Schiller-Denkmal

Schillerstraße – Lenné-Anlage im Promenadenring | Ortsteil: Zentrum

Das vom Leipziger Bildhauer Johannes Hartmann geschaffene Schiller-Denkmal wurde anlässlich Friedrich Schillers 109. Todestags am 9. Mai 1914 in der Lenné-Anlage des Promenadenrings eingeweiht. Das marmorne Monument wurde nach klassizistischem Vorbild mit Einflüssen des Jugendstils erschaffen und zeigt auf einer hohen Stele die Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren in Form eines Mannes und einer Frau angebracht.

Von der Porträtplakette zum marmornen Denkmal am 109. Todestag


Das Leipziger Schiller-Denkmal wurde zu Ehren des über mehrere Monate in Leipzig verweilenden Dichters und dessen Schaffen errichtet. Der Einladung eines Verehrers folgend kam Friedrich Schiller erstmals am 17. April 1785 nach Leipzig. Dort bezog er zunächst in der Petersstraße, später in der Hainstraße 5 im Gasthaus
Kleines Joachimsthal Quartier, wo er 1789 nochmals mit seiner Frau wohnte. Aus diesem Grund wurden an der Fassade zwei 1859 geschaffene Kupfermedaillons mit den Bildnissen des Ehepaares angebracht. Der Verlagsbuchhändler Georg Joachim Göschen vermittelte Schiller ein Zimmer in einem Bauernhaus im Dorf Gohlis bei Leipzig. Im heutigen Schillerhaus schrieb der Dichter seine berühmte Ode „An die Freude“, arbeitete am „Don Carlos“ und am „Fiesko“. Nach seiner Abreise am 11. September 1785 besuchte Schiller Leipzig noch einige Male für kürzere Aufenthalte, so etwa 1801 und 1804. 

Obwohl Friedrich Schillers Geburtstag nach seinem Tod 1805 seit den 1840er in der Stadt als volkstümliches Fest gefeiert wurde, setzten die Leipziger dem berühmten Dichter erst verhältnismäßig spät ein Denkmal. Anlässlich seines 100. Geburtstages wurde im November 1859 auf dem Markt temporär eine Kolossalbüste auf einem hohen Postament errichtet. Gleichzeitig erhielt auch die neu angelegte Straße zwischen Universitätsstraße und Peterstor den Namen Schillerstraße. Anlässlich des 100. Todestages des Dichters ließ der Schokoladenmanufakteur Adolph Schütte-Felsche im Mai 1905 auf dem Gelände des früheren Ausflugslokals Wasserschenke in Gohlis, wo Schiller oft einzukehren pflegte, an einem Granitstein eine von Carl Seffner geschaffene Porträtplakette Schillers anbringen, welche 1975 verloren ging.

Monumente für Schiller gehörten im 19. Jahrhundert zur Standardausstattung deutscher Städte. Als Symbolfigur nationaler Einheitsbestrebungen und Lieblingsfigur des deutschen Volkes wurde Schiller lange Zeit sogar über Johann Wolfgang Goethe gestellt. Erste ernsthafte Bemühungen um ein dauerhaftes Schiller-Denkmal in Leipzig wurden im Januar 1906 durch einen Denkmalausschuss, dessen Leiter später der bekannte Leipziger Literaturhistoriker und geistige Führer des Schillervereins Georg Witkowski war, gemacht. Der hierfür in Betracht gezogene Platz vor dem Alten Theater am heutigen Goerdelerring wurde von der Stadt abgelehnt. Im November 1911 startete der Denkmalausschuss in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Künstler-Verein einen Wettbewerb, dessen 33 eingegangene Entwürfe im April 1912 im Neuen Rathaus ausgestellt wurden. Obwohl ursprünglich ein Denkmal des jungen Schillers, als Kontrast zum Standbild Goethes, angedacht war, wurde der Entwurf des Leipziger Bildhauers Johannes Hartmann zum Sieger auserkoren. Hartmann galt als enger Vertrauter Max Klingers und wurde durch seine Mitarbeit u.a. am Neuen Rathaus, an der Deutschen Bücherei und an dem Brunnen Badendes Mädchen unter den Arkaden des Alten Rathauses bekannt. Am 3. Juli 1912 wurde auf dem ursprünglich für das Denkmal geplanten Platz am Neumarkt eine hölzerne Probefassung aufgestellt, die im März 1913 zum fertigen Monument vollendet wurde. Im Juni wurde der Standort ein weiteres Mal mit der Probefassung getestet. Die Stadt bezuschusste die noch fehlenden 20.000 Mark und trug die Kosten für die 3.270 Mark teure Fundierung, so dass einer rechtzeitigen Fertigstellung bis zum 109. Todestags Schillers am 9. Mai 1914 nichts mehr im Wege stand.

