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Altes Rathaus in Leipzig

Markt 1
Ortsteil: Zentrum

Das Alte Rathaus befindet sich am Markt. Es ist eines der bedeutendsten Bauwerke der deutschen Renaissance und ein Wahrzeichen Leipzigs. Es wurde 1556 als erstes Renaissance-Rathaus in Deutschland von Hieronymus Lotter errichtet und diente bis 1905 als Sitz der Stadtverwaltung. Heute beherbergt das Alte Rathaus das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig.

Vom Tuchhaus zum „schönsten Renaissancebau nördlich der Alpen“

Das Alte Rathaus dominiert mit seiner 87 Meter langen Fassade beinahe die gesamte Ostseite des Marktes. Mittels eines Durchgangs unterhalb des Rathausturms, in dem sich der Eingang zum heutigen Stadtgeschichtlichen Museum befindet, gelangt man zur Rückseite des Baus. Hier befindet sich der Naschmarkt mit der Alten Handelsbörse. Im Norden wird es durch das Salzgässchen begrenzt, im Süden durch die Grimmaische Straße.

Das Alte Rathaus blickt auf eine fast 500-jährige Historie zurück und spiegelt die Leipziger Stadtgeschichte wider. Im 19. Jahrhundert wurde es auch als „schönster Renaissance-Bau nördlich der Alpen“ bezeichnet. Das Gebäude entstand ursprünglich auf den Grundmauern eines alten Handelshauses der Tuchherren und seines gotischen Vorgängerbaus aus dem Jahr 1480. Nach nur neun Monaten Bauzeit wurde der imposante Renaissance-Bau 1556/57 nach Plänen des damaligen Bürgermeisters Hieronymus Lotter errichtet. Mit dem Tod des Baumeisters Paul Speck übernahm Anfang 1557 Paul Widemann die Arbeiten. Den Baumeistern lag zu dieser Zeit weder etwas an einer wohl proportionierten Abstimmung des Baus noch an einer streng gegliederten, symmetrischen Fassade mit horizontalem Abschluss. Durch die Überbauung der Vorgängerbauten entstand eine asymmetrische Teilung der Rathaus-Fassade, welche noch heute in Form eines Knicks zu erkennen ist. Diese unregelmäßige Aufteilung lässt sich insbesondere an der zur Ostseite des Markts gerichteten Schaufassade erkennen: So hat der Rathausturm seinen Platz nicht wie gewöhnlich in der Mitte der Fassade, sondern wurde stattdessen im Goldenen Schnitt mit asymmetrisch aufgeteilten Zwerchgiebeln links und rechts entworfen.

Das Alte Rathaus wird baulich verändert – Besonderheiten und Merkwürdigkeiten

1564 erhielt das Alte Rathaus zusätzlich einen hölzernen Laubengang und einen Altan unmittelbar über dem Turmportal, welcher zu besonderen Anlässen von den Ratsherren betreten wurde. Im Zuge von Renovierungsarbeiten 1599 wurde am Rathausturm eine Schlaguhr vom Annaberger Uhrmacher Georg Werner angebracht. Im selben Jahr wurde über dem Altan ein kleiner Pfeiferstuhl geschaffen, auf dem die Stadtpfeifer zu Festlichkeiten spielten. Der Ratssaal diente seinerzeit für Staatsempfänge, Handwerkerfeste und für Gerichtsverhandlungen, woran der noch heute erhaltene Richterstuhl erinnert.

Im Zuge einer ersten Restaurierung des Alten Rathauses 1672 wurde unter dem Hauptgesims eine das Gebäude umlaufende und später vergoldete lateinische Schrift angebracht, bei der es sich um die weltweit längste Inschrift dieser Art handelt. Sie beinhaltet eine Huldigung an den Landesherrn sowie den ersten Vers aus dem 127. Psalm. Im Jahr 1703 erhielt der Rathausturm zur Nord-, Süd- und Ostseite jeweils eine prunkvolle astronomische Uhr. Das größte Ziffernblatt an der Marktseite zeigt zusätzlich die Mondphasen an. 1744 wurde der Rathausturm von Christian Döring erhöht und mit einer barocken Turmhaube bekrönt. Durch die wachsende Einwohnerzahl und die zunehmenden administrativen Aufgaben mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Überlegungen angestellt, das Alte Rathaus zugunsten eines neuen, größeren Rathauses abzureißen. Durch die Mehrheit von nur einer Stimme wurde 1904 vom geplanten Abriss abgesehen. Stattdessen wurde der Sitz der Stadtverwaltung 1905 in das Neue Rathaus verlagert.

