Rosental in Leipzig

Waldstraße / Marienweg / Emil-Fuchs-Straße / Zöllnerweg
Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Das Rosental ist mit 118 Hektar Fläche eine der größten und gleichzeitig ältesten Parkanlagen Leipzigs inmitten des Auwaldes. An dieser Stelle wollte sich einst der Kurfürst von Sachsen, August der Starke, Anfang des 18. Jahrhunderts ein Residenzschloss errichten lassen, was von Leipzigs Stadtvätern trickreich unterbunden wurde. Der Park wird im Süden und Westen durch den Elstermühlgraben, im Norden durch die Parthe und im Osten durch den Zoologischen Garten begrenzt. 

Über 700 Jahre Rosental


Das Rosental wurde erstmals 1318 urkundlich erwähnt. Bereits der Leipziger Historiker Johann Jacob Vogel schrieb 1714 in seinem „Leipziger Chronicon“: Das Rosental „hat den Namen von anmuthigen, schattichten und lustigen Spaziergängen, gleich wie anderweit lustige und annehmliche Oerter den Namen des Paradieses führen, oder wie Weinberge zu Jena, diesseits des Saalestrome, wegen der Anmuthigkeit, die Rosenberge heißen“.

Die Rasenfläche des heutigen Rosentals war ursprünglich vom nördlichen Teil des Leipziger Auwaldes bedeckt. Die Herkunft des Namens „Rosental“ ist bis heute nicht geklärt. Diese Bezeichnung fiel erstmals im Jahr 1318, wobei nicht zu erklären ist, wie sich diese zusammensetzte: Es gab weder ein von Bergen begrenztes Tal, noch wuchsen an der Stelle Rosen. Stattdessen handelte es sich damals um einen reinen Nutzwald der Markgrafen von Meißen, welcher von einem Förster bewirtschaftet wurde. 

Der starke August und die Mückenplage


Der ursprüngliche Wirtschaftswald war bis 1663 im Besitz der sächsischen Kurfürsten. In jenem Jahr verkaufte der verschuldete Kurfürst Johann Georg II. das Gebiet dem Rat der Stadt Leipzig für rund 15.000 Taler. Als August der Starke, ab 1694 Kurfürst von Sachsen, von dem Verkauf erfuhr, focht er diesen mit der Begründung an, dass die Fläche mindestens 45.000 Taler wert sei. Gleichzeitig erhob er energisch Anspruch auf das Rosental. Im Jahr 1704 bestimmte er das Gelände zum Bau eines barocken Lustschlosses. Der Entwurf des Ingenieuroffiziers Johann Christoph Naumann aus dem Jahr 1707 zeigt einen prunkvollen, kuppelbekrönten Schlossbau, umgeben von Kanälen, einem vorgelagerten Parterregarten und im Schnittpunkt von 13 strahlenförmig verlaufenden Sichtschneisen. Da das Geld für den Bau aus der Stadtkasse kommen sollte, wurde das teure Vorhaben vom Rat der Stadt unter wechselnden Ausreden über 10 Jahre hinausgezögert. Einige der Vorwände lauteten, das Rosental werde oft überschwemmt, was den Baugrund ungeeignet machte, im Sommer werde man von lästigem „Mückengeschmeiß“ geplagt und die Überfälle von „Räuberrotten“, die hier ihr Unwesen trieben, würden überhandnehmen. Schließlich ließ der Landesherr von seinem Bauvorhaben ab. Einzig ein hölzerner Aussichtsturm aus Fachwerk blieb damals von seinem ehrgeizigen Projekt übrig. Diesen soll er regelmäßig während seiner Aufenthalte in der Stadt bestiegen und die herrliche Fernsicht genossen haben.

Im Jahr 1777 wurde auf Anregung des Hofrats Johann Gottlob Böhme der sogenannte „Dammweg“ als erster Spazierweg durch das Rosental angelegt. Er führte vom Gohliser Schlösschen zum Rosentaltor bei der Rosentalgasse. Nach der Eröffnung der beiden Cafés auf dem Dammweg „Kalte Madame“ im Jahr 1782 und „Schweizerhäuschen“ im Jahr 1824 – später „Café Bonorand“ – wurde der Weg für Besucher aufgewertet und zur Promenade gemacht. Heute befindet sich der Dammweg mitsamt des erhaltenen „Schweizerhäuschens“ auf dem Gelände des Zoos. 

Der heutige Zustand des Rosentals ist dem Leipziger Kunstgärtner Rudolph Siebeck zu verdanken: Dieser gestaltete die Grünfläche zwischen 1837 und 1840 zum englischen Landschaftspark um. Siebeck nahm durch ein unregelmäßiges Wegenetz und gezielte Neubepflanzung dem barocken Grundriss die strenge Regelmäßigkeit. Sechs der ursprünglich 13 strahlenförmig verlaufenden Sichtschneisen und die große Wiese im vorderen Rosental sind bis heute in der Form erhalten.

Gellert, Zöllner und Peters: Leipzigs verewigte Namen im Rosental


Ende des 19. Jahrhunderts entstanden im südlichen Gebiet des Rosentals zahlreiche Einzeldenkmale namhafter Leipziger Persönlichkeiten. Das erste im Rosental errichtete Denkmal war das Gellert-Denkmal östlich des vorderen Rosentalteichs. Der damals hochverehrte Dichter und Professor für Poesie Christian Fürchtegott Gellert besaß als einziger Leipziger Bürger das Privileg, aus gesundheitlichen Gründen im Rosental auszureiten. Gellert galt gleichzeitig als meistgelesener deutscher Dichter des 18. Jahrhunderts. Das Denkmal wurde 1959 wegen Verfall abgetragen. 

Im Jahr 1868 wurde das Zöllner-Denkmal am Südrand der großen Wiese zu Ehren des Chorleiters und Komponisten Carl Friedrich Zöllner errichtet. Unweit davon befindet sich das Louise-Otto-Peters-Denkmal, das an die bedeutende Frauenrechtlerin erinnert. Dieses befand sich ursprünglich auf dem Alten Johannisfriedhof, bevor es 1925 seinen Platz am Wegrand des ersten öffentlichen Kinderspielplatzes der Stadt bekam. Letzterer wurde 1870 am Zöllnerweg auf Initiative des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins gegründet. 

Von Friedenseiche, Zooschaufenster und Wackelturm


Anfangs war ein städtischer Zugang ins Rosental nur über die Angerbrücke möglich. 1548 entstand mit dem Bau der Rosentalbrücke über den Pleiße- und Elstermühlgraben ein weiterer Zugangsweg. Dieser Bereich rund um das ehemalige Rosentaltor, eines der früheren sieben äußeren Stadttore und gleichzeitig Hauptzugang von der Stadt, zählt zum Denkmalschutzgebiet. 1892 wurde an dieser Stelle am Ende der Rosentalgasse ein 12 Meter hoher Fahnenmast als repräsentative Toranlage errichtet. Von hier aus bietet sich ein malerischer Blick auf den vorderen Wiesenbereich mit dem Rosentalteich. Geradeaus gelangt man zum Blindenpark. Dieser wurde 1986 mit einem botanischem Tast- und Riechgarten angelegt. Direkt dahinter liegen die Hundewiese und die Friedenseiche, die auch zum Bestand des Denkmalschutzgebiets Rosental gehört. Der Baum wurde im Jahr 1871 gepflanzt und erinnert an das Ende des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71.

Eine Besonderheit im östlichen Teil des Parks ist das Zooschaufenster. Dieses entstand 1976 aus einem Entwurf der Leipziger Architekten Gerhard Scholz und Eberhard Göschel, da für den Bau des Zoologischen Gartens Randbereiche des Rosentals beansprucht wurden. Über eine Art Terrasse bieten sich den Spaziergängern Einblicke in die nachgestaltete Afrika-Savanne mit der Kiwara-Lodge

Sehr beliebt sind seit 2003 die Open Air-Konzerte Klassik airleben im Rosental, bei denen sich das Gewandhausorchester zum Abschluss der Gewandhaussaison beim Publikum. 

Im nordwestlichen, vorrangig bewaldeten Teil des Rosentals erhebt sich der Rosentalhügel, auch „Scherbelberg“ genannt. Dieser etwa 20 Meter hohe Hügel entstand bis 1896 durch die Aufschüttung von 60.000 Pferdeführen Hausmüll und Schutt. 1896 wurde hier ein 15 Meter hoher, hölzerner Aussichtsturm errichtet, welcher im zweiten Weltkrieg in der Folge des schweren Bombenangriffs am 4. Dezember 1943 niederbrannte. 1975 wurde er durch den 22 Meter hohen, stählernen Aussichtsturm im Rosental ersetzt. Der volkstümlich betitelte „Wackelturm“ zählt heute zu den beliebtesten Aussichtspunkten der Stadt.

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Romanushaus in Leipzig

Katharinenstraße 23 / Brühl 18
Ortsteil: Zentrum

Das Romanushaus wurde zwischen 1701 und 1704 von Johann Gregor Fuchs für Leipzigs Bürgermeister Franz Conrad Romanus erbaut. Das Stadtpalais gehört zu den Leitbauten sächsischer Barockarchitektur und gilt als prächtigstes Bürgerhaus der Stadt. 

Vom Bürgermeister Romanus und dem 150.000 Taler Betrug 


Die Geschichte des Romanushauses reicht bis ins späte 17. Jahrhundert zurück. Der in Leipzig geborene Franz Conrad Romanus arbeitete zu dieser Zeit als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt. Der sächsische Kurfürst Friedrich August I. wurde auf den jungen Advokaten aufmerksam und empfahl dem Leipziger Rat mit Nachdruck, diesen mit dem Bürgermeisteramt zu betrauen. Mit gerade einmal 30 Jahren trat Romanus schließlich im Jahr 1701 das Amt an. Während seiner Zeit als Bürgermeister setzte er sich für den Ausbau der kommunalen Infrastruktur ein: Nur vier Monate nach seinem Amtseintritt brachte er die Einführung der ersten öffentlichen Straßenbeleuchtung der Stadt auf den Weg und ließ später eine Kanalisation bauen. Während seiner zweiten Amtszeit begründete er über die Beschaffung städtischer Sänften und die Anstellung entsprechender Träger Leipzigs öffentlichen Nahverkehr und bewirkte dir Gründung des Armenamtes.

