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Brückensprengungsdenkmal

Thomasiusstraße 1 / Ranstädter Steinweg | Ortsteil: Zentrum-West

Anlässlich des 50. Jahrestags der Völkerschlacht bei Leipzig wurde das Brückensprengungsdenkmal vom „Verein zur Feier des 19. October“ am 19. Oktober 1863 eingeweiht. Es erinnert an die Sprengung der dort gelegenen Elsterbrücke, welche den Verfolgern des aus Leipzig flüchtenden französischen Heeres den Weg abschneiden sollte. Durch die verfrühte Explosion fanden tausende Soldaten den Tod.

Vom Korporal Lafontaine und dem verfrüht gezündeten Sprengsatz


Das Brückensprengungsdenkmal befindet sich im
Waldstraßenviertel am Ranstädter Steinweg unmittelbar am Elstermühlgraben zwischen Richard-Wagner-Platz und Waldplatz. Am 19. Oktober 1813 wurde der Ranstädter Steinweg mit seiner am westlichen Ausgang gelegenen Brücke sowie der auf einem Damm in Richtung Lindenau führenden Chaussee Schauplatz einer tragischen Explosion.

Nach der am Vorabend verlorenen Völkerschlacht zog sich Napoleon mit seinen französischen Truppen am 19. Oktober 1813 aus Leipzig zurück. Die Route in Richtung Thüringen führte über einen einzigen möglichen Weg entlang des Ranstädter Steinwegs nach Lindenau. Um zu verhindern, dass seine Gegner die Verfolgung aufnahmen, gab der französische Kaiser vorsorglich den Befehl, die Sprengung der Straßendammbrücken vorzubereiten. Der polnische Heeresführer unter Napoleon, Fürst Józef Antoni Poniatowski, deckte mit seinen Soldaten den Rückzug. Auf der schmalen, über den Elstermühlgraben führenden Steinbrücke am äußeren Stadttor stauten sich die Flüchtenden mitsamt ihren Wagen und Pferden. Napoleon selbst war mit großer Verzögerung über das Peterstor am Ranstädter Steinweg und am Stau vorbei am Naundörfchen an der Elsterbrücke angekommen. Auf letzterer wurde eine große Ladung Sprengstoff deponiert, welche unmittelbar nach Sichtung der Verfolger durch Korporal Lafontaine und drei seiner Männer gezündet werden sollte. Ein Großteil des französischen Heeres befand sich bereits auf dem Marsch nach Markranstädt. Etwa 20.000 Soldaten, darunter die den Rückzug deckende Truppe, waren noch jenseits der Brücke. Kaum war Napoleon außer Reichweite, wurde die Brücke von ersten Kanonenkugeln einer kleinen, vom Rosental kommenden und sich auf die Brücke zu bewegenden Gruppe russischer Jäger getroffen. Wie befohlen zündete Korporal Lafontaine nach eigenem Ermessen die sich auf einem Floß unterhalb der Brücke befindliche Sprengladung. In der Folge fanden bereits durch die Explosion zahlreiche Soldaten den Tod oder ertranken im Hochwasser führenden Fluss. Da die Brücke zu früh gesprengt wurde, war der Fluchtweg nun für 20.000 Mann des französischen Heeres abgeschnitten. Viele starben beim Versuch der Flussdurchquerung, wieder andere ergaben sich den anstürmenden Verbündeten. Etwa 40.000 der napoleonischen Soldaten, darunter 36 Generäle, gerieten in Gefangenschaft. Unter unermüdlichen Kämpfen erreichte auch Poniatowski stark verwundet die Elster nach der Sprengung. Beim Versuch der Durchquerung ertrank er. Die Grabplatte in Gedenken an den polnischen Fürsten befindet sich noch heute auf dem Alten Johannisfriedhof.

Sandstein und Granit am Elstermühlgraben


Anlässlich des 50. Jahrestags der Völkerschlacht zu Leipzig und auf den Tag fünfzig Jahre nach der Brückensprengung wurde vom „Verein zur Feier des 19. October“ am 19. Oktober 1863 das Brückensprengungsdenkmal eingeweiht. Der Entschluss zur Errichtung eines Denkmals in Erinnerung an das Ereignis von 1813 wurde bereits im Jahr 1861 auf der Generalversammlung des Vereins gefasst. Die Stadt Leipzig genehmigte das Vorhaben und stellte das erforderliche Areal in Form einer dreieckigen, vom Elstermühlgraben begrenzten Grünflache am Ranstädter Steinweg, Ecke Thomasiusstraße, kostenlos zur Verfügung. Bedingung war, dass am Denkmal keine Inschrift gegen das französische Volk angebracht werden sollte. Bestrebungen zur Abtragung des Denkmals und das Anlegen einer Grünanlage konnten nach 1945 unter Verweis auf entgegenstehende Anordnungen der Sowjetischen Militäradministration abgelehnt werden. Stattdessen wurden Mittel für eine Restauration und Reparatur des das Denkmal umgebenen Gitterzaunes bereitgestellt. Letzterer wurde aus Gründen der besseren Sichtbarkeit im Jahr 1953 zwischenzeitlich entfernt. Im April 1983 wurde das Brückensprengungsdenkmal erneut restauriert. Im Zuge der Freilegung des Elstermühlgrabens wurde das Denkmal etwas versetzt und am 20. Mai 2006 neu geweiht. Lediglich ein Punkt blieb offen: die Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes. Historische Vorlagen belegen eine den oberen Absatz des Hauptblocks umlaufende Reihe aus 16 Kanonenkugeln.

Das Brückensprengungsdenkmal wurde vom Maurermeister Franz Otto Georg Steib, der Leipziger Eisengießerei Götz & Nestmann sowie dem Leipziger Steinmetzmeister Ernst Julius Einsiedel geschaffen. Das aus Sandstein und Granit gefertigte überlebenshohe Denkmal erinnert optisch an einen Würfel mit mehrstufigem Unterbau. Dieser trägt die Inschrift „Sprengung der Brücke bei dem Rückzuge des französischen Heeres am 19. October 1813“. Der Sockelbereich besteht aus Kleinpflaster in Granitschwellenumrandung, während die Stufen und das Denkmal selbst aus Postaer Sandstein gefertigt wurden. Bekrönt wird es mit einer Sprenggranate als Eisenguß in Form einer stilisiert aufzüngelnden Flamme. Letztere soll in der Gießerei der Gebrüder Karl Harkort und Gustav Harkort gegossen worden sein. Als historisch belegt gilt mittlerweile die Einbeziehung von Kanonenkugeln zu einem früheren Zeitpunkt. Diese bildeten zu jener Zeit den strukturellen Übergang zur nächsthöheren Stufe. Wann und weshalb die Kugeln abgenommen wurden, ist noch ungeklärt. Großzügig umfasst wird das Brückensprengungsdenkmal von einem eisernen Gitterzaun.

Stand: 10.01.2024

Bildergalerie - Brückensprengungsdenkmal

Historisches Bildmaterial - Brückensprengungsdenkmal

Weichert, Michael

Gastronom, Politiker, Kommunikator | geb. am 22. Dezember 1953 in Neuenbürg

Er ist wohl ein Hans Dampf in vielen Gassen. Bei Michael Weichert ist dies positiv gemeint. Er bringt Leute zusammen, ist in unzähligen Initiativen und Vereinen engagiert und bei vielen Premieren in der Leipziger Kulturszene anzutreffen. Durch sein jahrelanges Engagement als bündnisgrüner Abgeordneter ist er gut vernetzt.

Diese Kontakte setzt Weichert, der eine Schwäche für schicke Brillen hat, gern ein, um Leipzig voranzubringen. Der Marienbrunner, der die Beraterfirma Weichert Consult betreibt, ist zugleich Honorarkonsul von Bosnien-Herzegowina und steht dem Förderverein des Zoo Leipzig vor. Als Mitbegründer des Stammtisches Politik-Wirtschaft-Medien knüpft er ebenfalls viele Kontakte.

Nach Ausbürgerung Biermanns aktiv gegen den DDR-Staat


Geboren ist der Pfarrerssohn am 22. Dezember 1953 in Neuenbürg, was im Schwarzwald, etwa zwölf Kilometer südwestlich von Pforzheim, liegt. Mit seinen Eltern kommt er im Alter von vier Monaten vom Westen in den Osten. Dort gilt er als Außenseiter, muss als Kind viel einstecken. Frühzeitig merkt er, wie wichtig es ist, dass sich jemand engagiert. Und schwänzt schon mal die Schule, um eine spannende Rede von
Herbert Wehner im Deutschen Bundestag verfolgen zu können. Weichert verweigert sich den Jungen Pionieren und der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Mit seiner Meinung hält er nicht hinterm Berg und eckt oft an. Das führt zur Konsequenz, dass er kein Abitur machen darf. Seit 1961 lebt Weichert in Leipzig. 