Aus Alt mach Neu: die Scharenbergsche Sanierung

Sein heutiges Erscheinungsbild verdankt das Alte Rathaus im Wesentlichen der umfassenden Sanierung unter der Leitung des Stadtbaurats Otto Wilhelm Scharenberg zwischen 1906 und 1909. Dabei sollte das Bauwerk im Wesentlichen originalgetreu rekonstruiert und ausgebessert werden. Im Erdgeschoss auf der Marktseite wurde anstelle der vorherigen hölzernen Verkaufslauben ein steinerner Arkadengang aus rotem Rochlitzer Porphyr geschaffen. In die einzelnen Kaufgewölbe unter den Arkaden zogen kleine Geschäfte ein, während der Festsaal fortan für öffentliche Veranstaltungen genutzt wurde. Das Alte Rathaus wurde zum Stadtgeschichtlichen Museum umfunktioniert, welches am 11. Dezember 1911 eröffnete. Im Durchgang vom Markt zum Naschmarkt wurden 1909 zwei Zierbrunnen aufgestellt. Der Brunnen „Badender Knabe“ stammt von Carl Seffner. Johannes Hartmann schuf den Brunnen „Badendes Mädchen“, der sich in einer Fassadennische links neben dem Durchgang zum Markt befindet. 

Durch die Bombenangriffe auf Leipzig im Zweiten Weltkrieg wurde das Alte Rathaus 1943 stark beschädigt, wobei der Turm und das Dachgeschoss des Gebäudes vollkommen ausbrannten. Mit dem Wiederaufbau und der Restaurierung von 1946 bis 1950 unter dem verantwortlichen Architekten Walter Gruner war das Alte Rathaus eines der ersten historischen Gebäude der Stadt, das instandgesetzt wurde. Aus dieser Zeit stammt auch der charakteristische ockerfarbene Anstrich.

Ein Blick hinter die geschichtsträchtigen Gemäuer


Während die Fassaden im Zuge des Umbaus zwischen 1906 und 1909 weitgehend ihr Aussehen von 1557 behielten, kam es im Inneren des Alten Rathauses zu größeren Umgestaltungen. Das erste Stockwerk wird beinahe vollständig vom früheren 43 Meter langen Festsaal, der früheren Ratsdiele, eingenommen. Hier kann heute eine Gemäldegalerie mit Bildnissen sächsischer Kurfürsten begutachtet werden. In das Gestühl darunter wurden Porträts Leipziger Stadtrichter eingebaut, welche um 1800 von Anton Graff geschaffen wurden. Die vier Prunkkamine aus dem Jahr 1610 stammen von Friedrich Fuß. Im Festsaal ist auch das 25 Quadratmeter große Stadtmodell ausgestellt, welches 1823 von Johann Christoph Merzdorf geschaffen wurde. Hierbei handelt es sich um ein einzigartiges Exponat von kulturgeschichtlichem Wert, welches die mittelalterliche Stadtstruktur Leipzigs vor Beginn der industriellen Revolution zeigt. 

Im Durchgang vom Festsaal zur benachbarten Ratsstube hängt ein Porträt von Hieronymus Lotter. In der Ratsstube selbst unterzeichnete Johann Sebastian Bach 1723 seinen Anstellungsvertrag als Thomaskantor. Der Raum unmittelbar neben der Ratsstube ist exklusiv Bach und seinem Schaffen gewidmet. Hier befindet sich auch das nachweislich einzige authentische Porträt des Thomaskantors, welches von Elias Gottlob Haussmann im Jahr 1746 geschaffen wurde. Im Nebenraum wird die Leipziger Musiktradition erlebbar gemacht und ist der Kirchenmusik vor Bach und der frühen Geschichte des Gewandhausorchesters gewidmet. Hier sind Raritäten wie die Gründungsurkunde der Gewandhauskonzerte von 1781, ein Modell des ersten Gewandhaussaales im Maßstab 1:25 sowie das Dirigentenpult aus dem einstigen Konzertsaal ausgestellt. Sehenswert sind auch das Landschaftszimmer mit Malereien aus dem Spätbarock, die Schatzkammer sowie das Tapetenzimmer aus Kochs Hof, welches 1749 von Benjamin Calau geschaffen wurde.

