Gose

u.a. Menckestraße 5 (Gosenschenke „Ohne Bedenken“)
Ortsteil: Gohlis-Süd

Die Gose ist eine obergärige, säuerlich und leicht salzig schmeckende Bierspezialität, welche mit Kochsalz, Koriander und biologischer Milchsäure verfeinert ist und einenAlkoholgehalt von 4,8% vol. besitzt. Dabei handelt es sich um eine der ältesten Biersorten, welche ihren Ursprung in Goslar im Harz hat. Von dort gelangte sie 1738 nach Leipzig.

Von der Gose an die Pleiße


Sie gehört zu Leipzig wie das Allerlei aus dem Gemüsetopf und die Lerchen aus der Bäckerei: die Gose. Ihre erste urkundliche Erwähnung ist auf das Jahr 1332 datiert, was sie zu einer der ältesten Biersorten überhaupt macht. Nach dem Reinheitsgebot von 1516 handelt es sich dabei nicht um ein Bier, sondern eine obergärige Bierspezialität.

Die Herkunft der Gose beginnt am Nordrand des Harzes. Der Name des dort fließenden Flusses „Gose“ geht auf das althochdeutsche Wort „gôze“ zurück, was seinerzeit ein sehr wasserreiches, Überschwemmungen verursachendes Fließgewässer betitelte. Der Name des Flusses wurde im späten Mittelalter an die dort erbaute Kaiserstadt Goslar übertragen. Dort soll Kaiser Otto die Gose bereits im Jahr 1000 gelobt haben. Ab dem 17. Jahrhundertwurden die Biersorten nach ihrem Erfinder, ihren speziellen Eigenschaften oder vorzugszweise nach ihrer Herkunft betitelt. So wurde das in Goslar gebraute Bier „Goslarisch Bier“ bzw. „Gose“ genannt. Der Überlieferung nach soll der preußische Feldmarschall Fürst Leopold I., Herzog von Anhalt-Dessau – auch der „Alte Dessauer“ genannt – die Bierspezialität in Goslar kennengelernt und auf seinen Ländereien im Dorf Glauzig zwischen 1712 und 1715 als „Gludscher Gose“ bzw. „Glauziger Gose“ nachgebraut haben. Auf seinem Weg nach Leipzig im Jahr 1738 kam Fürst Leopold I. in das nahegelegene Dorf Eutritzsch, wo er in einer Schänke einkehrte. Den Krug Bier, der ihm vom Wirt Gieseke gereicht wurde, tat er als ungenießbar ab und vermisste seine geliebte Glauziger Gose. Sein Versprechen an den Wirt, ihm einige Fässer seiner Gose zu schicken sowie ihm eine Ausschankgenehmigung des Rates der Stadt Leipzig einzuholen, setzte er in die Tat um. Gieseke erwarb sich die Zuneigung von Leopold I. in so hohem Maße, dass er zu seinem Leibdiener erwählt wurde, mit ihm nach Dessau ging und dort 1721 die schöne Dessauerin Marie Luise Woche heiratete. Mit ihr zog er zurück nach Eutritzsch und kaufte für 3.000 Taler das Gasthaus an der Heerstraße, welches er „Gosenschänke“ nannte. Übrigens: Das Wort wurde bis ins späte 19. Jahrhundert mit „ä“ geschrieben, später wurde die korrekte Schreibweise mit „e“ verwendet, heute sind beide Schreibweisen anerkannt und verbreitet.

Obwohl die Gose aufgrund ihres aufwändigen Transportweges nicht sonderlich günstig war, wurde sie von den Leipzigern schnell gut aufgenommen. Aufgrund ihrer brautechnischen Besonderheit enthielt die nicht ausgegorene Gose noch so viel Kohlensäure, dass eine Beförderung in verschlossenen Fässern nicht möglich war. So wurde die „Gludscher Gose“ in Glasflaschen mit 2,5 Kannen Kapazität von Goslar ins ca. 70 Kilometer entfernte Leipzig gekarrt. Das Schankmonopol für alle außerhalb von Sachsen gebrauten „ausländischen“ Biere hatte seit 1763 der ratseigene Burgkeller inne. Neben der im Rittergut Sausedlitz zwischen Delitzsch und Bitterfeld vom Grafen Vitzthum von Eckstädt gebrauten „inländischen“ Gose wurde vorzugsweise die ausländische Gose aus den Dörfern Spören und Glauzig ausgeschenkt. Ein gut gehütetes „Gosengeheimnis“ ist die Kenntnis darüber, in welchem Moment während des Brauvorgangs welche Menge der Maische, bestehend aus Malz, Hopfen und Wasser, durch zugesetzte Milchsäure angereichert werden muss.

Goselose Zeiten und Renaissance in Leipzig


Durch die steigende Beliebtheit der obergärigen Bierspezialität brachen unter den Leipziger Gastwirten hitzige Machtkämpfe aus. Da der neue Pächter des Burgkellers, Johann Gottlieb Hermann, sein Schankmonopol durch den Eutritzscher Gosenwirt bedroht sah, wandte er sich 1776 sogar an den Leipziger Rat. Viele Zitate rund um die Gose, wie „Die Studiosen tranken 2 bis 20 Gosen!“ stammten aus jener Zeit, als die Eutritzscher Gosenschenke Wallfahrtsort der Leipziger Studenten war. Einer von ihnen soll kein geringerer als Johann Wolfgang Goethe gewesen sein, der von 1765 bis 1768 als Student in Leipzig verweilte. Um 1900 entwickelte sich die Gose als Leipziger Nationalgetränk zu einem der meist getrunkenen Bierspezialitäten der Stadt.

Mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Gose aufgrund der radikalen Änderung der politischen Zustände und des Zerwürfnisses zwischen Sachsen und Preußen knapp. Die Goselieferungen aus dem eng mit Preußen verbundenen Herzogtum Anhalt stockten um 1820. Da Not bekanntlich erfinderisch macht, gab es bereits wenige Jahre später wieder Gose in Eutritzsch. Diese wurde auf dem vom Kaufmann Johann Gottlieb Goedeckegeführten Rittergut Döllnitz bei Halle vom Braumeister Johann Philipp Ledermann gebraut. Ab 1830 wurde diese Gose in Leipzig ausgeschenkt. Zwischen 1844 und 1859 führten zahlreiche Gaststätten die Gose in einem Spezialausschank aus dem Eichenfass. Sie war so beliebt, dass in der Eutritzscher Gosenschenke an einem Sonntag rund 2.500 Flaschen à 0,8 bis 0,9 Liter konsumiert wurden. In Leipzig etablierten sich zu dieser Zeit zahlreiche weitere Gosenschlösschen, Gosenstuben und Gosenschenken. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Brauerei in Döllnitz enteignet und geschlossen. Erst ab 1949 gab es wieder Gose in Leipzig. Sie wurde nach langwierigen Verhandlungen bis hin zurProduktionsgenehmigung in der Arthur-Hoffmann-Straße von Friedrich Wurzler bis März 1966 gebraut.

Die Gosetradition erlebte eine Renaissance, als der Gastronom Lothar Goldhahn die verfallene Gosenschenke „Ohne Bedenken“ der Wirtsfamilie Carl Cajeri umfassend renovieren ließ. Am 10. Mai 1986 wurde hier – fast 20 Jahre nach Schließung der letzten Gosenschenke – in Leipzig wieder Gose ausgeschenkt. Seitdem kann man die traditionelle Döllnitzer Rittergutsgose in mehr als 100 Gaststätten genießen. Seit dem Jahr 2000 wird in der Lokalität Bayerischer Bahnhof Gasthaus und Gosebrauerei die Leipziger Gose gebraut und ausgeschenkt. Auch der Ratskeller Leipzig und die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ brauen seit ein paar Jahren ihre eigene Gose. 

„Was unter den Blumen die Rose, ist unter den Bieren die Gose!“


Da die Gose kein Lagerbier ist, waren ein passendes Wetter und ein zügiger Austrank Voraussetzung für ihre Aufbewahrung, da sie ansonsten schnell verdarb. Der Goseprozess geschieht erst in der Flasche und dauert zwischen sechs und achtzehn Tagen. Der Heferest steigt dabei nach oben, wo er im Flaschenhals einen undurchlässigen Pfropf bildet, der das Entweichen der übrigen Kohlensäure unterbindet. Die Kellertemperatur hat einen entscheidenden Einfluss auf die Dauer des Reifeprozesses, welcher bei heißenTemperaturen schneller vonstatten geht. Die dunkelgrünen, flachbauchigen Glasflaschen in Form eines Bockbeutels fassten einen Liter und beanspruchten bei der Lagerung, verglichen zu Fassbier, viel Platz und waren aufgrund ihres filigranen Halses äußerst fragil.

Der Gose wird oft eine Ähnlichkeit mit dem Berliner Weißbier nachgesagt. Für all diejenigen, denen die Original-Gose zu sauer ist, wurden zahlreiche Rezepte zum Verfeinern des Geschmacks erfunden. Eine beliebte Variante war – damals wie heute – der Zusatz desKümmelschnapses Allasch, welche „Regenschirm“ genannt wird. Der Likör wurde in kleinen achteckigen Gläsern serviert, die mit der nach unten spitz zusammenlaufenden Form wie zugeklappte Regenschirme aussahen. Der Spruch „Ohne Kümmel ist die Gose, allezeit `ne halbe Chose“ gilt auch heute noch. Wird die Gose mit einem Sirup, wie Mango, Erdbeereoder Waldmeister, versetzt, spricht man vom „Sonnenschirm“, verfeinert mit einem Kirschlikör ist es die „Frauenfreundliche“. Gosentrinker prosten sich übrigens nicht mit „Zum Wohl“ sondern mit „Goseanna“ zu.

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Goethe-Denkmal

Naschmarkt
Ortsteil: Zentrum

Das 1903 eingeweihte Goethe-Denkmal befindet sich auf dem Naschmarkt vor der Alten Handelsbörse. Es zeigt den von Carl Seffner geschaffenen jungen Goethe während seiner Studienzeit in Leipzig von 1765 bis 1768. Dabei handelt es sich um das erste und einzige öffentliche Denkmal zu Ehren des berühmten Dichters in der Messestadt.

Ein marmorner Goethe für die Messestadt


Leipzig zählt zu einer der bedeutsamsten Wirkungsstätten Johann Wolfgang Goethes in Deutschland. Der junge Dichter kam am 3. Oktober 1765 als 16-jähriger für sein Jurastudium in die Messestadt und verbrachte bis zum 28. August 1768 drei Jahre seines Lebens dort.

