Friedenspark

Liebigstraße 28 | Ortsteil: Zentrum-Südost

Der Friedenspark wurde am 20. Juli 1983 auf 20 Hektar Fläche als öffentlicher Sportpark sowie Freizeit- und Erholungsort eingeweiht. Auf dem Gelände befand sich zuvor der 1846 angelegte Neue Johannisfriedhof als zweiter städtischer Friedhof mit knapp zwanzigtausend Grabstätten. Nach den schweren Beschädigungen durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg wurde die Friedhofsanlage schließlich am 31. Dezember 1970 für die Öffentlichkeit geschlossen. Nach Entwürfen der Landschaftsarchitektin Henriette Krahnstöver plante die Stadt unter dem Arbeitstitel „Johannispark – Park der Jugend“ eine Grünfläche mit Sport- und Freizeitanlagen und stellte diese 1983 fertig. Heute zählen zum Friedenspark diverse Sondergärten, darunter der Apothekergarten sowie der 2007 eröffnete Duft- und Tastgarten. Bemerkenswert sind der alte Baumbestand sowie die zahlreichen Blütensträucher, die den Friedenspark säumen.

Vom Friedhof zum Stadtpark


Im Südosten Leipzigs gelegen zwischen Russischer Gedächtniskirche und Universitätsgelände zählt der Friedensparks zu den bekanntesten Grünanlagen in Leipzig. Neben dem großen Eingangstor an der Nordseite des Parks und den von alten Bäumen gesäumten Hauptalleen lassen vor allem die verwitterten Wandstellengräber auf dessen einstige Funktion schließen. Diese letzten baulichen Relikte befinden sich noch heute in der südlichen Mauer und der Toranlage im Osten der Parkanlage. 

Auf dem Gelände des heutigen Friedensparks wurde im September 1846 auf zwanzig Hektar Fläche der Neue Johannisfriedhof angelegt, welcher sich bald zu Leipzigs bedeutsamstem Begräbnisplatz entwickelte. Dabei handelte es sich nach dem Alten Johannisfriedhof um den zweiten städtischen Friedhof, welcher sich im Besitz des Johannisstifts befand. Die Friedhofsanlage mit knapp zwanzigtausend Grabstätten folgte der Divise einer maximalen Belegung mit Reihengräbern, wobei die privilegierten Erbbegräbnisplätze an den Trenn- und Umfassungsmauern angesiedelt waren. Die Toranlage am östlichen Friedhofseingang stammte ursprünglich vom Johannishospital am Standort des heutigen Grassimuseums und wurde in den 1880er Jahren von Stadtbaurat Hugo Licht umgestaltet. Der Straßenname „Vor dem Hospitaltore“ erinnert noch heute an die ursprüngliche Herkunft des Portals. Im Jahr 1883 wurde nach Plänen von Hugo Licht im westlichen Teil des Areals eine Friedhofskapelle im Neorenaissance-Stil sowie seitlich angesiedelten Kolonnaden und Trauerhallen erbaut. Diese wurden im Zweiten Weltkrieg von einem Bombenanschlag schwer beschädigt, auch der Friedhof trug zahlreiche Kriegsschäden davon.

Seit dem 31. Dezember 1950 wurden keine Neubelegungen mehr gestattet und es fanden keine Begräbnisse mehr statt. Die Friedhofsanlage wurde schließlich am 31. Dezember 1970 für die Öffentlichkeit geschlossen. Die Reste der Mauern, Grüfte, Grabdenkmäler, Einfassungen und Sträucher wurden abgebrochen und zu einem Hügel aufgeschüttelt, welcher später als Rodelberg genutzt werden sollte. Dabei wurde der stadtgeschichtliche und kunsthistorische Wert vollkommen außer Acht gelassen. Umbettungen auf andere Friedhöfe wurden nur vollzogen, wenn die Angehörigen für die Kosten aufkamen. Von den etwa 120 vom Institut für Denkmalpflege nach ihrer kunst- und stadtgeschichtlichen Bedeutung ausgewählten und geborgenen Grabmälern blieben aufgrund von Vandalismus, Diebstahl, ungeschützter Lagerung und unvorsichtigem Transport im Jahr 1990 nur noch 58 übrig. Diese wurden im Lapidarium des Alten Johannisfriedhofs untergebracht. An einst auf dem Neuen Johannisfriedhof begrabene und bedeutsame Leipziger Persönlichkeiten, darunter Arwed Rossbach, Architekt der Universitätsbibliothek, der Arzt Daniel Gottlob Moritz Schreber oder die Verleger-Familien Reclam und Brockhaus, erinnert nach dem radikalen Abbruch in den 1970er Jahren heute kein Grabmal mehr. Die Art der Abräumung, auf welche das zuständige Büro des Chefarchitekten der Stadt Leipzig offenbar keinerlei Einfluss hatte, kritisierte auch die seit 1978 für die Entwurfsplanung des Friedensparks zuständige Landschaftsarchitektin Henriette Krahnstöver. Die Herausforderung bestand darin, nun ohne die zuvor vorhandenen, raumbildenden Mauern und Strauchbepflanzungen sowie unter Einbezug des großen Schuttberges auf der Nordostseite des Parks die Gestaltung vollkommen neu zu konzipieren. Unter dem Arbeitstitel „Johannispark – Park der Jugend“ beinhaltete die Planung, wie in der DDR üblich, diverse Anlagen für Sport und Freizeit. Dazu zählten Fußball-, Basketball- und Volleyballfelder, ebenso wie Areale für Kegeln, Boccia und Minigolf sowie eine Eislauf- und Rollschuhbahn für die Kinder. Um im mittigen Parkbereich großzügigen Raum für Erholung bieten zu können, wurden die Sport- und Freizeitanlagen am Randbereich gruppiert.

Park in Park: Der Friedenspark und seine Sondergärten


Am 20. Juli 1983 wurde die Anlage unter dem Namen „Friedenspark“ eingeweiht. Neben seiner Funktion als öffentlicher Sportpark sollte er auch als Freizeit- und Erholungsort für die Studenten der Universität dienen. In der neuen Parkanlage wurde dem einst rasterförmigen Grundriss bewusst entgegengearbeitet und versucht, eine landschaftliche Struktur zu etablieren. Der Friedenspark wies für diese Zeit einen bemerkenswerten Ausstattungsgrad auf. Dazu zählten mehrere Sportfelder, welche dem umfassenden Funktionsprogramm früherer Pläne entstammten, ebenso wie drei von Manfred Bellinger geschaffene Spielplätze. Auf dem einstigen Trümmerberg wurden Rutschen und eine Holzburg installiert. Besonders markant war der Einbezug von diversen Rundformen im Friedenspark. Darunter befanden sich eine runde Pergola, welche dem Schachspiel diente oder etwa ein Rundplatz mit der 1983 von Irene Markquardt aus Bronze geschaffenen Skulpturengruppe Studentinnen nahe des südlichen Parkeingangs, an dessen Stelle sich zuvor die Friedhofskapelle befand. Die Skulpturen Drei Grazien von Dieter Dietze sowie Lesende von Waleria Bukowiecka zählten ebenfalls zum plastischen Programm der bildkünstlerischen Konzeption des Friedensparks.

Zu den Sondergärten nahe des Friedensparks zählt der in unmittelbarer Nachbarschaft zum Botanischen Garten im Jahr 2001 eingeweihte Apothekergarten sowie der 2007 eröffnete Duft- und Tastgarten. Im westlichen Bereich des Parks befindet sich inmitten einer großzügigen Rasenfläche mit ungewöhnlicher Bepflanzung ein Gedenkort für die verstorbenen Kinder Leipzigs.

Nach einem Entwurf von Antje Schuhmann wurde am 6. Mai 2011 im Friedenspark eine weitere Sonderanlage eingeweiht, der Gedenkort Die Wiese Zittergras. Er erinnert an die Euthanasieopfer.

Bemerkenswert ist der alte Baumbestand des Friedensparks. Die Mehrheit der Gehölze stammt noch aus der Vorgeschichte des Neuen Johannisfriedhofs. Zu den zahlreichen Blütensträuchern, welche das 20 Hektar große Areal säumen, zählen Forsythien, Hecken- und Kornelkirschen, Haselnuss und Hartriegel. Heute konzentrieren sich die Spiel- und Sportareale an den Rändern, während die Mittelpartie des Friedensparks aus einer weitläufigen Rasenfläche besteht.

Stand: 29.11.2023

Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“

Dittrichring 22-24 | Ortsteil: Zentrum

Bei der heutigen Gedenkstätte handelt es sich um die einstige Bezirksverwaltung für Staatssicherheit in der DDR. Sie galt seit ihrer Eröffnung 1950 über fast 40 Jahre als Zentrum der Bespitzelung im Raum Leipzig. Am 4. Dezember 1989 wurde das Gebäude im Zuge der Montagsdemonstrationen von Demonstranten besetzt, die Arbeit der Stasi-Zentrale lahmgelegt und das Bürgerkomitee gebildet, welches seitdem Träger des Museums ist. Letzteres informiert in einer auf nationaler Ebene einmaligen Form über die Geschichte, Struktur und Arbeitsweise der Staatssicherheit. Zur Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ gehören weiterhin die Zentrale Hinrichtungsstätte der DDR in der Leipziger Südvorstadt sowie das Museum im Stasi-Bunker in Machern.

Überwachung aus der Ecke


Das Gelände, auf welchem sich heute die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ befindet, ist nicht nur aus gesellschaftspolitischer, sondern auch aus stadtgeschichtlicher Sicht äußerst bedeutsam. Ab dem 11. Jahrhundert wurde dort die erste Burg im Leipziger Stadtgebiet erbaut. Sie war Teil einer slawischen Siedlung, der urbs Libzi.

Im Jahr 1230 entstand hier ein Barfüßerkloster, dessen Klosterkirche mehrmals umgebaut wurde und 1876 schließlich den Namen Matthäikirche erhielt. Nach deren Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde sie wenig später abgetragen. Heute erinnert nur noch das unscheinbare Denkmal Matthäikirche an sie. 1909 wurde der gesamte Gebäudekomplex zwischen Thomasring und Matthäikirchhof abgerissen. Im Jahr 1950 suchte das im selben Jahr neugegründete Ministerium für Staatssicherheit der DDR Büroräumlichkeiten für die Bezirksverwaltung in Leipzig. Seine neue Zentrale fand das Ministerium im Gebäude am Promenadenring, im Volksmund bekannt als „Runde Ecke“. In ebendiesem Gebäude befanden sich zuvor bereits die Gestapo, der amerikanische Geheimdienst, die sowjetischen Sicherheitsdienste GPU und KGB sowie der Mfs-Vorläufer „K5“. Das Bauwerk wurde ursprünglich zwischen 1911 und 1913 für die Alte Leipziger Feuerversicherung erbaut. Durch den expandierenden Überwachungsapparat reichte das Areal bereits Mitte der 1950er Jahre nicht mehr aus. So wurde 1955 bis 1958 ein Anbau mit Kegelbahn und Kinosaal ergänzt und das Gebäude durch einen 1978 bis 1985 für rund 65 Millionen DDR-Mark errichteten und unmittelbar angeschlossenen Neubau auf dem Gelände des einstigen Matthäikirchhofes bis zur Großen Fleischergasse erheblich erweitert.

