Bamberger & Hertz / Königsbau

Goethestraße 1 Ortsteil: Zentrum

Der Königsbau am Augustusplatz wurde nach einem Entwurf der Architekten Arthur Johlige und Hermann Schmidt 1911 im neoklassizistischen Stil von der Königsbau AG errichtet. Er beherbergte seit seiner Fertigstellung bis 1938 das jüdische Kaufhaus „Bamberger & Hertz“ der Familie Bamberger. Dabei handelte es sich seinerzeit um ein führendendes Konfektionshaus für Herrenmode in Deutschland. Heute beherbergt der Königsbau Büro- und Geschäftsräumlichkeiten.

Vom renommierten Konfektionshaus in exponierter Lage


Der unmittelbar neben dem Krochhochhaus gegenüber dem Opernhaus gelegene Königsbau prägt als markantes Eckgebäude seit seiner Errichtung 1911 den Augustusplatz. Das Gebäude an der Grimmaischen Straße beherbergte einst das renommierte Konfektionshaus für Herrenmode „Bamberger & Hertz“, dessen Geschichte bis ins späte 19.Jahrhundert zurück reicht.

Der Beiname „Königsbau“ geht auf die Baufirma Königsbau AG zurück, die das von denArchitekten Arthur Johlige und Hermann Schmidt konzipierte Geschäftshaus im neoklassizistischen Stil 1911 realisierte. Der Grundstein für das erfolgreiche Wirken der Unternehmerfamilie Bamberger wurde durch Jacob Bamberger in Worms gelegt, wo er 1876 sein erstes Konfektionshaus gründete. Dessen Schwager Karl Hertz schied nach anfänglichem Mitwirken in der Firma wenig später wieder aus. Der Name „Bamberger & Hertz“ blieb allerdings bestehen und wurde bald zu einem Begriff in der Branche. Anfang des 20. Jahrhunderts expandierte das Unternehmen und eröffnete weitere Filialen in Frankfurt am Main, Köln, Stuttgart, München und Saarbrücken. Am 7. September 1911 entstand auch in Leipzig eine Zweigniederlassung der Frankfurter Hauptniederlassung, wo die Kaufleute Jacob Bamberger und seine beiden Söhne Ludwig und Fritz als Prokuristen tätig waren. 

Am 18. Oktober 1911 fand im neu errichteten Königsbau am Augustusplatz die feierliche Eröffnung des Spezialhauses für maßgeschneiderte Herren- und Knabenbekleidung durch die geschäftsführenden Brüder Heinrich, Ludwig und Fritz Bamberger statt. Der zur Eröffnung noch unfertige Neubau erhielt sein finales Aussehen nach nur sechs Monaten Bauzeit mit der Fertigstellung des Erweiterungsbaus im Oktober 1912. Das Geschäftsmotto „Verkauf nur gegen bar“ und zu „festen Preisen“ ohne Rabatt bewährte sich in Leipzig – wie zuvor auch in den anderen „Bamberger & Hertz“ Filialen. Trotz der gehobenen Preisklasse stellte sich rasch eine Stammkundschaft ein. Das Kaufhaus genoss einen ausgezeichneten Ruf und zählte zu den führenden Konfektionshäusern Deutschlands. Dank seiner exponierten Lage und den nicht vom Modehaus belegten und stets vermieteten Räumen überstand „Bamberger & Hertz“ die schwierigen Jahre des Ersten Weltkriegs und die Inflation verhältnismäßig unbeschadet unter der Leitung von Ludwig Bamberger und Gustav Bamberger.

Das tragische Schicksal der Familie Bamberger


Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 und den fortschreitenden Repressionen gegenüber den jüdischen Bürgern wurde zunächst deren Ausschaltung aus der Wirtschaft erklärtes Staatsziel. Amtlich ausgesprochene Lieferbeschränkungen und -verbotebeeinflussten nachhaltig das Ladengeschäft und die Umsätze sanken stetig. Immer mehr Kunden hatten Angst, in einem jüdischen Geschäft einzukaufen und dabei gesehen zu werden. Aufgrund des immer größer werdenden Drucks entschied sich die Familie Bamberger im Juli 1936 zur Auflösung des Unternehmens. Seit 1938 gab es Bestrebungen zur Enteignung des Traditionshauses. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde „Bamberger & Hertz“ in Brand gesetzt und die Brüder Bamberger beschuldigt, das Haus selbst angezündet zu haben, um die ansehnliche Versicherungssumme zu erhalten. Wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrug angeklagt wurden Ludwig und Gustav Bamberger inhaftiert, die Firma am 10. Dezember 1938 enteignet und das Familienunternehmen aufgelöst. Die Brüder starben später im Konzentrationslager. An das ehemalige Kaufhaus und das tragische Schicksal der Familie Bamberger erinnert heute eine an der Fassade des Gebäudes angebrachte Gedenktafel. 

Vom Familienunternehmen zum Geschäftshaus


Der Königsbau wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als eines der ersten Gebäude am Augustusplatz wieder aufgebaut und von 1998 bis 2000 grundlegend saniert. Der Komplex beherbergte einst auch das 1926 vom Konditormeister Ernst Fischer als Konzert- und Lesecafé eröffnete Café Corso. Es galt neben Fischers Kaffeehaus Fürst Reichskanzler, einem Lesecafé mit etwa 200 in- und ausländischen Zeitungen, als legendäre und traditionsreiche Leipziger Institution und befindet sich heute in der Brüderstraße. 1949 zog im Erdgeschoss die Firma Blumen Hanisch ein. Zu DDR-Zeiten war das BaukombinatLeipzig, später Erste Baugesellschaft Leipzig, der Hauptnutzer. 1992 wurde das Gebäude den in Israel und den USA lebenden Kindern von Ludwig Bamberger zurückübertragen. Diese verkauften den Königsbau an den Bauunternehmer Jürgen Schneider, der das Hausbei der Deutschen Industriekreditbank (IKB) hoch belieh. Nach dem Schneider-Konkurs 1994 erwarb die IKB das Gebäude und veräußerte es später an das Versicherungsunternehmen Alte Leipziger.

Heute handelt es sich beim Königsbau um eine Büro- und Geschäftsgebäude mit diversenArztpraxen, einer Bank, einer Bäckerei mit Café und verschiedenen Dienstleistern. Hinter der neoklassizistischen Sandsteinfassade mit ionischen Säulen in den Obergeschossenbefinden sich fünf Stockwerke und ein glasüberdachter Innenhof. Das Dach ist mit vier rundbogigen Zwerchgiebeln gestaltet.

Bildergalerie - Bamberger & Hertz / Königsbau

Historisches Bildmaterial - Bamberger & Hertz / Königsbau

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Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.
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