Romanus hatte schon längere Zeit mit dem Gedanken gespielt, sich in exponierter Lage ein prunkvolles Wohnhaus bauen zu lassen, welches seinem hohen Amt würdig war. 1698 erbte er das Eckhaus zwischen Katharinenstraße und Brühl und kaufte die drei angrenzenden Häuser dazu. Auf den Grundstücken der vier Vorgängerbauten ließ Romanus von 1701 bis 1704 vom Dresdner Ratsmaurermeister Johann Gregor Fuchs ein prächtiges Wohnpalais im Stil des Dresdner Barocks errichten. Die Baukosten beliefen sich auf 150.000 Taler – etwa die Hälfte dessen, was später die Dresdner Frauenkirche kosten sollte – und überstiegen deutlich die Vermögensverhältnisse des jungen Bürgermeisters. Um die Kosten decken zu können, erstellte er gefälschte Ratsschuldscheine. Als der Betrug aufflog, kannte August der Starke bei seinem Günstling keine Gnade und Romanus kam 1705 als Gefangener auf die Festung Königsstein, wo er nach 41 Jahren Haft 1746 starb.

Poesie und Seidenhandel in barocken Gemäuern


Nach der Inhaftierung von Romanus fiel das Stadtpalais in den Besitz seiner Ehefrau Christiana Maria. Die gemeinsame Tochter Christiana Mariana von Ziegler kehrte zu ihrer Mutter ins Romanushaus zurück und gründete dort einen der ersten literarisch-musikalischen Salons in Deutschland, welcher sich zur „Begegnungsstätte von Bürgern, Gelehrten und Künstlern“ entwickelte. Johann Sebastian Bach, der seit 1723 als Thomaskantor in Leipzig tätig war, vertonte 1725 neun ihrer geistlichen Kantaten-Dichtungen und ließ diese aufführen. Der Schriftsteller Johann Christoph Gottsched ernannte die „Zieglerin“ 1730 zum ersten und einzigen weiblichen Mitglied seiner „Deutschen Gesellschaft“ in Leipzig, wo sie zwei Mal den Preis der Poesie gewann.

Mit dem Verkauf des Romanushauses an den Hofrat Oertel verblieb es von 1735 bis 1770 im Oertelschen Familienbesitz, bis es 1770 an den Weinhändler George Wilhelm Richter veräußert wurde. Letzterer eröffnete 1772 im zweiten Obergeschoss des Romanushauses das vornehme „Richtersche Café“, welches zum Treffpunkt von Künstlern, Literaten und Verlegern wurde und in dem auch Friedrich Schiller des Öfteren zu Gast war. 1792 tagte in den barocken Gemäuern die erste gesellschaftliche Vereinigung des deutschen Buchhandels. Zwei Jahre später verkaufte Richter das Gebäude an den wohlhabenden französischen Kaufmann Jean Marc Albert Dufour-Féronce, der dort eine Seidenwarenhandlung betrieb. Dufour veranlasste eine umfassende Renovierung unter der Leitung von Johann Carl Friedrich Dauthe, bevor er das Haus 1795/96 bezog. Bis 1905 trug das Gebäude zwischenzeitlich den Namen „Dufoursches Haus“. Von 1906 bis 1907 wurde das barocke Palais vom Architekten Otto Paul Burghardt restauriert. Während einer weiteren Sanierung in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre wurden die Stuckdecken und die Hofflügel zerstört, welche Mitte der 1990er Jahren mitsamt der 1874 abgebrochenen Belvedere in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt wurden.

Putten, Stuckgirlanden und Belvedere im historischen Stadtkern


Mit dem Bau des Romanushauses legte der Ratsmaurer Fuchs den Grundstein für die Blütezeit des bürgerlichen Barock in Leipzig. Es galt seinerzeit in „Umfang wie Stil gleich neu und außerordentlich“ (Nikolaus Pevsner). Die Ausgestaltung spiegelt auch das Selbstbewusstsein des bürgerlichen Bauherrn auf eindrucksvolle Art wider. Fortan wurde etwa ein Drittel der städtischen Gebäude im barocken Zeitgeist erbaut oder umgebaut. 

Über dem sockelartigen Erdgeschoss des Romanushauses, in welchem sich einst Kaufgewölbe für den Messehandel befanden, erheben sich drei verschieden hohe Obergeschosse. In diese gelangt man über eine geradläufige Treppenanlage mit Figurennischen. Der barocke Bau ist mit typischen Schmuckelementen wie Girlanden an den Eingängen, Giebeln und Fensterbrüstungen dekoriert. Die Nordfassade am Brühl wird mit ihren dreizehn Fenstern von mehreren Risaliten geschmückt. Der Mittelrisalit vor den Obergeschossen ist von vier angedeuteten Säulen mit ionischen Kapitellen und prachtvoll ornamentierten Dachgiebeln ausgestaltet. Oberhalb des Mittelrisalits befinden sich die Figuren der Minerva und der Fama. Die Brüstungsfelder zeigen liegende Putten, Festons sowie überkreuzte Palm- und Blätterzweige. Besonders eindrucksvoll ist das Belvedere nach italienischem Vorbild über dem Mansarddach, welches sich als optisch separates Aussichtsgeschoss mit dem Sommersaal über dem Gebäude erhebt. Im ersten Obergeschoss der sechs Fenster breiten Ostfassade auf der Katharinenstraße befindet sich ein Balkon, während der darüberliegende Mittelteil in einem breiten barocken Dachgiebel abschließt.

Vom Merkur in der Wandnische


Zwischen Nord- und Ostfassade ist ein zweigeschossiger Eckerker mit einem Balkon auf Höhe des zweiten Obergeschosses zu sehen. Darunter befindet sich in einer von zwei Säulen flankierten Wandnische die Merkur-Statue, dem griechischen Gott des Handels und der Diebe. Diese wurde vom Dresdner Hofbildhauer Balthasar Permoser geschaffen. Mit der Fertigstellung des Romanushauses befand sich die Statue allerdings noch nicht an ihrem heutigen Platz in der Wandnische, sondern wurde zunächst 1752 im Schlosspark Schwerin aufgestellt. Nachdem die Figur in den 1950er Jahren durch eine Kopie ersetzt wurde, gelangte das Original schließlich nach Leipzig und schmückte die Nische des Romanushauses bis in die 1990er Jahre. Als die Stadt Schwerin den Merkur zurückverlangte, wurde auf Anregung der Kulturstiftung Leipzig ein entsprechender Nachguss vom Bildhauer Markus Gläser geschaffen und 2006 an derselben Stelle wieder aufgestellt. 

Heute beherbergt das Romanushaus das ur-sächsische Restaurant Romanushof, wo die Gäste saisonale und regionale Spezialitäten genießen können. Neben sächsischer Hausmannskost werden auch königliche Leibspeisen aus längst vergangener Zeit serviert, darunter hausgebackene Brote, deftige Bierhappen und saftige Rinderbraten. In den lauen Sommermonaten lädt der idyllische Innenhof zum Verweilen und Genießen in historischem und mediterranem Flair ein.

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Promenadenring in Leipzig

Richard-Wagner-Straße, Georgiring, Augustusplatz, Roßplatz, Martin-Luther-Ring, Dittrichring, Goerdelerring
Ortsteil: Zentrum

Der Leipziger Promenadenring ist der älteste städtische Landschaftspark Deutschlands und eines der herausragendsten Denkmäler der Gartenkunst. Der Park wurde seit 1777 auf den Flächen der ehemaligen Befestigungsanlagen angelegt und umgibt mit einer Länge von 3,6 Kilometern als „grüner Ring“ den Stadtkern. Er ist in den Unteren Park / Müller-Anlage, den Oberen Park / Schwanenteich-Anlage, den Augustusplatz, die Lenné-Anlage, den Martin-Luther-Ring, den Dittrichring und den Goerdelerring/Tröndlinring eingeteilt.

Am Anfang stand die Befestigungsmauer…


Bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die ersten grünen Alleen um den Stadtkern gepflanzt. Zu diesem Zeitpunkt war die Leipziger Innenstadt noch von Befestigungsmauern aus dem Mittelalter umgeben. Da der Verteidigungswall der modernen Kriegsführung nicht mehr standhalten konnte, bat der Leipziger Rat die Landesregierung, die Befestigung niederzureißen. König Friedrich August III. erhörte Ende 1769 die Bitte der Stadtväter und schenkte der Stadt die Befestigungsanlagen mit Ausnahme der Pleißenburg. In den 1770er Jahren wurde mit den Abrissarbeiten begonnen. Der Ausbau zu einem grünen Gürtel um den Stadtkern ist dem kunstsinnigen Bürgermeister Carl Wilhelm Müller zu verdanken: Anstatt die gewonnenen Flächen zu vermarkten und zu bebauen, stellte Müller die sozialen und ästhetischen Gesichtspunkte über die wirtschaftlichen und initiierte so den Bau der großzügigen Grünanlage um den Stadtkern. Dieses Engagement ehrten die Leipziger Bürger 1819 mit dem Bürgermeister-Müller-Denkmal, das noch heute an seinem Lieblingsplatz im Unteren Park gegenüber dem Hauptbahnhof steht. 

Ausbau zum Innerstädtischen Grüngürtel


Die Bauplanung des Promenadenrings leitete maßgeblich Johann Friedrich Carl Dauthe. Die äußeren Promenadenanlagen wurden dicht bepflanzt und bildeten eine breite Lindenallee mit Sitzmöglichkeiten für Spaziergänger, die an eine Ringstraße für den Fahrverkehr grenzte. Auch vor den Stadttoren entstanden großzügig angelegte Plätze. Im Jahr 1794 wurde der Ratsgärtner Carl F. Kühn zur Pflege der neu entstandenen Anlagen eingestellt. In der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurden die Promenadenanlagen stark verwüstet und in den Folgejahren nach und nach wieder instandgesetzt. 

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stagnierte der Ausbau der Promenadenanlagen, bis auf Initiative von Bürgermeister Otto Koch ab 1857 zunächst der Bereich zwischen dem heutigen Augustusplatz und dem Peterstor nach Entwürfen des preußischen Gartendirektors Peter Joseph Lenné umgestaltet wurde. Im Jahr 1859 waren die umfangreichen Neugestaltungen abgeschlossen. In der Folgezeit initiierte die Stadt weitere Umgestaltungen der übrigen Abschnitte des Promenadenrings. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Bereich des Augustusplatzes beigemessen, welcher ebenfalls nach den Plänen von Lenné neu konzipiert wurde. Der Gartendirektor sah dort großzügige Alleen und formale Schmuckgestaltungen rund um das damalige Bildermuseum vor. 

Neugestaltung und Instandsetzung


In den Folgejahren wurden innerhalb des Promenadenrings zahlreiche Denkmäler zu Ehren berühmter Leipziger Bürger aufgestellt. Allein in der Lenné-Anlage, auch als Schillerpark bekannt, gibt es fünf repräsentative Denkmäler: das Robert-Schumann-Denkmal hinter der Moritzbastei, das Otto-Koch-Denkmal zu Ehren des früheren Bürgermeisters, das Gellert-Denkmal auf der Hauptachse der Anlage, das Schiller-Denkmal Richtung Neumarkt und das Thaer-Denkmal zur Erinnerung an den Agrarwissenschaftler Albrecht Thaer.