Im Gegensatz zu anderen Goethe-Städten wie Weimar oder Frankfurt am Main, machte man sich in Leipzig vergleichsweise spät Gedanken um ein Denkmal zu Ehren des berühmten Dichters. Erst mit dem nahenden Goethe-Jubiläum anlässlich seines 150. Geburtstags 1899 wurde die Idee für ein repräsentatives Standbild konkreter. Dazu trugen maßgeblich der Leipziger Stadtarchivar und -bibliothekar Gustav Wustmann sowie sein einstiger Schüler und zwischenzeitlicher Direktor des Museums der bildenden Künste, Julius Vogel, bei. Der Überlieferung nach skizzierte der bekannte deutsche Bildhauer Carl Seffner auf Vogels Ansinnen hin um 1895 ein Standbild des jungen Goethe. Daraufhin schloss sich ein Denkmalkomitee zusammen, darunter die Bürgermeister Bruno Töndlin und Otto Georgi, und startete 1898 einen Spendenaufruf. Zunächst war die Errichtung einer entsprechenden Marmorstatue in einer Grünanlage, z.B. im Rosental, auf dem Alten Johannisfriedhof an Käthchen Schönkopfs Grab oder am Schwanenteich, angedacht. Aufgrund von fehlenden Mitteln ließ sich ein solches Denkmal jedoch nicht bis zum Jubiläumsjahr 1899 umzusetzen.

Vom Turnlehrer Wehner zum Bronzenen Goethe


Ein weiterer Entwurf Seffners aus dem Jahr 1897 sah ein barockisierendes Postament mit den seitlichen Porträtmedaillons von Friederike Oeser und Käthchen Schönkopf vor. Nach der Ausstellung des Entwurfs im Leipziger Kunstverein 1899 wurde der Standort des nunmehr als Bronzestatue geplanten Denkmals im Mai 1901 auf dem Naschmarkt festgelegt. Ein entsprechendes Probemodell mit einem dem Standort entsprechenden schlichteren Empire-Sockel wurde bereits im selben Monat aufgestellt. Dieses schenkte Seffner 1910 der Nikolaischule, während Julias Vogel ein passendes Postament stiftete. Beides ging jedoch im Zuge der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg verloren

Als Vorlage für den Guss des jungen Goethe diente Seffner das lebende Modell des 28-jährigen Turnlehrers Carl Wehner mit einem entsprechenden Theaterkostüm. Da dem Bildhauer kein Bildnis des Leipziger Goethe vorlag, orientierte er sich an Porträts aus späteren Lebzeiten und an einer Lebendmaske aus dem Jahr 1807. Das Denkmal Carl Seffners prägt seitdem die Vorstellung Goethes während seines dreijährigen Aufenthalts in Leipzig, obgleich der Dichterdamals wesentlich jünger war und anders aussah. Die Kosten des Denkmals beliefen sich auf rund 44.000 Mark, wovon die Stadt jeweils 10.000 Mark aus dem Vermächtnis von Franz Dominic Grassi und aus der Ferdinand-Rhode-Stiftung bezuschusste. Das Goethe-Denkmal wurde am 28. Juni 1903 auf dem Naschmarkt vor der Alten Handelsbörse eingeweiht.

Käthchen und Friederike neben dem jungen Dichter


Das 2,65 Meter hohe bronzene Goethe-Standbild steht auf einem 2,50 Meter hohen Sockel aus rotem Granit nach Entwürfen des Architekten Max Bischoff und zeigt den galanten jungen Goethe im Rokokokostüm. In der rechten Hand hält er ein kleines Gedichtbüchlein. Einer historischen Interpretation zufolge kommt Goethe gerade von einem Spaziergang aus dem Rosental und läuft über den Naschmarkt in Richtung Auerbachs Hof, wo sein Freund Ernst Wolfgang Behrisch wohnt. Im mehretagigen Weinkeller des Gebäudekomplexes soll sich 1525 der Fassritt von Faust und Mephisto abgespielt haben, den Goethe in seinem Drama Faust I verewigte. Diese Legende wird bis heute am authentischen Ort, in Auerbachs Keller, lebendig gehalten. Durch das Schrittmotiv auf dem Goethe-Denkmal verlieh Seffner dem jungen Dichter eine ungezwungene, natürlich wirkende Leichtigkeit, die an die landläufigen Werther-Vorstellungen erinnert. Außerdem soll der „Schritt“ symbolisch für die Entwicklung vom jungen Leipziger Studenten zum Dichter-Genie stehen.

Die Vorderseite des Postaments trägt auf einem lorbeerumkränzten Goldmedaillon die Inschrift „Johann Wolfgang Goethe“. Auf der Rückseite wird mit den Lettern „Student in Leipzig 1765-68“ an seinen Leipzig-Aufenthalt erinnert. Zu beiden Seiten des Postaments sind die marmornen Medaillons zweier Mädchenbildnisse angebracht. Bei dem frontalen östlichen Relief rechterhand handelt es sich um Anna Katharina „Käthchen“ Schönkopf, die Tochter des Wirts, in dessen Gasthof Goethe während seiner Studienzeit in Leipzig sein Mittagsessen einzunehmen pflegte und die zugleich seine erste große Liebe war. Das westliche Relief auf der linken Seite zeigt im Seitenprofil Friederike Oeser nach einer Zeichnung ihres Vaters um etwa 1768. Zur Tochter seines Leipziger Zeichenlehrers, dem bedeutenden Maler Adam Friedrich Oeser, pflegte Goethe eine freundschaftliche Beziehung. Die beiden anmutigen Bildnisse stellen einen festen lokalen Bezug zur Stadt dar und zeigen das mit Leipzig verbundene dichterische Werk Goethes auf. Die Lorbeerverzierungen repräsentieren ein typisches Graphikmotiv während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, der Zeit vor Goethes Leipzig-Aufenthalt, und stellen zugleich einen gestalterischen Bezug zur dahinter liegenden Alten Handelsbörse dar.

Beim von Carl Seffner geschaffenen Goethe-Denkmal handelt es sich, abgesehen von der verlorenen Fassadenfigur an der Universitätsbibliothek des Bildhauers Melchior zur Strassens, um das erste und nach wie vor einzige öffentliche Denkmal zu Ehren des Dichters in Leipzig. Da keine authentischen Goethestätten mehr in Leipzig existieren, repräsentiert das Goethe-Denkmal auf dem Naschmarkt eine Art Lebenszeugnis aus der Leipzig-Zeit des jungen Goethe.

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Gasthaus Barthels Hof

Hainstraße 1
Ortsteil: Zentrum

Das Gasthaus Barthels Hof ist eines der ältesten und traditionsreichsten Lokale. Es befindet sich seit 1750 im Barthels Hof, dem letzten erhaltenen barocken Durchgangshof in Leipzig, in dessen Räumlichkeiten früher Handelsleute aus aller Welt ihre Waren anboten. Unter dem Motto „bewusst, regional, nachhaltig“ wird typisch sächsische Küche angeboten. Betreiber ist seit 2012 die Leipziger Familie Grahl.

Feilschen, handeln und Verträge begießen im letzten barocken Durchgangshof


Das Traditionslokal Barthels Hof gilt neben Adressen wie Auerbachs Keller und dem Thüringer Hof als eines der ältesten und traditionsreichsten Restaurants in Leipzig. Es befindet sich direkt am Markt. Das Gebäudeensemble wurde 1747 bis 1750 von George Werner für den Kaufmann und Stadthauptmann Gottfried Barthel als Bank- und Handelshaus erbaut. Im 16. Jahrhundert wurde der Leipziger Messe wachsende Bedeutung beigemessen. Kaufleute aus aller Welt reisten mit ihren Produkten zur ältesten Warenmesse Deutschlands nach Leipzig und die Stadt entwickelte sich zu einem bedeutenden Umschlagplatz für europäische Handelswaren. Die Messedurchgangshöfe dienten als Verkaufsniederlage sowie Empfangs- und Wohnquartier für die Händler. Die Räume waren mit Handeslwaren, Käufern, Verkäufern, Schreibern, Geldwechslern, Schaulustigen und Aufsehern gefüllt. Während hier tagsüber gefeilscht, gehandelt, Kontakte geknüpft und Geschäfte gemacht wurden, wurden die ausgehandelten Verträge abends zünftig in„Barthels Weinschänke“ begossen. Auch der junge Johann Wolfgang Goethe, der 1765 nach Leipzig kam, soll hier Gast gewesen sein. Dieser Teil des Gewölbes diente schon immer dem leiblichen Wohle. Erster Besitzer des Gasthauses war Hanns Tollhardt. Zwischenzeitlich betrieb der Kaufmann Carl Friedrich Weber seinerzeit ein insbesondere bei den Händlern beliebtes Lokal. Auch einer der im 18. Jahrhundert so beliebten Italienerkeller hatte hier bereits sein Domizil. 1890 etablierte sich die um die Jahrhundertwende vielbesuchte Weinstube von Paege, eine Zeitlang waren die Räume als Egerer Bierstuben bekannt.

Auch zu DDR-Zeiten war das Gasthaus Barthels Hof eine gefragte Adresse. Infolge zunehmenden Verfalls musste das Lokal 1987 geschlossen werden und wurde Dank des Engagements der Deutschen Genossenschats-Hypotheken-Bank AG und der Deutschen Genossenschaftsbank denkmalschutzgerecht rekonstruiert. Nach Abschluss der Sanierung konnte das Gasthaus nach vierjähriger Bauzeit am 18. Januar 1997 seine Neueröffnung unter dem neuen Inhaber Lutz Albrecht von der Fantastic GmbH feiern. Auf der Speisekarte standen überwiegend sächsische Gerichte aus gut bürgerlicher Küche von„Thomanernudeln“ bis zu „Jungfer Kristin Becks Kaninchenkeule“ und der „Leipziger Lerche mit Würzbirne“. Seit 2012 wird das Traditionslokal von Thorsten Grahl und seiner Familie geführt. Aufgrund eines verheerenden Brandes wegen Brandstiftung am 31. Januar 2019 musste Barthels Hof für 13 Monate schließen. Im Zuge der umfassenden Sanierungsarbeiten wurde das historische Gewölbe neu gestaltet und das Lokal Ende Februar 2020 wieder geöffnet.

