Leipziger Markttage

Markt / Salzgässchen / Nikolaikirchhof | Ortsteil: Zentrum

Die Leipziger Markttage werden jedes Jahr im Herbst für 10 Tage in der Innenstadt veranstaltet. Sie fanden erstmals vom 30. September bis 10. Oktober 1976 statt. Auf 13.100 Quadratmetern boten etwa 600 Handelsleute aus Leipzig und allen Bezirken ihr vielfältiges Warenangebot an. Damals wie heute umfassen die Markttage neben dem Handelsgeschehen ein vielfältiges gastronomisches und kulturelles Angebot. Zu den Highlights zählen die Marktbühne mit einem Musikprogramm, der historische Handwerkermarkt im Salzgässchen und der Erntedankbrunnen auf dem Nikolaikirchhof.

Buntes Handels- und Messetreiben zwischen Via Regia und Via Imperii


Leipzig blickt auf eine lange Tradition als Handels- und Messestadt von internationalem Rang zurück. Bereits im Zuge der sorbischen Besiedlung im 7. Jahrhundert wurde hier unter dem Namen Lipzk „Ort bei den Linden“ ein wichtiger Handelsstützpunkt begründet. Die Verleihung des Stadt- und Marktrechts durch Markgraf
Otto der Reiche im Jahr 1165 gilt zugleich als Gründungsjahr der Stadt. An der Kreuzung der beiden europäischen Handelsstraßen Via Regia und Via Imperii gelegen entwickelte sich Leipzig zu einem wichtigen Zentrum des Handels sowie des Austauschs von Waren und Informationen zwischen den Bürgern. Nachdem Kaiser Maximilian I. der Stadt 1497 das Messeprivileg verlieh, wurden die bis dahin drei Mal jährlich abgehaltenen Märkte zu Reichsmessen erhoben und den im Umkreis von 15 Meilen liegenden Städten ein Verbot zur Durchführung von Märkten erteilt. Leipzig entwickelte sich zu einer Messestadt von europäischem Rang. Der seit 1420 überlieferte Hauptmarkt diente als Zentrum des Handels während den abgehaltenen Messen. Im Mittelalter fanden sich hier Handelsleute und Bauern aus den umliegenden Dörfern zusammen, um auf dem Wochenmarkt ihre Waren feilzubieten. Aufgrund ihrer Bedeutung für eine regelmäßige und geordnete Versorgung der Bürger und den damit verbundenen Geldeinnahmen wurden die Märkte vom Landesherrn und dem Stadtrat gefördert. Letztere wachten zugleich auch mittels Marktordnungen über das Markttreiben. Zu Zeiten der Warenmesse konzentrierte sich der „Meßverkehr“ um den Markt. Hierher brachten die Fuhrleute ihre in Kisten und Ballen verpackten Waren zum Verkauf. Vor deren Lagerung in den Speichern wurden sie an der Alten Waage registriert und der sogenannte Meßzoll bezahlt.

Herbstmarkt 1976: Von Fuhrmannskneipe, Schmöllner Mutzbraten und den „Klein-Pariser Marktmusikanten“… 


Die Leipziger Markttage fanden erstmals vom 30. September bis zum 10. Oktober 1976 statt. Ziel war es, die Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern und Dienstleistungen des Handels in der Innenstadt noch attraktiver zu gestalten und bessere Einkaufsmöglichkeiten zu schaffen. Im Mittelpunkt stand die Demonstration der Leistungskraft des Handels und die Positionierung der Leipziger Markttage als Besuchermagnet über die Stadtgrenzen hinaus. Damit sollten sie sich deutlich von den bis dahin üblichen Bauernmärkten abheben. Deshalb sah ein Beschluss des Bezirkstages vom Juni 1976 im
Neuen Rathaus eine zukünftig jährliche Durchführung der Leipziger Markttage im September / Oktober vor. Neben den Leipziger Handelsbetrieben sowie sämtlichen gastronomischen Einrichtungen der Stadt waren an der Umsetzung auch rund 600 Verkäufer aus 13 Kreisbetrieben des Bezirkes mit einem umfangreichen Warenangebot beteiligt. Darunter befanden sich 65 Kooperationspartner und 42 Betriebe aus dem Bezirk, darunter die Binnenfischerei Wermsdorf, die Groitzscher Schuhfabrik sowie die Brauerei Krostitz.

Auf einer Fläche von 13.100 Quadratmetern waren im Bereich Markt, Salzgässchen, Sachsenplatz, Brühl und Hainstraße zahlreiche Verkaufsbereiche mit originellen Ständen angesiedelt. Neben Speis‘ und Trank machten die Industriewaren mit etwa 60 Prozent den größten Teil des Angebots aus. Ziel war es zudem, neue und traditionelle Verkaufsformen zu demonstrieren. So gab es etwa im Salzgässchen einen „Historischen Markt anno 1650“, während Pferdewagen, eine „Fuhrmannskneipe“, rustikale Verkaufsstände, eine Postsäule und Verkäufer in historischen Trachten für eine für das Leipzig um 1650 typische Atmosphäre sorgten. In der Reichsstraße konnten auf dem „Leipziger Künstlermarkt“ an verschiedenen Ausstellungs- und Verkaufsständen kunstgewerbliche Waren, Gemälde und Grafiken begutachtet werden. Ebenfalls in der Reichsstraße angesiedelt war der „Basar am Sachsenplatz“, wo Blumen, Textilien und Schallplatten sowie handgearbeitete Gegenstände verkauft wurden. Wenige Meter weiter konnten im „Leipziger Allerlei“ Gebrauchtwaren verschiedenster Art entdeckt werden. Auf dem „Bauernmarkt“ auf dem Markt wurden neben deftigen Speisen aus dem „Bauerndorf“ nützliche Haushaltswaren angeboten. Ein Highlight war die 185 Meter lange Verkaufsstraße „Brühl Boutiquen“, wo Produktionsbetriebe des Bezirkes in Zusammenarbeit mit dem Handel eine interessante Leistungsschau mit Verkauf darboten. Auf dem „Wirtschaftsmarkt“ auf dem Richard-Wagner-Platz wurde neben einem reichhaltigen Sortiment an Handwerkszeug und -material der berühmte Schmöllner Mutzbraten zum Verkauf angeboten. Am „Treff am Sachsenplatz“ konnten die Besucher abseits des Marktgeschehens in zahlreichen gastronomischen Einrichtungen unterschiedlicher Art verweilen. Am Naschmarkt luden Imbissbuden, darunter eine Löffelstube, sowie ein Angebot an Fisch- und Schlachtspezialitäten nach einem Marktbummel zum Verweilen ein. Zum Angebot zählten außerdem Betriebe aus dem Bezirk und deren Spezialitäten, darunter die Oschatzer Fischgaststätte, die Grimmaer Waldgaststätte und die Bornaer Bergmannsgaststätte sowie der Kaffeegarten. Angeboten wurden u.a. Delitzscher Pralinen, Torgauer Krüge und Geithainer Töpfe. Eine Kunstgewerbegalerie, Verkaufsstände des Buchhandels und des Antiquariats sowie ein Briefmarkentausch rundeten das Angebot ab.

Bestandteil der zur Tradition gewordenen Markttage war ein abwechslungsreiches Kulturprogramm am „Bauernmarkt“ und „Künstlermarkt“. Auf dem Balkon des Alten Rathauses wurde vormittags Turmmusik gespielt. Am Nachmittag sorgten auf der Podiumsbühne am Markt zahlreiche Kulturschaffende, darunter das historische Bläserquartett der Stadtwache von 1880, der Leierkastenmann Ludwig, der ambulante Händler Hermann Connewitzer, die „Leipziger Moritaten und Balladen“ sowie die „Klein-Pariser Marktmusikanten“, für Unterhaltung und eine lockere Atmosphäre. Mit einem Umsatz von insgesamt rund 4,4 Millionen Mark, dem Verkauf von 4.300 Büchern, 3.200 Schallplatten, 2.500 Paar Schuhen, 17.500 Mutzbraten, 20.600 Griebenfettstullen, 127.000 Portionen Kräppelchen, 300.000 Eilenburger Pumpernickel, 60.000 Rostbratwürsten und 84.000 Stück Kuchen war die Erstauflage der Leipziger Markttage 1976 ein voller Erfolg.

Markttage heute: Zwischen ausgelassener Stimmung auf der Marktbühne und mittelalterlichem Flair auf dem historischen Handwerkermarkt


Neben dem Handels- und Marktgeschehen gibt es ein vielfältiges gastronomisches und kulturelles Angebot. Die umfangreichen Flaniermeilen bieten Platz für rund 80 Stände. Auf dem Markt als Zentrum der Leipziger Markttage wird täglich auf der Marktbühne ein abwechslungsreiches Programm mit Live-Musik von einheimischen und auswärtigen Künstlern unterschiedlicher Genres geboten. Auch die angrenzenden Bereiche sind mit verschiedenen gewerblichen Angeboten in das Marktgeschehen eingebunden. Angelehnt an die Ursprünge der Leipziger Markttage findet im Salzgässchen der historische Handwerkermarkt mit Handwerks- und Schankhütten bei mittelalterlicher Musik statt. Auf dem Nikolaikirchhof wird traditionell am Eröffnungswochenende der Leipziger Markttage der Brunnen als Erntedankbrunnen mit Erntedankkrone gestaltet sowie mit Erntegaben, darunter Getreide, Blumen, Gemüse und Obst, festlich dekoriert. Am darauffolgenden Sonntag findet traditionell in der
Nikolaikirche der Erntedankgottesdienst statt, der allen Besuchern offensteht.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Leipziger Markttage

Historisches Bildmaterial - Leipziger Markttage

Leibniz-Denkmal

Augustusplatz 10 / Leibnizforum der Universität Leipzig | Ortsteil: Zentrum

Das am 25. Oktober 1883 eingeweihte Leibniz-Denkmal des Dresdner Bildhauers Ernst Hähnel befindet sich im Innenhof des Campus der Universität Leipzig. Es wurde zu Ehren des gebürtigen Leipzigers und Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz geschaffen. Die 3,60 Meter hohe Bronzestatue auf einem Sockel zeigt Leibniz im zeitgenössischen Kostüm.