Der junge Mann lernt Gasmonteur, verweigert den Dienst bei der Nationalen Volksarmee. Das Gefängnis bleibt ihm damals erspart. Es folgt ein Crash-Kurs am Theologischen Seminar, an der er die Hochschulreife erlangt sowie ein Theologiestudium, bei dem er jedoch exmatrikuliert wird. Er stellt einen Ausreiseantrag, wird bespitzelt durch die Staatssicherheit und mehrfach verhaftet. Er schlägt sich als Tankwart und Garagenmeister durchs Leben.

Aktiv gegen den DDR-Sozialismus wird er, als die SED-Führung im November 1976 den Liedermacher Wolf Biermann ausbürgert. Er schreibt sogar ein Gedicht, das er persönlich an SED-Generalsekretär Erich Honecker telegrafiert. Doch „in seinem Kopf kommt die Wende“, er will den Staat verändern, ohne die eigene Familie zu gefährden. Den Facharbeiter als Kellner sowie den Gaststättenleiternachweis in der Tasche, steht er ab 1983 schließlich in der Gartenkneipe „Hans Beimler“ hinterm Tresen, der späteren und heutigen Sternhöhe in Möckern.

Über das Neue Forum in die Politik


Weichert engagiert sich in Umweltgruppen. Die politische Karriere beginnt als Gründungsmitglied des „Neuen Forums“, das sich mit weiteren Bürgerrechtsbewegungen für die ersten freien Wahlen in der DDR 1990 zum Bündnis 90 zusammenschloss. Drei Jahre später vereint das Bündnis sich mit den Grünen, um die Fünf-Prozent-Hürde auf Bundesebene zu nehmen. Weichert gehört ebenfalls zu den Gründern des Bürgervereins Möckern-Wahren. 15 Jahre lang sitzt er von 1994 bis 2009 schließlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat, um Leipzig in einer sehr spannenden Zeit zu gestalten. 2004 holt er schließlich ein Mandat und geht als Landtagsabgeordneter in die Politik. 

Zwischendurch wird er ab Januar 2003 Geschäftsführer bei der Bio City Leipzig auf der Alten Messe. „In meiner Kneipe steckte zwar viel Herzblut, als Kneiper wollte ich aber nicht in Rente gehen“, erinnert er sich. In der Bio City Leipzig organisiert er die Eröffnung mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schroeder sowie Tage der offenen Tür. Dann wird er nahezu überrascht, dass Bündnis 90/Die Grünen den Sprung in den sächsischen Landtag geschafft haben. 2004 holt er ein Mandat und geht als Landtagsabgeordneter nach Dresden. Nebenbei führt er anderthalb Jahre lang die Arbeit für ein europäisches Projekt bei der Bio City Leipzig zu Ende. Weichert wird Berufspolitiker, bis 2014 der Wiedereinzug in den Landtag misslingt. Für die Grünen will Weichert 2006 sogar Oberbürgermeister in Leipzig werden, unterliegt aber dem SPD-Mann Burkhard Jung.

Ein „Türöffner“ für viele Firmen


Die Arbeit in der eigenen Beraterfirma Weichert Consult, die Firmen und Institutionen unterstützt, Kontakte zur Politik und Kultur zu knüpfen, geht weiter. So organisiert er für das Jubiläum eines traditionsreichen Leipziger Handwerkbetriebes die Veranstaltung samt Catering und Festredner aus der Politik. Für die Hotellerie und Gastronomie castet er schon einmal Azubis in Spanien, als 2012/13 die Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch ist und in Leipzig dringend Nachwuchs gebraucht wird. Und auch in Bosnien-Herzegowina fungiert er als „Türöffner“ für hiesige Firmen und die
Universität Leipzig, um für gemeinsame Projekte wie in der Abfallwirtschaft Fördermittel sowie die Finanzierung hinzuzubekommen.

Viel Herzblut für den Leipziger Zoo


Viel Zeit widmet der begeisterte Rennrad- und Motorradfahrer Weichert dem Ehrenamt, wobei ihm vor allem die Präsidentschaft im Zoo-Förderverein sehr am Herzen liegt. Seit 2014 hat er dieses Amt inne und ist mittlerweile mit 1.300 Mitstreitern dabei, zusätzliche Spenden und Tierpatenschaften für den Leipziger Zoo zu akquirieren. Regelmäßig wird beispielsweise Glühwein auf dem
Leipziger Weihnachtsmarkt verkauft. Inzwischen kann der Förderverein dem Zoochef Jörg Junhold und seinem Team Jahr für Jahr mehr als eine Million Euro zur Verfügung stellen. „Artenschutz und der weltweite Verlust an Biodiversität treiben uns an. Arten- und Klimaschutz gehören zusammen. Das passt für mich zur Ehrfurcht vor dem Leben, also meiner christlichen Erziehung“, bekennt Weichert.  Der Mitbegründer des Städtepartnerschaftsvereins Leipzig-Travnik ist auch regelmäßig bei Bürgerreisen in die Partnerstadt dabei. Privat ist der kulturinteressierte Weichert, der als Jugendlicher auch Komparse ist, häufig bei Premieren im Opernhaus, den Leipziger Kabaretts oder im Krystallpalast-Varieté anzutreffen. Schon in der „Sternhöhe“ hat er regelmäßig Kabarett-Auftritte mit dem Kabarett academixer oder der Leipziger Pfeffermühle organisiert. 

Stand: 17.12.2023

Bildergalerie - Weichert, Michael

Wave-Gotik-Treffen (WGT)

Bornaische Straße 210 / agra Messepark Leipzig, Clara-Zetkin-Park sowie weitere Veranstaltungsorte | Ortsteil: Dölitz-Dösen

Das Wave-Gotik-Treffen (WGT) ist das weltweit größte Treffen der Gothic-Szene, welches alljährlich am Pfingstwochenende stattfindet. Zu diesem Anlass pilgern tausende Anhänger der schwarzen Szene nach Leipzig, wo ein stadtweites Rahmenprogramm mit Konzerten, Ausstellungen, Mittelaltermärkten und kulturellen Aufführungen geboten wird. Ein Höhepunkt ist das Viktorianische Picknick im Clara-Zetkin-Park. Das Festival wurde erstmals 1992 im ehemaligen Eiskeller (heute Conne Island) mit ca. 2.000 Besuchern durchgeführt. Heute reisen zum WGT etwa 20.000 Gäste aus ca. 30 Ländern an.

Von England nach Leipzig: Zwischen anfänglicher Ablehnung und Neugier


Seit dem Beginn der 1990er Jahre wird Leipzig alljährlich zum Versammlungsort von Anhängern der schwarzen Szene. Zu Pfingsten pilgern die malerisch gewandeten Gestalten mit verrückten Frisuren und auffälligen Accessoires, skurril geschminkt und phantasievoll ausstaffiert, nach Leipzig und setzen unübersehbare Akzente im Stadtbild. Neben der Innenstadt sind auch die Straßenbahnen, insbesondere zwischen Wahren im Norden und Markkleeberg im Süden, dicht befüllt mit einer bunten Menschen-Mischung ganz in schwarz – und Patchouli-Geruch hängt in der Luft.

Die Gothic-Szene entstand ursprünglich in den 1980er Jahren in England. Hier fand ein Teil der Punkbewegung allmählich Gefallen an der morbid-introvertierten Seite ihres Jugendkults anstatt des dominierenden aggressiv-anarchistischen Bildes. Dem neuen Trend schlossen sich ebenfalls melancholische Teile des punk-fokussierten New Wave sowie die neue Softpop-Bewegung New Romantics an. Der neue Stil gelangte, im Gegensatz zu Punk und New Wave, nur langsam nach Deutschland: Die Punk-Frisuren schienen zu schrill, die Schminke zu grotesk und die Outfits zu schräg. Insbesondere in der DDR wurde die Subkultur gemieden. Erste Anhänger der Szene, sogenannte „Gruftis“, waren ab Mitte der 1980er Jahre in deutschen Großstädten präsent. Die scheinbare Affinität zum Tod erweckte Neugier und Ablehnung zugleich, da sie damit verbundene Urängste berührte, die in der modernen westlichen Gesellschaft in der Regel verdrängt werden. Bei Gothic handelt es sich heute weder um eine bloße Musikrichtung noch um einen jugendlichen Modetrend, sondern vielmehr um einen im Mittelpunkt stehenden Lebensstil. Die Richtung bezeichnet eine bestimmte Weltsicht und ist Ausdruck der Auseinandersetzung mit den fragwürdig gewordenen Wertesystemen der westlichen Industriegesellschaften sowie der Suche nach neuen Inhalten.