Regional sächsische Küche in barockem Gewand


Unter dem greentable-zertifizierten Motto „bewusst. regional. nachhaltig.“ werden im Gasthaus Barthels Hof typisch sächsische Speisen und Getränke serviert. Passend zur Saison werden immer neue Gerichte kreiert und mit viel Liebe zum Detail angerichtet. Auf der Speisekarte stehen regionale Spezialitäten, wie die Leipziger Rinderroulade, Sächsischer Sauerbraten und Karpfenfilet aus Wermsdorf. Auch Klassiker wie das Traditionsgebäck Leipziger Lerche, die obergärige Bierspezialität Gose und der Kümmellikör Leipziger Allasch sind erhältlich. Eine Besonderheit sind die Menüs „1.000 Jahre Leipzig“ und „Luthers Familienessen“. Ersteres wurde anlässlich des Stadtjubiläums 2015 eingeführt und soll auf die Vielfalt der heimischen Küche aufmerksam machen. Das exklusive 5-Gänge-Menü besteht aus regionalen Klassikern, feinen Delikatessen und einfachen, rustikalen Speisen, wie die „Alt Leipziger Warmbiersuppe“. Begleitet wird die kulinarische Reise in die Vergangenheit von Anekdoten und Erklärungstexten, die etwa über das jeweilige Gericht oder dessen Komponenten berichten. So wird dem Gast neben dem kulinarischen Erlebnis auch der historische Hintergrund der sächsischen Esskultur näher gebracht. Das Menü „Luthers Familienessen“ wurde anlässlich des Jubiläums „500 Jahre Reformation“ 2017 kreiert und präsentiert ein Familienessen wie zu Luthers Zeiten. Anregung für die Zusammenstellung der Gerichte war „Das Luther Melanchthon Kochbuch“.Martin Luther und seine Frau Katharina von Bora liebten Geselligkeit und gutes Essen und empfingen in ihrer Wohnstätte regelmäßig Gäste zu Speis‘ und Trank. Zu den angebotenen Speisen zählen etwa gebeiztes Zanderfilet auf Wiesenkräutern, Kräuterschweinenacken und „Armer Ritter“. Das gesamte Menü wird ausschließlich auf Tongeschirr mit Messer und Löffel aufgetischt, denn Gabeln gab es zu Luthers Zeiten noch nicht.

Urige Atmosphäre im Zechgewölbe und gelebte Musiktradition in Barthels Schänke


Im Erdgeschoss befindet sich zum Innenhof gelegen „Barthels Schänke“. Der Raum bietet Platz für 60 Personen und ist mit Massivholz-Tischen, bequemen braunen Lederstühlen und gepolsterten Sitzflächen ausgestattet. Die Wände der historischen Mauern von 1750 wurden im Zuge der Sanierung nach dem Brand 2019 von der Künstlerin Jana Müller im Auftrag der Möbelwerkstätten Klotzsche in zarten Goldtönen bemalt sowie kunstvoll mit individuellen Malereien und Ornamenten gestaltet, welche einen Bezug zu Leipzigs Tradition als Handels- und Messestadt haben. An den Wänden befinden sich elf mit Hilfe einer speziellen Drucktechnik geschaffene Portraits von berühmten Musikern, denen Leipzig seinen Ruf als Musikstadt zu verdanken hat. Dazu zählen Gustav MahlerRichard WagnerFanny HänselFranz LisztFrédéric ChopinGeorg Philipp TelemannFelix Mendelssohn BartholdyAlbert LortzingClara SchumannKurt Masur sowie gegenüber der Eingangstür Johann Sebastian Bach. Im Erdgeschoss befindet sich auch die benachbarte „Webers Speisestube“, benannt nach dem Kaufmann Carl Friedrich Weber, der hier bereits zu früheren Zeiten ein Lokal betrieb. Der Raum bietet 40 Plätze und verbindet moderne mit historischen Stilelementen. Er wurde bewusst nach dem Vorbild einer Suppenküche im 18. Jahrhundert und mit uriger hölzerner Theke gestaltet

Eine Wendeltreppe führt hinab in „Tollhardts Zechgewölbe“ aus dem Jahr 1497. Die über 500 Jahre alte Brauküche wurde nach dem ersten Besitzer des Hauses benannt. Das tonnenförmige prächtige Gewölbe verläuft fast 360 Grad um die Barinsel mit Biertheke in der Mitte des Raumes mit gedrechselten Säulen und darauf befindlichen bleiverglasten Aufsätzen. Für uriges, gemütliches Ambiente sorgen die kleinen Thekentische und Sitzgruppen mit Bänken, die sich zum Teil unter baldachinartigen, in warmem Dunkelbraun gestalteten Holzverkleidungen befinden, auf denen alte Küchen- und Brauutensilien ausgestellt sind. Der Klinkerfußboden, unbearbeitete Findlinge und die unverputzten Wände nach historischem Vorbild erinnern an die über 500-jährige Geschichte des urigen Raumes.Das Zechgewölbe bietet Platz für 70 Personen und eignet sich gut für Feiern jeder Art. In den warmen Monaten können die Gäste auf dem großzügigen Freisitz im barocken Durchgangshof mit 200 Plätzen die historische Atmosphäre bei einer hausgemachten Bowle oder einem frischgezapften Ur-Krostitzer Bier abseits des belebten Barfüßgässchens genießen.

Bildergalerie - Gasthaus Barthels Hof

Clown-Museum Leipzig

Breite Straße 22
Ortsteil: Reudnitz-Thonberg

Das Clown-Museum Leipzig wurde 2010 von Hans-Dieter Hormann eröffnet. Europas einziges Clown-Museum beherbergt in vier Ausstellungsräumen rund 25.000 Exponate. Auf der Bühne im Foyer finden regelmäßig verschiedene Aufführungen, darunter Gastspiele von international bekannten Clowns, statt.

Aus Sammelleidenschaft wird Europas einziges Clown-Museum


Die Kunst der Clowns und Spaßmacher reicht mehr als 2.000 Jahre zurück. Wohl kein anderer Beruf sorgt für so viel Heiterkeit, wie der eines Clowns. Sein Name leitet sich vermutlich vom französischen „colon“, zu Deutsch Bauer oder Tölpel, ab. Im 16. Jahrhundert war der Clown eine lustige Theaterfigur mit der Aufgabe, ernste Geschichten aufzulockern. Später traten die Spaßmacher auf Jahrmärkten auf, bevor sie ihren festen Platz schließlich im Zirkus fanden. Die Clowns in Süd- und Mitteleuropa waren poetisch, während sie in Russland politisch und in Nordamerika schriller, dicker und größer als anderswo waren. Die charakteristische weiße Schminke im Gesicht, die roten Lippen und Wangen wurden erst im 19. Jahrhundert zu ihrem Erkennungszeichen.

Die Besucher in Europas einzigem Clown-Museum in Leipzig werden mit den Worten Charlie Chaplins: „Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag.“ begrüßt. Der weltberühmten Stummfilmlegende ist in den Räumlichkeiten ein eigener Bereich gewidmet. Das vom Verein „Dipetos Welt der Clowns e.V.“ betriebene Clown-Museum wurde vom heutigen Museumsdirektor Hans-Dieter Hormann im April 2010 eröffnet. Als pensionierter Architekt und passionierter Clown-Bewunderer galt sein Interesse bereits seit seiner Jugend den Komikern mit der roten Nase und den riesigen Schuhen. Seitdem ihn als Neunjährigen eine Clownsfigur im Schaufenster begeisterte, wurde ihm fortan zu verschiedenen Anlässen etwas mit Zirkus-Bezug geschenkt. Aus dem Interesse wurde schließlich eine Sammelleidenschaft für alles mit Clown-Bezug, welche nach Beendigung seiner beruflichen Laufbahn im Clown-Museum mündete. Ziel Hormanns war es, eine Kultur zu erhalten und diese öffentlich zugänglich zu machen.

Alles rund um die Spaßmacher mit roter Nase und riesigen Schuhen


Die Ausstellung beherbergt in vier Räumen rund 25.000 Exponate, darunter ca. 8.000 Clown-Figuren aus unterschiedlichen Materialien und Ländern, mehr als 3.500 Filmplakate, über 800 Bücher, Marionetten, Programmhefte, Filmaufnahmen, Instrumente sowie historische Fotografien und etwa 600 Zeitungen, die älteste stammt aus dem Jahr 1856. Unter den Exponaten befinden sich auch hunderte katalogisierte Originalfotos berühmter Clowns des bekannten Künstlerfotografen Dieter Preiß. Bei zahlreichen Ausstellungsstücken handelt es sich um Geschenke von weltberühmten Stars der Brancheoder deren Verwandten, darunter Original-Kostüme von Walter GalettiOleg Popow und des beliebten von Jiří Vršťala verkörperten Clowns Ferdinand. Auch eine Grock-Marionette, der Original-Schminkkasten von Charlie Rivel und ein Programmheft von seinem Gastspiel im August 1939 im Krystallpalast Varieté befinden sich in der umfangreichen Sammlung. Die Originalpuppen Hurvinek und Spejbl, die als Vater und Sohn bekannten hölzernen Marionetten aus Prag, sind ein Ausstellungshighlight. Im Jahr 2021 entstand ein Ausstellungsraum, welcher allein der Geschichte des Lachens gewidmet ist. Ein über zwei Meter großes Schaubild veranschaulicht die Entwicklung des Lachens und Frohsinns seit der griechischen Mythologie.

Das Clown-Museum verfügt über die Stadtgrenzen hinaus in der erstaunlich großen Szene in Europa über eine noch stärker ausgeprägte Bekanntheit als in Leipzig selbst. Bezüge der Leipziger Clown-Szene bestehen bis hin zu den Theaterreformatoren Johann Christoph Gottsched und Caroline Neuber, die den Hanswurst – einen Vorgänger des Clowns – in Leipzig 1737 von den Bühnen der Stadt vertrieben. Fortan wurden Schauspiele mit literarischem Anspruch und ohne obszöne Improvisationsspiele aufgeführt. Nach dem Verschwinden des Spaßmachers aus dem Theater kehrte er schließlich über den Zirkus und die Jahrmärkte wieder zurück.