Die verwehrte Promotion von Leipzigs berühmten Sohn


Der 1646 in Leipzig geborene Gottfried Wilhelm Leibniz gilt als einer der bedeutendsten Philosophen des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts sowie als letzter Universalgelehrter. Im Alter von acht Jahren lernte er ohne einen Lehrer die lateinische und wenig später die griechische Sprache. Seinen Altersgenossen war er intellektuell deutlich überlegen, besuchte die
Alte Nikolaischule und immatrikulierte im Alter von nur 14 Jahren an der Universität Leipzig, wo er Philosophie und Rechtswissenschaften studierte. Da ihm aufgrund seines jungen Alters von 20 Jahren die Promotion in den Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig verwehrt wurde, kehrte er der Stadt den Rücken und ging an die Universität Altdorf bei Nürnberg, wo er 1667 mit exzellenten Resultaten promovierte. Der berühmte Leipziger begründete u.a. die Infinitesimalrechnung, entwickelte eine Rechenmaschine, erfand das Binärprinzip als heutige Basis der modernen Computertechnik, gründete eine Akademie, war Historiker, Diplomat und Bergbauingenieur. Leibniz übte einen starken Einfluss auf die einsetzende Aufklärung, den deutschen Idealismus und die klassische Philosophie aus und formulierte die Maxime der Verstandesmäßigkeit: „Jeder Mensch besitzt die Fähigkeiten zur vernünftigen Lebensführung.“

Von Standortdebatten und verschmähten Bildhauern


Um dem berühmten Sohn ein würdiges Denkmal zu setzen, erließen die Ratsherren Leipzigs und der Akademische Rat der Universität am 11. Juni 1846 einen „Aufruf zu freiwilligen Beiträgen zur Errichtung eines Denkmals für Leibniz in Leipzig“ an die Bürger der Stadt. Die Stadt und die Universität stellten bereits einen Grundstock von je 1.000 Talern zur Verfügung. Nur wenige Tage zuvor hatten das Leipziger Tagesblatt und der Anzeiger in mehrseitigen Beilagen das Leben und Wirken des in Leipzig geborenen Leibniz aufgezeigt und für die Errichtung eines Kulturdenkmals zu Ehren des Frühaufklärers als „moralische Verpflichtung“ plädiert. In dem Aufruf an die Bürger hieß es weiterhin, ein Denkmal würde „die gerechte Würdigung vergangener Größen aussprechen, das lebende Geschlecht geistig erhellen, den kommenden Zeiten die ihnen überlieferte Errungenschaft verkündigen“ und „für eine Volksbildung wirken“. Die Denkmalsinitiative entstand aus Universitätskreisen und ist insbesondere dem Engagement des Mathematikers und Philosophen
Moritz Wilhelm Drobisch zu verdanken. Bereits seit 1845 hatte sich der Gelehrte bei der Stadt für ein Denkmal eingesetzt und sich im Vorfeld von Leibniz‘ 200. Geburtstag mit dem Akademischen Senat verbündet, dem er selbst angehörte. Auf seine Initiative hin wurde anlässlich der akademischen Leibnizfeier in der Aula des Augusteums beim Leipziger Bildhauer Hermann Knaur eine monumentale Leibniz-Büste in Auftrag gegeben. Die letztliche Umsetzung des aus den langsam wachsenden Geldern der Bürgerstiftung finanzierten Denkmals fand allerdings erst 37 Jahre später im Herbst 1869 statt, als dem Rat der Stadt der Stiftungsfond als ausreichend erschien.

Der hochangesehene Dresdner Bildhauer Ernst Hähnel wurde in der Frage zu Rate gezogen, ob die zusammengetragenen Mittel für zwei große Bronzestatuen ausreichen würden. Obwohl dies der Fall war, zogen sich die Debatten um den Standort, die Konzeption und die Wahl des Bildhauers noch jahrelang hin. Während der 1870er Jahre plante man die Aufstellung der beiden Denkmäler für Leibniz und Martin Luther als Pendants zu beiden Seiten des Hauptportals des Augusteums. Da Hähnel bereits von Beginn an für deren Umsetzung bevorzugt wurde, verzichtete man zunächst auf den von ihm empfohlenen Schüler und Vertrauten Johannes Schilling. Letzterer wurde zwar für das Reformationsdenkmal reklamiert, erhielt jedoch erst nach zwischenzeitlicher Absage Hähnels auch den Auftrag für das Leibniz-Denkmal. Die Angebote anderer Bildhauer, darunter Hermann Knaur oder der Berliner Rudolf Siemering, blieben unbeachtet und die Denkmalsausführung wurde letztlich um mehrere Jahre verschoben, um schließlich doch Hähnel für den Auftrag gewinnen zu können. Das Monument wurde von der Kunstgießerei Lenz in Nürnberg gegossen.

Der „weltletzte Universalgelehrte“ zwischen den vier weiblichen Wissenschaften


Gegenstand des Denkmals war nicht der junge Leibniz, der Leipzig mit 20 Jahren verließ, sondern der ältere, um die Vereinigung von Theorie und Praxis in allen Wissenschaftsbereichen bemühte „Fürst der Wissenschaft“ und Initiator mehrerer Akademiegründungen. Der deutsche Philosoph
Max Heinze hielt in der Aula der Universität die Rede zur Denkmalweihe am 25. Oktober 1883, aufgestellt wurde das Denkmal jedoch nicht wie ursprünglich geplant am Augusteum auf dem Augustusplatz, sondern auf dem Thomaskirchhof. Dort musste es 1906 dem von Carl Seffner geschaffenen Bach-Denkmal weichen und wurde zwischenzeitlich an der weniger repräsentativen Stelle im Paulinerhof aufgestellt. Aufgrund der Sprengung der Universitätskirche St. Pauli und dem Augusteum wurde das Denkmal am 30. Mai 1968 abgebrochen und eingelagert. Im Jahr 1977 erhielt es seinen neuen Platz an der Universität zwischen Hörsaalgebäude und Moritzbastei. Im Zuge der Neugestaltung des Universitätscampus wurde das Denkmal im August 2008 an seinen heutigen Standort im Innenhof des Campus der Universität Leipzig, dem sogenannten Leibnizforum, verlegt.

Die 3,60 Meter große Bronzestatue zeigt Gottfried Wilhelm Leibniz, der sich im zeitgenössischen Kostüm mit Perücke auf einen fast verdeckten Globus als Symbol politischer Macht stützt. In den Händen hält er ein Buch als traditionelles Attribut des Gelehrten. Dabei soll es sich laut historischer Überlieferung um das Manuskript des berühmten „ägyptischen Plans“ handeln, jene 1672 in Paris von ihm persönlich an Ludwig XVI. überreichte Denkschrift, bei der es sich um einen detaillierten Plan zur Eroberung Ägyptens handelte. Damit wollte Leibniz wohl vergeblich Frankreichs Expansionsdrang nach Deutschland in eine andere Richtung dirigieren. Sowohl der Globus als auch das Buch charakterisieren seinen historischen Handlungsspielraum. Um das Ausmaß seiner Bedeutung für die Wissenschaft zu veranschaulichen, stellte der Künstler Leibniz auf einen bronzenen Sockel, auf dessen Seiten die allegorischen Darstellungen der vier Fakultäten Philosophie, Theologie, Jurisprudenz und Medizin abgebildet sind und die Gesamtheit der Wissenschaft verkörpern: An der Vorderseite befindet sich das Sinnbild der Philosophie in Frauengestalt mit einem Spiegel in der erhobenen Rechten, in der Linken eine Rolle umfassend. Links davon befindet sich die Jurisprudenz, ebenfalls in Frauengestalt, die in der Linken ein Buch hält, dessen Deckel eine Waage ziert und mit dem Zeigefinger der Rechten in ein auf den Knien aufgeschlagenes Buch weist. Die Rückseite des Sockels trägt die Inschrift „Errichtet im Jahre 1883“ und bildet das Relief der Theologie in Frauengestalt ab, die in der Rechten ein Kreuz emporhält, während die Linke auf der aufgeschlagenen Bibel liegt. An der rechten Sockelseite befindet sich die Frauengestalt der Medizin mit einer Schale in der Rechten, aus der eine Schlange trinkt, in der Linken trägt sie eine Rolle. 

Täglich strömen tausende Studenten auf dem Weg in die Hörsäle oder in die Mensa an dem Denkmal in exponierter Lage vorbei oder verweilen dort in den Pausen. Einen besseren Standort für den Universalgelehrten gibt es in Leipzig nicht.

Stand 27.09.2023

Bildergalerie - Leibniz-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Leibniz-Denkmal

Kirche Hohen Thekla

Neutzscher Straße | Ortsteil: Thekla

Die Kirche Hohen Thekla befindet sich auf einer Erhebung oberhalb der Parthe im Leipziger Stadtteil Thekla. Im 12. Jahrhundert ursprünglich als romanische Wehrkirche errichtet überstand sie alle Kriege unbeschadet. Sie ist wahrscheinlich das älteste Gebäude auf dem heutigen Leipziger Stadtgebiet. Nach einem verheerenden Brand im Jahr 1959 wurde die gesamte Inneneinrichtung zerstört, lediglich die Umfassungsmauern der Kirche und ihre mittelalterliche Konstruktion blieben erhalten. Nach dem Wiederaufbau des Kulturdenkmals unter der Leitung von Fritz Ziel schuf der Dresdner Künstler Werner Hempel den Taufstein, das Lesepult und die Kanzel. Heute präsentiert sich die Kirche mit einer postmodernen Inneneinrichtung und einem romanischen äußeren Erscheinungsbild. Sie bietet rund 100 Sitzplätze und ist ganzjährig zu Gottesdiensten geöffnet. 

Mittelalterliche Baukunst am Fuße der Parthe


Aufgrund ihres urwüchsigen Erscheinungsbildes und ihren wuchtigen Mauern ragt die Kirche als eines der markantesten Bauwerke unter nur noch wenigen erhaltenen mittelalterlichen Bauten in und um Leipzig heraus. Der Kirchberg hebt sich mit seinen 129 Metern Höhe deutlich vom Niveau der Parthe auf 112 Metern ab, während sich um die Kirche vom Friedhof her zahlreiche interessante klassizistische und barocke Grabsteine gruppieren. Gemeinsam mit den Kirchen Panitzsch und Beucha erhielt die Kirche Hohen Thekla aufgrund dessen den Beinamen „Hohe Priester“. Der Name der vermutlich dem Heiligen Nikolaus geweihten Kirche stammt vom Kirchberg, welcher früher Hohentiegel, Hohentichel oder auch Hohentechla genannt wurde, wobei der Namen „Thekla“ vermutlich aus dem Slawischen entspringt.

