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Handschwengelpumpen

Stadtgebiet | Ortsteil: Zentrum und verschiedene Ortsteile

Zum Zweck der städtischen Wasserversorgung wurden zwischen 1886 und 1904 die ersten Handschwengelpumpen in Leipzig gebaut. Als eine der wenigen deutschen Städte ließ Leipzig ab der Hälfte des 19. Jahrhunderts die gusseisernen Gehäuse öffentlicher Handschwengelpumpen mit Schmuckelementen künstlerisch gestalten. Es gab fünf Grundtypen: die Vogelkäfigpumpe, die Delphinpumpe, die gotische Pumpe, die Pumpe mit dem großen Löwen und die Pumpe mit dem kleinen Löwen. Von den knapp 300 Pumpen sind heute nur noch rund 50 in Leipzig erhalten und stehen unter Denkmalschutz.

Von der städtischen Wasserversorgung zum Zierobjekt


Die Handschwengelpumpen an einigen Leipziger Straßenecken zeugen noch heute von einer früheren Art der Wasserversorgung mittels beschwerlicher Eimertransporte zwischen Pumpe und Wohnung anstelle des Wasserhahns. Die Versorgung der Stadt Leipzig mit Trinkwasser erfolgte einst ausschließlich durch die naheliegenden Flüsse sowie die Grundwasser- und Schachtbrunnen. Im Mittelalter existierten in der Stadt zwei Brunnenarten: die Röhrenbrunnen, welche das Wasser aus Quellen über Holzröhren gewannen, ebenso wie Schöpf- und Zierbrunnen. Ab der Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelten sich die Pumpen technisch weiter. Der ursprünglich offene Brunnenschacht des Schöpfbrunnens sowie des ebenfalls offenen Wasserkastens des Röhrenbrunnens wurde fortan durch das über ihm befindliche Pumpengehäuse geschützt. Das Pumpengehäuse, der Pumpenkolben und der Handschwengel bestanden aus Holz, die Ventile aus Lederscheiben und das Pumpengestänge zum Teil aus Kupfer.

Waren die Pumpen früher für die Menschen lebenswichtig, dienen sie heute vor allem der Zierde. Zwischen 1886 und 1904 entstanden in der prosperierenden Stadt die ersten Handschwengelpumpen. Bereits ab der Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die hölzernen durch gusseiserne Pumpen ersetzt und neue Standorte für die Brunnen geschaffen. Um die Jahrhundertwende entstanden insgesamt 282 öffentliche Handschwengelpumpen in der Innenstadt sowie verteilt im gesamten Stadtgebiet mit dem Zeitgeschmack entsprechenden, teilweise kunstvollen Brunnengehäusen. Die Pumpen wurden nach den Schmuckelementen der Gehäuse benannt. Zu dieser Zeit unterschied man in Leipzig fünf verschiedene Typen: die Vogelkäfigpumpe, die Delphinpumpe, die von neogotischer Ornamentik geprägte gotische Pumpe als älteste gusseiserne Pumpe, die Pumpe mit dem großen Löwen und die Pumpe mit dem kleinen Löwen. Die Pumpen wurden noch bis zur flächendeckenden zentralen Wasserversorgung 1927 gebaut. Als im Zuge der Bombenangriffe 1943/44 vielerorts die Wasserversorgung zusammenbrach, wurden die Brunnen kurzzeitig reaktiviert.

Gusseiserne Kolosse am Straßenrand: Von Delphin bis Vogelkäfig


Bis Mitte 1984 befand sich in der Burgstraße unmittelbar vor dem Restaurant
Thüringer Hof eine gotische Pumpe, welche aufgrund von geplanten Restaurierungsarbeiten durch die VEB Wasser- und Abwasserbehandlung Leipzig demontiert wurde. Heute steht sie wieder am alten Platz. In der Innenstadt kann man alle Pumpentypen bewundern, darunter auch restaurierte und funktionstüchtige Vogelkäfigpumpen, zum Beispiel in der Magazingasse sowie im Peterssteinweg an der Ecke zur Münzgasse. Insbesondere in den äußeren Stadtbezirken gibt es noch zahlreiche Delphinpumpen. Eine solche Pumpe befindet sich noch auf dem Mittelstreifen der August-Bebel-Straße stadteinwärts zwischen Kurt-Eisner-Straße und August-Bebel-Straße. In der Bürgerstraße sowie in der Erich-Ferl-Straße ist noch eine durch eine Krone als oberen Abschluss des Pumpengehäuses gekennzeichnete kleine Löwenpumpe zu sehen. Demgegenüber sind die gotische und die Vogelkäfigpumpe durch stilisierte Hauben und Kuppeln als oberen Abschluss gekennzeichnet. Die Pumpe mit dem kleinen Löwen ist mit einem sitzenden Löwen aus getriebenem Zinkblech bekrönt, während auf der Pumpe mit dem großen Löwen ein halb aufgerichteter, sich mit den Vorderpfoten auf das Stadtwappen stützender Löwe abgebildet ist. Die Pumpe mit dem großen Löwen gibt es ausschließlich in Leipzig, während die anderen vier Typen in mehreren Städten vertreten sind. Die aus Meißen stammende Delphinpumpe war durch zwei einen Dreizack umschlingende Delphine gekennzeichnet. Da von vielen Handschwengelpumpen die charakteristischen Figuren fehlen, sind die meisten Pumpentypen als solche heute kaum mehr erkennbar.

Von den knapp 300 öffentlichen Handschwengelpumpen sind heute nur noch etwa 50 erhalten. Obwohl diese als Markenzeichen Leipzigs gelten und unter Denkmalschutz stehen, sind viele vom Verfall bedroht. Von den bereits restaurierten Pumpen spenden nur noch wenige Wasser. An einigen Stellen lässt sich noch von einer speziellen steinernen Grundplatte entnehmen, dass dort früher eine Pumpe war und sich eventuell darunter noch eine Brunnenstube befindet. Die historischen Pumpen haben heute eher eine dekorative Aufgabe. Im Waldstraßenviertel und in Gohlis gibt es kaum Pumpen, da dort einst das Großbürgertum lebte und die Häuser im Zuge der heutigen Bebauung ab 1850 direkt an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen wurden. Da dies im weniger wohlhabenden östlichen Stadtteil zu teuer war, mussten die Bewohner hier noch länger den Weg zur Pumpe zurücklegen.

Die Idee der Handschwengelpumpen und der damit verbundenen Erfrischung haben die Wasserwerke Leipzig mit dem Konzept Trinkbrunnen in Leipzig wieder aufgegriffen und nahmen am 12. Juli 2017 in der Petersstraße den ersten öffentlichen Trinkbrunnen in Betrieb. Es handelte sich um den Wiener Brunnen des Wiener Künstlers Hans Muhr, der von 1999 bis 2012 an der Hainstraße stand und dann dem Neubau des Geschäftshauses Hainspitze weichen musste. Seitdem stellten die Wasserwerke weitere Trinkbrunnen auf. Die praktischen Durstlöscher befinden sich inzwischen auch vor der Tourist-Information Leipzig (Katharinenstraße 8), am Augustusplatz nahe dem Gewandhaus zu Leipzig und am Skatepark Grünau

Stand: 26.09.2023

Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Menckestraße 5 | Ortsteil: Gohlis-Süd

Die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ wurde 1899 von Carl Cajeri in der Menckestraße 5 eröffnet. Seit ihrer Gründung wird dort die obergärige Bierspezialität Gose ausgeschenkt, welche bereits im Mittelalter in Goslar gebraut wurde und 1738 nach Leipzig kam. Sie ist die einzige noch erhaltene historische Gosenschenke Leipzigs.

