Das Bach-Museum befindet sich seit seiner Gründung 1985 im Bosehaus am Thomaskirchhof. Die multimediale und interaktive Dauerausstellung widmet sich dem Leben und Wirken Johann Sebastian Bachs und seiner Familie und rückt seine Bedeutung für die Musikstadt Leipzig in den Fokus.
Authentische Atmosphäre im Bosehaus
Der Name Johann Sebastian Bach prägt maßgeblich die kulturelle Identität der Musikstadt Leipzig. Neben der Thomaskirche, in der Bach von 1723 bis 1750 als Thomaskantor wirkte, war die benachbarte Thomasschule seine Wohn- und Wirkungsstätte. Hier wohnte er bis zu seinem Tod mit seiner Familie, unterrichtete Schüler und komponierte zahlreiche seiner Stücke. Auch das der Thomasschule gegenübergelegene Bosehaus galt als eine wichtige Wirkungsstätte des Thomaskantors. Die Familien Bach und Bose pflegten ein freundschaftliches Nachbarschaftsverhältnis und Bach selbst musizierte des Öfteren in dem Haus.
1985 öffnete das Bach-Museum im ehemaligen Wohnhaus des Kaufmanns Georg Heinrich Bose seine Pforten. Der Ort wurde sorgfältig gewählt. So war es Werner Neumann, Musikwissenschaftler und langjähriger Direktor des Bach-Archivs, welcher in den 1970er Jahren erstmals die Verbindung zwischen den Familien Bach und Bose nachgewiesen hatte. Die Beherberbung des 1950 gegründeten Bach-Archivs und des neu gegründeten Bach-Museums im Bosehaus war deshalb nur konsequent, da die Thomasschule als originale Wohnstätte des Thomaskantors nach ihrem Abriss 1902 nicht mehr zur Verfügung stand. Damit wurde das Haus zum anschaulichen Zeugen der unmittelbaren Lebenswelt des großen deutschen Komponisten und Musikers von Weltrang.
Bachs Antlitz begrüßt die Besucher
Die erste Ausstellung im Museum beherbergte vier Räume im 1. Obergeschoss des Vorderhauses sowie zwei für Sonderausstellungen vorgesehene kleinere Kabinette. Anlässlich Bachs 250. Todestags im Jahr 2000 wurde die Ausstellung erstmals neugestaltetund um ein Hörkabinett sowie einen Medienraum erweitert. Zwischen 2008 und 2010 wurde das Museum erneut erweitert, neu gestaltet und zu Bachs 325. Geburtstag, am 21. März 2010, feierlich eröffnet. Es wurde ein eingeschossiger Anbau mit einem Raum für Sonderausstellungen und einer Schatzkammer ergänzt, welcher sich gemeinsam mit dem neu eingerichteten Lustgarten an den historischen Südflügel ansiedelt. Seit der Gründung des Museums wurden in den Raumlichkeiten bislang rund 100 Sonderausstellungen gezeigt.
Im Foyer des Museums bietet sich den Besuchern der Anblick einer Marmorbüste Bachs im Alter von 60 Jahren. Diese 1897 von Carl Seffner geschaffene Büste entstand in Verbindung mit dem Denkmalprojekt für den Thomaskantor, welches Ende des 19. Jahrhunderts in Leipzigs initiiert wurde. Neben dem Alten Bach-Denkmal von 1843 in den Parkanlagen des Dittrichrings sollte ein zweites Denkmal entstehen. Nach der Wiederentdeckung des Bach-Grabs auf dem Alten Johannisfriedhof und der Identifizierung von Bachs Gebeinen, an der Seffner maßgeblich geteiligt war, wurden entsprechende Abgüsse des Schädels modelliert und mit den bestehenden Bach-Porträts abgeglichen. Nach diesem Vorbild entstanden 1908 das von Carl Seffner geschaffene Neue Bach-Denkmal auf dem Thomaskirchhof sowie mehrere Büsten, darunter jene im Bach-Museum aus Marmor.