Wuchtiges Bauwerk trotzte den Kriegen


Der Ursprung der Kirche Hohen Thekla reicht bis ins 10. Jahrhundert zurück, als auf dem Kirchberg bereits ein Sakralbau nachweisbar war. Sie wurde vermutlich im 12. Jahrhundert als Wehrkirche errichtet. Die im Turmbereich bis zu zwei Meter dicken Außenmauern wurden aus unterschiedlich großen Granitfindlingen errichtet und in der Fassade zunächst unverputzt belassen. Diese Bauweise verleiht der Kirche bis heute ein archaisches Aussehen. Erhalten sind der wuchtige Westturm, das niedrige Schiff und der rechteckige Chorraum in deutlich erkennbarer Dreigliederung. Das in gleicher Breite an den Turm anschließende Kirchenschiff besitzt einen elf Meter langen und acht Meter breiten Innenraum. Wie bei romanischen Kirchen typisch waren die Fenster des Kirchenschiffes sehr klein. Das wuchtige Bauwerk überstand ein Feuer während des Dreißigjährigen Krieges und konnte – wie aus einer entsprechenden Jahreszahl an der schmiedeeisernen Tür am Südeingang hervorgeht – bis 1660 wieder erneuert werden. Bei dieser Tür mit ihren Beschlägen und im oberen Teil sich zwei einander zugewandten Vögeln handelt es sich um eine Rarität. Sie gehörte einst zum Haupteingang der Kirche, bevor dieser an die Westseite des Turms verlegt wurde. Wenig später entstanden im Innern der Kirche Emporen mit bemalter Brüstung sowie eine bemalte Bretterdecke. Während der
Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurde der Kirchberg vom Befehlshaber der alliierten Nordarmee, dem schwedischen Kronprinz Jean Baptiste Bernadotte, als Beobachtungsstandort genutzt. Daran erinnern bis heute drei in den Kirchturmputz eingemauerte Kanonenkugeln. Am 29. April 1840 fand mit der Trauung des Politikers und späteren Volkstribun der 1948er Revolution Robert Blum und Eugenie Günther die wohl prominenteste Hochzeit der Kirche Hohen Thekla statt. Nur wenige Monate später gaben sich Robert Schumann und Clara Wieck in der benachbarten Gedächtniskirche Schönefeld ebenfalls das Ja-Wort.

Kontrastreich von Innen und Außen: Postmoderne trifft auf Romanik


Nach einem Entwurf des Leipziger Architekten
Julius Zeißig wurde 1889 an der Westseite des Kirchturms ein Rundbogenportal ergänzt, welches sich in gleicher Form noch heute präsentiert. Im Zuge der Vergrößerung der drei Fenster bis fast zum Erdboden gestaltete man auch die Südseite des Schiffes um. Weiterhin wurde an der Südseite des Chores eine Sakristei ergänzt, der westliche Teil des Chores untermauert und die Kirche von außen verputzt. Die Kirche Hohen Thekla war im Besitz der vermutlich ältesten Kirchenglocke im Leipziger Raum aus dem 13. Jahrhundert, welche bereits 1908 in den Besitz des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig im Alten Rathaus überging. Die Inneneinrichtung bestand aus einem Flügelaltar mit Mariendarstellung aus dem Jahr 1510, einem Taufstein aus romanischer Zeit, einer Kanzel von 1680 sowie einer Orgel. Nachdem die Kirche alle Kriege und Bombenangriffe im Leipziger Norden überstanden hatte, fiel deren wertvolles Inventar einem schweren Brand in der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1959 zum Opfer. Dabei handelte es sich um Brandstiftung von zwei betrunkenen Jugendlichen, die aus der Gemeinde stammten und ihren Einbruch in die Kirche vertuschen wollten. Während die Inneneinrichtung mitsamt Taufstein, Flügelaltar, Emporen, Bildern, Orgel und Deckenmalereien gänzlich zerstört wurde, blieben lediglich die Umfassungsmauern der Kirche und ihre mittelalterliche Konstruktion erhalten. Dank einer speziellen Kollekte der Sächsischen Landeskirche in Höhe von 190.000 D-Mark im Februar 1959 konnte bereits unmittelbar mit dem Wiederaufbau des bedeutenden Kulturdenkmals unter der Leitung des Architekten Fritz Ziel begonnen werden. Der Künstler Werner Hempel schuf den Taufstein, das Lesepult und die Kanzel. Chor, Kirchensaal und Turm erhielten neue Dachstühle, während das Südportal wieder geöffnet und die Turmöffnung im Westen geschlossen wurde. Die mit Eisenbeschlägen bestückte Tür von 1660 konnte an ihrem ursprünglichen Ort platziert und die rekonstruierte Kirche schließlich am 7. Oktober 1962 wiedereröffnet werden. Seitdem ist der Innenraum der Kirche von weiß verputzten Wänden und Brauntönen von der Holzbalkendecke und der Empore sowie von Steinmetzkunst aus den 1960er Jahren geprägt. Diese Gestaltung sorgt für einen besonderen Kontrast zwischen postmodernem Innern und romanischem Äußeren der Kirche. Im Jahr 1966 schuf die Bautzner Firma Eule eine neue Orgel. Hinter dem Altar befinden sich drei nebeneinander angeordnete, expressionistische Gemälde, die vom Leipziger Künstler Matthias Klemm geschaffen wurden. Das Triptychon stellt auf abstrakte Art und Weise in Rot-, Schwarz- und Holztönen Jesus‘ Kreuzigung bis zur Auferstehung dar. 

Seit Januar 2009 gehört die Gemeinde Hohen Thekla zur Evangelisch-Lutherischen Matthäuskirchgemeinde Leipzig Nordost, welcher noch die Gedächtniskirche Schönefeld sowie die Stephanuskirche Mockau angehören. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Kirche Hohen Thekla

Historisches Bildmaterial - Kirche Hohen Thekla

Kindermuseum Leipzig

Böttchergässchen 3 | Ortsteil: Zentrum

Das Kindermuseum wurde als Teil des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig am 28. Juli 2015 im Böttchergässchen neu eröffnet. Es bietet neben dem 2010 in Plagwitz gegründeten UNIKATUM Kindermuseum Leipzig Museumserlebnisse zum Anfassen für die ganze Familie. In Kooperation mit der Leipziger Messe werden in der Dauer- und Mitmach-Ausstellung „Kinder machen Messe“ die eng mit Leipzig verbundenen Themen Handel und Messe für Kinder ab sechs Jahren erlebbar gemacht. In sechs Themenbereichen können die Gäste spielerisch anhand von interaktiven Stationen die Ausstellung mit allen Sinnen entdecken. Bei der Ausstellung handelt es sich um ein deutschlandweit einzigartiges Museumsprojekt, welches erstmals die Messe in den Fokus einer Kinderausstellung rückt. 

Von der Waren- zur Mustermesse: Leipzigs Historie spielerisch entdecken


Wie bringt man Kindern Geschichte nahe? Am einfachsten, indem sie mitmachen, anfassen und ausprobieren dürfen. Besucher zwischen sechs und zehn Jahren können im ersten Obergeschoss des Stadtgeschichtlichen Museums die Geschichte und Bedeutung des Messegeschehens und des Handels in Leipzig vor 200 Jahren anhand von zahlreichen interaktiven Ausstellungselementen erkunden. Ziel des Ausstellungsprojektes war es, die Vielfalt der heutigen Besuchermessen auf kind- und zeitgemäße Weise darzustellen, Neugier zu wecken und die Entwicklung von der Waren- zur Mustermesse spielerisch verständlich zu gestalten. Seit der Eröffnung haben bereits zehntausende Gäste die Ausstellung im Zuge des Vorschul- und Schulunterrichts oder in ihrer Freizeit besucht.

Ein Messplatz für Kinder


Bei der Ausstellungseröffnung handelte es sich zugleich auch um die Neueröffnung des Kindermuseums, dessen Vorgänger – das Kindermuseum LIPSIKUS – 2012 für eine thematische Neuausrichtung geschlossen wurde. Für die Neukonzeption war insbesondere die unmittelbare Verbindung zur Stadtgeschichte von besonderer Bedeutung. Die kleinen Gäste können entdecken, was eine Messe ist, welche Ideen von dieser ausgehen und wie sich die Händler und Messebesucher selbst fühlten. Unter dieser Prämisse wurde das Kindermuseum in eine Mitmach- und Spielewelt verwandelt. Die entstandene Ausstellung „Kinder machen Messe“ steht ganz in der Tradition der Messestadt Leipzig. An zahlreichen interaktiven Stationen in insgesamt sechs Themenbereichen kann die Ausstellung mit allen Sinnen entdeckt werden: Waren aus fernen Ländern, darunter der Kakao, können ertastet, gewogen oder per Hörmemory erraten werden. Ausgestattet mit nach historischem Vorbild geschneiderten Kostümen können die Kinder außerdem in die Rollen der Marktfrauen, Marktschreier und Kaufleute der Leipziger Messewelt des 19. Jahrhunderts schlüpfen. Beim Messen und Wiegen der Waren werden alte Währungen, Gewichts- und Längenmaße veranschaulicht und in der Münzwerkstatt Geld selbst gestanzt. Über Spiele und an Medienstationen erfahren die Besucher mehr über den Weg der Waren auf den wichtigen Handelswegen Via Regia und Via Imperii. An diese erinnert seit 2017 auf dem Markt die Bodentafel
Leipzig im Schnittpunkt alter Handelsstraßen

Zwei eigene Bereiche sind dem für Leipzig bedeutsamen Buch- und Tuchhandel gewidmet. In einem weiteren Themenbereich wird anhand von Spielen wie Galgenkegeln und der Wundertrommel veranschaulicht, wie wichtig Vergnügen und Spaß bereits während den Besuchen auf der Leipziger Messe vor 300 Jahren waren.

Am Ende des Rundgangs tauchen die Gäste aus der vergangenen Messewelt in die gegenwärtige ein: Im Jahr 2021 entstand, ebenfalls in Kooperation mit der Leipziger Messe, der Ausstellungsbereich „Messe der Gegenwart“ in Form einer großen Wandfläche mit einer Vielzahl an neuen analogen und digitalen Ausstellungselementen. Im Design und den Spielen des Bereichs finden sich neue technische Entwicklungen ebenso wie die Zukunftsorientiertheit des heutigen Leipziger Messebetriebs wieder. Inhaltlich und visuell wird dadurch ein Bezug zum bereits bestehenden Ausstellungsbereich hergestellt. Zu den interaktiven Elementen zählen das Messe-Memory sowie ein Hologramm.

