bahnhofspersonal beherbergten. Mit der Eröffnung des Leipziger Hauptbahnhofs 1915 verkehrten die Fernzüge fortan im Neubau, die Fahrpläne des Bayerischen Bahnhofs wurden ausgedünnt und er verlor zunehmend an Bedeutung. Das Bahnbetriebswerk wurde schließlich 1952 geschlossen und der planmäßige Eisenbahnbetrieb 2001 eingestellt.

Wo einst Züge von Sachsen nach Bayern starteten, sollte zukünftig Bier unter bayerischer Patronage fließen. An einem Sommerabend im Jahr 1996 führte es den fränkischen Braumeister Thomas Schneider in einen damals von Studenten behelfsmäßig betriebenen, idyllischen Leipziger Biergarten am Bayerischen Bahnhof. Der Franke stellte zu jener Zeit in seiner Weißenburger Sudstätte Leipziger Gose her, welche erstmals Mitte des 18. Jahrhunderts in Leipzig und Umgebung ausgeschenkt worden war. Das Rezept hatte er von einem örtlichen Getränkehändler erhalten, der sich für das Wiederaufleben der Brautradition der obergärigen Bierspezialität einsetzte. Schneider braute alle paar Monate einen 35-Hektoliter-Sud Gose, welchen er nach Leipzig liefern ließ. Aufgrund der deutlich steigenden Nachfrage des Gerstensafts sowie der Tatsache, dass er nicht auf Dauer eine sächsische Bierspezialität in Mittelfranken herstellen konnte, suchte der Weißenburger Braumeister einen geeigneten Standort, um seine Sudstätte nach Leipzig zu verlagern. Vom Bayerischen Bahnhof äußerst angetan, plante Thomas Schneider mit dem Eigentümer der Bahnhofsanlage, der Deutschen Bahn AG, die Verwirklichung seines ehrgeizigen Projektes: Für 12,5 Millionen DM sollte das verfallene Gebäude des Bayerischen Bahnhofs aufwändig saniert werden und in den historischen Räumlichkeiten eine Gasthausbrauerei entstehen. Die Verhandlungen zogen sich aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten bei der Deutschen Bahn AG sowie einer Vielzahl zu klärender Fragen hinsichtlich des Denkmalrechts knapp drei Jahre hin. Die Arbeiten begannen schließlich im Mai 1999. Ab sofort würde Schneider anstatt der Kleinstmengen in Franken nun vor Ort 3.000 Hektoliter Gose herstellen können, wovon die Hälfte an den Getränkehandel gehen, die andere Hälfte in der anliegenden Gaststätte ausgeschenkt werden sollte. In ca. 14 Monaten Bauzeit wurde die Bausubstanz denkmalgerecht saniert und nach historischen Vorlagen ergänzt, bevor das Lokal „Bayerischer Bahnhof Gasthaus und Gosebrauerei Leipzig“ schließlich am 19. Juli 2000 eröffnete.

Gose, Schaffner, Heizer und Kuppler: Leipziger Bierspezialitäten in Eisenbahnatmosphäre


Die Gebäude des einstigen Bahnhofkomplexes präsentierten sich fortan wieder in ihrer einstigen spätklassizistischen Eleganz. Das Innere wurde von einem italienischen Kirchenmaler als neohistorisches Capriccio mit sizilianischen Wandmalereien ausgestaltet. Die historischen Bahnhofsräume wurden weitgehend originalgetreu restauriert. Die Besucher betreten zunächst eine geräumige Empfangshalle mit einem Stück Güterwagen auf originalen Gleisen und Weichensignalen als Tischlampen. Durch die Platzierung der Gäste auf überhohen Stühlen erinnert der Blick nach draußen an den Blick aus dem Zugfenster. Der Eingangshalle schließt sich ein Arkadengang mit Glasfront und Ausblick auf den vorgelagerten Biergarten sowie die integrierte Schalterhalle an. Letztere beherbergt seit dem 16. Oktober 2019 das
Dolden Mädel Braugasthaus Leipzig mit 100 wechselnden Craft Beer Sorten und gut bürgerlicher Küche. 

Das Herzstück der Gasthausbrauerei ist die Biersiederei mit Sitz- und Stehplätzen sowie den beiden kupfernen Braukesseln. Weitere Biere aus eigener Herstellung sind der „Heizer“, ein Schwarzbier, der „Kuppler“, ein Weizenbier, sowie der „Schaffner“, ein Pils. Im ehemaligen Beamtenwohnhaus des Bahnhofs befinden sich die Gosestube und der Wintergarten. Neben der Gosestube ist der sogenannte Schalander, ein Bierverkostungsraum, untergebracht. Wo früher Bahnfahrer ihre Fahrkarten lösten, befindet sich heute der Sächsisch-Bayerische Salon mit grünweißen und blauweißen Spezialitäten von Sächsischen Quarkkeulchen bis Bayerischer Leberkäse und Fränkischer Rostbratwurst. Wo früher der Restaurantbesitzer wohnte, kann heute das Sudhaus besichtigt werden. Hier können Besucher an einigen Wochentagen dem Braumeister bei der Arbeit zusehen und auch Bierseminare besuchen. Sämtliche Räume der weitgehend vom Weißenburger Architekten Rainer Hochreither in warmen Ocker- und Brauntönen gestalteten Brauerei unterstreichen den historischen Charakter des Baudenkmals.

Seit der Fertigstellung des City Tunnels befindet sich wenige Meter unterhalb des Tresens der Gaststätte die unterirdische Station „Bayerischer Bahnhof“ mit zwei oberirdischen Ausgängen jenseits des ehemaligen Bahnhofsgeländes. Das Gasthaus umfasst insgesamt ca. 1.000 Sitzplätze, davon 600 im Gebäude und weitere 400 im Biergarten. Die Speisekarte bietet gut bürgerliche bayerisch-sächsische Küche von Hax’nsülze bis Sächsischer Sauerbraten. Neben der Leipziger Gose ist auch der Leipziger Allasch als hiesige Spezialität aus der Getränkekarte nicht wegzudenken. Seit Mai 2003 exportiert das Gasthaus und Gosebrauerei Bayerischer Bahnhof die eigens gebraute Leipziger Gose u.a. in die USA und nach Dänemark. 

Stand: 10.01.2024

Bildergalerie - Bayerischer Bahnhof Gasthaus & Gosebrauerei Leipzig

Historisches Bildmaterial - Bayerischer Bahnhof Gasthaus & Gosebrauerei Leipzig

Drallewatsch – Kneipenmeile

Barfußgässchen sowie u.a. Richard-Wagner-Platz, Kleine Fleischergasse, Klostergasse, Thomaskirchhof, Lotterstraße, Burgplatz | Ortsteil: Zentrum

Der Drallewatsch ist eine innerstädtische Gastronomiemeile mit ca. 30 Lokalitäten zwischen Richard-Wagner-Platz und Neuem Rathaus. Die Bezeichnung wurde 1996 durch die Gründung des gleichnamigen Vereins von einem Dutzend Leipziger Gastronomen eingeführt. Ziel war die Vermarktung der Vielfalt der Innenstadt-Lokale. Der Drallewatsch weist heute die höchste Kneipendichte Leipzigs auf. Die Kneipenmeile ist zwar in der Innenstadt auf Wegweisern ausgeschildert, die Leipziger verwenden den Begriff Drallewatsch aber nur noch selten.

Pilgerzug durch Leipzigs gastronomische Szene


Die Stadt Leipzig, die seit ihrer Gründung von durchziehenden Händlern und damit von ihrer Wirtlichkeit lebte, fand beizeiten ein besonderes Verhältnis zur Gastlichkeit. Leipzigs Wirtshausszene blickt auf eine lange Historie mit zahlreichen berühmten Persönlichkeiten zurück, die in den urigen Kneipen regelmäßig einzukehren pflegten. Das Nachtleben auf den Kneipenmeilen der Stadt ist in Ostdeutschland in dieser Form wohl einmalig. Insbesondere im Stadtzentrum und in der
Karl-Liebknecht-Straße entwickelten sich größere Kneipenmeilen. Bei der Bezeichnung Drallewatsch handelt es sich um eine ursächsische Umschreibung für ausgehen, sich mit Freunden amüsieren, etwas erleben und von Kneipe zu Kneipe ziehen.

