Der Mägdebrunnen wurde am 31. Mai 1906 von Bildhauer Werner Stein errichtet und macht mit der wassertragenden Mädchenfigur in der Mitte seinem Namen alle Ehre. Anlässlich eines Heimatfestes stifteten auswärtige Leipziger die Mittel zum Bau.
Der Umzug der Wasserträgerin
Mit der Neubebauung des Rings in den 1950er Jahren mussten einige Straßenzüge und Gebäude weichen. Als einziger Rest der historischen Bebauung wurde der Mägdebrunnen in die Pläne mit einbezogen. Stand er bis zum Zweiten Weltkrieg noch vor der Kreishauptmannschaft, fließt sein Wasser nun am Ende des Roßplatzes zwischen Europahaus und Goldschmidtstraße.
Auf der mittig aufgestellten Säule steht eine überlebensgroße Bronzefigur einer Wasserträgerin. Die Mädchenfigur ist sehr fein und detailreich gestaltet und wurde von der Bronzebildgießerei Brückner und Noack gegossen. Die Säule ist mit plastischen Löwenköpfen verziert und steht in einem sechsseitigen Wasserbecken aus hellem Muschelkalkstein. An drei der Brunnenseiten sind kleine Steinbecken vorgelagert, die mit kaum noch lesbaren Inschriften verziert sind. Hier ist zu lesen:
„Wer mit will trinken, muss mit klinken / Wasser nimmt alles weg, Nur schlechte Reden nit / Wer rein Wasser will, Muss reine Kannen han“
Das Wasserbecken ist von einem kunstvoll geschmiedeten Gitter umgeben. Daran sind Hebelarme befestigt, die das aus den Löwenköpfen sprudelnde Wasser auffangen können.
Neben Werner Stein haben ebenfalls Baumeister Enke, der Steinmetzmeister Laux und der Bauklempner Wermann an dem Brunnen gearbeitet.
Von Lästereien am Brunnen
Der Mägdebrunnen nimmt Bezug auf die bekannte Brunnenszene aus Goethes „Faust“. In dieser Szene treffen sich Lieschen und Gretchen zum Wasserholen und Tratschen dabei. Lieschen lästert über Bärbel, da diese unehelich schwanger und nun sitzen gelassen wurde: „Sie füttert zwei, wenn sie nun isst und trinkt. […] So ists ihr endlich recht ergangen“ (V. 3549-4551). Gretchen empfindet jedoch Mitleid und fühlt sich in einer ähnlichen Lage mit ihrer Beziehung zu Faust.
Dass „Faust“ in Leipzig eine große Rolle spielt, wird auch in der berühmten Szene im Auerbachs Keller deutlich. Während seines Studiums in Leipzig von 1765 bis 1768 verbrachte Johann Wolfgang Goethe viel Zeit in dem Studentenlokal Auerbachs Keller. Hier sah er die beiden um 1625 entstandenen Bilder auf Holz von Dr. Faustus, die ihn zu der Szene inspirierten.
Stand: 29.11.2023