Wenn in der kurzweiligen Erlebnisausstellung lauthals fröhliche Kinderstimmen ertönen, dann geht das Motto der Ausstellungsmacher auf: Museum macht Spaß!

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Kindermuseum Leipzig

Karl-Heine-Denkmal

Käthe-Kollwitz-Straße 115 / Ecke Klingerweg | Ortsteil: Plagwitz

Das Karl-Heine-Denkmal befindet sich an der Grünanlage hinter der Klingerbrücke im Clara-Zetkin-Park an der Ecke von Käthe-Kollwitz-Straße und Klingerweg. Die von Carl Seffner entworfene, ca. drei Meter hohe Bronzestatue bildet den Leipziger Industriepionier Karl Heine (auch: Ernst Carl Erdmann Heine) auf einem 3,5 Meter hohen Granitsockel stehend ab. Das Denkmal wurde ursprünglich am 20. April 1896 eingeweiht. Im Zweiten Weltkrieg fiel die Bronzestatue der Rüstungsindustrie zum Opfer, lediglich der Sockel blieb bestehen. Am 22. Juni 2001 wurde im Auftrag der Stadt Leipzig die vom Modelleur Wolfgang Oester entworfene und in Lauchhammer geschaffene Nachbildung der Bronzestatue enthüllt.

Ein Denkmal für Leipzigs Industriepionier


Zu Hochwasserzeiten waren die im Westen Leipzigs gelegenen Dörfer bis ins 19. Jahrhundert zumeist abgeschnitten von der Stadt. Durch die übertretenden Flüsse
Elster und Pleiße entstanden Flusswiesen sowie sumpfige und damit unpassierbare Bereiche im Auwald. Dies hatte nicht nur wirtschaftliche, sondern auch aufgrund der von Mücken übertragenen Malaria gesundheitliche Folgen für die Einwohner. Eine Lösung für dieses Problem hatte Karl Heine mit seinem 1841 entwickelten Plan zur Trockenlegung und Bebauung der westlichen Vorstadt bis zum Dorf Plagwitz. Zu diesem Zeitpunkt hatte der 1819 in Leipzig als Sohn eines Rittergutsbesitzers geborene Karl Heine seine schulische Ausbildung an der Thomasschule beendet und bereits zwei Studienjahre Jura und Nationalökonomie an der Universität Leipzig absolviert. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts widmete sich Heine der Erschließung des Leipziger Westens und setzte sich für die industrielle Entwicklung des damaligen Dorfes Plagwitz ein, in dem rund 150 Einwohner lebten. Heine schuf durch großangelegte Wasser-, Straßen- und Brückenunternehmen die Voraussetzung zur späteren Bebauung und Industrialisierung des zuvor durch seine Versumpfung kaum nutzbaren Leipziger Westens. Basis für die erfolgreiche Ansiedlung von zahlreichen Firmen stellte die nach modernsten Gesichtspunkten geschaffene Infrastruktur mit Industriegleisanschlüssen dar. Der 1856 durch Heine angelegte Kanal, welcher von Plagwitz zur Elster führte und heute als Karl-Heine-Kanal nach ihm benannt ist, sollte die Elster mit der Saale verbinden, schiffbar machen und an die Elbe anschließen. Innerhalb weniger Jahre stieg die Einwohnerzahl in Plagwitz von 134 (1834) bis zur Eingemeindung des Ortes nach Leipzig im Jahr 1890 auf 13.045.

Obwohl Heine zu Lebzeiten häufig angefeindet und seine Projekte teilweise umstritten waren, mussten seine Kritiker nach seinem Tod 1888 den Wert seiner Projekte für die industrielle Entwicklung der kurz darauf eingemeindeten westlichen Vororte einräumen. Aus diesem Grund wurden immer mehr Stimmen laut, die eine Ehrung des „Pioniers des Leipziger Westen“ in Form eines Denkmals forderten. Daraufhin kam ein „Ausschuss für das Heinedenkmal“ unter der Leitung des Lindenauer Arztes und Freund Heines, Ferdinand Goetz, zusammen. Aufgrund der in beträchtlicher Summe zusammengetragenen Spendengelder wurde der damals noch relativ unbekannte Bildhauer Carl Seffner ohne vorangegangenen Wettbewerb mit der Schaffung einer naturalistischen Bronzestatue beauftragt. Acht Jahre nach Karl Heines Tod, am 20. April 1896, fand schließlich auf der Grünfläche neben Elsterflutbett, Käthe-Kollwitz-Straße und der Einmündung des Klingerweges am Clara-Zetkin-Park die feierliche Enthüllung des Denkmals statt. Diesem Festakt wohnten neben Bürgermeister Carl Bruno Tröndlin und Bildhauer Carl Seffner sowie hochkarätigen Honoratioren auch studentische Korporationen, Militärvereine ebenso wie Gesangs-, Turn- und Schrebervereine bei.

Dr. Heine im Wettermantel zwischen Eisenbahnschiene und Felsbrocken


Das Denkmal verkörpert bis heute Heines Lebenswerk in Form des industriellen Aufschwungs der Stadt im 19. Jahrhundert, das Leipzig zu einem der bedeutendsten Industriestandorte Deutschlands machte. Bei dem Denkmal handelt es sich um eines der eindrucksvollsten Beispiele deutscher Unternehmer-Standbilder des 19. Jahrhunderts, mit welcher Carl Seffners Karriere als Monumentalbildhauer begann. 

Da der vorherige Standort des Karl-Heine-Denkmals an der heutigen Käthe-Kollwitz-Straße zum Haupteingang des Palmengartens umgestaltet werden sollte, wurde das Karl-Heine-Denkmal zum Jahreswechsel 1937/38 auf die gegenüberliegende Straßenseite verlagert, wo es nicht lange stehen sollte: Im September 1942 wurde die Bronzestatue entfernt und im Rahmen der sogenannten „Metallspende des deutschen Volkes für den Führer“ für die deutsche Rüstung im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. Nach der Wende setzten sich zahlreiche Leipziger für den Wiederaufbau des Denkmals ein. Nach fast 60 Jahren, während derer der leere Denkmalssockel gegenüber dem Klinger-Hain stand und an das einstige Monument erinnerte, wurde schließlich am 22. Juni 2001 eine Nachbildung der Bronzestatue enthüllt. Dabei handelte es sich um ein rund 70.000 Euro teures Werk, welches im Auftrag der Stadt Leipzig in Lauchhammer nach einem Entwurf des Modelleurs Wolfgang Oester geschaffen wurde. Seitdem steht die Bronzestatue des Industriepioniers wieder auf ihrem Granitsockel an der Grünanlage Käthe-Kollwitz-Straße / Ecke Klingerweg.

Die von Carl Seffner entworfene und bei Pirner & Franz in Dresden gegossene, rund drei Meter hohe Bronzestatue bildet Karl Heine als entschlossen blickenden Mann in Alltagskleidung mit Wettermantel und einer Spitzhacke in der Hand ab. Zu seinen Füßen befinden sich Gegenstände mit symbolischer Bedeutung, darunter ein Stück Eisenbahnschiene, welche an das durch Industriebahnen erschlossene Industriezentrum Plagwitz erinnert. Das sich daneben befindliche Felsstück gilt als Symbol für die Nutzbarmachung des vom Kanalgrund gewonnenen „Heine’schen Knacks“ zu Ausfüllzwecken in der von Karl Heine trockengelegten Westvorstadt. Die sich in der Hand von Heine befindliche Spitzhacke spielt auf das „Vorwärts“ an, mit welchem Heine als Pionier neue Wege erschloss. Das ebenfalls von Carl Seffner stammende 3,5 Meter hohe Postament aus rotem schwedischen Granit wurde von der Firma Kessel & Röhl in Berlin geschaffen und trägt die Inschrift „ Dr. Heine“. 

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Karl-Heine-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Karl-Heine-Denkmal

Kanupark Markkleeberg

Markkleeberg | Wildwasserkehre 1

Der Kanupark Markkleeberg ist eine der modernsten Wildwasseranlagen in Europa und weltweit eine von sechs Strecken dieser Art. Der am Markkleeberger See im Leipziger Neuseenland gelegene und am 15. April 2007 eröffnete Wasserpark wurde im Zuge der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012 konzipiert. Seitdem werden im Kanupark jährlich etwa 450.000 Wassersportbegeisterte unterschiedlicher Leistungsklasse begrüßt.

Von der Olympia-Bewerbung zu einer der modernsten Wildwasseranlagen Europas


Der Bau des Kanuparks Markkleeberg geht ursprünglich auf die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012 zurück. Trotz der Absage und der letztlichen Austragung der Spiele in London wurde 2004 der Entschluss gefasst, die Anlage dennoch zu Zwecken der Rekultivierung der einstigen Braunkohlelandschaft im Leipziger Süden zu bauen. Der erste Spatenstich erfolgte am 15. April 2005, der Probebetrieb wurde im September 2006 aufgenommen. Für die Erstbefahrung der Strecke begaben sich die Slalomkanuten des Deutschen sowie des Sächsischen Kanu-Verbands auf das Wasser. Seit seiner Eröffnung am 15. April 2007 gilt der Kanupark als Besuchermagnet in der aufstrebenden Tourismusregion des Leipziger Neuseenlandes. Bereits in der ersten Saison 2007 öffnete der Wildwasserpark seine Pforten für rund 9.000 Freizeitsportler und insgesamt 200.000 Besucher. Im Jahr 2013 waren es bereits 22.000 Gäste und etwa 350.000 Besucher auf dem Gelände.

Unmittelbar nach der Fertigstellung des Parks dienten die Wildwasseranlagen als Trainingszentrum für die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking. Dank der mobilen Hindernisse vor Ort konnte die Pekinger Wettkampfstrecke optimal nachempfunden werden. Die 2017 durch eine künstliche, stehende Welle ausgebaute Trainingsstrecke wird seither von Profis und Anfängern gleichermaßen als Surfwelle genutzt. Technisch vergleichbar mit den Olympiastrecken in Rio de Janeiro, Sydney und London zählt der Kanupark Markkleeberg heute zu Europas modernsten Wildwasseranlagen. Er gilt nicht nur als Trainings-, sondern auch als Wettkampfanlage der deutschen Kanu-Slalom-Elite und Spitzensportlern aus aller Welt, darunter Jan Benzien und Franz Anton. Sie gewannen 2015 zusammen die Weltmeisterschaft im Zweier-Canadier. 