Im Jahr 1901 löste der Stadtgartendirektor Carl Hampel seinen Vorgänger Carl Otto Wittenberg ab und begann mit dem Ausbau und der Anpassung des Promenadenrings an die aufstrebende Großstadt. Hampel baute 1904 zunächst das Gebiet rund um das Neue Rathaus mitsamt der angrenzenden nördlichen Promenade bis hin zum Hallischen Tor um. Auch der östliche Promenadenring bis hin zur Goethestraße wurde mit Bau des Hauptbahnhofs ab 1910 umfassend neugestaltet.

Durch den wachsenden Verkehr mussten die Straßen verbreitert werden. Immer mehr Grünfläche wich den Baumaßnahmen. Im Zweiten Weltkrieg wurden durch Bombenangriffe viele markante Gebäude zerstört, die den Promenadenring lange prägten, darunter die Matthäikirche und die 1. Bürgerschule auf der Moritzbastei. Seit 1990 engagiert sich das Grünflächenamt der Stadt Leipzig für eine Wiederherstellung des Promenadenrings unter gartendenkmalpflegerischen Aspekten. So wurden u.a. die Bereiche vor dem Hauptbahnhof und der Thomaskirche durch neue Bepflanzungen aufgewertet.

Die Abschnitte des Promenadenrings und ihre Denkmäler


Dass der Untere Park und Obere Park am Hauptbahnhof ursprünglich bis zum Bau der Goethestraße miteinander verbunden waren und das gemeinsame Herzstück des Promenadenrings bildeten, kann man heute nur noch erahnen. Beim Schwanenteich im Oberen Park handelt es sich um einen Rest des ehemaligen Stadtgrabens, welcher mit Wasser aufgefüllt und zu einem Teich umgestaltet wurde. Hier befinden sich hinter der Oper die Richard-Wagner-Büste sowie an der Goethestraße der Eisenbahnobelisk, der an den Bau der ersten deutschen Fernbahnstrecke von Leipzig nach Dresden erinnert.

Besonders das Erscheinungsbild des Augustusplatzes veränderte sich im Laufe der Zeit gewaltig. Der 1883 errichtete Mendebrunnen ist der einzige erhalten gebliebene Teil der alten Platzanlage. Hinter dem Augustusplatz markiert die 1550 von Hieronymus Lotter erbaute Moritzbasteiden Rand der Lenné-Anlage. Peter Joseph Lenné legte hier eine zentrale Hauptachse an, die quer durch den Park führt. Der Promenadenhügel ist noch heute markante Blickachse zum Neuen Rathaus. Im Sommer wird kaum ein anderer Abschnitt des Promenadenrings von Erholungssuchenden so intensiv genutzt, wie die Lenné-Anlage. 

Die zuvor eher bescheiden gestalteten Grünanlagen am Martin-Luther-Ring erhielten nach Entwürfen von Hampel aufwändige Schmuckbepflanzungen. Hier befindet sich das 1999 eingeweihte Goerdeler-Denkmal, das an Leipzigs mutigen Bürgermeister Carl Friedrich Goerdeler erinnert, der am Hitler-Attentat mitwirkte und nach dessen Scheitern hingerichtet wurde. Westlich der Innenstadt am Dittrichring kann seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein einmaliges Zusammenspiel aus rahmender Bebauung und Grünanlage bewundert werden. Die Schmuckbepflanzungen Hampels wurden nach dem Zweiten Weltkrieg durch historische Grünstrukturen und einfache Gehölzbepflanzungen ersetzt. 2008 wurde hinter dem Westportal der Thomaskirche das Mendelssohn-Denkmal aufgestellt, eine detailgetreue Kopie des 1936 zerstörten Originals. Unweit davon entdeckt man weitere bedeutende Denkmale: das Alte Bach-Denkmal und das Plato-Dolz-Denkmal. Sehenswert ist auch der etwas versteckt gelegene Märchenbrunnen, entworfen 1906 von Josef Mágr.

Im Bereich des Goerdelerrings/Tröndlinrings befindet sich heute im ehemaligen Komplex des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit das Museum in der „Runden Ecke“. In der nahe gelegenen Grünanlage wurde 2013 anlässlich des 200. Geburtstages Richard Wagners das Richard-Wagner-Denkmal enthüllt. Die von Stephan Balkenhol geschaffene Plastik steht auf einem von Max Klinger gefertigten Sockel. Nur wenige Meter weiter befindet sich am Richard-Wagner-Platz das 1851 errichtete Hahnemann-Denkmal

Wie der Name „Promenadenring“ verdeutlicht, besteht der Stellenwert des Leipziger Rings bis heute im Promenieren – dem Spazieren entlang attraktiv gestalteter Gartenanlagen.

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Nikolaikirche in Leipzig

Nikolaikirchhof 3
Ortsteil: Zentrum

Die um 1165 erbaute Nikolaikirche ist mit einer Höhe von 63 Metern und einer Breite von 46 Metern die größte und zweitälteste Kirche Leipzigs. Sie erlangte im Herbst 1989 internationale Bekanntheit durch die Friedensgebete und die daran anschließenden Montagsdemonstrationen, welche das Ende der DDR und die Einheit Deutschlands einläuteten. Zehn Jahre später wurde auf dem Nikolaikirchhof die 16 Meter hohe Nikolaisäule aufgestellt, welche als Symbol für die Friedliche Revolution steht.

Von der romanischen Basilika zur reformatorischen Kirche


Die Geschichte der Nikolaikirche reicht über 850 Jahre zurück. Sie wurde um 1165 nach der Verleihung des Stadt- und Marktrechts an Leipzig im Stil einer romanischen Basilika erbaut, besaß der Überlieferung nach aber bereits einen Vorgängerbau. Der romanische Ursprung ist bis heute an der Westseite der Kirche zu erkennen. Das Patrozinium des heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron der Kaufleute und der Reisenden, über der Kirche legt eine Gründung und Errichtung des Gotteshauses durch die ansässigen Kaufleute nahe. Die erste urkundliche Erwähnung als Bürgerkirche geht auf das Jahr 1212 zurück. Acht Jahre später wurde die Nikolaikirche dem Thomasstift unterstellt und verlor damit ihren Status als eigenständige Stadtkirche. Zwischen 1513 und 1525 erfolgte der Umbau durch den Maurermeister Benedikt Eisenberger zu einer dreischiffigen spätgotischen Hallenkirche. In diesem Zuge erhielt das Gebäude seine heutigen Maße von 63 Metern Länge und 46 Metern Breite. Am 31. Mai 1525 wurde die Nikolaikirche durch den Bischof von Merseburg eingeweiht. Mit der Einführung der Reformation in Leipzig zu Pfingsten 1539 hielt der evangelische Theologe und Reformator Johann Pfeffinger die erste evangelische Predigt. Auch das Innere der Kirche wurde nach reformatorischen Vorstellungen umgestaltet, Heiligenbilder und Nebenaltäre beseitigt. Der bedeutende Bau- und Bürgermeister der Stadt, Hieronymus Lotter, ließ 1555 die gotischen Turmspitzen durch flachere Dächer ersetzen, erhöhte den barocken Mittelturm auf seine heutigen 76 Meter und ergänzte im Inneren eine Türmerwohnung. Der Leipziger Architekt Johann Michael Senckeisen schuf zwischen 1730 und 1734 den Abschluss des Mittelturmes mit barocker Haube. Die spätgotische Kanzlei in der Nordkapelle der Nikolaikirche aus dem Jahr 1521 stammt noch aus Martin Luthers Zeiten und wird deshalb im Volksmund „Lutherkanzel“ genannt, obwohl der Reformator dort nie gepredigt haben soll. 1723 absolvierte Johann Sebastian Bach im Zuge seiner Bewerbung als Thomaskantor und städtischer Musikdirektor sein Orgelvorspiel der Kantate „Die Elenden sollen essen“ in der Nikolaikirche. Auch seine berühmte Johannes-Passion und das Weihnachtsoratorium mit dem Thomanerchor wurden in der Nikolaikirche uraufgeführt. An die Zeit Bachs erinnern noch heute das schlicht gehaltene Eingangsportal und die Turmhaube.

Klassizismus, Porsche und Clara Schumann unter einem Dach 


Der Umbau des Kircheninneren zum heutigen klassizistischen Erscheinungsbild im Geist der bürgerlichen Aufklärung erfolgte zwischen 1784 und 1797 unter der Leitung des Stadtbaumeisters Johann Carl Friedrich Dauthe. Dauthes Innengestaltung wurde maßgeblich durch die Architekturtheorie von Marc-Antoine Laugier beeinflusst. Die Umgestaltung zu einem modernen, hellen Predigtsaal mit der dominierenden Farbgebung Gold, Rosé, Weiß und Hellgrün zählt zu den bedeutendsten Raumschöpfungen des deutschen Klassizismus. Die ehemals spätgotischen Pfeiler wurden durch Stuckverzierungen in Form von stilisierten Palmwedeln zu antikisierenden Säulen umgestaltet. Neben dem Altarbild mit der Auferstehung Christi stammen rund 30 weitere Gemälde im Innern der Kirche vom damals bedeutendsten Maler und Bildhauer Leipzigs, Adam Friedrich Oeser. Der Chorraum wurde von Felix Pfeifer mit vier großflächigen Alabasterreliefs ausgestattet. Der Weißenfelser Orgelbauer Friedrich Ladegast ersetzte den Vorgängerbau von Johann Gottlob Trampeli 1862 durch eine neue Orgel mit 84 Registern auf vier Manualen und Pedal. Dabei handelt es sich noch heute um die größte Kirchenorgel Sachsens und zugleich Ladegasts wichtigstes Werk. Die spätere Erneuerung der Orgel durch die Firma Wilhelm Sauer belief sich auf rund 2,3 Millionen Euro. An der Finanzierung beteiligte sich die Porsche AG als Hauptsponsor, was mit dem edelstählernen Porsche-Schriftzug am Spieltisch der Orgel verewigt ist. Im Zuge der Sanierung wurden die Grabstellen der Kirche gänzlich überbaut. In den Gemäuern fand unter anderem der Theologe und Sympathisant Luthers, Petrus Mosellanus, 1524 seine letzte Ruhe.

Nach Abschluss der Umbau- und Renovierungsarbeiten im Jahr 1897 wurde die Kirche neu eingeweiht. Bei den im Turmaufgang ausgestellten Mauerresten des Portals aus dem Jahr 1170 sowie den grauen Steinen in der Kirchenmauer am Eingang handelt es sich um die ältesten Stücke Leipzigs. Die Nikolaikirche war die einzige Kirche, die während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 nicht als Lazarett umfunktioniert wurde. Am Abend des 19. Oktober 1813 fand in der Kirche der erste Gottesdienst nach Ende der Schlacht statt. Im Jahr 1817 wurde die Musikerin Clara Schumann in der Nikolaikirche getauft, 1838 heiratete der Leipziger Vater des Kleingärtnertums, Moritz Schreber, in der Kirche.