Für den Namen entschieden sich innerhalb eines Preisausschreibens 1996 die Leser der Leipziger Volkszeitung.Von den Einheimischen wird der Name Drallewatsch inzwischen eher weniger verwendet. Sie sprechen meist vom Barfußgässchen oder dem „Bermudadreieck“. Doch egal welcher Name verwendet wird – im Areal rund um das Barfußgässchen laden rund 30 urige Kneipen, Szene-Treffs und historische Wirtshäuser zu einem ausgedehnten Bummel ein. Hier kann man das Flair der quirligen Handelsstadt und das pulsierende Nachtleben erleben.

Gegründet wurde die Kneipenmeile Drallewatsch unter Führung der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig (IHK). Am 4. Juni 1996 fand sich im Restaurant Zills Tunnel eine Gastronomen-Runde von einem Dutzend Mitgliedern zusammen, welche nach intensiver Beratung den Beschluss zur Gründung eines eingetragenen Vereins fasste, der im Herzen der Leipziger Innenstadt eine Kneipenmeile entstehen lassen sollte. Grundüberlegung war es, ausgehend vom Richard-Wagner-Platz über die Große Fleischergasse, den Thomaskirchhof, die Burgstraße bis hin zum Burgplatz eine Bummelmeile zu etablieren. Dieses mit unterschiedlichen gastronomischen Einrichtungen bereits dicht besiedelte Areal sollte als Ausgangspunkt für eine gezielte Weiterentwicklung dieser Straßen und Plätze genutzt werden. Viele der zuvor entstandenen historischen Gaststätten, darunterdas Gasthaus Barthels Hof, Thüringer Hof und Ratskeller, befinden sich in den angrenzenden Straßen des historischen Marktes, welcher oft Ausgangspunkt für Streifzüge durch die Leipziger Innenstadt ist. Mit der Gastronomie-Meile verfolgte der Verein die Absicht, die lokale Vielfalt an sächsischen Restaurants, Bars und Kneipen touristisch zu vermarkten, gemeinsame Aktionen zu organisieren sowie den Standort auch jenseits von Geschäftszonen und ohne Laufpublikum bekannt zu machen. Trotz des bestehenden Wettbewerbs zwischen den Gastronomen des neu gegründeten Vereins sollte das gemeinsame Ziel darin bestehen, möglichst viele Gäste in die Lokale zu locken. Angesichts der prekären Lage Ende der 1990er Jahre in der Gastronomie in Form von zahlreichen Neueröffnungen und gleichzeitigem Umsatzrückgang wollten die Anlieger der Bummelmeile ihren Standort gemeinsam vermarkten sowie die Wettbewerbschancen verbessern. Die Vereinsmitglieder wurden 1998 vom Bundeswirtschaftsministerium für ihre „beispielhafte Einbeziehung der Gastronomie“ in die Innenstadt-Belebung ausgezeichnet.

Vielfalt erleben: Zwischen urigen Gasthäusern und modernen Bars


Bei einem Bummel über den Drallewatsch kann man die Atmosphäre der lebendigen Wirtshausszene erleben und einen Abstecher in deren Historie machen. Der Drallewatsch beginnt am Richard-Wagner-Platz, wo sich einst die Weinstube
Zur Neuberin in einem Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert befand und an Leipzigs Theatertradition erinnerte. Die Prinzipalin Friederike Caroline Neuber, eine Bekannte Johann Christoph Gottscheds, verbannte hier im Jahre 1737 mit ihrer Wandertruppe in einem allegorischen Spiel den Hanswurst von der deutschen Schauspielbühne. Wenig später brachte sie in Leipzig einige Stücke des damals ebenfalls oftmals hier verkehrenden Gotthold Ephraim Lessing zur Uraufführung. Die Gasthaus-Tradition wird fortgesetzt. Heute lädt am historischen Ort Wagners Restaurant und Weinwirtschaft zum Verweilen und Genießen ein.

Auch Europas zweitältestes Kaffeehaus Zum Arabischen Coffe Baum an der Ecke zur Kleinen Fleischergasse, ist ein Besuchermagnet auf dem Drallewatsch. In dem barocken Gebäude wurde erstmals 1694 Kaffee ausgeschenkt. Das Lokal erfreute sich stets der besonderen Zuneigung zahlreicher Geistesgrößen: August der Starke kehrte bei seinen Messe-Besuchen gern ein, Johann Sebastian Bach gedachte hier seiner Kaffeekantate und Johann Wolfgang Goethe, E.T.A Hoffmann, Richard Wagner und viele weitere Künstler und Literaten pflegten sich hier zu treffen und einen Kaffee oder hochgeistige Getränke einzunehmen. Ab 1833 traf sich Robert Schumann in dem Haus mit seinen Freunden regelmäßig zum Stammtisch. Auf dem Platz vor dem Kaffeehaus befindet sich der von Max Lange geschaffene Lipsia-Brunnen, auch Putten-Brunnen genannt.

Der Barthels Hof zeichnet sich durch sein besonderes Flair des einzigen original erhaltenen Durchgang-Messehofes der Stadt aus. Das dort befindliche Gastaus Barthels Hof zieht mit seinen Gaststuben „Tollhardts Zechgewölbe“, „Barthels Weinschenke“, „Webers Speisestube“ und dem idyllischen Innenhof zahlreiche Gäste an. Während hier zuvor Kaufleute und Kutscher zechten, wurde das Lokal später Treff für berühmte Professoren und Studenten ihrer Zeit. Auch die historische Gaststätte Zills Tunnel steht mit seinen rustikalen Gesellschaftsräumen mit alten Stadtansichten im Gründerzeitambiente für echte sächsische Gemütlichkeit. Hier saß einst der Komponist Karl Zöllner und dichtete sein bekanntestes Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“. Bereits im Jahr 1785 befand sich hier im Barfußgässchen ein Bierausschank. Im Thüringer Hof in der Burgstraße, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1454 zurückreichen, pflegte seinerzeit  bereits Martin Luther zu speisen. Neben den altbekannten Gasthäusern haben sich rund um den Drallewatsch verschiedene Kneipen, Bars und Cafés aller Couleur angesiedelt. In den Sommermonaten sind die Freisitze vor den Lokalitäten, insbesondere im Barfußgässchen, brechend gefüllt mit Touristen, Studenten, Geschäftsleuten und Einheimischen gleichermaßen. Die direkt am Markt gelegene Kultbar SPIZZ zählt seit 1996 zu den meistbesuchtesten Bars der Stadt. Hier finden im SPIZZ-Keller wöchentlich verschiedene Events und Konzerte statt.

Neben den Gastronomie-Betrieben befinden sich auf der Gastronomiemeile auch namhafte Kultureinrichtungen wie das Bach-Museum und das Sächsische Apothekenmuseum auf dem Thomaskirchhof oder das Central Kabarett im König-Albert-Haus auf dem Markt. Einmal im Jahr verwandelt sich die Leipziger Innenstadt beim Kneipenfestival Honky Tonk für eine Nacht zum „längsten Tresen Europas“. Bei dem musikalischen Stadtevent treten in mehreren Lokalitäten zeitgleich Künstler verschiedener musikalischer Genres von Jazz, Hip Hop, Rock’n’Roll und Hardrock bis Swing, Country und Folk auf und sorgen mit ihrer Live-Musik für Festivalatmosphäre.

Stand: 17.12.2023

Bildergalerie - Drallewatsch – Kneipenmeile

TBE Engelsdorf

Werkstättenstraße 6 | Ortsteil: Engelsdorf

Dieses originelle Leipziger Lokal im Ortsteil Engelsdorf muss in der Titelzeile allein mit seiner Abkürzung vorlieb nehmen. Die Entschlüsselung für TBE als Traditions- und Begegnungsstätte der Eisenbahner wäre einfach zu lang für eine Überschrift. Dafür ist der Eisenbahnbezug umso enger – mit historischem Brückenschlag. Schon am Eingang grüßten typische Versatzstücke aus der Welt der Lokomotiven und der Bahnsteige, doch eine Garantie, dass der geneigte Besucher davon noch etwas vorfinden wird, kann nicht übernommen werden. Denn alle Aus- und Einrichtungsgegenstände standen zum Verkauf, als die TBE im Januar 2022 schloss. Die Erinnerung an das verschwundene Lokal und seine besondere Rolle in Sachen Eisenbahn-Nostalgie wachzuhalten, ist jedoch allemal eine längere Reminiszenz wert.