Wellen, Walzen, Strömungen: Obstacles sorgen für Adrenalinkick


Der Kanupark Markkleeberg verfügt über eine Wettkampfstrecke und eine Trainingsstrecke, zwischen welchen sich das Funktionsgebäude der Anlage mit Umkleidekabinen, Sachausgaben und der
KANU Wildwasser-Terrasse befindet. Die 270 Meter lange und 8,40 Meter breite Wettkampfstrecke weist einen Höhenunterschied von 5,20 Metern zwischen Start- und Zielbecken auf. Das über Pumpen in die Wasserkanäle beförderte Wasser variiert in seinem Volumen entsprechend der Anzahl an angeschalteten Pumpen zwischen 4 und 18 Kubikmetern pro Sekunde. Das Wasservolumen in der 130 Meter langen und 5,70 Meter breiten Trainingsstrecke variiert – ebenfalls je nach Anzahl der betriebenen Pumpen – zwischen 4 und 13 Kubikmetern pro Sekunde. Der Höhenunterschied zwischen Start- und Zielbecken beläuft sich auf 1,80 Meter. Dank der Bootsförderbänder zwischen beiden Becken ist ein Aussteigen zwischen den einzelnen Fahrten nicht notwendig.

Eine Besonderheit im Kanupark Markkleeberg stellen die mobilen Hindernisse, sogenannte „Obstacles“, dar. Durch diese können die Wildwasserbedingungen in den Wasserkanälen ständig verändert werden. Das ins Startbecken gepumpte Wasser fließt das natürliche Gefälle der Strecke hinunter und kann durch die Anordnung der Hindernisse in Bahnen gelenkt werden. Dadurch werden Wellen, Walzen, Strömungen oder Kehrwasser erzeugt sowie durch variierende Wassermengen die Fließgeschwindigkeit und Wucht des Wassers angepasst.

Zum Beobachten des Treibens auf dem Wasser oder zum Entspannen nach dem Rafting lädt die KANU Wildwasser-Terrasse ein. Auf der großzügigen Terrasse mit Panoramablick über die gesamte Anlage sowie den Markkleeberger See werden im Innen- und Außenbereich täglich Speisen und Getränke angeboten. Am Startbecken befindet sich das Wildwasser-Kiosk mit Freisitz, am Zielbecken das Bistro und Café mit Terrasse und Seeblick.

Von Bodyboarden bis Power-Rafting – Wildwasserspaß für jeden Geschmack


Die vielfältigen Angebote des Kanuparks bieten Wildwasserspaß und Nervenkitzel für jedermann: Beim Wildwasserrafting in Schlauchbooten für fünf bis neun Personen und einem Raft Guide, der durch das Wasser lenkt, ist der Spaß während sechs bis acht rasanten Fahrten vorprogrammiert. Hierbei werden zwei Pumpen mit ca. 10.000 Litern Wasser pro Sekunde eingesetzt. Wer Lust auf noch mehr Action hat, der kann sich beim Power-Rafting versuchen. Aufgrund der drei eingesetzten Pumpen und einer erhöhten Wassermenge von 14.000 Litern pro Sekunde verläuft die Fahrt den Kanal herunter noch wilder und schneller. Beim individuell buchbaren Duo-Rafting für ein bis zwei Personen steuert man gemeinsam mit dem Raft Guide in einem Schlauch-Canadier während der bis zu acht Wildwassertouren durch die reißende Strömung der Anlage.

Einmalig in Mitteldeutschland ist der „Surfspot“ im Kanupark: Durch eine stehende Welle und 5.000 Liter Wasser pro Sekunde können sich die Besucher hier im Bodyboarden und beim Wellensurfen auf einem Surfbrett versuchen. Ziel bei letzterem ist es, auf der Welle – je nach eingesetzter Wassermenge – zwischen 50 und 120 Zentimetern ohne Hilfsmittel zu stehen. Der anfängliche Einsatz einer Haltestange soll den Kursteilnehmern zunächst ein Gefühl für das Surfbrett verschaffen. Fortgeschrittene können sich beim Profi-Wellensurfen mit einer höheren eingesetzten Wassermenge von 8.000 Litern austoben.

Beim Wildwasser-Kajak werden Grund- und Anfängerkurse, Einzeltraining sowie Kenterrollen- und Packrafting-Kurse angeboten. Wer bereits über umfassende Kenntnisse des Kajak-Fahrens verfügt, der kann sich beim Wildwasser-Kajak-„Profi“-Angebot im Wildwasser austoben. Für alle Wassersportbegeisterten, die an ihre Grenzen gehen möchten, bieten sich die Hydrospeed-Kurse an. Hierbei begibt man sich mit einem Thermoplast-Bob in die Fluten. Wem nach etwas weniger Action auf ruhigem Wasser zumute ist, der kann im Drachenboot mit bis zu 18 Paddlern oder im Mannschafts-Canadier mit bis zu neun Paddlern den Markkleeberger See erkunden.

Alljährliche Highlights: Pappbootrennen, Paddelfestival und Kanu-Slalom-Rennen


Neben den verschiedenen Wildwasser-Angeboten ist der Kanupark Markkleeberg auch Austragungsort zahlreicher Veranstaltungen. Ein alljährliches Highlight ist der ICF Kanu-Slalom-Weltcup mit ca. 200 Wettkämpfern aus etwa 35 Nationen. Neben den olympischen Disziplinen des Wildwasser-Kanu und -Kajak paddeln beim Canoe-Slalom-Extreme-Rennen vier Athleten nach einem Rampensprung zeitgleich um den Sieg. Ein weiteres Event ist jedes Jahr das XXL-Paddelfestival, bei dem sich bei Workshops, Probefahrten in Testbooten, Schnupper-Angeboten, Technik-Kursen und geführten Kanu-Touren alles um den Kanusport dreht. Auch für das Pappbootrennen zieht es alljährlich tausende Besucher in den Kanupark Markkleeberg. Während des Spektakels haben vor Ort insgesamt 15 Teams drei Stunden Zeit, um aus Pappe und Klebeband ein Pappboot zu bauen und dieses anschließend im Wildwasser auf seine Fahrtauglichkeit zu testen.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Kanupark Markkleeberg

Historisches Bildmaterial - Kanupark Markkleeberg

Kabarett academixer

Kupfergasse 2 | Ortsteil: Zentrum

Als Leipzigs zweitälteste „Brettlbühne“ wurde das Kabarett academixer 1966 als Studentenkabarett der Karl-Marx-Universität Leipzig gegründet. Nachdem die Truppe zunächst nebenberuflich durch die DDR tourte, entwickelten sich die academixer 1976 zum Berufskabarett und erhielten 1980 ihre feste Spielstätte im Keller des ehemaligen Messehauses Dresdner Hof. Zum heutigen Ensemble der academixer zählen über 20 Darsteller und Musiker, welche neben aktuellen politischen Themen auch sächsische Mundartprogramme, ebenso wie satirische und literarisch-musikalische Stücke vorführen. Der Art-Déco Bühnensaal im Untergeschoss des Gebäudes bietet Platz für 250 Gäste.

Vom Amateur- zum Berufskabarett


Bereits in der Antike galt Satire als staatserhaltend. Den Kabarettisten, welche als öffentliche, couragierte Kritiker des Missstandes stellvertretend für das Publikum agierten, war die Verehrung und uneingeschränkte Zuneigung der Zuschauer sicher. Mit der bundesweit höchsten Kabarettdichte pro Kopf gilt Leipzig als die deutsche Kabarett-Hauptstadt. Bereits zur Geburtsstunde des Kabaretts in Deutschland am 18. Januar 1901 mischte neben München, Berlin und Wien auch Leipzig kräftig mit. In den 1920er Jahren besaß die Stadt mehr als ein Dutzend Brettlbühnen, für die Größen wie
Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Joachim Ringelnatz oder Lene Voigt Stücke schrieben. In den 1980er Jahren gab es in Leipzig neben Dutzenden Amateurtruppen zwei Profi-Kabaretts, was für die damaligen Verhältnisse viel war. Mit der Wende vervielfachten sich die Profi-Ensembles, jedoch verkümmerten zahlreiche Neugründungen trotz des politischen Aufwinds aufgrund des marktwirtschaftlichen Gegenwinds.

Bei dem 1954 gegründeten Kabarett Leipziger Pfeffermühle handelt es sich um Sachsens ältestes und traditionsreichstes Kabarett. Unmittelbar darauf folgt das Kabarett academixer. Dieses wurde 1966 als Studentenkabarett der Karl-Marx-Universität gegründet, woraus sich die von „akademisch“ abgeleitete Bezeichnung ergibt. Es formierte sich aus den Resten eines Kabaretts gleichen Namens, welches zwei Jahre zuvor am Dolmetscher-Institut entstanden war. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Jürgen Hart, Gunter Böhnke, Bernd-Lutz-Lange und Christian Becher, welche als Ensemble über viele Jahre das Spiel der academixer prägten. „Kein X für U“ hieß das erste Programm, „Agit Pro & Kontra“ und „SchonZeit für Ideale“ nannten sich weitere Programme der Kabarettisten. Nachdem die Truppe zunächst mehr als zehn Jahre nebenberuflich durch die DDR tourte, entwickelten sich die academixer 1976 zum Berufskabarett und erhielten 1980 ihre feste Spielstätte im Keller des ehemaligen Messehauses Dresdner Hof. Dies war zur damaligen Zeit eine Seltenheit, da jede Bezirksstadt nur ein Kabarett beherbergen durfte und Leipzig bereits das Kabarett Leipziger Pfeffermühle besaß. Aufgrund des großen Erfolgs und der Einnahmen aus den Eintrittspreisen der academixer, waren diese für die Stadt jedoch unentbehrlich. Die Spielstätte in Form der repräsentativ eingerichteten Empfangshalle des in den 1920er Jahren errichteten Messehauses beinhaltete Friseur, Wannenbad, Rezeption, Bar und Post. Nach dem Umbau der Räumlichkeiten zum Kleinkunsttheater entstand ein besonderer Charme aus Nostalgie und Funktionalität.