Außerhalb der Südsakristei der Kirche hängt in einer Wandnische ein überdimensioniertes Hufeisen. Dieses stammt der Überlieferung nach aus dem frühen 14. Jahrhundert, als der Markgraf Dietrich IV., genannt Diezmann, 1307 zum Gottesdienst nach Leipzig ritt und dort während der Christmette in der Thomaskirche ermordet wurde. Auf dem Weg nach Leipzig scheute sein Pferd und verlor das Hufeisen, das bis in die Nikolaikirche geschleudert wurde. Eine andere Überlieferung schreibt es dem Pferd des Heiligen Georg zu. Dieses soll das Hufeisen beim Kampf gegen den Drachen verloren haben. 

Der Weg zur Friedlichen Revolution im Herbst ‘89


Die Bedeutung der Nikolaikirche reicht weit über ihre Kunst- und Baugeschichte zurück. In den 1980er Jahren wurden unter dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ zahlreiche Veranstaltungen für die Abrüstung und Entmilitarisierung im Kalten Krieg organisiert. Im Rahmen der Friedensdekade fanden schließlich ab dem 20. September 1982 jeden Montag um 17 Uhr die Friedensgebete gegen das Wettrüsten in Ost und West statt, die durch Pfarrer Christian Führer und ab 1986 durch den Pfarrer der Lukaskirche, Christoph Wonneberger, koordiniert wurden. Als Symbol für die ersten Friedensgebete wurde rechts neben dem Hochaltar auf einem Ständer aus Metall ein einfaches Holzkreuz aufgestellt.

Trotz zahlreicher Sanktionsmaßnahmen und Einflussnahme vom Staat bot die Kirche einen der wenigen geistigen Freiräume in der DDR, welchen die Gemeinde unter dem Motto „Nikolaikirche – offen für alle“ nutzte. Die regelmäßig stattfindenden Friedensgebete waren ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur Überwindung der Teilung Deutschlands und ganz Europas – obwohl niemand dieses Ziel offenkundig ins Leben gerufen hatte. Am 7. Oktober 1989, dem 40. Jahrestag der DDR, wurde jeder Versuch des Protests gewaltsam von der Staatsmacht unterbunden. Der darauffolgende Montag, der 9. Oktober 1989, wurde schließlich zum entscheidenden Tag der Friedlichen Revolution. Rund 70.000 Demonstranten versammelten sich vor der Nikolaikirche und in der Innenstadt mit den Rufen „Wir sind das Volk!“ und „Keine Gewalt!“. Dieser Tag markierte das Ende der DDR und machte den Weg zur Einheit Deutschlands frei. 

Die Friedensgebete finden nach wie vor montags um 17 Uhr in der Nikolaikirche statt. Der Leipziger Autor Erich Loest setzte der Friedlichen Revolution in Leipzig mit seinem Bestseller-Roman „Nikolaikirche“ aus dem Jahr 1995 ein literarisches Denkmal. Das Buch spiegelt die tägliche Gespaltenheit der Menschen in der DDR in einer spannenden Familien-Saga auf lebendige Weise wider.

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Krochhochhaus in Leipzig

Goethestraße 2
Ortsteil: Zentrum

Das Krochhochhaus wurde als erstes Hochhaus der Stadt Leipzig und zugleich erstes privates Bankgebäude in dieser Größe in Deutschland errichtet. Es wurde 1927/28 auf Ansinnen des Bankiers Hans Kroch nach Entwürfen von German Bestelmeyer als Bankhaus im Stil des venezianischen Torre dell‘ Orologio geschaffen. Der 43 Meter hohe Bau prägt noch heute das Erscheinungsbild des Augustusplatzes. Seit 2010 beherbergt das Krochhochhaus das Ägyptische Museum der Universität Leipzig, dessen Eingang sich in der Theaterpassage befindet.

Vom Bauskandal zum ersten Hochhaus der Stadt


Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg versuchte die Weltmessestadt Leipzig das verlorengegangene Selbstbewusstsein zumindest symbolisch durch den Bau von Messepalästen und Hochhäusern nach amerikanischem Vorbild wiederzuerlangen. Während dieses Vorhaben zunächst an der Inflation scheiterte, setzte der Stadtbaurat Hubert Ritter wenig später mit seinem Konzept für einen Hochhausring um die Leipziger Innenstadt einen neuen Impuls. Der Bankier Hans Kroch griff die Idee auf und schlug vor, die Privatbank Kroch nach diesem Vorbild neu zu errichten. Am besten geeignet für ein solches Gebäude war der Augustusplatz, jedoch war dort lediglich das schmale Grundstück der Theaterpassage zwischen Konfektionshaus Bamberger & Hertz und der Dresdner Bank – ehemals Hotel „Schwarzes Bret“ – verfügbar. Den 1926 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb „zur Erlangung von Entwürfen für die städtebauliche Ausgestaltung des Augustusplatzes und für die architektonische Durchbildung des Bankhauses Kroch“ gewann der Münchner Architekt German Bestelmeyer. Sein ambitionierter Entwurf für ein alle anderen Bauten überragendes Hochhaus nach dem Vorbild des venezianischen Torre dell‘ Orologio rief bei den Bürgern der Stadt zunächst großen Widerstand hervor. Hintergrund war die Vorschrift, dass sämtliche Neubauten in der exponierten Innenstadtlage die Firsthöhe der bereits bestehenden Bauten nicht überschreiten dürften – schon gar nicht ein Privatbau. Der Entwurf wurde schließlich unter der Voraussetzung genehmigt, dass das Hochhaus die weiteren Gebäude nicht allzu aufdringlich überschreiten dürfe. So konzipierte Kroch die vier Etagen nach Erreichen der Normhöhe als Attrappen und überzeugte damit schließlich die Entscheider. Der 43 Meter hohe Komplex wurde 1927/28 als erstes Hochhaus der Stadt und zugleich erstes privates Bankgebäude in dieser Größe in Deutschland errichtet. Bestelmeyer schuf damit eines der Wahrzeichen Leipzigs, welches noch heute den Augustusplatz prägt, und gab zugleich den Auftakt für den Hochhausbau in Leipzig.

Venezianisches Flair auf dem Augustusplatz


Wer schon einmal auf dem Markusplatz in Venedig stand, dem kommt der imposante Bau des Krochhochhauses sehr bekannt vor – und das mit guten Grund: Der elfgeschossige kalksteinverkleidete Stahlbetonbau wurde nach dem Vorbild des Uhrturms am Markusplatz gestaltet. Passend dazu wurden dem Gebäude zwei bronzene Glockenschläger aufgesetzt. Sie galten zur Eröffnung 1928 als das größte Turmschlagwerk der Welt. Der Schmied Eugen Ehrenbock schuf die 3,30 m hohen Kupferfiguren nach Entwürfen des Bildhauers Josef Wackerle. Letzterer wollte damit einen harten oberen Abschluss des kantigen Gebäudes vermeiden. Der eine Glockenmann, ein Jüngling, schlägt aller 15 Minuten, der andere bärtige Alte schlägt jede volle Stunde. Das darunter gelegene Giebelfeld trägt, ganz im Geist der Handelsstadt, die lateinische Inschrift „Omnia vincit labor“ (Arbeit überwindet alles). Die Turmuhr der Leipziger Firma Berhard Zachariä auf Höhe des elften Obergeschosses wird von zwei reliefierten Löwen flankiert. Die Symbole Venedigs und zugleich Wappentiere Leipzigs spiegeln die Bedeutung und Macht des Bankhauses wider. Der Bezug Leipzigs und der einst dominierenden Welthandelsstadt Venedig war durchaus eine Verbidnung, die damals wie heute gefiel. An der Kugel oberhalb der Uhr werden können die Mondphasen abgelesen werden.

Altes Ägypten im ehemaligen Bankhaus 


In der Schalterhalle des ehemaligen Bankhauses Kroch in der Theaterpassage hat heute das Ägyptische Museum der Universität Leipzig sein Domizil. Die Halle stellt ein bedeutendes Interieur des Leipziger Art déco dar. Besonders eindrucksvoll ist auch der von Josef Wackerle geschaffene Neptunbrunnen aus Terrakotta mit der vergoldeten Figur des Meeresgottes. Im Jahr 2010 wurde das ehemalige Bankhaus zu einem Ort der Wissenschaft und der Forschung umgewidmet, der heute die größte und bedeutendste Universitätssammlung ihrer Art in ganz Deutschland beinhaltet. Die Sammlung setzt sich im Wesentlichen aus archäologischen Funden und Käufen des Ägyptologen und Museumsleiters Georg Steindorff zusammen und umfasst rund 7.000 Objekte. Diese stammen aus fünf Jahrtausenden, insbesondere aus dem unternubischen Aniba. Neben zahlreichen Statuen, alltäglichen Gegenständen und einigen Mumien bildet ein mumienartig gestalteter Sarg mit Hieroglyphen den Grundstock des Museums. Dieser wurde 1840 vom Professor für Archäologie der Universität Leipzig, Gustav Seyffart, in Triest erworben und zählt noch heute zu einer echten Rarität und Attraktion des Museums. 

Das Krochhochhaus hat bis heute nichts von seiner architektonischen Bedeutung eingebüßt. Der Bau wurde mit Muschelkalkplatten verkleidet und weist nur wenig figürliche Ornamentik auf, die auf die unterste und oberste Geschosszone beschränkt ist. Das gesamt Bildprogramm spiegelt die Lebenseinstellung des bodenständigen Bankiers wider und zeugt von seiner Einbindung in die Gesellschaft. Auf den kantigen, mit Naturstein verkleideten Betonsäulen des Eingangsbereichs entdeckt man beim näheren Hinschauen einen symbolischer Bildschmuck. Dieser wurde in der Art frühzeitlicher Ritzzeichnungen ausgeführt. Im Untergeschoss befindet sich die Theaterpassage mit zahlreichen Geschäften. Sie wurde damals so benannt, weil sie unmittelbar zum gegenüberliegenden Neuen Theater auf dem Augustusplatz führte. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg 1943 zerstört. An gleicher Stelle wurde bis 1960 das heutige Opernhaus errichtet.

