Bildlexikon Leipzig

Alte Nikolaischule

Nikolaikirchhof 2
Ortsteil: Zentrum

Die Alte Nikolaikirche wurde 1512 unter dem Namen „Schola Nikolaitana“ als erste Bürgerschule Leipzigs eröffnet und gilt als bedeutendes Kulturdenkmal. Sie beherbergt heute neben dem gleichnamigen Gasthaus eine dem berühmten Nikolaitaner Richard Wagner gewidmete Dauerausstellung, das Antikenmuseum der Universität Leipzig sowie eine Veranstaltungsetage mit der historischen Richard-Wagner-Aula.

Die erste Bürgerschule der Stadt entsteht


Die Geschichte der Alten Nikolaischule reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit entwickelte sich Leipzig als Schnittpunkt der West-Ost-Handelsverbindung und mit drei Messen im Jahr zu einem der wichtigsten Warenumschlagplätze Europas. Gleichzeitig stieg auch der Bildungsanspruch in der Stadt. Das Leipziger Patriziat forderte deshalb den Bau einer Schule ähnlich der Thomasschule, jedoch ohne das zeitaufwendige Singen in Gottesdiensten. Angestrebt wurde eine Lateinschule, welche ihre Schüler nicht auf die Handelstätigkeit, sondern auf ein Studium vorbereiten sollte. Ziel war es, eine eigeneBildungs- und Verwaltungsschicht aufzubauen. 1395 genehmigte Papst Bonifatius IX. der Stadt die Errichtung einer eigenen Schule innerhalb der Kirchgemeindegrenzen von St. Nikolai. Die Realisierung der Pläne stieß allerdings auf heftigen Widerstand seitens der Augustiner-Chorherren des Thomasstiftes, welche das Bildungsmonopol der 1212 gegründeten Thomasschule bewahren wollten. Das päpstliche Privileg von 1395 konnte schließlich erst mehr als hundert Jahre später im Jahr 1510 nach zahlreichen Ratsbeschlüssen zur Errichtung der Stadtschule verwirklicht werden. Der Thomasstift überließ dem Rat widerwillig das baufällige Gebäude der Küsterei auf dem Nikolaikirchhof. Dieses wurde unmittelbar abgebrochen, lediglich der Keller mit dem Tonnengewölbe blieb bestehen. Darauf entstand ein zweistöckiger, unmittelbar an seine Nachbarhäuser anschließender Neubau in Traufstellung zum Kirchhof und zur Nikolaikirche. Das Gebäude wurde im Herbst 1512 einschließlich der Ausstattung seiner Schulstuben fertiggestellt. Die„Schola Nikolaitana“ nahm als erste Bürgerschule der Stadt unter ihrem Schulmeister, dem Magister Johannes Rumpfer, ihren Betrieb auf. Der Unterricht erfolgte in vier Klassenstufen. Zu den Fächern zählten Latein, Singen und Schreiben. Im Gegensatz zur Thomasschule musste für den Besuch der Nikolaischule ein Schulgeld entrichtet werden.

Unter den engagierten und humanistischen Rektoren Johannes Musler und Dr. Wolfgang Meurer erlebte die Nikolaischule ihre erste Blütezeit und die Zahl der Schüler stieg deutlich an. Die unteren der nunmehr sechszügigen Klassen entsprachen einer Grundschule, während die oberen auf das universitäre Studium vorbereitet wurden. Das Bildungsideal zu dieser Zeit sah eine „geistig freie, selbstständig denkende Persönlichkeit“ vor, weshalb das breit gefächerte Unterrichtsprogramm auch Fächer wie Griechisch, Rhetorik und die Aufführung klassischer Tragödien beinhaltete. Im Jahr 1547 wurden die nunmehr 150Schüler von fünf Lehrern unterrichtet.

Die Schola Nikolaitana und ihre berühmten Schüler


Auf die erste Aufbauetappe des Leipziger Bildungswesens folgte eine durch die Einführung der Reformation und die daraus resultierende Umgestaltung der Schule hervorgerufene Stagnation. Die Belastungen durch den Schmalkaldischen Krieg und ein verheerender Brand des Schulgebäudes 1551 schienen den Untergang der Nikolaischule zu besiegeln. Schließlich entstand 1553 ein steinerner Neubau, der von den Leipziger Baumeistern Jacob Griebe und Leonhard Oelfaß von 1596 bis 1597 umgesetzt wurde. Die zwei beengten Schulhäuser wurden zu einem Baukörper vereinigt und in Form eines dreistöckigen Schulhauses der Renaissance zum Kirchhof ausgerichtet.

In der Geschichte der Schule ragten insbesondere vier Nikolaischüler besonders heraus: Gottfried Wilhelm Leibnitz, Universalgenie und bedeutender Philosoph, und Christian Thomasius, der später in der Epoche der Aufklärung berühmt gewordene Staats- und Rechtsgelehrte. Leibnitz war von 1658 bis 1661 Schüler an der Nikolaischule, Thomasius von 1665 bis 1770. Auch der namhafte Dichter und Schriftsteller Johann Gottfried Seumesowie der berühmte Komponist und Dirigent Richard Wagner besuchten 1779/80 bzw. 1828 bis 1830 die Nikolaischule. Daran erinnert noch heute eine Tafel an der Gebäudefassade. 