Trinken ganz ohne Bedenken in Leipzigs größter Gosenschenke


Der Beiname des Gasthauses geht auf den Kellner
Karl Schmidt zurück. Dieser antwortete um 1900 auf die häufig gestellte Frage „Kann man das Gesöff Gose auch trinken?“ stets mit „Ohne Bedenken.“. Um 1900 war die Blütezeit der Gose sowie der Gosenschenken. Von all den zahlreichen Gosenstuben, die ab Mitte des 18. Jahrhunderts in Leipzig existierten, ist heute nur eine einzige am historischen Ort erhalten: die Gosenschenke „Ohne Bedenken“. Ihre Geschichte reicht bis 1899 zurück. In diesem Jahr verlegte die Wirtsfamilie Cajeri ihre Gaststube aus der Leipziger Innenstadt in den Ortskern des Dorfes Gohlis bei Leipzig. Carl Cajeri erbaute dort in der heutigen Menckestraße 5, unweit des Rosentals, von 1904 bis 1905 die größte Gosenschenke Leipzigs mit über 300 Innenplätzen und einem Biergarten mit mehr als 100 Plätzen. Seinerzeit galt die Gosenschenke als heimliche Stammkneipe des Architekten Hugo Licht, der sich in dem urigen Lokal außerhalb der Innenstadt verpflichtenden Fragen entziehen und ungestört seine Gose trinken konnte.

Die Gosenschenke überdauerte die Kriegs- und Nachkriegszeit und wurde bis 1920 von Carl Cajeri geführt. Davon zeugt noch heute die an der Rückseite des Gebäudes angebrachte Sonnenuhr, welche ebenso wie die Goseflasche über der Tür die Fassade nach dem italienischen Garten ziert. Eine besondere Attraktion war zu dieser Zeit das „Abtragen“ von Studenten, welche zu tief ins Goseglas geschaut hatten und auf einer hölzernen Trage zum Pleißeufer geschafft und ins knietiefe Wasser gekippt wurden. Zwischen 1922 und 1932 bewirtete August Kurtz die Gäste, bis die Gosenschenke im Jahr 1936 von Karl Matthes übernommen wurde. Zu dieser Zeit hatte der Betrieb eine erhebliche Größe von 16 Angestellten, die Speisekarte beinhaltete mehr als 80 Gerichte, darunter Speisen wie „Krebsschwänze in Dill“, „Doppeltes Lendenstück“ und spezielle „Ohne Bedenken“ Platten.

In der Bombennacht des 4. Dezember 1943 wurde die Gosenschenke stark beschädigt und der Biergarten größtenteils zerstört. Die Lauben brannten nieder und der Keller wurde mit 500 Liter Gose überschwemmt, da das Eichenfass zerstört wurde. In den heil gebliebenen Gebäudeteilen wurde in den Nachkriegsjahren weiter bewirtet. Braumeister Friedrich Wurzler belieferte die Gosenschenke mit Döllnitzer Rittergutsgose, bis der Betrieb 1958 schließlich eingestellt werden musste. Die Gosenkultur wurde von der offiziellen DDR-Kulturbürokratie als „kleinbürgerlich und heimattümelnd“ diffamiert und passte nicht in das sozialistische Weltbild. In diesem Zuge wurden zahlreiche Baudenkmale abgebrochen, darunter 1960 die historische Kümmelapotheke in Eutritzsch. Die Gose geriet in Vergessenheit. Ab 1960 wurde die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ zum „Kulturzentrum der Nationalen Front“ umgebaut und in den Folgejahren unter anderem als Bibliothek und Radiologie genutzt. Nur sechs Jahre später musste auch der letzte Leipziger Goseausschank im traditionsreichen Hotel Fröhlich in der Wintergartenstraße eingestellt werden.

Vom Geheimtipp zur weltbekannten Pilgerstätte der Goseliebhaber


Im Jahr 1985 ließ der Gastronom
Lothar Goldhahn in seiner Berliner Brauerei Gose brauen und nach Leipzig liefern. Aufgrund eines Artikels in den „Leipziger Blättern“ von Gunther Böhnke wurde Goldhahn auf die Gosenschenke aufmerksam und verpflichtete sich, diese wiederzubeleben. Nur ein Jahr später, am 14. Mai 1986, wurde die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ von Goldhahn feierlich wiedereröffnet und die goselose Zeit in Leipzig hatte ein Ende. Die alte Holzvertäfelung wurde umfangreich rekonstruiert und die historischen Räumlichkeiten wurden von Goldhahn mit thematischen Sammlungsstücken zum Thema Gose ausgestattet, darunter Reklameschilder, Ansichtskarten, Flaschen, Bücher, Bierdeckel und Speisekarten. Diese kann man noch heute in den Gaststuben bewundern. Zwischen 1985 und 1990 war Wladimir Putin in Leipzig als KGB-Agent stationiert und kehrte regelmäßig in der Gosenschenke ein. Sein Lieblingsgericht „Cajeris Liebling“ – Schweinesteak mit heißer Leberwurst und Bratkartoffeln – genoss er stets mit einer Gose.

Zur Wiedereröffnung 1986 noch ein Geheimtipp, wurde das traditionsreiche Gasthaus schnell zu einem Pilgerort der Goseliebhaber. Lothar Goldhahn hatte einen „Werksstandard“ für die Produktion der Gose entwickelt und bezog diese bis 1990 aus Berlin.
Mit der Wiedervereinigung wurde Dr. Hartmut Hennebach 1990 Pächter und 1995 Eigentümer der Gosenschenke. Mit der Gründung des Kabaretts „Gohglmohsch“ entwickelte er diese auch zur Kleinkunstbühne. Mitte der 1990er Jahre erfreute sich die Gosenschenke wachsender Beliebheit. Ohne Vorbestellung konnten die Gäste oftmals keinen Platz bekommen. Um dem Ansturm gerecht zu werden, baute Hennebach das Wirtshaus sowie den Biergarten 1994 wieder in seiner ursprünglichen Größe bis zum Poetenweg aus. Goldhahn ließ die Gose noch bis 1995 in Dahlen brauen, danach wurde Thomas Schneider als Braumeister der Gose in Weissenburg eingesetzt. Ab 1999 braute Schneider die „Leipziger Gose“ in seiner neuen Lokalität Bayerischer Bahnhof Gasthaus und Gosebrauerei in Leipzig. Im selben Jahr wurde auch die Herstellung der ursprünglichen „Döllnitzer Ritterguts Gose“ wieder aufgenommen. Damit gab es in Leipzig wieder zwei Gosebrauereien. 2012 wurde der langjährige Geschäftsführer Jens Gröger neuer Gosewirt der Gosenschenke „Ohne Bedenken“, die noch heute das Flair der Zwanziger Jahre besitzt. Seit 2010 zählt sie zu den 150 besten Bierlokalen weltweit. Der Biergarten wurde seit 2012 mehrmals zu den schönsten Biergärten in Deutschland gewählt. Seit 2017 wird in der Gosenschenke in der kleinen Gasthausbrauerei die „Edelgose“ gebraut und ausgeschenkt, welche bei den „World Beer Awards“ 2019 erstmals mit „Gold“ ausgezeichnet wurde. Seit 2018 braut Jens Gröger auch das „Kellergold“, seit 2020 den „Schwarzen Hahn“ sowie saisonale Craftbiere wie India Pale Ale. Neben Goseverkostungen finden in der Gosenschenke auch Führungen, Live-Musik-Veranstaltungen, Kabarett und Kleinkunst statt. Bis zum Jahr 2015 erfolgte bei einem Biergartenfest die Wahl der Miss Ohne Bedenken.