Bildergalerie - Krochhochhaus in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Krochhochhaus in Leipzig

Johannapark in Leipzig

Ferdinand-Lassalle-Straße / Karl-Tauchnitz-Straße / Edvard-Grieg-Allee
Ortsteil: Zentrum-West

Der Johannapark ist eine 11 Hektar große Parkanlage am Innenstadtring. Diese wurde zwischen 1858 und 1863 vom Bankier Wilhelm Theodor Seyfferth zu Ehren seiner verstorbenen Tochter Johanna in Auftrag gegeben und im englischen Stil gestaltet. Der Park gilt als wichtiges Denkmal der Gartenkunst, welches von Peter Joseph Lenné, einem der berühmtesten Städtebauer und Gartengestalter, konzipiert wurde. Die Anlage bildet gemeinsam mit dem Clara-Zetkin-Park und dem Palmengarten eine zusammenhängende Parklandschaft. 

Von Feuchtwiesen und Heugewinnung


Die Entstehung des Johannaparks reicht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, als Wilhelm Theodor Seyfferth das Areal im Jahr 1853 erwarb: Zu diesem Zeitpunkt war der westliche Teil der Stadt noch von zahlreichen alten Bürgergärten gesäumt, umgeben von feuchten und regelmäßig überschwemmten Auewiesen, die zur Heugewinnung genutzt wurden. Diese Wiesen wurden damals über die hölzerne Heubrücke über der Alten Pleiße erreicht, bei der es sich um den späteren Eingang zum Johannapark handelte. An der Stelle der Heubrücke wurde später der Johannaparkweg angelegt. Dieser ermöglicht heute eine direkte Fahrverbindung bis nach Plagwitz und Connewitz.

Ein Park für Seyfferths Johanna


Den Anstoß zur Errichtung des Parks gab der frühe Tod von Seyfferths ältester Tocher Johanna Nathalie Seyfferth. Der Überlieferung nach musste sie einen Bankier aus Seyfferths Bankhaus heiraten, obwohl ihre Liebe eigentlich dem Gutsbesitzer von Dornreichenbach galt. An diesem Konflikt zerbrach Johanna körperlich und seelisch und verstarb kurze Zeit später an „gebrochenem Herzen“, wie es hieß. In seiner Trauer gab Seyfferth auf dem 1853 gekauften Grundstück einen Park zu Ehren seiner Tochter in Auftrag. Der Bankier wandte sich mit seinem Vorhaben an den Stadtrat mit den Worten „Die Idee, von einem für meine verstorbene Tochter disponiert gewesenem Kapitale, eine Stiftung zu begründen, die nicht bloß ihren Namen sondern auch die vorherrschende Richtung ihres Charakters ‚Andern Freude zu machen‘ verewigen würde, hat mich veranlaßt, die Wiese der Frau Professor Schwägrichen am Kuhstange zu kaufen. Sie in einen Park zu gestalten und diesen Johannapark zu nennen ist meine Absicht.“

Für die gestalterische Umsetzung des Parks wandte sich Wilhelm Theodor Seyfferth an den Landschaftsparkgestalter Peter Joseph Lenné, der ihm bereits im selben Jahr eine erste Konzeption mit Planentwurf nach Seyfferts Vorstellungen vorlegte: Dieser beinhaltete eine zentrale, auf den heutigen Rathausturm ausgerichtete Sichtschneise mit rahmenden Gehölzstrukturen. Anstelle eines anfangs geplanten Flusslaufes durch die Parkanlage sah Lenné auf der sumpfigen Wiese einen kleinen Teich mit Insel und Brücke vor. Für die Umsetzung des Parks kaufte Seyfferth weitere Grundstücke hinzu, darunter Teile der ehemaligen Thomaswiese und der früheren Universitätswiese. Letztlich umgesetzt wurde das Vorhaben vom Leipziger Ratsgärtner Carl Otto Wittenberg, der zuvor als Schüler Lennés für die Arbeiten am Schillerpark zu Rate gezogen wurde. Wittenberg veränderte zwar einige Details in der Konzeption von Lenné, behielt aber die wesentliche Gestaltungsgrundlage bei.

Mit der Fertigstellung im Jahr 1863 übergab Seyfferth den Park der öffentlichen Nutzung. Mit seinem Tod 1881 übereignete er diesen der Stadt und verband mit der Schenkung die Forderung, das Areal niemals zu bebauen, den Namen „Johannapark“ beizubehalten und in alter Schönheit zu bewahren.

Der Johannapark vor und nach dem Krieg


Nach der Übereignung des Parks an die Stadt, ließ der Ratsgärtner Wittenberg die Wege ausbessern sowie die Pflanzungen und Wiesen überarbeiten. 1882/83 erhielt der Teich eine Fontäne. Mit Verlegung des „Schreberplatzes der Westvorstadt“ auf der Thomaswiese wurde der Park bis zur Bismarckstraße, die heutige Ferdinand-Lassalle-Straße, erweitert. Im südwestlichen Teil des Parks wurde 1897 das Bismarckdenkmal von den Bildhauern Adolf Lehnert und Josef Mágr erbaut, welches 1946 demontiert wurde. An seiner Stelle wurde im Jahr 1967 das Clara-Zetkin-Denkmal in Form eines Bronzestandbilds errichtet. Dieses entstand nach einem Entwurf des Leipziger Bildhauers und Professors Walter Arnold zu Ehren des 110. Geburtstages der Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin.

Dank der strengen Testamentsbestimmungen Seyfferths blieb der Johannapark bis zum Zweiten Weltkrieg beinahe unverändert erhalten. Während des Krieges wurden große Teile der Villenbebauung an der Weststraße, heute Friedrich-Ebert-Straße, zerstört. In diesem Zuge wurde der Park um die Flächen einiger Villengärten erweitert. Ende der 1990er Jahr wurde der Johannapark unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erneuert und in seinen historischen Strukturen wiederhergestellt.

Bummel durch die Parkhistorie: Denkmäler, Pavillon und Bogenbrücke


Neben dem Clara-Zetkin-Denkmal im südwestlichen Bereich des Parks wurde 1896 zu Ehren des Parkstifters Wilhelm Theodor Seyfferths das Seyfferth-Denkmal im nordöstlichen Teil des Parks errichtet. Der zwei Meter hohe Granitsockel vom Leipziger Architekten Hugo Licht trägt die Aufschrift „Dem Stifter des Johannaparkes die dankbare Stadt“. Die auf dem Sockel befindliche Marmorbüste wurde nach einem Entwurf des Leipziger Bildhauers Melchior zur Straßen schließlich vom Bildhauer Otto Schütze umgesetzt.

Unweit des Seyfferth-Denkmals befindet sich die zwischen 1884 und 1887 erbaute Lutherkirche. Diese setzt im Park einen architektonischen Akzent im neugotischen Stil. Außen am Chor der Kirche befindet sich ein Wandgrabmal der Familie Seyfferth. Das Familienbegräbnis wurde 1927 vom Alten Johannisfriedhof an diese Stelle umgebettet. Der Grabstein an der Kirchenwand aus dem Jahr 1838 stammt vom Bildhauer Friedrich Funk und stellt eine Nachbildung des Grabmals der Stuarts von Canova im Petersdom in Rom dar. An der Stelle des ehemaligen Parkwächterhäuschens steht heute der Pavillon aus dem Robert-Koch-Park. Er wurde 1988 nach vollständiger Rekonstruktion an diese Stelle im Johannapark verlegt. Die zwei hölzernen Bogenbrücken über dem Teich wurden 2017 nach historischem Vorbild neu gefertigt und prägen, damals wie heute, das romantische Parkbild. 

Im Jahr 1996 wurde der Leipziger Unternehmer Walter Cramer, der am 20. Juli 1944 am gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler beteiligt war, mit einem Denkmal geehrt. Die Stele aus schwarzem Granit wurde vom Bildhauer Klaus Friedrich Messerschmidt geschaffen.

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Gohliser Schlösschen in Leipzig

Menckestraße 23
Ortsteil: Gohlis-Süd

Das Gohliser Schlösschen wurde zwischen 1775 und 1780 vom Ratsbaumeister Johann Caspar Richter als bürgerlicher Sommerlandsitz erbaut und gehört zu den einzigartigen sächsischen Kleinoden und Höhepunkten der Rokoko-Architektur in Leipzig. Besonders sehenswert ist der von Adam Friedrich Oeser 1771 ausgemalte Festsaal mit dem Deckengemälde „Triumph der Psyche“. Bei dem Schlossgarten mit zentralem Zierbrunnen handelt es sich um den letzten erhaltenen Garten der einst berühmten Leipziger Gartenkultur des Barocks. Heute finden im Gohliser Schlösschen kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen sowie Hochzeiten statt.

Vom Sommerlandsitz zum Rokoko-Schlösschen


Die Geschichte des Gohliser Schlösschen reicht über 250 Jahre zurück, als Leipzig noch von einem übelriechenden Wassergraben umgeben war, welcher für schlechte Luft und eine Mückenplage sorgte. Um dem zu entkommen, zog es viele Leipziger in den lauen Sommermonaten hinaus aufs Land in das 20 Minuten entfernte Dorf Gohlis mit weitaus frischerer Luft. Die reicheren Bürger leisteten sich hier ein Sommerhaus. Im Jahr 1755 beauftragte der Leipziger Kaufmann und Ratsbaumeister Johann Caspar Richter den Dresdner Oberlandbaumeister und Begründer des Barocks, Christoph Knöbel, mit dem Bau eines Sommerlandsitzes im Dorf Gohlis. Die Entwürfe dafür werden Friedrich Seltendorff und Johann Christoph Knöffel zugeschrieben. Auch George Werner, der bedeutendste Baumeister des Leipziger Spätbarocks und Rokoko, soll um 1755/56 am Bau des Schlösschens mitgewirkt haben. Da Leipzig zwischen 1756 und 1763 im Siebenjährigen Krieg von preußischen Truppen besetzt wurde, mussten die Innenausbauten zunächst unterbrochen werden. Noch bevor es mit dem Bau weiterging, verstarb Richter. Seine Witwe heiratete wenig später den Geschichtsprofessor der Universität Leipzig, Johann Gottlob Böhme, der das Schlösschen 1780 vollenden ließ. Mit der malerischen Ausgestaltung des Salons wurde der damals prominenteste Leipziger Maler, Adam Friedrich Oeser, beauftragt. Zwischen 1781 und 1792 lebte der Justizrat Johann Hieronymus Hetzer im Schloss. Als Liebhaber der Künste machte er das Schlösschen zum „Musenhof am Rosental“. In dieser Zeit wurde das damals noch vor den Stadttoren gelegene Gohliser Schlösschen als geistiges Zentrum angesehen. In den prunkvollen Gemäuern verkehrten angesehene Bürger, darunter der Verleger Georg Joachim Göschen, der Schriftsteller Christian Gottfried Körner und der Dichter Friedrich Schiller.