Der Sitz der Bezirkszentrale des Ministeriums für Staatssicherheit galt als Zentrum der Bespitzelung für die ca. 1,5 Millionen Einwohner im Raum Leipzig. Die rund 850 hauptamtlichen Mitarbeiter arbeiteten an der Überwachung des eigenen Volkes sowie an der Lenkung der inoffiziellen Handlanger. Die im Herbst 1989 regelmäßig in Leipzig stattfindenden Montagsdemonstrationen machten die Stadt zu dieser Zeit zum Mittelpunkt der Friedlichen Revolution in der DDR. Im Zentrum dieser standen Forderungen nach Freiheit, Bürgerrechten und einem demokratischen Rechtsstaat. Die Demonstrationen führten entlang des Innenstadtrings, vorbei an der „Runden Ecke“, welche als einer der Kreuzungspunkte und als Stasi-Sitz besonders verhasst bei den Demonstranten war. Im Anschluss an eine Montagsdemonstration am 4. Dezember 1989 wurde die Stasi-Zentrale mitsamt dem angeschlossenen Neubau von Aktivisten ohne Gewalt besetzt und die Arbeit der Stasi-Mitarbeiter lahm gelegt. Aufgrund der sich rapide zuspitzenden Lage beschränkte sich die Aufgabe der Angestellten der Stasi-Zentrale in den vorherigen Tagen und Nächten lediglich noch auf das Vernichten von Unterlagen. Durch die Besetzung der Stasi-Zentrale fand die Aktenvernichtung und damit die Zerstörung von Beweisen der Überwachung, ein Ende. Diese hat seit dem Herbst 1989 im großen Stil im Innenhof der Bezirksverwaltung stattgefunden. In einer der Garagen vor Ort befand sich eine Aktenvernichtungsmaschine, welche das Material zerkleinerte, mit Wasser vermengte. Die daraus entstehende sogenannte „Kollermasse“ zerstörte die Akten vollständig. Noch in derselben Nacht des 4. Dezember 1989 bildete sich das Bürgerkomitee Leipzig e.V.

„Krumme Ecke – Schreckenhaus! Wann wird ein Museum draus?“


Das im Zuge der Stasi-Besetzung1989 entstandene Bürgerkomitee ist seitdem Träger der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. Bereits im Jahr 1990 setzte es eine zentrale Demonstrationsforderung der Friedlichen Revolution „Krumme Ecke – Schreckenhaus! Wann wird ein Museum draus?“ um und richtete in den original erhaltenen Räumen der ehemaligen Bezirksleitung im Erdgeschoss ein Museum ein, welches die Struktur, Arbeitsweise und Aktivitäten des Geheimdienstes anschaulich zeigt und erläutert. Das neugeschaffene Museum wird auch national und international als einzigartiges Fachmuseum zur Staatssicherheit im Kontext der kommunistischen Diktatur in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der DDR geschätzt. Besonderer Wert wurde auf die Authentizität des Ortes gelegt. In diesem Zuge wurden die Fußböden, die Türen, die Heizkörper und die Gardinen original belassen, wie sie in der Behörde vorgefunden wurden. Die Ausstellung vergegenwärtigt, wie die SED ihren Überwachungsstaat aufbaute und den DDR-Bürgern ihre demokratischen Grundrechte entzog. Im Zuge des Museumsrundgangs wird die Bedeutsamkeit der Errungenschaften der Friedlichen Revolution gegen diese Diktatur bis heute hervorgehoben und bewusst gemacht.

Die in ihrer Geschlossenheit einmalige Museumssammlung umfasst rund 40.000 Objekte, von denen ein Großteil seit August 1990 in der Dauerausstellung „STASI – Macht und Banalität“ zu sehen sind. Dazu zählen Geräte zur Postkontrolle, konspirative Fototechnik, Wanzen, eine Maskierungswerkstatt sowie eine Kollermaschine für die Aktenvernichtung. Ein Teil der Ausstellung rückt die ab 1960 in Leipzig vollstreckte Todesstrafe in der DDR in den Fokus. Gezeigt wird außerdem eine Nachbildung von Räumen der einstigen Untersuchungshaftanstalt (UHA) des Ministeriums für Staatssicherheit in der Straße des 17. Juni. Es handelt sich um eine Gefängniszelle mit einem Raum, welcher der aktenkundlichen und fotografischen Erfassung der Gefangenen diente. Im ehemaligen Stasi-Kinosaal befindet sich seit 2009 die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“.

Auf den Spuren der Friedlichen Revolution


Bei einem Großteil der „Runden Ecke“ handelt es sich nicht um das Museum selbst, sondern um die Außenstelle Leipzigs des Stasi-Unterlagen-Archivs, welches sämtliche Unterlagen der Bezirksverwaltung sowie der dazugehörenden dreizehn Kreisdienststellen aufbewahrt. Hier können alle Betroffenen in Erfahrung bringen, ob über sie Aufzeichnungen existieren und diese vor Ort einsehen. Die Archivobjekte umfassen unter anderem Tonbänder, Akten, Fotos sowie eine Personenkartei mit über 300.000 Namen. 

Zur Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ gehört auch die Open-Air-Ausstellung Orte der Friedlichen Revolution. Diese besteht aus zwanzig Bild- und Text-Stelen, die hauptsächlich in der Innenstadt zu finden sind. Jeden Samstag um 14 Uhr findet der Stadtrundgang „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“ statt. Dieser startet an der Nikolaikirche, führt vorbei an markanten Punkten im Zuge der historischen Entwicklung im Jahr 1989 und endet an der „Runden Ecke“. 

Seit 2012 zählt die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ gemeinsam mit dem Museum im Stasi-Bunker in Machern zum Europäischen Kulturerbe „Eiserner Vorhang“. Zu den zwölf zum „Eisernen Vorhang“ gehörenden authentischen Stätten zählt ebenfalls die Nikolaikirche. Die Tatsache, dass Leipzig als einzige, nicht an der einstigen deutsch-deutschen Grenze liegende Stadt zu diesem Netzwerk gehört, unterstreicht ihren Symbolcharakter.

Stand: 29.11.2023

Bildergalerie - Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“

Historisches Bildmaterial - Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“

Leipziger Kleinmesse

Cottaweg | Ortsteil: Lindenau

Die beliebte Kleinmesse findet drei Mal im Jahr als Frühlings-, Sommer- und Herbstkleinmesse für jeweils rund vier Wochen auf dem Festplatz Cottaweg statt. Neben zahlreichen Fahr- und Laufgeschäften, darunter Riesenrad, Geisterbahn und Autoscooter, sowie Los- und Schießbuden werden auch kulinarische Spezialitäten angeboten. Organisator ist seit 1992 der Leipziger Schaustellerverein. Die Geschichte des traditionsreichen und beliebten Leipziger Volksfestes reicht bis ins 10. Jahrhundert zurück.

Vom „Fahrenden Volk“ auf der „kleinen Messe“


Jahrmarkt, Kirmes, Rummel: In Leipzig kennt man hierfür seit jeher nur einen Begriff: Kleinmesse. Bereits Ende des 10. Jahrhunderts boten Händler von überall auf einer gemischten Waren- und Schaumesse im Schutz der Burg
urbs Libzi vor Raubrittern ihre Waren feil. Seit es die Leipziger Messe gibt, galt diese nicht nur als international bekanntes Handelsereignis, sondern bot auch eine Zuflucht aus dem eintönigen Alltag. Zu den Händlern gesellte sich das „Fahrende Volk“, darunter Wahrsager, Gaukler, Seiltänzer und Bärenführer, welches am Rande der Handelsgeschäfte in der ganzen Stadt für Unterhaltung sorgte. Löwen, Elefanten, Panoramen und Guckkastenbilder waren beliebte Attraktionen der Messe und schon bald wurden Märkte ohne das bunte Volk unvorstellbar. Einen wesentlichen Aufschwung erfuhr die Kleinmesse durch die Gründung der Stadt Leipzig im Jahr 1165 sowie den knapp hundert Jahre später vom Markgrafen Dietrich von Landsberg erlassenen Schutzbrief, der allen fremden Kaufleuten von und nach den Leipziger Messen Sicherheit für „Person und Habe“ garantierte. Im Jahr 1497 erteilte Kaiser Maximilian I. der Stadt nicht nur das Reichsmesseprivileg, sondern verlieh ihr gleichzeitig auch das Recht zu regelmäßigen Jahrmärkten. Die anfangs als „kleine Messen“ bezeichneten Veranstaltungen sind eng mit Geschichte der Leipziger Messe verbunden, entwickelten sich parallel zum allgemeinen Messegeschehen und erfreuten sich großer Beliebtheit.

Einen großen Raum unter den Schaustellungen nahm bereits seit den ersten Tagen des „Fahrenden Volkes“ die Vorführung seltener oder wilder Tiere ein. Im Mittelalter dominierten insbesondere Magier, Dresseure, Akrobaten und Puppenspieler die Szenerie. Der Überlieferung nach balancierte ein Seiltänzer mit einer Schubkarre vom Turm des Alten Rathauses bis auf den Markt hinunter. Ein Pferd konnte angeblich Geld zählen, die Stunde angeben oder sich betrunken stellen. Wenig später begeisterten die ersten Karussells das Publikum. Die Schausteller, die ihren festen Platz bereits auf den Oster- und Michaelismessen hatten, schlugen ihre Stände, Buden, Kabinette und Menagerien im Stadtzentrum oder auf dem Plätzen auf dem Innenstadtring auf. Besonders beliebt waren der Johannisplatz, der Naschmarkt, der Nikolaikirchhof, der Roßplatz, der Schulplatz und der Fleischerplatz – heute Goerdelerring – und der Königsplatz – heute Wilhelm-Leuschner-Platz. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war eine sichtbare Auflockerung der Schaumesse zu erkennen. Dies war neben der Nutzbarmachung von Elektrizität insbesondere dem Aufkommen neuer Vergnügungseinrichtungen wie der amerikanischen Luftschaukel oder dem nach 1870 erstmals gesehenen Riesenrad zu verdanken.