Urige Gaststuben hinter historischem Jugendstil-Gewand


Die Gosenschenke präsentiert sich noch heute in der Fassade von 1905: Das Gebäude mit seinem markanten runden „Gose-Erker“ mit Girlandenschmuck und fünf Porträtmedaillons wurde nach Entwürfen des Architekten
Wilhelm Becker im Jugendstil errichtet. Die mit dunklem Holz ausgekleidete Historische Gaststube im Erdgeschoss, ehemals „Biedermeierstübchen“, ist der einzige, original erhaltene Gastraum im authentischen Ambiente von 1905 und bietet Platz für 60 Gäste. Den rustikalen Bierkeller mit seinem alten Kellergewölbe erreicht man über eine historische Wendeltreppe. Mit seinen 40 Plätzen eignet sich dieser ideal für gemütliche Stammtischrunden. Das traditionelle Vereinszimmer und die „Kleine Gaststube“, mit ihrer Holzvertäfelung verfügen über 20 bis 35 Plätze. In den Sommermonaten lädt der urige Biergarten im authentischen Ambiente von 1899 zum Verweilen ein. Eingerahmt von Gründerzeitbauten zählt dieser zu den ältesten der Stadt und bietet 500 Plätze. Unter dem dichten, alten Baumbestand können die Gäste neben einer frisch gezapften Gose bei schönem Wetter Spezialitäten vom Holzkohlegrill genießen. Sollte man doch einmal von einem Regenschauer überrascht werden, bietet der Biergarten zwei überdachte Terrassen. Die Speisekarte beinhaltet noch immer traditionelle Gerichte von 1905, darunter das „Gose-Häppchen“ – sauer eingelegter Camembert, Fettbemmchen und saure Gurke – oder hausgemachten Zwiebelkuchen.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Historisches Bildmaterial - Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Goerdeler-Denkmal

Martin-Luther-Ring | Ortsteil: Zentrum

Das Goerdeler-Denkmal befindet sich an der Südwestecke des Neuen Rathauses am Martin-Luther-Ring. Es erinnert an Carl Friedrich Goerdeler, der von 1930 bis 1937 Leipzigs Oberbürgermeister war, von seinem Amt aus Protest gegen die nationalsozialistische Politik zurücktrat und 1945 von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde. Das Denkmal wurde 1999 nach einem Entwurf des amerikanischen Künstlerpaares Jenny Holzer und Michael Glier errichtet. Dabei handelt es sich um einen fünf Meter tiefen Glockenschacht, in welchem sich eine Bronzeglocke befindet, welche viermal täglich sowie an besonderen Tagen schlägt. Der Schacht wird ebenerdig von einer Art Amphitheater bestehend aus drei kreisrunden Steinstufen mit eingravierten Zitaten Goerdelers umschlossen. Das Denkmal dient als Mahnmal für Widerspruchsgeist und Zivilcourage gleichermaßen.

Leipzigs einstiger Oberbürgermeister: Gegner und Opfer des Nationalsozialismus


Carl Friedrich Goerdeler war von 1930 bis 1937 Oberbürgermeister Leipzigs. Er hatte stets den Ruf, sein Amt wie ein preußischer Beamter auszuüben sowie keinesfalls konfliktscheu zu agieren. Goerdeler positionierte sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gegen unrechtes Handeln, darunter den Boykott jüdischer Geschäfte oder die Umbenennung von nach jüdischen Personen benannten Straßen. Besonders energetisch wandte sich Goerdeler gegen alle Anläufe der NSDAP, das
Mendelssohn-Denkmal am Alten Gewandhaus zu zerstören. Dessen Abriss in seiner Abwesenheit durch nationalsozialistische Befürworter war für Goerdeler 1936 Anlass, sein Amt als Oberbürgermeister niederzulegen. In den Folgejahren verteidigte Carl Friedrich Goerdeler seine Überzeugungen gegen das NS-Regime mit herausragender Standfestigkeit und Willensstärke. Auf seinen Reisen ins Ausland zwischen 1937 und 1939 warnte Goerdeler insbesondere die Großmächte vor dem Kriegstreiber Adolf Hitler und brachte deutschlandweit Gesinnungsgenossen aus verschiedenen politischen Richtungen zusammen. Spätestens seit Kriegsbeginn zählte er zu den führenden zivilen Vertretern der Widerstandsbewegung. Nach dem missglückten Attentat von Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Hitler am 21. Juli 1944 wurde Goerdeler im August denunziert und verhaftet. Später verurteilte ihn der Volksgerichtshof zum Tode und ließ ihn am 2. Februar 1945 von den Nationalsozialisten in Berlin-Plötzensee hinrichten.

Zwei künstlerische Wettbewerbe stellen die Weichen für das Goerdeler-Denkmal


Am 16. November 1993 beschloss die Leipziger Stadtverordnetenversammlung die Ehrung Carl Friedrich Goerdelers „mit einer Plastik bzw. einem künstlerischen Objekt“. Als Ort für das Denkmal wurde die Südwestecke des Neuen Rathauses, direkt unter dem Arbeitszimmer des Oberbürgermeisters, benannt. Entscheidend für den Entschluss zur Ehrung Goerdelers war seine mutige Beteiligung am Widerstand gegen Hitler. Bis dahin hatte Leipzig bereits zwei seiner Stadtoberhäupter mit öffentlichen Denkmälern geehrt, darunter jenes für seine Bürgermeister
Carl Wilhelm Müller sowie Otto Koch. Ersteres befindet sich gegenüber dem Hauptbahnhof in der Grünanlage des Promenadenrings am Unteren Park, letzteres auf dem Promenadenhügel am Roßplatz in der Lenné-Anlage. Unter Federführung des Kulturamtes wurde 1994, knapp 50 Jahre nach dem Tod Goerdelers, ein internationaler offener künstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben. Die rund 80 Einsendungen, darunter Beiträge aus Deutschland, Polen, Österreich, Tschechien, der Schweiz, der Slowakei und Ungarn, brachten keine Vergabe eines ersten Preises hervor, so dass 1996 ein zweiter internationaler Wettbewerb auf Einladung ausgeschrieben wurde. Auffallend war, dass drei der insgesamt fünf anonym eingegangen Entwürfe ein in die Erde versenktes Ensemble vorsahen. Lediglich ein Entwurf beinhaltete ein flach am Boden gedachtes sowie ein weiterer Entwurf ein stehendes Werk. Aus dem Wettbewerb ging 1997 eindeutig das amerikanische Künstlerpaar Jenny Holzer und Michael Glier hervor. Den bautechnischen Entwurf sowie die Umsetzung des 1999 errichteten Denkmals hatte die Leipziger bgk-consulting GmbH inne. Zu dem Konzept von Glier und Holzer gehörte es, den vergessenen Widerstandskämpfer auch mit Zitaten aus zeitgenössischen Dokumenten ins Gedächtnis zu rufen. Letztlich entschied man sich für Selbstzeugnisse, deren Vorauswahl Ines Reich, die Mitarbeiterin der Gedenkstätte von Sachsenhausen, traf.