Krönung eines Eisenbahnerdorfs


Engelsdorf ist – ohne über Gebühr idealisieren zu wollen – ein Eisenbahnerdorf im Osten von Leipzig. Mitten durch den Ortsteil verläuft die Leipzig-Dresdner Eisenbahn, die erste deutsche Fernbahn seit 1839. Die Strecke wird flankiert vom früheren Rangierbahnhof, dessen Funktion im Jahr 2017 nach Halle verlegt wurde. Zwei Haltepunkte verweisen an den Strecken nach Dresden und Chemnitz auf Engelsdorf. Das frühere Reichsbahn-Ausbesserungswerk und die baulichen Reste des Bahnbetriebswerks haben bessere Tage gesehen. Immerhin ist aber ein Betrieb im Geschäft, der im Bereich des Schienenschweißens als Marktführer auftritt. 

Viele Wohngebäude bilden eine typische Eisenbahnersiedlung, erkennbar an der Symbolik des rollenden Flügelrads an den Fassaden und den Schriftzügen der Wohnungsbaugenossenschaft dieses Berufszweigs. Aber vor allem sind es die unzähligen Eisenbahnerdynastien, die diesem Ort ihr Gepräge gaben. War der Großvater schon „bei der Bahn“, dann war es der Vater unbedingt auch und der Sohn mit großer Wahrscheinlichkeit und möglicherweise wieder der Enkel oder die Enkelin. An einem solchen Ort eine Traditions- und Begegnungsstätte der Eisenbahner einzurichten, sie bewusst nicht „Zum Stellwerk“ oder „Zur Bahnhofsklause“ zu nennen, sondern ihr vielmehr mit gewissem leicht ironischen Hintersinn einen funktionalistisch geprägten Namen, wie sie bei der Bahn schon immer beliebt waren, und die passende Abkürzung TBE zu geben, war folgerichtig – und durchaus alternativlos.

Angebahnte Erlebnisgastronomie


1999 ging die TBE an den Start. Ihr Domizil wurde das Untergeschoss der früheren Poliklinik des Reichsbahn-Ausbesserungswerks. Sehr jung war damals die 1994 mit viel Vorschusslorbeeren gestartete Bahnreform, zu deren Kennzeichen ein eintöniger Dreiklang gehörte: Privatisierung, Privatisierung, Privatisierung. Viele einst dringend benötigte Gebäude standen daraufhin leer. Der öffentlichen Verwaltung war es ausgesprochen lieb, wenn sich ein unternehmerisches Talent bereit erklärte, auf Teilflächen eine neue Nutzung zu beginnen und damit den Leerstand zu senken. So wie
Andreas Schließauf. Ihm war das Eisenbahnerlokal zu verdanken, auch wenn Skeptiker meinten, dass es schwer sein würde, mitten in schwindender Gewerbebauung und ohne umfängliche Wohnumgebung ausgerechnet mit einer Gaststätte zu beginnen.

Andreas Schließauf setzte sich durch. Ihm schwebte ja nicht die x-te Gaststätte nach Schema F vor, sondern eigentlich ein Museum mit integrierter Gastronomie. Wer regelmäßig kam, fand immer wieder etwas Neues an der üppigen Ausstaffierung mit Lokomotivschildern, Warntafeln, Modelleisenbahnen, historischen Fotos, Proviant-Automaten, Fernsprechapparaten aus der Vor-Handy-Urzeit, originalen Sitzbänken ausgedienter Eisenbahnwagen und Drucksachen über Drucksachen vor. Manches Exponat steuerten Gäste als Leihgabe bei, weil sie die TBE in ihr Eisenbahnerherz geschlossen hatten, wie zum Beispiel ein originales Zuglaufschild des „Rossiya“-Express, der auf der Transsibirischen Eisenbahn zwischen Moskau und Wladiwostok verkehrt. Waren die Ausstellungsstücke zu groß für den Innenraum, dann standen sie eben vor dem Eingang, wie die abmontierten Schriftzüge und die analogen Zuganzeiger vom Leipziger Hauptbahnhof oder aus dem nahen Reichsbahn-Ausbesserungswerk renovierte Pumpen, mit deren Hilfe die Dampfloks jahrzehntelang „atmeten“, um brav ihren harten Dienst zu verrichten. 

Fluidum vergänglicher Reisekultur


Traten die Gäste in die TBE ein, wurden sie mit dem strengen Charme des früheren Reichsbahn-Personals begrüßt. „Treten Sie doch endlich von der Bahnsteigkante“ klang zwar seltsam im Vergleich mit der weithin dominierenden „Geht-es-ihnen-gut?“-Beliebigkeit, wurde aber sofort verstanden – und eigentlich erwartet. Und dann erst die Speisekarte: Keine Position in der üppigen Menüfolge, die ohne deutliche Eisenbahn-Normierung auskam. Als Krönung die „Heizerschaufel“. Eigentlich ein herrliches Steak mit reichlich angebratenen Zwiebeln und Bratkartoffeln und serviert auf einer echten Schaufel. Das schmeckte dann nochmal so gut und hätte jeden Lokheizer nach achtstündiger Schwerarbeit satt gemacht (ungeübte Erst-Koster der deftigen Leckerei erst recht). 

Mit reiner Gastronomie ließ es Andreas Schließauf nicht bewenden. Die TBE wurde eine Station auf der Dampfbahn-Route Sachsen, die sich durch den gesamten Freistaat zieht. Außerdem tauschte der Betreiber der gastlichen Stätte nach den ersten Speisen und Getränken seine obligatorische Fahrdienstleiter-Mütze immer mal wieder gegen den drolligen Hut des DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker, den er ausgezeichnet zu parodieren verstand. Dank dieser Komposition aus Gastronomie und Begleitprogramm hätte die TBE steinalt werden können. Doch dann kam im Jahr 2020 Corona und mit der Pandemie die verordnete mehrmonatige Schließung des beliebten Treffs einer treuen Gemeinde aus Berufs- und Hobby-Eisenbahnern. Den Umsatzausfall und die Mieterhöhung durch den neuen Eigentümer des Hauses hätten nur kapitalkräftigere Unternehmer als Andreas Schließauf verkraften können, die nicht fortlaufend immer wieder vor allem in die Ausstattung der Räume investiert hätten. Wenn also Covid-19 schon lange Geschichte sein wird, werden sich viele an den traurigen Kollateralschaden TBE in Engelsdorf erinnern. Wie an die Rücklichter eines Schnellzugs, die langsam in die Nacht entschwinden.

Stand: 17.01.2022

Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Menckestraße 5 | Ortsteil: Gohlis-Süd

Die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ wurde 1899 von Carl Cajeri in der Menckestraße 5 eröffnet. Seit ihrer Gründung wird dort die obergärige Bierspezialität Gose ausgeschenkt, welche bereits im Mittelalter in Goslar gebraut wurde und 1738 nach Leipzig kam. Sie ist die einzige noch erhaltene historische Gosenschenke Leipzigs.

Trinken ganz ohne Bedenken in Leipzigs größter Gosenschenke


Der Beiname des Gasthauses geht auf den Kellner
Karl Schmidt zurück. Dieser antwortete um 1900 auf die häufig gestellte Frage „Kann man das Gesöff Gose auch trinken?“ stets mit „Ohne Bedenken.“. Um 1900 war die Blütezeit der Gose sowie der Gosenschenken. Von all den zahlreichen Gosenstuben, die ab Mitte des 18. Jahrhunderts in Leipzig existierten, ist heute nur eine einzige am historischen Ort erhalten: die Gosenschenke „Ohne Bedenken“. Ihre Geschichte reicht bis 1899 zurück. In diesem Jahr verlegte die Wirtsfamilie Cajeri ihre Gaststube aus der Leipziger Innenstadt in den Ortskern des Dorfes Gohlis bei Leipzig. Carl Cajeri erbaute dort in der heutigen Menckestraße 5, unweit des Rosentals, von 1904 bis 1905 die größte Gosenschenke Leipzigs mit über 300 Innenplätzen und einem Biergarten mit mehr als 100 Plätzen. Seinerzeit galt die Gosenschenke als heimliche Stammkneipe des Architekten Hugo Licht, der sich in dem urigen Lokal außerhalb der Innenstadt verpflichtenden Fragen entziehen und ungestört seine Gose trinken konnte.

