Der Weg zum Abkühlen an heißen Sommertagen ist nicht weit: Das Schreberbad liegt recht nahe am Stadtzentrum. Es ist kein Wunder, dass es zu Leipzigs beliebtestem Freibad geworden ist. Bald wird der attraktiv erweiterte Stadthafen Leipzig für zusätzliches Publikum sorgen. Das „Schrebbser“, wie es früher oft genannt wird, ist Leipzigs ältestes noch existierendes Freibad. Es ist Nachfolger der Neubertschen Schwimmanstalt.
Erst mit Ende des Braunkohletagebaus gibt es in Leipziger Neuseenland genügend Tagebauseen. Doch dank der Parthe, des Pleißemühlgrabens sowie des Elstermühlgrabens kann Leipzig auch schon früher Plätze für sogenannte „Flussplanscher“ ausweisen. So heißen einst die Leute, die zwar das Wasser mögen, aber nicht schwimmen können. Das Bedürfnis, in den Flüssen zu baden und sich zu reinigen, ist groß. Ein solches Flussbad ist die Neubertsche Schwimmanstalt, die im Jahr 1842 öffnet. Die Aufsicht über alle Aktivitäten im Wasser übernimmt damals die Innung der Fischer. Dennoch ertrinken in Leipzig um diese Zeit jährlich etwa 5.000 Menschen.
Bürger kaufen Aktien für neues Freibad
Die Neubertsche Schwimmanstalt erweist sich rasch als viel zu klein. Leipzig benötigt dringend ein größeres Bad. Allerdings hat die Stadt Leipzig dafür kein Geld. Deshalb haben findige Stadtväter die Idee, eine Aktiengesellschaft zu gründen. Diese gibt 600 Aktien zu einem Wert von je 50 Thalern heraus, damit die Bürger sich beteiligen und das Bad selbst finanzieren können. Kosten: 84.000 Mark. Planung und Ausführung wird in die Hände eines Verwaltungsrates von 15 Mitgliedern gelegt. Der Name des Bades geht auf Daniel Gottlob Moritz Schreber zurück, der wohl zu den Stiftern gehörte. Bis heute ist der Name des Leipziger Arztes ein Synonym für die benachbarte Schrebergartenanlage am Rande und in der Stadt. Er stirbt allerdings bereits 1861, hat die Eröffnung des Bades nicht erlebt.
Sprunggerüst wird die Attraktion
Am 8. Juli 1866 ist es dann so weit: Die nach Plänen von Heinrich Dimpfel erbaute Herrenbadeanstalt des Schreberbades, ein Holzbau mit einem 95 mal 28 Meter großen Becken, kann öffnen. Das ist auch aus heutiger Sicht spektakulär, das Becken ist fast doppelt so groß wie jenes im heutigen Sportbad an der Elster. Ein Drittel des Schreberbadbeckens ist für Nichtschwimmer hinter einer Palisade abgetrennt. Es kann auf einer Holzbrücke überquert werden. Das Elsterwasser läuft durch einen Filter, bevor es in die Bassins geleitet wird. Die Attraktion ist ein zwölf Meter hohes Sprunggerüst, es gibt ebenfalls ein Bassin für die Schwimmschule.
Wie es in einem Artikel in der Zeitschrift „Gartenlaube“ aus dem Jahr 1866 heißt, befindet sich in der Mitte des Gerüstes „eine erhabene Brücke, unter der Schaukelreck und Schaukelringe angebracht“ sind. Von dort können die „turnfertigen Jünglinge und Männer Leipzigs von der Höhe herab über die Wasserfläche hinausfliegen, um sich im kühnen Absprunge und Überschlag mitten in die Fluth zu stürzen.“ Es entsteht auch ein Verwaltungsgebäude mit Eingangshalle, an deren Seiten sich Kasse und Wäscheausgabe befinden. „Auskleideplätze“, wie es damals heißt, gibt es ebenso wie einen eigenen Bootsanlegesteg.
