Antike Vasen, Krüge und Gefäße vermitteln ein eindrucksvolles Bild von der Welt der Helden und Götter. Sie erzählen, wie die Krieger in den Kampf zogen, von sportlichen Wettkämpfen und dem Leben der Frauen in ihren Gemächern. Sie lassen die Besucher im Antikenmuseum der Universität Leipzig in der Alten Nikolaischule am Nikolaikirchhof teilhaben am wilden Treiben des Weingottes Dionysos, der inmitten seines ausgelassenen Gefolges manchen Becher kippte. Die Porträtsammlung mit den Bildnissen von Dichtern, Kaisern und Gelehrten bringt eine längst entschwundene Zeit nahe.
Eine der ältesten Sammlungen antiker Kunst
Schon seit 1841 wird in Leipzig systematisch antike Kunst gesammelt. Voraussetzungen dafür werden bereits 1735 geschaffen, als Johann Friedrich Christ erstmals an einer deutschen Hochschule archäologische Denkmale als Gegenstand seiner Vorlesungen behandelt. Zur Anschauung legt er seinen Studenten antike Münzen und Antiquitäten aus eigenem Besitz vor. Dieser Nachlass könnte wohl der Grundstock für das spätere Antikenmuseum gewesen sein.
Die Universität Leipzig besitzt eine der ältesten und bedeutendsten Schau- und Lehrsammlungen ihrer Art in Deutschland. Mehr als 10.000 Sachzeugnisse der Antike umfasst die Sammlung, die einst mit Hilfe Leipziger Bürger zusammengetragen wurde. Etwa 450 Werke können im kleinen Museum exemplarisch gezeigt werden. Zudem lädt der Lehrbereich Klassische Archäologie der Universität Leipzig in sein Magazin mit der Gipsabguss-Sammlung des Antikenmuseums im Bürohaus am Dittrichring 13 regelmäßig zu Führungen ein.
Nach seiner Gründung erhält das Institut für Klassische Archäologie einen provisorischen Standort im Augusteum, dem Hauptgebäude der Universität am Augustusplatz. Ein Museum entsteht zunächst im Jahr 1843 im Fridericianum, einem Gebäude in der Schillerstraße. Es ist etwa 240 Quadratmeter groß. Von Anfang an ist dort an einem Tag in der Woche für die Öffentlichkeit geöffnet.
Monumentale Skulpturengruppe wird Hingucker
Dort wurde es zunehmend zu eng, denn der Platz reichte trotz Erweiterungen nicht mehr aus. Deshalb zieht die Sammlung 1881 zunächst ins zentrale Hauptgebäude der Universität. Nur wenige Jahre später bekommt das Museum an diesem Standort ein neues Quartier. Im Erdgeschoss des Johanneums – dem Südflügel des von Arwed Roßbach umgestalteten Hauptgebäudes der Universität – belegt die Sammlung ab 1897 mehrere Säle. Damals besteht sie noch hauptsächlich aus Gipsabgüssen. In der Blütezeit gibt es rund 3.000 Inventarnummern.
Unter der Leitung von Franz Studniczka wird die Sammlung griechischer und römischer Originale systematisch ausgebaut. Geschenke von Wissenschaftlern, Gelehrten, Sammlern und anderer Kunstfreunde lassen den Fundus rasch anwachsen und verhelfen der einst bescheidenen Lehrsammlung antiker Kunst zum Ruf eines Museums von internationaler Bedeutung. Die dazugehörige Abguss-Sammlung wird von Beginn an ein Ort des Studiums der Archäologie, ist aber auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein Hingucker in der Ausstellung wird der imposante Abguss einer monumentalen Skulpturengruppe. Das ist der „Toro Farnese“ aus Neapel, der nun zumindest digital neu entsteht.
Schattendasein nach der Sprengung des Universitäts-Gebäudes
Die Universität Leipzig muss bei den anglo-amerikanischen Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg allerdings schwere Verluste am Augusteum hinnehmen. Auch Räume des Museums im Johanneum werden zerstört. In der Nachkriegszeit startet zwar der Wiederaufbau des Museums. So wurden etwa 600 Gipsabgüsse gerettet, die ab 1955 auch ausgestellt werden. Doch der Wiederaufbau endet 1968 durch den willkürlichen Akt der Sprengung von Universitätskirche und der Universitäts-Hauptgebäude abrupt. Hinzu kommt: Mit ihrer Hochschulreform verbannen die DDR-Machthaber „bürgerliche Bildungsfächer“ zu einem Schattendasein und liquidieren den Lehrstuhl für Archäologie sogar.
Nach der Sprengung des Universitätsgebäudes sind die Exponate der Gips-Sammlung in einem alten Kohlebunker eingelagert. Auch dort gibt es zahlreiche Verluste an der Sammlung. Selbst das Schalck-Imperium hat ein Auge auf einige verbliebene Kostbarkeiten geworfen. Es wurde aber verhindert, dass sie gegen Devisen in den Westen verkauft werden. Erst die politische Wende nach 1989 bringt mit der Neugründung des Institutes für Archäologie den lang ersehnten Neuanfang.
Mit der Sanierung der Alten Nikolaischule, die die Kulturstiftung Leipzig vorantreibt, erhält das Antikenmuseum wieder ein neues Domizil. Es kann am 21. Oktober 1994 öffnen. Seitdem bietet es einen Überblick über die wichtigsten Kunstgattungen und Stilperioden der griechischen und römischen Antike sowie angrenzender Mittelmeergebiete. Troja beispielsweise ist mit mehreren Funden aus den Grabungen von Heinrich Schliemann vertreten.
Vasen erzählen von Helden und Göttern
Ein Schwerpunkt der Sammlung sind Vasen aus dem 6. und 5. Jahrhundert vor Christus, der Blütezeit griechischer Vasenmalerei. Durch die Abbildungen wird ein eindrucksvolles Bild von der Welt der Götter und Helden vermittelt. Ob nun die Abenteuer des Herakles, das Trinkgelage griechischer Männer, das wilde Treiben des Weingottes Dionysos oder Bilder vom Leben der Frauen – es gibt viel an den Vasen zu entdecken.
Das Modell eines pompejanischen Hauses zeigt detailliert, wie wohlhabende römische Bürger einst gelebt haben. Eindrucksvoll sind die Marmorplastiken. In der kleinen Porträtgalerie sind die Bildnisse griechischer Dichter und Denker, eines römischen Kaisers und unbekannter Privatpersonen zu erkunden. Es warten auch drei Porträts in Gips, die ertastet werden dürfen.
Stand: 05.05.2024