Glockenläuten für Zivilcourage und Widerspruchsgeist


Bei dem Goerdeler-Denkmal handelt es sich um eine ungewöhnliche Form der Ehrung, welche mit der gewohnten Form eines Personendenkmals bricht. Es spielt mit Elementen der Fläche und Tiefe. Optisch wahrzunehmen ist zunächst die ebenerdige, dreifach abgestufte, ringförmige Umrandung inmitten einer kreisrunden Rabatte, welche an ein Amphitheater erinnert. Der Außendurchmesser beträgt insgesamt 6,40 Meter. Die gesamte Anlage nimmt in ihrer Grundstruktur uralte Bauformen eines Mausoleums bzw. Baptisteriums auf und ist von einem drei Meter breiten Ring mit einer graugrün- und weißblättrigen Bepflanzung umschlossen. Die drei kreisrunden Steinstufen führen hinab in einen fünf Meter tiefen Glockenschacht mit einem Durchmesser von 2,75 Metern, welcher von einem begehbaren Gitter bedeckt ist und in dessen Tiefe sich eine Bronzeglocke befindet. Auf den begehbaren Stufen aus Kirchheimer Muschelkalk und Granit befinden sich – chronologisch von außen nach innen angeordnet – 29 von Michael Glier und Jenny Holzer ausgewählte Zitate aus Texten, Briefen und Reden Goerdelers sowie Angaben zu seiner Biografie. Diese reflektieren das Denken und Handeln Goerdelers zwischen 1934 und 1945 und belegen die Wandlung des national-konservativen Politikers vom Sympathisanten der NSDAP Anfang 1933 zum erklärten Gegner Hitlers. Die Beschriftung beginnt im äußeren Denkmalsring mit mehr als einem Dutzend Äußerungen Goerdelers, deren früheste mit 1934 datiert ist und endet im inneren Denkmalsring mit einem einzigen Zitat, welches eine Art Vermächtnis in seiner Todesstunde darstellen soll: „Ich liebe mein Vaterland mit Inbrunst, aber gerade deshalb empfinde ich die ganze Schmach seiner Entehrung, wie sie noch nie einem Volk durch eigene Bürger angetan worden ist.“

Die Bronzeglocke inmitten des Schachtes ist wesentlicher Bestandteil des Denkmal-Konzeptes. Nach Festlegung durch das Künstlerpaar schlägt diese viermal täglich mit fünf Schlägen und darüber hinaus an besonderen Tagen stündlich. Sie ist jeweils fünf Minuten vor der vollen Stunde um 5.55 Uhr, um 11.55 Uhr, um 17.55 Uhr und um 23.55 Uhr zu hören. Zu folgenden besonderen Tagen schlägt die Glocke stündlich, ebenfalls mit fünf Schlägen vor der vollen Stunde: Gedenktag für die Opfer des Faschismus (27. Januar), Todestag Goerdelers 1945 (2. Februar), Kriegsende 1945 (8. Mai), Attentat auf Hitler 1944 (20. Juli), Geburtstag Goerdelers 1884 (31. Juli) und Tag der Verurteilung zum Tode 1944 (8. September). Während der Glockenschacht tagsüber geheimnisvoll und düster wirkt, entströmt ihm bei Dunkelheit ein gleißendes weißes Licht.

Das Goerdelerdenkmal wurde im Jahr 2016 für 20.000 Euro aufwändig saniert. Es verdeutlicht auf eingängige und provozierende Weise die Erinnerungsschwierigkeiten, welche mit Goerdeler bis heute bestehen. Das erste Ehrenmal für Leipzigs ehemaligen Bürgermeister erweist sich mit seinen eindrucksvollen Wirkungsfaktoren des Klangs und des Lichts als schlichtes Werk, welches zugleich als Mahnmal für Widerspruchsgeist und Zivilcourage steht. 

Stand: 23.09.02023

Bildergalerie - Goerdeler-Denkmal

Gewandhaus zu Leipzig

Augustusplatz 8 | Ortsteil: Zentrum

Das Gewandhaus zu Leipzig wurde von 1977 bis 1981 als dritter Standort und Spielstätte des weltberühmten Gewandhausorchesters nach Entwürfen von Rudolf Skoda und Horst Siegel errichtet. Es ist der erste und einzige Konzerthaus-Neubau der DDR. Mit derzeit etwa 185 Berufsmusikern gilt das Gewandhausorchester als weltweit größtes Berufsorchester. 

Von der Tuchhalle zur Heimstätte des Gewandhausorchesters


Die lange Tradition des Gewandhausorchesters als ältestes deutsches bürgerliches Konzertorchester reicht bis 1743 zurück. Da gründete die Leipziger Kaufmannschaft das Musikunternehmen „Großes Concert“. Als Auftrittsort diente dem Ensemble zunächst der Saal im
Gasthaus „Zu den drey Schwanen“ am Brühl. Als die Räumlichkeiten zu klein wurden, wechselte das Orchester in ihre erste offizielle und zugleich namensgebende Spielstätte. Das erste Gewandhaus befand sich in der 1498 errichteten spätgotischen Verkaufshalle für Tuchwarenhändler und Gewandschneider an der Universitätsstraße. Auf Anregung von Bürgermeister Carl Wilhelm Müller wurde im Obergeschoss des Zeug- und Gewandhauses unter der Leitung von Baudirektor Johann Carl Friedrich Dauthe ein neuer Konzertsaal mit 500 Plätzen erbaut, welcher am 25. November 1781 feierlich eröffnet wurde. Der riesige Resonanzkörper von Tuchboden und Dach sorgte für eine unvergleichliche Akustik. Im Jahr 1894 brach man das Gewandhaus zugunsten des Messehauses Städtisches Kaufhaus und unter dem Protest vieler Leipziger Musikfreunde ab.

Zwischen 1882 und 1884 wurde im Musikviertel gegenüber der Universitätsbibliothek nach Plänen von Martin Gropius und Heino Schmieden das zweite Gewandhaus erbaut. Das am 11. Dezember 1884 eingeweihte Konzerthaus verfügte über einen Konzertsaal mit 1.560 Plätzen sowie einen kleineren Kammermusiksaal mit 700 Plätzen. Den Bau finanzierte man aus dem Nachlass von Franz Dominic Grassi. Das zweite Gewandhaus wurde bei einem Bombenangriff 1944 schwer beschädigt und schließlich 1968 gesprengt. Nach Kriegsende dienten dem Gewandhausorchester verschiedene Kirchen als Domizil, in denen „Musikalische Gottesdienste“ gestaltet wurden. Ab 1946 war die Kongresshalle am Zoo Interimsspielstätte. Hier musizierte das Orchester bis zur Fertigestellung des Neubaus auf dem damaligen Karl-Marx-Platz, heute Augustusplatz

Basierend auf der von Rudolf Skoda und Horst Siegel 1975/76 erarbeiteten städtebaulich-architektonischen Konzeption schuf ein Architektenkollektiv das Neue Gewandhaus. Unter Leitung von Chefarchitekt Rudolf Skoda wirkten Eberhard Göschel, Volker Sieg und Winfried Sziegoleit mit. Das heutige Gewandhaus befindet sich auf dem Gelände des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Museums der bildenden Künste. Es wurde anlässlich des Jubiläums „200 Jahre Gewandhaus“ nach vierjähriger Bauzeit am 8. Oktober 1981 öffnet. Im Beisein des amtierenden Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur übergab der damalige Staaatsratsvorsitzende Erich Honecker das Gebäude der Öffentlichkeit. Beim Eröffnungskonzert führte das Gewandhausorchester Siegfried Thieles „Gesänge an die Sonne“ sowie Ludwig van Beethovens „Sinfonie Nr. 9“ auf.

