Grassimuseum

Johannisplatz 5-11 Ortsteil: Zentrum-Südost

Das Grassimuseum zählt zu den größten Museumkomplexen in ganz Deutschland. Es wurde zwischen 1925 und 1929 am Johannisplatz von Hubert Ritter im Stil des Art-déco und der Neuen Sachlichkeit errichtet. Das Grassimuseum beherbergt drei Museen von internationalem Rang, das GRASSI Museum für Angewandte Kunst, das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig und das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig. Seinen Namen verdankt das Museum seinem Stifter, dem Leipziger Kaufmann Franz Dominic Grassi.

Der Mäzen Grassi und die Zwei Millionen Goldmark


Die Geschichte des Grassimuseums reicht bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit entstanden in Leipzig bedeutende Sammlungen der Völkerkunde und des Kunstgewerbes, welche zunächst von privaten Vereinen getragen wurden. Der Leipziger Bankier und Kaufmann italienischer Herkunft, Franz Dominic Grassi, hinterließ seiner Heimatstadt nach seinem Tod im Jahr 1880 ein Vermögen von rund 2,4 Millionen Goldmarkunter der Prämisse, sie für „Annehmlichkeiten und Verschönerungen der Stadt“ zu nutzen. Neben der Verwendung für prächtige Bauwerke, Parkanlagen und Denkmäler, wurde Grassis großzügiges Vermächtnis für den Bau eines eigenen Gebäudes für die Sammlungen genutzt: Das Alte Grassimuseum wurde nach dem Namen seines Stifters von 1892 bis 1895 im Stil der Neorenaissance und nach Plänen des Stadtbaurats Hugo Licht an der Südseite des damaligen Königsplatzes, heute Wilhelm-Leuschner-Platz, erbaut. Ab 1900 beherbergte es das Museum für Völkerkunde und das Kunstgewerbemuseum Leipzig.

Vom Königsplatz zum Johannisplatz: ein museales Schwergewicht entsteht


Die Ausstellungsflächen des Museums wurden aufgrund der rasant wachsenden Bestände der völkerkundlichen und kunsthandwerklichen Sammlungen schnell zu klein für die alten Gemäuer. Auf Initiative des damaligen Museumsleiters Richard Graul wurde vom Stadtrat ein entsprechender Neubau beschlossen, der den Ausstellungsexponaten angemessenen Platz bieten sollte. Dieser wurde aus Mitteln des Vermächtnisses von Grassi finanziert. Zwischen 1925 und 1929 wurde das neue Grassimuseum nach Entwürfen der Leipziger Architekten Hans Voigt und Carl William Zweck vom Stadtbaurat Hubert Ritter im Stil des Art-déco und der Neuen Sachlichkeit auf dem Johannisplatz neben der Johanniskircheerbaut. Die neue Museumsanlage entstand auf der trapezförmigen Grundfläche des ehemaligen Johannishospitals aus dem 15. Jahrhundert, welches für den Bau des Grassimuseums abgerissen wurde. Die Seitenflügel des Gebäudes zwischen DresdnerStraße und Prager Straße waren ursprünglich auf die 1963 gesprengte Johanniskirche ausgerichtet. Das Gebäude beherbergt seitdem die drei international bedeutsamen Museen, das GRASSI Museum für Angewandte Kunst, das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig und das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig. Im Südflügel des Museums war zu dieser Zeit das Messehaus Grassimuseum untergebracht, wo die 1920 von Richard Graul begründete Grassimesse, eine museumseigene Verkaufsmesse, stattfand. Die dort groß angelegte Schau „Europäisches Kunsthandwerk“ verhalf dem Museum zu internationalem Ansehen und entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Forum für die Kunstgewerbe-Elite.

Durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurden die Sammlungen stark beschädigt und gingen zum Teil verloren. Aufgrund des fortschreitenden baulichen Verfalls des Museums seit 1945 konnte der Betrieb nur sehr eingeschränkt in der reduzierten Ständigen Ausstellung in fünf von ursprünglich 30 Räumen fortgeführt werden. Es folgten Jahrzehnte der Provisorien und der teilweisen oder gänzlichen Schließung der Museumsräume. Im Jahr 2007 wurde das Grassimuseum nach umfassender Sanierung und Modernisierung unter der Leitung des Londoner Architekturbüros David Chipperfield Architects wiedereröffnet. 

: Nach Eröffnung des ersten Ausstellungsrundgangs „Antike bis Historismus“ der neu konzipierten Ständigen Ausstellung 2007 wurde 2010 der zweite Ausstellungrundgang „Asiatische Kunst. Impulse für Europa.“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach der vollständigen Rekonstruktion der Pfeilerhalle mit typischen Elementen des Art-déco wurde 2012 der dritte Ausstellungsrundgang „Jugendstil bis Gegenwart“ eröffnet.

