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Gasthaus Barthels Hof

Hainstraße 1 Ortsteil: Zentrum

Das Gasthaus Barthels Hof ist eines der ältesten und traditionsreichsten Lokale. Es befindet sich seit 1750 im Barthels Hof, dem letzten erhaltenen barocken Durchgangshof in Leipzig, in dessen Räumlichkeiten früher Handelsleute aus aller Welt ihre Waren anboten. Unter dem Motto „bewusst, regional, nachhaltig“ wird typisch sächsische Küche angeboten. Betreiber ist seit 2012 die Leipziger Familie Grahl.

Feilschen, handeln und Verträge begießen im letzten barocken Durchgangshof


Das Traditionslokal Barthels Hof gilt neben Adressen wie Auerbachs Keller und dem Thüringer Hof als eines der ältesten und traditionsreichsten Restaurants in Leipzig. Es befindet sich direkt am Markt. Das Gebäudeensemble wurde 1747 bis 1750 von George Werner für den Kaufmann und Stadthauptmann Gottfried Barthel als Bank- und Handelshaus erbaut. Im 16. Jahrhundert wurde der Leipziger Messe wachsende Bedeutung beigemessen. Kaufleute aus aller Welt reisten mit ihren Produkten zur ältesten Warenmesse Deutschlands nach Leipzig und die Stadt entwickelte sich zu einem bedeutenden Umschlagplatz für europäische Handelswaren. Die Messedurchgangshöfe dienten als Verkaufsniederlage sowie Empfangs- und Wohnquartier für die Händler. Die Räume waren mit Handeslwaren, Käufern, Verkäufern, Schreibern, Geldwechslern, Schaulustigen und Aufsehern gefüllt. Während hier tagsüber gefeilscht, gehandelt, Kontakte geknüpft und Geschäfte gemacht wurden, wurden die ausgehandelten Verträge abends zünftig in„Barthels Weinschänke“ begossen. Auch der junge Johann Wolfgang Goethe, der 1765 nach Leipzig kam, soll hier Gast gewesen sein. Dieser Teil des Gewölbes diente schon immer dem leiblichen Wohle. Erster Besitzer des Gasthauses war Hanns Tollhardt. Zwischenzeitlich betrieb der Kaufmann Carl Friedrich Weber seinerzeit ein insbesondere bei den Händlern beliebtes Lokal. Auch einer der im 18. Jahrhundert so beliebten Italienerkeller hatte hier bereits sein Domizil. 1890 etablierte sich die um die Jahrhundertwende vielbesuchte Weinstube von Paege, eine Zeitlang waren die Räume als Egerer Bierstuben bekannt.

Auch zu DDR-Zeiten war das Gasthaus Barthels Hof eine gefragte Adresse. Infolge zunehmenden Verfalls musste das Lokal 1987 geschlossen werden und wurde Dank des Engagements der Deutschen Genossenschats-Hypotheken-Bank AG und der Deutschen Genossenschaftsbank denkmalschutzgerecht rekonstruiert. Nach Abschluss der Sanierung konnte das Gasthaus nach vierjähriger Bauzeit am 18. Januar 1997 seine Neueröffnung unter dem neuen Inhaber Lutz Albrecht von der Fantastic GmbH feiern. Auf der Speisekarte standen überwiegend sächsische Gerichte aus gut bürgerlicher Küche von„Thomanernudeln“ bis zu „Jungfer Kristin Becks Kaninchenkeule“ und der „Leipziger Lerche mit Würzbirne“. Seit 2012 wird das Traditionslokal von Thorsten Grahl und seiner Familie geführt. Aufgrund eines verheerenden Brandes wegen Brandstiftung am 31. Januar 2019 musste Barthels Hof für 13 Monate schließen. Im Zuge der umfassenden Sanierungsarbeiten wurde das historische Gewölbe neu gestaltet und das Lokal Ende Februar 2020 wieder geöffnet.