Mit der industriellen Revolution und dem damit einhergehenden wachsenden Bildungsanspruch kam es zu einem erneuten sprunghaften Anstieg der Schülerzahl. Das zu eng gewordene Schulgebäude wurde nach Plänen des Rektors Albert Forbiger 1826/27 erweitert. Dabei wurde das Eckhaus mit Giebelstellung zum Nikolaikirchhof einbezogen. Im neuen Westflügel wurde das Schulhaus in der zweiten Etage um eine Aula und einen Festsaal bereichert und erhielt insgesamt sieben Auditorien. Da die Schülerzahl inzwischen auf 372 angewachsen war, verlagerte man das Nikolaigymnasium 1872 in einen Neubau in der Königstraße, der heutigen Goldschmidtstraße. Dieser wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach dem Auszug des alten Gymnasiums wurde das Gebäude multikommunal genutzt. Die Universität Leipzig wurde 1953 neuer Rechtsträger und neben der Bau- und Handelshochschule Leipzig Nutzer der Alten Nikolaischule. Aufgrund seiner Baufälligkeit wurde das Gebäude 1976 durch die Bauaufsicht gesperrt. Aufgrund von fehlenden Mitteln zur Sanierung erfolgten zehn Jahre später der Abriss des Hofgebäudes und desTreppenhauses. Am 10. Oktober 1990 wurde die Alte Nikolaischule durch einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung an die Kulturstiftung Leipzig übertragen und zwischen 1991 und 1994 umfassend saniert. 

Gasthaus, Dauerausstellung und Konzerte in authentischem Ambiente 


Ihr heutiges Erscheinungsbild erhielt die Alte Nikolaischule im Zuge zahlreicher Umbautenum 1900. Aus dieser Zeit zeugt noch die von Hugo Licht zwischen 1900 und 1906 für die Königliche Garnisonswache erbaute dekorative dreibogige Arkade. Bei der Sanierung in den1990er Jahren setzten die Architekten bewusst auf einen Kontrast zwischen neu Gebautem und historischer Bausubstanz. Der schlicht gehaltene Putzbau mit den Tür- und Fenstergewänden aus Rochlitzer Porphyrtuff sowie dem Konsolgesims unterhalb der Traufe bewahrten sich bis heute ihr Erscheinungsbild aus dem späten 16. Jahrhundert. Auch die bemalte Holzdecke im Eingangsbereich sowie das sich über der Tür befindliche Stadtwappen stammen aus dieser Epoche. Im Gebäudeinneren führt eine moderne Treppe aus Glas und Stahl zu den Etagen. Im Untergeschoss beherbergt die Alte Nikolaischule dieim Mai 2013 anlässlich des 200. Geburtstages von Richard Wagner eröffnete Dauerausstellung „Der junge Richard Wagner 1813 bis 1834“. Diese widmet sich als erste Ausstellung überhaupt ausschließlich der Persönlichkeit des jungen Genies. Im Fokus stehen dabei sein Umfeld, seine Jugend, sein musikalischer Werdegang und sein Frühwerk. Im Erdgeschoss befindet sich das Gasthaus „Alte Nikolaischule“. Der zentrale Gastraum, heute der historische Leibnitzsaal, befindet sich im Auditorium aus dem 16. Jahrhundert. In dem restaurierten Saal kann man an den Wänden Fragmente der wiederentdeckten lateinischen Inschriften bewundern. Das 1. Obergeschoss beherbergt das Antikenmuseum der Universität Leipzig. Dabei handelt es sich um eine der ältesten und bedeutsamsten Sammlungen römischer und griechischer Altertümer an Universitäten in ganz Deutschland. Sie zeigt rund 10.000 originale Gegenstände. Im 2. Obergeschoss befindet sich die historische Richard-Wagner-Aula im Stil des Klassizismus. Dabei handelt es sich um den einzigen authentischen Ort in Leipzig, der unmittelbar mit dem Wirken Richard Wagners verknüpft ist. Zur Ausstattung gehört neben einem modernen Blüthner-Flügel ein historisches Broadwood-Klavier aus dem Jahr 1835. Mit ihren 100 Plätzen wird die Aula für Veranstaltungen unterschiedlicher Art, darunter Theaterprojekte, Lesungen und Konzerte, genutzt. Im Foyer vor der Aula finden wechselnde Ausstellungen statt. 

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Volkshain Stünz in Leipzig

Stünz-Mölkauer Weg / Theodor-Neubauer-Straße / Pflaumenallee / Borngasse
Ortsteil: Anger-Crottendorf

Der Volkshain Stünz, auch bekannt als „Stünzer Park“, ist eine rund 11 Hektar große Parkanlage im Osten Leipzigs. Sie wird im Osten und Norden vom Flusslauf der Östlichen Rietzschke begrenzt. Im Westen grenzt der Park an einen Bahndamm, im Süden an mehrere Kleingartenvereine. Das ehemalige Dorf Stünz, 1335 erstmals als „Schtynsch“ urkundlich erwähnt, wurde erst im Jahr 1910 nach Leipzig eingemeindet. 