Im Jahr 1793 wurde das Gohliser Schlösschen an die Stadt Leipzig übereignet unter der Bedingung, für dessen Erhalt und Verschönerung zu sorgen. Während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurde das Schloss geplündert und diente als Militärhospital. 1832 wurde das Areal an die Familie des Halberstädter Domherrn Karl Wilhelm Rudolf von Alvensleben verkauft und 1864 vom Leipziger Kaufmann Christoph Conrad Nietzsche erworben, der auch die Renovierung des gesamten Schlosses veranlasste. 1906 erwarb die Stadt Leipzig das Schloss zurück. Nach einer durch den Stadtrat Friedrich August Hauptmann und den damaligen Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler initiierten Sanierung und einem teilweisen Umbau 1934/35 wurde das Gohliser Schlösschen schließlich als „Haus der Kultur“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Durch Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg musste das Areal umfassend saniert werden, bevor zwischen 1950 und 1985 Teilbereiche des Schlösschens vom Bach-Archiv Leipzig genutzt wurden. Im Jahr 2003 übernahm der Freundeskreis „Gohliser Schlösschen“ e.V. zunächst den Veranstaltungsbetrieb und wurde 2005 schließlich zum Betreiber.

Sächsisches Kleinod zwischen Parthe und Rosental


Der fünfachsige Haupttrakt des Gohliser Schlösschens besteht aus einer etwa 40 Meter langen Dreiflügelanlage, die sich zwischen Poetenweg und Menckestraße befindet und im Süden von der Parthe begrenzt wird. Das prächtige schmiedeeiserne Tor zur Menckestraße gehörte einst zur bürgerlichen barocken Gartenanlage Gerhards Garten und wurde um 1936 an die heutige Stelle versetzt. Zur Hofseite hin ist das Gebäude eingeschossig gebaut, zur Gartenseite in Richtung Rosental zweigeschossig. Der Bau wird von einem Mansardgeschoss mit Dacherkern und zahlreichen Schmuckelementen des Rokokos abgerundet, welche dem Schlösschen eine vornehme Eleganz verleihen. Den Mitteltrakt schmückt ein 56 Meter hoher, markanter Turmaufbau mit Uhr und Zwiebelhaube. Die Wetterfahne mit den Initialen „C R“ und der Jahreszahl 1756 erinnert an das Baujahr und den einstigen Bauherrn, Caspar Richter. Der Turm war ehemals ein Sichtpunkt, auf den eine der 13 strahlenförmig verlaufenden Alleen des von August dem Starken im Rosental geplanten Schlosses 1707 ausgerichtet war. 

Barocke Atmosphäre im Oesersaal erleben


Durch den langen Zeitraum zwischen Errichtung und Ausbau des einstigen Landhauses präsentiert sich die Inneneinrichtung des Gohliser Schlösschens heute im Stil des 18. Jahrhundert mit bürgerlichem Inventar aus der Zeit um 1900. Sie ist weniger vom Rokoko, sondern mehr vom Klassizismus geprägt. Auf jeder der drei Etagen im Mittelbau befindet sich ein Saal. Das Treppenhaus und die Zimmer neben den imposanten Sälen sind eher schlicht gehalten. Der als Memorial gestaltete Steinsaal im Erdgeschoss ist mit einem klassizistischen Denkmal mit Urne und Schrifttafel in Gedenken an die Bauherren Richter und Böhme ausgestattet. Er ist von der Gartenanlage aus begehbar und wird für Trauerfeiern im würdigen Rahmen genutzt. Im Geschoss darüber befindet sich der imposante Festsaal, der von Adam Friedrich Oeser malerisch ausgestaltet wurde. Das von ihm geschaffene, illusionistische Deckengemälde „Lebensweg der Psyche“ wurde, ebenso wie die Landschaftsgemälde an den Wänden, im Zuge der Restaurierung in den späten 1990er Jahren wiederhergestellt. Im Türbereich befinden sich zusätzlich zwei abendliche Phantasielandschaften, die ebenfalls von Oeser geschaffen wurden. Durch die deckenhohen Fenster im Saal dominiert ein helles, angenehmes Licht, welches mit den zarten Pastelltönen harmoniert und die heitere Stimmung des Rokokos verkörpert. Der Oesersaal wird heute für kulturelle Veranstaltungen und Konzerte sowie für standesamtliche Trauungen genutzt. Im Obergeschoss des Gohliser Schlösschens ist eine Bibliothek mit verglasten Wandschränken untergebracht.

Spaziergang durch den letzten erhaltenen Bürgergarten des Barocks


Der Schlossgarten wurde einst als kleiner Rokokogarten angelegt und später zum englischen Landschaftspark umgestaltet. Dabei handelt es sich um den letzten erhaltenen Bürgergarten der einst berühmten Leipziger Gartenkultur des Barocks. Heute befindet sich hier neben dem zentralen Zierbrunnen das von Adam Friedrich Oeser konzipierte Gellert-Sulzer-Denkmal aus dem Jahr 1935. Dabei handelt es sich um einen klassizistischen Stein, der an den berühmten Dichter Christian Fürchtegott Gellert und den Schweizer Theologen und Philosophen der Aufklärung, Johann Georg Sulzer, erinnert. Er trägt die Inschrift: „Durch Weisheit und Tugend unvergesslich“. Außerdem befindet sich das Friedrich-August-Denkmal zu Ehren des sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. im Schlossgarten, welches um 1936 vom Königsplatz an die heutige Stelle versetzt wurde. Am Wasserbecken befinden sich die vom Dresdner Bildhauer Pierre Coudray geschaffenen Skulpturen des römischen Gottes Vertumnus und seiner Frau, der Göttin Pomona. Unweit des Hauptgebäudes gibt es zwei Anbauten. Das westliche Gebäude beherbergte einst die Orangerie, in dem östlichen befanden sich die Kegelbahn und das Billardzimmer. Hier ist heute ein Café untergebracht.

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Historisches Bildmaterial - Gohliser Schlösschen in Leipzig

Deutsches Kleingärtnermuseum – Schrebergärten in Leipzig

Aachener Straße 7
Ortsteil: Zentrum-West

Leipzig weist deutschlandweit mit über 270 Kleingartenanlagen und über 39.000 Parzellen auf einer Fläche von rund 1.240 Hektar prozentual gesehen die größte Dichte an Kleingärten auf. Das entspricht mehr als 30 Prozent der Grünflächen in der ganzen Stadt. Nicht umsonst gilt Leipzig in Anbetracht dieser Dimensionen als heimliche Hauptstadt der deutschen Kleingärtner. Hinzu kommt, dass sich im Vereinshaus des 1864 gegründeten Kleingärtnervereins Dr. Schreber, dem ältesten Schreberverein überhaupt, das weltweit einzigartige Deutsche Kleingärtnermuseum befindet. Am authentischen Ort informieren neben der Dauerausstellung und häufigen Sonderausstellungen die drei begehbaren Außenanlagen über die Entwicklung der „kleinen Gärten“.

Kleingärten für Erholungssuchende


Bereits seit dem Mittelalter gab es zahlreiche Bürgergärten vor den Toren der Stadt. 1832 entstand aus der Geländesenke „Johannistal“ in der südöstlichen Vorstadt von Leipzig eine Gartenfläche, welche von erwerbslosen Arbeitern erschlossen wurde. Hier befindet sich bis heute die älteste Kleingartenanlage Sachsens und die zweitälteste Deutschlands. Sie wird vom Kleingartenverein Johannistal 1832 bewirtschaftet, der noch heute 141 unter Denkmalschutz stehende Gärten von ehemals 221 besitzt.

Infolge der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert und der starken Urbanisierung wurden die Wohnverhältnisse in den deutschen Städten immer prekärer und der allgemeine Gesundheitszustand der Bevölkerung verschlechterte sich gravierend. Das Bedürfnis nach Kleingärten zur Entzerrung der Wohnsituation und zu Erholungszwecken wurde seitens der Bürger immer lauter. Infolgedessen entstand in Deutschland das organisierte Kleingartenwesen, insbesondere in Sachsen und Berlin. Ausgehend vom 19. Jahrhundert wurden Gartenanlagen angelegt und es entwickelte sich ein ausgeprägtes Gemeinschaftsleben. Zu dieser Zeit handelte es sich um Vereine der Naturheilbewegung, Schrebergärten und Gartenanlagen von Fabriken und Institutionen. Jeder Achte der heutigen Leipziger Kleingartenvereine wurde bereits im 19. Jahrhundert gegründet.

Wiege der Schreberbewegung


Richtungsweisend für die heute bekannten Schrebergärten war die Schreberbewegung ab Mitte des 19. Jahrhundert. Aufgrund des Namens ist die Auffassung weit verbreitet, dass der Leipziger Arzt und Pädagoge Daniel Gottlob Moritz Schreber maßgeblich für die Erfindung der Schrebergärten verantwortlich war. Tatsächlich war es aber sein Schwiegersohn und zugleich Schuldirektor Ernst Innocenz Hauschild, auf den die Entstehung der Schrebergärten zurückgeht. Schreber beschäftigte sich seinerzeit mit Fragen der Volksgesundheit und der Erziehung und setzte sich dafür ein, im Freien Spielplätze zu bauen, damit sich Kinder und Jugendliche unter pädagogischer Anleitung körperlich betätigen konnten. Erst auf Initiative von Hauschild, der diesen Ansatz wieder aufgriff, wurde 1864 der erste Erziehungsverein unter dem Namen „Schreberverein“ gegründet. Der Verein errichtete zudem einen Spiel- und Turnplatz nördlich des Johannaparks, um den Mangel an Spielmöglichkeiten auszugleichen. 1869 ließ der pensionierte Lehrer Carl Ludwig Gesell am Rande des Spielplatzes Kinderbeete anlegen, in denen die Kinder das Gärtnern lernen sollten. Als diese aber schnell die Freude am Gärtnern verloren, griffen die Eltern selbst zu Hacke und Spaten und aus den Kinderbeeten an der Schreberschen Spielwiese wurden Familienbeete. Die Beete wurden parzelliert, umzäunt und mit Lauben ausgestattet. Damit schlug die Geburtsstunde des Schrebergartens. 

Charakteristisch für die heutigen Schrebervereine ist der zentrale Gemeinschaftsbereich mit Spielmöglichkeiten, welcher der Allgemeinheit offensteht. Auch Nicht-Kleingärtner können die Kleingartenanlagen nutzen. Innerhalb der Leipziger Anlagen gibt es ca. 110 öffentliche Spielplätze. Die ursprüngliche Struktur der Gärten mit gemeinschaftlicher Spielwiese im Zentrum der Anlage ist heute noch im „Schreberverein Leipzig-Lindenau“ sowie in den Kleingartenanlagen „Südvorstadt“ und „Dr. Schreber“ erkennbar.

