Bildlexikon Leipzig

Gohlis

Ortsteile: Gohlis-Mitte, Gohlis-Süd, Gohlis-Nord

Der im 7. Jahrhundert von sorbischen Siedlern als Gassendorf angelegte Ort entwickelte sich erst Ende des 19. Jahrhunderts und nach der Eingemeindung nach Leipzig im Jahr 1890 vom Dorf zum dicht besiedelten Stadtteil. Heute ist Gohlis durch zahlreiche Bauten aus der Gründerzeit, dem Jugendstil sowie dem Stil der 1920er Jahre geprägt und zählt zu den bevölkerungsreichsten Stadtteilen Leipzigs. Hier befinden sich unter anderen das Schillerhaus, das Gohliser Schlösschen und die Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Vom Gassendorf zum gehobenen Wohnviertel


„Wem’s zu wohl ist, der geht nach Gohlis.“ Die Geschichte von Leipzigs gehobenem Wohnviertel im Norden der Stadt reicht bis ins 7. Jahrhundert zurück, als das Dorf Gohlis vermutlich von sorbischen Siedlern als Gassendorf angelegt wurde. Sein früherer slawischer Ortsname „Goluz“, was auf altsorbisch „goly“ so viel wie kahl bzw. öde bedeutet, könnte als Bezug auf die waldfreie Umgebung verstanden werden. Um das Jahr 1.000 ließen sich in dem Ort flämische Siedler nieder. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Gohlis im Jahr 1317. Seine Lage auf einer saalezeitlichen Terrasse oberhalb der Elsteraue bot dem Ort Schutz vor Überschwemmungen. Während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde dem Ritter
Johannes Porczik das Dorf mitsamt seiner Mühle als Lehen vermacht, bevor 1349 der böhmische Ritter Otto Pflugk vom Markgrafen mit dem Dorf belehnt wurde. Im Jahr 1659 gelangte Gohlis in den bürgerlichen Besitz des Medizinprofessors Michael Horn. 1720 wurde der Leipziger Jurist Lüder Mencke zwischenzeitlich neuer Eigentümer. 

Bis ins frühe 19. Jahrhundert bestand Gohlis aus einer einzigen langen Straße, entlang der 40 bis 50 Bauernhöfe angesiedelt waren. Im Jahr 1834 zählte das Dorf 629 Einwohner. Heute lässt sich von der ursprünglich dörflichen Bausubstanz nur noch im bogenförmigen Verlauf der Menckestraße, welcher den Terrassenrand nachbildet, der alte Ortsgrundriss erahnen. Auf mittlerer Höhe der Straße schließt die Menckestraße eine Grünfläche, den einstigen Gohliser Anger, ein. Dieser teilte das Dorf ursprünglich in ein Unterdorf im Westen und ein Oberdorf im Osten. Am Ortsrand auf Höhe der heutigen Platnerstraße gab es damals einen zweiten Siedlungskern mit Schmiede und Gohliser Mühle, in der sich heute unter anderem das Münsters. Restaurant-Bar-Biergarten befindet. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verlor das Dorf durch die vereinzelte Entstehung von Landhäusern allmählich seinen rein agrarischen Charakter. Als prächtigste der bürgerlichen Sommerresidenzen gilt das 1755/56 errichtete Gohliser Schlösschen. Seinem damaligen Eigentümer Johann Gottlob Böhme war es zu verdanken, dass man auf dem von ihm angelegten Dammweg trockenen Fußes vom Rosental kommend entlang der Parthe und des Pleißemühlgrabens ins Dorf Gohlis flanieren konnte. Zu dieser Zeit entwickelte sich Gohlis zu einem immer beliebter werdenden Ausflugsziel für Leipzigs Bürger. Das sächsische Militär verhinderte lange Zeit die Verschmelzung von Leipzig und Gohlis und hemmte somit die städtebauliche Entwicklung, da große Areale in der Nordvorstadt als Kasernengelände und Exerzierplatz genutzt wurden, darunter die Theodor-Körner-Kaserne, die am 30. September 2007 durch die Bundeswehr aufgegeben wurde. Anschließend wurde das Areal von einem Immobilienentwickler zum Wohnquartier „Sieben-grün“ umgestaltet. Bereits im Jahr 1992 war die Sowjetarmee aus Leipzig abgezogen und räumte auch die von ihr genutzten Gebäude an der Olbrichtstraße.