Wie Leipzig zur Hauptstadt der internationalen Gothic-Szene wurde…


Das erste Wave-Gotik-Treffen fand 1992 in Leipzig statt. Die Initiatoren der zu diesem Zeitpunkt noch im Untergrund existierenden Bewegung waren Leipziger Gothic-Fans rund um
Michael W. Brunner und Sandro Standhaft, die bereits Anfang Mai 1989 in Potsdam ein ähnliches Treffen organisierten. Der Einladung zu dem Festival der anderen Art in Leipzig folgten etwa 2.000 Besucher und der Jugendclub „Eiskeller“ im Stadtteil Connewitz verwandelte sich mitsamt der angrenzenden Parkanlage in ein schwarzes Camp. In den Folgejahren gewann das Wave-Gotik-Treffen zunehmend an Bekanntheit und Attraktivität. Michael W. Brunner hatte noch bis zum Jahr 2000 die künstlerische Leitung des Festivals inne. Die Besonderheit bestand darin, dass sich das Treffen von Anfang an nicht auf einer Wiese mit Zeltplatz, sondern mitten in der Stadt abspielte. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand ahnen, dass sich das WGT einmal zum weltweit größten Treffen der Gothic-Szene entwickeln würde. Zum Rahmenprogramm zählten seit Beginn Lesungen, Film, Theater und Ausstellungen. Am Torhaus Dölitz wird traditionell ein heidnisches Dorf aufgebaut, während in der Moritzbastei ein Mittelalterspektakel stattfindet.

Mit zunehmender Vergrößerung des Festivals kam es auch zu Komplikationen und die Ausweitung des WGT zu einer internationalen Großveranstaltung kollidierte mit den freiwillig-idealistischen Organisationsstrukturen des unerfahrenen Veranstalterteams. Dies gipfelte beim 9. Wave-Gotik-Treffen im Jahr 2000 in immensen Mehrkosten, die auch durch die erheblich gestiegene Besucherzahl von rund 25.000 nicht kompensiert werden konnten. Die liquiden Mittel waren bereits am zweiten Festivaltag aufgebraucht, Künstlergagen und die Gehälter der etwa 2.000 Beschäftigten konnten nicht mehr gezahlt werden. Anstatt eines Abbruchs der Veranstaltung und allgemeinem Unmut nahmen die Gruftis die Veranstaltung selbst in die Hände. Es wurden Organisationsgruppen und Ordnungsteams aus Freiwilligen gebildet, ein Großteil der angereisten Künstler spielte ohne Gagen und nach improvisierten Ablaufplänen. Die Techniker blieben vor Ort und das Festival konnte friedlich und ohne Vorfälle beendet werden. Seit 2001 wird das WGT von der Chemnitzer Firma „Treffen & Festspielgesellschaft für Mitteldeutschland mbH“ organisiert.

Stadtfarbe schwarz: Von Barockperücke bis Latexoutfit


Inzwischen reisen jedes Jahr rund 20.000 Besucher aus ca. 30 Ländern zum Wave-Gotik-Treffen nach Leipzig. Sorgfältig gefertigte Kleidung, kunstvoll arrangierte Masken, Friseuren und Accessoires werden bewusst zur Schau getragen und ziehen alle Blicke auf sich: Von Reifrücken, Spitzen, Barockperücken, Nabelpiercing und Latexoutfits scheint eine Verkleidung schriller als die andere. Während der vier Festival-Tage wird ein breites Rahmenprogramm geboten, welches sich über die gesamte Stadt verteilt. Die verschiedenen Events finden an ca. 50 Veranstaltungsorten, darunter Museen, Kirchen, Friedhöfe und Theater, statt. Neben Auftritten von etwa 150 Bands aus aller Welt von Klassik bis Heavy Metal auf mehr als 20 Bühnen werden auch zahlreiche kulturelle Veranstaltungen, wie Ausstellungen, Lesungen, Workshops, Modenschauen, Mittelaltermärkte und Club-Partys geboten. Im Kino werden Kult-Filme der Szene gezeigt. Theater, Kabaretts und Oper richten ihre Spielpläne nach dem Spektakel aus. Ein Highlight ist alljährlich das Viktorianische Picknick am Freitagnachmittag im Clara-Zetkin-Park. Hier treffen sich hunderte Festivalteilnehmer im Dark-Romantic- oder Steampunk-Look zu einem Picknick der besonderen Art. Zentraler Anlaufpunkt während des Events ist der
agra Messepark im Süden der Stadt mit großem Zeltplatz, Verkaufsständen und diversen Imbiss-Buden. 

Das Wave-Gotik-Treffen gilt als wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt: Die Besucher verweilen bis zu fünf Nächte in den zum Teil bereits ein Jahr im Voraus reservierten Unterkünften. Leipzig dürfte mit dem Festival jährlich Einnahmen von 12 bis 15 Millionen Euro erzielen. Auch die weltweite mediale Aufmerksamkeit und die Toleranz der Leipziger Bürger gegenüber den oftmals furchteinflößend aussehenden Besuchern, sind bemerkenswert.

Stand: 17.12.2023

Synagogendenkmal / Große Gemeindesynagoge

Gottschedstraße 3 / Ecke Zentralstraße | Ortsteil: Zentrum-West

Umsäumt von niedrigen Sträuchern stehen 140 Bronzestühle an der Gottschedstraße, die die meisten Leipziger als Kneipenmeile kennen. Einladend sehen sie nicht gerade aus. Sie gehören zu einem begehbaren Denkmal, das die beiden Leipziger Architekten Anna Dilengite und Sebastian Helm für das Eckgrundstück Gottschedstraße/Zentralstraße geschaffen haben. Es erinnert an die Große Gemeindesynagoge, die während der Novemberpogrome in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 in Brand gesteckt und zerstört wird. Die leeren Stühle sind voller Symbolik. Die Nationalsozialisten haben nicht nur ein bedeutendes Gebäude unweit des Promenadenringes zerstört. Auch die Menschen, die in die Synagoge zum Gebet kommen, sind fort. Ausgegrenzt, verfolgt, vertrieben, ermordet. Stege führen nun hinein in die Reihen. Besucher sollen sich durchaus mal setzen, verweilen und vor allem nachdenken. Sich an diesem Gedenkort mit der Geschichte der ehemaligen Großen Gemeindesynagoge beschäftigen. Durch diese Gestaltung wird auch das räumliche Vakuum des Ortes schmerzhaft bloßgelegt.

Eine Synagoge auch für Messebesucher


Die Große Gemeindesynagoge wird auch
„der Tempel“ genannt. Das Gotteshaus ist die älteste und bedeutendste Synagoge Leipzigs und wurde nach Plänen von Otto Simonson, einem Schüler von Gottfried Semper, mit etwa 1.600 Plätzen auf einem trapezförmigen Grundriss konzipiert. Das Gebäude muss groß genug sein, um auch von den jüdischen Handelsleuten, die regelmäßig zur Leipziger Messe in die Stadt kommen, genutzt zu werden. Die Grundsteinlegung erfolgt am 9. September 1854. 

Ein Jahr später, am 10. September 1855, kann Rabbiner Adolf Jellinek es bereits einweihen. Das im maurischen Stil errichtete Gotteshaus ist stilprägend für den Synagogenbau in Deutschland in dieser Zeit. Bei seiner Weihe wirkt der Thomanerchor mit. Die Gemeinde ist liberal. Sogar eine Ladegast-Orgel gibt es ab 1868. Diese liberale Ausrichtung führt allerdings zu Akzeptanzproblemen mit den zugewanderten orthodoxen Juden. Deshalb wird für sie die Ez-Chaim-Synagoge in Apels Garten 4/Otto-Schill-Straße errichtet, die in der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 ebenfalls zerstört wurde. 