Nächtliche Warteschlangen vorm Kassenhäuschen der „Mixer“…


Gründungsmitglied Jürgen Hart war bis 1990 Leiter des Kabaretts. Seine Führung, Regiearbeiten und Texte verhalfen den academixern maßgeblich zum Erfolg auf nationaler Ebene. Eintrittskarten für die Kabarettaufführungen wurden zu dieser Zeit nur zweimal jährlich verkauft. Die Zuschauer reihten sich nachts in die Warteschlange in der Kupfergasse ein, um rechtzeitig vor dem Ausverkauf – nach maximal vier Stunden – Tickets für mehr als vierhundert Veranstaltungen des Jahres am Kassenhäuschen zu erwerben. Im Jahr 1992 wurde das Kabarett academixer zu einer GmbH umgewandelt, in deren Folge nun täglich Eintrittskarten gekauft werden konnten. In ihren Darbietungen beschäftigte sich das Kabarett auch verstärkt mit den Wende-Nachwehen: „Da gibt es für die Zeiterscheinung eine Wegwerfmeinung, für die Weltanschauung Wegwerfbücher und wir Witzemacher machen Wegwerfwitze über Wegwerfköpfe der Regierungsspitze“ heißt es etwa im Lied „Wir werfen weg“. In den neueren Stücken spielten Themen wie der Kapitalismus eine Hauptrolle. Im Jahr 1995 nahmen die academixer als Vertreter Deutschlands am Kabarettfestival in Luxemburg teil. Das Repertoire reicht von politischem Kabarett, über sächsische Mundartprogramme bis hin zu satirischem Theater. Im Gegensatz zum literarischen oder journalistischen Kabarett pflegen die „Mixer“, wie sie im Volksmund genannt werden, vorrangig das Ensemblespiel.

Sächsische Mundartprogramme und Satire-Theater im Art-Déco-Interieur


Während der Sanierung des gesamten Gebäudekomplexes der Spielstätte 1999/2000 spielten die academixer zwischenzeitlich in der benachbarten Kalinin-Mensa, dem heutigen
Kupfersaal. Die Interimsspielstätte nannten sie „Lampenladen“. Zum heutigen Ensemble der academixer zählen über 20 Darsteller und Musiker, welche neben aktuellen politischen Themen auch sächsische Mundartprogramme, ebenso wie satirische und literarisch-musikalische Stücke vorführen. Entsprechend der individuellen Autoren-Handschrift reichen die Darbietungen von locker und heiter bis hin zu schwarzhumorig. Stammgäste bei den academixern sind nach wie vor die Gründungsmitglieder Bernd-Lutz Lange und Günter Böhnke. Das Star-Duo war nicht nur in Sachsen ein Markenzeichen des Kabaretts. Obwohl sich beide 1988 als erfolgreiche Buchautoren in die Selbstständigkeit verabschiedeten, blieben sie dem Kabarett für Gastspiele ihrer Solo-Programme bis in die Gegenwart erhalten. Weitere heimische Kabarettgrößen sind Tom Pauls, Katrin Weber und Uwe Steimle. Abgerundet wird das Repertoire mit Gastspielen namhafter Größen der deutschsprachigen Kabarettszene, darunter Gerd Dudenhöffer und Max Uthoff. Der Leitspruch der academixer lautet „Täglich ein Programm“, wobei die Kabarettisten diesen Spruch zwischenzeitlich mit sogar zwei Vorstellungen am Tag noch übertreffen. 

Der academixer-Keller im ehemaligen Untergeschoss des Dresdner Messehofes ist von einem originalen Art-Déco Interieur geprägt. Die Decken- und Wandflächen im Bühnensaal sind mit Stahlbetonträgern unterbrochen und mit farbigem Spiegelglas ausgestaltet. Einen Kontrast bildet die originale Marcel-Breuer-Bestuhlung im Zuschauerraum im Stil der Bauhaus-Architektur mit 250 Plätzen im Mittel- und Seitenparkett. Das Treppenhaus ist mit allegorischen Alltagsbildern in Lebensgröße an den Wänden und zahlreichen, von den Kabarettisten zusammengetragenen Accessoires des Genres, gestaltet. Neben unterhaltsamen Kabarettdarbietungen können die Gäste in der zur Spielstätte gehörenden „Mixer“-Gaststätte speisen und trinken. Egal ob zur Einstimmung auf die Vorstellung oder Tisch an Tisch neben den Kabarettisten im Nachhinein: Bei einem Speisenangebot aus verschiedenen Nostalgie-Gerichten, darunter Soljanka, Fettbemmen oder Karlsbader Schnitte, kommt fast jeder Gast auf seine Kosten.

In den lauen Monaten findet alljährlich das Sommerkabarett der academixer im Paulaner Palais in der Klostergasse mit den Partnern Café Madrid und Restaurant Paulaner statt. Aus dem Veranstaltungskalender nicht wegzudenken ist im Sommer das alljährliche Leipziger Zoo Spezial, bei welchem die Zuschauer erstklassiges academixer-Kabarett im Gründergarten des Zoo Leipzig erleben können. Ein jährlicher Höhepunkt ist auch das Internationale Humor- und Satirefestival Leipziger Lachmesse, welches an acht Tagen auf den Bühnen der innerstädtischen Kabaretthäuser stattfindet. Die präsentierten Genres reichen von Kabarett, Musik und Komödie bis Dichtung und Pantomime.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Kabarett academixer

Handschwengelpumpen

Stadtgebiet | Ortsteil: Zentrum und verschiedene Ortsteile

Zum Zweck der städtischen Wasserversorgung wurden zwischen 1886 und 1904 die ersten Handschwengelpumpen in Leipzig gebaut. Als eine der wenigen deutschen Städte ließ Leipzig ab der Hälfte des 19. Jahrhunderts die gusseisernen Gehäuse öffentlicher Handschwengelpumpen mit Schmuckelementen künstlerisch gestalten. Es gab fünf Grundtypen: die Vogelkäfigpumpe, die Delphinpumpe, die gotische Pumpe, die Pumpe mit dem großen Löwen und die Pumpe mit dem kleinen Löwen. Von den knapp 300 Pumpen sind heute nur noch rund 50 in Leipzig erhalten und stehen unter Denkmalschutz.

Von der städtischen Wasserversorgung zum Zierobjekt


Die Handschwengelpumpen an einigen Leipziger Straßenecken zeugen noch heute von einer früheren Art der Wasserversorgung mittels beschwerlicher Eimertransporte zwischen Pumpe und Wohnung anstelle des Wasserhahns. Die Versorgung der Stadt Leipzig mit Trinkwasser erfolgte einst ausschließlich durch die naheliegenden Flüsse sowie die Grundwasser- und Schachtbrunnen. Im Mittelalter existierten in der Stadt zwei Brunnenarten: die Röhrenbrunnen, welche das Wasser aus Quellen über Holzröhren gewannen, ebenso wie Schöpf- und Zierbrunnen. Ab der Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelten sich die Pumpen technisch weiter. Der ursprünglich offene Brunnenschacht des Schöpfbrunnens sowie des ebenfalls offenen Wasserkastens des Röhrenbrunnens wurde fortan durch das über ihm befindliche Pumpengehäuse geschützt. Das Pumpengehäuse, der Pumpenkolben und der Handschwengel bestanden aus Holz, die Ventile aus Lederscheiben und das Pumpengestänge zum Teil aus Kupfer.

Waren die Pumpen früher für die Menschen lebenswichtig, dienen sie heute vor allem der Zierde. Zwischen 1886 und 1904 entstanden in der prosperierenden Stadt die ersten Handschwengelpumpen. Bereits ab der Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die hölzernen durch gusseiserne Pumpen ersetzt und neue Standorte für die Brunnen geschaffen. Um die Jahrhundertwende entstanden insgesamt 282 öffentliche Handschwengelpumpen in der Innenstadt sowie verteilt im gesamten Stadtgebiet mit dem Zeitgeschmack entsprechenden, teilweise kunstvollen Brunnengehäusen. Die Pumpen wurden nach den Schmuckelementen der Gehäuse benannt. Zu dieser Zeit unterschied man in Leipzig fünf verschiedene Typen: die Vogelkäfigpumpe, die Delphinpumpe, die von neogotischer Ornamentik geprägte gotische Pumpe als älteste gusseiserne Pumpe, die Pumpe mit dem großen Löwen und die Pumpe mit dem kleinen Löwen. Die Pumpen wurden noch bis zur flächendeckenden zentralen Wasserversorgung 1927 gebaut. Als im Zuge der Bombenangriffe 1943/44 vielerorts die Wasserversorgung zusammenbrach, wurden die Brunnen kurzzeitig reaktiviert.

Gusseiserne Kolosse am Straßenrand: Von Delphin bis Vogelkäfig


Bis Mitte 1984 befand sich in der Burgstraße unmittelbar vor dem Restaurant
Thüringer Hof eine gotische Pumpe, welche aufgrund von geplanten Restaurierungsarbeiten durch die VEB Wasser- und Abwasserbehandlung Leipzig demontiert wurde. Heute steht sie wieder am alten Platz. In der Innenstadt kann man alle Pumpentypen bewundern, darunter auch restaurierte und funktionstüchtige Vogelkäfigpumpen, zum Beispiel in der Magazingasse sowie im Peterssteinweg an der Ecke zur Münzgasse. Insbesondere in den äußeren Stadtbezirken gibt es noch zahlreiche Delphinpumpen. Eine solche Pumpe befindet sich noch auf dem Mittelstreifen der August-Bebel-Straße stadteinwärts zwischen Kurt-Eisner-Straße und August-Bebel-Straße. In der Bürgerstraße sowie in der Erich-Ferl-Straße ist noch eine durch eine Krone als oberen Abschluss des Pumpengehäuses gekennzeichnete kleine Löwenpumpe zu sehen. Demgegenüber sind die gotische und die Vogelkäfigpumpe durch stilisierte Hauben und Kuppeln als oberen Abschluss gekennzeichnet. Die Pumpe mit dem kleinen Löwen ist mit einem sitzenden Löwen aus getriebenem Zinkblech bekrönt, während auf der Pumpe mit dem großen Löwen ein halb aufgerichteter, sich mit den Vorderpfoten auf das Stadtwappen stützender Löwe abgebildet ist. Die Pumpe mit dem großen Löwen gibt es ausschließlich in Leipzig, während die anderen vier Typen in mehreren Städten vertreten sind. Die aus Meißen stammende Delphinpumpe war durch zwei einen Dreizack umschlingende Delphine gekennzeichnet. Da von vielen Handschwengelpumpen die charakteristischen Figuren fehlen, sind die meisten Pumpentypen als solche heute kaum mehr erkennbar.