Traditionelles Volksfest vor dem Frankfurter Tor


Mit den für eine Großstadt notwendigen Bauten wie
Hauptfeuerwache und Markthalle sowie den Straßenbahntrassen wurden immer mehr der einstigen Areale für die Schausteller und Kleinhändler gesperrt. Hinzu kam, dass die sich immer größerer Beliebtheit erfreuenden Fahrgeschäfte und riesigen Schankzelte immer aufwändiger und der Platzbedarf zunehmend größer wurde. Am 1. Februar 1905 stimmten die Stadtverordneten dem Vorschlag der Stadtväter zu, ein eigens für das Volksfest konzipiertes Gelände vor dem Frankfurter Tor einzurichten. Auf einem Teil der ehemaligen Ranstädter Weide zwischen der heute verrohrten Alten Elster und dem damals noch existierenden Leutzscher Weg wurde nördlich der heutigen Arena Leipzig ein befestigter Platz angelegt. Nach nur zwei Jahren Bauzeit wurde das neue Areal der Kleinmesse am 7. April 1907 eröffnet. Auf dem großzügigen Platz waren in vier Längsreihen angeordnet diverse Verkaufsbuden, Hippodrom, eine Berg- und Talbahn, Ponyschule und Luftschaukeln angesiedelt, die neben Panoramen, Kinematographen und Theatern für Zugpferde, Affen, Hunde und Katzen das Bild prägten. Auch ein Panoptikum, ein Irrgarten, Schauzelte, ein Athleten- und Marionettentheater, Kasperletheater, Schießstände und eine Glasbläserei prägten die Szenerie. Nicht wegzudenken war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Seiferts Oskar, der vom allseits beliebten Händler Oskar Seifert mit sächsischem Charme betrieben wurde. Er machte aus jeder einfachen Verkaufshandlung ein Unterhaltungsprogramm. Der quadratische, nach allen Seiten offene Stand, war stets dicht umlagert von Besuchern, die sich vor den Waren, darunter Nadeln, Garn, Löffel, Kämme und Hosenträger, tummelten.

Auf dem neuen Gelände an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße wurden zwischen 1907 und 1935 insgesamt 58 Kleinmessen von der Stadt Leipzig veranstaltet. Als die Nationalsozialisten am Frankfurter Tor einen riesigen Aufmarschplatz namens „Adolf-Hitler-Feld“ einrichteten, musste die Kleinmesse 1936 ihren Standort auf das ausgedehnte Areal auf Lindenauer Seite des Elsterflutbetts am Cottaweg verlegen.

„Kommse näher, kommse ran!“ – Von Twister bis Fliegerkarussell


Im Zweiten Weltkrieg kam die Kleinmesse zum Erliegen. Die Einschränkungen und das teilweise gänzliche Verbot der Veranstaltungstätigkeit, die Einberufung der Männer zur Wehrmacht und Bombenschäden machten ein Reisen nach Schaustellerart beinahe unmöglich. Als größte Attraktion galt bis dahin die „Himalaya-Gebirgsbahn“, eine hölzerne Achterbahn mit einer Größe von 173 mal 28 Metern. Diese wurde nach dem Krieg nicht mehr in Betrieb genommen, stattdessen wurde mit deren Holz das schwer beschädigte Dach des
Alten Rathauses repariert. Noch vor der ersten Mustermesse nach dem Krieg im Mai 1946 kehrte die Kleinmesse einen Monat zuvor im April zurück und entwickelte sich erneut zum beliebtesten Volksfest in der Region. Es lockten neben Geisterbahnen, Kettenkarussell und Auto-Scooter auch Attraktionen wie das große Karussell „Nuckelpinne“ von Hermann Kunth oder die Schiffs- und Überschlagschaukel „Rinck’s Looping the loop“. Die sozialistische Mangelwirtschaft bereitete den Schaustellern anfangs Schwierigkeiten, darunter eine frühzeitige Schließung um 21 Uhr, ein Verbot von Bierausschank, eine Zuteilung von Material und Treibstoff und eine Verweigerung der Gewerbeerlaubnis. Mit viel Geschick und Eigeninitiative gelang es den Schaustellern, ihre alten Karussels bestmöglich auf dem neuesten technischen Stand zu halten und Neuheiten zu entwickeln. Walter Seifert baute beispielsweise nach dem Krieg das druckgesteuerte Fliegerkarussell „Kosmoplane“, während Erich Schleinitz den hyraulischen „Weltenraumbummler“ und sein Sohn Bernd Schleinitz einen elektronischen Schießstand sowie das „Drehende Haus“ entwickelte. Der DDR-Staatszirkus war mit modernen westlichen Fahrgeschäften ausgestattet, darunter Baby-Flug, Twister und Satellit. Viele Leipziger verbinden mit der Erinnerung an die Kleinmesse zu DDR-Zeiten auch Geflügelbratwurst ohne Darm, Waffeln mit Schlagschaum oder rote Fassbrause für 21 Pfennige. 1957 ging ein großer Teil des Platzes an den VEB Kraftverkehr. Dennoch blieb der Zuspruch ungebrochen: Allein im Jahr 1978 wurde die durchschnittliche Besucherzahl der Kleinmesse mit 600.000 beziffert.

Mit der politischen Wende brach auch für das beliebte Volksfest eine neue Ära an. Die Schausteller mussten mit großem Einsatz um den Erhalt des Kleinmesseplatzes kämpfen. Am 23. Januar 1990 wurde der 1886 gegründete Leipziger Schaustellerverein e.V. reaktiviert, der seit 1992 eigenverantwortlich drei mehrwöchige Kleinmessesaisons auf dem Festplatz Cottaweg auf einer Fläche von rund 40.000 Quadratmetern mit ca. 40 Schaustellern organisiert. Die Kleinmesse ist nach wie vor ein Publikumsmagnet. An Familientagen locken ermäßigte Preise, an Samstagen die traditionellen Höhenfeuerwerke.

Stand: 29.11.2023

Bildergalerie - Leipziger Kleinmesse

Historisches Bildmaterial - Leipziger Kleinmesse

Schulmuseum

Goerdelerring 20 | Ortsteil: Zentrum

Das Schulmuseum – Werkstatt für Schulgeschichte Leipzig ist eine Einrichtung der Stadt Leipzig in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig und der HTWK Leipzig. Nach den ersten Gründungen 1914 und 1984 und einer inhaltlichen Neuausrichtung befindet es sich seit 2000 am heutigen Standort am Goerdelerring. Das Schulmuseum thematisiert die 800-jährige Leipziger Schul- und Bildungsgeschichte und versteht sich als aktiver Lern- und Arbeitsort. Verschiedene Dauerausstellungen, historische Schulstunden und Workshops bieten Einblicke in die Entwicklung der Schule zwischen 1212 und 1989.

Zeitreise durch 800 Jahre Schulgeschichte in Leipzigs ersten Stasi-Bau


Die Geschichte des Schulmuseums reicht bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück, als im Jahr 1909 ein erster Verein zur Gründung eines Schulmuseums in Leipzig den Anstoß dazu gab, über die Historie und die Zukunft der Schule zu reflektieren. Anstelle eines Museums im klassischen Sinne wurde ein aktiver Lern- und Arbeitsort angestrebt. Der Vorsitzende des initiierenden Vereins, Max Brahn, ein Schüler von Wilhelm Wundt, galt zugleich als Gründer des Instituts für experimentelle Pädagogik und Psychologie mit Hilfe des Leipziger Lehrervereins im Jahr 1906. Die Anfänge des ersten Schulmuseums in einem Klassenzimmer einer Leipziger Volksschule im Jahr 1914 wurden aufgrund des Ersten Weltkrieges frühzeitig beigelegt. Auch nach 1918 konnte die begonnene Gründung des Schulmuseums nicht weiter verfolgt werden. Max Brahn wurde nach 1920 Opfer von zunehmend antisemitischen Anfeindungen, woraufhin sein 1916 gegründetes Archiv für Pädagogik in Leipzig keine Zukunft mehr hatte. Im Jahr 1933 verlor er seine zuvor ausgeübten Ämter in Berlin, darunter jenes als Streitschlichter und als Regierungsrat, bevor er in die Niederlande auswanderte und 1944 in Auschwitz ums Leben kam.

Ein zweiter Anlauf für die Neugründung des Leipziger Schulmuseums fand 1984 statt. Seine erste Heimstätte fand es in einem Klassenzimmer der Georg-Schwarz-Schule im Stadtteil Lindenau. Da durch die begrenzten Räumlichkeiten eine solide Museumsarbeit nur sehr eingeschränkt möglich war, zog das Schulmuseum 1994 in die Hohe Straße am Floßplatz. Als einstiger Fachberater für Staatsbürgerkunde fühlte sich der damalige Museumsleiter seinem Auftrag verpflichtet, den Besuchern die schlechten Seiten der Schule früherer Zeiten zu veranschaulichen und die vorbildliche Schule im Sozialismus aufzuzeigen. 

Durch die Stadt Leipzig wurden nach 1998 eine fundamentale personelle Erneuerung sowie eine inhaltliche Neuausrichtung der Sammlungskonzeption und der Vermittlungsformen initiiert. In diesem Zuge wurde das Schulmuseum im Jahr 2000 in das Gebäude des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR verlagert. Gemeinsam mit seinen Vorgängerbauten, der Burg urbs lipzi aus dem 11. Jahrhundert, dem Franziskanerkloster aus dem 13. Jahrhundert und der Matthäikirche aus dem 19. Jahrhundert, zählt der Standort des Gebäudes zu den ältestem besiedelten Teilen Leipzigs.

Bildungsideale im Wandel der Zeit: Zwischen Kaiserzeit und Diktaturen


Im Schulmuseum werden auf drei Etagen neben den Dauerausstellungen zu den Themen „Schule unterm Hakenkreuz“, „Schule in der DDR“ und „Schule im Widerstand“ auch Sonderausstellungen, Workshops, historische Unterrichtsstunden und Projekte angeboten. Die Ausstellungen thematisieren die Leipziger Schul- und Bildungsgeschichte, die schwerpunktmäßig in den zeitlichen Abschnitten 1212 bis 1933 sowie 1933 bis 1989 illustriert und erörtert wird. Während in der zweiten Etage die Themen „Schule in der Kaiserzeit“, „Israelitisches Schulwesen“, „Bürgerstolz und Bildung“ sowie „Reformpädagogik“ im Fokus stehen, werden in der dritten Etage die Themen „Schule und Widerstand“ während der zwei deutschen Diktaturen dargestellt. Die Dauerausstellung 1212 bis 1933 veranschaulicht die damals gegenwärtigen Bildungsideale, welche mit Hilfe von aussagekräftigen Exponaten dabei hilft, frühere Schulen aus heutiger Sicht neu zu beurteilen. Erörtert werden auch der Einfluss der Kirche und der Universität auf die Bildungsangebote. Die Besucher erhalten Informationen zu den geschichtlichen Hintergründen der Volksschulen sowie der Gymnasien, Berufsschulen und Realschulen, welche in der Kaiserzeit von 1871 bis 1918 einen großen Aufschwung erfuhren. In einem den Vorschriften der Zeit ausgestatteten Klassenzimmer zur Volksschule um 1900 erhalten die Besucher authentische Einblicke: Von geöltem Dielenfußboden, über Herrscherbilder von Kaiser und König an den Wänden, Holzpodest mit Lehrerpult, Doppelsitzer-Schulbänken aus Eiche, olivgrünem Ölsockel und schwarzen Gestelltafeln mit Treppenstufen.

