Krochhochhaus in Leipzig

Goethestraße 2 Ortsteil: Zentrum

Das Krochhochhaus wurde als erstes Hochhaus der Stadt Leipzig und zugleich erstes privates Bankgebäude in dieser Größe in Deutschland errichtet. Es wurde 1927/28 auf Ansinnen des Bankiers Hans Kroch nach Entwürfen von German Bestelmeyer als Bankhaus im Stil des venezianischen Torre dell‘ Orologio geschaffen. Der 43 Meter hohe Bau prägt noch heute das Erscheinungsbild des Augustusplatzes. Seit 2010 beherbergt das Krochhochhaus das Ägyptische Museum der Universität Leipzig, dessen Eingang sich in der Theaterpassage befindet.

Vom Bauskandal zum ersten Hochhaus der Stadt


Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg versuchte die Weltmessestadt Leipzig das verlorengegangene Selbstbewusstsein zumindest symbolisch durch den Bau von Messepalästen und Hochhäusern nach amerikanischem Vorbild wiederzuerlangen. Während dieses Vorhaben zunächst an der Inflation scheiterte, setzte der Stadtbaurat Hubert Ritter wenig später mit seinem Konzept für einen Hochhausring um die Leipziger Innenstadt einen neuen Impuls. Der Bankier Hans Kroch griff die Idee auf und schlug vor, die Privatbank Kroch nach diesem Vorbild neu zu errichten. Am besten geeignet für ein solches Gebäude war der Augustusplatz, jedoch war dort lediglich das schmale Grundstück der Theaterpassage zwischen Konfektionshaus Bamberger & Hertz und der Dresdner Bank – ehemals Hotel „Schwarzes Bret“ – verfügbar. Den 1926 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb „zur Erlangung von Entwürfen für die städtebauliche Ausgestaltung des Augustusplatzes und für die architektonische Durchbildung des Bankhauses Kroch“ gewann der Münchner Architekt German Bestelmeyer. Sein ambitionierter Entwurf für ein alle anderen Bauten überragendes Hochhaus nach dem Vorbild des venezianischen Torre dell‘ Orologio rief bei den Bürgern der Stadt zunächst großen Widerstand hervor. Hintergrund war die Vorschrift, dass sämtliche Neubauten in der exponierten Innenstadtlage die Firsthöhe der bereits bestehenden Bauten nicht überschreiten dürften – schon gar nicht ein Privatbau. Der Entwurf wurde schließlich unter der Voraussetzung genehmigt, dass das Hochhaus die weiteren Gebäude nicht allzu aufdringlich überschreiten dürfe. So konzipierte Kroch die vier Etagen nach Erreichen der Normhöhe als Attrappen und überzeugte damit schließlich die Entscheider. Der 43 Meter hohe Komplex wurde 1927/28 als erstes Hochhaus der Stadt und zugleich erstes privates Bankgebäude in dieser Größe in Deutschland errichtet. Bestelmeyer schuf damit eines der Wahrzeichen Leipzigs, welches noch heute den Augustusplatz prägt, und gab zugleich den Auftakt für den Hochhausbau in Leipzig.

Venezianisches Flair auf dem Augustusplatz


Wer schon einmal auf dem Markusplatz in Venedig stand, dem kommt der imposante Bau des Krochhochhauses sehr bekannt vor – und das mit guten Grund: Der elfgeschossige kalksteinverkleidete Stahlbetonbau wurde nach dem Vorbild des Uhrturms am Markusplatz gestaltet. Passend dazu wurden dem Gebäude zwei bronzene Glockenschläger aufgesetzt. Sie galten zur Eröffnung 1928 als das größte Turmschlagwerk der Welt. Der Schmied Eugen Ehrenbock schuf die 3,30 m hohen Kupferfiguren nach Entwürfen des Bildhauers Josef Wackerle. Letzterer wollte damit einen harten oberen Abschluss des kantigen Gebäudes vermeiden. Der eine Glockenmann, ein Jüngling, schlägt aller 15 Minuten, der andere bärtige Alte schlägt jede volle Stunde. Das darunter gelegene Giebelfeld trägt, ganz im Geist der Handelsstadt, die lateinische Inschrift „Omnia vincit labor“ (Arbeit überwindet alles). Die Turmuhr der Leipziger Firma Berhard Zachariä auf Höhe des elften Obergeschosses wird von zwei reliefierten Löwen flankiert. Die Symbole Venedigs und zugleich Wappentiere Leipzigs spiegeln die Bedeutung und Macht des Bankhauses wider. Der Bezug Leipzigs und der einst dominierenden Welthandelsstadt Venedig war durchaus eine Verbidnung, die damals wie heute gefiel. An der Kugel oberhalb der Uhr werden können die Mondphasen abgelesen werden.

Altes Ägypten im ehemaligen Bankhaus 


In der Schalterhalle des ehemaligen Bankhauses Kroch in der Theaterpassage hat heute das Ägyptische Museum der Universität Leipzig sein Domizil. Die Halle stellt ein bedeutendes Interieur des Leipziger Art déco dar. Besonders eindrucksvoll ist auch der von Josef Wackerle geschaffene Neptunbrunnen aus Terrakotta mit der vergoldeten Figur des Meeresgottes. Im Jahr 2010 wurde das ehemalige Bankhaus zu einem Ort der Wissenschaft und der Forschung umgewidmet, der heute die größte und bedeutendste Universitätssammlung ihrer Art in ganz Deutschland beinhaltet. Die Sammlung setzt sich im Wesentlichen aus archäologischen Funden und Käufen des Ägyptologen und Museumsleiters Georg Steindorff zusammen und umfasst rund 7.000 Objekte. Diese stammen aus fünf Jahrtausenden, insbesondere aus dem unternubischen Aniba. Neben zahlreichen Statuen, alltäglichen Gegenständen und einigen Mumien bildet ein mumienartig gestalteter Sarg mit Hieroglyphen den Grundstock des Museums. Dieser wurde 1840 vom Professor für Archäologie der Universität Leipzig, Gustav Seyffart, in Triest erworben und zählt noch heute zu einer echten Rarität und Attraktion des Museums. 

Das Krochhochhaus hat bis heute nichts von seiner architektonischen Bedeutung eingebüßt. Der Bau wurde mit Muschelkalkplatten verkleidet und weist nur wenig figürliche Ornamentik auf, die auf die unterste und oberste Geschosszone beschränkt ist. Das gesamt Bildprogramm spiegelt die Lebenseinstellung des bodenständigen Bankiers wider und zeugt von seiner Einbindung in die Gesellschaft. Auf den kantigen, mit Naturstein verkleideten Betonsäulen des Eingangsbereichs entdeckt man beim näheren Hinschauen einen symbolischer Bildschmuck. Dieser wurde in der Art frühzeitlicher Ritzzeichnungen ausgeführt. Im Untergeschoss befindet sich die Theaterpassage mit zahlreichen Geschäften. Sie wurde damals so benannt, weil sie unmittelbar zum gegenüberliegenden Neuen Theater auf dem Augustusplatz führte. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg 1943 zerstört. An gleicher Stelle wurde bis 1960 das heutige Opernhaus errichtet.

Bildergalerie - Krochhochhaus in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Krochhochhaus in Leipzig

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Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.
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