Durch Leipzigs Grün schillert Schiller…


Hartmanns Werk aus Marmor zeigt die sich nach klassizistischem Vorbild auf hoher, schmuckloser Stele befindliche streng frontal und unbekleidete Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren angebracht, links ein Mann, rechts eine Frau. Diese Ausführung erinnert an die Trabantendenkmäler aus dem 19. Jahrhundert. Die beiden Figuren stehen symbolisch für die „Erhabenheit“ und die „Tragik“, was den Betrachter zum Infragestellen des geläufigen Dichterstandbildes anhalten sollte. Beide Sockelfiguren sollen das „Ringende als zentrales Moment des dichterischen Schaffensprozesses“ verkörpern. Ihre Nacktheit zielt auf das „allgemein Menschliche ohne antikisierende Geschlechtslosigkeit“ ab. In Hartmanns ersten Entwurf für das Monument war die weibliche Figur ursprünglich von den Hüften abwärts bekleidet gewesen.

Die beiden Figuren erinnern an das Schaffen Max Klingers, während hinter den bildnerischen Intentionen das Vorbild Max Klingers und Johannes Hartmanns, der französische Bildhauer Auguste Rodin, steht. Ausgangspunkt für Hartmanns Werk waren nicht Schillers frühere Aufenthalte in Leipzig, sondern dessen über die Zeiten gerichtete strebende Idealität, welche bereits von Ernst Rietschel, dem Schöpfer des Weimarer Doppelstandbilds, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für alle folgenden Schiller-Rezeptionen festgeschrieben wurde. Hartmann interpretierte diese in seinem Werk durch den Ausdruck schicksalsschwerer Innenschau und einer Mystifizierung Schillers. Bei der Modellierung der Gesichter sagte sich Hartmann von der vom Stuttgarter Bildhauer Johann Heinrich Dannecker geschaffenen Bildnisbüste Schillers bewusst los: Sein Denkmal in Form eines hohlwangigen Dichters brach mit dem typischen Schillerbild des 19. Jahrhunderts. Dieser vollzogene Formenwandel im Geist des Jugendstils entsprach den veränderten Vorstellungen von Literatur um 1900 und der Entwicklung vom Bild des klassischen Dichterfürsten zum Erlebnislyriker. Insofern war das Monument, damals wie heute, schwer mit der gängigen Vorstellung eines Dichtermonuments in Einklang zu bringen. Für die marmorne Ausführung des Schiller-Denkmals war wohl der langjährige Hilfsarbeiter Max Klingers, der Steinbildhauer August Schmiemann aus Plagwitz, verantwortlich.

„Pfui Teufel“: Warum sich die Leipziger über das Denkmal empörten…


Bereits am Tag nach der Denkmalweihe empörten sich einige Bürger der Stadt in einem anonymen Schreiben mit den Worten: „Ein Paar gemeinere Gestalten konnten unsere allverehrten Stadtväter unsrem edlen Schiller wohl nicht an die Seite stellen als wie den Adam und die Eva, die da nackend sich der Jugend zeigen. Pfui Teufel noch einmal.“ Trotz der Kritik blieb das Denkmal in der Promenadenanlage an der Schillerstraße in seiner Ursprungsform erhalten. Dennoch zählte es nicht wie das
Bach-Denkmal vor der Thomaskirche oder das Goethe-Denkmal auf dem Naschmarkt zu den populären Denkmälern der Stadt. Dies lässt sich zum einen mit der Tatsache begründen, dass sich Schillers Denkmal derart als Kunstwerk geriert, dessen Platz vielmehr im Museum als unter freiem Himmel zu suchen wäre. Zum anderen fehlt es vielen Bürgern inhaltlich an lokalem Bezug. Anstatt der Vorstellungen des „Leipziger Schiller“ in Form einer historisierenden Kostümstatue wurde vielmehr eine geläuterte, abgehobene „Walhalla-Idealität“ Schillers inszeniert, welche der Denkmalserwartung widersprach.

Bei dem Leipziger Schiller-Denkmal, welches zeitgleich mit dem Dresdner Schiller-Denkmal entstand, handelt es sich um eines der letzten öffentlichen Monumente, die dem Dichter zahlreich in Deutschland gesetzt wurden. Es ist außerdem das einzige Denkmal Leipzigs, welches stärkere Einflüsse des Jugendstils zeigt.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Schiller-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Schiller-Denkmal

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Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.
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