Die Dauerausstellung illustriert weiterhin die schwierigen Anfänge der Waldschule bis zu ihrem Ende 1942, ebenso wie die Carlebach-Schule als erste jüdische Schule Sachsens, welche 1912 geöffnet und 1942 endgülig geschlossen wurde. In einem Schaudepot in der Ausstellung werden mehr als 1.500 Rollkarten, Schulwandbilder und Tafelbilder aubewahrt, die über mehrere Jahrzehnte für die Veranschaulichung verschiedener Unterrichtsfächer verwendet wurden. In der sogenannten „Wunderkammer“ werden historische Unterrichtsmittel der Physik und Chemie, darunter Modelle eines Viertaktmotors, eines Hochofens oder einer Dampfmaschine sowie Schulwandbilder ausgestellt. Der Realienraum mit Herbarien, Tierpräparaten und Schaukästen ist dem fächerübergreifenden Naturkundeunterricht gewidmet. Die Ausstellung wird durch eine geologische Sammlung, Hörstationen und einen Fühlkasten ergänzt. Bei dem Kleinplanetarium ZKP 1 in einem weiteren Ausstellungsraum aus dem Jahr 1957 handelt es sich um eine Rarität, welche Ende der 1980er Jahre aus dem Naturkundemuseum Leipzig ins Schulmuseum gelangte.

„Hände falten, Schnabel halten, Kopf nicht drehen, nach vorne sehen, Ohren spitzen, gerade sitzen!“ – authentische Schulstunden nach historischem Vorbild


In den Dauerausstellungen 1933 bis 1989 werden die zwei Diktaturen und ihre Einflüsse auf die Entwicklung der Leipziger Schulen veranschaulicht. Durch die drei historischen Brüche in den Jahren 1933, 1945 und 1989 wurden jeweils neue Erziehungsziele und Lehrpläne eingeführt. Im Ausstellungsbereich „Schule unterm Hakenkreuz“ wird über Besonderheiten in der nationalsozialistischen Erziehung informiert und mit Filmen, Spielen, Bildern, Lehrplänen und Aufsätzen aus Leipziger Schulen zwischen 1933 und 1945 illustriert. Bei dem Bereich „Die Leipziger Meuten“ handelt es sich um die bisher einzige Ausstellung zum bedeutenden jugendlichen Widerstand zwischen 1933 und 1945 in Leipzig. „Kinder in Uniform – Staatsjugend in zwei deutschen Diktaturen“ lässt überwiegend Bilder, Hörstationen mit Zeitzeugeninterviews sowie originalen Tondokumenten für sich sprechen. Beispiele von widerständigen Lehrern und Schülern während den Diktaturen werden im Ausstellungsabschnitt „Gegen den Strom – Schule im Widerstand“ illustiert und erörtert. Im Raum „Polytechnische Oberschule 1985“ wird ein DDR-Klassenzimmer der achtziger Jahre mit originalen Einrichtungsgegenständen, darunter Schulbücher, originale Pflanzenkübel, beigefarbener Fußbodenbelag, Malimo-Gardinen und Wandbilder, nachgestellt. Das 2017 neu konzipierte „Schaudepot DDR-Schule“ präsentiert rund 1.500 Objekte aus dem Schulalltag und bietet Einblicke in die einzigartigen Exponate zur DDR-Schule. Der Ausstellungsbereich „Fremde und Gleiche“ illustriert den Umgang der DDR-Schule mit Ausländern. Zu den Ausstellungsbereichen werden auch Workshops angeboten.

Zusätzlich zu den Dauerausstellungen bietet das Schulmuseum Unterrichtsstunden der Kaiserzeit und der DDR an. Diese wurden auf Grundlage von Quellentexten und verbindlichen Empfehlungen von 1904 und 1985 konzipiert. Während der Kaiserzeitstunde in einer Volksschule um 1900 kann im historischen Klassenzimmer „Schule früher“ mit Griffel und Schiefertafel, Gebet zu Beginn und am Ende der Stunde nachempfunden werden. Bei dem Angebot „Zivilcourage – Heimatkunde 1985“ handelt es sich deutschlandweit um ein Alleinstellungsmerkmal des Schulmuseums.

Stand: 29.11.2023

Wildpark

Koburger Straße 12 a | Ortsteil: Connewitz

Der Wildpark befindet sich im Connewitzer Holz im südlichen Auwald. Auf rund 46 Hektar Fläche können 25 einheimische Tierarten mit etwa 250 Tieren aus den Wäldern Mitteleuropas in weitläufigen, naturnahen Tiergehegen beobachtet werden. Gegründet wurde die Anlage im Jahr 1904, als ein Connewitzer Mühlenbesitzer der Stadt vier Damhirsche schenkte, für die eine artgerechte Unterbringung nötig wurde. Der Wildpark zählt zu den beliebtesten Ausflugszielen in Leipzig. Der Eintritt ist frei.

Am Anfang waren vier Damhirsche…


Die Anfänge des direkt an der
Pleiße im südlichen Auwald gelegenen Wildparks reichen bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück. Der Mühlenbesitzer Richard Jacob aus Connewitz schenkte der Stadt Leipzig im Jahr 1904 vier Damhirsche, welche im Connewitzer Holz anständig untergebracht und eingepfercht werden mussten. In den Folgejahren wurde der Tierbestand um Rot- und Schwarzwild erweitert und die bauliche Ausstattung vergrößert. Aufgrund des hochwassergefährdeten Geländes wurde 1906 unter der Leitung des damaligen Connewitzer Revierförsters ein 55 Hektar großes Gehege auf den hochwassergeschützten Heidaer Wiesen angelegt. Aus einer einstigen Grube, die dem Lehmabbau für die Abdichtung des Wasserbeckens vor dem Völkerschlachtdenkmal diente, entstand der sogenannte Hakenteich gegenüber dem Wildschweingehege. 1911 wurde ein Schutzhäuschen erbaut und der Wildpark entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsziel der Leipziger. Um die gastronomische Versorgung zu gewährleisten, wurde 1922 unter dem Namen Café zum Hirschpark ein massives Gasthaus errichtet, dessen Geschäft bis zur Weltwirtschaftskrise erfolgreich lief. Nach dem Konkurs wurde es 1934 von Hermann Konrad ausgebaut und 1935 unter dem Namen Gaststätte Wildpark wiedereröffnet. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gaststätte und der Wildpark zum Großteil zerstört und der gesamte Tierbestand in die Freiheit entlassen. Der vom Stadtrat beschlossene Wiederaufbau des Wildparks an gleicher Stelle begann erst 1974, bevor er 1979 schließlich in viel größerem Umfang als zuvor wiedereröffnet wurde. Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Tierbestandes entstanden auch ein Kinderspielplatz, eine Ponyreitbahn und die unmittelbar am Hakenteich gelegene Wildparkgaststätte. Im Jahr 1992 wurde ein 4.800 Quadratmeter großer Froschteich zum Feuchtbiotop erweitert und ein Ottergehege mit Teich angelegt sowie 1998 ein 500 Quadratmeter großes Luchsgehege errichtet. 1997 folgte der Bau eines 1,6 Hektar großen Wolfsgeheges. 2003 wurde ein durch das Gehege des Dam-, Rot- und Muffelwilds führender Erlebnispfad eingeweiht.

Artgerechte (Er-)haltung inmitten des Auwaldes


Auf der 42 Hektar großen Fläche können die Besucher im Wildpark etwa 25 verschiedene heimische Tierarten mit circa 250 Tieren in naturnaher Umgebung aus nächster Nähe beobachten. Der Tierbestand umfasst Damwild, Haarraubwild, darunter Iltisse, Hermeline, Baum- und Steinmarder sowie Füchse, ebenso wie Greifvögel, verschiedene Eulenarten, Kolkraben, Elche und Wisente. Auch Tierarten, die erst in letzter Zeit bei uns heimisch geworden sind, kann man sehen, darunter Waschbär, Mink oder Muffelwild. In den Vogelhütten sind Taggreifvögel wie Mäusebussarde und Habichte untergebracht. Das Hauptaugenmerk liegt auf der heimischen Fauna sowie auf in Mitteleuropa lebenden Tieren, die in der Umgebung heimisch geworden sind. Besonderer Wert wird auf eine artgerechte Haltung der Tiere gelegt. Die Gehege sind naturnah gestaltet, damit die Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen beibehalten und durch die weitläufigen Freigehege unter authentischen Bedingungen beobachtet werden können. Auffallend ist, dass das Areal beinahe nahtlos in den angrenzenden Auwald eingebunden ist. Neben der Versorgung von wildlebenden Tieren widmet sich der Wildpark heute auch der Erhaltungszucht seltener Tierarten, welche in freier Wildbahn beinahe ausgestorben sind. Dazu zählen beispielsweise Wisente und der Europäische Nerz. Der Wildpark nimmt am Internationalen Erhaltungszuchtprogramm für den Europäischen Nerz teil und ist im Zusammenhang mit seinem Wisentbestand im „Internationalen Wisentzuchtbuch“ gelistet. Mit seinem Tierartenbestand ergänzt sich der Wildpark sehr gut mit dem
Zoo Leipzig, der hauptsächlich exotische und vom Aussterben bedrohte Tiere aus der ganzen Welt zeigt.

Von Ponyreiten bis Klassenzimmer im Grünen: Spaß und Bildung für jedermann


Heute ist der Wildpark Anziehungspunkt für Leipziger, Auswärtige, Tierfreunde und Spaziergänger gleichermaßen. Auch Fahrradfahrer, die den Wildpark auf dem Weg zum nahegelegenen
Cospudener See im Leipziger Neuseenland durchqueren, machen gern einen Abstecher zu den Wildgehegen. Für Familien ist er eines der beliebtesten Ausflugsziele in Leipzig, nicht nur aufgrund der Tiere, sondern auch aufgrund des großzügig und originell gestalteten Spielplatzes, an dessen benachbarten Kiosk man sich stärken kann. Einen Besuch wert ist unbedingt die Haustierfarm im Wildpark Leipzig, wo die Gäste gegen Eintritt über 21 Tierarten und 44 Rassen mit rund 150 Tieren sehen können. Auch Kamel- und Ponyreiten oder Kremserfahrten durch den Auwald werden angeboten.