Dank seines ausgezeichneten internationalen Rufes und dem damit einhergehenden Vertrauen werden dem Museum immer neue Ausstellungsstücke geschenkt und die Sammlung fortlaufend erweitert. Im Jahr 2014 wurde dem Museum vom World Parlament of Clowns der „Planet of Smile Award“ verliehen. Zu Gast sind jedes Jahr bekannte internationale Clowns, welche dem Museum nicht nur einen Besuch abstatten, sondern auf der kleinen Bühne auftreten. Diese wird auch regelmäßig für diverse Vorführungen für Kindergarten- und Schulkinder genutzt. Ein großer Förderer des originellen Museums ist Thorsten Wolf, Schauspieler sowie Kabarettist des Kabarett-Theaters Leipziger Funzel. Er organisierte für den Erhalt des Museums die Patenschafts-Aktion „Weniger Smartphone – Mehr Phantasie“ und unterstützt es auf vielfältige Weise.

Bildergalerie - Clown-Museum Leipzig

Café Kandler im Teehaus

Thomaskirchhof 11
Ortsteil: Zentrum

Das Café Kandler befindet sich seit 1989 auf dem Thomaskirchhof gegenüber der Thomaskirche. Das Gebäude wurde 1882/1883 von Carl Planer im Stil des Historismus für den Berliner Juwelier Richard Heine erbaut und beherbergte ab 1979 ein Teehaus. In dem traditionsreichen Kaffeehaus werden neben hausgemachten Konditoreiwaren von höchster Qualität auch Tee- und Kaffeekreationen sowie Leipziger Spezialitäten angeboten. Weitere Kandler-Cafés befinden sich in Specks Hof, am Pier 1 am Cospudener See, in der Wildparkgaststätte und im Zoologischen Garten.

Konditorkunst von Leipziger Lerche bis Nougat-Krokant-Stolle


Gegenüber dem Bach-Denkmal vor der Thomaskirche befindet sich seit 1989 das Café Kandler als erstklassiger Treffpunkt für Liebhaber von diversen Tee- und Kaffeespezialitäten, exquisiten Torten, Kuchen und Eis. Hier können die Gäste zu jeder Jahreszeit Kaffeehausqualität auf höchstem Niveau mit Blick auf zwei der berühmtesten Sehenswürdigkeiten inmitten der Innenstadt erleben. Der Name Kandler steht für Konditoreiwaren von höchster Qualität: Alle Spezialitäten werden in der Kandler-Konditorei täglich frisch aus erstklassigen Rohstoffen hergestellt. Beim Betreten des Traditionshauses bietet sich den Besuchern direkt ein überwältigender Anblick auf das üppige Kuchenbuffet, darunter Klassiker wie etwa die Bach-Torte.

Aus dem Angebot des Café Kandler nicht wegzudenken sind echte Leipziger Spezialitäten wie die Leipziger Räbchen und die Leipziger Lerche. Das mit Marzipan gefüllte Mürbeteiggebäck, welches im Zuge des Jagdverbots auf die gleichnamigen Singvögel 1876 von Leipziger Konditoren als Entschädigung kreiert wurde, ist ein Muss für jeden Besucher der Stadt. Auch der Bachtaler, eine Praline bestehend aus Haselnussmürbeteig, einer Ganache-Creme und einer Kaffeebohne, wird exklusiv im Café Kandler angeboten. Diese Leipziger Spezialität wurde anlässlich Johann Sebastian Bachs 250. Todestages und des bevorstehenden Bachjahres – Bach 2000 – im Jahr 1999 vom Leipziger Konditor René Kandler kreiert. Bis heute wird der Bachtaler nur original von den Leipziger Kandler-Konditoren hergestellt. In der Weihnachtszeit bietet das Café Kandler von den Confiseuren eigens kreierte Plätzchen-Spezialitäten wie Zimtdaggel und Kokosknusperli an. Neben Baumkuchen und Lebkuchen runden acht verschiedene Stollensorten – von Klassikern mit Rosinen und Mandeln bis zu Besonderheiten mit Walnuss-Dattel, Aprikose-Cranberry und Nougat-Krokant – das Sortiment ab. Alle Kreationen werden nach Rezepten aus der hauseigenen Konditorei hergestellt. Zum Angebot zählen außerdem verschiedene Kandler-Tees und selbstgerösteter Kaffee. Wer Wissenswertes rund die Teetraditionen aus Friesland, England oder Russlands bei landestypischen Snacks erfahren möchte, der kann an einem vom Café Kandler angebotenen Teeseminar „Teatalk“ teilnehmen. Angeboten werden auch diverse Veranstaltungen wie Pralinenkurse, bei welchen die Teilnehmer unter Anleitung eines Konditors eigene Variationen edler Pralinen aus hochwertigen Zutaten kreieren können. Diese werden im Anschluss verkostet und die Rezepte für zu Hause zur Verfügung gestellt.

Vom Juweliersgebäude zum traditionsreichen Konditor im Teehaus


Das Café Kandler befindet sich in einem viergeschossigen Eckbau. Die Putzfassade des Gebäudes ist mit aufwändigen Sandsteingliederungen und plastischem Schmuck mit einer sich über mehrere Etagen erstreckenden Pilastergliederung gestaltet. Ein Walmdach mit Gauben rundet den Gebäudekomplex ab. Im Innenbereich des Café Kandler, welches sich über insgesamt zwei Stockwerke erstreckt, blieben die Galerie und die gusseisernen Säulen hinter der reich verzierten hölzernen Ladenzone erhalten.

Das Gebäude wurde 1882/83 von Carl Planer im Stil des Historismus für den Berliner Juwelier Richard Heine errichtet. Auf letzteren weist die Initiale „H“ über der Türeinfassung hin. Heine richtete in dem Gebäude seine Werkstatt und sein Geschäft ein und veranlasste im Jahr 1883 einen Generalumbau, im Zuge dessen der Komplex seine reich gestaltete Fassade im Stil der Neorenaissance erhielt. Der Überlieferung nach soll Heine Opfer eines Raubmords geworden sein. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg richtete ein Kunsthändler in dem Gebäude eine Galerie ein, später dienten die Räumlichkeiten einem Geschäft für Dekostoffe und Tapeten als Domizil, bis es ab 1979 als Teehaus mit noblem Interieur der Jahrhundertwende genutzt wurde. Neben 80 Teevariationen wie Pickwick-, Assam-, Schlaraffen-, Havanna-, Früchte- oder Imkertee und flambiertem Tee wurden auch Speisen wie Würstchen, Sandwiches und frischer Kuchen aus der Gohliser Bäckerei Heyer serviert. Geraucht werden durfte in der oberen Etage. Als besonders attraktiv wahrgenommen wurde die Umsicht und Gediegenheit der Kellnerinnen, die Eleganz der Einrichtung sowie das nostalgische Flair. Kunstvoll eingefasste Spiegel verliehen den Räumlichkeiten eine gewisse Transparenz, Velourbespannung an den Wänden und der textile Fußbodenbelag dämpften die Akustik. Trotz des erhöhten Preissegments waren im Teehaus fast immer Studenten anzutreffen und die Lokalität galt als beliebter Anlaufpunkt der in der Thomaskirche probenden Thomaner, Musiker und Dirigenten. Das Teehaus war als Sehenswürdigkeit der Messestadt auch bei Reisegruppen sehr beliebt, die bei den 40 Plätzen im Innenbereich und 56 Plätzen auf dem Sommer-Freisitz Mühe hatten, eine Sitzgelegenheit zu finden. Aufgrund eines Brandes im August 1992 wurde das Haus erheblich beschädigt und 1997/98 umfassend restauriert. Seitdem beherbergt das Gebäude das beliebte und stets hoch frequentierte Café Kandler. In den Sommermonaten bietet sich den Gästen des Kaffeehauses auf dem Freisitz auf dem Thomaskirchhof ein guter Blick auf die Thomaskirche, das Bach-Denkmal und den rund 100 Meter entfernten Markt.

Fünfmal Kandler in unterschiedlichen Lokalitäten für jeden Geschmack


Zwei der insgesamt fünf Kandler Cafés befinden sich unmittelbar in der Innenstadt. Neben dem Standort des traditionellen Kaffeehauses am Thomaskirchhof gibt es ein weiteres Café im Specks Hof gegenüber der Nikolaikirche. Außerhalb des Stadtzentrums befindet sich das Kandler Café im Hafen Zöbigker/Pier 1 am Cospudener See, wo die Besucher die Kaffeespezialitäten in maritimem Ambiente genießen können. Wer ein ruhiges Flair fernab des Großstadttrubels bevorzugt, dem bietet sich eine Kandler-Einkehrmöglichkeit inmitten des Wildparks in der Wildparkgaststätte im satten Grün unweit des Wildschweingeheges. Hier werden neben den Kreationen der Konditorei auch frisch zubereitete Speisen aus der Region angeboten. Weitere Kandler-Kreationen kann man inmitten des Zoologischen Gartens im Teichcafé und im Bärenburg-Café mit Blick auf die Elefanten und Pelikanegenießen.

Bildergalerie - Café Kandler im Teehaus

Bundesverwaltungsgericht / Reichsgericht

Simsonplatz 1
Ortsteil: Zentrum-Süd

Das Bundesverwaltungsgericht, ehemals Reichsgericht, ist seit 2002 Sitz des oberstenVerwaltungsgerichts Deutschlands. Es wurde zwischen 1888 und 1895 von den Architekten Ludwig Hoffmann und Peter Dybwad als Reichsgericht erbaut. Ebenso wie sein Berliner Pendant, der Reichstag, gilt das Gebäude als eindrucksvolles Beispiel Wilhelminischer Staatsarchitektur im Stil des späten Historismus und der italienischen Hochrenaissance.

Ein wilhelminischer Monumentalkoloss entsteht


Die Geschichte des Bundesverwaltungsgerichts reicht bis ins Jahr 1871 zurück. Nachdem sich 17 deutsche Staaten nach dem deutsch-preußischen Krieg am 18. Januar 1871 unterder neuen Kaiserkrone vereint hatten, bedurfte es einer gesamtstaatlichen Verfassung. Voraussetzung für den Bau des Obersten Gerichts war, dass es seinen Standort in keinem der großen Staaten, wie Bayern oder Preußen, haben sollte. Deshalb einigte man sich auf das machtpolitisch unauffällige Leipzig. Von 1879 bis 1895 tagte das Reichsgericht übergangsweise in der Georgenhalle in den ehemaligen Leipziger Fleischhallen am Brühl, Ecke Goethestraße. Als Präsident des Gerichts und Disziplinarhofs fungierte zwischen 1879 und 1891 Eduard von Simson. Aus dem ausgeschriebenen Architekturwettbewerb zum Bau eines neuen Reichsgerichtsgebäudes gingen 1885 der Berliner Architekt Ludwig Hoffmann und der Norweger Peter Dybwad mit ihrem Entwurf als Sieger hervor – und die Errichtung des Monumentalbaus als Sitz des einst höchsten Gerichts des Landes wurde auf den Weg gebracht. Das Reichsgerichtsgebäude wurde zwischen 1888 und 1895 nach seinem Berliner Vorbild, dem Reichstag, errichtet. Sowohl an der Grundsteinlegung am 31. Oktober 1888 als auch an der feierlichen Einweihung am 26. Oktober 1895 nahm Kaiser Wilhelm II. teil. Auch nach dem Untergang des Kaiserreichs 1919 behielt das Oberste Deutsche Gericht an gleicher Stelle seinen Sitz.