Die Gosenschenke überdauerte die Kriegs- und Nachkriegszeit und wurde bis 1920 von Carl Cajeri geführt. Davon zeugt noch heute die an der Rückseite des Gebäudes angebrachte Sonnenuhr, welche ebenso wie die Goseflasche über der Tür die Fassade nach dem italienischen Garten ziert. Eine besondere Attraktion war zu dieser Zeit das „Abtragen“ von Studenten, welche zu tief ins Goseglas geschaut hatten und auf einer hölzernen Trage zum Pleißeufer geschafft und ins knietiefe Wasser gekippt wurden. Zwischen 1922 und 1932 bewirtete August Kurtz die Gäste, bis die Gosenschenke im Jahr 1936 von Karl Matthes übernommen wurde. Zu dieser Zeit hatte der Betrieb eine erhebliche Größe von 16 Angestellten, die Speisekarte beinhaltete mehr als 80 Gerichte, darunter Speisen wie „Krebsschwänze in Dill“, „Doppeltes Lendenstück“ und spezielle „Ohne Bedenken“ Platten.

In der Bombennacht des 4. Dezember 1943 wurde die Gosenschenke stark beschädigt und der Biergarten größtenteils zerstört. Die Lauben brannten nieder und der Keller wurde mit 500 Liter Gose überschwemmt, da das Eichenfass zerstört wurde. In den heil gebliebenen Gebäudeteilen wurde in den Nachkriegsjahren weiter bewirtet. Braumeister Friedrich Wurzler belieferte die Gosenschenke mit Döllnitzer Rittergutsgose, bis der Betrieb 1958 schließlich eingestellt werden musste. Die Gosenkultur wurde von der offiziellen DDR-Kulturbürokratie als „kleinbürgerlich und heimattümelnd“ diffamiert und passte nicht in das sozialistische Weltbild. In diesem Zuge wurden zahlreiche Baudenkmale abgebrochen, darunter 1960 die historische Kümmelapotheke in Eutritzsch. Die Gose geriet in Vergessenheit. Ab 1960 wurde die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ zum „Kulturzentrum der Nationalen Front“ umgebaut und in den Folgejahren unter anderem als Bibliothek und Radiologie genutzt. Nur sechs Jahre später musste auch der letzte Leipziger Goseausschank im traditionsreichen Hotel Fröhlich in der Wintergartenstraße eingestellt werden.

Vom Geheimtipp zur weltbekannten Pilgerstätte der Goseliebhaber


Im Jahr 1985 ließ der Gastronom
Lothar Goldhahn in seiner Berliner Brauerei Gose brauen und nach Leipzig liefern. Aufgrund eines Artikels in den „Leipziger Blättern“ von Gunther Böhnke wurde Goldhahn auf die Gosenschenke aufmerksam und verpflichtete sich, diese wiederzubeleben. Nur ein Jahr später, am 14. Mai 1986, wurde die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ von Goldhahn feierlich wiedereröffnet und die goselose Zeit in Leipzig hatte ein Ende. Die alte Holzvertäfelung wurde umfangreich rekonstruiert und die historischen Räumlichkeiten wurden von Goldhahn mit thematischen Sammlungsstücken zum Thema Gose ausgestattet, darunter Reklameschilder, Ansichtskarten, Flaschen, Bücher, Bierdeckel und Speisekarten. Diese kann man noch heute in den Gaststuben bewundern. Zwischen 1985 und 1990 war Wladimir Putin in Leipzig als KGB-Agent stationiert und kehrte regelmäßig in der Gosenschenke ein. Sein Lieblingsgericht „Cajeris Liebling“ – Schweinesteak mit heißer Leberwurst und Bratkartoffeln – genoss er stets mit einer Gose.

Zur Wiedereröffnung 1986 noch ein Geheimtipp, wurde das traditionsreiche Gasthaus schnell zu einem Pilgerort der Goseliebhaber. Lothar Goldhahn hatte einen „Werksstandard“ für die Produktion der Gose entwickelt und bezog diese bis 1990 aus Berlin.
Mit der Wiedervereinigung wurde Dr. Hartmut Hennebach 1990 Pächter und 1995 Eigentümer der Gosenschenke. Mit der Gründung des Kabaretts „Gohglmohsch“ entwickelte er diese auch zur Kleinkunstbühne. Mitte der 1990er Jahre erfreute sich die Gosenschenke wachsender Beliebheit. Ohne Vorbestellung konnten die Gäste oftmals keinen Platz bekommen. Um dem Ansturm gerecht zu werden, baute Hennebach das Wirtshaus sowie den Biergarten 1994 wieder in seiner ursprünglichen Größe bis zum Poetenweg aus. Goldhahn ließ die Gose noch bis 1995 in Dahlen brauen, danach wurde Thomas Schneider als Braumeister der Gose in Weissenburg eingesetzt. Ab 1999 braute Schneider die „Leipziger Gose“ in seiner neuen Lokalität Bayerischer Bahnhof Gasthaus und Gosebrauerei in Leipzig. Im selben Jahr wurde auch die Herstellung der ursprünglichen „Döllnitzer Ritterguts Gose“ wieder aufgenommen. Damit gab es in Leipzig wieder zwei Gosebrauereien. 2012 wurde der langjährige Geschäftsführer Jens Gröger neuer Gosewirt der Gosenschenke „Ohne Bedenken“, die noch heute das Flair der Zwanziger Jahre besitzt. Seit 2010 zählt sie zu den 150 besten Bierlokalen weltweit. Der Biergarten wurde seit 2012 mehrmals zu den schönsten Biergärten in Deutschland gewählt. Seit 2017 wird in der Gosenschenke in der kleinen Gasthausbrauerei die „Edelgose“ gebraut und ausgeschenkt, welche bei den „World Beer Awards“ 2019 erstmals mit „Gold“ ausgezeichnet wurde. Seit 2018 braut Jens Gröger auch das „Kellergold“, seit 2020 den „Schwarzen Hahn“ sowie saisonale Craftbiere wie India Pale Ale. Neben Goseverkostungen finden in der Gosenschenke auch Führungen, Live-Musik-Veranstaltungen, Kabarett und Kleinkunst statt. Bis zum Jahr 2015 erfolgte bei einem Biergartenfest die Wahl der Miss Ohne Bedenken.

Urige Gaststuben hinter historischem Jugendstil-Gewand


Die Gosenschenke präsentiert sich noch heute in der Fassade von 1905: Das Gebäude mit seinem markanten runden „Gose-Erker“ mit Girlandenschmuck und fünf Porträtmedaillons wurde nach Entwürfen des Architekten
Wilhelm Becker im Jugendstil errichtet. Die mit dunklem Holz ausgekleidete Historische Gaststube im Erdgeschoss, ehemals „Biedermeierstübchen“, ist der einzige, original erhaltene Gastraum im authentischen Ambiente von 1905 und bietet Platz für 60 Gäste. Den rustikalen Bierkeller mit seinem alten Kellergewölbe erreicht man über eine historische Wendeltreppe. Mit seinen 40 Plätzen eignet sich dieser ideal für gemütliche Stammtischrunden. Das traditionelle Vereinszimmer und die „Kleine Gaststube“, mit ihrer Holzvertäfelung verfügen über 20 bis 35 Plätze. In den Sommermonaten lädt der urige Biergarten im authentischen Ambiente von 1899 zum Verweilen ein. Eingerahmt von Gründerzeitbauten zählt dieser zu den ältesten der Stadt und bietet 500 Plätze. Unter dem dichten, alten Baumbestand können die Gäste neben einer frisch gezapften Gose bei schönem Wetter Spezialitäten vom Holzkohlegrill genießen. Sollte man doch einmal von einem Regenschauer überrascht werden, bietet der Biergarten zwei überdachte Terrassen. Die Speisekarte beinhaltet noch immer traditionelle Gerichte von 1905, darunter das „Gose-Häppchen“ – sauer eingelegter Camembert, Fettbemmchen und saure Gurke – oder hausgemachten Zwiebelkuchen.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Historisches Bildmaterial - Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Dolden Mädel Braugasthaus Leipzig

Bayerischer Platz 1 | Ortsteil: Zentrum-Südost

Das Braugasthaus „Dolden Mädel“ wurde am 16. Oktober 2019 in der historischen Schalterhalle der Gasthaus und Gosebrauerei Bayerischer Bahnhof eröffnet. Es werden ca. 100 verschiedene, wechselnde Craft Bier-Sorten angeboten und um eine abwechslungsreiche Speisekarte mit gutbürgerlicher Küche ergänzt.