Moderne und Tradition auf dem Augustusplatz vereint


Seit seiner Eröffnung 1981 ist das Neue Gewandhaus ein international anerkannter Ort musikalischer Darbietungen und verbindet die Tradition des Gewandhausorchesters mit der Moderne der Aufführungen zeitgenössischer Komponisten. Im Herbst 1989 öffnete Kurt Masur das Konzerthaus auch als Stätte für die politische Diskussion. Am 5. Oktober 1989 äußerten Kurt Masur und Mitarbeiter des Gewandhauses in einer unterzeichneten Willenserklärung öffentlich große Sorge um die aktuellen Entwicklungen in der DDR. Am Nachmittag des 9. Oktobers 1989 verfasste Kurt Masur gemeinsam mit dem Kabarettisten
Bernd-Lutz Lange, dem Theologen Peter Zimmermann sowie den SED-Funktionären Jochen Pommert, Kurt Meyer und Roland Wötzel einen Aufruf, in welchem sie eindringlich um einen friedlichen Dialog baten. Dieser Appell wurde bei den Friedensgebeten in den Kirchen Leipzigs sowie über Radio und Stadtfunk verlesen. Die Botschaft trug maßgeblich dazu bei, dass die Montagsdemonstration in Leipzig friedlich verlief und die deutsche Wiedervereinigung einleitete. Im Laufe der 1990er Jahre konnte das Gewandhausorchester seine Spitzenposition als eines der renommiertesten Orchester weltweit ausbauen. Sein Ruhm wurde zuvor durch Musiker und einstige Gewandhauskapellmeister wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Arthur Nikisch und Wilhelm Furtwängler begründet.

Das größte Deckengemälde Europas im „Tempel der Musik“


Der Bau des Gewandhauses war unter den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Der moderne Gebäudekomplex wurde von den Architekten unter funktionellen Erfordernissen und minimierten Baumassen umgesetzt. Dass das Gebäude schließlich als „Tempel der Musik“, wie es der Dirigent und Geiger
Sir Yehudi Menuhin einst betitelte, bekannt wurde, ist neben des baulichen Geschicks der Architekten nicht zuletzt auf das Engagement von Kurt Masur zurückzuführen.

Das Gewandhaus komplettierte die Neugestaltung des damaligen Karl-Marx-Platzes. Es befindet sich in einer Sichtachse zum Opernhaus und dem vorgelagerten Mendebrunnen. Der in Stahlskelettbauweise errichtete dreigeschossige Grundkörper ist mit einer Fassade aus Cottaer Sandstein verkleidet. Durch die platzseitige Glasfassade, hinter welcher sich die Treppenaufgänge und das Hauptfoyer befinden, entfaltet das Gebäude eine besondere städtebauliche Wirkung. Hinter dem Haupteingang des Foyers befindet sich das 714 Quadratmeter große und 31,80 Meter hohe Deckengemälde „Gesang vom Leben“ von Sighard Gille, welches durch Gustav Mahlers sinfonische Dichtung „Lied von der Erde“ angeregt wurde. Es ist in die vier Teile „Orchester“, „Mächte der Finsternis“, „Lied der Stadt“ und „Lied vom Glück“ unterteilt. Bei dem Gemälde handelt es sich um das größte zeitgenössische Deckengemälde Europas. An der Seite zur Universität Leipzig führt ein gläserner Fußgängerübergang vom Gewandhaus in den MDR-Kubus im City-Hochhaus.

Der Eingang zum Konzerthaus erfolgt durch eine Passage, in der sich das aus Marmor bestehende Relief „Orpheus“ befindet. Der Durchgang mündet in einen kleinen Lichthof, welcher die von Horst Georg Skorupa geschaffene Brunnenplastik „Stadtpfeifer beherbergt. Massive Bronzetüren, die von der Kunstgießerei Lauchhammer gegossen wurden, markieren den Eingang zum Foyer. Im zweiten Obergeschoss sind in der „Galerie des Gewandhauses“ Kunstwerke zeitgenössischer Maler aus den 1970er Jahren ausgestellt. Dazu zählen Arbeiten von Heinz Zander, Arno Rink und Volker Stelzmann.

Zwei Konzertsäle für Augen und Ohren…


Das Gewandhaus beherbergt zwei Konzertsäle: Der Kleine Saal, auch „Mendelssohn-Saal“ genannt, umfasst 498 Plätze und wird für Kammerkonzerte genutzt. Er spiegelt den sechseckigen Grundriss des Großen Saales wider. Im Foyer des Mendelssohn-Saals befindet sich das von
Jo Jastram geschaffene Mendelssohn-Denkmal, eine Bronzestatue des früheren Gewandhauskapellmeisters Felix Mendelssohn Bartholdy. Der Große Saal bietet mit seinem ansteigenden Parkett, den Rängen und Emporen 1.920 Besuchern Platz. Drei Zuschaueremporen umschließen das Podium, was dem Konzerthaus die ungewöhnliche Form eines sechseckigen Amphitheaters verleiht und den Zuschauern eine gleich gute Akustik und Sicht von allen Plätzen aus ermöglicht. Das Gestühl, die Wände und das Orgelgehäuse sind mit Eichenholz vertäfelt. Die weiß gehaltene „Wolkendecke“ stellt einen wirkungsvollen Kontrast zu dem dunklen Rot der Stuhlbezüge her. Der historische Leitspruch des Gewandhausorchesters von Seneca „Res severa verum gaudium“ („Eine ernste Sache ist eine wahre Freude“) ziert in großen Lettern die Orgelempore. Das innenarchitektonische Zentrum des Saales bildet die 15 Meter breite und 10 Meter hohe Konzertorgel der Firma Alexander Schuke mit 92 Registern und 6.638 Pfeifen.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Gewandhaus zu Leipzig

Gedenktafel – Standort Neues Gewandhaus

Beethovenstraße / Mozartstraße | Ortsteil: Zentrum-Süd

An der Stelle, wo sich heute der Neubau für die Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Leipzig befindet, gegenüber der Universitätsbibliothek, befand sich seit 1884 das zweite Gewandhaus, auch Neues Concerthaus bzw. Neues Gewandhaus genannt. Es wurde im Zweiten Weltkrieg 1944 stark beschädigt. Die Ruine des einst prachtvollen Konzerthauses wurde am 29. März 1968 gesprengt. 

Seit dem 6. März 2003 erinnert an der östlichen Giebelfront des Universitätsneubaus eine Gedenktafel daran, dass hier einst der aufgrund seiner Akustik gerühmte Gropius-Bau stand. Die Gedenktafel wurde von der Chemnitzer Werkstatt LaurinZwo/M u. K. Stapf GbR entworfen und hergestellt. Initiiert wurde die Gedenktafel von der Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses zu Leipzig. Das Gewandhaus zu Leipzig und die Stadt Leipzig finanzierten die Herstellung mit. Die feierliche Enthüllung erfolgte durch Herbert Blomstedt, Volker Bigl und Andreas Creuzburg

Die Gedenktafel – Standort Neues Gewandhaus besteht aus einer langen, durchsichtigen Kunststoff-Tafel, auf die drei Bronzeplatten angebracht sind. In der Mitte befindet sich eine bildliche Darstellung des Neuen Gewandhauses. Auf der linken und rechten Bronzeplatte sind folgende Inschriften zu lesen, verfasst in Großbuchstaben: 

HIER STAND DAS 1884 ERBAUTE GEWANDHAUS

IN DER VON MARTIN GROPIUS UND HEINRICH SCHMIEDEN ERRICHTETEN ZWEITEN HEIMSTATT DES GEWANDHAUSORCHESTERS MIT SEINER / LEGENDÄREN AKUSTIK WIRKTEN UNTER ANDEREM DIE DIRIGENTEN ARTHUR NIKISCH, WILHELM FURTWÄNGLER UND BRUNO WALTER. / DER IM ZWEITEN WELTKRIEG SCHWER BESCHÄDIGTE BAU WURDE IM MÄRZ 1968 GESPRENGT.