Gedenkstein erinnert an die Zerstörung


Um an die Zerstörung der Großen Gemeindesynagoge zu erinnern, wurde am 18. November 1966 an der ehemaligen Nordfassade ein Gedenkstein aus Cottaer Sandstein aufgestellt. Der Leipziger Bildhauer
Hans-Joachim Förster entwarf ihn. Das Grundstück der ehemaligen Synagoge diente viele Jahrzehnte als Parkplatz und Standort einer Trafostation. Nach der Friedlichen Revolution im Herbst `89 gibt es Restitutionsansprüche.

Bereits im Juni 1994 beschließt der Stadtrat, in der Gottschedstraße eine würdige Gedenkstätte für die mehr als 13.000 ermordeten und verfolgten Leipziger Juden zu errichten. Doch das Vorhaben zieht sich hin, da komplizierte Grundstücksfragen zu klären sind. So bemüht sich auch die Jewish Claims Conference als Sachwalterin erbenlosen jüdischen Besitzes um das Grundstück. Sie zieht ihre Ansprüche dann aber zurück. 

1997 wird die Stadt Leipzig Eigentümerin der Fläche. Gemeinsam mit der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig lobt sie einen sachsenweit offenen anonymen Wettbewerb aus, zu dem auch internationale Künstler eingeladen sind. Die Leipziger Architekten Anna Dilengite und Sebastian Helm gehen zwar nicht als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Favoriten der Jury sind zunächst ein strenger Kubus aus Beton und Glas sowie alternativ ein Labyrinth aus Glasplatten, auf denen die Namen aller ermordeten Leipziger Juden stehen sollen.

Doch Dilengite und Helm überzeugen mit ihrem Entwurf den Stadtrat. Die Gedenkstätte für verfolgte, ausgegrenzte und ermordete jüdische Bürger wird am 24. Juni 2001 im Beisein des israelischen Botschafters in Deutschland, Shimon Stein, eingeweiht. „Die Menschen sollen sich auf die Stühle setzen und beim Aufstehen die Erinnerung mitnehmen“, sagte er damals.

Brodyer Synagoge bleibt erhalten


An der Grundstücksgrenze steht eine Wand aus Sichtbeton mit Texten in englischer, deutscher und hebräischer Sprache auf jeweils drei Bronzetafeln. Wie die Synagoge aussieht, können auch Nichtsehende in Braille-Schrift ertasten.

Von den Leipziger Synagogen ist lediglich die Brodyer Synagoge in der Keilstraße, die 1904 in ein Wohnhaus hinein gebaut wurde, in ihrer ursprünglichen Funktion erhalten geblieben. Dort konnten beherzte Anwohner im November 1938 den Brandherd löschen. Die Inneneinrichtung sowie Fernster wurden dennoch demoliert. Das Gebäude der Brodyer Synagoge wird „arisiert“, dient danach als Seifenfabrik und wird im Oktober 1945 wieder als Synagoge geweiht. Heute ist sie die Gemeindesynagoge der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig.

Stand: 17.12.2023

Bildergalerie - Synagogendenkmal / Große Gemeindesynagoge

Historisches Bildmaterial - Synagogendenkmal / Große Gemeindesynagoge

Pusteblumen-Brunnen

Richard-Wagner-Platz | Ortsteil: Zentrum

Auf dem Richard-Wagner-Platz fanden die Pusteblumen-Brunnen vom Leipziger Bildhauer Harry Müller ihr neues Zuhause. Bereits 1972 wurden sie von ihm erbaut und machen mit ihrem originellen Aussehen ihrem Namen alle Ehre.

Der Pusteblumen-Vater


Harry Müller wurde am 29. September 1930 in Leipzig geboren. In den 1950er Jahren absolvierte er die Ausbildung an der Fachhochschule für angewandte Kunst in Leipzig, bevor er ein Studium zur Bildhauerei an der Kunsthochschule Berlin-Weißenfels antrat. Seine Leidenschaft widmete er der eher abstrakten Kunst, wodurch er in der DDR zum Einzelgänger wurde. Seine Kunst galt als anders, als fern der üblichen Figur. Das war auch der Grund, weshalb Harry Müller kaum eigene Ausstellungen präsentieren konnte. 

Seinen Aufschwung erlebte Müller schließlich für die von ihm geschaffene Fassade des ehemaligen Konsument-Warenhauses am Brühl. Das von den Leipzigern „Blechbüchse“ genannte Gebäude wurde zwischen 1967 und 1969 erbaut und ist heute noch als anspruchsvolles Entree für die Höfe am Brühl ersichtlich. Die Fassade besteht aus Aluminium und die Paraboloid-Elemente stehen heute unter Denkmalschutz.

1972 vs. 2013 – Drei Pusteblumen ziehen um


Nach der verdienten Anerkennung für die Gestaltung des Warenhauses widmete sich Harry Müller 1972 dem Bau der drei Pusteblumen. Sie bestehen aus jeweils 1.000 Einzelteilen und sind aus Chrom, Nickel und Stahl gefertigt, wodurch sie nicht rostanfällig sind. Die circa drei Meter hohen Plastiken wurden ursprünglich für den ehemaligen
Sachsenplatz errichtet. Dort standen sie in quadratischen Brunnenbecken, bis im Jahr 1999 der Sachsenplatz im Zuge einer Neubebauung weichen musste. Hier befindet sich heute das quaderförmige Museum der bildenden Künste Leipzig mit seinen vier Eckbebauungen. Somit verschwanden auch die Pusteblumen für viele Jahre und wurden auf dem Materialplatz des Tiefbauamtes der Stadt Leipzig gelagert. 

Anfang der 2010er Jahre nahm sich die Firma Stahlbau Werner der Kunstwerke an und sanierte die Pusteblumen. Da Harry Müller großen Wert auf seine Konstruktion legte, begleitete er die Sanierung bei jedem Schritt. Nach einer langen Debatte um den Standort und die Kostenübernahme einigte man sich schließlich auf den damals neu entstehenden Richard-Wagner-Platz. Seit dem Frühjahr 2013 ist dieser nun das Zuhause der drei Pusteblumen, die jeweils einen eigenen Brunnen erhielten. Somit stehen sie ganz in der Nähe ihres ursprünglichen Standorts und sind ein beliebter Treffpunkt, um zu verweilen. 

Von Skatern und Marktschreiern


Die Neukonstruktion des Richard-Wagner-Platzes wurde bereits seit Ende der 2000er Jahre diskutiert. Neben den Pusteblumen-Brunnen sah die Planung auch die Errichtung der Skateranlage vor. Ebenso standen 59 Bäume auf dem Plan, um die Innenstadt grüner werden zu lassen. Auch eine neue Beleuchtung sollte den Platz mit Beginn der Dämmerung in Szene setzen. 

Heute ist der Platz voller Leben. Skater ziehen ihre Bahnen, Menschen sitzen auf dem Rand der Brunnen und sehen dem Wasserspiel zu. Restaurants haben ihre Freisitze aufgestellt und auch für Marktstände ist genug Platz. Denn jeden Samstag findet auf dem Richard-Wagner-Platz von 10 bis 16 Uhr der beliebte Wochenmarkt statt. 

Stand: 17.12.2023

Bildergalerie - Pusteblumen-Brunnen

Historisches Bildmaterial - Pusteblumen-Brunnen

Lehmann-Grube, Hinrich

Jurist, Politiker, ehemaliger Oberbürgermeister Leipzigs | geb. am 21. Dezember 1932 in Königsberg; gest. am 6. August 2017 in Leipzig

Er pflegt einen Politikstil, der Leipzig voranbringt. Mit preußischer Disziplin und sächsischem Pragmatismus prägt Hinrich Lehmann-Grube die Stadtverwaltung von Leipzig, der er von 1990 bis 1998 vorsteht. Leipzig ist für Lehmann-Grube, der in Königsberg/Ostpreußen geboren wird, zwar nicht die Heimat. Er nennt es aber stets „sein Zuhause“. Der seit 1958 aktive Sozialdemokrat wird nach der Friedlichen Revolution `89 von seiner Partei gebeten, sich bei den ersten demokratischen Kommunalwahlen in der DDR im Mai 1990 um einen Sitz in der Stadtverordnetenversammlung und auch um das Amt des Oberbürgermeisters von Leipzig zu bemühen. Noch vor der Wahl, im April 1990, wird Lehmann-Grube Bürger der DDR – um das Signal auszusenden, dass Leipzig für ihn keine Zwischenstation ist. Und der promovierte Jurist wird zum „Glücksfall für Leipzig“. Darüber sind sich selbst seine politischen Gegner einig. Er regiert über Parteigrenzen hinweg mit dem „Leipziger Modell“ und bringt damit das Gemeinwesen voran.