Herzstück des Wildparks ist noch heute die nach Entwürfen von Winfried Sziegoleit und Volker Sieg gestaltete rustikale Wildparkgaststätte. In urigem Ambiente werden deutsche Hausmannskost und saisonale Gerichte angeboten. Wem es weniger nach deftigen Speisen zumute ist, der kann aus einem großen Angebot an Kuchen und Torten des Café-Kandler wählen. Im südlichen Abschnitt des Wildparks gelegen befindet sich auch das ursprünglich als Russisches Blockhaus erbaute Teehaus. Dieses wurde vier Wochen vor der Übergabe an den Wildpark auf der Herbstmesse 1979 im Sowjetischen Pavillon als russisches Bauernhaus ausgestellt, bevor es zu einer gemütlichen Gaststube mit verschiedenen Teespezialitäten wurde. 

Der am 8. Juli 2002 gegründete Verein der Freunde und Förderer des Wildpark Leipzig e.V. kümmert sich neben der Unterhaltung und Entwicklung des Parks um ein breites Bildungsprogramm. Zu den Angeboten zählen neben Rundgängen für Schulklassen und Kindergartengruppen das extra für Schulklassen konzipierte „Klassenzimmer im Grünen“ mit Unterricht im Freien und einem hohen Erlebnis- und Anschauungswert. Im Ausstellungsraum des Wirtschaftsgebäudes finden zudem regelmäßig interessante Veranstaltungen statt. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Wildpark

Historisches Bildmaterial - Wildpark

VINETA

Großpösna (Sachsen) | Störmthaler See

Das auf dem Störmthaler See schwimmende Kunstprojekt VINETA erinnert seit seiner Eröffnung am 3. Juni 2011 als Mahnmal für die dem Braunkohletagebau zum Opfer gefallenen Dörfer. Mit einer Traufhöhe von 15 Metern gilt die VINETA als höchstes schwimmendes Bauwerk auf einem deutschen See und dient als beliebtes Ausflugsziel. Seit der Eröffnung wird sie vom Krystallpalast Varieté Leipzig betrieben.

Kunst statt Kohle: Vom Tagebau zum Schwimmenden Mahnmal


Bis zum Anfang der 1990er Jahre war die Region im Südraum Leipzigs eine weitläufige Braunkohlelandschaft. Im Zuge des Braunkohletagebaus verschwanden zahlreiche Dörfer für immer, darunter allein im zwischen 1937 und 1996 bestehenden Tagebau Espenhain die Gemeinde
Magdeborn sowie 19 weitere Siedlungen. Als Anregung für die VINETA diente die Magdeborner Kirche. Die Gemeinde Magdeborn lag rund 12 Kilometer südöstlich von Leipzig. Der Ort wurde um 1940 um eine Siedlung für die Beschäftigten des entstehenden Braunkohlewerks Espenhain erweitert. Gegen Ende der 1960er Jahre wurden die rund 3.200 Einwohner Magdeborns schrittweise aus dem zum Abriss und zur Überbaggerung durch den Tagebau Espenhain freigegebenen Ort umgesiedelt. Dabei handelt es sich um die größte Anzahl an Einwohnern, die im Südraum Leipzigs ihre Heimat aufgrund des Braunkohleabbaus verlassen musste. Die letztliche Überbaggerung fand zwischen 1977 und 1980 statt. Heute ist ein Großteil der Fläche des ehemaligen Dorfes Magdeborn vom Störmthaler See bedeckt, der andere Teil gehört zum 1996 nach Großpösna eingemeindeten Störmthal. VINETA symbolisiert heute die einstige, das Stadtbild Magdeborns prägende Magdeborner Kirche. Vor ihrem Abriss wurde letztere am 3. September 1978 entwidmet und ihr Inventar in anderen Kirchen untergebracht, so etwa die Orgel in der Martin-Luther-Kirche Markkleeberg, drei Glocken in der Pauluskirche im Leipziger Stadtteil Grünau und der Altar in der Lutherkirche Chemnitz-Harthau.

Seit Ende der 1990er Jahre arbeitete eine Leipziger Künstlergruppe mit dem Leitnamen „Kunst statt Kohle“ an der Entwicklung von Kunstobjekten, welche eine Verbindung zwischen Geschichte und Landschaft darstellen sollten. In diesem Zuge entstanden neben den Projekten „Sirenen“, „Schmetterling“ und „Versteinerte Zeit“ auch die VINETA als schwimmendes Mahnmal in Gedenken an die rund 24.000 Menschen, die aufgrund des Espenhainer Braunkohletagebaus ihre Heimat verloren. Nach der Flutung der Tagebaulöcher entstanden der Störmthaler See und der Markkleeberger See.

Kultur- und Gedächtnisstätte am historischen Standort


Die Anregung zum Bau der VINETA stammte von der Künstlerin
Ute Hartwig-Schulz. Die erste Idee zu einer Installation in Form eines aus dem Wasser ragenden Kirchturms kam der Bildhauerin bereits 13 Jahre vor der letztlichen Umsetzung. Der Überlieferung nach versank die Stadt Vineta aufgrund ihrer unverhältnismäßigen Prachtentfaltung und Prunksucht im Zuge einer verheerenden Flut als Gottesurteil vor etwa 1.000 Jahren in der Ostsee.

Die Grundsteinlegung für den Bau der VINETA erfolgte im Jahr 2002 durch den Einbau von vier, die Ankerkette haltenden Fundamenten, in den trockenen Seegrund. Während der zunächst natürlichen Flutung des Tagebaulochs ab 2001 trug ein Hilfsponton die Ketten nach oben. Im Jahr 2003 begann die aktive Flutung des Tagebaus Espenhains, dem zukünftigen Areals des Störmthaler Sees. Nach der langwierigen Planungsphase und der Beschaffung von notwendigen Fördermitteln erfolgte 2007 die Anlieferung und der Bau des 300 Quadratmeter großen, unsinkbaren und etwa 260 Tonnen schweren Pontons, dem schwimmenden Fundament der VINETA. Von 2009 bis 2010 wurde das Kunstobjekt schließlich in Form eines 15 Meter hohen Baukörpers in Anlehnung an die Kirchturmspitze der verloren gegangenen Magdeborner Kirche errichtet und inmitten des entstandenen Störmthaler Sees verankert. Das schwimmende Kunstwerk befindet sich rund 630 Meter vom Ufer entfernt über jenem Platz, an dem zuvor das überbaggerte Gotteshaus statt.

Seit ihrer Eröffnung am 3. Juni 2011 mahnt die VINETA die ideellen und materiellen Verluste aufgrund des stetig wachsenden Energieverbrauchs der Menschen an. Im Kontrast dazu steht der in das Bauwerk integrierte Niedrigstenergieraum und die damit verknüpfte Idee einer Erweiterung der Gedanken von Erinnerung und Verlust um eine nachhaltigere Alternative in Form eines ökologischen Energieverbrauchs.

Ausflugsziel mit Seltenheitswert: Von Trauung bis Konzert


Das Ziel der Architektin Ute Hartwig-Schulz, ein Kunstwerk zu schaffen, welches sich in die Landschaft einfügt, im Inneren kulturell genutzt und als Ort der Erinnerung mit Leben gefüllt werden soll, wurde erreicht: Als höchstes freischwimmendes Denkmal auf einem deutschen See bildet die VINETA seit ihrer Eröffnung einen Veranstaltungsrahmen der besonderen Art. Auf der Insel finden alljährlich zahlreiche Trauungen, Kulturveranstaltungen wie Lesungen und Konzerte sowie exklusive Feierlichkeiten statt. Die vom Betreiber, Krystallpalast Varieté Leipzig, organisierten Events dienen in den warmen Sommermonaten als Ausgleich für das winterlastige Geschäft des Varietés. Von April bis Oktober fährt außerdem die „VINETA-Fähre“ ausgehend vom VINETA-Hafen zur schwimmenden Insel. Während der Fahrt erfahren die Gäste Wissenswertes über die Tagebau- und Seenlandschaft.

Am VINETA-Hafen befindet sich neben 2 Stegen und 30 Liegeplätzen für Segel- und Motorboote auch das für Veranstaltungen genutzte Hafengebäude. Im VINETA-Bistro am Dispatcherturm mit teils überdachtem Freisitz wird den Besuchern eine Auswahl an verschiedenen Getränken und frisch zubereiteten, regionalen Speisen angeboten. An einigen Tagen im Jahr wird frisch geräucherter Fisch aus der Region serviert.  Übernachtungsmöglichkeiten bestehen seit März 2019 im Schlafstrandkorb und im Miet-Elektro-Boot vor Ort. Am VINETA-Anleger unterhalb des Bistros sind außerdem zahlreiche Freizeitangebote wie ein Bootsverleih, Jetski, Stand-Up-Paddling, Flyboard sowie ein Beachvolleyball-Feld zu finden. Wer es weniger sportlich liebt, der kann sich am kleinen Sandstrand abkühlen und ausruhen.

Seit ihrer Errichtung trägt die VINETA als beliebtes Ausflugsziel zur Steigerung des Bekanntheitsgrades des Leipziger Neuseelands als Tourismusmagnet bei und entwickelte sich zu einem Wahrzeichen der Region. Lagovida?

Stand: 27.09.2023

Universitätsbibliothek (Bibliotheca Albertina)

Beethovenstraße 6 | Ortsteil: Zentrum-Süd

Die Universitätsbibliothek wurde von 1887 bis 1891 nach Plänen von Arwed Rossbach im Stil der italienischen Hochrenaissance erbaut. Sie gehört zu den ältesten deutschen Universitätsbibliotheken und umfasst einen Bestand von mehr als 5,5 Millionen Medieneinheiten und etwa 6.500 Zeitschriften.

Von der Bibliotheca Paulina zur Bibliotheca Albertina


In unmittelbarer Nachbarschaft zum
Bundesverwaltungsgericht erhebt sich der beeindruckende Bau der Universitätsbibliotek, auch „Bibliotheca Albertina“ genannt. Gemeinsam mit dem für das Gewandhausorchester errichteten Neuen Gewandhaus, dem Konservatorium und der Kunstgewerbeschule bildete sie das Zentrum des neu entstandenen Musikviertels. 