Die Gedenktafel, die an den Standort des Neues Gewandhauses erinnert, ist zusammen mit dem Mendelssohn-Ufer als Station 11 Bestandteil des Leipziger Notenbogens

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Gedenktafel – Standort Neues Gewandhaus

Historisches Bildmaterial - Gedenktafel – Standort Neues Gewandhaus

Gedenktafel – Standort Altes Gewandhaus

Universitätsstraße 16 / Städtisches Kaufhaus | Ortsteil: Zentrum

Seit dem 25. November 2006 erinnert am Städtischen Kaufhaus in der Universitätsstraße eine extravagante Bronzetafel an den früheren Standort des ersten Gewandhaussaals. Dieser befand sich im Alten Gewandhaus, dem ehemaligen Messehaus der Wantschneider und Lakenmacher. Dort erklang 1781 erstmals ein Konzert des Leipziger Orchesters. Das Haus gab dem Klangkörper später auch seinen Namen: Gewandhausorchester. 

Anlässlich des 225-jährigen Jubiläums des ersten Konzerts wurde die Gedenktafel eingeweiht. Sie schuf der Künstler Michael Stapf in der Chemnitzer Design-Werkstatt Laurin ZWO. Dort entstand auch die Gedenktafel – Standort Neues Gewandhaus, die an den zweiten Standort erinnert. Das Neue Gewandhaus wurde 1884 in der Beethovenstraße errichtet und während des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt und 1968 gesprengt. 

Die Gedenktafel – Standort Altes Gewandhaus besteht aus einer langen, Kunststoff-Tafel, auf die drei Bronzeplatten angebracht sind. In der Mitte befindet sich eine bildliche Darstellung des damaligen Gewandhaussaals. Auf der linken und rechten Bronzeplatte sind folgende Inschriften zu lesen, verfasst in Großbuchstaben: 

HIER STAND DAS GEWANDHAUS, / DAS MESSEHAUS DER TUCHHÄNDLER

DIE KONZERTE, DIE HIER AB 1781 STATTFANDEN, WURDEN GEWANDHAUSKONZERTE GENANNT, UND IHR ORCHESTER WURDE / ALS GEWANDHAUSORCHESTER BERÜHMT. Der KONZERTSAAL HATTE EINE EXZELLENTE AKUSTIK. JOHANN ADAM HILLER / WAR DER ERSTE GEWANDHAUS-MUSIKDIREKTOR. SPÄTER WIRKTE UNTER ANDEREM FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY IN / DIESEM AMT. 1984 WURDE DER BAU ABGEBROCHEN UND AN SEINER STELLE DAS STÄDTISCHE KAUFHAUS ERRICHTET.

Die Gedenktafel, die an den Standort des Alten Gewandhauses erinnert, ist als Station 21 Bestandteil der im Jahr 2012 eröffneten Leipziger Notenspur.

Bildergalerie - Gedenktafel – Standort Altes Gewandhaus

Froschbrunnen

Rabensteinplatz | Ortsteil: Zentrum-Südost

Der sich auf dem Rabensteinplatz befindliche Froschbrunnen bildet eine Bronzeplastik in Form eines wasserspeienden und von zwei nackten Knaben flankierten Frosches ab. Bei der von Markus Gläser 2018 geschaffenen Brunnenplastik handelt es sich um eine Nachbildung des 1909 von Werner Stein geschaffenen Vorbildes, welches im Zuge der Rüstungsproduktion im Zweiten Weltkrieg abgerissen und eingeschmolzen wurde.

Die wechselhafte Geschichte von zwei Knaben und dem Frosch…


An der Stelle, wo vom
Johannisplatz der Täubchenweg und die Dresdner Straße abzweigen, befindet sich eine kleine, dreieckige Parkanlage. Hierbei handelt es sich um den Rabensteinplatz, eine von zwei ehemaligen öffentlichen Hinrichtungsstätten in Leipzig. Die Anlage stellte ein „ovales Gemäuer mit einer Treppe von drei Metern Höhe und einem Behältnis zur Aufnahme der Scharfrichterwerkzeuge“ dar. Nach Abbruch des Galgens auf dem Rabensteinplatz im Jahr 1822 mieden die Bürger den Platz aufgrund seiner ehemaligen Funktion. Erst im Jahr 1843 initiierte Ratsgärtner Otto Wittenberg dessen Umgestaltung zu einer Gartenanlage. In der stiftungsfreudigen Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wurde vom aufstrebenden Bürgertum im Jahr 1869 ein Fontänebrunnen mit einer Brunnenfigur im östlichen Bereich des Rabensteinplatzes finanziert. Das Brunnenbecken sowie das Brunnengewölbe waren im Inneren mit weißen, blauen und goldenen Mosaiksteinen ausgestaltet sowie mit einem bronzenen Ziergeländer eingefasst. Zur Komplettierung des Brunnens durch eine Figurengruppe erwarb die Stadt vom Leipziger Bildhauer Werner Stein im Jahr 1909 die Bronzeplastik „Kinder mit Frosch“. Schließlich wurde 1911 auf dem Rabensteinplatz der sogenannte Froschbrunnen geschaffen. Die bronzene Figurengruppe von Werner Stein bildete einen riesigen wasserspeienden Frosch ab, welcher von zwei nackten Knaben flankiert wird, von denen einer versucht, den Frosch in den Brunnen zu stoßen.

Während des Zeiten Weltkrieges begutachtete eine Kommission metallene Kunstwerke, um festzustellen, ob diese für den Hochofen und somit für die Rüstungsproduktion geeignet waren. Der für Leipzig zuständige Kunstliquidator ordnete den Abriss und die Einschmelzung der Bronzeplastik des Froschbrunnens an. Lediglich das leicht beschädigte Mosaikbecken blieb erhalten, das Geländer wurde gestohlen. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurden lediglich die sichtbaren Teile der Bauwerke auf dem Rabensteinplatz abgebrochen und die Flächen mit Erde bedeckt. Nach Entwürfen des Gartenarchitekten Gerhard Scholz wurde eine dem Zeitgeist entsprechende Grünanlage geschaffen.

Der Frosch spuckt wieder Wasser


Im Mai 2018 erhielt der Rabensteinplatz nach mehr als 70 Jahren seinen Froschbrunnen zurück: Anhand historischer Aufnahmen schuf der Leipziger Bildhauer Markus Gläser eine Nachbildung der bronzenen Figurengruppe von Werner Stein, welche seitdem auf dem Rabensteinplatz begutachtet werden kann. In die Wiederherstellung der Plastik und des Brunnens investierte die Stadt rund 88.000 Euro, davon 36.000 Euro Fördermittel vom Land Sachsen. Zuvor wurde der Rabensteinplatz bereits im Jahr 2017 für 250.000 Euro saniert und neu angelegt. Mit der Wiederherstellung des Froschbrunnens erhielt der zentral gelegene Platz seine einstige Idylle zurück und macht die Anlage wieder zum Anziehungspunkt in direkter Nachbarschaft zum
Grassimuseum.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Froschbrunnen

Historisches Bildmaterial - Froschbrunnen

Fritz-von-Harck-Anlage

Harkortstraße 1 | Ortsteil: Zentrum-Süd

Die neben dem Bundesverwaltungsgericht gelegene Fritz-von-Harck-Anlage wurde ursprünglich von 1894 bis 1900 als repräsentativer Platz im Gründerzeit-Stil mit Schmuckpflanzungen und Fontäne als Bindeglied zwischen Reichsgericht und Neuem Rathaus angelegt. 1917 wurde sie zu Ehren des Kunstwissenschaftlers und -sammlers Fritz von Harck in die gleichnamige Anlage umbenannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor das Areal seine einstige Wirkung, bevor es 1999/2000 nach historischem Vorbild bis 2002 nach Plänen des Grünflächenamts als 4.500 Quadratmeter großer, zeitgenössischer Stadtplatz neugestaltet wurde. Auffällig sind die mit Rasenwellen gestalteten Grünflächen sowie die sechs Meter hohe Fontäne in der neu gestalteten Brunnenanlage.