Vom Dorf zum sportlich-spielerischen Erholungspark


Im Zuge der Industrialisierung und dem damit verbundenen raschen Bevölkerungswachstum in den 1880er Jahren sollten in den ursprünglich weniger grünen östlichen Stadtteilen Leipzigs mehr Grünanlagen zur Naherholung und sportlich-spielerischen Betätigung der Einwohner geschaffen werden. 1892 wurde in einem Bebauungsplan die Errichtung eines Parks im damals eigenständigen Vorort Stünz vorgesehen. Angesichts der erwarteten städtischen Expansion nahm sich der Leipziger Stadtrat zwei Jahre später dem Projekt an. Zu diesem Zeitpunkt war der heutige Ort des Parks noch nicht festgelegt. Der damalige Oberbürgermeister Otto Robert Georgi und Stadtgartendirektor Carl Otto Wittenberg wählten schließlich das Gelände des zu der Zeit noch unabhängigen Vororts Stünz aus und planten den Bau einer weitläufigen Anlage. Nach Fertigstellung der konkreten Baupläne und Kostenvoranschläge 1896 begannen ein Jahr später die Arbeiten. Im April 1898 wurde der Park fertig gestellt und im September des gleichen Jahres feierlich eröffnet. Durch den starken Andrang aus der Stadt wurde im Dezember 1898 ein Parkwächter mit Polizeigewalt im Park eingesetzt. Am 1. Januar 1910 wurde der Volkshain eingemeindet und gehörte fortan zu Leipzig. 

Volkshain Stünz damals und heute


Der letztlich umgesetzte Bebauungsplan des Parks sah ein weitläufig gegliedertes Gelände mit großzügig geschwungenen Wegen, einer geradlinig verlaufenden Hauptallee in Richtung Mölkau und locker angelegten Gehölzpflanzungen vor. Die nach dem Ideal den englischen Landschaftsparks angelegten, großflächigen Rasenspielplätze wurden von dichten Baumreihen, darunter zahlreiche Roteichen, begrenzt. Zwei kleinere Aussichtshügel und ein Teich im westlichen Teil des Parks mit unregelmäßigen Uferlinien sind heute Höhepunkte im Volkshain. 

Direkt neben dem 9500 m² großen Stüntzer Teich steht der Apelstein Nr. 43. Dieser wurde als einer von insgesamt 44 Steinen vom Leipziger Schriftsteller Theodor Apel zwischen 1861 und 1864 errichtet und erinnert an die Kämpfe der Völkerschlacht bei Leipzig 1813. An der Stelle des Apelsteins Nr. 43 machte während der Völkerschlacht eine ostpreußische Landwehrtruppe unter Major Carl Friccius vor dem Sturm auf Leipzig ihre letzte Rast. 

Die ursprünglichen Strukturen des Volkshains sind heute noch weitgehend erhalten. Lediglich die Spielplätze wichen in der Nachkriegszeit einfachen Rasenflächen. Im östlichen Parkteil befindet sich neben einem Kinderspielplatz zum Klettern eine Boule-Bahn. 

Exoten des Parks


Der Baum- und Pflanzenbestand im Volkshain Stünz stammt fast gänzlich aus der Gründerzeit des Parks. Auffallend sind dicht gepflanzte Gruppen von Rotbuchen, die im Herbst mit ihren golden-rötlich gefärbten Blättern das Parkbild prägen. Neben einheimischen Waldpflanzen, wie Gelben Windröschen, Bärlauch und Geflecktem Aronstab sind auch Exoten wie beispielsweise die Amerikanische Weißeiche im Park heimisch: Mit ihren unregelmäßig gelappten und im Herbst weinrot gefärbten Blättern ist sie eine seltene Besonderheit im Park. Auch der Sibirische Blaustern oder die Armenische Traubenhyazinthe wachsen im Park. 

Eine gemütliche Einkehrmöglichkeit am Park ist die Gaststätte Volkshain Stünz. Hier bekommt der Gast regionales Essen und Getränke serviert.

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Völkerschlachtdenkmal in Leipzig

Straße des 18. Oktober 100
Ortsteil: Probstheida

Das 91 Meter hohe und 300.000 Tonnen schwere Völkerschlachtdenkmal gilt als monumentalster Denkmalbau Europas. Das Mahnmal erinnert an die Völkerschlacht bei Leipzig, die im Oktober 1813 wütete und mit mehr als 100.000 Todesopfern die bis dahin größte Schlacht der Geschichte war. Das Denkmal wurde am 18. Oktober 1913 anlässlich des 100. Jahrestags der Völkerschlacht als Nationaldenkmal eingeweiht. 

Napoleons Niederlage in Leipzig

Ausgangspunkt des Denkmalbaus war die Völkerschlacht bei Leipzig, welche vom 16. bis 19. Oktober in der Stadt tobte. Im Rahmen der Befreiungskriege führte die Völkerschlacht zur bitteren Niederlage von Napoleon Bonaparte gegen die zahlenmäßig weit überlegene Armee der vereinigten Truppen Österreichs, Preußens, Russlands und Schwedens. Am 19. Oktober zog sich Napoleon mit seinen Truppen geschlagen zurück. Der entscheidende Sieg über das französische Heer besiegelte zugleich auch das Ende der französischen Vorherrschaft in Europa und führte zu einer Neuordnung des Kontinents. Mit rund 600.000 Soldaten aus mehr als 20 Völkern und 100.000 Todesopfern galt die Völkerschlacht bis zum Ersten Weltkrieg als größte Feldschlacht der Weltgeschichte. Wegen mangelnder ärztlicher Versorgung starben in den Folgetagen der Schlacht viele Verwundete. In Leipzig brach eine verheerende Typhus-Epidemie aus, welche viele weitere Todesopfer forderte.