Besuchermagnet: Deutsches Kleingärtnermuseum


Bei dem 1864 gegründeten „Kleingärtnerverein Dr. Schreber“ handelt es sich um den ältesten Schreberverein, der Ursprung für alle weiteren Schrebervereine ist. Die Kleingartenanlage steht unter Denkmalschutz und verfügt über 160 Parzellen mit einer durchschnittlichen Größe von 165 Quadratmetern. Weiterhin gibt es eine große und eine kleine Vereinswiese mit historischen Spielgeräten für Kinder. Bis heute prägt der Verein die Geschichte der Kleingärtnerbewegung. Dazu trägt als Besuchermagnet das weltweit einzigartige Deutsche Kleingärtnermuseum bei, das sich im ehemaligen Vereinshaus befindet. Dieses wurde 1896 vom Architekten Carl Fischer errichtet. Die Kosten von 22.000 Mark konnten durch Spenden und private Darlehensscheine gedeckt werden. Nach zehnmonatiger Bauzeit wurde das Vereinshaus eingeweiht und in der Presse als „Zauberschlösschen“ bezeichnet. Ursprünglich war das Fachwerkgebäude mit Schiefer gedeckt. Nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde ab 1992 der markante Turm wieder aufgebaut und das Haus saniert. Anschließend konnte am 23. August 1996 in der ersten Etage das Deutsche Kleingärtnermuseum eröffnet werden. Den Besuchern wird seitdem die Geschichte des organisierten deutschen Kleingartenwesens von den Anfängen bis zur Gegenwart nähergebracht. Zur Ausstellung gehören der nach dem Vorbild eines Kleingartens um 1900 umgesetzte Museumsgarten, der mit historischen Bänken und Spielgeräten ausgestattete „Schreberplatz“ sowie historische Lauben aus Sachsen. 

Bereits in den 1920er Jahren bestand die Idee, eine Ausstellung zur Geschichte des ersten Schrebervereins zu präsentieren, die auch zur DDR-Zeit weiterverfolgt wurde. Doch erst 1992 konnte mit der Gründung des Vereins „Deutsches Museum der Kleingärtnerbewegung“ und der Rekonstruktion der oberen Etagen im Vereinshaus das Fundament gelegt werden. Bereits 1993 gab es die erste Sonderausstellung. Im Jahr 2000 wurde der Museumsgarten eröffnet, der nach Vorbildern der Zeit um 1900 gestaltet ist. Die neue Dauerausstellung „Deutschlands Kleingärtner vom 19. zum 21. Jahrhundert“ zog nach ihrer Eröffnung 2001 viele Besucher an. Seit 2008 wird sie durch jährlich wechselnde Kabinettausstellungen ergänzt. Im Jahr 2004 wurde der Laubengarten in der Außenanlage des Museums für die Besucher zugänglich gemacht und zeigt vier historische Gartenlauben. Der dritte Schaugarten eröffnete 2014 im Jubiläumsjahr „150 Jahre Schreberbewegung“ und zeigt anhand von Gartengestaltung und Laubeneinrichtung die Nutzung der Kleingärten um 1980 in der DDR. Datschen und Kleingärten hatten während dieser Zeit einen hohen Freizeitwert. So kamen im Sommer 1989 auf 13 Millionen erwachsene Ostdeutsche rund 2.6 Millionen Wochenendgrundstücke und rund 855.000 Kleingärten. 

Im Vereinshaus befindet sich die beliebte Gaststätte Schrebers – Restaurant und Biergarten, die neben dem urigen Restaurant einen großen Biergarten direkt an der Festwiese betreibt. In der Kleingartensparte gegenüber dem Vereinshaus steht das Schreber-Hauschild-Denkmal

Einen Ausflug wert: Leipzigs Gartenlokale


Wer zur Abwechslung mal nicht sein Stammlokal um die Ecke besuchen möchte, sondern es vorzieht, im Grünen an frischer Luft rustikal zu speisen und ein kühles Bier zu genießen, dem bieten sich vor allem während der Sommermonate viele Möglichkeiten in Leipzig. Abseits der bekannten Pfade beherbergen die über 270 Kleingartenanlagen rund 70 Gartenlokale, von denen viele historisch bedeutsam sind.

Bildergalerie - Deutsches Kleingärtnermuseum – Schrebergärten in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Deutsches Kleingärtnermuseum – Schrebergärten in Leipzig

Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig

Deutscher Platz 1
Ortsteil: Zentrum-Südost

Die Deutsche Nationalbibliothek wurde 1912 als zentrale Archivbibliothek des gesamten deutschen Schriftguts im In- und Ausland gegründet. Gemeinsam mit ihrem zweiten Standort in Frankfurt am Main umfasst der Bestand derzeit mehr als 39 Millionen Objekte, was sie zur größten Bibliothek Deutschlands macht.

Die Entstehung des kollektiven Gedächtnisses der Nation 


Die Deutsche Nationalbibliothek wird durch eine ovalflächige Grünfläche mit doppelreihiger Lindenumpflanzung von den zwei gegenüberliegenden Nachbarbauten, dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und dem Biotechnologisch-Biomedizinischem Zentrum, auch Biocity Leipzig, getrennt.

Die Initiative für den Bau der Deutschen Nationalbibliothek, ehemals Deutsche Bücherei, ging im Jahr 1909 vom Börsenverein der Deutschen Buchhändler aus.
Leipzig hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts zur weltweit bedeutendsten Stadt für Handelsmessen und das Buchgewerbe entwickelt. Bereits im 18. Jahrhundert waren alle der Buchbranche angehörenden Institutionen in der Buchstadt ansässig. Aus diesem Grund lag die Entscheidung nahe, die Deutsche Bücherei 1912 ebenfalls in Leipzig anzusiedeln. Letztere nahm am 1. Januar 1913 ihren Betrieb zunächst provisorisch als Buchhändlerbörse auf, da sich der Neubau der Bibliothek durch Uneinigkeiten zum Standort verzögerte. Seitdem machte es sich die Deutsche Bücherei zur Aufgabe, das deutschsprachige Schriftgut aus dem In- und Ausland vor Ort lückenlos zu sammeln, zu archivieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 

Das imposante Hauptgebäude wurde zwischen 1914 und 1916 nach Plänen des Dresdner Architekten Oskar Pusch unter dem Baumeister Karl Schmidt und dem Leipziger Baurat Karl Julius Baer auf dem Deutschen Platz auf rund 4.000 Quadratmetern errichtet. Durch die Luftangriffe auf Leipzig im Zweiten Weltkrieg 1943 blieb die Deutsche Bücherei aufgrund der Brandschäden zunächst bis November 1945 geschlossen. Als Folge der deutschen Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in Frankfurt am Main 1946 die Deutsche Bibliothek als zweiter Standort für die Archivierung deutschsprachiger Literatur. Beide Einrichtungen in Leipzig und in Frankfurt am Main wurden mit der Wiedervereinigung des Landes 1990 wieder zu einer Institution zusammengefasst und tragen seit 2006 den Namen „Deutsche Nationalbibliothek“. 

Goethe, Bismarck und Gutenberg gaffen von historistischen Mauern


Die architektonische Gestaltung der Deutschen Nationalbibliothek entstand im Zuge der baulichen Erweiterungen und vereint verschiedene Stilepochen auf einem Areal: Vom Historismus der Gründerzeit über die Neue Sachlichkeit, den geradlinigen Bau der DDR-Moderne und den Zweckbau des Bücherturms bis hin zur Reform-Architektur der Gegenwart. Besonders charakteristisch ist das 1916 fertig gestellte Hauptgebäude im Stil der Frührenaissance. Der 120 Meter lange, konkav geschwungene Bau wirkt ebenso massiv wie elegant und besitzt neben den in die Fassade eingezogenen Rundturm-Vorsprüngen zu beiden Seiten ein reich geschmücktes Portal. Der bauplastische Schmuck hebt den kulturellen Anspruch seines Bauherrn hervor: Eine monumentale Freitreppe führt zu den drei Eingangstüren und flankierenden Fenstern hinauf, die beide mit vergoldeten, schmiedeeisernen Gittern verziert sind. Über den Türen begrüßen den Besucher die vom Dresdner Bildhauer Fritz Kretzschmar geschaffenen steinernen Gaffköpfe von Johann Wolfgang Goethe, Otto von Bismarck und Johannes Gutenberg. Diese stehen sinnbildlich für die Kunst, den Reichsgedanken und die Druckkunst. Oberhalb des Eingangsportals verteilen sich zwischen den Fenstern des 1. Stockwerks sechs allegorische Figuren, welche von Adolf Lehnert, Felix Pfeifer und Johannes Hartmann stammen. Sie stehen allegorisch für den Handel und die Wissenschaft und verkörpern Technik, Kunst, Justiz, Philosophie, Theologie und Medizin. Die Runderker tragen das sächsische und das Reichswappen. An der Fassade zu beiden Seiten der Figuren sind zwei Inschriften angebracht. Während die linke aus Friedrich Schillers Gedicht „Der Spaziergang“ stammt, handelt es sich bei der rechten um den Spruch von Minister Karl Friedrich Vitzthum von Eckstädt anlässlich der Grundsteinlegung des Bauwerks. Die reich gestaltete Fassade wird mit der vom Schlossermeister Hermann Kayser geschaffenen, schmiedeeisernen Uhr mit den goldenen Schriftzeichen vom Leipziger Buchkünstler Walter Tiemann oberhalb des Eingangsportals komplettiert.

Ein Blick hinter die Fassaden des achtgeschossigen Hauptgebäudes zeigt die reiche Innengestaltung der Bibliotheksräume. Die Wand im Eingangsbereich ist mit einem Glasmosaik von Max Seliger ausgestaltet. Das wertvollste Objekt ist das vom Jugendstilmeister Ludwig von Hofmann im großen Lesesaal geschaffene Gemälde „Der Brunnen des Lebens“. 

Der Weg zur größten Bibliothek Deutschlands


Die Deutsche Bücherei wurde zwischen 1934 und 2011 aufgrund des täglich um tausende Bücher wachsenden Bestands bereits vier Mal erweitert und um angrenzende Bauten ergänzt. Von 1934 bis 1936 wurde die Ostseite der Deutschen Bücherei erstmals in traditioneller Bauweise erweitert. Es entstanden zusätzliche Magazinflächen und der „Kleine Lesesaal“, der heutige Lesesaal für Naturwissenschaften.1959 wurde mit dem zweiten Erweiterungsbau an der Nordwestseite begonnen. Unter der Leitung von Gerhart Helmer entstand bis 1963 ein zusätzlicher Gebäudekomplex, welcher die ursprünglichen Planungen in seiner Gesamtkonzeption abrundete. 