Regional sächsische Küche in barockem Gewand


Unter dem greentable-zertifizierten Motto „bewusst. regional. nachhaltig.“ werden im Gasthaus Barthels Hof typisch sächsische Speisen und Getränke serviert. Passend zur Saison werden immer neue Gerichte kreiert und mit viel Liebe zum Detail angerichtet. Auf der Speisekarte stehen regionale Spezialitäten, wie die Leipziger Rinderroulade, Sächsischer Sauerbraten und Karpfenfilet aus Wermsdorf. Auch Klassiker wie das Traditionsgebäck Leipziger Lerche, die obergärige Bierspezialität Gose und der Kümmellikör Leipziger Allasch sind erhältlich. Eine Besonderheit sind die Menüs „1.000 Jahre Leipzig“ und „Luthers Familienessen“. Ersteres wurde anlässlich des Stadtjubiläums 2015 eingeführt und soll auf die Vielfalt der heimischen Küche aufmerksam machen. Das exklusive 5-Gänge-Menü besteht aus regionalen Klassikern, feinen Delikatessen und einfachen, rustikalen Speisen, wie die „Alt Leipziger Warmbiersuppe“. Begleitet wird die kulinarische Reise in die Vergangenheit von Anekdoten und Erklärungstexten, die etwa über das jeweilige Gericht oder dessen Komponenten berichten. So wird dem Gast neben dem kulinarischen Erlebnis auch der historische Hintergrund der sächsischen Esskultur näher gebracht. Das Menü „Luthers Familienessen“ wurde anlässlich des Jubiläums „500 Jahre Reformation“ 2017 kreiert und präsentiert ein Familienessen wie zu Luthers Zeiten. Anregung für die Zusammenstellung der Gerichte war „Das Luther Melanchthon Kochbuch“.Martin Luther und seine Frau Katharina von Bora liebten Geselligkeit und gutes Essen und empfingen in ihrer Wohnstätte regelmäßig Gäste zu Speis‘ und Trank. Zu den angebotenen Speisen zählen etwa gebeiztes Zanderfilet auf Wiesenkräutern, Kräuterschweinenacken und „Armer Ritter“. Das gesamte Menü wird ausschließlich auf Tongeschirr mit Messer und Löffel aufgetischt, denn Gabeln gab es zu Luthers Zeiten noch nicht.

Urige Atmosphäre im Zechgewölbe und gelebte Musiktradition in Barthels Schänke


Im Erdgeschoss befindet sich zum Innenhof gelegen „Barthels Schänke“. Der Raum bietet Platz für 60 Personen und ist mit Massivholz-Tischen, bequemen braunen Lederstühlen und gepolsterten Sitzflächen ausgestattet. Die Wände der historischen Mauern von 1750 wurden im Zuge der Sanierung nach dem Brand 2019 von der Künstlerin Jana Müller im Auftrag der Möbelwerkstätten Klotzsche in zarten Goldtönen bemalt sowie kunstvoll mit individuellen Malereien und Ornamenten gestaltet, welche einen Bezug zu Leipzigs Tradition als Handels- und Messestadt haben. An den Wänden befinden sich elf mit Hilfe einer speziellen Drucktechnik geschaffene Portraits von berühmten Musikern, denen Leipzig seinen Ruf als Musikstadt zu verdanken hat. Dazu zählen Gustav MahlerRichard WagnerFanny HänselFranz LisztFrédéric ChopinGeorg Philipp TelemannFelix Mendelssohn BartholdyAlbert LortzingClara SchumannKurt Masur sowie gegenüber der Eingangstür Johann Sebastian Bach. Im Erdgeschoss befindet sich auch die benachbarte „Webers Speisestube“, benannt nach dem Kaufmann Carl Friedrich Weber, der hier bereits zu früheren Zeiten ein Lokal betrieb. Der Raum bietet 40 Plätze und verbindet moderne mit historischen Stilelementen. Er wurde bewusst nach dem Vorbild einer Suppenküche im 18. Jahrhundert und mit uriger hölzerner Theke gestaltet

Eine Wendeltreppe führt hinab in „Tollhardts Zechgewölbe“ aus dem Jahr 1497. Die über 500 Jahre alte Brauküche wurde nach dem ersten Besitzer des Hauses benannt. Das tonnenförmige prächtige Gewölbe verläuft fast 360 Grad um die Barinsel mit Biertheke in der Mitte des Raumes mit gedrechselten Säulen und darauf befindlichen bleiverglasten Aufsätzen. Für uriges, gemütliches Ambiente sorgen die kleinen Thekentische und Sitzgruppen mit Bänken, die sich zum Teil unter baldachinartigen, in warmem Dunkelbraun gestalteten Holzverkleidungen befinden, auf denen alte Küchen- und Brauutensilien ausgestellt sind. Der Klinkerfußboden, unbearbeitete Findlinge und die unverputzten Wände nach historischem Vorbild erinnern an die über 500-jährige Geschichte des urigen Raumes.Das Zechgewölbe bietet Platz für 70 Personen und eignet sich gut für Feiern jeder Art. In den warmen Monaten können die Gäste auf dem großzügigen Freisitz im barocken Durchgangshof mit 200 Plätzen die historische Atmosphäre bei einer hausgemachten Bowle oder einem frischgezapften Ur-Krostitzer Bier abseits des belebten Barfüßgässchens genießen.

Bildergalerie - Gasthaus Barthels Hof

Sophie Weinhold
Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.