Einen Besuch wert ist das Restaurant „Altes Rathaus“, das sächsische Küche und zahlreiche Bierspezialitäten anbietet. Hier sitzt man entspannt unter den Rathaus-Arkaden und genießt den Blick auf das Markt-Getümmel.

Bildergalerie - Altes Rathaus in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Altes Rathaus in Leipzig

Alter Johannisfriedhof in Leipzig

Johannisplatz
Ortsteil: Zentrum-Südost

Der unmittelbar hinter dem Grassimuseum gelegene Alte Johannisfriedhof ist der älteste Friedhof der Stadt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde er zum Park umgestaltet und wird seitdem als denkmalgeschützte, museale Grünanlage genutzt. Der Friedhof zeichnet sich durch seine Epitaphien und seinen alten Baumbestand aus.

Spiegel der Stadtgeschichte


Die Geschichte des Alten Johannisfriedhofs reicht mehr als 700 Jahre zurück und spiegelt die Leipziger Stadtentwicklung auf besondere Weise wider. Im Jahr 1278 erwarb die Genossenschaft der Leprakranken vier Morgen Land vor dem Grimmaischen Tor. Ende des 13. Jahrhunderts wurde dort schließlich ein Hospital für Leprakranke mit angrenzender Friedhofsanlage errichtet. Im Jahr 1305 wurde erstmals eine Kapelle auf dem Gelände erwähnt, die Johannis dem Täufer – dem Schutzheiligen der Leprakranken – geweiht war. Dabei handelte es sich um die spätere Johanniskirche, die bis zu ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg das Zentrum des Friedhofs darstellte. 1476 wurde der Friedhof zum ersten Mal erweitert und im selben Jahr als „Stadtgottesacker“ geweiht. 

Als auf anderen Friedhöfen immer wieder hygienische Probleme und sogar die Pest auftraten, bestimmte Herzog Georg von Sachsen den Friedhof schließlich im Jahr 1536 zum alleinigen Begräbnisplatz der Stadt. Allein zwischen 1484 und 1834 wurden rund 257.000 Bestattungen vollzogen. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Friedhof systematisch erweitert und es entstand eine streng architektonische Anlage mit Gruftbauten entlang der Umfassungsmauer. Nach schweren Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg wurde der Friedhof wieder wiederhergestellt. Unter dem Altarraum der Johanniskirche wurden 1750 Johann Sebastian Bach und 1769 der Dichter Christian Fürchtegott Gellert beigesetzt. Gellerts Gebeine befinden sich heute auf dem Südfriedhof, Bachs sterbliche Überreste wurden 1950 in die Thomaskirche überführt. Während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 diente der Friedhof als Lager für Gefangene und Verwundete. Die Johanniskirche wurde als Lazarett genutzt. Bis zur letzten offiziellen Bestattung am 24. Dezember 1883 wurde die Anlage um mehrere Abteilungen nach Osten ausgedehnt.

Auf dem Weg zur Neugestaltung


Mit der Verbreiterung des Täubchenwegs und der Prager Straße sowie dem Bau der Gutenbergschule ab 1928 wurden die ursprünglichen Friedhofsgrenzen nach vorheriger Erweiterung von allen Seiten wieder stark begrenzt. Mit Errichtung des benachbarten Grassimuseums zwischen 1925 und 1929 wurden die westlichen Abteilungen I und II des Alten Johannisfriedhofs nach ihrer Säkularisierung überbaut und flächenweise zu Grünanlagen mit vereinzelten Grabmälern umgestaltet. Durch die sukzessive Begrenzung des Friedhofs verloren auch viele Gräber ihren ursprünglichen Standort. Die im Zweiten Weltkrieg beschädigte Johanniskirche wurde 1949 schließlich gesprengt. In den Nachkriegsjahrzehnten geriet der Johannisfriedhof zunehmend in Vergessenheit und verwahrloste. Im Jahr 1981 wurde er schließlich für Sanierungsarbeiten geschlossen, welche sich bis zur Wiedereröffnung 1995 hinzogen.