Zwischen 1976 und 1982 entstand mit dem Bau der Büchertürme neben dem Hauptgebäude der dritte Erweiterungsbau der Deutschen Bücherei. Die vom Architekten Arnd Schultheiß konzipierten 55 Meter hohen und fensterlosen Türme mit weißgrauer Betonfassade beherbergen in fünf Magazinsegmenten, 14 Geschossen und neun Zwischengeschossen rund fünf Millionen Bände. Die Gleitschalungsbauweise orientiert sich nicht am historischen Gebäudeensemble, sondern an den Punkthochhäusern auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Aus einem europaweit ausgeschriebenen Architekturwettbewerb für einen vierten Erweiterungsbau ging im Jahr 2002 die Stuttgarter Architektin Gabriele Glöckler hervor. Dem Konzept „Umschlag. Hülle. Inhalt“ folgend entstand von 2007 bis 2011 ein Gebäude in Form eines stilisierten, liegenden Buchs aus Glas und Aluminium, welches alle Gebäudekomplexe zu einem Ensemble mit 240 Metern Fassadenlänge zusammenführt. Auf sechs über- und drei unterirdischen Stockwerken sind neben Magazinen und einem Lesesaal die Ausstellungsfläche des bereits 1884 gegründeten Deutschen Buch- und Schriftmuseums angesiedelt. Im Innenhof des Gebäudes wurde für das Deutsche Musikarchiv ein neuer Lesesaal entworfen und eingeweiht. 

Zusätzlich zur deutschsprachigen Literatur als eigentlichem Sammlungsgebiet der Bibliothek, gibt es auch eine Reihe von besonderen Sammlungen, die den Auftrag der Bibliothek ergänzen und abrunden. Dazu gehört die zwischen 1933 und 1945 aus Deutschland verbannte Exilliteratur, welche besonders intensiv gepflegt wird. In einem gesonderten Lesesaal wird Literatur zu den Themengebieten Holocaust, Shoah, Antisemitismus und Rassismus bereitgestellt.

Bildergalerie - Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig

Clara-Zetkin-Park in Leipzig

Ferdinand-Lassalle-Straße / Klingerweg / Wundtstraße / Karl-Tauchnitz-Straße
Ortsteil: Zentrum-West

Der Clara-Zetkin-Park ist mit 40,8 Hektar Fläche Leipzigs größte Parkanlage. Er befindet sich etwa zwei Kilometer südwestlich des Stadtzentrums und wurde nach der Frauenrechtlerin und Politikerin Clara Zetkin benannt. Seit seiner Einweihung stellt er eine wichtige Grünverbindung zwischen der Innenstadt und dem Auwald dar. In der Zeit von 1955 bis 2011 war er mit einer Fläche von 125 Hektar Leipzigs größter Park. Seit 2011 werden nur noch die Parkanlagen des vormaligen Volksparks im Scheibenholz und des König-Albert-Parks als Clara-Zetkin-Park benannt. 

Von der Galopprennbahn zur Parkanlage


Die Entstehung des Clara-Zetkin-Parks reicht bis ins Jahr 1876 zurück, als große Teile des Auwaldes wegen ihrer sumpfigen Bodenverhältnisse lange ungenutzt blieben. Zu dieser Zeit wurde nach Entwürfen des Ratsgärtners Carl Otto Wittenberg der waldartige Teil nördlich der Galopprennbahn als Volksgarten im Scheibenholz angelegt. Die Pferderennbahn repräsentierte zu dieser Zeit das neue Freizeitverhalten aller Bevölkerungsschichten und war Ausdruck des bürgerlichen Repräsentationsbedürfnisses. Zur Aufwertung des Scheibenholzes wurde eine waldartige Anlage mit verschiedenen Wegenetzen und Bepflanzungen geschaffen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der nördliche Teil des Parks von Bebauungsplänen bedroht. Carl Otto Wittenberg und Wilhelm Seyfferth, Stifter des benachbarten Johannaparks, konnten diesen entgegenwirken, sodass der durchgehende „grüne Gürtel“ von der Innenstadt über den Johannapark bis zum Auwald bestehen blieb. Als das Areal der früher an das Scheibenholz und an die Pleißeflutrinne angrenzenden Wiesen für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung im Jahr 1897 ausgewählt wurde, kam es zu einer ersten Umgestaltung der Parkstrukturen. Für diesen Zweck wurde eine 60.000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche angelegt, zu der ein großes Fontänebecken und das Gelände der heutigen Anton-Bruckner-Allee gehörten. Mit Ende der Ausstellung wurden auch die temporären Bauten wieder beseitigt und der Weg für einen Stadtpark geebnet. Carl Otto Wittenberg ergänzte und verfeinerte die Gestaltung des Parkgeländes, indem er u.a. die heute noch vorhandenen beiden Teiche und die Hauptallee mit einer vierreihigen Lindenbepflanzung anlegte.

Der Weg zum Kulturpark


Anlässlich des 25. Regierungsjubiläums des sächsischen Königs Albert von Sachsen wurde der Park 1898 zum „König-Albert-Park“ umbenannt. Wittenbergs Nachfolger Carl Hampel ergänzte aufwändige Schmuckpflanzungen und die Parterres zu beiden Seiten des Fontänebeckens. Im Jahr 1908 wurde westlich des Elsterflutbetts ein Pavillon aus Gerhards Garten platziert, der noch heute einen Akzent inmitten der weitläufigen Wiesenlandschaft setzt. Ab 1954 wurde der Bereich des König-Albert-Parks mit den benachbarten Anlagen zum „Zentralen Kulturpark Clara Zetkin“ zusammengefasst und zwischen 1955 und 1965 schrittweise ausgebaut. Hinzu kamen u.a. eine Parkgaststätte, die Dahlienterrasse und zahlreiche Liegewiesen.

Aus dem Zusammenschluss der Parks zum „Zentralen Kulturpark“ wurde dieser unter Einbezug von Kultur- und Sportanlagen im Sinne der Kulturparkbewegung weiterentwickelt. Es handelte sich vermutlich um die größte, nach diesen Gesichtspunkten gestaltete Anlage Deutschlands mit entsprechender Vorbildwirkung für andere deutsche Parks dieser Art. Nach dem Vorbild des Moskauer Gorki-Parks sollte die Anlage als Erholungsort für die Bevölkerung dienen. Bis 2011 zählten zum Clara-Zetkin-Park die historischen Parkanlagen Johannapark, Palmengarten, Volkspark Scheibenholz und König-Albert-Park. Seitdem gehören offiziell nur noch die Bereiche des ehemaligen König-Albert-Parks und des bisherigen Volksparks im Scheibenholz zum Clara-Park. Aus diesem Grund steht das Clara-Zetkin-Denkmal nicht mehr im Clara-Zetkin-Park, sondern im Johannapark.

Der Musikpavillon – ein kultureller Treffpunkt im Park


Ein beliebter Ausflugs- und Veranstaltungsort ist der Musikpavillon am heutigen Richard-Strauss-Platz im Clara-Zetkin-Park. Er wurde 1912 aus Mitteln einer Stiftung finanziert und prägt mit seiner markanten Jugendstilarchitektur die Umgebung. Seitdem fanden hier viele Orchesterkonzerte statt, die zur Unterhaltung der Bevölkerung im Grünen dienten und sich von Beginn an großer Beliebtheit erfreuten. In den Sommermonaten und bei schönem Wetter wurden die Konzerte von bis zu 2.000 Menschen besucht. Nach der Wende verfiel der historische Kulturstandort und sollte schon abgerissen werden. Der neue Pächter Eberhard Wiedenmann rettete das Kulturdenkmal 2004 und ließ es durch das Architekturbüro R. Keil denkmalgerecht sanieren. Heute wird der Musikpavillon vom Parkrestaurant genutzt und um einen großzügig angelegten Biergarten ergänzt. Neben den etwa 40 Veranstaltungen pro Jahr werden hier auch gemeinschaftlich Sportveranstaltungen geschaut.

Hier chillt das hippe Leipzig


Ein Knotenpunkt und beliebter Treffpunkt im Clara-Zetkin-Park ist die Sachsenbrücke über dem Elsterflutbett. Gemeinsam mit der Anton-Bruckner-Allee stellt sie eine autofreie Ost-West-Verbindung vom Leipziger Westen in die Innenstadt dar. Der Name der Brücke soll an den Seitenwechsel der sächsischen Truppen von Napoleon zu den Verbündeten in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 erinnern. Das erste Bauwerk an der heutigen Stelle der Sachsenbrücke entstand im Rahmen der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung 1897. Heute ist die Sachsenbrücke Kulturdenkmal und zugleich beliebter Treffpunkt junger Leipziger. Insbesondere in den lauen Sommermonaten sammeln sich hier Musiker, Tänzer und andere Künstler, während bunte Menschenmassen dicht auf den Bordsteinen sitzen und das Schauspiel beobachten. 

Ein weiterer Publikumsmagnet ist die 1955 errichtete Parkbühne. Bereits in den 1950er Jahren fanden hier regelmäßig Veranstaltungen statt, darunter Freilichtkino, sommerliche Theateraufführungen, Sommerfilmtage und Konzerte. Auch heute ist die Parkbühne Austragungsort zahlreicher Open-Air-Veranstaltungen, wie Konzert- und Kinoaufführungen. 

Am Bootsverleih im Scheibenholz, der sich direkt an der Galopprennbahn und deren beliebtem Biergarten befindet, kann man sich während der Saison Boote ausleihen und Leipzigs Wasserwege erkunden, ebenso vom Bootsverleih Klingerweg aus. Dort befindet sich das 1885 eröffnete Bootshaus Klingerweg des Rudervereins „Sturmvogel“, dessen Gründungsmitglied der Industriepionier Karl Erdmann Heine war. 

Der Clara-Zetkin-Park ist fester Bestandteil im Leipziger Veranstaltungskalender. Hier findet jährlich im Rahmen des Wave Gotik Treffens das Viktorianische Picknick statt. Auch das Leipziger Wasserfest lockt zwischen der Galopprennbahn, Sachsenbrücke und Anton-Bruckner-Allee tausende Besucher. Ebenfalls ein großer Publikumsmagnet ist die Ökofete als größte Umweltmesse Mitteldeutschlands, die mit zahlreichen Ständen auf der Anton-Bruckner-Allee und einem bunten Kulturprogramm Groß und Klein fasziniert.

Auch das Restaurant Glashaus im Clarapark ist seit den 1960er Jahren ein beliebtes Ausflugsziel der Parkbesucher. In den Sommermonaten öffnet der großflächige Biergarten, wo den Gästen regionale und saisonale Speisen und Getränke serviert werden. Für die Kinder wird es nicht langweilig, denn sie können sich unbeschwert im Grünen tummeln.

Bildergalerie - Clara-Zetkin-Park in Leipzig

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