Zwischen Reichstagsbrandprozess und Entstehung des Bundesverwaltungsgerichts


Internationale Beachtung wurde dem Reichsgericht durch die Austragung vieler bekannter Prozesse zuteil, darunter das Hochverratsverfahren gegen Karl Liebknecht 1907, der Ulmer Reichswehrprozess 1930 und die nach dem Ersten Weltkrieg geführten Kriegsverbrechensprozesse. Auch der Reichstagsbrandprozess 1933 war einer der aufsehenerregendsten Prozesse in den Gemäuern des Reichsgerichts. Nach derBrandstiftung im Berliner Reichstag in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 wurde der kommunistische Holländer Marinus van der Lubbe im brennenden Gebäude verhaftet. Den Nazis gelang es jedoch nicht, ihm im Reichstagsbrandprozess die Schuld an der Brandstiftung nachzuweisen. Wegen Hochverrats und Brandstiftung veranlassten der Reichspräsident Paul von Hindenburg und die Reichsregierung die Todesstrafe und die Hinrichtung van der Lubbes am 10. Januar 1934. Die mitangeklagten kommunistischen Führer Georgi Dimitroff und Ernst Torgler mussten freigesprochen werden. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde die Institution des Reichsgerichts von den Alliierten aufgelöstund über mehrere Jahrzehnte von unterschiedlichen Institutionen genutzt, darunter das Institut für Länderkunde, das Sächsische Staatsarchiv und Synchronstudios der DEFA. Die Verhandlungssäle des stark vom Krieg beschädigten Baus dienten zwischen 1952 und 1997 als Georgi-Dimitroff-Museum und beinhalteten die noch erhaltenen Bestände des Museums der bildenden Künste Leipzig.

Nördlich des Bundesverwaltungsgerichts befindet sich der Mühlgrabenbereich mit der im Jahr 2000 nach Plänen von Angela Wandelt neugestalteten Fritz-von-Harck-Anlage. Dabei handelt es sich um eine Grünanlage im Geist der Gründerzeit. Ab 2001 erfolgte die erneute Freilegung des Pleißemühlgrabens auf dem Simsonplatz vor dem Gebäude. Zur optisch wirkungsvollen Ausgestaltung des Uferrands wurden, ebenfalls von Angela Wandeltkonzipiert, Stelen platziert, die nachts leuchten. Nach einer Teilrekonstruktion und umfassenden Sanierung wurde das Justizgebäude 2002 Sitz des Bundesverwaltungsgerichts und beherbergt heute das oberste deutsche Verwaltungsgericht.

Von der rechtsprechenden Veritas über dem Justizpalast


Die Gesamterscheinung des Bundesverwaltungsgerichts repräsentiert auf imposante Weise die Macht des einstigen Reichstagsgebäudes. Die hohen Säulen des Hauptportals in der Mitte des großzügig angelegten Simsonplatzes und die darüber gelegene, die Stadtsilhouette dominierende Kuppel, prägen das beeindruckende Gesamtgefüge. Die siebenjährige Bauphase spiegelt die architektonischen Einflüsse der Zeit wider und vereint Stilelemente unterschiedlicher Architekturströmungen. So wurde das Gebäude als eindrucksvolles Beispiel Wilhelminischer Staatsarchitektur im Stil des späten Historismus mit Einflüssen der italienischen Hochrenaissance errichtet. Die Kuppelsilhouette nach Vorbild des Straßburger Kaiserpalasts versinnbildlicht das Machtgefüge seiner Entstehungszeit. Die 68 Meter hohe Zentralkuppel mit vier Eckobelisken verkörpert die Allmächtigkeit des Kaisers und ist von der göttlichen Skulptur der Veritas als Symbol der Wahrheit gekrönt. Die vom Bildhauer Otto Lessing geschaffene Veritas hebt die Fackel der Wahrheit in den Himmel und vertreibt mit dem Licht des Rechts das Dunkel. Die beiden niedrigeren Kuppeln rechts und links von der Zentralkuppel symbolisieren die Legislative und Exekutive und stehen für den Reichstag und das Reichsgericht. Auf beiden Spitzen thront zur Verdeutlichung der Machtverhältnisse die Kaiserkrone. Am Nordgiebel wird durch die vollplastischen Figuren der Säulenheiligen die deutsche Rechtsgeschichte vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert dargestellt: Von links beginnend sind Eike von RepgowJohann Freiherr zu SchwarzenbergJohann Jakob MoserCarl Gottlieb SvarezAnselm von Feuerbachund Friedrich Carl von Savigny abgebildet. Die gesamte Außenfassade ist mit zahlreichen Schmuckelementen und Symbolen gestaltet, darunter Adler, Löwen und Eulen als Zeichen der kaiserlichen Macht, Stärke und Weisheit. Auch das Schwert als Zeichen der richterlichen Gewalt ist mehrmals vertreten. Der Mittelrisalit vor der 126 Meter breiten Hauptfassade wurde nach dem Vorbild antiker Tempel gestalterisch umgesetzt. Die sechs 13 Meter hohen korinthischen Säulen tragen ein mit Figuren geschmücktes Tympanon. Justitia wird in ihren beiden Funktionen, linkerhand in der befreienden und rechterhand in der bestrafenden,abgebildet. Sie trägt ein Schwert als Symbol der richterlichen Gewalt über Leben und Tod in den Händen.

Ein Blick hinter die historischen Gemäuer der Justiz


Das Bundesverwaltungsgericht ist hinter seinen historischen Mauern in den öffentlich zugänglichen Mittelbau unterhalb der Zentralkuppel sowie den Nord- und Südflügel gegliedert. In der Kuppelhalle können die Besucher eine kleine museale Ausstellung zum Reichsgericht besuchen. Die in den Lünetten gelegenen Wandreliefs wurden vom Bildhauer Markus Gläser geschaffen. In den zwei Hauptgeschossen des Komplexes ist neben sechs Sitzungssälen der historische Plenarsaal im Obergeschoss untergebracht. Dieser wurde ehemals für Hochverratsprozesse genutzt, darunter der Reichstagsbrandprozess 1933. Er wurde nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg umfassend saniert, darunter die zahlreichen Wand- und Deckenvertäfelungen aus Eichenholz, Malereien und vergoldeten Stuckverzierungen. Im Südflügel befindet sich der renovierte neobarocke Festsaal mit der ehemaligen Dienstwohnung des Reichsgerichtspräsidenten. Dieser dient dem Bundesverwaltungsgericht als Versammlungsraum für besondere Anlässe und repräsentative Veranstaltungen. Der nebenan gelegene ehemalige Speisesaal des Reichsgerichtspräsidenten wird heute als Konferenzraum genutzt. Im Nordflügel befinden sich neben zahlreichen Dienstzimmern ein zweigeschossiger Lesesaal der privaten Bibliothek des Bundesverwaltungsgerichts. Die historischen Bestände der Bibliothek umfassen rund 240.000 Bände.

Bildergalerie - Bundesverwaltungsgericht / Reichsgericht

Historisches Bildmaterial - Bundesverwaltungsgericht / Reichsgericht

Bosehaus

Thomaskirchhof 15-16
Ortsteil: Zentrum

Das Bosehaus zählt zu den ältesten Gebäuden am Thomaskirchhof. Georg Heinrich Boseließ es zwischen 1709 und 1711 im Stil des Barock umbauen. Bekanntheit erlangte das Bosehaus durch die freundschaftliche Nachbarschaftsbeziehung der Familie Bose und der Familie Johann Sebastian Bachs, die in der gegenüberliegenden Thomasschule lebte. Das Gebäude ist seit 1985 Sitz des Bach-Museums und des Bach-Archivs Leipzig.

Als die Dielen noch unter Johann Sebastian Bach knarzten… 


Das Bosehaus gegenüber der Thomaskirche zählt zu den schönsten erhaltenen Bürgerhäusern des frühen 18. Jahrhunderts. Das Grundstück, auf dem es steht, gehörte im 13. Jahrhundert zum Areal des Thomasklosters. Da es sich um ein kleineres Bürgerhaushandelte, wurde dem erstmals 1558 erwähnten Gebäude in der Vergangenheit nur wenig Bedeutung zuteil. Nach mehreren Besitzerwechseln ließ Peter Hofmann 1585 bis 1586 anstelle des alten Hauses ein neues errichten. Dabei entstand das Vorderhaus im Stil der Renaissance. Das Haus wurde 1709 von Georg Heinrich Bose, einem angesehen Leipziger Handelskaufmann und Besitzer einer Gold- und Silberwarenmanufaktur, zum Kaufpreis von 8.000 Talern erworben. Im Besitz der weit verzweigten Familie Bose befanden sich auch groß angelegte Barockgärten, welche zu den berühmtesten der ganzen Stadt zählten. Im Jahr 1711 ließ Bose das Gebäude durch den Maurermeister Nikolaus Rempe zu einem großzügigen Kaufmannshaus im Stil des Barock umbauen. Dabei wurden die Seitenflügel und das Hintergebäude neu errichtet. Die Fassade des Vorderhauses wurde mit einem zweigeschossigen Erker ausgebaut. Im hinteren Hofquerflügel wurde 1717 der Sommersaal als repräsentativer Festsaal mit Wandspiegeln, Musikgalerie und einem beweglichen Deckengemälde von Adam Friedrich Oeser eingerichtet. 

Das Bosehaus erlangte insbesondere durch seinen berühmten Nachbarn Johann Sebastian Bach Berühmtheit. Als Thomaskantor wohnte Bach von 1723 bis 1750 in der gegenüberliegenden Thomasschule, die 1902 abgebrochen wurde. Die Familien Bose und Bach pflegten trotz beträchtlicher sozialer Unterschiede ein freundschaftliches Nachbarschaftsverhältnis.