Die Wurzeln der Universitätsbibliothek reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Im Jahr 1543 wurde die Bibliotheca Paulina als erste Bibliothek der Universität Leipzig gegründet und im Paulinerkloster auf dem Augustusplatz untergebracht. Durch den stetigen Wachstum der Buchbestände auf mehr als 250.000 Bände entwickelte sich die Universitätsbibliothek bis Ende des 19. Jahrhunderts zur umfangreichsten ihrer Art in Deutschland. Um ihrer Größe und Bedeutung gerecht zu werden, wurde im Juni 1885 ein Wettbewerb zur Gestaltung eines repräsentativen Bibliotheksgebäudes im neu entstanden Musikviertel ausgeschrieben. Durch das Handels- und Messewesen hatte sich Leipzig Mitte des 19. Jahrhunderts zur Großstadt entwickelt, so dass die Vorstädte ab 1871 für die Errichtung von repräsentativen Bauten mit einbezogen wurden. Als letztes Vorstadtviertel der Gründerzeit entstanden im Musikviertel neben imposanten Villen für das Leipziger Großbürgertum auch bedeutsame öffentliche Kultur- und Justizbauten im Stil des wilhelminischen Historismus. Die neue Universitätsbibliothek sollte gegenüber des zwischen 1882 und 1884 erbauten prachtvollen Neuen Gewandhauses in der Beethovenstraße entstehen. Der in der Dresdner Tradition Gottfried Sempers und Hermann Nicolais stehende Architekt Arwed Rossbach ging aus den 34 eingereichten Konzepten mit seinem Entwurf „Philadelphos” als Sieger hervor. Nach vierjähriger Bauzeit wurde das Bibliotheksgebäude am 24. Oktober 1891 zu Ehren des obersten Dienstherrs der Universität Leipzig sowie dem regierenden sächsischen König Albert als Bibliotheca Albertina eingeweiht. Die Universitätsbibliothek, die etwa 800.000 Bände beherbergte und rund 150 Lesern Platz bot, gilt als Rossbachs bedeutendstes Werk.

Von der Kriegsruine zum klimatisierten Bücherpalast


Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Universitätsbibliothek durch einen Bombenangriff am 6. April 1945 zu zwei Dritteln zerstört. Besonders betroffen waren der Mitteltrakt mit dem großen Lesesaal, das repräsentative Treppenhaus sowie große Teile des Süd- und Ostflügels. Die wertvollen Buchbestände waren zuvor in Schlössern im Raum Leipzig und in den Katakomben des
Völkerschlachtdenkmals sicher untergebracht worden, so dass die Universitätsbibliothek kaum Verluste hinnehmen musste. Bereits wenige Monate nach der Zerstörung wurde das ruinöse Gebäude durch eine provisorische Sicherung wieder nutzbar gemacht und die Bücher wurden aus Raumnot zunächst im Keller gestapelt. Etwa 40.000 Bände galten als verschollen oder wurden von der Roten Armee beschlagnahmt und abtransportiert. Obwohl es seit 1956 zahlreiche Pläne für den Wiederaufbau gab, wurden die notwendigen Gelder erst ab 1990 durch die Volkskammer der DDR zur Verfügung gestellt. Ab 1992 begann die Sanierung, die das Architekturbüro HJW + Partner plante.

Bei fortlaufendem Betrieb erfolgte zunächst die Rekonstruktion des Ostflügels und die Sanierung des Treppenhauses. Das äußere Erscheinungsbild der Bibliotheca Albertina wurde unter Anpassung der inneren Struktur an die veränderten Anforderungen eines modernen Bibliotheksbetriebs vollständig wiederhergestellt. Die durch den rasant gewachsenen Buchbestand erforderlichen Erweiterungen wurden maßgeblich durch die Einbeziehung der ehemaligen Innenhöfe erreicht: Durch die Überdachung des Posthofs und des Kohlenhofs wurden zwei moderne Lesesäle mit großflächigem Areal für Freihandliteratur sowie Magazinbereichen in den darunterliegenden Stockwerken geschaffen. Nach zehnjähriger Bauphase von 1992 bis 2002 wurden die Wiederaufbau- und Sanierungsarbeiten abgeschlossen. Heute umfasst die Universitätsbibliothek als eine der ältesten Bibliotheken Deutschlands rund 960 Arbeitsplätze, einen Bestand von über 5,5 Millionen Medieneinheiten und etwa 6.500 Zeitschriften.

Italienische Kunst und Architektur trifft auf geballtes Wissen


Die Universitätsbibliothek präsentiert sich heute als monumentale Vierflügelanlage mit einer 107 Meter langen Sandsteinfassade, welche Elemente der italienischen Hochrenaissance und der barocken Schlossbaukunst Frankreichs vereint. Die mit korinthischen Kapitellen gestalteten Kolossalsäulen tragen das fünfachsige Mittelrisalit. Der Rustikasockel umfasst das Souterrain und die Hochparterre, während die Obergeschosse durch ein kantiges Gesims optisch abgesetzt sind. Das Mittelrisalit ist mit einer reich gestalteten Attika mit vier von
Arthur Trebs geschaffenen Figuren gestaltet, welche die vier Fakultäten Theologie, Philosophie, Rechtswissenschaft und Medizin verkörpern. Zwei darüber stehende Wappenhalter präsentieren das Universitätssiegel. Die zwischen den versinnbildlichten Fakultäten liegenden Reliefs stammen vom Bildhauer Adolf Lehnert, der auch die Porträtmedaillons an den Seitenrisaliten schuf. Diese zeigen Michelangelo, Albrecht Dürer, Johannes Otto von Münsterberg, den Gründungsrektor der Universität, und Caspar Borner, den ersten Bibliothekar. Unterhalb der Medaillons befanden sich einst acht überlebensgroße Statuen, welche von Werner Stein und Melchior zur Strassen geschaffen wurden. Heute sind noch die am linken Seitenrisalit befindlichen Standbilder von Friedrich dem Streitbaren, dem Gründer der Universität 1409, und dem Kurfürsten Moritz von Sachsen erhalten. Das Eingangsportal ist mit drei Rundbogenportalen, vergitterten Oberlichtern und reich ornamentierten Metalltüren gestaltet. Die drei Köpfe in den plastisch ausgearbeiteten Schlusssteinen der Eingangsbögen verkörpern die Schönheit, Weisheit und Stärke und wurden vom Berliner Bildhauer Josef Kaffsack geschaffen. In der Freimaurerei gelten diese als die drei tragenden Säulen im Ritual. 

Das Eingangsportal führt in das lichtdurchflutete repräsentative Marmortreppenhaus mit umlaufender Galerie und hohen Rundbogenarkaden. Tageslicht fällt durch das gläserne Dach, was die weißen ionischen Säulen aus Marmor und Naturstein noch strahlender erscheinen lässt. Von der breiten zweiflügeligen Haupttreppe aus, die zu den Lesesälen hinauf führt, präsentiert sich vor dem früheren Eingang zum großen Lesesaal die illusionistisch angelegte, dekorative Kuppelausmalung vom Leipziger Maler Richard Hesse im Stil des Giulio Romano. Diese wurde originalgetreu rekonstruiert, während auf die einstige polychrone Ausmalung der Wandflächen und Kuppeln verzichtet wurde. In den ehemaligen und nunmehr überdachten Innenhöfen befinden sich zwei Lesesäle als Freihandlesebereiche. Neben dem „Alten Hauptlesesaal”, der optisch an sein berühmtes kreisrundes Vorbild im British Museum in London erinnert, ist insbesondere der Lesesaal im Hof West beeindruckend: Eine spezielle Stahl-Glas-Konstruktion, die den Saal zur Decke hin abschließt, durchflutet diesen mit Licht.

Im Foyer der Bibliothek führt ein Wandelgang zum Café Alibi, welches den Studenten tagsüber zum Verweilen dient und abends häufig für Veranstaltungen genutzt wird. Im Wandelgang befindet sich eine Fotogalerie, die die Geschichte der Bibliotheca Albertina dokumentiert. Seit Mai 2021 ist der unter der Haupttreppe gelegene Schauraum „Papyrus Ebers“ Teil der Dauerausstellung. Bei dem über 18 Meter langen Papyrus Ebers handelt es sich um die längste und einzig vollständig überlieferte Schriftrolle altägyptischer Heilkunde.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Universitätsbibliothek (Bibliotheca Albertina)

Historisches Bildmaterial - Universitätsbibliothek (Bibliotheca Albertina)

Thomaskirche

Thomaskirchhof 18 | Ortsteil: Zentrum

Die 1212 als Klosterkirche für die Augustiner-Chorherren erbaute Thomaskirche zählt zu den bedeutendsten spätgotischen Hallenkirchen in Sachsen. Als Wirkungsstätte Johann Sebastian Bachs und des Thomanerchors sowie durch Martin Luthers Predigt zur Einführung der Reformation in Sachsen 1539 erlangte die Thomaskirche große Bekanntheit und gilt weltweit als bedeutendes Zentrum kirchlicher Musik. Vor dem Südportal der Thomaskirche befindet sich das von Carl Seffner 1908 errichtete bronzene Bach-Denkmal.

Vom mittelalterlichen Chorherrenstift zur spätgotischen Hallenkirche


Die Anfänge der Thomaskirche reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück. Ausgrabungen zufolge stand an heutiger Stelle bereits eine dreischiffige Pfeilerbasilika. Im Jahr 1212 veranlasste der Wettiner Markgraf Dietrich von Meißen den Bau eines Augustiner-Chorherrenstifts, was unter den nach Unabhängigkeit strebenden Leipzigern für Proteste sorgte. Zum Zeichen des Widerstands gegen den Bau des Klosters zerstörten die Bürger nachts das, was die Kirchen- und Klosterbauherren tagsüber aufgebaut hatten. Trotz der Unwägbarkeiten wurden die 1212 beschlossenen Umbaumaßnahmen der Stiftskirche St. Thomas 1222 abgeschlossen. Der Überlieferung nach soll der Minnesänger Heinrich von Morungen anlässlich der Übergabe der Kirche eine Reliquie des Heiligen Thomas aus Indien übergeben haben. Später wurde die von der Vorgängerkirche übernommene Bausubstanz sukzessive verändert. Den Chorraum baute man im spätromanisch-frühgotischen Stil um und vergrößerte ihn, wovon der noch heute erhaltene spitzbogige Triumphbogen aus Backstein und Sandstein sowie Teile der Außenwände an der Nordseite des Chores zeugen. Nach einer erneuten Vergrößerung Mitte des 14. Jahrhunderts im hochgotischen Stil erhielt der Kirchenteil seine endgültige Ausprägung.

Das heutige Bild der Thomaskirche wird durch das zwischen 1482 und 1496 unter Leitung von Claus Roder und Konrad Pflüger neu erbaute Hallenlanghaus im spätgotischen Stil geprägt, welches das romanische Kirchenschiff ersetzte. Das Kreuzrippengewölbe aus Rochlitzer Porphyr ist noch heute im Original erhalten. Das 39 Meter lange und 25 Meter breite Kirchenschiff mit 14 Meter hohen Pfeilern erforderte durch seine Länge eine Verlegung der Stadtmauer nach Westen. In der wirtschaftlich aufstrebenden Messestadt entstand eine der bedeutendsten spätgotischen Hallenkirchen in ganz Sachsen, die am 10. April 1496 vom Merseburger Bischof Tilo von Trotha feierlich eingeweiht wurde. Seither läutet vom Glockenturm die 1477 gegossene und von Nikolaus Eisenberg gravierte Hauptglocke „Gloriosa“ – die älteste Glocke Leipzigs – als eine der insgesamt vier Glocken.

