Die Leipziger Markttage werden jedes Jahr im Herbst für 10 Tage in der Innenstadt veranstaltet. Sie fanden erstmals vom 30. September bis 10. Oktober 1976 statt. Auf 13.100 Quadratmetern boten etwa 600 Handelsleute aus Leipzig und allen Bezirken ihr vielfältiges Warenangebot an. Damals wie heute umfassen die Markttage neben dem Handelsgeschehen ein vielfältiges gastronomisches und kulturelles Angebot. Zu den Highlights zählen die Marktbühne mit einem Musikprogramm, der historische Handwerkermarkt im Salzgässchen und der Erntedankbrunnen auf dem Nikolaikirchhof.
Buntes Handels- und Messetreiben zwischen Via Regia und Via Imperii
Leipzig blickt auf eine lange Tradition als Handels- und Messestadt von internationalem Rang zurück. Bereits im Zuge der sorbischen Besiedlung im 7. Jahrhundert wurde hier unter dem Namen Lipzk „Ort bei den Linden“ ein wichtiger Handelsstützpunkt begründet. Die Verleihung des Stadt- und Marktrechts durch Markgraf Otto der Reiche im Jahr 1165 gilt zugleich als Gründungsjahr der Stadt. An der Kreuzung der beiden europäischen Handelsstraßen Via Regia und Via Imperii gelegen entwickelte sich Leipzig zu einem wichtigen Zentrum des Handels sowie des Austauschs von Waren und Informationen zwischen den Bürgern. Nachdem Kaiser Maximilian I. der Stadt 1497 das Messeprivileg verlieh, wurden die bis dahin drei Mal jährlich abgehaltenen Märkte zu Reichsmessen erhoben und den im Umkreis von 15 Meilen liegenden Städten ein Verbot zur Durchführung von Märkten erteilt. Leipzig entwickelte sich zu einer Messestadt von europäischem Rang. Der seit 1420 überlieferte Hauptmarkt diente als Zentrum des Handels während den abgehaltenen Messen. Im Mittelalter fanden sich hier Handelsleute und Bauern aus den umliegenden Dörfern zusammen, um auf dem Wochenmarkt ihre Waren feilzubieten. Aufgrund ihrer Bedeutung für eine regelmäßige und geordnete Versorgung der Bürger und den damit verbundenen Geldeinnahmen wurden die Märkte vom Landesherrn und dem Stadtrat gefördert. Letztere wachten zugleich auch mittels Marktordnungen über das Markttreiben. Zu Zeiten der Warenmesse konzentrierte sich der „Meßverkehr“ um den Markt. Hierher brachten die Fuhrleute ihre in Kisten und Ballen verpackten Waren zum Verkauf. Vor deren Lagerung in den Speichern wurden sie an der Alten Waage registriert und der sogenannte Meßzoll bezahlt.
Herbstmarkt 1976: Von Fuhrmannskneipe, Schmöllner Mutzbraten und den „Klein-Pariser Marktmusikanten“…
Die Leipziger Markttage fanden erstmals vom 30. September bis zum 10. Oktober 1976 statt. Ziel war es, die Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern und Dienstleistungen des Handels in der Innenstadt noch attraktiver zu gestalten und bessere Einkaufsmöglichkeiten zu schaffen. Im Mittelpunkt stand die Demonstration der Leistungskraft des Handels und die Positionierung der Leipziger Markttage als Besuchermagnet über die Stadtgrenzen hinaus. Damit sollten sie sich deutlich von den bis dahin üblichen Bauernmärkten abheben. Deshalb sah ein Beschluss des Bezirkstages vom Juni 1976 im Neuen Rathaus eine zukünftig jährliche Durchführung der Leipziger Markttage im September / Oktober vor. Neben den Leipziger Handelsbetrieben sowie sämtlichen gastronomischen Einrichtungen der Stadt waren an der Umsetzung auch rund 600 Verkäufer aus 13 Kreisbetrieben des Bezirkes mit einem umfangreichen Warenangebot beteiligt. Darunter befanden sich 65 Kooperationspartner und 42 Betriebe aus dem Bezirk, darunter die Binnenfischerei Wermsdorf, die Groitzscher Schuhfabrik sowie die Brauerei Krostitz.