Der Weg zum größten Monumentalbau Europas

Bereits ein Jahr nach der Völkerschlacht entstand die Idee eines Nationaldenkmals, welches die Gefallenen der Schlacht ehren sollte. Erste Pläne stammten vom Dichter Ernst Moritz Arndt, welcher selbst Teilnehmer der Schlacht war. Da Sachsen während der Völkerschlacht auf französischer Seite kämpfte und in Folge der Niederlage große territoriale Einbußen hinnehmen musste, war der Wille zur Errichtung eines solchen Denkmals in der Stadt zunächst eher gering. Auch die vom damaligen Bürgermeister Otto Koch initiierte feierliche Grundsteinlegung anlässlich des 50. Jahrestags 1863 führte nicht zum angestrebten Denkmalsbau. Schließlich gelang es dem Leipziger Architekt Clemens Thieme, große Teile der Bevölkerung Deutschlands für die Idee zu begeistern. Mit der Gründung des „Deutschen Patriotenbunds zur Errichtung des Völkerschlachtdenkmals bei Leipzig“ 1894 konnten zahlreiche Spendengelder für den Monumentalbau gesammelt werden. Anschließend wurde ein Ideenwettbewerb für entsprechende Entwürfe ausgeschrieben. Hier entschied der Berliner Architekt Bruno Schmitz den Auftrag für sich. Dieser hatte zuvor bereits das Kyffhäuserdenkmal, das Deutsche Eck von Koblenz und das Kaiserdenkmal an der Porta Westfalica gestaltet. Unter entscheidender Einflussnahme von Clemens Thieme an Schmitz‘ Entwürfen wurde schließlich am 18. Oktober 1898 symbolisch der erste Spatenstich gesetzt und zwei Jahre später der Grundstein gelegt. Als Ort für das Völkerschlachtdenkmal wurde ein freies Feld in Probstheida ausgewählt, da an dieser Stelle die entscheidenden Kämpfe der Schlacht stattfanden. Anlässlich des 100. Jahrestags wurde das Völkerschlachtdenkmal nach 15 Jahren Bauzeit unter dem Bauherrn Otto Rudolph am 18. Oktober 1913 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und dem Sachsenkönig Friedrich August III. feierlich eingeweiht. Einen Beitrag zur Finanzierung des Völkerschlachtdenkmals leistete ein Teil des Erbes von Franz Dominic Grassi. Der Bau des 300.000 Tonnen schweren Monuments kostete umgerechnet rund 30 Millionen Euro.

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs im April 1954 wurde das Völkerschlachtdenkmal Zufluchtsort für rund 200 Soldaten, die sich unter dem Kommando von Oberst Hans von Poncet vor den angreifenden amerikanischen Truppen im Sockel des Monuments verschanzten. Durch Artillerietreffer wurde das Denkmal beschädigt und die verbliebenen Soldaten mussten sich der Überlegenheit ihrer Opponenten schließlich ergeben.

Erzengel, Totenwächter und Soldaten in historischer Atmosphäre

Heute erhebt sich der gewaltige Monumentalbau des Völkerschlachtdenkmals, von den Leipzigern auch „Völki“ genannt, vor dem „See der Tränen“. Dieses 162 Meter lange und bis zu 79 Meter breite Wasserbecken soll die für die Gefallenen vergossenen Tränen symbolisieren. Das Becken wurde bewusst so angelegt, dass sich das Völkerschlachtdenkmal darin in kompletter Größe spiegelt. Das aus Beton und Granitporphyr errichtete 91 Meter hohe Denkmal wurde mit gigantischen behauenen Blöcken gebaut. Das Monument ruht auf 65 Gründungspfeilern aus Stampfbeton, welche die quadratische Fundamentplatte tragen. Darauf baut sich der dreigeteilte Kuppelbau des Denkmals auf. An der Stirnseite des Unterbaus, von welchem die beiden Treppenanlagen links und rechts ausgehen, ist in einem großen Steinrelief das damalige Schlachtfeld symbolisch abgebildet. Auf der Terrasse vor dem Eingang wacht die gigantische zwölf Meter hohe Statue des Erzengels Michael als Schutzpatron der Deutschen. Seitlich flankiert wird er von Flammenschwertern, darüber erhebt sich ein Siegesadler mit der Inschrift „Gott mit uns“. Die plastischen Arbeiten wurden vom Breslauer Bildhauer Christian Behrens begonnen und nach dessen Tod von Franz Metzner vollendet. Außen rings um die Kuppel stehen zwölf gigantische Ritterfiguren, die sich auf ihre Schwerter stützen und Totenwache halten.