Der Name hinter der weiblichen Hopfenblüte…


Der repräsentative Portikus des
Bayerischen Bahnhofs ist bereits von Weither sichtbar. Wo heute eine Gastronomielandschaft ansässig ist, befand sich einst der weltweit älteste Kopfbahnhof mit viergleisiger Bahnsteighalle und mehreren, symmetrisch anschließenden Gebäuden für die Fahrgastabfertigung und Verwaltung. Nach der Schließung des Bahnbetriebswerkes 1952 und jahrelangem Leerstand wurde das historische Bahnhofsgelände innerhalb von 14 Monaten Bauzeit denkmalgerecht saniert. In den historischen Räumlichkeiten eröffnete am 19. Juli 2000 das Lokal „Gasthaus und Gosebrauerei Bayerischer Bahnhof“. Die weitgehend originalgetreu wiederhergestellten Bahnhofsräume wurden im Zeitgeist mit geräumiger Empfangshalle, einem Stück Güterwagen auf originalen Gleisen und Weichensignalen als Tischlampen gestaltet. In der angrenzenden, historischen Schalterhalle des Bayerischen Bahnhofs befindet sich seit dem 16. Oktober 2019 das Braugasthaus Dolden Mädel Leipzig. Bei dem „Dolden Mädel“ handelt es sich um ein Berliner Franchise-Unternehmen, dessen Konzept ursprünglich aus der Hamburger Ratsherrenbrauerei stammt. Weitere Standorte befinden sich in Berlin, Binz und Stralsund. Der Name leitet sich von der Tatsache ab, dass bei der Hopfenernte ausschließlich weibliche Pflanzen für die Bierherstellung verwendet werden können. Bei der „Dolde“ handelt es sich um die Blüte der Pflanze, welche für das Bierbrauen genutzt wird. 

100 Craft Biere: Von Pale Ale über IPA bis Trappistenbier


Im „Dolden Mädel“ werden ca. 100 verschiedene Craft Bier-Sorten angeboten, wobei der Gast am Bierschalter aus 20 täglich wechselnden Craft Bieren vom Fass, ebenso aus Flaschenbieren wie Bockbier, Ale Bitter, Sauerbier, Pale Ale, IPA, Trappistenbier und belgischen Spezialitäten wählen kann. Wer sich aufgrund der Vielzahl an Bieren nicht entscheiden kann und sich einen Einblick in die Vielfalt der Craft Biere verschaffen möchte, der kann sich durch das „Bier-Zeit-Brett“ probieren. Dieses Probierpaket beinhaltet fünf vom Brauhaus zusammengestellte oder eigens ausgewählte Biere. Wie die räumliche Nähe zum „Gasthaus und Gosebrauerei Bayerischer Bahnhof“ vermuten lässt, ist die Leipziger Bierspezialität
Gose selbstverständlich nicht von der Bierkarte wegzudenken. Ziel des Konzeptes ist es, unterschiedliche und einzigartige Biere vorzustellen, welche aus jahrhundertealter Tradition des Bierbrauens gepaart mit Innovation in unterschiedlichen kleineren und größeren Brauereien hergestellt werden. Ergänzt wird das Angebot durch eine vielfältige Speisekarte mit Gerichten wie Stullen mit Rindermett oder gezupftem Lachs, Schweinshaxe, Brauhaus-Schnitzel und Sächsischen Quarkkeulchen

Das Gasthaus mit angrenzender Terrasse zeichnet sich durch eine urige Innengestaltung mit Holzverkleidung und extravaganter Bar aus. Die Betreiber setzen bei den Getränken auf Selbstbedienung. Am Tresen wird das gewünschte Bier bezahlt und anschließend gleich in die jeweils passenden Gläser gefüllt. Speisen werden an den Tisch gebracht. Die lässige, loftartige Atmosphäre des Braugasthauses mit Blick auf die Gleise erinnert unverkennbar an das einstige Ambiente der Schalterhalle im Bayerischen Bahnhof. Die Kombination aus moderner Gestaltung und riesiger Auswahl an verschiedenen Bieren stellt einen Kontrast zur benachbarten Lokalität dar und spricht auch jüngeres, probierfreudiges Publikum an. Neben ihrer Kooperation profitieren die beiden benachbarten Braugasthäuser von der Komplementarität ihres Angebots. Wer neue, exotische Biersorten kennenlernen möchte, ist im Dolden Mädel genau richtig.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Dolden Mädel Braugasthaus Leipzig

Cliff`s Brauwerk Leipzig

Leibnizstraße 17 | Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Das nach dem Braumeister und zugleich Inhaber Cliff Schönemann benannte Cliff‘s Brauwerk wurde im Oktober 2016 im Kellergewölbe der Leibnizstraße 17 als Leipzigs erste Mikrobrauerei eröffnet. Im Angebot befinden sich meist fünf wechselnde Sorten Bier. Durch die Abänderung verschiedener Komponenten in den Rezepturen gleicht kein einziges Bier dem anderen und weist stets eine individuelle geschmackliche Note fernab industrieller Biere auf. Bei den Bierkreationen handelt es sich stets um unfiltrierte und unbehandelte Produkte. Der kleine, gemütliche Schankraum im Kellergewölbe ist ein wahrer Geheimtipp für Bierliebhaber.

Vom Hobbybrauer zur nebenberuflichen Selbstständigkeit im urigen Kellergewölbe


Ein Spaziergang durch die Leibnizstraße im Waldstraßenviertel versetzt den Besucher zurück in die 1860er Jahre. Zu dieser Zeit prägten italienische Neorenaissancepaläste mit bis zu vier Meter hohen Decken, Traufkanten und Hochparterre das Stadtbild des Viertels. Dort, wo einst Kartoffeln und Kohlebriketts in Kellern gelagert wurden, befinden sich heute gastronomische Einrichtungen und kleine Läden. Am Abend lässt nicht mal ein Kneipenschild, sondern lediglich ein kleiner, unscheinbarer Aufsteller vermuten, was sich hinter dem Kellereingang der Leibnizstraße 17 befindet. Steigt man die zehn Stufen hinab, gelangt man in Leipzigs erste Mikrobrauerei. In dem mehr als 150 Jahre alten Gewölbe mit gerade einmal 2,50 Meter hohen Decken befindet sich seit 2016 Cliff’s Brauwerk. Der Inhaber, Cliff Schönemann, entdeckte im Jahr 2013 das Bierbrauen als seine Leidenschaft. Zu Beginn braute er noch in seiner Freizeit in der eigenen Küche und versorgte seinen Freundeskreis mit den dabei entstandenen Bierkreationen. In den Folgejahren baute Cliff seine Brauanlage mit 50 Litern Fassungsvermögen aus und eignete sich mittels Fachliteratur und im Zuge des Besuchs von diversen Brauereien und thematischen Veranstaltungen das notwendige Fachwissen zur Kunst des Brauens an. Als die Nachfrage aus dem Freundeskreis bald das Angebot überstieg, machte er sich zu Beginn des Jahres 2015 auf die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, um dort gewerblich eine größere Menge Bier herstellen zu können. Fündig wurde Cliff Schönemann im heutigen Gewölbe in der Leibnizstraße, welches er ausbaute und dort schließlich eineinhalb Jahre später im Oktober 2016 Cliff’s Brauwerk offiziell eröffnete. Damit ging er den Schritt in die nebenberufliche Selbstständigkeit.