Eine besondere kulturhistorische Bedeutung wurde dem Gebäude unter seinem Besitzer Johann Zacharius Richter zuteil, welcher das Bosehaus 1745 erwarb. Der Schwiegersohn von Georg Heinrich Bose machte es mit der „Richterschen Sammlung“ zum Domizil einer der bedeutendsten Leipziger Kunstsammlungen. Diese umfasste ca. 400 Gemälde, darunter Werke von Rembrandt, Tizian und Rubens, etwa 1.000 Handzeichnungen sowie tausende Kupferstiche. Richters Sohn Johann Thomas Richter erweiterte die Sammlung und machtesie 1764 der Öffentlichkeit zugänglich. Zwischen 1763 und 1773 wurde das Richtersche Haus zum Treffpunkt einflussreicher Zeitgeister, darunter die „Societät von Gelehrten, Schöngeistern, Künstlern und Kunstförderern“. Zu den namhaften Besuchern der Sammlung zählten Johann Wolfgang GoetheChristoph Martin WielandJean Paul und Moses Mendelssohn. Goethe beschreibt in „Dichtung und Wahrheit“, wie sehr er von der Sammlung beeindruckt war. Nach dem Tod seines Bruders Johann Thomas übernahm Johann Friedrich Richter die Sammlung bis zu ihrer Versteigerung 1810.

Ansbacher Bierhallen im Konzert- und Künstlerhaus


Im Jahr 1859 erfuhr das Bosehaus unter seinem neuen Besitzer Johann Ludwig Beck eine umfassende bauliche Veränderung im neuen Zeitgeschmack und unter funktionellen Gesichtspunkten. Die Eingangshalle wurde für Verkaufszwecke mit zwei großen Läden zum Thomaskirchhof hin eingerichtet. Um mehr Platz für Wohnraum zu erlangen, wurde das vierte Obergeschoss hinzugefügt und das hintere Quergebäude erhielt zur Hofseite hin eine Erweiterung über alle Geschosse.

1893 eröffnete der holländische Instrumentensammler Paul de Wit im zweiten Geschoss des Vorderhauses das Musikhistorische Museum, dessen wichtigste Exponate sich heute im Besitz des GRASSI Museums für Musikinstrumente der Universität Leipzig befinden. Mit der kostbaren Sammlung rückte das Bosehaus erneut in den Fokus der Öffentlichkeit. Neben zahlreichen historischen Musikinstrumenten beherbergte das Museum Notenhandschriften, Gemälde und Briefe von Instrumentenbauern und Komponisten. Bis zu de Wits Tod 1925 war das Haus Treffpunkt für Verleger, Künstler und Instrumentenmacher.

Neben seiner Funktion als Wohnhaus und Museum wurde das Bosehaus seit den 1880er Jahren zudem als Veranstaltungsort genutzt. Es war Standort für verschiedene Gaststätten und Spielorte der leichten Muse, darunter die „Ansbacher Bierhallen“. 1910 kam das Bosehaus in den Besitz von Friedrich Wilhelm Reinhardt, dem Direktor der Riebeck-Brauerei in Reudnitz. Reinhardt etablierte in dem Haus mit großem Erfolg das „Konzert- und Künstlerhaus Oberpollinger“. Seit Mitte der 1920er Jahre traten die „Seidel-Sänger-Singspiele“ im Bosehaus auf. Von 1960 bis 1961 wurde im hinteren Quergebäude ein Anbaufür das 1954 gegründete Kabarett „Leipziger Pfeffermühle eingerichtet, welches bis 2007 hier seine Spielstätte hatte. 1973 erfolgte die Einweihung einer kleinen Bach-Gedenkstätte in der Eingangshalle des Bosehauses. Zwischen 1983 und 1985 wurde das Bosehaus unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten saniert und entsprechend der vierflügeligen Hausanlage von 1711 originalgetreu rekonstruiert. Die Umbauarbeiten wurden anlässlich Bachs 300. Geburtstags 1985 fertiggestellt. Im selben Jahr zog auch das Bach-Archiv Leipzig, welches bis dahin seinen Sitz im Gohliser Schlösschen hatte, in das Bosehaus ein und eröffnete hier das „Johann Sebastian Bach-Museum Leipzig“. Damit wurde das Bosehaus zum authentischen Ort und anschaulichen Zeugen, in dessen Gemäuern der große Komponist und Thomaskantor seinerzeit verweilte und musizierte.

Barockes Flair am Thomaskirchhof


Das Bosehaus hat mit seinem zweigeschossigen Kastenerker und der gelben Fassade das typische Aussehen eines barocken Leipziger Bürgerhauses. Über dem gewölbten Erdgeschoss befinden sich zwei Obergeschosse. Ein dreietagiges Mansarddach schließt das Haus nach oben hin ab. Über eine rundbogige Durchfahrt gelangt man in eine geschlossene geometrische Hofanlage mit Fassadenbemalung im Zeitgeist des Barock. Im einst im Stil der Renaissance entstandenen Vorderhaus befindet sich eine zweischiffige, kreuzgratgewölbte Eingangshalle mit toskanischen Säulen und einem Rundbogenportal aus Rochlitzer Porphyrtuff. Das von der Halle abgehende gewölbte Treppenhaus beherbergt eine moderne, geradläufige Treppenanlage mit Sandsteinstufen. Der Südflügel erhielt einen Durchgang zu einem kleinen Garten und zum historischen Sommersaal im zweiten Obergeschoss des Hinterhauses. Der im Stil des Barock rekonstruierte Saal wird heute von einem neuen Deckengemälde des Leipziger Malers Wolfgang Peuker geschmückt, das das verlorengegangene Oesersche Gemälde ersetzt. Angeregt von barocker Plafondmalerei zeigt es eine Allegorie mit Wolkenhimmel. Eine Besonderheit ist die Echokammer, eine Öffnung in der Saaldecke zur darüberliegenden Galerie mit Balustradengeländer. Diese kann mit Hilfe eines beweglichen Holzdeckels geöffnet und geschlossen werden und sorgt heute bei Konzerten für einzigartige Echoeffekte. Im ersten Obergeschoss des Bosehauses ist heute das Bach-Museum untergebracht, im zweiten Obergeschoss befindet sich das Bach-Archiv Leipzig.

Das alljährlich im Juni stattfindende „Bachfest Leipzig“ lockt Bachfans aus der ganzen Welt in die Musikstadt. Bei einem abwechslungsreichen Programm aus weltlichen und kirchlichen Konzerten, Open-Air-Veranstaltungen, Kammerkonzerten und Jazz-Interpretationen wird der berühmte Thomaskantor geehrt.

Bildergalerie - Bosehaus

Bamberger & Hertz / Königsbau

Goethestraße 1
Ortsteil: Zentrum

Der Königsbau am Augustusplatz wurde nach einem Entwurf der Architekten Arthur Johlige und Hermann Schmidt 1911 im neoklassizistischen Stil von der Königsbau AG errichtet. Er beherbergte seit seiner Fertigstellung bis 1938 das jüdische Kaufhaus „Bamberger & Hertz“ der Familie Bamberger. Dabei handelte es sich seinerzeit um ein führendendes Konfektionshaus für Herrenmode in Deutschland. Heute beherbergt der Königsbau Büro- und Geschäftsräumlichkeiten.

Vom renommierten Konfektionshaus in exponierter Lage


Der unmittelbar neben dem Krochhochhaus gegenüber dem Opernhaus gelegene Königsbau prägt als markantes Eckgebäude seit seiner Errichtung 1911 den Augustusplatz. Das Gebäude an der Grimmaischen Straße beherbergte einst das renommierte Konfektionshaus für Herrenmode „Bamberger & Hertz“, dessen Geschichte bis ins späte 19.Jahrhundert zurück reicht.

Der Beiname „Königsbau“ geht auf die Baufirma Königsbau AG zurück, die das von denArchitekten Arthur Johlige und Hermann Schmidt konzipierte Geschäftshaus im neoklassizistischen Stil 1911 realisierte. Der Grundstein für das erfolgreiche Wirken der Unternehmerfamilie Bamberger wurde durch Jacob Bamberger in Worms gelegt, wo er 1876 sein erstes Konfektionshaus gründete. Dessen Schwager Karl Hertz schied nach anfänglichem Mitwirken in der Firma wenig später wieder aus. Der Name „Bamberger & Hertz“ blieb allerdings bestehen und wurde bald zu einem Begriff in der Branche. Anfang des 20. Jahrhunderts expandierte das Unternehmen und eröffnete weitere Filialen in Frankfurt am Main, Köln, Stuttgart, München und Saarbrücken. Am 7. September 1911 entstand auch in Leipzig eine Zweigniederlassung der Frankfurter Hauptniederlassung, wo die Kaufleute Jacob Bamberger und seine beiden Söhne Ludwig und Fritz als Prokuristen tätig waren. 

Am 18. Oktober 1911 fand im neu errichteten Königsbau am Augustusplatz die feierliche Eröffnung des Spezialhauses für maßgeschneiderte Herren- und Knabenbekleidung durch die geschäftsführenden Brüder Heinrich, Ludwig und Fritz Bamberger statt. Der zur Eröffnung noch unfertige Neubau erhielt sein finales Aussehen nach nur sechs Monaten Bauzeit mit der Fertigstellung des Erweiterungsbaus im Oktober 1912. Das Geschäftsmotto „Verkauf nur gegen bar“ und zu „festen Preisen“ ohne Rabatt bewährte sich in Leipzig – wie zuvor auch in den anderen „Bamberger & Hertz“ Filialen. Trotz der gehobenen Preisklasse stellte sich rasch eine Stammkundschaft ein. Das Kaufhaus genoss einen ausgezeichneten Ruf und zählte zu den führenden Konfektionshäusern Deutschlands. Dank seiner exponierten Lage und den nicht vom Modehaus belegten und stets vermieteten Räumen überstand „Bamberger & Hertz“ die schwierigen Jahre des Ersten Weltkriegs und die Inflation verhältnismäßig unbeschadet unter der Leitung von Ludwig Bamberger und Gustav Bamberger.