500 Stufen führen vom Eingang bis zur oberen Aussichtsplattform. Über eine antike Doppeltreppenanlage, die das Bildnis von Kaiser Barbarossa zeigt, gelangt man nach 136 Stufen zunächst in die Krypta, welche an die über 100.000 gefallenen Soldaten erinnert. Hier halten 16 Krieger aller am Kampf beteiligten Völker vor acht Pfeilern in Form von riesigen Schicksalsmasken Totenwache, die Köpfe in Trauer gesenkt. In der Krypta tritt mehrmals pro Jahr der Denkmalchor auf. In den Konzerten werden Stücke von der Renaissance bis hin zur zeitgenössischen Musik vorgetragen, welche den Besuchern ein besonderes Klangerlebnis in einzigartiger Atmosphäre bieten. In der über der Krypta liegenden Ruhmeshalle personifizieren vier zehn Meter hohe Kolossal-Figuren die Tugenden des deutschen Volkes, die 1813 zum Sieg geführt haben: Glaubensstärke, Tapferkeit, Volkskraft und Opferbereitschaft. In der darüberliegenden 68 Meter hohen Kuppel werden 324 fast lebensgroße Reiterfiguren dargestellt, welche die heimkehrenden Sieger aus der Schlacht verkörpern. Von der Krypta führen über eine Wendeltreppe 364 Stufen auf die obere Aussichtsplattform, welche den Besucher mit einem einmaligen Panoramablick über Leipzig für den kräftezehrenden Aufstieg entschädigt.

Forum 1813, Napoleonstein und Apelsteine

Am Fuß des Völkerschlachtdenkmals befindet sich das Museum Forum 1813 aus dem Jahr 1998. Dieses gehört gemeinsam mit dem Völkerschlachtdenkmal zum Ring der dezentralen Themenmuseen des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig. Im „Forum 1813“ werden dem Besucher in zwölf Ausstellungskapiteln die Geschichte der Befreiungskriege und der Völkerschlacht zwischen 1789 und 1813 nähergebracht. 

An die Völkerschlacht erinnern u.a. auch der Napoleonstein, die Russische Gedächtniskirche St. Alexej und die Apelsteine. Die vom Schriftsteller Theodor Apel zwischen 1861 und 1864 errichteten 44 Gedenksteine markieren wichtige Orte der Kämpfe von 1813. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens im Jahr 2013 wurde das Völkerschlachtdenkmal saniert und die im Zweiten Weltkrieg zerstörte und einst von August Unger konzipierte Verglasung der vier Themenfenster in der Ruhmeshalle rekonstruiert. Jedes Jahr pilgern über 200.000 Besucher zum Schauplatz europäischer Geschichte. Mit einem Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wird jährlich im Oktober mit Biwaks am Torhaus Dölitz und am Torhaus Markkleeberg sowie einer historischen Gefechtsdarstellung an die viertägige Schlacht und deren Auswirkungen erinnert.

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Südfriedhof in Leipzig

Friedhofsweg 3
Ortsteil: Probstheida

Der Südfriedhof ist mit einer Fläche von 78 Hektar die größte Friedhofsanlage in Leipzig und gilt als einer der größten und schönsten Parkfriedhöfe Deutschlands. Er befindet sich im Leipziger Süden nur wenige Meter vom Völkerschlachtdenkmal entfernt. Innerhalb seiner großzügig angelegten Grünflächen mit Parkatmosphäre beheimatet er zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Seit der Eröffnung fanden hier über 600.000 Leipziger ihre letzte Ruhe, darunter viele bedeutende Unternehmer, Wissenschaftler, Künstler sowie – bis auf eine Ausnahme – alle Oberbürgermeister. An der Gestaltung der zahlreichen historischen Grabmäler waren bedeutende Bildhauer wie Max Klinger, Adolf Lehnert, Carl Seffner, Walter Arnold und Josef Mágr beteiligt.

Vom Lindenblatt zum Parkfriedhof


Die Erschließungsarbeiten des Friedhofs begannen im Jahr 1885. Neben seiner Funktion als Begräbnisstätte sollte der Südfriedhof als ein Ort der Erholung dienen und entsprechend ausgebaut werden. Nach Plänen des Architekten Hugo Licht und Stadtgartendirektor Otto Wittenberg wurde die Anlage mit einer geschwungenen Wegführung in Form eines Lindenblattes konzipiert. Durch diese gestalterische Besonderheit sollte auf den slawischen Ursprungsnamen Leipzigs als „Der Ort, an dem die Linden stehen“ Bezug genommen werden. Mit der Eröffnung im Jahr 1886 hatten Licht und Wittenberg ein in dieser Form einmaliges Gesamtkunstwerk im Jugendstil geschaffen. Die zumeist auf Friedhöfen bedrückend und eintönig wirkenden Reihengräber wurden parkartig umpflanzt. Die erste Beisetzung fand am 1. Juni 1886 statt. Dabei handelte es sich um den Markthelfer Carl August Schmidt, dessen Grabstelle noch heute in der I. Abteilung des Südfriedhofs besichtigt werden kann.