Familiär und gemütlich: Blick in Leipzigs erste Mikrobrauerei


Das Angebot in Cliff’s Brauwerk umfasst meist fünf stets wechselnde Sorten Fassbier von Indian Pale Ale, Pils über Weizen bis Bock. Auf ein zu den Bieren ergänzendes kulinarisches Angebot wurde bewusst verzichtet. Stattdessen können sich die Gäste zum Eigenverzehr ihre Brotzeit selbst mitbringen. Für seine Bierkreationen orientiert sich Cliff Schönemann zunächst an der Bierrichtung, die er für seinen nächsten Sud plant. Aus seinen bestehenden Rezepten kreiert er durch die Veränderung der Hopfen- und Malzanteile, der Gärführung sowie der Hefe stets einen neuen Charakter mit unterschiedlicher geschmacklicher Note, so dass keine Kreation der anderen gleicht. Sobald eine Sorte Bier vollständig ausgeschenkt wurde, folgt die nächste. Durch diese Abwechslung und individuelle Note ist für jeden Biergeschmack etwas dabei.

Ein Blick in den Schankraum vermittelt bereits ein gemütliches und familiäres Flair. Auf nur wenige Quadratmeter verteilt, befinden sich Tische in Form von hölzernen Bierfässern. Neben der Bar ist ein großes Regal platziert, auf welchem den Bierfreunden die hauseigenen Kreationen präsentiert werden.

Das vorhandene Sudwerk mit 500 Litern Fassungsvermögen ermöglicht das Brauen von unterschiedlichen Sorten Bier in insgesamt sechs Gär- und Lagertanks. Nach Ende der vier- bis siebenwöchigen Gärung und Kaltlagerung werden die 400-500 Liter entstandenes, unfiltriertes und unbehandeltes Bier in Fässer für den Ausschank sowie in Flaschen zum Verkauf abgefüllt. Dass es sich hier um Handarbeit von Beginn bis Ende handelt, beweist auch die Tatsache, dass jede Bierflasche einzeln gespült, befüllt, verkorkt und schließlich etikettiert wird.

Auf der Homepage von Cliff’s Brauwerk kann man sich einen Überblick über das aktuelle Bierangebot verschaffen. Im Rahmen einer Brauereiführung mit anschließendem Biertasting können Bierliebhaber mehr über das handwerklich gebraute Bier in Leipzigs erster Mikrobrauerei erfahren und in gemütlichem Ambiente eine Auswahl von diversen Bierkreationen verkosten. Na dann: Prost!

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Cliff`s Brauwerk Leipzig

Brauhaus Napoleon

Prager Straße 233 | Ortsteil: Probstheida

Das im Jahr 1624 unter dem Namen „Gasthof von Probstheida“ eröffnete Brauhaus Napoleon gilt als eine der traditionsreichsten Lokalitäten Leipzigs. Während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 kehrte Napoleon zwei Mal im Gasthaus ein. 1997 wurde die Lokalität als „Zum Kaiser Napoleon“ wiedereröffnet, bevor das unter Denkmalschutz gestellte Gebäude 2006 nach umfassender Sanierung seinen heutigen Namen „Brauhaus Napoleon“ erhielt. In historischem Ambiente werden gutbürgerliche Speisen, sächsische Spezialitäten und selbstgebrautes Bier serviert.

Vom Kaiser Napoleon und Schlachtplänen im Probstheidaer Gasthof


Die Völkerschlacht zu Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 wird meist mit dem monumentalen
Völkerschlachtdenkmal in Verbindung gebracht. Die zu jener Zeit größte Feldschlacht der Geschichte ereignete sich jedoch auf einem weitläufigen Areal in und um die Stadt. Heute illustrieren mehrere Museen und authentische Orte die historischen Schauplätze dieses Ereignisses, darunter das Brauhaus Napoleon als eine der traditionsreichsten Lokalitäten in Leipzig, dessen Geschichte bis ins Jahr 1624 zurückreicht. In dem als „Gasthof von Probstheida“ eröffneten Lokal rasteten zu dieser Zeit Fuhrleute und Reisende gleichermaßen. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden Probstheida und das Gasthaus mehrfach von schwedischen und kaiserlichen Truppen geplündert. Dank der guten Entwicklung der Geschäfte an der Handelsstraße von Skandinavien nach Böhmen wurde der Gasthof im Jahr 1744 umgebaut und erweitert. Diese Jahreszahl ist noch heute im Türstock verewigt. Im Zuge des Siebenjährigen Krieges wurde der Gasthof von preußischer Seite besetzt. Im April 1813 richteten russische und preußische Soldaten in Probstheida und dem Umland ein großes Biwak ein. Zu dieser Zeit diente das Lokal als Quartier für die russischen Generäle sowie als Küche für hunderte Offiziere. Im Oktober desselben Jahres wurde es während der Völkerschlacht zu Leipzig als Stabsquartier der Gardengrenadiere Napoleons genutzt. Weithin verbreitet ist außerdem, dass sich Napoleon während der Völkerschlacht zweimal im „Gasthof von Probstheida“ aufhielt. Von seinem Quartier im benachbarten Stadtteil Stötteritz ritt Napoleon der Überlieferung nach am 18. Oktober 1813 in das Lokal, um sich dort mit seinem Schwager, dem König Murat von Neapel, im Garten des brennenden Gasthofs zu treffen und über den weiteren Schlachtverlauf zu entscheiden. Nach dem Abzug der französischen Truppen wurde Probstheida von Österreichern, Preußen und Russen besetzt. Der noch erhaltene Stall wurde als Lazarett genutzt. Ab 1814 begann der Wiederaufbau des Gasthofs. Der damalige Inhaber Gottlob Martin erhielt im Jahr 1824 die Branntweinlizenz. 1856 erfolgte der Umbau des einstigen Stalls zu einer altdeutschen Trinkstube sowie der Anbau des kleinen Festsaals im ersten Geschoss.

Mit Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Gasthaus zu einem beliebten Ausflugsziel der Leipziger, die mittels der elektrischen Straßenbahn von der Innenstadt nach Probstheida gelangen konnten. Zum 100-jährigen Jubiläum der Völkerschlacht im Jahr 1913 verfügte der Gasthof mit 1.500 Plätzen über den größten Biergarten der Stadt. Das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Gebäude wurde in den 1950er Jahren für andere Zwecke genutzt und stand nach 1990 für längere Zeit leer. Am 3. Dezember 1997 wurde das Lokal als erste Gasthausbrauerei Leipzigs von den neuen Betreibern Gisela Röder und Helmut Börner wiedereröffnet. Unter dem neuen Namen „Zum Kaiser Napoleon“ entwickelte es sich zu einem Treffpunkt für Völkerschlacht-Fans. So feierten hier etwa der Verein „Ars bella gerendi“ und die „Russisch-Deutsche Legion“ Napoleons Geburtstag. Nach umfassender Sanierung wurde das unter Denkmalschutz gestellte Gebäude 2006 als Gasthausbrauerei unter dem Namen Brauhaus Napoleon wiedereröffnet. Im Jahr 2014 erhielt das Brauhaus einen Anbau, in welchem das neue Hotel sowie weitere Gasträume untergebracht sind. Für Veranstaltungen stehen verschiedene Räumlichkeiten zur Verfügung und können für private und geschäftliche Zwecke gebucht werden, darunter die Braustube (120 Personen), der Festsaal (100 Personen), der Wintergarten (30 Personen) und die Wachstube (30 Personen).

Gegenüber dem Freisitz des Brauhauses befindet sich die von Gert Pfeifer betriebene Verkaufsstelle der Firma Historia – Event und Souvenir Leipzig. Hier kann man unter anderem in Handarbeit gefertigte, vollplastische Zinnfiguren oder Souvenirs mit originalen Fundstücken der Völkerschlacht bei Leipzig erwerben.