Von den knapp 300 öffentlichen Handschwengelpumpen sind heute nur noch etwa 50 erhalten. Obwohl diese als Markenzeichen Leipzigs gelten und unter Denkmalschutz stehen, sind viele vom Verfall bedroht. Von den bereits restaurierten Pumpen spenden nur noch wenige Wasser. An einigen Stellen lässt sich noch von einer speziellen steinernen Grundplatte entnehmen, dass dort früher eine Pumpe war und sich eventuell darunter noch eine Brunnenstube befindet. Die historischen Pumpen haben heute eher eine dekorative Aufgabe. Im Waldstraßenviertel und in Gohlis gibt es kaum Pumpen, da dort einst das Großbürgertum lebte und die Häuser im Zuge der heutigen Bebauung ab 1850 direkt an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen wurden. Da dies im weniger wohlhabenden östlichen Stadtteil zu teuer war, mussten die Bewohner hier noch länger den Weg zur Pumpe zurücklegen.

Die Idee der Handschwengelpumpen und der damit verbundenen Erfrischung haben die Wasserwerke Leipzig mit dem Konzept Trinkbrunnen in Leipzig wieder aufgegriffen und nahmen am 12. Juli 2017 in der Petersstraße den ersten öffentlichen Trinkbrunnen in Betrieb. Es handelte sich um den Wiener Brunnen des Wiener Künstlers Hans Muhr, der von 1999 bis 2012 an der Hainstraße stand und dann dem Neubau des Geschäftshauses Hainspitze weichen musste. Seitdem stellten die Wasserwerke weitere Trinkbrunnen auf. Die praktischen Durstlöscher befinden sich inzwischen auch vor der Tourist-Information Leipzig (Katharinenstraße 8), am Augustusplatz nahe dem Gewandhaus zu Leipzig und am Skatepark Grünau

Stand: 26.09.2023

Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Menckestraße 5 | Ortsteil: Gohlis-Süd

Die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ wurde 1899 von Carl Cajeri in der Menckestraße 5 eröffnet. Seit ihrer Gründung wird dort die obergärige Bierspezialität Gose ausgeschenkt, welche bereits im Mittelalter in Goslar gebraut wurde und 1738 nach Leipzig kam. Sie ist die einzige noch erhaltene historische Gosenschenke Leipzigs.

Trinken ganz ohne Bedenken in Leipzigs größter Gosenschenke


Der Beiname des Gasthauses geht auf den Kellner
Karl Schmidt zurück. Dieser antwortete um 1900 auf die häufig gestellte Frage „Kann man das Gesöff Gose auch trinken?“ stets mit „Ohne Bedenken.“. Um 1900 war die Blütezeit der Gose sowie der Gosenschenken. Von all den zahlreichen Gosenstuben, die ab Mitte des 18. Jahrhunderts in Leipzig existierten, ist heute nur eine einzige am historischen Ort erhalten: die Gosenschenke „Ohne Bedenken“. Ihre Geschichte reicht bis 1899 zurück. In diesem Jahr verlegte die Wirtsfamilie Cajeri ihre Gaststube aus der Leipziger Innenstadt in den Ortskern des Dorfes Gohlis bei Leipzig. Carl Cajeri erbaute dort in der heutigen Menckestraße 5, unweit des Rosentals, von 1904 bis 1905 die größte Gosenschenke Leipzigs mit über 300 Innenplätzen und einem Biergarten mit mehr als 100 Plätzen. Seinerzeit galt die Gosenschenke als heimliche Stammkneipe des Architekten Hugo Licht, der sich in dem urigen Lokal außerhalb der Innenstadt verpflichtenden Fragen entziehen und ungestört seine Gose trinken konnte.

Die Gosenschenke überdauerte die Kriegs- und Nachkriegszeit und wurde bis 1920 von Carl Cajeri geführt. Davon zeugt noch heute die an der Rückseite des Gebäudes angebrachte Sonnenuhr, welche ebenso wie die Goseflasche über der Tür die Fassade nach dem italienischen Garten ziert. Eine besondere Attraktion war zu dieser Zeit das „Abtragen“ von Studenten, welche zu tief ins Goseglas geschaut hatten und auf einer hölzernen Trage zum Pleißeufer geschafft und ins knietiefe Wasser gekippt wurden. Zwischen 1922 und 1932 bewirtete August Kurtz die Gäste, bis die Gosenschenke im Jahr 1936 von Karl Matthes übernommen wurde. Zu dieser Zeit hatte der Betrieb eine erhebliche Größe von 16 Angestellten, die Speisekarte beinhaltete mehr als 80 Gerichte, darunter Speisen wie „Krebsschwänze in Dill“, „Doppeltes Lendenstück“ und spezielle „Ohne Bedenken“ Platten.

In der Bombennacht des 4. Dezember 1943 wurde die Gosenschenke stark beschädigt und der Biergarten größtenteils zerstört. Die Lauben brannten nieder und der Keller wurde mit 500 Liter Gose überschwemmt, da das Eichenfass zerstört wurde. In den heil gebliebenen Gebäudeteilen wurde in den Nachkriegsjahren weiter bewirtet. Braumeister Friedrich Wurzler belieferte die Gosenschenke mit Döllnitzer Rittergutsgose, bis der Betrieb 1958 schließlich eingestellt werden musste. Die Gosenkultur wurde von der offiziellen DDR-Kulturbürokratie als „kleinbürgerlich und heimattümelnd“ diffamiert und passte nicht in das sozialistische Weltbild. In diesem Zuge wurden zahlreiche Baudenkmale abgebrochen, darunter 1960 die historische Kümmelapotheke in Eutritzsch. Die Gose geriet in Vergessenheit. Ab 1960 wurde die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ zum „Kulturzentrum der Nationalen Front“ umgebaut und in den Folgejahren unter anderem als Bibliothek und Radiologie genutzt. Nur sechs Jahre später musste auch der letzte Leipziger Goseausschank im traditionsreichen Hotel Fröhlich in der Wintergartenstraße eingestellt werden.

Vom Geheimtipp zur weltbekannten Pilgerstätte der Goseliebhaber


Im Jahr 1985 ließ der Gastronom
Lothar Goldhahn in seiner Berliner Brauerei Gose brauen und nach Leipzig liefern. Aufgrund eines Artikels in den „Leipziger Blättern“ von Gunther Böhnke wurde Goldhahn auf die Gosenschenke aufmerksam und verpflichtete sich, diese wiederzubeleben. Nur ein Jahr später, am 14. Mai 1986, wurde die Gosenschenke „Ohne Bedenken“ von Goldhahn feierlich wiedereröffnet und die goselose Zeit in Leipzig hatte ein Ende. Die alte Holzvertäfelung wurde umfangreich rekonstruiert und die historischen Räumlichkeiten wurden von Goldhahn mit thematischen Sammlungsstücken zum Thema Gose ausgestattet, darunter Reklameschilder, Ansichtskarten, Flaschen, Bücher, Bierdeckel und Speisekarten. Diese kann man noch heute in den Gaststuben bewundern. Zwischen 1985 und 1990 war Wladimir Putin in Leipzig als KGB-Agent stationiert und kehrte regelmäßig in der Gosenschenke ein. Sein Lieblingsgericht „Cajeris Liebling“ – Schweinesteak mit heißer Leberwurst und Bratkartoffeln – genoss er stets mit einer Gose.

Zur Wiedereröffnung 1986 noch ein Geheimtipp, wurde das traditionsreiche Gasthaus schnell zu einem Pilgerort der Goseliebhaber. Lothar Goldhahn hatte einen „Werksstandard“ für die Produktion der Gose entwickelt und bezog diese bis 1990 aus Berlin.
Mit der Wiedervereinigung wurde Dr. Hartmut Hennebach 1990 Pächter und 1995 Eigentümer der Gosenschenke. Mit der Gründung des Kabaretts „Gohglmohsch“ entwickelte er diese auch zur Kleinkunstbühne. Mitte der 1990er Jahre erfreute sich die Gosenschenke wachsender Beliebheit. Ohne Vorbestellung konnten die Gäste oftmals keinen Platz bekommen. Um dem Ansturm gerecht zu werden, baute Hennebach das Wirtshaus sowie den Biergarten 1994 wieder in seiner ursprünglichen Größe bis zum Poetenweg aus. Goldhahn ließ die Gose noch bis 1995 in Dahlen brauen, danach wurde Thomas Schneider als Braumeister der Gose in Weissenburg eingesetzt. Ab 1999 braute Schneider die „Leipziger Gose“ in seiner neuen Lokalität Bayerischer Bahnhof Gasthaus und Gosebrauerei in Leipzig. Im selben Jahr wurde auch die Herstellung der ursprünglichen „Döllnitzer Ritterguts Gose“ wieder aufgenommen. Damit gab es in Leipzig wieder zwei Gosebrauereien. 2012 wurde der langjährige Geschäftsführer Jens Gröger neuer Gosewirt der Gosenschenke „Ohne Bedenken“, die noch heute das Flair der Zwanziger Jahre besitzt. Seit 2010 zählt sie zu den 150 besten Bierlokalen weltweit. Der Biergarten wurde seit 2012 mehrmals zu den schönsten Biergärten in Deutschland gewählt. Seit 2017 wird in der Gosenschenke in der kleinen Gasthausbrauerei die „Edelgose“ gebraut und ausgeschenkt, welche bei den „World Beer Awards“ 2019 erstmals mit „Gold“ ausgezeichnet wurde. Seit 2018 braut Jens Gröger auch das „Kellergold“, seit 2020 den „Schwarzen Hahn“ sowie saisonale Craftbiere wie India Pale Ale. Neben Goseverkostungen finden in der Gosenschenke auch Führungen, Live-Musik-Veranstaltungen, Kabarett und Kleinkunst statt. Bis zum Jahr 2015 erfolgte bei einem Biergartenfest die Wahl der Miss Ohne Bedenken.