Grabmalkunst vom alten Ägypten bis zum Barock


Heute zeichnet sich der Alte Johannisfriedhof durch großzügig angelegte Rasenflächen und Altbaumbestände aus. Infolge der Instandsetzung wurden die Abteilungen III, IV und V nach historischen Plänen neugestaltet: Es entstand ein geordnetes Lapidarium mit Grabmonumenten des Neuen Johannisfriedhofs, dem heutigen Friedenspark. Auf dem Friedhof wurden zudem Tafeln angebracht, die über die zahlreichen stadt- und kunsthistorisch bedeutenden Einzelgrabmäler auf den Rasenflächen und an den Friedhofsmauern informieren. Die etwa 400 erhaltenen Grabmäler vereinen heute einen interessanten Abriss der Leipziger Grabmalkunst aus Barock, Klassizismus und Historismus. Von den bis zum 20. Jahrhundert typischen Gruftbauten ist heute lediglich die Baumgärtnersche Gruft erhalten. Die barocke Grabstätte wurde 1726 von Christian Döring und 1825 vom Verlagsbuchhändler Friedrich Gotthelf Baumgärtner erworben. Sie befindet sich hinter dem Grassimuseum. 

Besonders eindrucksvoll sind die zahlreichen Gestaltungselemente und Symbole an den Grabstätten aus den Jahrhunderten. An Sockel in Säulen- oder Würfelform mit bekränzten oder tuchumhüllten Urnen reihen sich Stelen und lebensgroßen Marmorfiguren. Eine Sandsteinsäule mit ägyptischen Ritzzeichnungen sowie hieroglyphischer und griechischer Inschrift wurde zu Ehren des Ägyptologen Friedrich August Wilhelm Spohn errichtet. Auch eine einmalige Vielfalt symbolischer Darstellungen lässt sich auf dem Friedhof wiederfinden: Neben Totenköpfen, Sternen, Gebeinen, Kruzifixen und Palmenzweigen symbolisieren nach unten gerichteten Fackeln das Erlöschen des Lebenslichts. Wer aufmerksam hinschaut, kann das Symbol des Schmetterlings als Zeichen der Metamorphose, ebenso wie Gerippe, Lorbeerkränze und Schwerter entdecken.

Ruhestätte bedeutender Persönlichkeiten


Auf dem Alten Johannisfriedhof werden viele bedeutende Persönlichkeiten der älteren Geschichte Leipzigs geehrt, darunter Richard Wagners Vater, Mutter und Schwester. Auch die Gräber von Goethes Jugendliebe Anna Katharina Schönköpf, von ihm „Käthchen“ genannt, sowie im Lapidarium von der Verlegerfamilie Brockhaus und Anton-Philipp-Reclam. Weiterhin haben auf dem Friedhof berühmte Bürgermeister wie Wilhelm Otto Koch und Bruno Tröndlin, engagierte Frauenrechtlerinnen wie Auguste Schmidt und Loise Otto-Peters, Unternehmer wie Karl Erdmann Heine oder prominente Teilnehmer der Völkerschlacht bei Leipzig wie John Motherby und Karl Friedrich Friccius ihre letzte Ruhe gefunden. Spaziergänger werden auf dem Friedhof auf weitere bekannte Namen stoßen wie z.B. auf Thomaskantor Christian Weinlig, der als Komponist und Lehrer Richard Wagners in die Geschichte einging. An Carl Friedrich Zöllner, der mit seinem Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ berühmt wurde, erinnert ein Grabstein sowie im Rosental das Zöllner-Denkmal

Höhepunkte der Grabmalkunst


Einige besonders wertvolle Objekte der Grabmalkunst befinden sich an einer Reliefwand. Ganz links fällt eine Reliefgrabtafel mit hervorstehenden Figuren von Joseph Kaffsack ins Auge. Diese gehörte zum Grab der Buchhändlerfamilie Karl Franz Köhler. Daneben befindet sich das prachtvolle Familiengrab des Apothekers und Homöopathen Willmar Schwabe. Auf der Grababdeckung steht die übergroße Statue einer attraktiven jungen Frau, die sich einen Schleier über den Kopf zieht und den linken Arm sehnsuchtsvoll zum Himmel streckt. Entworfen hat sie der Bildhauer Josef Mágr, ebenso die beiden an der Wand angebrachten Reliefplatten. Sehenswert ist auch das 2017 wieder aufgestellte schmiedeiserne Tor der 1746 abgerissenen Pomselschen Gruft. Es befindet sich am Originalstandort.

Faust wird zu Grabe getragen


Anlässlich des Goethe-Jahres 1999 inszenierte der damalige Schauspiel-Intendant Wolfgang Engel eine siebenstündige Theater-Inszenierung „Faust I und II“, bei der auch der Alte Johannisfriedhof Aufführungsort war. Hier liegt Rosalie Marbach begraben, die erste Leipziger Gretchen-Darstellerin. Mit Bussen fuhr das Publikum vom Auerbachs Keller zum Friedhof und erlebte hier im Fackelschein ein mystisches Satyrspiel und Fausts Grablegung als augenzwinkerndes Ende.

