Die Universität Leipzig kann von einer Jahrhunderte alten Geschichte erzählen. Zu dieser gehören auch die Gebäudekomplexe und -details, die sich über die Jahre immer wieder veränderten oder neue Standorte erhielten. So erging es auch dem sogenannten Schinkelportal, das am 3. August 1836 eingeweiht wurde. Seinen Namen erhielt es von Karl Friedrich Schinkel, der das Portal entwarf.
Ein Portal, vier Standorte
Um der Universität Leipzig einen neuen Glanz zu geben, wurde in den Jahren 1832 bis 1836 ein neues Hauptgebäude am Augustusplatz errichtet – das Augusteum. Benannt wurde es nach dem sächsischen König Friedrich August I. Zuständig für den Bau war der Stadt- und Universitätsbaudirektor Albert Geutebrück, der seine Baupläne schließlich dem Baumeister Karl Friedrich Schinkel vorlegte. Inbegriffen in diese Pläne war unter anderem ein Portal am Haupteingang des Universitätskomplexes, für welches Schinkel einen Entwurf vorbereitete. Nach diesem erarbeitete der Dresdner Bildhauer Ernst Rietschel die dafür vorgesehenen Reliefplatten aus Cottaer Sandstein und zwei weibliche Figuren mit Kronen im Haar. Diese sollten die griechischen Musen Kalliope und Polyhymnia darstellen. Erstere verkörpert die Muse der epischen Dichtung und wird mit einer Schreibtafel und Griffel dargestellt. Polyhymnia bedeutet auch „die Hymnenreiche“. Sie ist die Muse der feierlichen Musik und der Hymnendichtung. Die Figuren stehen auf zwei Pfeilern, die mit den Reliefplatten versehen sind. Zwischen ihnen ist eine Balusterbrüstung. Dieser erste Entwurf wurde schließlich am 3. August 1836 eingeweiht.
Im Jahr 1897 zog das Schinkelportal um. Grund hierfür war Arwed Roßbach und seine Umgestaltung des Augusteums. Das Portal wurde zu einem Hoftor südlich neben dem Hauptgebäude der Universität. Im Zuge dieses Umzugs wurden die Öffnung vergrößert und die heute noch erhaltenen Flügelbauten als Fußgängerdurchgänge ergänzt. An diesem Platz stand es bis 1965 und überlebte weitestgehend unbeschadet den Krieg. Lediglich die Balustrade und die beiden Statuen gingen verloren. Bis zu seinem nächsten Standort wurde es im Neubaukomplex der Universität eingelagert.
Bevor das Portal im Jahr 1981, dem 200. Geburtstag von Karl Friedrich Schinkel, einen neuen Platz bekam, wurde die sogenannte Roßbachsche Fassung im Zeitraum 1979 bis 1981 restauriert. Anschließend erhielt es zwischen dem neuen Hauptgebäude und dem Seminargebäude einen neuen Standort als freistehendes Hoftor. Die weiblichen Figuren fehlten hier jedoch weiterhin.
Zurück zu alten Mustern
Seinen vierten und bisher letzten Standort fand das Schinkelportal im Jahr 2004. Hier wurde das Tor demontiert und durch den niederländischen Architekten Erik van Egeraat in die hofseitige Fassade des Neuen Augusteums integriert. Die Portalfunktion wurde wieder aufgenommen. Somit dient das prächtige Portal heute als Übergang vom Leibnizforum in das Augusteum. Im Verlauf der Restaurierung durch den Leipziger Bildhauer Markus Gläser entstanden auch die Balustrade mit den beiden Musenfiguren neu.
Karl Friedrich Schinkel – Begründer der Denkmalpflege
Bei dem seit 1810 im preußischen Staatsdienst tätigen Schinkel handelt es sich um den bedeutendsten Architekten des Klassizismus. Durch seine klare Formensprache wirkte er weit über Preußen hinaus. Als universeller Künstler prägte er mit Entwürfen für Bühnenbilder, Wandmalerei, Bauplastik, Möbel, Stoffen etc. einen allgemein gültigen Stil, den viele seiner Schüler weiter verbreiteten und der bis etwa 1870 nachwirkte. Schinkel wurde als einer der ersten Studenten der Berliner Bauakademie in die Baukunst eingeführt. Seine Ausbildung schloss er mit einer Italienreise (1803-1805) ab. Im Jahr 1815 stieg er zum preußischen Oberbaurat und 1831 zum Oberbaudirektor auf.
Die Leipziger Architektur beeinflusste Schinkel vor allem mit dem Augusteum und dem Schinkelportal. Weiterhin fungierte Schinkel als Gutachter für das dreigeschossige fünfzehnachsige Schützenhaus (1833/34), das sich im Bereich der heutigen Wintergartenstraße befand sowie beim Entwurf für die 1834 in der Ritterstraße 12 errichtete Deutsche Buchhändlerbörse, die von 1836 bis 1888 Sitz des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler war. Schinkel gilt auch als Begründer der Denkmalpflege, denn auf sein Engagement hin verordnete der preußische König am 4. Oktober 1815 die Genehmigungspflicht für Veränderungen an öffentlichen Denkmälern und Gebäuden.
Stand: 25.04.2024