Luther und die Verkündung der Reformation


Weit über die Landesgrenzen bekannt wurde die Thomaskirche mit der hier am 25. Mai 1539 von Martin Luther gehaltenen Pfingstpredigt zur Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen. Daran erinnert bis heute die an einer Säule im Mittelschiff neben der Kanzel angebrachte Gedenktafel zur Einführung der Reformation. Durch die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen und gottesdienstlichen Bedürfnisse wurden 1570/71 unter der Leitung von Hieronymus Lotter steinerne Renaissance-Emporen an den Längsseiten der Kirchenschiffe errichtet und die Westseite um ein Joch hervorgezogen.

Die 1553 südlich der Thomaskirche und entlang der Stadtmauer erbaute Thomasschule zählt zu einer der ältesten in ganz Deutschland. Mit der Reformation wurde auch dem Thomanerchor zunehmende künstlerische Bedeutung zuteil und die Schule und der Chor kamen unter die Trägerschaft des Stadtrates. Bemerkenswert war, dass die Stadt Leipzig als weltliche Institution den überwiegend geistlich wirkenden Chor finanzierte.

Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts wurden das Kircheninnere barock umgestaltet und seit 1661 mehrere Privatkapellen angebaut. Darunter befindet sich eine für das Ehepaar Wiedebach errichtete Kapelle. Apollonia von Wiedebach galt als bedeutendste Stifterin für die Stadt Leipzig und Anhängerin der Reformation. Die Nordseite der Kirche wurde nach Entwürfen von Johann Gregor Fuchs mir einem zweigeschossigen Anbau versehen. Fuchs ist auch das heutige Erscheinungsbild des 68 Meter hohen Kirchturms zu verdanken, der 1702 mit einer barocken Turmhaube und einer Laterne mit Wetterfahne, die eine von einem Stern umkreiste Sonne zeigt, bekrönt wurde. Der Chor und die Sakristei wurden 1802 unter der Leitung von Johann Friedrich Carl Dauthe instandgesetzt. 1806/07 diente die Thomaskirche zwischenzeitlich als französisches Militärmagazin und wurde während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 als Lazarett genutzt. An diese Zeit erinnert noch heute eine am Turmumgang angekettete Kanonenkugel, die damals auf dem Dachboden einschlug. Im Zuge des Umbaus unter Johann Wilhelm Constantin Lipsius zwischen 1884 und 1889 wurde die barocke Gestaltung der Kirche weitgehend durch die Neogotik ersetzt.

Der berühmte Director musices


Das Wirken Johann Sebastian Bachs in Leipzig begründete zweifelsohne den Weltruhm des Kantorats und machte die Stadt zum Zentrum protestantischer Kirchenmusik. Bach übte zwischen 1723 und 1750 das Amt als Director musices und Kantor der Nikolaikirche und Thomaskirche aus. Dem damals noch unbedeutenden Thomanerchor verhalf er zum heutigen Weltruhm und schrieb in Leipzig seine bedeutendsten Werke, darunter das Weihnachtsoratorium, die h-Moll-Messe, die Johannes- und Matthäus-Passion und mehr als 300 Kirchenkantaten, die in der Thomaskirche uraufgeführt wurden.

Bachs Orgelklänge tönen noch heute…


Beim äußerlichen Betrachten der Thomaskirche fällt insbesondere das Dach auf. Bei dem steilen Firstwinkel von 62 Grad handelt es sich um eine architektonische Meisterleistung und um eines der steilsten Giebeldächer Deutschlands. Dank dieser Konstruktion, die auf Erfahrungen aus dem Festungsbau zurückging, wonach Feuerkugeln nicht einschlugen sondern abglitten, überstand die Thomaskirche die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg vergleichsweise unbeschadet. Das von einem Kreuzrippengewölbe überdachte Langhaus wurde im Zuge seiner Restaurierung in den 1960er Jahren der ursprünglich hellroten Farbgebung des 15. Jahrhunderts wieder angepasst. Der gut sichtbare Knick zwischen Langhaus und Chor weist auf den romanischen Ursprung der Thomaskirche hin. Die Orgelempore, wo der Thomanerchor seinen Platz hat, ist mit zwei großen Orgeln ausgestattet. Die ältere wurde von Wilhelm Sauer zwischen 1885 und 1889 erbaut und zählt mit den 88 Registern zu seinen größten und bekanntesten Bauten. Anlässlich des Bachjahres 2000 wurde die viermanualige Bach-Orgel von Gerald Woehl ergänzt. Die Thomaskirche zählt europaweit zu den Stätten mit dem nachweislich frühesten Orgelgebrauch im Gottesdienst. Der „Orgelgesang“ wurde bereits 1384 für eine Marienmesse dokumentiert, was bestätigt, dass schon 1212 mit der Begründung des Thomasstifts eine frühzeitige Musikpflege betrieben wurde.

Kunst und Kirche


Die urspüngliche Ornamentverglasung der Thomaskirche wurde 1889 durch farbige Mosaiken ergänzt. Die fünf farbigen Fenster an der Südwand der Thomaskirche schuf der Glasmaler
Alexander Linnemann. Sie zeigen namhafte Persönlichkeiten des Protestantismus, darunter König Gustav II. Adolf von Schweden, Kurfürst Friedrich der Weise gemeinsam mit Philipp Melanchthon und Martin Luther, Kaiser Wilhelm I. und Johann Sebastian Bach. Ein weiteres Fenster aus früheren Jahren bildet Felix Mendelssohn Bartholdy und den Heiligen Thomas ab. 2009 wurde das Friedensfenster von David Schnell ergänzt. 

Seit Einführung der Reformation gehört es zu den Pflichten der amtierenden Superintendenten, sich bei ihrem Ausscheiden aus dem Amt porträtieren zu lassen und im Altarraum der Kirche neben ihre Vorgänger einzureihen. So zeigt eines der Porträts Leipzigs ersten Superintendenten Johannes Pfeffinger

1950 wurden in der Thomaskirche die Gebeine Johann Sebastian Bachs, die sich urspünglich in der zerstörten Johanniskirche befanden, in einer Gruft beigesetzt. Die von Kunz Nierade gestaltete schlichte Grabplatte an den Stufen des Altarraums ist heute Anziehungspunkt für Bachverehrer und Musikfreunde aus aller Welt. Unter den weiteren Epitaphien und Grabplatten in der Thomaskirche befinden sich neben dem Sarkophag des Markgrafs Dietrich von Wettin die Grabplatten der Kurfürstin Elisabeth von Sachsen und des Adeligen Nickel Pflugk.

Chorale Gesänge vor dem bronzenen Thomaskantor


Dem berühmten Thomanerchor kann man im Rahmen des Gottesdienstes wöchentlich freitags um 18 Uhr bei der Motette und sonnabends um 15 Uhr bei der Bachkantate lauschen. Fester Bestandteil des Leipziger Musiklebends ist das
Bachfest Leipzig, mit welchem die Stadt jährlich den berühmten Thomaskantor ehrt und damit eine Tradition fortführt, die bereits Felix Mendelssohn Bartholdy initiierte.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Thomaskirche

Historisches Bildmaterial - Thomaskirche

Schiller-Denkmal

Schillerstraße – Lenné-Anlage im Promenadenring | Ortsteil: Zentrum

Das vom Leipziger Bildhauer Johannes Hartmann geschaffene Schiller-Denkmal wurde anlässlich Friedrich Schillers 109. Todestags am 9. Mai 1914 in der Lenné-Anlage des Promenadenrings eingeweiht. Das marmorne Monument wurde nach klassizistischem Vorbild mit Einflüssen des Jugendstils erschaffen und zeigt auf einer hohen Stele die Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren in Form eines Mannes und einer Frau angebracht.

Von der Porträtplakette zum marmornen Denkmal am 109. Todestag


Das Leipziger Schiller-Denkmal wurde zu Ehren des über mehrere Monate in Leipzig verweilenden Dichters und dessen Schaffen errichtet. Der Einladung eines Verehrers folgend kam Friedrich Schiller erstmals am 17. April 1785 nach Leipzig. Dort bezog er zunächst in der Petersstraße, später in der Hainstraße 5 im Gasthaus
Kleines Joachimsthal Quartier, wo er 1789 nochmals mit seiner Frau wohnte. Aus diesem Grund wurden an der Fassade zwei 1859 geschaffene Kupfermedaillons mit den Bildnissen des Ehepaares angebracht. Der Verlagsbuchhändler Georg Joachim Göschen vermittelte Schiller ein Zimmer in einem Bauernhaus im Dorf Gohlis bei Leipzig. Im heutigen Schillerhaus schrieb der Dichter seine berühmte Ode „An die Freude“, arbeitete am „Don Carlos“ und am „Fiesko“. Nach seiner Abreise am 11. September 1785 besuchte Schiller Leipzig noch einige Male für kürzere Aufenthalte, so etwa 1801 und 1804. 

Obwohl Friedrich Schillers Geburtstag nach seinem Tod 1805 seit den 1840er in der Stadt als volkstümliches Fest gefeiert wurde, setzten die Leipziger dem berühmten Dichter erst verhältnismäßig spät ein Denkmal. Anlässlich seines 100. Geburtstages wurde im November 1859 auf dem Markt temporär eine Kolossalbüste auf einem hohen Postament errichtet. Gleichzeitig erhielt auch die neu angelegte Straße zwischen Universitätsstraße und Peterstor den Namen Schillerstraße. Anlässlich des 100. Todestages des Dichters ließ der Schokoladenmanufakteur Adolph Schütte-Felsche im Mai 1905 auf dem Gelände des früheren Ausflugslokals Wasserschenke in Gohlis, wo Schiller oft einzukehren pflegte, an einem Granitstein eine von Carl Seffner geschaffene Porträtplakette Schillers anbringen, welche 1975 verloren ging.

Monumente für Schiller gehörten im 19. Jahrhundert zur Standardausstattung deutscher Städte. Als Symbolfigur nationaler Einheitsbestrebungen und Lieblingsfigur des deutschen Volkes wurde Schiller lange Zeit sogar über Johann Wolfgang Goethe gestellt. Erste ernsthafte Bemühungen um ein dauerhaftes Schiller-Denkmal in Leipzig wurden im Januar 1906 durch einen Denkmalausschuss, dessen Leiter später der bekannte Leipziger Literaturhistoriker und geistige Führer des Schillervereins Georg Witkowski war, gemacht. Der hierfür in Betracht gezogene Platz vor dem Alten Theater am heutigen Goerdelerring wurde von der Stadt abgelehnt. Im November 1911 startete der Denkmalausschuss in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Künstler-Verein einen Wettbewerb, dessen 33 eingegangene Entwürfe im April 1912 im Neuen Rathaus ausgestellt wurden. Obwohl ursprünglich ein Denkmal des jungen Schillers, als Kontrast zum Standbild Goethes, angedacht war, wurde der Entwurf des Leipziger Bildhauers Johannes Hartmann zum Sieger auserkoren. Hartmann galt als enger Vertrauter Max Klingers und wurde durch seine Mitarbeit u.a. am Neuen Rathaus, an der Deutschen Bücherei und an dem Brunnen Badendes Mädchen unter den Arkaden des Alten Rathauses bekannt. Am 3. Juli 1912 wurde auf dem ursprünglich für das Denkmal geplanten Platz am Neumarkt eine hölzerne Probefassung aufgestellt, die im März 1913 zum fertigen Monument vollendet wurde. Im Juni wurde der Standort ein weiteres Mal mit der Probefassung getestet. Die Stadt bezuschusste die noch fehlenden 20.000 Mark und trug die Kosten für die 3.270 Mark teure Fundierung, so dass einer rechtzeitigen Fertigstellung bis zum 109. Todestags Schillers am 9. Mai 1914 nichts mehr im Wege stand.