Bildergalerie - Alter Johannisfriedhof in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Alter Johannisfriedhof in Leipzig

Alte Handelsbörse in Leipzig

Naschmarkt 2 |
Ortsteil: Zentrum

Die Alte Handelsbörse ist das älteste, noch erhaltene Versammlungsgebäude der Leipziger Kaufmannschaft und zugleich der älteste Barockbau der Stadt. Sie wurde 1678 auf Initiative Leipziger Kaufleute errichtet, diente 200 Jahre lang als repräsentativer Versammlungs- und Handelsort und wird seit 1962 für kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Vom Holzstand zum barocken Handelshaus


Die Alte Handelsbörse befindet sich auf dem Naschmarkt, welcher vom Salzgässchen, der Grimmaischen Straße und der Westseite des Alten Rathauses begrenzt wird. Sie gehört heute zum Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.
Leipzig blickt auf eine jahrhundertelange Handelstradition zurück und galt mit der Leipziger Messe einst als eine der bedeutendsten Metropolen des weltweiten Handels. Zahlreiche Kaufleute ließen sich in der Stadt nieder und begründeten ihren Reichtum. Einige Fernhandelskaufleute kamen aus italienischen und flandrischen Handelsstätten mit weitaus prunkvolleren Börsen als dem hölzernen Stand nahe der Alten Waage auf dem Markt. Die Leipziger Kaufleute, die auch einen großen Einfluss auf die Politik und architektonische Entwicklung hatten, fanden die heimischen Bedingungen im nach dem Dreißigjährigen Krieg stark verschuldeten Leipzig beschämend. Schließlich wurden Forderungen nach einem städtischen Versammlungsgebäude für die Abwicklung größerer Börsengeschäfte, welches mit dem europäischen Handel mithalten könne, laut. Die Initiative der 30 Handelsherren wurde vom Stadtrat am 6. Mai 1678 bewilligt und noch im selben Monat der Grundstein für die Börse gelegt. Die Entwürfe für den Bau stammten vermutlich vom Dresdner Oberlandbaumeister Johann Georg Starcke. Das zweigeschossige Gebäude wurde 1679 unter der Leitung des Ratsmaurermeisters Christian Richter errichtet und bereits vor dessen Vollendung am 13. Oktober desselben Jahres von der Kaufmannschaft genutzt. Zu diesem Zeitpunkt ließ sich noch nicht erahnen, dass hier das erste Leipziger Bauwerk im barocken Stil und nicht nach dem bisher üblichen streng geometrischen antiken Vorbild entstehen sollte.

Tauschen, wettbieten und verhandeln in internationaler Atmosphäre


Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss wurden ab 1682 für den Messewarenhandel an auswärtige Kaufleute vermietet, während der prunkvoll ausgestaltete Börsensaal im Obergeschoss erst 1687 fertiggestellt und fortan für Wechsel- und Geldgeschäfte genutzt wurde. Die Händler tauschten bei einem „guten Umtrunk“ Informationen über Handelswege, Preise und Risiken zu Absatzmärkten aus. Die Börse diente auch als Auktionshaus zur Versteigerung von Grundstücken, Häusern und beschlagnahmten Handelswaren. Kurfürst Friedrich August I. ließ 1699 im Erdgeschoss ein Kreditinstitut nach italienischem Vorbild einer „Banco di Depositi“ einrichten, wo die Händler ihr Geld zu wechselnden Zinsen anlegen, auswärtige Währung umtauschen und Kredite aufnehmen konnten. Die Bankfunktion der Börse wurde 1706 mit der Neuordnung des sächsischen Finanzwesens durch den Kurfürsten beendet.