Neuromanische Baukunst im Grünen 


In den Folgejahren nach seiner Eröffnung war der Südfriedhof als Begräbnisplatz zunächst unter den Leipzigern eher unbeliebt: Diese zogen es vor, sich auf dem Neuen Johannisfriedhof, dem heutigen Friedenspark, bestatten zu lassen. Als der von Wittenberg und Licht beabsichtigte Parkcharakter langsam erkennbar wurde, änderte sich dies und der Südfriedhof füllte sich zusehends. Zwischen 1905 und 1910 erfolgte der Bau des Gebäudekomplexes mit Krematorium im Zentrum des Südfriedhofes nach Entwürfen des Stadtbaurats Otto Wilhelm Scharenberg. Zusammen mit der großen Haupthalle und zwei kleineren Kapellen ist das imposante Gebäude mit dem charakteristischen 63 Meter hohen Glockenturm bereits von Weitem sichtbar. Die gesamte Anlage im neuromanischen Stil wurde der mittelalterlichen Benediktinerabtei Maria Laach nachempfunden. Noch vor der Bauabnahme des Krematoriums erfolgte am 4. Dezember 1909 die erste Einäscherung. Es handelte sich um den Fabrikanten Max Woelker, der als Mitglied im „Verein für Feuerbestattung“ als Erster kremiert wurde. Sein Grab befindet sich in der II. Abteilung des Südfriedhofs und blieb bis heute erhalten. Seitdem stieg der Anteil der Feuerbestattungen stetig an und beträgt heute über 90 Prozent. Das prägte auch die Gestaltung des Südfriedhofs, denn dadurch entstanden seit den 1960er Jahren zahlreiche Grabfelder für Urnenbeisetzungen. Aufgrund der geringen Grabgröße konnten einzelne Bereiche des Friedhofs großzügiger bepflanzt werden, was den Parkcharakter erhöhte. 

Ebenso wie die Hauptkapelle diente die in Kreuzform gehaltene östliche Kapelle überwiegend konfessionellen Trauerfeiern, während die als Sprecherhalle konzipierte westliche Kapelle für weltliche Feiern genutzt wurde. Auf der gesamten Kapellenanlage befinden sich neben den drei Trauerhallen Ost, West und der Großen Trauerhalle einige Abschiedsräume, der Urnenübergaberaum sowie das Kolumbarium und das Krematorium. Die Grundrisse aller Trauerhallen sind in ihrer Form einem griechischen Kreuz nachempfunden. Bis 1924 wurde der Südfriedhof von seinen ursprünglichen 54 Hektar auf 63 Hektar erweitert. Während des Zweiten Weltkriegs erfolgte der Ausbau auf die heutige Fläche von 78 Hektar. In der XXVIII. Abteilung wurden rund 3.500 Opfer der Bombenangriffe auf Leipzig bestattet.

Die großzügig gestalteten Friedhofsteile mit viel Grünfläche beheimaten zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Besonders schön anzusehen sind die etwa 9.000 Rhododendren, die zur Blütezeit im Mai für eine Farbenpracht im Grünen sorgen. Auf den Glatthaferwiesen am Westeingang des Friedhofs können nicht nur Vögel, Hasen und Eichhörnchen beobachtet werden, sondern mit etwas Glück auch Rehe oder Füchse. Der Rhododendrenbestand und die Glatthaferwiesen stehen unter Naturschutz.

Historisch künstlerische Grabkunst zu Ehren von Leipzigs Größen 


Auf dem Südfriedhof befinden sich viele Gräber berühmter Leipziger Persönlichkeiten, darunter jene der Verlegerfamilie Baedecker. Eine weitere berühmte deutsche Verlegerfamilie ist ebenfalls auf dem Südfriedhof vertreten, die Ullsteins. Ferdinand Eduard Ullstein wirkte in Leipzig als Papierhändler und starb 1912. Als künftige Familiengruft wurde ihm im folgenden Jahr eine sechs Meter steil aufsteigende Pyramide errichtet. Deren großes Bronzeportal ziert ein reichgeschmückter Türklopfer, der unbeweglich ist. 

Ihre letzte Ruhestätte fanden auch zahlreiche Gewandhauskapellmeister, darunter Carl Reinecke, Arthur Nikisch und Franz Konwitschny sowie die Thomaskantoren Gustav Schreck, Karl Straube, Günther Ramin und Erhard Mauersberger. Auch der Kabarettist Jürgen Hardt, die bedeutenden Maler Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer, die als Begründer der sogenannten Leipziger Schule gelten, sind auf dem Südfriedhof begraben. Sehr sehenswert sind die von berühmten Bildhauern wie Max Klinger, Carl Seffner und Walter Arnold geschaffenen historischen Grabmäler, welche in unterschiedlichen Stilen gestaltet wurden. Eine weitere Besonderheit ist das eindrucksvolle Grabmal von Kurt Masur aus dem Jahr 2017, welches in Gedenken an den weltberühmten Dirigenten und Leipziger Gewandhauskapellmeister als Ehrendenkmal errichtet wurde. Geschaffen hat es der Leipziger Bildhauer Markus Gläser in enger Absprache mit der Witwe Masurs, Tomoko Sakurai

Neben den ursprünglichen Grabmälern wurden einige Grabstätten auf den Südfriedhof umgebettet. Dazu gehört das Grab des Dichters Christian Fürchtegott Gellert vom Alten Johannisfriedhof und jenes des Bankiers und Handelsherren Christian Gottlob Frege und seiner Familie vom Schloss Abtnaundorf

Die Friedhofsbesucher stoßen aber auch auf moderne Kunst. So fertigten die niederländischen Künstler Ron Sluik und Reinier Kurpershoek ein Denkmal für Marinus van der Lubbe, das am 13. Januar 1999 eingeweiht wurde. Van der Lubbe hatte das Berliner Reichstagsgebäude in Brand gesetzt und wurde in einem legendären Prozess im Leipziger Reichsgericht zum Tode verurteilt. Nach seiner Hinrichtung auf dem Schießstand Bienitz bei Rückmarsdorf bestattete man ihn auf dem Südfriedhof. 