Durch Leipzigs Grün schillert Schiller…


Hartmanns Werk aus Marmor zeigt die sich nach klassizistischem Vorbild auf hoher, schmuckloser Stele befindliche streng frontal und unbekleidete Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren angebracht, links ein Mann, rechts eine Frau. Diese Ausführung erinnert an die Trabantendenkmäler aus dem 19. Jahrhundert. Die beiden Figuren stehen symbolisch für die „Erhabenheit“ und die „Tragik“, was den Betrachter zum Infragestellen des geläufigen Dichterstandbildes anhalten sollte. Beide Sockelfiguren sollen das „Ringende als zentrales Moment des dichterischen Schaffensprozesses“ verkörpern. Ihre Nacktheit zielt auf das „allgemein Menschliche ohne antikisierende Geschlechtslosigkeit“ ab. In Hartmanns ersten Entwurf für das Monument war die weibliche Figur ursprünglich von den Hüften abwärts bekleidet gewesen.

Die beiden Figuren erinnern an das Schaffen Max Klingers, während hinter den bildnerischen Intentionen das Vorbild Max Klingers und Johannes Hartmanns, der französische Bildhauer Auguste Rodin, steht. Ausgangspunkt für Hartmanns Werk waren nicht Schillers frühere Aufenthalte in Leipzig, sondern dessen über die Zeiten gerichtete strebende Idealität, welche bereits von Ernst Rietschel, dem Schöpfer des Weimarer Doppelstandbilds, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für alle folgenden Schiller-Rezeptionen festgeschrieben wurde. Hartmann interpretierte diese in seinem Werk durch den Ausdruck schicksalsschwerer Innenschau und einer Mystifizierung Schillers. Bei der Modellierung der Gesichter sagte sich Hartmann von der vom Stuttgarter Bildhauer Johann Heinrich Dannecker geschaffenen Bildnisbüste Schillers bewusst los: Sein Denkmal in Form eines hohlwangigen Dichters brach mit dem typischen Schillerbild des 19. Jahrhunderts. Dieser vollzogene Formenwandel im Geist des Jugendstils entsprach den veränderten Vorstellungen von Literatur um 1900 und der Entwicklung vom Bild des klassischen Dichterfürsten zum Erlebnislyriker. Insofern war das Monument, damals wie heute, schwer mit der gängigen Vorstellung eines Dichtermonuments in Einklang zu bringen. Für die marmorne Ausführung des Schiller-Denkmals war wohl der langjährige Hilfsarbeiter Max Klingers, der Steinbildhauer August Schmiemann aus Plagwitz, verantwortlich.

„Pfui Teufel“: Warum sich die Leipziger über das Denkmal empörten…


Bereits am Tag nach der Denkmalweihe empörten sich einige Bürger der Stadt in einem anonymen Schreiben mit den Worten: „Ein Paar gemeinere Gestalten konnten unsere allverehrten Stadtväter unsrem edlen Schiller wohl nicht an die Seite stellen als wie den Adam und die Eva, die da nackend sich der Jugend zeigen. Pfui Teufel noch einmal.“ Trotz der Kritik blieb das Denkmal in der Promenadenanlage an der Schillerstraße in seiner Ursprungsform erhalten. Dennoch zählte es nicht wie das
Bach-Denkmal vor der Thomaskirche oder das Goethe-Denkmal auf dem Naschmarkt zu den populären Denkmälern der Stadt. Dies lässt sich zum einen mit der Tatsache begründen, dass sich Schillers Denkmal derart als Kunstwerk geriert, dessen Platz vielmehr im Museum als unter freiem Himmel zu suchen wäre. Zum anderen fehlt es vielen Bürgern inhaltlich an lokalem Bezug. Anstatt der Vorstellungen des „Leipziger Schiller“ in Form einer historisierenden Kostümstatue wurde vielmehr eine geläuterte, abgehobene „Walhalla-Idealität“ Schillers inszeniert, welche der Denkmalserwartung widersprach.

Bei dem Leipziger Schiller-Denkmal, welches zeitgleich mit dem Dresdner Schiller-Denkmal entstand, handelt es sich um eines der letzten öffentlichen Monumente, die dem Dichter zahlreich in Deutschland gesetzt wurden. Es ist außerdem das einzige Denkmal Leipzigs, welches stärkere Einflüsse des Jugendstils zeigt.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Schiller-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Schiller-Denkmal

Sachsenbrücke (Stahlbetonbrücke)

Anton-Bruckner-Allee 50 / Clara-Zetkin-Park | Ortsteil: Zentrum-Süd

Die Sachsenbrücke vereint gemeinsam mit der Anton-Bruckner-Allee im weiteren Verlauf als autofreie Verbindung die Stadtteile Plagwitz und Schleußig mit dem Musikviertel. Sie befindet sich inmitten des Clara-Zetkin-Parks über dem Elsterflutbecken und wurde ursprünglich im Jahr 1897 für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) errichtet. Heute dient die Brücke als beliebter Treffpunkt für Fußgänger, Radfahrer, Künstler und Musiker gleichermaßen. 

Als sächsische Truppen und Ausstellungsgänger über die Brücke strömten…


Obgleich architektonisch eher unscheinbar mit ihren drei soliden Betonbögen und ihrem blauen Geländer, gilt die Sachsenbrücke als ein Dreh- und Angelpunkt der innerstädtischen Leipziger Parklandschaft. Inmitten des Clara-Zetkin-Parks über dem Elsterflutbecken gelegen vereint sie gemeinsam mit der Anton-Bruckner-Allee im weiteren Verlauf die Stadtteile Schleußig und Plagwitz als autofreie Verbindung. 

Der Name „Sachsenbrücke“ geht auf den Wechsel der sächsischen Truppen von der Seite Napoleon Bonapartes zu den Verbündeten während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 zurück. Diese Bezeichnung wurde erst am 7. November 1901 amtlich. Die heutige Sachsenbrücke wurde im Jahr 1897 als erstes Bauwerk für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) errichtet. Für letztere wurden nach Plänen des Königlich Sächsischen Baurates Arwed Rossbach neun Ausstellungshallen und zehn Pavillons im heutigen Clara-Zetkin-Park errichtet. Ziel der STIGA war es, das Gelände entlang des Elsterflutbettes zu gestalten und aufzuwerten. Etwa 3.000 Aussteller präsentierten innerhalb eines halben Jahres vor rund 2,4 Millionen Gästen unzählige Innovationen jener Zeit. Nach Ende der Ausstellung wurden die ca. 300 Gebäude abgerissen – nur die Sachsenbrücke nicht. Im Zuge der geplanten Nachnutzung des Ausstellungsgeländes und nach entsprechender Umgestaltung wurde auf dem 400.000 Quadratmeter großen Areal 1898 der König-Albert-Park, ab 1955 „Clara-Zetkin-Park“, eröffnet. Die Anton-Bruckner-Allee führt heute entlang der einstigen Hauptachse vorbei an den zwei ursprünglich für die STIGA geschaffenen und noch heute erhaltenen Teichen über die Sachsenbrücke. Über diese gelangten die Besucher der STIGA einst auf das eigentliche Ausstellungsgelände mit den weitläufigen Maschinen- und Industriehallen. In ihrer heutigen Ausführung wurde die Brücke 1928 im Zuge der Verbreiterung des Elsterflutbettes als Fußgängerbrücke fertiggestellt. Dabei handelt es sich um eine Stahlbetonbrücke mit muschelkalkverkleideten Brückenköpfen, welche heute von technischer und stadtgeschichtlicher Bedeutung ist.

Bunte Vielfalt über dem Elsterflutbecken: Die Sachsenbrücke als Freizeittreff


Im Jahr 2022 wurde die Sachsenbrücke im Rahmen des vom Bündnis „Leipzig fürs Klima“ initiierten und organisierten Projektes zum Klima-Mahnmal. In diesem Zuge wurden gemäß des vom britischen Klimaforscher Ed Hawkins 2018 entwickelten Modells sogenannte „Wärmestreifen“ („Warming Stripes“) auf die Sachsenbrücke gemalt. Dieses Modell bildet anhand eines Farbspektrums – blau für kälter und rot für wärmer – die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur ab. Die an den Rändern der 70 mal 6 Meter großen Streifen angemalten Jahreszahlen verdeutlichen den rasanten Temperaturanstieg zwischen 1850 und 2021 und dienen als visueller Denkanstoß für Passanten und Radfahrer. Die Anbringung der insgesamt 172 Streifen kostete rund 20.000 Euro. Nach einem Jahr waren sie jedoch bereits verblasst.

Heute ist die Sachsenbrücke ein beliebter Treffpunkt für Spaziergänger, Radfahrer und Künstler gleichermaßen. Häufig dient die Brücke für Straßenmusiker als Bühne, während Schaulustige auf der Bordsteinkante der Brücke sitzend den Klängen lauschen oder Paddlern auf dem Elsterflutbecken zuschauen. Für eine kleine Stärkung an der Brücke sorgen Eisstände und nicht selten ein Kaffeefahrrad. Unmittelbar neben der Sachsenbrücke auf der Anton-Bruckner-Allee befindet sich der sogenannte Glücksbaum – ein Kastanienbaum mit vielen kleinen, an den Ästen befestigten Wunschzetteln. In den späten Abendstunden wird die Sachsenbrücke häufig zum Treffpunkt für Leipzigs Partyszene, wobei es in der Vergangenheit nicht selten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und einer entsprechend hohen Polizeipräsenz kam.

Nur wenige einhundert Meter entfernt befinden sich inmitten des Clara-Zetkin-Parks zahlreiche Freizeitattraktionen, darunter der Musikpavillon, die Parkbühne und die Galopprennbahn Scheibenholz mit idyllischem Biergarten und dem Bootsverleih Scheibenholz. Im Sommer können die Gäste auf der Pferderennbahn bei den Filmnächten Freilichtkino genießen.

Stand: 27.09.2023

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