Von der Nonnenmühle zur repräsentativen Parkanlage


Anstelle der heutigen Fritz-von-Harck-Anlage befanden sich einst die
Nonnenmühle sowie diverse Wasserkunstelemente des ehemaligen städtischen Bewässerungssystems. Das Areal wurde in den Gründerzeitjahren durch die Stadterweiterung überformt. Das einst dörfliche Ambiente entwickelte sich zu einem großstädtischen Charakter, welcher durch einen kanalisierten Pleißemühlgraben, monumentale Bauten und exakte Straßenführung geprägt war. Zwischen 1894 und 1900 wurde ein aufwendig gestalteter, repräsentativer Platz mit Schmuckpflanzungen, Formschnittgehölzen, Wasserbecken, Fontäne und schmiedeeisernen Rabatteneinfassungen geschaffen. Die Anlage ermöglichte einen freien Blick vom Neuen Rathaus am Promenadenring auf das damalige Reichsgerichtsgebäude sowie das Musikviertel und fungierte als entsprechendes Bindeglied zwischen den repräsentativen Bauten. Im Norden wird sie von der Karl-Tauchnitz-Straße, im Osten von der Harkortstraße sowie im Süden von der Wächterstraße umschlossen. Die Grünfläche erhielt 1917 zu Ehren des Kunstwissenschaftlers und Kunstsammlers Dr. Fritz von Harck, welcher der Stadt Leipzig testamentarisch wertvolles Kunstgut und Immobilien vermachte, den Namen Fritz-von-Harck-Anlage. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die neun schmiedeeisernen Ziergitter der Anlage eingeschmolzen und das Wasserbecken nach 1945 demontiert. Auch der zentrale Springbrunnen wurde an den Rand des Platzes verlegt sowie 1951 der Pleißemühlgraben verrohrt. Die Anlage wurde durch die Straßenverbreiterung verkleinert. Dadurch verlor sie ihre einst repräsentative Wirkung und die Struktur des Platzes wurde entsprechend des Zeitgeschmackes grundlegend asymmetrisch verändert.

Im Zuge der Freilegung des Pleißemühlgrabens 1999/2000 und der Neugestaltung der Fritz-von-Harck-Anlage wurde die historische Wirkung des Platzes in Ansätzen wieder hergestellt. Nach nur eineinhalb Jahren Bauzeit entstand nach Plänen des Grünflächenamts im Jahr 2002 ein 4.500 Quadratmeter großer, moderner Stadtplatz in Verbindung zum offen gelegten Pleißemühlgraben. Finanziert wurde das Projekt von der „Allianz-Stiftung zum Schutz der Umwelt“ mit 1,5 Millionen DM. Weitere 2,7 Millionen stammten aus Fördermitteln sowie von der Stadt Leipzig.

Grüne Oase zwischen Bundesverwaltungsgericht und Neuem Rathaus


Der Entwurf für die heutige Fritz-von-Harck-Anlage zielte auf eine Wiederherstellung nach historischem Vorbild ab und orientierte sich am Grundriss der einstigen repräsentativen gründerzeitlichen Grünanlage. Bei dem neu entstandenen Areal handelt es sich nicht um eine Rekonstruktion, sondern um eine eindeutig zeitgenössische Grünanlage, welche ihr historisches Vorbild auf eine moderne funktionale und ästhetische Gestaltung überträgt.

Bezugnehmend auf die Grünflächen des Bundesverwaltungsgerichtes schafft die Nord-Süd-Achse des Wegekreuzes wieder einen räumlichen Zusammenhang zum angrenzenden Simsonplatz. Die hügelig gestalteten Grünbereiche und die Wiese mit bis zu 90 Zentimeter hohen Rasenwellen stellen einen Bezug zur Nähe der Pleiße sowie zum spannungsvollen Justiz- und Regierungsgebäude her. Platzmitte und zugleich Hauptanziehungspunkt der Fritz-von-Harck-Anlage mit Blick auf das Neue Rathaus ist ein zentraler Aufenthaltsbereich mit großer Holzbank. Die sich dort befindliche neu gestaltete, großflächige Brunnenanlage bestehend aus einfachen geometrischen Körpern mit hellem Glasbelag und bis zu sechs Meter hoher Fontäne wird in der Dunkelheit von Halogenstrahlern beleuchtet und wechselt stetig ihre Farbe. Eine dezent durch ein Lichtfaserkabel erhellte Wasserrinne stellt die Verbindung zwischen dem Brunnen und dem Pleißemühlgraben her. Neben letzterem befinden sich fünf Säulen, welche im Dunkeln bläuliches Licht ausstrahlen. Die Westseite der Anlage wurde mit Neupflanzungen, darunter Buchsbaumhecken und Rhododendren, gestaltet, welche einen Übergang zu den angrenzenden Villengärten schaffen. Inmitten einer niedrigen Bepflanzung befindet sich der Gedenkstein für Dr. Fritz von Harck, während das sich zuvor daneben befindliche Mendelssohn-Denkmal seinen neuen Standort inmitten der Promenadenanlagen unweit des Westportals der Thomaskirche erhielt. Die räumliche Abgrenzung zur Karl-Tauchnitz-Straße wurde durch die Pflanzung diverser neuer Platanen realisiert. 

Vor allem in den Sommermonaten ist die gepflegte Anlage aufgrund ihrer Nähe zur Innenstadt ein beliebter Treffpunkt für Entspannung suchende Passanten und Studenten sowie für Personen, die beim Bundesverwaltungsgericht arbeiten und hier ihre Pause verbringen. 

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Fritz-von-Harck-Anlage

Historisches Bildmaterial - Fritz-von-Harck-Anlage

Friedhof Thekla

Tauchaer Straße 134 | Ortsteil: Thekla

Es gibt keinen anderen Friedhof in Leipzig, der sich an einem so malerischen Ort befindet, wie der inmitten der Parthenaue gelegene Friedhof Thekla. Der jahrhundertealte Begräbnisplatz diente schon lange vor der Christianisierung den Slawen als Kultstätte. Bereits im 12. Jahrhundert wurde auf dem Hügel die Kirche Hohen Thekla aus Granitfindlingen errichtet. Die romanische Wehrkirche hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Trotz mehreren Bränden wurde sie immer wieder aufgebaut, ohne dass ihre Ursprünglichkeit verändert wurde. 

Idyllischer Friedhof in Hanglage


Die Kirche Hohen Thekla wird von einem 1,6 Hektar großen Friedhof umschlossen, der sich in einer Hanglage nach Süden erstreckt. Etwa 1.700 Grabstellen sind hier vorhanden. Zahlreiche interessante Grabmäler aus der Zeit des Barocks und des Klassizismus erinnern an die uralte Tradition dieses Friedhofs, der auch ausreichend Platz für neue Grabanlagen bietet. Neben einem Gefühl der Ruhe und des Friedens beeindruckt die Begräbnisstätte mit schattenspendenden Bäumen und einem morbiden Charme, den auch die uralten bemoosten Grabmale ausstrahlen. Neben Gräbern von ehemaligen Pfarrern der Kirche Hohen Thekla, die sich an der Rückseite des Gotteshauses befinden, entdeckt man beim Spaziergang auch das
Kriegerdenkmal 1914-1918 – Friedhof Thekla, das auf den Seitenfeldern die Namen von 54 im Ersten Weltkrieg Gefallenen aus Thekla aufführt. Nur wenige Meter entfernt befindet sich die Friedhofskapelle, die für etwa 40 Personen Sitzplätze bietet.