Schlemmen in historischer Atmosphäre von 1813


Das Brauhaus Napoleon präsentiert sich mit der historischen Einrichtung von 1997. Die Wände sind mit Waffen, Uniformen, Flaggen und Bildern von Napoleon und der Völkerschlacht ausgestaltet. In der Mitte der Gaststube befinden sich zwei große Kupferkessel, in denen eigenes Bier gebraut wird, darunter das Napoleon Hell & Spezial mit einem Stammwürzgehalt von 12,5 Prozent und 5,2 bis 5,4 Prozent Alkohol. Interessierte Gäste können ein Bierseminar mit Verkostung des hausgebrauten Biers buchen und dabei vom Braumeister persönlich mehr über dessen Herstellung erfahren. Neben selbstgebrautem Bier kann man die gutbürgerliche Küche mit typisch sächsischen Spezialitäten genießen, darunter sächsischer Sauerbraten, Braumeistersteak oder hausgemachte
Quarkkäulchen. Zusätzlich zu Leipziger Spezialitäten wie dem Kümmellikör Leipziger Allasch beinhaltet die Speisekarte auch einen Mandarinenlikör mit Zimtnote, bei dem es sich der Überlieferung nach um Napoleons Lieblingslikör handelte, der ihn an seine Heimat erinnerte. 

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Brauhaus Napoleon

Auerbachs Keller

Zentrum | Grimmaische Straße 2-4

Wann schafft es schon mal ein authentisches Weinlokal in die Weltliteratur? Auerbachs Keller in Leipzig genießt voller Stolz und Traditionsbewusstsein dieses Privileg. Kein geringerer als Johann Wolfgang Goethe hat Auerbachs Keller zu Weltruhm verholfen – dank des Fassritts von Mephisto mit Dr. Faust in Faust I.

Schon zeitig floss der Wein


Guter Wein beflügelte wahrscheinlich schon immer die Gedankengänge. Anno 1525 kam Dr. Stromer aus Auerbach, Rektor der Universität Leipzig, auf die Idee, nicht weit entfernt von der alma mater lipsiensis einen Weinausschank zu eröffnen. Tagsüber die Studenten mit dem Geist der Wissenschaft vertraut zu machen und ihnen abends Zugang zum Geist des Weines zu verschaffen – das schien bereits vor einem halben Jahrtausend eine gute Idee zu sein. Stromer wählte den Waldheim-Hummelhainischen Hof neben dem Alten Rathaus als Standort für sein Lokal. Bereits fünf Jahre später – 1530 – begann der neue Eigentümer mit einem Umbau. Zwecks Erinnerung an Stromers Herkunft erhielt das Gebäude den Namen Auerbachs Hof. Es schrieb die Geschichte des Weinlokals durch die Jahrhunderte fort und punktete offenbar auch beim Studiosus Goethe, den es aus Frankfurt an die Leipziger Universität zog.

Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch verschwanden die letzten altgedienten Gebäude aus der Leipziger Innenstadt, die sich vor allem dank ihrer Messepaläste, Passagen und Bankgebäude zur noblen City einer aufstrebenden Großstadt wandelte. Auerbachs Hof wurde in den Jahren ab 1911 von Grund auf umgebaut. Ideengeber und Bauherr war der Leipziger Koffer- und Taschenfabrikant Anton Mädler. Ihm schwebte eine luxuriöse Passage mit einer Ladenzeile im Erdgeschoss vor. Und Auerbachs Keller? Mädler verstand, was die Leipziger und die Messegäste wünschten. Auerbachs Keller wurde in den Neubau integriert.

Das Lokal ist nicht zu verfehlen. Von der Grimmaischen Straße her prangen schwungvolle gotische Buchstaben in mattem Gold und zwei historische Ausleger an der Fassade des Geschäftshauses. In der Mädler Passage säumen überlebensgroße Figuren mit „Faust“-Bezug die geschwungenen Treppenabgänge in das Traditionsrestaurant. Auf der einen Seite stehen Dr. Faust und Mephisto, auf der anderen lässt sich einer aus der Dreier-Gruppe von Studenten von seinen Kommilitonen nur mühsam davon abhalten, in einer Auseinandersetzung mit den mysteriösen Zeugen des Gelages handgreiflich zu werden. Tausende Kinder dürften im Laufe der Zeit angesichts der spannenden Darstellung und ihrer Unsicherheit, was soviel explosive Stimmung in der Figurengruppe denn zu bedeuten habe, durch ihre Eltern eine erste Einführung in die „Faust“-Handlung erfahren haben. Passanten schreiten beim Besuch der Mädler Passage förmlich durch die beiden Gruppen der Faustskulpturen hindurch, die der Jugendstil-Künstler Mathieu Molitor geschaffen hatte.

Gastlichkeit in mehreren Gewölben


Auerbachs Keller ist dreigeteilt und lehnt sich mit seinen Gewölben und dem schweren, dunklen Eichenmobiliar an die Vorbilder historischer Gasthäuser und Weinkeller an. Im Großen Keller finden fast 600 Gäste an langen Tafeln oder an den Tischen Platz. Die Küche hat einen klaren gutbürgerlichen Einschlag mit eindeutigen sächsischen Bezügen.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Treppenpodests laden u.a. der kleinere Goethe-Keller und der komplett an der Historie orientierte Fasskeller ein. Dort und in der winzigen Hexenküche herrscht Faust. Ein Riesenfass dominiert den Raum. Goethe wird rezitiert, die Karte bietet eine gediegen klassische Speisefolge, und zu beschwingt vorgerückter Stunde kommt gelegentlich der Wunsch auf, es mit einem Fassritt wie die literarischen Vorbilder zu versuchen. 

Spannend wie die Lokal-Geschichte ist ein Blick in die lange Liste prominenter Besucher. Martin Luther war vor Jahrhunderten zu Gast. Zu den früheren Leipziger Messen mit ihrer Schlüsselfunktion für den florierenden Ost-West-Handel fand in Auerbachs Keller manch systemübergreifende Verständigung statt, die den Geschäften diente. Konzernchefs aus dem Westen wollten bei ihrer Rückkehr nach Hause nur zu gern die Frage, ob sie in Leipzig denn auch im weltberühmten Auerbachs Keller gewesen seien, aus vollem Herzen bejahen. Während der Messen dürften die Leipziger in Auerbachs Keller früher klar in der Unterzahl gewesen sein. Eventuell wäre auch ihre Reservierung aufgenommen worden, doch gerade in Auerbachs Keller galten zu den Messezeiten Messepreise. Da kamen – ganz offiziell – saftige Aufschläge auf die staatlich festgesetzten Normalpreise drauf. Leipziger ließen daraufhin lieber ihren zahlungskräftigeren Messegästen den Vortritt. 

Die Anziehungskraft des Restaurants hat alle bewegten Zeitläufe überdauert: Als der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf im Jahr 2000 den Präsidenten der EU-Kommission, Jacques Delors, anlässlich von dessen offiziellem Besuch in Leipzig standesgemäß bewirten wollte, fiel die Wahl folgerichtig auf Auerbachs Keller. Und einen gedruckten oder elektronischen Reiseführer, der im Reigen prominenter Leipziger Gaststätten Auerbachs Keller nicht führt, wird man kaum finden. Schließlich rangieren im weltweiten Bekanntheitsvergleich nur vier Lokale vor dem Leipziger Klassiker. 

Kurzzeitig gab es zwei Auerbachs Keller


Was gut und ertragreich ist, muss sich doch auch verdoppeln lassen, mögen die Verantwortlichen der legendären
Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung 1897 gedacht haben, als sie nostalgisch-schwärmerisch Alt-Leipzig auf dem Ausstellungsgelände nachbauen ließen. Um der Authentizität Genüge zu tun, durfte Auerbachs Keller natürlich nicht fehlen. Der populäre Identifikationsort war ein Muss für die Kopie der historischen Stadtlandschaft. Wer indes im Abschlussbericht des Finanzausschusses der Ausstellung nachschlägt, wird eine gewundene Erklärung dafür finden, dass nicht zuletzt die großartige künstlerische Ausschmückung des Etablissements mit Faust-Szenen dazu beigetragen hat, das Budget der gesamten Ausstellung deutlich zu überschreiten. Dass es irgendeinem Gast im Double von Auerbachs Keller nicht gefallen hätte, ist nicht bekannt. 