Wer sich intensiver mit dem Südfriedhof, den dort beerdigten Personen und der Grabmalkunst beschäftigen möchte, der sollte sich die Reihe „Die Kunst im Stillen“ zulegen, die von Friedhofsforscher Alfred E. Otto Paul verfasst und herausgegeben wird. Im Jahr 2020 erschien bereits Band 7 seiner einzigartigen Reihe, die dazu beiträgt, der Sepulkralkultur mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Führungen über den Südfriedhof bietet regelmäßig die Paul-Benndorf-Gesellschaft zu Leipzig e.V. an.

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Schlosspark Lützschena in Leipzig

Schlossweg 11
Ortsteil: Lützschena-Stahmeln

Die 19 Hektar große historische Parkanlage befindet sich im nordwestlichen Stadtrand von Leipzig. Sie liegt in der Elster-Luppe-Aue im Leipziger Auwald und gehört zum Naturschutzgebiet Burgaue. In dem kontrastreichen Schlosspark existieren Natur und Kultur gleichermaßen und spiegeln die Ideen des einstigen Parkgründers, Maximilian Speck von Sternburg, wider. 

Vom Rittergut zum sentimentalen Landschaftspark


Das heutige Schloss Lützschena wurde einst als Rittergut Üchtritz bekannt und befand sich seit Anfang des 15. Jahrhunderts im Besitz der ursächsischen Adelsfamilie von Üchtritz. 1685 wurde das Gut als „Lustgarten“ betitelt. Dieser Name rührte vom 1743 eingestellten „Lustgärtner“, der unter anderem die Orangerie vor Ort betreute. 

Den Grundstein zur heutigen Landschaftsparkanlage legte der weitgereiste bürgerliche Kaufmann Maximilian Speck von Sternburg. Im Jahr 1822 ersteigerte er das in den napoleonischen Befreiungskriegen stark beschädigte Rittergut einschließlich des dazugehörigen Brauhauses und allen Ländereien. Zwischen 1822 und 1825 ließ er den Park in den feuchten Auen gärtnerisch konzipieren und nach dem englischen Vorbild eines Landschaftsparks gestalten. Eine Herausforderung bei der Konzeption waren die Gewässer rund um den Park: Diese sollten einerseits als stimmungsvolle Elemente und wesentliche Gestaltungsgrundlage eingebettet werden, andererseits mussten entsprechende Dämme zum Schutz vor Hochwasser errichtet werden.

Durch seine früheren Reisen war Maximilian Speck von Sternburg mit den seinerzeit neuesten künstlerischen und geistigen Strömungen vertraut. Dies schlug sich auch in der Konzeption seiner kleinräumigen Gartenszenarien nieder: Religiöse Motive der Vergänglichkeit, wie der Familienfriedhof der Familie Speck von Sternburg, wechseln sich mit klassisch-antikisierenden Elementen, wie dem Diana-Tempel, ab. Als Freund der Kunst ließ Speck von Sternburg in einem Ehrentempel zahlreiche Statuen und Büsten von Persönlichkeiten aufstellen, die er besonders verehrte. Insbesondere die unbewegten Gewässerspiegel vor den Gehölzen des Auwaldes prägten die ruhige Atmosphäre des „sentimentalen Landschaftsparks“, wie der Schlosspark Lützschena häufig betitelt wird. Speck von Sternburg ließ das Rittergut zu einem bedeutenden landwirtschaftlichen Betrieb mit einer eindrucksvollen Bildersammlung aufbauen, die den Besuchern offenstand. Die Sammlung ist heute noch vollständig erhalten und gehört zum wesentlichen Bestand des Museums der bildenden Künste Leipzig

Nach dem Tod von Maximilian Speck von Sternburg im Jahr 1856 nahmen sich sein Sohn Alexander und sein Enkel Alexander James der Neugestaltung des Parks an. Mit Hilfe des Leipziger Architekten Oskar Mothes wurde das Rittergut 1862 nach neugotischem Vorbild als Schloss umgestaltet. Im Park selbst wurden die festen Bauten dem Zeitgeist angepasst und kurzlebige Bauwerke beseitigt. 

Nach dem zweiten Weltkrieg fiel der ländliche Besitz der Familie Speck von Sternburg 1945 in die Bodenreform. Mit der Enteignung ging auch der Verfall des Parks einher. Im Jahr 1998 kaufte schließlich Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg den ehemaligen Familienbesitz zurück und begann mit der Wiederinstandsetzung der Anlage. Somit konnte eines der bedeutendsten Gartendenkmäler der Region rund um Leipzig wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Da der Grundwasserspiegel sank, musste ein umfassendes Gewässermanagement etabliert werden, um eine anhaltende Wasserführung in den Teichen und Gräben im Park zu sicherzustellen. 