Gemeinsam mit den Friedhof Schönefeld und dem Friedhof Mockau zählt der Friedhof Thekla zu den Gemeindekirchenfriedhöfen Leipzig Nordost. 

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Friedhof Thekla

Flughafen Leipzig/Halle

Terminalring 11 | Schkeuditz

Alles begann mit einer Standortsuche, um dem Nebel zu entgehen. Als sich die Verkehrsluftfahrt mit Motorflugzeugen in den 1920er Jahren in den Himmel erhob, wollte Leipzig unbedingt früh dabei sein. In Mockau, im Norden der Stadt war ein Landeplatz für Zeppelin-Luftschiffe bereits etabliert, der für die neue Generation von Propellermaschinen ebenfalls geeignet war. Jedoch bemühte sich auch das nur 35 Kilometer entfernte Halle um eine gute Ausgangsposition an der Startlinie der Verkehrsluftfahrt. In Schkeuditz wurden die Planer fündig. Das freie Areal für den avisierten Flughafen lag erhöht genug, um dem gefürchteten Nebel in den Auenniederungen von Saale und Weißer Elster möglichst zu entgehen. Denn Radar für Schlechtwetterflüge gab es damals noch nicht. 

Towerblick auf ein Drehkreuz der Luftfahrt


Von der Aussichtsterrasse des Towers der Flugsicherung aus den 1980er Jahren eröffnet sich ein nahezu komplettes Panorama aus Historie und Gegenwart des heutigen Flughafens Leipzig/Halle. Manche Veränderung ist gut erkennbar, auch wenn die ältesten Gebäude aus dem Eröffnungsjahr 1927 längst verschwunden sind. Im Süden, auf der Schkeuditz zugewandten Seite, entstand schnell ein vom Bauhaus inspiriertes, transparentes Abfertigungsgebäude mit üppigen Glasflächen. Dass dieser Bau die Zeitläufe nicht überstand, bedauern Luftfahrt-Enthusiasten, denn es war im Grunde der Prototyp aller modernen Verkehrsflughäfen in der weiten Welt – mit klarer Trennung von Ankunft und Abflug und einer Abstellfläche für die Flugzeuge auf der Luftseite. Wegen der Modernität des Schkeuditzer Flughafens entschied sich die junge Lufthansa für dieses Aushängeschild ihrer Ansprüche, und damit war der stadtnähere
Flughafen Mockau für die Messestadt Leipzig plötzlich nur noch die Nummer zwei. 

Wer die historischen Fotos betrachtet, wird allerdings nachdenklich beim Gang der Fluggäste durch den Freisitz des Flughafenrestaurants hindurch, an den neugierigen Besuchern an den Kaffeetischen vorbei in Richtung ihrer abflugbereiten Maschine. Es galten offensichtlich unbeschwert lockere Sicherheitsstandards… 

Neustart als Messeflughafen


Nach militärischer Zwischennutzung im Zweiten Weltkrieg gelangte der Schkeuditzer Flughafen in der DDR-Zeit zu neuen Airport-Ehren während der
Leipziger Messen. Flogen die niederländische KLM oder die schweizerische Swissair auf Messe-Sonderlinien ein, bot ein solides Interim-Abfertigungsgebäude aus den 1950er Jahren die angestrebte einigermaßen weltstädtische Abfertigungskapazität. Der umgenutzte Zweckbau findet sich bis heute auf der Südseite. Zu sichtbarem Positionsgewinn setzte der Messeflughafen aus Prestigegründen in den 1970er Jahren an. Das Neubaugeschehen begann mit einem Flachbau, der mittlerweile bescheiden und fast randständig wirkt und dem Bereich General Aviation vorbehalten ist. Von hier startete die Interflug an manchen Tagen nach Moskau, Tatry, Varna und Burgas, und zu den Messen wurde es mit Aeroflot, Air France, British Airways, SAS, Swissair, KLM und Lufthansa (seit den 1980er Jahren) erheblich bunter.

Den Partnern aus dem Westen war daran gelegen, das Ziel im Osten mit Spitzentechnik anzusteuern. Spektakulär gestalteten sich ab 1986 die Messe-Sonderlinien von Air France und British Airways mit dem Überschall-Verkehrsflugzeug Concorde nach Leipzig. Die Welt war geteilt. Für den eleganten Superjet blieb die Destination Leipzig die einzige jemals angeflogene „hinter dem Eisernen Vorhang“. Seitens des Flughafens Leipzig/Halle eine historische Exzellenzposition mit Ewigkeitswert.

Mit der Einheit in den Steigflug


Mehr als die für rund 200.000 Fluggäste pro Jahr ausgelegten Kapazitäten konnte der Flughafen ab 1990 nicht in die deutsche Einheit einbringen. Wie sollten damit die als märchenhaft empfundenen Zahlen von über einer Million Fluggästen ordentlich abgefertigt werden? Die neue Gesellschaft des nun offiziell als Flughafen Leipzig/Halle firmierenden Unternehmens musste bauen, was das Zeug hielt und was die Flächen hergaben. 

Mitte der 1990er Jahre ging als erstes das neue Abfertigungsgebäude in Betrieb. Damit konnte sich der Airport ein wenig Luft in seinem Steigflug verschaffen. Indes näherten sich die jährlichen Fluggastzahlen längst ihrer nächsten „Schallmauer“: zwei Millionen.

Erkennbaren Nutzen zog Leipzig/Halle aus der fortschrittlichen Vorgabe der EU-Verkehrspolitik, moderne Flughäfen auf kurzen Wegen mit dem überregionalen Straßen- und Schienennetz zu verknüpfen. Die unmittelbare Nähe zu gleich zwei Bundesautobahnen gehört zur vorteilhaften „Erbmasse“ des Airports. Außerdem berührt ihn seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts eine Neubaustrecke im Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn. Um die Verkehrsträger geschickt zu kombinieren, legt sich seit dem Jahr 2001 der Abfertigungskomplex mit Parkhaus über Autobahn und Gleise und führt direkt zum  Abflug. Als dieses Bauwerk in Betrieb ging, wiesen alle Festredner darauf hin, dass für eine Verlängerung nach Norden Vorsorge getroffen sei. Entstünde jenseits der Autobahn A 14 ein zweites Bauwerk für Ankunft und Abflug, würde die jährliche Kapazität des Flughafens Leipzig/Halle auf fünf Millionen Passagiere und mehr steigen. Allerdings ist das Zukunftsmusik. Reichlich zwei Millionen Passagiere sind seit Jahren schon lange ein nur mäßig schwankender Wert.

Fracht-Millionäre im Anflug


Kräftige Investitionen in eine neue und in die neu in der Hauptwindrichtung ausgerichtete vorhandene Start- und Landebahn schufen die Basis für ein Geschäftsfeld, das sich seit 15 Jahren aus dem einstigen Schatten des Passagierverkehrs gelöst hat und noch schneller als „die Flüge zu den Sonnenzielen“ wuchs – den Frachtverkehr. Ausgehend von kaum ins Gewicht fallenden Mengen im Jahr 1990 bis zum Durchbrechen der Eine-Million-Tonnen-Marke innerhalb eines Jahres verging nur eine kurze Zeit. Dieser Trend wirkt weiter. Ankerinvestor ist seit 2009 die weltweit tätige Expressfracht-Gesellschaft
DHL aus dem Konzern der Deutschen Post. Leipzig/Halle ist für sie das global bedeutendste Drehkreuz und damit ein wirklicher Interkontinental-Airport.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Flughafen Leipzig/Halle

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