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Auerbachs Keller

Historisches Bildmaterial - Auerbachs Keller

Leipziger Lerche

u.a. Brühl 14-16 (Handwerksbäckerei Kleinert), Thomaskirchhof 11 (Café Kandler), Brüderstraße 6 (Café Corso)

Die „Leipziger Lerche“ ist eine traditionelle Konditorspezialität in Form einesMürbeteiggebäcks gefüllt mit Marzipan und Konfitüre. Im Zuge des Jagdverbots auf die gleichnamigen Singvögel und deren Verzehr 1876 kreierten Leipziger Konditoren als Entschädigung das süße Gebäck, welches noch heute in vielen traditionellen Bäckereien und Cafés verkauft wird.

Eine herzhafte Leipziger Delikatesse


Nicht nur das uralte Messewesen und die reiche Musiktradition verliehen Leipzig internationale Anerkennung: Auch zahlreiche Spezialitäten sind weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt. Dazu zählt die Leipziger Lerche, ein Mürbeteiggebäck, dessen Herstellung auf einer interessanten Geschichte beruht.

Die Geschichte der Leipziger Lerche reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Die Feldlerche galt zu dieser Zeit als kulinarische Spezialität in der Messestadt. In den Herbstmonaten von September bis November zogen die Singvögel in Richtung Süden und machten zwischen Elbe und Saale Station. Während dieser Zeit wurden in den Leipziger Flussauen etwa 1,5 Millionen Lerchen von Vogelfängern gefangen und später mit Kräutern und Eiern gebacken.Unmittelbar nach der Jagd wurden die kleinen Singvögel gerupft, einzeln in Papier gewickelt, in Kisten verpackt und ins In- und Ausland bis nach Moskau und Amerika versendet. Die reichen Leipziger Bürger konnten das Festtagsgericht von den „Lerchenfrauen“ erwerben, welche dieses im Salzgässchen, serviert mit Sauerkraut, im Speckmantel oder als gefüllte Pastete, feilboten. 

Die martialischen Anweisungen zeitgenössischer Kochbücher lauteten etwa folgendermaßen: „Man rupft die Lerchen, zieht die Haut vom Kopf, sengt und wischt sie aus. Dann sticht man die Augen aus, reißt die untere Schnabelhälfte mit der Gurgel und dem Schlunde ab, haut die Krallen und die Flügel ab, nimmt den Magen heraus, biegt die Füße um und klemmt sie zwischen die Keulen. Diese legt man über Kreuz und biegt den Kopf nach den Keulchen um, dann sengt man die Vögel ab. Man brät sie in reichlich Butter, langsam gelbbraun, lässt dann geriebene Semmel in der Butter bräunlich werden, legt die Lerchen in eine heiße Schüssel und richtet Butter und Semmel darüber an. Man kann auch nach Belieben einige Wachholderbeeren mit den Lerchen in die Butter legen, so auch mit der Semmel gehackte Petersilie mit durchschwitzen lassen.“ 

Schlägt man im „Leipziger Koch-Buch“ der Susanne Eger aus dem Jahr 1745 nach, dann Findet man unter dem Stichwort „Lerchen“ folgendes Rezept: „Lerchen gefüllt. Wenn die Lerchen gerupft, so blase sie an dem Halse mit einem Feder- Kiel auf, nimm frischen Speck, Hühner- Lebern, Ingber, Pfeffer, Muscatenblumen, ein wenig, Saltz, hacke es untereinander, thue Butter in einem Pfännlein zum Feuer, rühre die Fülle darein, nebst einem Eyer- Dotter. Siehe, dass die Fülle nicht zu dicke werde. Thue es bey dem Hals durch ein klein Trichterlein ein, saltze sie, und binde sie in Lorbeer- Blätter, stecke sie an, brate sie fein gemach, dass sie nicht aufspringen, begiesse sie mit zerlassener Butter.“

Einen warnenden Zusatz führte das 1811 erschienene „Leipziger bürgerliche Koch- Back- und Wirthschaftsbuch für angehende Hausmütter und Köchinnen“ auf: „Man nehme sich bey dem Lerchenessen in Acht, dass man keine kleinen Beine mit verschlinge…“

Das Ende der Lerchenjagd


Das boomende Geschäft der Leipziger Kaufmannschaft führte allmählich zur Überjagung der mittlerweile vom Aussterben bedrohten Singvögel, die dem Menschen durch Vertilgen schädlicher Insekten nützlich waren. Die preußische Poetin Friederike Kempner empörte sich deshalb in einem ihrer Reime: 

Die friedlichen Sänger des Feldes,
Ach nackt und zum Fraße bereit,
Ihr werdet doch Lerchen nicht essen?
Mein Gott, ihr wär`t nicht gescheit!
Die Lerche, die wahre Poetin,
Zum Himmel schwingt sie sich auf,
Ihr Nestlein sorglos am Boden,
Die Senner treten darauf.
In Leipzig aber schlachten
Die singenden Kehlchen sie,
Ach nackt und klein zum Erbarmen,
Ein Schlachten der Poesie!

Bei einem starken Unwetter im August 1860 wurden weitere tausend Singvögel vom Hagel erschlagen, woraufhin die vom grausigen Anblick verschreckten Leipziger Gastwirte die Lerchen von der Speisenkarte nahmen. Vogelfreunde forderten daraufhin energisch ein Jagdverbot auf die fast ausgerotteten Tiere. Durch die anhaltenden Proteste untersagte der sächsische König Albert I. im Jahr 1876 endgültig den Lerchenfang. Die Lerche wurde per Gesetz von der Liste jagdbarer Vögel gestrichen und die Stadt Leipzig verlor damit eine über hundert Jahre alte Einnahmequelle. So wurden für ein Schock – 60 Stück – immerhin bis zu 20 Pfennig als Abgabe gefordert. 

Süßes Traditionsgebäck im Mürbeteigmantel


Um die betrübten Leipziger Gourmets zu entschädigen, kreierten pfiffige Leipziger Konditoren anstatt des gebratenen Vogels ein Mürbeteiggebäck in Form einer Pastete gefüllt mit Marzipan, Mandeln, Nüssen sowie Erdbeerkonfitüre und nannten es „Leipziger Lerche“. Die Konditorspezialität wurde den Singvögeln nachempfunden, wobei die äußere Form an ein Vogelnest erinnert, während die beiden über Kreuz aufgelegten Mürbeteigstreifen den einstigen Faden darstellen, mit welchem das gefüllte Tier zusammengehalten wurde. Bis heute werden die “Leipziger Lerchen” per Hand in sieben verschiedenen Arbeitsgängen nach einem alten Rezept angefertigt. Die Füllung variiert zwischen Kirsch-, Erdbeer- oder Aprikosenkonfitüre.

So erfolgt die Zubereitung: Mürbeteig nach Grundrezept, Erdbeerkonfitüre, 80 g Margarine, 125 g Zucker, Salz, 2 Eier, 100 g Mehl, 125 g gehackte süße Mandeln oder Kokosraspeln, 5 geriebene bittere Mandeln, 4 Esslöffel Milch, 3 Esslöffel Rum oder Cognac. Leicht gefettete Förmchen mit dünn ausgerolltem Mürbeteig auslegen und jeweils einen Klecks Konfitüre darauf geben. Die schaumig gerührte Margarine mit allen Zutaten (1 Eigelb zurückbehalten) vermengen. Die Masse in die Förmchen füllen, obendrauf kreuzweise zwei schmale, abgerädelte Teigstreifen legen und mit dem verquirlten Eigelb bepinseln. Bei Mittelhitze 25 Minuten backen. Als Gipfel der Verfeinerung gilt eine in die Marzipan-Mandel-Füllung eingebettete Maraschino-Kirsche!

Die „Leipziger Lerche“ ist heute die beliebteste Leipziger Spezialität und in den meisten Bäckereien sowie in vielen Cafés und Restaurants erhältlich. Für die Touristen stellt sie ein originelles Mitbringsel dar, denn Geschäfte wie die Handwerksbäckerei Kleinert, das Café Kandler oder das Café Corso verkaufen die „Leipziger Lerche“ in zahlreichen Variationen. Sie wird zusammen mit einer kleinen Geschichte hübsch verpackt angeboten.

Bildergalerie - Leipziger Lerche