Bildlexikon Leipzig

Romanushaus in Leipzig

Katharinenstraße 23 / Brühl 18 Ortsteil: Zentrum

Das Romanushaus wurde zwischen 1701 und 1704 von Johann Gregor Fuchs für Leipzigs Bürgermeister Franz Conrad Romanus erbaut. Das Stadtpalais gehört zu den Leitbauten sächsischer Barockarchitektur und gilt als prächtigstes Bürgerhaus der Stadt. 

Vom Bürgermeister Romanus und dem 150.000 Taler Betrug 


Die Geschichte des Romanushauses reicht bis ins späte 17. Jahrhundert zurück. Der in Leipzig geborene Franz Conrad Romanus arbeitete zu dieser Zeit als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt. Der sächsische Kurfürst Friedrich August I. wurde auf den jungen Advokaten aufmerksam und empfahl dem Leipziger Rat mit Nachdruck, diesen mit dem Bürgermeisteramt zu betrauen. Mit gerade einmal 30 Jahren trat Romanus schließlich im Jahr 1701 das Amt an. Während seiner Zeit als Bürgermeister setzte er sich für den Ausbau der kommunalen Infrastruktur ein: Nur vier Monate nach seinem Amtseintritt brachte er die Einführung der ersten öffentlichen Straßenbeleuchtung der Stadt auf den Weg und ließ später eine Kanalisation bauen. Während seiner zweiten Amtszeit begründete er über die Beschaffung städtischer Sänften und die Anstellung entsprechender Träger Leipzigs öffentlichen Nahverkehr und bewirkte dir Gründung des Armenamtes.

Romanus hatte schon längere Zeit mit dem Gedanken gespielt, sich in exponierter Lage ein prunkvolles Wohnhaus bauen zu lassen, welches seinem hohen Amt würdig war. 1698 erbte er das Eckhaus zwischen Katharinenstraße und Brühl und kaufte die drei angrenzenden Häuser dazu. Auf den Grundstücken der vier Vorgängerbauten ließ Romanus von 1701 bis 1704 vom Dresdner Ratsmaurermeister Johann Gregor Fuchs ein prächtiges Wohnpalais im Stil des Dresdner Barocks errichten. Die Baukosten beliefen sich auf 150.000 Taler – etwa die Hälfte dessen, was später die Dresdner Frauenkirche kosten sollte – und überstiegen deutlich die Vermögensverhältnisse des jungen Bürgermeisters. Um die Kosten decken zu können, erstellte er gefälschte Ratsschuldscheine. Als der Betrug aufflog, kannte August der Starke bei seinem Günstling keine Gnade und Romanus kam 1705 als Gefangener auf die Festung Königsstein, wo er nach 41 Jahren Haft 1746 starb.

Poesie und Seidenhandel in barocken Gemäuern


Nach der Inhaftierung von Romanus fiel das Stadtpalais in den Besitz seiner Ehefrau Christiana Maria. Die gemeinsame Tochter Christiana Mariana von Ziegler kehrte zu ihrer Mutter ins Romanushaus zurück und gründete dort einen der ersten literarisch-musikalischen Salons in Deutschland, welcher sich zur „Begegnungsstätte von Bürgern, Gelehrten und Künstlern“ entwickelte. Johann Sebastian Bach, der seit 1723 als Thomaskantor in Leipzig tätig war, vertonte 1725 neun ihrer geistlichen Kantaten-Dichtungen und ließ diese aufführen. Der Schriftsteller Johann Christoph Gottsched ernannte die „Zieglerin“ 1730 zum ersten und einzigen weiblichen Mitglied seiner „Deutschen Gesellschaft“ in Leipzig, wo sie zwei Mal den Preis der Poesie gewann.