Gohlis‘ architektonisches Aushängeschild von Jugendstil bis Gründerzeit


Mit Überschreitung der 5.000-Einwohner-Schwelle und nach Loslösung vom Stadtteil
Eutritzsch erhielt Gohlis eine eigene Kirche, die am 31. Oktober 1873 eingeweihte Friedenskirche. Nach der Eingemeindung von Gohlis nach Leipzig im Jahr 1890 und das Heranwachsen des Ortes auf fast 20.000 Einwohner, blieb das Gebiet auch weiterhin überwiegend unbebaut. Entlang der wichtigsten Gohliser Wachstumsachse, der Chaussee nach Schkeuditz und Halle, siedelten sich Großbetriebe wie 1972 die Gohliser Actien-Brauerei an. Im Jahr 1881 ließ sich auch der Erfinder des deutschen Drahtseilbahnsystems, Adolf Bleichert, mit seiner Firma, den Bleichert-Werken, an der Chaussee nieder und ließ in der Lützowstraße 19 im Jahr 1890/91 die Villa Bleichert – das heutige Heinrich-Budde-Haus – errichten. Die Industrialisierung wirkte sich wenig auf das Gohliser Stadtbild aus, welches äußerlich auch weiterhin von kleineren und mittleren Betrieben geprägt war. Nach 1890 entwickelte sich der Stadtteil rasant zur Großstadt: Nördlich der Eisenbahn entstand das Gebiet „Neu-Gohlis“ und es entstanden neue Wohngebiete wie das Französische Viertel. Durch die Ansiedlung des Militärs im Nordwesten wurden neben zahlreichen Kasernen auch neue Wohngebiete erbaut. Die höchste Bevölkerungszahl verzeichnete Gohlis zu Beginn der 1930er Jahre mit rund 55.000 Einwohnern. Während des Zweiten Weltkriegs blieb Gohlis, abgesehen von einzelnen zerstörten Wohnquartieren und Straßenzügen, von größeren Zerstörungen bewahrt, so dass das Stadtbild, insbesondere im Bereich Gohlis-Süd, heute von prächtigen Villen und geschlossenen Mietshauszeilen aus der Gründerzeit und den 1920er Jahren geprägt ist. In Gohlis befinden sich mehr als 1.100 Wohnhäuser aus der Zeit vor 1918, davon etwa 700 Objekte im Teil Gohlis-Süd. Hinzu kommen rund 1.160 Wohngebäude aus der Zwischenkriegszeit. Im Ortsteil Gohlis-Nord entstanden um 1900 repräsentative Villenviertel, darunter die denkmalgeschützte Krochsiedlung sowie zahlreiche Kleingartenanlagen. 

Dank der umfangreichen Restaurierung baufälliger Altbauten und der Bebauung kriegsbedingter Brachflächen in den letzten Jahrzehnten sind im Gohliser Stadtbild kaum unbebaute Flächen oder unsanierte Gebäude zu finden. Im Zuge der Deindustrialisierung nach 1990 erfolgte der Abriss alter Industriebauten und deren Umbau zu Wohnungen. Die ehemaligen Kasernen wurden nach Rückzug des Militärs in Wohnquartiere umfunktioniert. Die Attraktivität des Wohnstandortes spiegelt sich auch im Anstieg der Bevölkerungszahl in Gohlis wider. Diese erhöhte sich allein seit dem Jahr 2000 um mehr als ein Drittel, in Gohlis-Süd sogar um ca. 50 Prozent. In den drei Ortsteilen Gohlis-Nord, Gohlis-Mitte und Gohlis-Süd mit einer Fläche von 530 Hektar lebten allein im Jahr 2016 über 43.000 Einwohner, was mehr als in jedem anderen Leipziger Stadtteil sind.

Kalte Gose und Besuch im Schillerhaus


Der Stadtteil Gohlis beherbergt wichtige Leipziger Sehenswürdigkeiten, darunter das Schillerhaus in der Menckestraße 42. Dabei handelt es sich um Deutschlands älteste Literaturgedenkstätte und Außenstelle des
Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig. Das Schillerhaus diente Friedrich Schiller 1785 als Sommerquartier. Hier verfasste er außerdem seine weltberühmte „Ode an die Freude“. Unweit des Schillerhauses befindet sich das Gohliser Schlösschen. Das Kleinod der sächsischen Kulturgeschichte wurde 1755/56 von Johann Caspar Richter als Sommerpalais erbaut. Nur etwa hundert Meter vom Gohliser Schlösschen entfernt liegt die Gosenschenke „Ohne Bedenken“, die einzige noch existierende Gosenschenke, deren Name von der Bierspezialität Gose stammt. Diese wird heute unter anderem in der Gosenschenke gebraut und ausgeschenkt. 

Übrigens: Der Spruch „Wem nicht wohl ist, der geh’ nach Gohlis!“ wird Johann Wolfgang Goethe zugeschrieben, der 1765 nach Leipzig kam, um an der Universität zu studieren. Der Volksmund änderte den Reim im Laufe der Zeit in „Wem`s zu wohl ist, der geht nach Gohlis“ und drückte damit aus, dass sich nur Besserverdienende ein Leben nahe der Stadt mit frischer Landluft und repräsentativen Gärten leisten konnten.

Stand: 17.12.2023

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Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.