Zwischen goldener Ananas und bronzener Hirschkuh


Die architektonische Gestaltung des Grassimuseums verbindet eine klare, funktionalistisch orientierte Formensprache mit den expressiven Schmuckformen des Art déco. Der ein- bis dreigeschossige Museumskomplex aus rötlichem Rochlitzer Porphyrtuff wurde im für den Entstehungszeitraum charakteristischen Stil des Art-déco errichtet. Er besteht aus einem einfachen Stahlskelett mit ausfachendem Mauerwerk und einem kupfergedeckten Dach, wobei auf Bauschmuck weitgehend verzichtet wurde. Unweit des Eingangs am Täubchenweg befindet sich das Friccius-Denkmal, welches an die Erstürmung des äußeren Grimmaischen Tores durch die Königsberger Landwehr unter Major Friccius 1813 erinnert. 
Über dem siebentorigen Eingangsbau thront auf dem Architrav in goldener Schrift der Name „Grassimuseum“. Über einen Innenhof, dem „Ehrenhof“, gelangt man zum Mittelbau mit einer breiten, als Säulenhalle konzipierten Durchfahrt, von wo aus die Eingangstreppen zu den beiden Museumsflügeln hinaufführen. Auf dem Dachgesims der durch sechs Kolossalpilaster gegliederten Hauptfassade bekrönt ein aufgesetztes Türmchen mit sechs schmalen Fenstern und einem fast neun Meter hohen dekorativen Aufbau den Komplex. Bei letzterem handelt es sich um eine gezackte, fontainenförmige Schalenform, die optisch einergoldenen Ananas gleichen soll. Über einen Durchgang unter dem Mittelbau gelangt man in einen zweiten Innenhof. Hier befindet sich im Rehgarten die lebensgroße bronzene Art-déco-Plastik einer vom Dresdner Bildhauer Paul Berger 1928 geschaffenen Hirschkuh, die von Diana, der römischen Göttin der Jagd, gestreichelt wird. An den Innenhof schließt unmittelbar der parkähnliche Alte Johannisfriedhof an, welcher als Lapidarium bewusst in die Gestaltung mit einbezogen wurde. Durch das Zusammenspiel aus Kunst, Kultur und Natur stellt das Grassimuseum einen einzigartigen Anziehungspunkt dar.

Vereinte Kontraste von Art-déco bis Bauhaus


Die Gestaltung der Innenbereiche des Museums wurde eher sparsam gehalten. Das weitläufige Haupttreppenhaus beherbergt mit der vom Bauhaus-Künstler Josef Albers 1926 konzipierten Verglasung der bis zu 18 Meter hohen Fenster ein einzigartiges Kunstwerk der Moderne: Die unterschiedlichen geometrischen Variationen bilden einen Kontrast zwischen Außenfassade und Verglasung. Die im Krieg zerstörten Fenster wurden 2011 von der Paderborner Glasmalereiwerkstatt Peters wiederhergestellt. 
Das Herzstück des Museums ist die Pfeilerhalle im GRASSI Museum für Angewandte Kunstaus dem Jahr 1927. Der Raum war bis 1943 einer der repräsentativsten Veranstaltungssäle Leipzigs und musste nach den Kriegszerstörungen umfassend saniert werden. Raumhohe Dreikantpfeiler mit integrierten Schauvitrinen tragen eine laufende Galerieempore, die im Obergeschoss den Übergang in den zur Prager Straße gelegenen Flügel markieren. Mit seinen Formen im Zackenstil und der Farbgebung im vorherrschenden Rot, mit Akzenten in Blau und Gold, repräsentiert die Pfeilerhalle auf besondere Weise den Stil des Art-déco.

Ein Streifzug durch 3.000 Jahre Kunst und Kultur


Das Grassimuseum beheimatet als Museumsquartier drei Museen von internationaler Bedeutung: Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst zählt europaweit zu den führenden Häusern für Gestaltung und angewandte Kunst. In wechselnden Ausstellungen zu Kunsthandwerk, Fotografie, Design und Architektur werden Sammlungen und Highlights aus mehreren Jahrhunderten präsentiert. Die Grassimesse bietet alljährlich ein internationales Forum für zeitgenössisches Design und Kunsthandwerk. In der Ständigen Ausstellung mit den Schwerpunkten Bauhaus, Art-déco und Jugendstil kann der Besucher einen Streifzug durch 3.000 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte unternehmen. Der Sammlungsbestand umfasst etwa 230.000 Exponate des europäischen und außereuropäischen Kunsthandwerks von der Antike bis zur Gegenwart.

Das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig zeigt in der Dauerausstellung und diversen Sonderausstellungen ethnologische Sammlungen, die nach den verschiedenen Kontinenten geordnet sind. Den Grundstock des Museums bildet die Sammlung des Dresdner Hofrats und Bibliothekars Gustav Klemm mit etwa 200.000 Objekten.

Das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig bietet in seiner Schau- und Studiensammlung Einblicke in die internationale Musik- und Kulturgeschichte aus Zeiten der Renaissance, des Barock und der Zeit Johann Sebastian Bachs in Leipzig. Es ist mit seinen rund 10.000 Ausstellungsobjekten, darunter wertvolle europäische und außereuropäische Instrumente, das zweitgrößte Musikinstrumenten-Museum Europas und Station 5 auf der Leipziger Notenspur.

In den „Museen im GRASSI“ finden alljährlich verschiedene Großveranstaltungen statt, die viele Besucher anziehen. Dazu gehören die Museumsnacht Halle und Leipzig und das Grassifest. Bei letzterem werden in den Innenhöfen und Ausstellungen verschiedene Programmpunkte geboten, wie Kreativangebote, Workshops, Führungen sowie ein Musik- und Bühnenprogramm.

Bildergalerie - Grassimuseum

Historisches Bildmaterial - Grassimuseum

Picture of Sophie Weinhold
Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.
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