Hinrich Lehmann-Grube wird 1932 in Königsberg als Sohn eines Kinderarztes geboren. Seine Mutter entstammt einer Hamburger Familie, die sich sehr aktiv in der Sozialdemokratischen Partei engagiert. Als Flüchtling kommt Lehmann-Grube nach Ende des Zweiten Weltkrieges nach Hamburg und besucht dort die Schule. 1951 macht er in der Hansestadt Abitur und studiert anschließend Jura. Seit 1956 ist Lehmann-Grube aktives Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Seine Frau Ursula heiratet er im Jahre 1957.

Oberstadtdirektor will von Hannover weg


Beruflich zieht es den Volljuristen in die Verwaltung und Politik. Zehn Jahre lang arbeitet er für den Deutschen Städtetag in Köln, anschließend 12 Jahre als Beigeordneter der Stadt Köln. Im Jahr 1979 wird „LG“, wie er in Leipzig oft genannt wird, Oberstadtdirektor der Stadt Hannover. Mit der dortigen Kommunalverfassung ist er allerdings unzufrieden. Denn diese weist ihm „die Rolle des buckelnden Verwaltungschefs“ zu, wie er einmal in einem Interview mit der
Leipziger Volkszeitung sagt. Deshalb kommt ihm der Ruf der Leipziger SPD, die sich zunächst als SDP in der DDR gründet, gerade recht. Am 19. März 1990 treffen sich die Mitglieder des Leipziger SPD-Stadtvorstandes, um die Wahlschlappe bei den DDR-Volkskammerwahlen vom 18. März auszuwerten. Für Anfang Mai sind die Kommunalwahlen in Leipzig anberaumt, der SPD fehlt noch ein Spitzenkandidat. An diesem Abend kommt die Rede auf einen gewissen Lehmann-Grube, der von Hannover wegwill. Wie der Zufall es will, ist beim Lindenauer SPD-Ortsverein gerade ein Heimvolkshochschulkurs aus Springe bei Hannover zu Gast. Dabei ist auch Ursula Lehmann-Grube, die gefragt wird, ob sie sich denn eine Kandidatur ihres Mannes vorstellen kann? Der Ausgang ist bekannt: Das Ehepaar packt Hab und Gut zusammen, kommt in Leipzig zunächst in einem ehemaligen Stasi-Gästehaus in Stötteritz unter.

Mit einem weit über dem DDR-Durchschnitt liegenden Ergebnis wird die SPD in Leipzig die stärkste Partei bei der Kommunalwahl. Sie holt 45 Mandate. Am 6. Juni 1990 wird Hinrich Lehmann-Grube mit 76 Prozent der abgegebenen Stimmen zum neuen Oberbürgermeister gewählt. Damit beginnt der Aufbau einer effizienten Verwaltung. In seiner Antrittsrede verweist der neue erste Mann auf die schlimme Ausgangslage in Leipzig, die sich beispielsweise im Zustand der Infrastruktur und Gebäude, der Umwelt, der Verkehrswege sowie der hohen Arbeitslosigkeit nach verschiedenen Betriebsschließungen zeigt. Für viele ist das damals ein Grund, Leipzig zu verlassen und in den Westen abzuwandern. Er kommt hierher.

„Leipziger Modell“ bringt die Stadt voran


Lehmann-Grube muss nach seinem Amtsantritt die Verwaltung völlig neu aufbauen. Sein Politikstil, nicht zuerst parteipolitisch zu denken, sondern über die Parteigrenzen hinweg an der Lösung von Problemen gemeinsam zu arbeiten, wird zunächst in anderen westdeutschen Städten belächelt. Doch eben dieses „Leipziger Modell“ bringt die Stadt in den Anfangsjahren nach der Friedlichen Revolution voran. Es gilt, Entscheidungen wie am Fließband zu treffen, auch unpopuläre. Aber es gibt halt keine sozialdemokratischen oder christdemokratischen Wasserrohre, die repariert werden müssen. Dabei ist der leidenschaftliche Bratsche-Spieler Argumenten recht aufgeschlossen. Er kann sich auch revidieren, wie langjährige Weggefährten berichten.

Ist Lehmann-Grube von einer Sache überzeugt, bleibt er standhaft. Es ist eine Eigenschaft, die nur wenigen Politikern eigen ist. Ein Beispiel dafür ist die damals umstrittene Verlagerung der Leipziger Messe in den Norden Leipzigs. Er argumentiert, dass diese am alten Standort nicht konkurrenzfähig sei. Der Rat stimmt letztlich mit nur wenigen Gegenstimmen zu. Die Eröffnung des Neuen Messegeländes und des Congress Centers Leipzig bezeichnete er im Nachhinein als „schönsten Moment“ seiner Arbeit. Es gibt natürlich auch Rückschläge und Niederlagen. Kalt erwischt wird er Mitte der 1990er-Jahre von der Nachricht über den finanziellen Zusammenbruch der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB).

„LEIPZIG KOMMT!“ wird mehr als ein Slogan


Das Bad in der Menge liegt ihm nicht. Bei Dingen, die das Leipziger Selbstverständnis betreffen, hält er sich zurück. Aber er trägt wesentlich dazu bei, dass die Menschen Gestaltungskraft und Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit zurückgewinnen. „LEIPZIG KOMMT!“ wird in jener Zeit mehr als ein Slogan. Lehmann-Grube sieht es als besonderen Vertrauensbeweis an, dass die Leipziger ihn – trotz einer damals verbreiteten Anti-Wessi-Stimmung – am 26. Juni 1994 in direkter Wahl im Amt bestätigen.

Am 30. Juni 1998 wechselt Lehmann-Grube in den Ruhestand und lebt mit Ehefrau Ursula in einem Mehrfamilienhaus am Johannapark. Seine Nachfolge als Oberbürgermeister tritt am 1. Juli 1998 Wolfgang Tiefensee an, der zuvor als Lehmann-Grubes Stellvertreter sowie als Beigeordneter für Jugend, Schule und Sport tätig war. Am 14. Juli 1999 wird Hinrich Lehmann-Grube in Anerkennung seiner Verdienste zum Ehrenbürger ernannt. Quasi ein Ehren-Leipziger nicht durch Geburt, sondern weil er die Stadt prägt(e).

Der verdiente Politiker erliegt am 6. August 2017 auf der Palliativstation des St. Elisabeth-Krankenhauses in Connewitz einem Krebsleiden. 

Die Stadt organisiert jährlich ein Hinrich-Lehmann-Grube-Symposium, das dem Austausch zwischen Stadtverwaltung, Stadtrat und den kommunalen Unternehmen dient. Im Gespräch ist, einen Teil des Roßplatzes nach Lehmann-Grube zu benennen.

Stand: 17.12.2023

Bildergalerie - Lehmann-Grube, Hinrich

Leder, Ronny Maik

Geologe, Paläobiologe, Museumsdirektor | geb. am 30. März 1977 in Ilmenau

Der moderne Mann trägt Hut. Das zelebriert Ronny Maik Leder regelrecht. Etwa, wenn der Direktor des Naturkundemuseums Leipzig Gäste zur Museumsnacht begrüßt oder den ehemaligen Bowlingtreff auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz als neues Domizil der Sammlungen präsentiert. Bis der einstige Freizeittreff als modernes Museum eröffnet, braucht es allerdings einen langen Atem. Den hat Leder wohl nicht immer. Oft ist er ungeduldig und möchte alle bürokratischen und finanziellen Hürden, die dem Mammut-Projekt in den Weg gelegt werden, schnell beiseite rücken. Doch der Wissenschaftler muss Zwänge hinnehmen. Nach jetzigem Zeitplan wird das Naturkundemuseum wohl frühestens 2029 am Wilhelm-Leuschner-Platz öffnen.

Ein Platz in der Champions League


Leder ist voller Leidenschaft und hartnäckig, wenn es um sein Ziel geht, dem Naturkundemuseum ein neues Zuhause zu geben. Das liegt wohl auch daran, dass er als Skilangläufer („Ich liebe Schnee!“) und begeisterter Rennradfahrer viel Ausdauer hat. Dem Naturkundemuseum will er einen Platz in der Champions League verschaffen und hat dafür auf Grundlage eines existierenden Masterplanes die Konzeption ausgearbeitet. „Seit ich das erste Mal im Naturkundemuseum war, sage ich, dass es mein großer Traum ist, dort zu arbeiten“, bekennt er.