Ein Rundgang durch die Dauerausstellung
Auf einer Fläche von rund 450 Quadratmetern bietet die multimediale und interaktive Ausstellung in zwölf thematisch unterteilten Räumen eindrucksvolle Einblicke in das Leben und Wirken Bachs und seiner Familie. Die Schatzkammer im Erdgeschoss beherbergt die wertvollsten Museumsbestände. An der Stirnseite des Raumes befindet sich das wohl herausragendste Ausstellungsstück des Bach-Museums: eines von lediglich zwei authentischen Porträts Johann Sebastian Bachs. Dieses wurde 1748 vom Maler Elias Gottlob Haußmann geschaffen und dem Museum 2015 vom amerikanischen Musikwissenschaftler William Scheide vererbt. In der Vitrine im Zentrum des Raumes sind originale Schriften aus der Feder Bachs ausgestellt. Seine Notenhandschriften und Drucke müssen aufgrund ihrer Fragilität mehrmals jährlich ausgetauscht werden.
Unter den Musikerfamilien des Barocks prägte wohl keine das musikalische Leben Mitteldeutschlands so herausragend, wie die Familie Bach. Dies thematisiert ein klingender Stammbaum in der Dauerausstellung, welcher die Familienmitglieder sowie deren Kompositionen in den Fokus rückt. Die Grundlage stellte Johann Sebastian Bach selbst zur Verfügung, als er in seinem „Urspung der musikalisch-Bachschen Familie“ Kurzbiografien der 53 männlichen Familienmitglieder, darunter Instrumentenbauer, Kantoren sowie Stadt- und Hofmusiker, vorstellte. Ein weiteres Ausstellungsstück ist eine massive Eisentruhe, welche als einziges bekanntes Möbelstück aus dem Besitz der Familie Bach stammt. Diese Tatsache wurde erst 2009 bekannt, als eine Besucherin auf dem Innendeckel der bis dahin im Dommuseum Meißen als Spendenbehälter genutzten Truhe das Monogramm Bachs entdeckte. Die Initialen „JSB“ sind einmal von links nach rechts und einmal spiegelverkehrt zu lesen und werden von einer fünfzackigen Krone komplettiert.
Von der antiken Johannis-Orgel über barocke Klänge im Sommersaal
Im Zentrum der Ausstellung steht eine Orgel, welche das wichtigste Instrument des Thomaskantors war. Seine Orgelstücke zählten zu den anspruchsvollsten, die jemals komponiert wurden, wobei nicht nur sein Orgelspiel selbst, sondern auch seineBegutachtung neu erbauter oder reparierter Orgeln hoch geschätzt wurde. Auf einem ausgestellten Orgelspieltisch ist die vom Orgelbaumeister Johann Scheibe für die ehemalige Johanniskirche erbaute Orgel zu sehen, die von Bach höchstpersönlich 1743 geprüft und für gut befunden worden war. Bei dem Spieltisch handelt es sich um das einzige erhaltene Relikt der Bach-Orgel in Leipzig. Es ist eine Dauerleihgabe des GRASSI Museums für Musikinstrumente der Universität Leipzig.
Zu Bachs wertvollsten Handschriftenbeständen, die im Museum ausgestellt sind, zählen 44 Stimmensätze der Choralkantaten von 1724 bis 1725. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt als Thomaskantor 1723 verschrieb sich Bach dem ehrgeizigen Projekt, für jeden Sonn- und Feiertag eine Kantate zu komponieren und diese aufzuführen. Nach Fertigstellung der Partituren ergänzten Kopisten oder Familienmitglieder die entsprechenden Stimmensätze für das Orchester und den Chor. Vor jeder wöchentlichen Aufführung in der Thomas- oder der Nikolaikirche korrigierte Bach die Abschriften und studierte die Kantaten ein.
Zum Bach-Museum gehört auch ein kleiner Museumsgarten, welcher dem luxuriösen Lustgarten der Familie Bose, dem Großbosischen Garten, zu Beginn des 18. Jahrhunderts nachempfunden ist. Dieser war mit einer Länge von 32 Metern und einer Breite von 18 Metern um einiges größer als der heutige Rosengarten. Hier ließ die Familie Bose Obstbäume, barocke Zierbeete und eine Sommerlaube anlegen, während sich in der Mitte des Gartens ein steinerner Springbrunnen befand. Es wird angenommen, dass sich die Familie Bach selbst des Öfteren bei einem ihrer vielen Besuche bei der Familie Bose in dem Garten aufgehalten haben soll. Ein weiterer Teil des Museums ist der Sommersaal, wo vermutlich Bach selbst musizierte. In seinem barocken Ambiente finden regelmäßig Kammerkonzerte der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts statt.