Das tragische Schicksal der Familie Bamberger


Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 und den fortschreitenden Repressionen gegenüber den jüdischen Bürgern wurde zunächst deren Ausschaltung aus der Wirtschaft erklärtes Staatsziel. Amtlich ausgesprochene Lieferbeschränkungen und -verbotebeeinflussten nachhaltig das Ladengeschäft und die Umsätze sanken stetig. Immer mehr Kunden hatten Angst, in einem jüdischen Geschäft einzukaufen und dabei gesehen zu werden. Aufgrund des immer größer werdenden Drucks entschied sich die Familie Bamberger im Juli 1936 zur Auflösung des Unternehmens. Seit 1938 gab es Bestrebungen zur Enteignung des Traditionshauses. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde „Bamberger & Hertz“ in Brand gesetzt und die Brüder Bamberger beschuldigt, das Haus selbst angezündet zu haben, um die ansehnliche Versicherungssumme zu erhalten. Wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrug angeklagt wurden Ludwig und Gustav Bamberger inhaftiert, die Firma am 10. Dezember 1938 enteignet und das Familienunternehmen aufgelöst. Die Brüder starben später im Konzentrationslager. An das ehemalige Kaufhaus und das tragische Schicksal der Familie Bamberger erinnert heute eine an der Fassade des Gebäudes angebrachte Gedenktafel. 

Vom Familienunternehmen zum Geschäftshaus


Der Königsbau wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als eines der ersten Gebäude am Augustusplatz wieder aufgebaut und von 1998 bis 2000 grundlegend saniert. Der Komplex beherbergte einst auch das 1926 vom Konditormeister Ernst Fischer als Konzert- und Lesecafé eröffnete Café Corso. Es galt neben Fischers Kaffeehaus Fürst Reichskanzler, einem Lesecafé mit etwa 200 in- und ausländischen Zeitungen, als legendäre und traditionsreiche Leipziger Institution und befindet sich heute in der Brüderstraße. 1949 zog im Erdgeschoss die Firma Blumen Hanisch ein. Zu DDR-Zeiten war das BaukombinatLeipzig, später Erste Baugesellschaft Leipzig, der Hauptnutzer. 1992 wurde das Gebäude den in Israel und den USA lebenden Kindern von Ludwig Bamberger zurückübertragen. Diese verkauften den Königsbau an den Bauunternehmer Jürgen Schneider, der das Hausbei der Deutschen Industriekreditbank (IKB) hoch belieh. Nach dem Schneider-Konkurs 1994 erwarb die IKB das Gebäude und veräußerte es später an das Versicherungsunternehmen Alte Leipziger.

Heute handelt es sich beim Königsbau um eine Büro- und Geschäftsgebäude mit diversenArztpraxen, einer Bank, einer Bäckerei mit Café und verschiedenen Dienstleistern. Hinter der neoklassizistischen Sandsteinfassade mit ionischen Säulen in den Obergeschossenbefinden sich fünf Stockwerke und ein glasüberdachter Innenhof. Das Dach ist mit vier rundbogigen Zwerchgiebeln gestaltet.

Bildergalerie - Bamberger & Hertz / Königsbau

Historisches Bildmaterial - Bamberger & Hertz / Königsbau

Bach-Museum Leipzig

Thomaskirchhof 15-16
Ortsteil: Zentrum

Das Bach-Museum befindet sich seit seiner Gründung 1985 im Bosehaus am Thomaskirchhof. Die multimediale und interaktive Dauerausstellung widmet sich dem Leben und Wirken Johann Sebastian Bachs und seiner Familie und rückt seine Bedeutung für die Musikstadt Leipzig in den Fokus.

Authentische Atmosphäre im Bosehaus


Der Name Johann Sebastian Bach prägt maßgeblich die kulturelle Identität der Musikstadt Leipzig. Neben der Thomaskirche, in der Bach von 1723 bis 1750 als Thomaskantor wirkte, war die benachbarte Thomasschule seine Wohn- und Wirkungsstätte. Hier wohnte er bis zu seinem Tod mit seiner Familie, unterrichtete Schüler und komponierte zahlreiche seiner Stücke. Auch das der Thomasschule gegenübergelegene Bosehaus galt als eine wichtige Wirkungsstätte des Thomaskantors. Die Familien Bach und Bose pflegten ein freundschaftliches Nachbarschaftsverhältnis und Bach selbst musizierte des Öfteren in dem Haus.

1985 öffnete das Bach-Museum im ehemaligen Wohnhaus des Kaufmanns Georg Heinrich Bose seine Pforten. Der Ort wurde sorgfältig gewählt. So war es Werner Neumann, Musikwissenschaftler und langjähriger Direktor des Bach-Archivs, welcher in den 1970er Jahren erstmals die Verbindung zwischen den Familien Bach und Bose nachgewiesen hatte. Die Beherberbung des 1950 gegründeten Bach-Archivs und des neu gegründeten Bach-Museums im Bosehaus war deshalb nur konsequent, da die Thomasschule als originale Wohnstätte des Thomaskantors nach ihrem Abriss 1902 nicht mehr zur Verfügung stand. Damit wurde das Haus zum anschaulichen Zeugen der unmittelbaren Lebenswelt des großen deutschen Komponisten und Musikers von Weltrang.

Bachs Antlitz begrüßt die Besucher


Die erste Ausstellung im Museum beherbergte vier Räume im 1. Obergeschoss des Vorderhauses sowie zwei für Sonderausstellungen vorgesehene kleinere Kabinette. Anlässlich Bachs 250. Todestags im Jahr 2000 wurde die Ausstellung erstmals neugestaltetund um ein Hörkabinett sowie einen Medienraum erweitert. Zwischen 2008 und 2010 wurde das Museum erneut erweitert, neu gestaltet und zu Bachs 325. Geburtstag, am 21. März 2010, feierlich eröffnet. Es wurde ein eingeschossiger Anbau mit einem Raum für Sonderausstellungen und einer Schatzkammer ergänzt, welcher sich gemeinsam mit dem neu eingerichteten Lustgarten an den historischen Südflügel ansiedelt. Seit der Gründung des Museums wurden in den Raumlichkeiten bislang rund 100 Sonderausstellungen gezeigt.

Im Foyer des Museums bietet sich den Besuchern der Anblick einer Marmorbüste Bachs im Alter von 60 Jahren. Diese 1897 von Carl Seffner geschaffene Büste entstand in Verbindung mit dem Denkmalprojekt für den Thomaskantor, welches Ende des 19. Jahrhunderts in Leipzigs initiiert wurde. Neben dem Alten Bach-Denkmal von 1843 in den Parkanlagen des Dittrichrings sollte ein zweites Denkmal entstehen. Nach der Wiederentdeckung des Bach-Grabs auf dem Alten Johannisfriedhof und der Identifizierung von Bachs Gebeinen, an der Seffner maßgeblich geteiligt war, wurden entsprechende Abgüsse des Schädels modelliert und mit den bestehenden Bach-Porträts abgeglichen. Nach diesem Vorbild entstanden 1908 das von Carl Seffner geschaffene Neue Bach-Denkmal auf dem Thomaskirchhof sowie mehrere Büsten, darunter jene im Bach-Museum aus Marmor.

Ein Rundgang durch die Dauerausstellung


Auf einer Fläche von rund 450 Quadratmetern bietet die multimediale und interaktive Ausstellung in zwölf thematisch unterteilten Räumen eindrucksvolle Einblicke in das Leben und Wirken Bachs und seiner Familie. Die Schatzkammer im Erdgeschoss beherbergt die wertvollsten Museumsbestände. An der Stirnseite des Raumes befindet sich das wohl herausragendste Ausstellungsstück des Bach-Museums: eines von lediglich zwei authentischen Porträts Johann Sebastian Bachs. Dieses wurde 1748 vom Maler Elias Gottlob Haußmann geschaffen und dem Museum 2015 vom amerikanischen Musikwissenschaftler William Scheide vererbt. In der Vitrine im Zentrum des Raumes sind originale Schriften aus der Feder Bachs ausgestellt. Seine Notenhandschriften und Drucke müssen aufgrund ihrer Fragilität mehrmals jährlich ausgetauscht werden.

Unter den Musikerfamilien des Barocks prägte wohl keine das musikalische Leben Mitteldeutschlands so herausragend, wie die Familie Bach. Dies thematisiert ein klingender Stammbaum in der Dauerausstellung, welcher die Familienmitglieder sowie deren Kompositionen in den Fokus rückt. Die Grundlage stellte Johann Sebastian Bach selbst zur Verfügung, als er in seinem „Urspung der musikalisch-Bachschen Familie“ Kurzbiografien der 53 männlichen Familienmitglieder, darunter Instrumentenbauer, Kantoren sowie Stadt- und Hofmusiker, vorstellte. Ein weiteres Ausstellungsstück ist eine massive Eisentruhe, welche als einziges bekanntes Möbelstück aus dem Besitz der Familie Bach stammt. Diese Tatsache wurde erst 2009 bekannt, als eine Besucherin auf dem Innendeckel der bis dahin im Dommuseum Meißen als Spendenbehälter genutzten Truhe das Monogramm Bachs entdeckte. Die Initialen „JSB“ sind einmal von links nach rechts und einmal spiegelverkehrt zu lesen und werden von einer fünfzackigen Krone komplettiert.

Von der antiken Johannis-Orgel über barocke Klänge im Sommersaal


Im Zentrum der Ausstellung steht eine Orgel, welche das wichtigste Instrument des Thomaskantors war. Seine Orgelstücke zählten zu den anspruchsvollsten, die jemals komponiert wurden, wobei nicht nur sein Orgelspiel selbst, sondern auch seineBegutachtung neu erbauter oder reparierter Orgeln hoch geschätzt wurde. Auf einem ausgestellten Orgelspieltisch ist die vom Orgelbaumeister Johann Scheibe für die ehemalige Johanniskirche erbaute Orgel zu sehen, die von Bach höchstpersönlich 1743 geprüft und für gut befunden worden war. Bei dem Spieltisch handelt es sich um das einzige erhaltene Relikt der Bach-Orgel in Leipzig. Es ist eine Dauerleihgabe des GRASSI Museums für Musikinstrumente der Universität Leipzig.

Zu Bachs wertvollsten Handschriftenbeständen, die im Museum ausgestellt sind, zählen 44 Stimmensätze der Choralkantaten von 1724 bis 1725. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt als Thomaskantor 1723 verschrieb sich Bach dem ehrgeizigen Projekt, für jeden Sonn- und Feiertag eine Kantate zu komponieren und diese aufzuführen. Nach Fertigstellung der Partituren ergänzten Kopisten oder Familienmitglieder die entsprechenden Stimmensätze für das Orchester und den Chor. Vor jeder wöchentlichen Aufführung in der Thomas- oder der Nikolaikirche korrigierte Bach die Abschriften und studierte die Kantaten ein.