Das macht er als Direktor seit dem1. Dezember 2016 – im alten Domizil in der Lortzingstraße am Goerdelerring. Geboren ist Leder 1977 im thüringischen Ilmenau. Aufgewachsen im Thüringer Wald zieht es ihn oft in die Natur. Mit den Eltern geht er Beeren und Pilze sammeln, stöbert in den Naturlexika seines Großvaters. Schon als Kind wird ihm klar, dass seine Zukunft etwas mit Naturkunde zu tun haben soll. An der Polytechnischen Oberschule setzt er sich energisch dafür ein, dass ein Molchteich renaturiert wird. Daraus entwickeln sich Projektwochen. Nach dem Abi am Professor-Carl-Fiedler-Gymnasium in Suhl studiert er an der Universität Leipzig in den Jahren 2000 bis 2005 Geologie und Paläontologie. Dort wird er auch als Studentenvertreter aktiv, organisiert Proteste, weil der Studiengang Geowissenschaften gekürzt werden soll.

Haie sind sein Spezialgebiet


Leder wird Mitarbeiter der Geologisch-Paläontologischen Sammlung der Universität Leipzig, die beispielsweise Fossilien aus Meeresablagerungen der Tertiärzeit im südlichen Leipziger Raum aufbewahrt. Bis 2014 arbeitet er dort und promoviert parallel als Paläobiologe, der ausgestorbene Organismen erforscht. Für seine Doktorarbeit zieht es ihn nach Washington in die USA – ans weltgrößte Naturkundemuseum, das Smithsonian. Leders Spezialgebiet sind Haie und die fossile Fischfauna. Der Wissenschaftler entwickelt neue Techniken für die Klassifizierung fossiler Haifischzähne. Auslöser für den Amerika-Aufenthalt ist eigentlich seine Frau Sabrina, die dort die US-Filiale einer deutschen Firma aufbaut.

Vor seiner Rückkehr nach Leipzig arbeitet Leder am „Florida Museum of Natural History in Gainesville“ (USA) als Post Doc und kurze Zeit auch als Assistenzprofessor. In den USA bleiben wollten Leder und seine Familie nie, obwohl er die dortige großartige Forschungsinfrastruktur sehr schätzt. Dort arbeitet er beispielsweise mit am Projekt idigbio, das die digitale Aufarbeitung der Sammlungsbestände vorantreibt. Doch er will zurück, seinen Traum für ein modernes Museum leben. Erfahrungen mit Museumsarbeit hat Leder da schon. Für das Museum der Westlausitz in Kamenz konzipiert Leder 2011/12 gemeinsam mit Jens Czoßek die Sonderausstellung „Tropenparadies Lausitz – Klimawandel im Tertiär“.

Neue Ausstellung soll ein Besuchermagnet werden


Für Leipzig hat Leder, der verheiratet ist und drei Kinder hat, buchstäblich einen „Rucksack voller Ideen“. Die Pläne für das neue Museum sind sehr ambitioniert. Der Museumschef will mit den wertvollen Sammlungen seines Hauses weit über die Stadtgrenzen hinaus ausstrahlen. „Es entsteht ein attraktives Haus, etwas völlig Neues. Ich glaube fest daran, es wird ein Besuchermagnet“, sagt er im Interview mit der
Leipziger Volkszeitung nicht unbescheiden. 

Wer sich die Konzeption anschaut, wird daran wohl wenig Zweifel haben. Leder hat für das Ausstellungskonzept mit seinem Team mehr als 400 Themenkomplexe entwickelt. So will er beispielsweise prähistorische Lebenswelten, die Kunst der Präparation sowie das beeindruckende Spektrum Leipziger Wissenschaftshistorie in verschiedenen Inszenierungen beleuchten. Ins Blickfeld gerückt wird die Tiefseeexpedition, die der Leipziger Zoologie-Professor Carl Chun 1898 mit dem Forschungsschiff Valdivia startet. Da gibt es spannende Exponate im Leipziger Museum. „Das Thema ist von hoher Attraktivität für die Besucher. Ich war überrascht, dass dies in Leipzig bisher wenig präsent ist.“ 

Moderne Tierpräparation rückt in Blickpunkt


Das neue Haus will ebenso an
Herman Ter Meer als Wegbereiter der modernen Tierpräparation erinnern. Selbstverständlich wird es dort Dioramen geben. „Es gibt optische Möglichkeiten, Dioramen sehr unterhaltsam zu gestalten, ohne den Bezug zur Historie zu verlieren“, blickt er voraus. Die Präparate Ter Meers gehören zu den Highlights der Leipziger Sammlung. Das Museum besitzt ebenfalls wertvolle Präparate, die Eduard Poeppig während seiner großen Amerikareise gesammelt hat. Eine Rolle spielt auch einer der Gründer des Museums, Emil Adolf Roßmäßler, der als Vater der Aquaristik gilt.

Erzählen will Leder außerdem die Geschichte des „Mammuts von Borna“. Das wird 1908 in einer Lehmgrube am Wyhra-Ufer entdeckt. Das nahezu vollständig erhaltene Mammutskelett wird schließlich von Ende 1909 an in der Prähistorischen Abteilung des Leipziger Museums für Völkerkunde zu Leipzig aufgebaut und ist dort bis zur Zerstörung in der Bombennacht vom 4. Dezember 1943 die Attraktion. Theoretisch könnte es dank moderner Technik rekonstruiert werden, der Leipziger Paläontologe Johannes Felix hat es einst millimetergenau vermessen. „Ich möchte das Skelett aber keineswegs rekonstruieren, sondern die Geschichte erzählen, wie die Reste im Bauschutt geborgen worden und letztlich in ganz Deutschland verstreut sind“, nennt Leder ein weiteres Beispiel. Für die Strategie der neuen Ausstellung wird das Naturkundemuseum bereits 2021 mit dem Sächsischen Museumspreis ausgezeichnet.

Neues Naturkundemuseum soll 2029 fertig sein


Das Museum sollte zunächst in die Halle 7 der ehemaligen
Baumwollspinnerei ziehen. Doch der Stadtrat zieht die Notbremse, weil sich das Haus nach genaueren Untersuchungen nicht eignet und die Kosten für den Ausbau zu hoch sind. Im Oktober 2020 wird dann beschlossen, den ehemaligen Bowlingtreff als Museum auszubauen. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges unterirdisches Umspannwerk, das 1986/87 zur Freizeitsportstätte umgeplant und um das Oktagon, ein achteckiges Eingangsbauwerk, erweitert wurde. Das Museum soll etappenweise bis 2029 öffnen, das Oktagon mit Räumen für die Verwaltung wahrscheinlich schon etwa früher. 

Leder lässt sich viel einfallen, um für die Sammlung zu werben. Er hatte auch die Idee für den Videopodcast „School’s out!?“, den das Naturkundemuseum Leipzig seit März 2020 produziert. Entstanden in der Corona-Schließzeit, richtet er sich hauptsächlich an wissbegierige Kinder und Jugendliche. Der Podcast ist aber auch geeignet, damit neugierige Erwachsene Inhalte vertiefen oder neue Forschungsgebiete kennenlernen können.

Stand: 17.12.2023

Bildergalerie - Leder, Ronny Maik

Klassik airleben

Rosental | Ortsteil: Zentrum-Nord

Wenn es tausende Menschen mit Picknickdecken, Proviantkörben und Lust nach Musik ins Leipziger Rosental zieht, dann findet wieder das „Klassik airleben“ statt. Jährlich lässt das Gewandhausorchester bei seinem Open-Air-Festival an zwei Sommerabenden klassische Musik durch die Stadt erklingen.

Ein Festival zum Höhepunkt


Das Musikfestival „Klassik airleben“ bildet den Höhepunkt und zugleich auch Abschluss der Spielzeit des Gewandhausorchesters. Jährlich im Juni oder Juli erklingen an zwei aufeinanderfolgenden Abenden mit einsetzender Dämmerung gegen 20:30 Uhr die Melodien bekannter Stücke. Durch die Lautsprecher und zwei Großleinwände können Interessierte dem kostenlosen Konzert lauschen und entspannt von der Picknickdecke betrachten.

Auch für jüngere Musikbegeisterte hat das Festival viel zu bieten. Jeweils am Samstag gibt es bereits ab 16 Uhr ein Extraprogramm für Kinder. Die sogenannten Zwergenkonzerte warten mit kinderfreundlichen Stücken. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Musiker kennenzulernen und Instrumente auszuprobieren. Zelte mit verschiedenen Bastelstraßen lassen die Kreativität höher leben und auch mit den angebotenen Spiel- und Entdeckungsmöglichkeiten wird es nicht langweilig.