Damenbad ist abgeschirmt
Bevor die Damen baden gehen können, vergehen weitere drei Jahre. Am 16. Mai 1869 wird für sie ein 58 mal 15 Meter großes Becken freigeben – selbstverständlich räumlich und wahrscheinlich blickdicht abgeschirmt von den Herren. Das ist die erste „unbedeckte freie Schwimm- und Badeanstalt für Frauen in Deutschland“, wie es in zeitgenössischen Quellen heißt. Ein Teil des Damenbeckens (20 Meter Länge) ist das Kinderbad. Besonders ist damals die Bademode: Die Frauen tragen Badekostüme mit Hut, Badestrümpfen und Korsett. Schwimmen ist nicht üblich, das höchste der Gefühle ist zu jener Zeit wohl ein „Wasserbesuch“ bis Kniehöhe.
Die Pflege der überwiegend mit Holz verkleideten Becken ist sehr aufwändig. Deshalb beschließt die Stadtverwaltung, das Holz durch Stein zu ersetzen. Aus diesem Grund wird der Männerbereich bereits 1886, der Damenbereich dann 1890 nach Plänen von Max Pommer saniert. Dadurch können die Kosten für den Betrieb gesenkt werden. Dieser bleibt damals nicht auf die Sommermonate beschränkt – im Winter wird sogar zum Eisbaden für die besonders Hartgesottenen geöffnet.
Das Schreberbad verfügte schon damals über eine riesige Liegewiese sowie alte, schattenspendende Bäume. In der Freizeitstätte gibt es viel Platz zum Erholen, aber auch für gesellschaftliche Kontakte. Die Bildhauer Max Klinger und Carl Seffner sind ebenso wie Verlagsbuchhändler Salomon Hirzel hier häufig zu Gast.
Im Jahr 1895 werden 49.700 Tickets für das Bad verkauft. In der Badesaison 1927/28 gibt es 284 Auskleidezellen für die Herren sowie 198 für die Damen. Zusätzlich stehen offene Auskleidehallen bereit.
Doch mit dem Zweiten Weltkrieg kommen neue Veränderungen. Eine Fliegerbombe bei alliierten Luftangriffen zerstört 1944 das Damenbad. Es wird nach Kriegsende nicht wieder aufgebaut. An dessen Stelle befindet sich inzwischen die Liegewiese sowie Teile einer Kleingartenanlage. Repariert werden nur die Schäden im Männerbereich. Das Hauptgebäude wird ebenfalls neu aufgebaut.
Schreberbad wird als Familienbad umgebaut
Zu DDR-Zeiten ist das Schreberbad ebenfalls beliebt. Doch es ist in die Jahre gekommen. Das Becken ist undicht und die Anlagen für die Aufbereitung des Wassers sind technisch veraltet, wie in vielen Schwimmhallen und Freibädern Leipzigs. Die Leipziger Sportbäder haben es daher 2007 grundlegend erneuert und zum Familienbad ausgebaut. Zu diesem Zweck wird die Größe des Beckens um zwei Drittel verkleinert. Mittlerweile gibt es zwei Becken aus Edelstahl, die insgesamt 810.000 Liter fassen. Das Wasser wird bis zu zwölfmal am Tag umgewälzt und gesäubert. Das Schwimmerbecken ist den Freizeitsportlern vorbehalten, die auch in Frühbadestunden ihre Bahnen ziehen können. Ein separates Becken bietet mit Riesenrutsche und Wasserspielen vor allem Kindern und Jugendlichen viel sommerliches Vergnügen. Außerdem gibt es ein 12 x 5 Meter großes Kinderplanschbecken. Neben der großen Liegewiese stehen für die Gäste zwei Spielplätze sowie Sportanlagen für Basketball und Beachvolleyball bereit. Mittlerweile ist das „Schrebbser“, das wohl nur noch wenige so nennen, ein modernes Bad in historischer Kulisse.
Stand: 24.06.2024