Zum Bach-Museum gehört auch ein kleiner Museumsgarten, welcher dem luxuriösen Lustgarten der Familie Bose, dem Großbosischen Garten, zu Beginn des 18. Jahrhunderts nachempfunden ist. Dieser war mit einer Länge von 32 Metern und einer Breite von 18 Metern um einiges größer als der heutige Rosengarten. Hier ließ die Familie Bose Obstbäume, barocke Zierbeete und eine Sommerlaube anlegen, während sich in der Mitte des Gartens ein steinerner Springbrunnen befand. Es wird angenommen, dass sich die Familie Bach selbst des Öfteren bei einem ihrer vielen Besuche bei der Familie Bose in dem Garten aufgehalten haben soll. Ein weiterer Teil des Museums ist der Sommersaal, wo vermutlich Bach selbst musizierte. In seinem barocken Ambiente finden regelmäßig Kammerkonzerte der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts statt.

Bildergalerie - Bach-Museum Leipzig

Bach-Denkmal

Thomaskirchhof
Ortsteil: Zentrum

Das 1908 eingeweihte Bach-Denkmal zu Ehren des einstigen Thomaskantors Johann Sebastian Bach befindet sich vor dem Südportal auf dem Thomaskirchhof. Das Bronzestandbild wurde an der Stelle des ursprünglichen Leibniz-Denkmals vom Bildhauer Carl Seffner geschaffen und entwickelte sich zu einem Symbol der weltweiten Bachverehrung.

Der vergessene Bach und das Streben nach einem repräsentativen Denkmal


Einer der wichtigsten Wegbereiter und Begründer Leipzigs als Musikstadt von Weltrang ist der Komponist Johann Sebastian Bach. Er wirkte zwischen 1723 und 1750 als Musikdirektor und Kantor in den vier Hauptkirchen der Stadt, vor allem in der Thomaskirche. Dort leitete er den weltberühmten Thomanerchor. Während seiner 27-jährigen Amtszeit bildete Bach über 300 Thomaner aus. Die ersten Jahre in Leipzig waren die fruchtbarsten Jahre in Bachs Komponistenleben. Er komponierte im Jahr 1727 die weltberühmte Matthäus-Passion und schuf Sonntag für Sonntag neue Kantaten, deren Texte unter anderem Christian Friedrich Henrici unter dem Pseudonym Picander schrieb. Von Bachs Tod am 28. Juli 1750 nahm die Stadt damals kaum Notiz. Der einst berühmte Thomaskantor wurde auf dem Alten Johannisfriedhof ohne Grabstein beigesetzt und geriet schnell in Vergessenheit. Schließlich war es der berühmte Komponist und spätere Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy, der Bach neu entdeckte sowie seine Werke und sein Schaffen aufleben ließ. Mit der von ihm initiierten Aufführung der Matthäus-Passion in der Berliner Singakademie am 11. März 1829 löste er eine anhaltende Bach-Renaissance aus. Nach 100 Jahren war die Matthäus-Passion erstmals wieder erklungen.

Parallel zur Herausbildung einer systematischen Bachforschung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wurde der Person Johann Sebastian Bachs zunehmende Aufmerksamkeit zuteil. Anlässlich des 200. Geburtstages des Komponisten 1885 kam der Gedanke zur Errichtung eines zweiten Bach-Denkmals, zusätzlich zu dem von Felix Mendelssohn Bartholdy gestifteten Alten Bach-Denkmal in den Parkanlagen des Dittrichrings aus dem Jahr 1843, auf. Im Zuge der Umbauarbeiten in der Johanniskirche zwischen 1894 bis 1897wurde Bachs bis dahin nur annähernd lokalisierbares und in Vergessenheit geratenes Grab auf dem Alten Johannisfriedhof wiederentdeckt, überbaut und die Idee weiterverfolgt, ihn zu identifizieren. Zur Konkretisierung des Vorhabens trug maßgeblich die Identifizierung von Bachs Schädel durch den Anatom Wilhelm His und den Leipziger Bildhauer Carl Seffner bei. Das 1895 gegründete Denkmalkomitee plante zunächst ein Monument als Pendant rechts vom Altar der Johanniskirche zu Christian Fürchtegott Gellerts Epitaph linkerhandsowie den Bau der Bach-Gellert-Gruft unterhalb des Altarraums. Unter den Mitgliedern des 32-köpfigen Komitees, zu denen auch prominente Persönlichkeiten wie Johannes BrahmsHugo Licht und Joseph Joachim zählten – herrschte zunächst Einigkeit darüber, Carl Seffner mit dem Bau des Monuments zu beauftragen. Dieser plante, Bach vor der Orgel stehend darzustellen. Seffner zählte zu jener Zeit neben Max Klinger zu den bedeutendsten Bildhauern in Deutschland.

Geldnot und 12 Jahre Standortdebatte


Zur zweiten Sitzung des Denkmalkomitees 1896 präsentierte Seffner einen ersten Entwurf der Bronzestatue. Da bereits der Gruft-Einbau 6.000 Mark kosten sollte, überstiegen die von Seffner veranschlagten 30.000 Mark bei Weitem das Budget der bis dahin gesammelten 14.000 Mark, so dass der Plan zunächst verworfen wurde. Stattdessen dachte man aus Kostengründen über ein bescheideneres Monument in Form einer Büste als Analogie zu Gellerts Epitaph nach. Im Zuge der Sitzungen gelangte das Komitee schließlich zum Entschluss, dass eine Errichtung des Denkmals in den Gemäuern der Johanniskirche undurchführbar sei. Es wurde ein entsprechender Bau im Freien an der Südseite der Kirche bevorzugt. Die Standortfrage entwickelte sich zu einer regelrechten Debatte, welche schließlich 1900 durch eine Ablehnung des bei der Stadt für die Errichtung des Monuments an der Johanniskirche beantragten Zuschusses von 15.000 Mark besiegelt wurde. Grund für die Verweigerung des Zuschusses war dabei nicht Seffners Entwurf, sondern der vorgesehene Standort.

Durch die ohnehin notwendig gewordenen städtebaulichen Veränderungen im Bereich der Thomaskirche, wurde Bachs langjährige Wirkungsstätte für das Denkmalvorhaben und eine bewusste räumliche Trennung vom einstigen Begräbnisplatz und der Johanniskirche in Betracht gezogen. Den Vorschlag äußerte erstmals Gustav Wustmann, Archivar und Mitglied des Denkmalkomitees. Unter Berücksichtigung des neuen Standorts gestaltete Carl Seffner 1900 seinen ursprünglich für den Alten Johannisfriedhof vorgesehenen Entwurf um. Nachdem zunächst ein Platz an der Nordwestecke der Thomaskirche in Richtung der Gottschedstraße anvisiert wurde, fiel 1906 – nach 12 Jahren Standortdebatte – die finale Entscheidung schließlich zugunsten des Südportals vor der Thomaskirche. Das neue Bach-Denkmal sollte anstelle des dort seit 1883 befindlichen Leibniz-Denkmals errichtet werden. Durch bauliche Verzögerungen wurde der 50.000 Mark teure Bronzeguss, an dem sich die Stadt mit 25.000 Mark beteiligte, nicht wie ursprünglich geplant im November 1907, sondern am Kantate-Sonntag am 17. Mai 1908 eingeweiht. Der gewählte Ort bot, gemeinsam mit der sich dahinter erhebenden Thomaskirche als authentischer Bach-Wirkungsstätte, einen historisch abgesicherten Rahmen für die Errichtung des Denkmals durch Carl Seffner.

Der berühmte Thomaskantor mit Perücke und Staatsrock


Mit der bronzenen Bach-Statue – zugleich sein Hauptwerk – schuf Seffner für die Nachwelt ein authentisches Bild des berühmten Thomaskantors. Das vom Bildhauer dargestellteAbbild Bachs entspricht der aus der Schädelrekonstruktion zuvor entstandenen Porträtbüste von 1895. Eine entsprechende Fassung der Büste wurde 1998 im Hinterschiff der Nikolaikirche aufgestellt. Seffner zeigt Bach als vitalen Kantor und Komponisten vor einer Orgel stehend. Seine linke Hand löst sich, vermutlich während einer kirchenmusikalischen Aufführung, gerade vom Orgelmanual. Unterhalb der Orgelpfeifen sind zwei weibliche Gesichter abgebildet, wobei es sich der Überlieferung zufolge um die Bildnisse von Seffners Töchtern handelt. Auf dem Orgeltisch ist ein Teil eines mit floralem Schmuck gestalteten Prospekts dargestellt, der den symbolistisch-jugendstilistischen Stil der Epochewiderspiegelt. Entsprechend des Zeitgeistes tritt Bach mit Schnallenschuhen, offenem Staatsrock und Perücke auf. Mit einem Augenzwinkern deutet Seffner durch den nicht zugeknöpften Rock und die umgestülpten Westentasche auf Bachs nachlässigen Kleidungsstil an. Auf der Rückseite der Orgel wird mit der Inschrift 1723 bis 1750 an Bachs Zeit als Thomaskantor erinnert. Auf einem Flachrelief ist die 1902 abgebrochene Thomasschule abgebildet, in der sich auch Bachs Wohnung befand.

Musikgenuss in idyllischer Atmosphäre

Auf dem Thomaskirchhof rund um das Bach-Denkmal kann man heute auf ganz besondere Weise Musik genießen. Ob bei den Konzerten am Bach-Denkmal im Juli und August, bei Veranstaltungen, die im Rahmen des Bachfestes Leipzig stattfinden oder bei individuellen Auftritten von Musikern – die idyllische Atmosphäre lädt zum Verweilen ein. Nicht umsonst wird der ruhige Thomaskirchhof mit seiner historischen Bebauung und den vielen Freisitzen vor den Cafés und Restaurants als schönster Platz in Leipzig bezeichnet. Wer sich näher mit dem Wirken von Johann Sebastian Bach beschäftigen möchte, der sollte das Bach-Museum im 1711 erbauten Bosehaus besuchen. Es befindet sich schräg gegenüber dem Bach-Denkmal. Bach verkehrte oft im Bosehaus, da er mit der Familie des Kaufmanns Georg Heinrich Bose gut befreundet war und beide Familien gern zusammen musizierten.

Bildergalerie - Bach-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Bach-Denkmal

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