Klassik für Jedermann


Bereits seit 2003 ist das Rosental direkt neben dem
Zoo Leipzig der Veranstaltungsort des Festivals, das vom Gewandhaus zu Leipzig organisiert wird. Zunächst wurde es lediglich als Ausweichmöglichkeit gesehen, da wegen des Baus des neuen City-Tunnels der Markt als Spielstätte nicht nutzbar war. Dies gefiel allen Beteiligten so gut, dass es im nächsten Jahr, 2004, wiederholt wurde und es einen offiziellen Auftakt unter der Leitung des damaligen Gewandhausdirigenten Herbert Blomstedt gab. In den ersten Jahren wurde die Wiese noch umzäunt und Einlasstickets verkauft. Die Open-Air-Veranstaltung entwickelte sich zum festen Bestandteil der Spielzeit des Gewandhausorchesters, musste jedoch zwischenzeitlich durch fehlende Mittel ausfallen.

2014 stieg schließlich die Porsche AG als Hauptsponsor ein und das „Klassik airleben“ konnte, diesmal bei freiem Eintritt, wieder realisiert werden. Seitdem erklingen Meisterwerke großer Komponisten. Dabei wird das Gewandhausorchester von wechselnden Solisten aus der ganzen Welt unterstützt.

Die Gründung des Gewandhausorchesters


Das Gewandhausorchester besteht aus 185 Berufsmusikern. Mit der Gründung der Konzertgesellschaft „Das Große Concert“ im Jahr 1743 ist es das wohl älteste bürgerliche Sinfonieorchester der Welt. Seinen ersten Konzertsaal und den heutigen Namen erhielt das Gewandhausorchester im Jahr 1781 mit dem Umzug in die Gewerbehalle der Tuchmacher, dem Gewandhaus.
Seit 1981 spielt das Gewandhausorchester im Konzerthaus am Augustusplatz in Leipzig.

Stand: 17.12.2023

 

Bildergalerie - Klassik airleben

Karl-Liebknecht-Straße

Karl-Liebknecht-Straße | Ortsteil: Zentrum-Süd / Südvorstadt / Connewitz

Die Karl-Liebknecht-Straße verläuft auf rund 2,5 Kilometern vom Peterssteinweg bis zum Connewitzer Kreuz durch den Süden Leipzigs. Mit zahlreichen kleinen Läden, Cafés, Restaurants und einer ausgeprägten Szenekultur gilt sie als eine der belebtesten Magistralen Leipzigs und eine über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Kneipenmeile. Ihren Namen trägt die Straße seit 1. August 1945 nach dem Leipziger Rechtsanwalt, SPD-Politiker und Mitbegründer der KPD, Karl Liebknecht.

Von der Handelsstraße zur Szenemeile


Die Karl-Liebknecht-Straße, im Volksmund auch „KarLi“ genannt, ist bekannt für ihr buntes Treiben entlang der sich aneinanderreihenden Cafés, Bars und Kneipen. Ihre Entstehung geht auf den Bauboom Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Die heutige Bebauung mit der promenadenartigen Gestaltung erfolgte größtenteils bereits zu dieser Zeit. Zuvor verlief sie als kaum befestigter Weg entlang der heutigen Kochstraße und war die Verbindung zwischen dem Stadtteil Alt-Connewitz und der Leipziger Innenstadt. Der bereits im Mittelalter existierende nördliche Straßenabschnitt zwischen dem Martin-Luther-Ring und dem Südplatz lag einst als bedeutende Verkehrsader auf der Handelsstraße Via Imperii und hieß zwischen 1839 und 1933 Zeitzer Straße. Den Anfang des Straßenabschnitts bildete bis 1856 das
Äußere Peterstor, während der sich stadtauswärts in Richtung Connewitz anschließende Teil zwischen 1874 und 1933 Südstraße genannt wurde. Im Jahr 1933 wurden beide Straßenteile vereint und aus der Zeitzer Straße und der Süßstraße wurde die Adolf-Hitler-Straße. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde diese während der amerikanischen Besatzung am 18. Mai 1945 in die Südstraße zurückbenannt. Nur wenige Monate später erhielt sie am 1. August 1945 unter sowjetischer Besatzung ihren heutigen Namen Karl-Liebknecht-Straße. Karl Liebknecht war ein SPD-Politiker, Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) sowie ein Leipziger Rechtsanwalt. Als damals erster und vorerst einziger Reichstagsabgeordneter positionierte er sich 1914 gegen die Bewilligung der Kriegskredite. Am 13. August 1871 wurde er in Leipzig in der Braustraße 15 geboren. Im heutigen Liebknecht-Haus diente die Erdgeschosswohnung viele Jahre als Aktionszentrum der deutschen Sozialdemokratie. Das Wohnzimmer der Familie Liebknecht ist heute Bestandteil der Gedenkstätte. Zwischen 1881 und 1890 lebte Liebknecht am Südplatz 11, der heutigen Karl-Liebknecht-Straße 69. Er wurde am 15. Januar 1919 in Berlin ermordet. Im November 2002 wäre die Karl-Liebknecht-Straße beinahe in die Straße des 17. Juni umbenannt worden, was die Mehrheit der Anwohner und die Leipziger Bevölkerung verhinderten, so dass die Straße noch heute Karl Liebknechts Namen trägt.

Die noch aus den 1970er Jahren stammenden Gleise der Straßenbahnlinien 10 und 11 sowie die Straße und Fußwege wurden 2014 umfassend saniert. Ziel war es, eine moderne Verkehrsstraße für Autos, Straßenbahnen, Radfahrer und Fußgänger gleichermaßen zu schaffen und dabei zugleich den boulevardartigen Charakter der „KarLi“ zu wahren. Noch heute laden breite Fußwege sowie viele Läden, Kneipen und Restaurants zum Flanieren, Einkaufen oder Verweilen ein.

Die KarLi lebt: Streifzug entlang der Kulturhäuser und Szenelokale


Von alternativ bis intellektuell, von linksliberal bis aufgeschlossen konservativ: Dieser bunte und individuelle Mix macht den eigenständigen Charme aus, durch welchen die „KarLi“ und ihr Milieu geprägt sind. Auf der rund 2,5 Kilometer langen Straßenmeile reihen sich Szenekneipen, Straßencafés und individuelle Geschäfte aneinander. Die Freisitze sind besonders in den lauen Sommermonaten über den ganzen Tag hinweg, aber vor allem in den Abendstunden bis in die Nacht hinein, bis zum letzten Tisch gefüllt. Die Karl-Liebknecht-Straße ist ebenfalls für ihr studentisches Treiben bekannt, was sich neben ihrem Charme auch durch die Nähe zur
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) am Connewitzer Kreuz erklären lässt.

Viele der ansässigen Mode-Läden haben sich auf alternative und extravagante Mode spezialisiert, darunter Mrs. Hippie und Tranquillo an der Ecke Alfred-Kästner-Straße. Auch an angesagten Bars und Restaurants mit individuellem Charme mangelt es nicht. Sehr beliebt sind zum Beispiel die Weinstube Renkli, das traditionsreiche Volkshaus, das Café Puschkin, die nostalgisch eingerichtete Gaststätte Kollektiv, die urigen Irish Pubs Killywilly und Mc Cormacks, das charmante Jugendstil-Lokal Café Maître, die Cocktailbar La Boum oder die am Connewitzer Kreuz gelegene Südbrause. An Restaurants mit internationaler Küche mangelt es ebenfalls nicht. Seit vielen Jahren bei Hungrigen beliebt sind unter anderem das indische Restaurant Safran, das karibische Lokal La Cosita und das italienische Restaurant L’Angolo d’Italia.