Mit dem Verkauf des Romanushauses an den Hofrat Oertel verblieb es von 1735 bis 1770 im Oertelschen Familienbesitz, bis es 1770 an den Weinhändler George Wilhelm Richter veräußert wurde. Letzterer eröffnete 1772 im zweiten Obergeschoss des Romanushauses das vornehme „Richtersche Café“, welches zum Treffpunkt von Künstlern, Literaten und Verlegern wurde und in dem auch Friedrich Schiller des Öfteren zu Gast war. 1792 tagte in den barocken Gemäuern die erste gesellschaftliche Vereinigung des deutschen Buchhandels. Zwei Jahre später verkaufte Richter das Gebäude an den wohlhabenden französischen Kaufmann Jean Marc Albert Dufour-Féronce, der dort eine Seidenwarenhandlung betrieb. Dufour veranlasste eine umfassende Renovierung unter der Leitung von Johann Carl Friedrich Dauthe, bevor er das Haus 1795/96 bezog. Bis 1905 trug das Gebäude zwischenzeitlich den Namen „Dufoursches Haus“. Von 1906 bis 1907 wurde das barocke Palais vom Architekten Otto Paul Burghardt restauriert. Während einer weiteren Sanierung in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre wurden die Stuckdecken und die Hofflügel zerstört, welche Mitte der 1990er Jahren mitsamt der 1874 abgebrochenen Belvedere in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt wurden.

Putten, Stuckgirlanden und Belvedere im historischen Stadtkern


Mit dem Bau des Romanushauses legte der Ratsmaurer Fuchs den Grundstein für die Blütezeit des bürgerlichen Barock in Leipzig. Es galt seinerzeit in „Umfang wie Stil gleich neu und außerordentlich“ (Nikolaus Pevsner). Die Ausgestaltung spiegelt auch das Selbstbewusstsein des bürgerlichen Bauherrn auf eindrucksvolle Art wider. Fortan wurde etwa ein Drittel der städtischen Gebäude im barocken Zeitgeist erbaut oder umgebaut. 

Über dem sockelartigen Erdgeschoss des Romanushauses, in welchem sich einst Kaufgewölbe für den Messehandel befanden, erheben sich drei verschieden hohe Obergeschosse. In diese gelangt man über eine geradläufige Treppenanlage mit Figurennischen. Der barocke Bau ist mit typischen Schmuckelementen wie Girlanden an den Eingängen, Giebeln und Fensterbrüstungen dekoriert. Die Nordfassade am Brühl wird mit ihren dreizehn Fenstern von mehreren Risaliten geschmückt. Der Mittelrisalit vor den Obergeschossen ist von vier angedeuteten Säulen mit ionischen Kapitellen und prachtvoll ornamentierten Dachgiebeln ausgestaltet. Oberhalb des Mittelrisalits befinden sich die Figuren der Minerva und der Fama. Die Brüstungsfelder zeigen liegende Putten, Festons sowie überkreuzte Palm- und Blätterzweige. Besonders eindrucksvoll ist das Belvedere nach italienischem Vorbild über dem Mansarddach, welches sich als optisch separates Aussichtsgeschoss mit dem Sommersaal über dem Gebäude erhebt. Im ersten Obergeschoss der sechs Fenster breiten Ostfassade auf der Katharinenstraße befindet sich ein Balkon, während der darüberliegende Mittelteil in einem breiten barocken Dachgiebel abschließt.

Vom Merkur in der Wandnische


Zwischen Nord- und Ostfassade ist ein zweigeschossiger Eckerker mit einem Balkon auf Höhe des zweiten Obergeschosses zu sehen. Darunter befindet sich in einer von zwei Säulen flankierten Wandnische die Merkur-Statue, dem griechischen Gott des Handels und der Diebe. Diese wurde vom Dresdner Hofbildhauer Balthasar Permoser geschaffen. Mit der Fertigstellung des Romanushauses befand sich die Statue allerdings noch nicht an ihrem heutigen Platz in der Wandnische, sondern wurde zunächst 1752 im Schlosspark Schwerin aufgestellt. Nachdem die Figur in den 1950er Jahren durch eine Kopie ersetzt wurde, gelangte das Original schließlich nach Leipzig und schmückte die Nische des Romanushauses bis in die 1990er Jahre. Als die Stadt Schwerin den Merkur zurückverlangte, wurde auf Anregung der Kulturstiftung Leipzig ein entsprechender Nachguss vom Bildhauer Markus Gläser geschaffen und 2006 an derselben Stelle wieder aufgestellt. 

Heute beherbergt das Romanushaus das ur-sächsische Restaurant Romanushof, wo die Gäste saisonale und regionale Spezialitäten genießen können. Neben sächsischer Hausmannskost werden auch königliche Leibspeisen aus längst vergangener Zeit serviert, darunter hausgebackene Brote, deftige Bierhappen und saftige Rinderbraten. In den lauen Sommermonaten lädt der idyllische Innenhof zum Verweilen und Genießen in historischem und mediterranem Flair ein.

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Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.
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