Auf einer Fläche von 13.100 Quadratmetern waren im Bereich Markt, Salzgässchen, Sachsenplatz, Brühl und Hainstraße zahlreiche Verkaufsbereiche mit originellen Ständen angesiedelt. Neben Speis‘ und Trank machten die Industriewaren mit etwa 60 Prozent den größten Teil des Angebots aus. Ziel war es zudem, neue und traditionelle Verkaufsformen zu demonstrieren. So gab es etwa im Salzgässchen einen „Historischen Markt anno 1650“, während Pferdewagen, eine „Fuhrmannskneipe“, rustikale Verkaufsstände, eine Postsäule und Verkäufer in historischen Trachten für eine für das Leipzig um 1650 typische Atmosphäre sorgten. In der Reichsstraße konnten auf dem „Leipziger Künstlermarkt“ an verschiedenen Ausstellungs- und Verkaufsständen kunstgewerbliche Waren, Gemälde und Grafiken begutachtet werden. Ebenfalls in der Reichsstraße angesiedelt war der „Basar am Sachsenplatz“, wo Blumen, Textilien und Schallplatten sowie handgearbeitete Gegenstände verkauft wurden. Wenige Meter weiter konnten im „Leipziger Allerlei“ Gebrauchtwaren verschiedenster Art entdeckt werden. Auf dem „Bauernmarkt“ auf dem Markt wurden neben deftigen Speisen aus dem „Bauerndorf“ nützliche Haushaltswaren angeboten. Ein Highlight war die 185 Meter lange Verkaufsstraße „Brühl Boutiquen“, wo Produktionsbetriebe des Bezirkes in Zusammenarbeit mit dem Handel eine interessante Leistungsschau mit Verkauf darboten. Auf dem „Wirtschaftsmarkt“ auf dem Richard-Wagner-Platz wurde neben einem reichhaltigen Sortiment an Handwerkszeug und -material der berühmte Schmöllner Mutzbraten zum Verkauf angeboten. Am „Treff am Sachsenplatz“ konnten die Besucher abseits des Marktgeschehens in zahlreichen gastronomischen Einrichtungen unterschiedlicher Art verweilen. Am Naschmarkt luden Imbissbuden, darunter eine Löffelstube, sowie ein Angebot an Fisch- und Schlachtspezialitäten nach einem Marktbummel zum Verweilen ein. Zum Angebot zählten außerdem Betriebe aus dem Bezirk und deren Spezialitäten, darunter die Oschatzer Fischgaststätte, die Grimmaer Waldgaststätte und die Bornaer Bergmannsgaststätte sowie der Kaffeegarten. Angeboten wurden u.a. Delitzscher Pralinen, Torgauer Krüge und Geithainer Töpfe. Eine Kunstgewerbegalerie, Verkaufsstände des Buchhandels und des Antiquariats sowie ein Briefmarkentausch rundeten das Angebot ab.
Bestandteil der zur Tradition gewordenen Markttage war ein abwechslungsreiches Kulturprogramm am „Bauernmarkt“ und „Künstlermarkt“. Auf dem Balkon des Alten Rathauses wurde vormittags Turmmusik gespielt. Am Nachmittag sorgten auf der Podiumsbühne am Markt zahlreiche Kulturschaffende, darunter das historische Bläserquartett der Stadtwache von 1880, der Leierkastenmann Ludwig, der ambulante Händler Hermann Connewitzer, die „Leipziger Moritaten und Balladen“ sowie die „Klein-Pariser Marktmusikanten“, für Unterhaltung und eine lockere Atmosphäre. Mit einem Umsatz von insgesamt rund 4,4 Millionen Mark, dem Verkauf von 4.300 Büchern, 3.200 Schallplatten, 2.500 Paar Schuhen, 17.500 Mutzbraten, 20.600 Griebenfettstullen, 127.000 Portionen Kräppelchen, 300.000 Eilenburger Pumpernickel, 60.000 Rostbratwürsten und 84.000 Stück Kuchen war die Erstauflage der Leipziger Markttage 1976 ein voller Erfolg.
Markttage heute: Zwischen ausgelassener Stimmung auf der Marktbühne und mittelalterlichem Flair auf dem historischen Handwerkermarkt
Neben dem Handels- und Marktgeschehen gibt es ein vielfältiges gastronomisches und kulturelles Angebot. Die umfangreichen Flaniermeilen bieten Platz für rund 80 Stände. Auf dem Markt als Zentrum der Leipziger Markttage wird täglich auf der Marktbühne ein abwechslungsreiches Programm mit Live-Musik von einheimischen und auswärtigen Künstlern unterschiedlicher Genres geboten. Auch die angrenzenden Bereiche sind mit verschiedenen gewerblichen Angeboten in das Marktgeschehen eingebunden. Angelehnt an die Ursprünge der Leipziger Markttage findet im Salzgässchen der historische Handwerkermarkt mit Handwerks- und Schankhütten bei mittelalterlicher Musik statt. Auf dem Nikolaikirchhof wird traditionell am Eröffnungswochenende der Leipziger Markttage der Brunnen als Erntedankbrunnen mit Erntedankkrone gestaltet sowie mit Erntegaben, darunter Getreide, Blumen, Gemüse und Obst, festlich dekoriert. Am darauffolgenden Sonntag findet traditionell in der Nikolaikirche der Erntedankgottesdienst statt, der allen Besuchern offensteht.
Stand: 27.09.2023