Neben den zahlreichen Geschäften und Lokalen bietet die Kar-Liebknecht-Straße auch eine Vielfalt an Kulturangeboten. Dazu zählt etwa das Kulturzentrum Feinkost Leipzig auf dem ehemaligen Fabrikgelände, wo heute regelmäßig Flohmärkte sowie in der warmen Jahreszeit Sommerkino und Sommertheater stattfinden. Auch die 1973 errichtete Leuchtreklame Löffelfamilie der VEB Feinkost mit darunter befindlichem Biergarten gilt heute als einzigartiges Kulturdenkmal und ist von der „KarLi“ nicht mehr wegzudenken. Die am Südplatz gelegene naTo wurde zu DDR-Zeiten ursprünglich als sozialpolitisches Zentrum für die „Nationale Front“ erbaut und für politische Versammlungen genutzt. Heute finden in dem markanten Gebäude Konzerte, Film- und Theatervorführungen sowie Lesungen und politische Veranstaltungen statt. Auch in der am Connewitzer Kreuz gelegenen Kulturfabrik Werk II finden in den denkmalgeschützten Fabrikhallen Veranstaltungen verschiedener Art, darunter Märkte sowie Konzerte unterschiedlicher Genres statt. Das nur wenige Meter entfernte, auf der Wolfgang-Heinze-Straße gelegene UT Connewitz, gilt als das älteste noch erhaltene Lichtspieltheater Leipzigs und zählt zu einem der ältesten seiner Art in Deutschland. Heute wird hier in morbider Atmosphäre ein abwechslungsreiches Programm an Konzerten, Filmvorstellungen und Theater dargeboten.

Bis 2018 fand acht Mal an einem Samstag das Straßenfest KarliBeben statt. Es handelte sich um eine gemeinsame Aktion der Händler der Karl-Liebknecht-Straße, zu der tausende Menschen strömten und bis in den frühen Morgen feierten. 

Stand: 17.12.2023

Bildergalerie - Karl-Liebknecht-Straße

Historisches Bildmaterial - Karl-Liebknecht-Straße

INNSiDE by Meliá Leipzig

Gottschedstraße 1 | Ortsteil: Zentrum-West

Bei dem Hotel INNSiDE by Meliá Leipzig handelt es sich um ein 4 Sterne Superior Hotel der spanischen Hotelkette Meliá Hotels International. Es wurde am 1. September 2016 nach Entwürfen von Manfred Denda im ehemaligen Kosmoshaus sowie auf dem Grundstück des früheren Palais Schlobach eröffnet. Auf sechs Etagen beherbergt es unter anderem das „Syndeo Restaurant & Bar“, die Skylounge Bankett-Etage mit rund 600 Quadratmetern Fläche und die Rooftop „Bar Cabana“. Letztere wurde am 1. September 2017 als größte, öffentlich zugängliche Dachterrasse auf 400 Quadratmetern Fläche eröffnet und bietet einen einzigartigen Blick über die Leipziger Innenstadt.

Modernes Ambiente im historischen Gewand


In anmutender neoklassizistischer Fassade, unmittelbar am Leipziger
Promenadenring gegenüber der Thomaskirche gelegen, befindet sich das 4 Sterne Superior Hotel INNSiDE by Meliá. Zur Umsetzung des Bauprojektes wurden nach Plänen des Leipziger Architekten Manfred Denda zwei neoklassizistische Bauten, das Palais Schlobach und das Kosmoshaus, als homogenes Ensemble zwischen 2014 und 2016 baulich verbunden. Letztere wurden hinter der von Arwed Rossbach entworfenen historischen Fassade zum Hotel INNSiDE by Meliá rekonstruiert sowie ein moderner gläserner Dachaufbau geschaffen. Die Baupläne sahen ursprünglich vor, das Kosmoshaus am Eingang der Gottschedstraße denkmalgerecht zu restaurieren und in der angrenzenden Baulücke am Dittrichring 11 ein modernes Gebäude zu errichten. Das Hotel sollte in beide Bauwerke integriert werden. Die Bauherren entschieden sich schließlich gegen das eingangs geplante Vorhaben, da sie die Errichtung eines einheitlichen Ensembles neben dem herausragenden zeitgenössischen Bau der Commerzbank – Dittrichring 7-9 präferierten. Sowohl das Kosmoshaus als auch das sich bis zum Abbruch 2006 anstelle der späteren Baulücke befindliche Palais Schlobach erstrahlten einst im Stil der Neorenaissance. Dieser für die Ring-Bebauung charakteristische Baustil sollte für die Errichtung des INNSiDE by Meliá wieder aufgegriffen werden. Das 1871/72 von Arwed Rossbach für den Fabrikanten Julius Schlobach errichtete Palais Schlobach entwickelte sich zum Vorbild für die nachfolgende bürgerliche Innenstadtring-Bebauung Leipzigs. Zu den architektonischen Merkmalen zählten Dachterrassen und Balustraden wie in der italienischen Hochrenaissance und sowie erstmals Elemente der Pariser Wohn- und Geschäftshäuser, darunter eine kleine Mezzaninetage über dem Erdgeschoss und lange Balkone vor den Fenstern. Bei dem Kosmoshaus handelte es sich einst um ein mutmaßlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert erbautes fünfgeschossiges Geschäfts- und Wohnhaus. Das im Stil des Historismus errichtete Gebäude verfügte über 16 zur Gottschedstraße gerichtete Fensterachsen sowie einen zum Dittrichring vorgelagerten, viergeschossigen Anbau. Letzterer besaß drei zweigeschossige, reich verzierte Erker, auf deren Brüstung sich zwei Sandsteinvasen befanden. Der am flachen Dreiecksgiebel des Haupthauses unterhalb des Daches angebrachte Schriftzug „Kosmos“ ist noch heute an dem denkmalgeschützten Gebäude zu lesen.

Die zum Promenadenring gerichtete Seite des 1953 errichteten Kosmoshauses erhielt im Zuge der Rekonstruktion ab 2014 seine neoklassizistische Fassade zurück. Die zur Gottschedstraße gewandte Häuserfront wurde wieder in ihrer Fassade von 1860 verkleidet. Besonders charakteristisch für die architektonische Ausgestaltung der Häuserfront sind die nach historischem Vorbild geschaffenen griechischen Figuren an der Fassade. Dabei handelt es sich um Werke des Steinbildhauers Andreas Hoferick, welche er im Zuge der Rekonstruktion und nach Plänen von Arwed Rossbach in seinem Berliner Atelier schuf. Die Bei den Statuen handelt es sich um 1,80 Meter hohe Figuren in Form von vier griechischen Göttinnen und dem Meeresgott Neptun auf einem Fassadenvorsprung am Haupteingang des Innside-Hotels in der Gottschedstraße. Vor dem Kosmoshaus befand sich einst das „Haus zum Neptun“. In Anlehnung an die einstige Bebauung sollte deshalb auf jener Mittelachse des Gebäudes wieder ein Neptun mit Vasen und Delfinen entstehen.

Mediterranes Flair mit Panoramablick über die Dächer der Stadt


Beim Betreten des Hotels eröffnet sich den Gästen im Erdgeschoss eine großzügige Lobby mit Rezeption und einer Bar. Das Farbkonzept dominieren im gesamten Hotel Weiß, Schwarz sowie verschiedene Grautöne und ein für die spanische Hotelkette charakteristischer Lila-Ton. In der Lobby wurden hochwertige Materialien wie Fliesen und heller Marmor aus Spanien verarbeitet. In drei flexibel kombinierbaren und an einem Lichthof gelegenen Tagungsräumen finden auf rund 380 Quadratmetern bis zu 200 Personen Platz. Im sich ebenfalls im Erdgeschoss befindlichen „Syndeo Restaurant & Bar“ wird mediterrane Küche im Tapas-Stil angeboten. Abgerundet wird das Angebot durch klassische Cocktails, Sangría, ausgewählte Weine und Bier vom Fass. Drei Lifts führen zu den insgesamt 177 Zimmern und Suiten sowie zum Wellness- und Fitnessbereich auf der fünften Etage.

In dem die beiden historischen Palaisbauten überspannenden gläsernen Dachaufbau des INNSiDE by Meliá befindet sich seit Oktober 2017 in der fünften Etage eine Event-Location mit 480 Quadratmetern Echtholzparkett im Innenbereich und rund 120 Quadratmeter Balkonfläche. Die Veranstaltungsfläche der Skylounge Bankett-Etage bietet Platz für bis zu 300 Personen in flexibel miteinander kombinierbaren Bereichen. Über einen direkten Zugang gelangen die Gäste in die 6. Etage. Hier befindet sich seit dem 1. Dezember 2017 mit 400 Quadratmetern Fläche die größte Dachterrasse der Stadt mit ihrer öffentlich zugänglichen Rooftop „Bar Cabana“. In den Wintermonaten können die Gäste und Besucher in beheizten Iglus ihre Kalt- und Heißgetränke mit einzigartigem Blick auf die Thomaskirche genießen, während in den Sommermonaten bei Live-Musik mediterranes Flair aufkommt.

Stand: 17.12.2023

Bildergalerie - INNSiDE by Meliá Leipzig

Historisches Bildmaterial - INNSiDE by Meliá Leipzig

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