Urige Gaststuben hinter historischem Jugendstil-Gewand


Die Gosenschenke präsentiert sich noch heute in der Fassade von 1905: Das Gebäude mit seinem markanten runden „Gose-Erker“ mit Girlandenschmuck und fünf Porträtmedaillons wurde nach Entwürfen des Architekten
Wilhelm Becker im Jugendstil errichtet. Die mit dunklem Holz ausgekleidete Historische Gaststube im Erdgeschoss, ehemals „Biedermeierstübchen“, ist der einzige, original erhaltene Gastraum im authentischen Ambiente von 1905 und bietet Platz für 60 Gäste. Den rustikalen Bierkeller mit seinem alten Kellergewölbe erreicht man über eine historische Wendeltreppe. Mit seinen 40 Plätzen eignet sich dieser ideal für gemütliche Stammtischrunden. Das traditionelle Vereinszimmer und die „Kleine Gaststube“, mit ihrer Holzvertäfelung verfügen über 20 bis 35 Plätze. In den Sommermonaten lädt der urige Biergarten im authentischen Ambiente von 1899 zum Verweilen ein. Eingerahmt von Gründerzeitbauten zählt dieser zu den ältesten der Stadt und bietet 500 Plätze. Unter dem dichten, alten Baumbestand können die Gäste neben einer frisch gezapften Gose bei schönem Wetter Spezialitäten vom Holzkohlegrill genießen. Sollte man doch einmal von einem Regenschauer überrascht werden, bietet der Biergarten zwei überdachte Terrassen. Die Speisekarte beinhaltet noch immer traditionelle Gerichte von 1905, darunter das „Gose-Häppchen“ – sauer eingelegter Camembert, Fettbemmchen und saure Gurke – oder hausgemachten Zwiebelkuchen.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Historisches Bildmaterial - Gosenschenke „Ohne Bedenken“

Goerdeler-Denkmal

Martin-Luther-Ring | Ortsteil: Zentrum

Das Goerdeler-Denkmal befindet sich an der Südwestecke des Neuen Rathauses am Martin-Luther-Ring. Es erinnert an Carl Friedrich Goerdeler, der von 1930 bis 1937 Leipzigs Oberbürgermeister war, von seinem Amt aus Protest gegen die nationalsozialistische Politik zurücktrat und 1945 von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde. Das Denkmal wurde 1999 nach einem Entwurf des amerikanischen Künstlerpaares Jenny Holzer und Michael Glier errichtet. Dabei handelt es sich um einen fünf Meter tiefen Glockenschacht, in welchem sich eine Bronzeglocke befindet, welche viermal täglich sowie an besonderen Tagen schlägt. Der Schacht wird ebenerdig von einer Art Amphitheater bestehend aus drei kreisrunden Steinstufen mit eingravierten Zitaten Goerdelers umschlossen. Das Denkmal dient als Mahnmal für Widerspruchsgeist und Zivilcourage gleichermaßen.

Leipzigs einstiger Oberbürgermeister: Gegner und Opfer des Nationalsozialismus


Carl Friedrich Goerdeler war von 1930 bis 1937 Oberbürgermeister Leipzigs. Er hatte stets den Ruf, sein Amt wie ein preußischer Beamter auszuüben sowie keinesfalls konfliktscheu zu agieren. Goerdeler positionierte sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gegen unrechtes Handeln, darunter den Boykott jüdischer Geschäfte oder die Umbenennung von nach jüdischen Personen benannten Straßen. Besonders energetisch wandte sich Goerdeler gegen alle Anläufe der NSDAP, das
Mendelssohn-Denkmal am Alten Gewandhaus zu zerstören. Dessen Abriss in seiner Abwesenheit durch nationalsozialistische Befürworter war für Goerdeler 1936 Anlass, sein Amt als Oberbürgermeister niederzulegen. In den Folgejahren verteidigte Carl Friedrich Goerdeler seine Überzeugungen gegen das NS-Regime mit herausragender Standfestigkeit und Willensstärke. Auf seinen Reisen ins Ausland zwischen 1937 und 1939 warnte Goerdeler insbesondere die Großmächte vor dem Kriegstreiber Adolf Hitler und brachte deutschlandweit Gesinnungsgenossen aus verschiedenen politischen Richtungen zusammen. Spätestens seit Kriegsbeginn zählte er zu den führenden zivilen Vertretern der Widerstandsbewegung. Nach dem missglückten Attentat von Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Hitler am 21. Juli 1944 wurde Goerdeler im August denunziert und verhaftet. Später verurteilte ihn der Volksgerichtshof zum Tode und ließ ihn am 2. Februar 1945 von den Nationalsozialisten in Berlin-Plötzensee hinrichten.

Zwei künstlerische Wettbewerbe stellen die Weichen für das Goerdeler-Denkmal


Am 16. November 1993 beschloss die Leipziger Stadtverordnetenversammlung die Ehrung Carl Friedrich Goerdelers „mit einer Plastik bzw. einem künstlerischen Objekt“. Als Ort für das Denkmal wurde die Südwestecke des Neuen Rathauses, direkt unter dem Arbeitszimmer des Oberbürgermeisters, benannt. Entscheidend für den Entschluss zur Ehrung Goerdelers war seine mutige Beteiligung am Widerstand gegen Hitler. Bis dahin hatte Leipzig bereits zwei seiner Stadtoberhäupter mit öffentlichen Denkmälern geehrt, darunter jenes für seine Bürgermeister
Carl Wilhelm Müller sowie Otto Koch. Ersteres befindet sich gegenüber dem Hauptbahnhof in der Grünanlage des Promenadenrings am Unteren Park, letzteres auf dem Promenadenhügel am Roßplatz in der Lenné-Anlage. Unter Federführung des Kulturamtes wurde 1994, knapp 50 Jahre nach dem Tod Goerdelers, ein internationaler offener künstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben. Die rund 80 Einsendungen, darunter Beiträge aus Deutschland, Polen, Österreich, Tschechien, der Schweiz, der Slowakei und Ungarn, brachten keine Vergabe eines ersten Preises hervor, so dass 1996 ein zweiter internationaler Wettbewerb auf Einladung ausgeschrieben wurde. Auffallend war, dass drei der insgesamt fünf anonym eingegangen Entwürfe ein in die Erde versenktes Ensemble vorsahen. Lediglich ein Entwurf beinhaltete ein flach am Boden gedachtes sowie ein weiterer Entwurf ein stehendes Werk. Aus dem Wettbewerb ging 1997 eindeutig das amerikanische Künstlerpaar Jenny Holzer und Michael Glier hervor. Den bautechnischen Entwurf sowie die Umsetzung des 1999 errichteten Denkmals hatte die Leipziger bgk-consulting GmbH inne. Zu dem Konzept von Glier und Holzer gehörte es, den vergessenen Widerstandskämpfer auch mit Zitaten aus zeitgenössischen Dokumenten ins Gedächtnis zu rufen. Letztlich entschied man sich für Selbstzeugnisse, deren Vorauswahl Ines Reich, die Mitarbeiterin der Gedenkstätte von Sachsenhausen, traf.

Glockenläuten für Zivilcourage und Widerspruchsgeist


Bei dem Goerdeler-Denkmal handelt es sich um eine ungewöhnliche Form der Ehrung, welche mit der gewohnten Form eines Personendenkmals bricht. Es spielt mit Elementen der Fläche und Tiefe. Optisch wahrzunehmen ist zunächst die ebenerdige, dreifach abgestufte, ringförmige Umrandung inmitten einer kreisrunden Rabatte, welche an ein Amphitheater erinnert. Der Außendurchmesser beträgt insgesamt 6,40 Meter. Die gesamte Anlage nimmt in ihrer Grundstruktur uralte Bauformen eines Mausoleums bzw. Baptisteriums auf und ist von einem drei Meter breiten Ring mit einer graugrün- und weißblättrigen Bepflanzung umschlossen. Die drei kreisrunden Steinstufen führen hinab in einen fünf Meter tiefen Glockenschacht mit einem Durchmesser von 2,75 Metern, welcher von einem begehbaren Gitter bedeckt ist und in dessen Tiefe sich eine Bronzeglocke befindet. Auf den begehbaren Stufen aus Kirchheimer Muschelkalk und Granit befinden sich – chronologisch von außen nach innen angeordnet – 29 von Michael Glier und Jenny Holzer ausgewählte Zitate aus Texten, Briefen und Reden Goerdelers sowie Angaben zu seiner Biografie. Diese reflektieren das Denken und Handeln Goerdelers zwischen 1934 und 1945 und belegen die Wandlung des national-konservativen Politikers vom Sympathisanten der NSDAP Anfang 1933 zum erklärten Gegner Hitlers. Die Beschriftung beginnt im äußeren Denkmalsring mit mehr als einem Dutzend Äußerungen Goerdelers, deren früheste mit 1934 datiert ist und endet im inneren Denkmalsring mit einem einzigen Zitat, welches eine Art Vermächtnis in seiner Todesstunde darstellen soll: „Ich liebe mein Vaterland mit Inbrunst, aber gerade deshalb empfinde ich die ganze Schmach seiner Entehrung, wie sie noch nie einem Volk durch eigene Bürger angetan worden ist.“

Die Bronzeglocke inmitten des Schachtes ist wesentlicher Bestandteil des Denkmal-Konzeptes. Nach Festlegung durch das Künstlerpaar schlägt diese viermal täglich mit fünf Schlägen und darüber hinaus an besonderen Tagen stündlich. Sie ist jeweils fünf Minuten vor der vollen Stunde um 5.55 Uhr, um 11.55 Uhr, um 17.55 Uhr und um 23.55 Uhr zu hören. Zu folgenden besonderen Tagen schlägt die Glocke stündlich, ebenfalls mit fünf Schlägen vor der vollen Stunde: Gedenktag für die Opfer des Faschismus (27. Januar), Todestag Goerdelers 1945 (2. Februar), Kriegsende 1945 (8. Mai), Attentat auf Hitler 1944 (20. Juli), Geburtstag Goerdelers 1884 (31. Juli) und Tag der Verurteilung zum Tode 1944 (8. September). Während der Glockenschacht tagsüber geheimnisvoll und düster wirkt, entströmt ihm bei Dunkelheit ein gleißendes weißes Licht.

Das Goerdelerdenkmal wurde im Jahr 2016 für 20.000 Euro aufwändig saniert. Es verdeutlicht auf eingängige und provozierende Weise die Erinnerungsschwierigkeiten, welche mit Goerdeler bis heute bestehen. Das erste Ehrenmal für Leipzigs ehemaligen Bürgermeister erweist sich mit seinen eindrucksvollen Wirkungsfaktoren des Klangs und des Lichts als schlichtes Werk, welches zugleich als Mahnmal für Widerspruchsgeist und Zivilcourage steht. 

Stand: 23.09.02023

Bildergalerie - Goerdeler-Denkmal

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