Wo im Johannapark heute das Clara-Zetkin-Denkmal steht, thronte einst Otto von Bismarck. Wie in vielen größeren Städten bekam der Reichskanzler noch zu Lebzeiten auch in Leipzig ein Denkmal, das am 18. Oktober 1897 enthüllt wurde.
Ein Denkmal auf Zeit
Bevor es dazu jedoch kam, dauerte es einige Jahre. Die Initiative zu einem Denkmal kam zunächst vom Verein „Stalaktiten“, in dem sich Kunstliebhaber und Künstler zusammenschlossen. Sowohl sie als auch Oberbürgermeister Otto Georgi riefen zu Spenden auf, so dass schließlich genug Geld vorhanden war, um ein Denkmal für den Ehrenbürger Leipzigs zu schaffen. Den Auftrag dazu erhielten die Leipziger Künstler Adolf Lehnert und Josef Mágr. Aus bronziertem Gips schufen sie ein zwischen neun und zehn Meter hohes Denkmal, das Bismarck überlebensgroß darstellte. Lehnert portraitierte ihn in einfacher Tracht mit offenem Mantel, stehend auf einem ca. 6 Meter hohen Felsblock. In der einen Hand hielt er seinen Schlapphut und stützte sich auf einen Stock. Ihm zur Seite stand sein Hund Typras. Am Fuße des Felsblocks wurde von Mágr ein Junge dargestellt, der ihm einen Eichenkranz entgegenstreckte.
Zur Enthüllung kamen in der Nacht zum 1. April 1895 tausende Leipziger zum Augustusplatz. Pünktlich zu Bismarcks 80. Geburtstag wurde das Denkmal vor dem Neuen Theater mit einer Rede von Lehnert aufgestellt.
Ein Umzug für Bismarck
Jedoch war die Freude nur von kurzer Dauer, denn nach zwei Jahren wurde das Denkmal entfernt. Die Stadt duldete den Standort nicht länger, stellte aber einen neuen Platz am Johannapark zur Verfügung. So gab es nur kurze Zeit später eine zweite Enthüllung des riesigen Denkmals, die am 18. Oktober 1897 stattfand. Das Datum kam nicht von Ungefähr, jährte sich hier doch der Sieg der Völkerschlacht bei Leipzig.
Aufmerksamen Spaziergängern des Johannaparks fiel schnell auf, dass sich einige Veränderungen beim Denkmal zeigten. So wurde der Junge am Fuß des Felsblocks durch einen Schmied ersetzt, der nun den Kranz reichte. Dies hielt man vermutlich für passender, um den Ausdruck „Schmied der deutschen Einheit“, wie Bismarck auch genannt wurde, zu unterstreichen. Die Inschrift wurde sehr schlicht gehalten. Während auf der Vorderseite „Bismarck“ geschrieben stand, hielt man auf der Rückseite mit „1897“ das Jahr der Enthüllung fest.
Fast ein halbes Jahrhundert nannte das Bismarck-Denkmal den Platz am Johannapark sein Zuhause. Im Zweiten Weltkrieg fiel jedoch das Denkmal, wenn auch zunächst nur teilweise, der Metallspende zum Opfer und die 1.260 kg schwere Figur des Schmiedes wurde entfernt. Kurz nach der Teilung Deutschlands wurde schließlich das Denkmal, das die Bombenangriffe unbeschadet überstanden hatte, umgestürzt und beseitigt, da Bismarck in der ehemaligen DDR als Feind der Arbeiterbewegung galt. Damit einher gingen auch Namensänderungen von Straßen, wie der Bismarckstraße oder der Schönhausener Straße, und auch der Bismarckhering wurde in Delikatesshering umbenannt. Der 1915 errichtete Bismarckturm im Leipziger Ortsteil Lützschena-Stahmeln blieb bis heute erhalten.
Vom Landbesitzer zum Politiker
Bismarck wurde am 1. April 1815 in Schönhausen geboren. Aufgewachsen als Kind einer Adelsfamilie, ging er nach Göttingen und Berlin für sein Jura-Studium. Nach dem Tod seiner Eltern übernahm er zunächst die Leitung über das Land und zog zurück nach Schönhausen. Nebenbei engagierte er sich immer mehr in der Politik, wurde Mitglied des Vereinigten Preußischen Landtages und sicherte sich im Revolutionsjahr 1848 das Wohlwollen des Preußen-Königs. Er zog mit seiner Familie nach Berlin und schließlich Frankfurt, wo er das preußische Königreich beim Bundestag vertrat. Durch seine starken politischen Einsätze und Meinungen stieg er schnell zu einer führenden Macht auf, wurde Ministerpräsident Preußens und schließlich im Jahr 1871 erster Kanzler des neu geschaffenen Deutschen Reichs. Somit prägte Bismarck die Entwicklung Deutschlands im 19. Jahrhundert wesentlich, bevor er schließlich am 30. Juli 1898 in Friedrichsruh starb.
Stand: 16.04.2024