Nach Vollendung der mit dekorativen Blumen- und Früchtegirlanden verzierten, lichten Fassade wurde die barocke Pracht des Bauwerks erkennbar. Trotz einer zwischenzeitlichen Erweiterung der Börse 1816 durch einen Vorbau, erwies sich das Gebäude als zu klein für das stark wachsende Messeaufkommen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Deshalb wurde die Börse im selben Jahr nach Plänen der Baumeister Johann Carl Friedrich Dauthe und Friedrich Weinbrenner umgebaut, erweitert und der Vorbau wieder entfernt.
Daraufhin wurde von 1883 bis 1886 am Tröndlinring 2 die Neue Börse errichtet. Mit ihrer Fertigstellung wurde das Gebäude auf dem Naschmarkt fortan als Alte Börse bezeichnet. Durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg wurde die Neue Börse 1943 vollkommen zerstört und, im Gegensatz zur ebenfalls völlig ausgebrannten Alten Börse, nicht wieder aufgebaut. Dabei gingen die prunkvolle Stuckdecke des schweizerischen Baumeisters und Stuckateurs Giovanni Simonetti und die Deckenmalereien von Johann Heinrich Am Ende im prunkvollen Börsensaal unwiederbringlich verloren. Gut zwölf Jahre nach der Zerstörung begann 1955 der Wiederaufbau der Alten Börse, die 1962 in vereinfachter Form wiederhergestellt wurde. Die heutige charakteristische Farbgebung wurde 1994 ergänzt. Seitdem wird sie für kleinere Kongresse und verschiedene kulturelle Anlässe genutzt. Auch die Internationale Ostereierbörse Leipziger Eierlei findet hier seit über 25 Jahren statt.

Die Rathausfrage


Durch die zunehmenden administrativen Aufgaben infolge des starken Einwohnerwachstums Ende des 19. Jahrhunderts plante die Stadt ein neues, größeres Rathaus. 1877 beschloss der Stadtrat den Abriss der Alten Börse zugunsten eines größeren Rathauses. Aus Kostengründen wurde der Beschluss 1883 wieder verworfen. Zwischenzeitlich gab es die Idee, einen kleineren Neubau des Rathauses zu entwickeln, der mit der Alten Handelsbörse und dem Alten Rathaus verbunden werden sollte. Auch dieser Plan wurde nicht umgesetzt und die Alte Börse diente den Stadtverordneten von 1887 bis zur Fertigstellung des Neuen Rathauses 1905 als Sitzungssaal.

Wenn sich Barock und Renaissance vereinen… 



Der pavillonartige Bau der Alten Handelsbörse erstrahlt heute in historischem weißen Gewand und mit zahlreichen vergoldeten Schmuckelementen. Das Gebäude weist durch seinen streng rechteckigen Bau mit fünf Fensterachsen in der Breite und sieben Fensterachsen in der Länge charakteristische Elemente der Renaissance auf. Von dem kleinen, von einer weißen Sandsteinbalustrade umfassten Vorhof, führt eine doppelseitige Treppenanlage zum oberen Stockwerk mit dem Börsensaal. Über dem Giebel des schmalen Eingangsportals sind zwei geflügelte Knaben abgebildet, die das vergoldete Relief des Leipziger Stadtwappens tragen. Damit bekundete man früher, dass es sich um eine offizielle städtische Institution handelt.

Die Alte Handelsbörse vereint gestalterische Elemente des italienischen und niederländischen Barocks, was ihre Einmaligkeit in der Leipziger Architektur betont. Die Fensterbrüstungen der Fassaden werden von plastischen, vergoldeten Girlanden nach niederländischem Vorbild geschmückt. Der gerade Dachabschluss weist Elemente der italienischen Architektur auf. Auf den vier Ecken der umlaufenden Balustrade wurden die zwei Meter hohen Figuren der römischen Gottheiten Apollo, Venus, Merkur und Minerva platziert. Dabei handelt es sich um originalgetreue Kopien der einst vom Bildhauer Hans Caspar Sandtmann 1683 erbauten und im Zweiten Weltkrieg zerstörten Sandsteinfiguren.

Mittelalterliches Treiben zwischen jungem Goethe und Löwenbrunnen


Auf einem hohen Sockel vor der Alten Börse befindet sich das Goethe-Denkmal. Das 1903 von Carl Seffner geschaffene Bronzestandbild zeigt den jungen Johann Wolfgang von Goethe im Zeitkostüm mit kaum 20 Jahren und erinnert an seine fast dreijährige Studienzeit in Leipzig. An der Grimmaischen Straße auf dem Naschmarkt befindet sich der 1918 nach Plänen von Hugo Licht neugestaltete Löwenbrunnen. Dabei handelt es sich um den ältesten noch funktionierenden Brunnen der Stadt.
Alljährlich zur Adventszeit verwandelt sich das Areal vor der Alten Handelsbörse zum mittelalterlichen Weihnachtsmarkt „Alt Leipzig“. Dort kann man historischen Handwerkern bei der Arbeit zusehen und Leckereien wie Heurekaner und warmen Met probieren.

Bildergalerie - Alte Handelsbörse in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Alte Handelsbörse in Leipzig

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