Heutiger Schlosspark: Diana-Tempel, Auwaldstation und Schloss Lützschena


Der Schlosspark Lützschena ist naturnah und mit kleinen künstlichen Wasserläufen gestaltet. Zum Park gehören insgesamt fünf Teiche: Der Ententeich, der Rosenteich und der Dreiecksteich bilden eine verbundene Gruppe und befinden sich unweit des Dianateichs. Der Tempelteich, welcher einen Wasserring um die kleine Waldkapelle bildet, liegt im südöstlichen Teil des Parks. Auf einer kleinen Insel im Tempelteich sieht man bereits von Weitem einen restaurierten Backsteinbau von 1826, dabei handelt es sich um eine Waldkapelle. Der ehemalige Familienfriedhof der Familie Speck von Sternburg im südlichen Teil des Parks diente auch den späteren Schlossbewohnern als Begräbnisstätte. Auch heute existieren noch einige Grabmale sowie Reste der Grabkapelle.

Der zentrale Zugang zum Park erfolgt – damals wie heute – über die wiedererrichtete Weiße Brücke über der Weißen Elster. Ein Meilenstein in der Wiederherstellung der ehemaligen Parkstrukturen zu Zeiten Maximilian Speck von Sternburgs war die Restaurierung des Diana-Tempels im Jahr 1999. Dieser befindet sich auf einer in den Diana-Teich ragenden, kleinen Halbinsel. Auf sechs dorischen Säulen unter dem halbkugelförmigen Dach stand dort einst die Statue der Diana, römische Göttin der Jagd und Herrin über die Tiere. Heute ist der Diana-Tempel Symbol des Schlossparks und gleichzeitig ein beliebtes Fotomotiv. Unweit des Diana-Tempels am Rand des Schlossparks befindet sich die Kultur- und Umweltbildungseinrichtung Auwaldstation. In der Blockhütte kann sich der Besucher über den bedeutenden Leipziger Naturraum informieren. Es werden regelmäßig Führungen durch den Schlosspark angeboten.

Das Schloss Lützschena stand zunächst nach der Enteignung seit 1945 leer. 2002 kauften die Herren von Truchsess und von Erfa das Schloss und bewahrten es vor dem endgültigen Verfall. Heute ist das Schloss teilweise für besondere Anlässe wie Vorträge, Kunstausstellungen und Konzerte der Öffentlichkeit zugänglich. 

Die Götter und Göttinnen des Schlossparks


Von den einst zahlreichen Statuen, Skulpturen und Denkmälern im Schlosspark ist heute verhältnismäßig wenig erhalten und restauriert. Alle anderen Kunstwerke fielen Zerstörung oder Diebstahl und Zerstörung zum Opfer. Der Park beinhaltet heute noch die Original-Statue der Aphrodite sowie Nachbildungen des Apollino, der Flora, des Herkules, des Kronos und eines steinernen Greises. 

Außerhalb des Schlossparks an der Weißen Elster steht als „einzige Überlebende“ der Kriegs- und Nachkriegszeit und im Original erhalten die Statue der Aphrodite. Auf der gegenüberliegenden Uferseite des Diana-Tempels trohnt auf einem Sockel die Statue der Flora, Göttin der Blumen und des Frühlings. In der Nachkriegszeit war diese zunächst verschwunden, bis sie 1995 stark beschädigt in einem Schuppen unter Kohlebergen wiederentdeckt und umfassend restauriert werden konnte. Seit 2013 steht die Flora wieder auf ihrem Platz. Gegenüber der Weißen Brücke kann man seit 2011 wieder die Statue des Apollino an seinem historischen Standort bewundern. Dabei handelt es sich um einen Abguss der Dresdner Skulpturensammlung. Auch die Statue des Herkules kehrte 2016 an seine Stelle am Rand des Schlossparks bei der Auwaldstation zurück. Zuvor lagen die Einzelteile der Skulptur viele Jahre lang im Fluss, bevor sie gefunden, wieder zusammengesetzt und zum Teil künstlerisch nachgestaltet wurden. Die Statue eines steinernen Greises thront seit 2015 auf einem Sockel am Rosenteich. Nach dem Fund eines Torsos in einem Vorgarten Lützschenas wurde dieses Modell in Gips abgeformt, abgegossen und die fehlenden Teile des „Wanderers“ ersetzt. 

Der Schlosspark Lützschena ist ganzjährig frei zugänglich.

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Historisches Bildmaterial - Schlosspark Lützschena in Leipzig

Rosental in Leipzig

Waldstraße / Marienweg / Emil-Fuchs-Straße / Zöllnerweg
Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Das Rosental ist mit 118 Hektar Fläche eine der größten und gleichzeitig ältesten Parkanlagen Leipzigs inmitten des Auwaldes. An dieser Stelle wollte sich einst der Kurfürst von Sachsen, August der Starke, Anfang des 18. Jahrhunderts ein Residenzschloss errichten lassen, was von Leipzigs Stadtvätern trickreich unterbunden wurde. Der Park wird im Süden und Westen durch den Elstermühlgraben, im Norden durch die Parthe und im Osten durch den Zoologischen Garten begrenzt. 

Über 700 Jahre Rosental


Das Rosental wurde erstmals 1318 urkundlich erwähnt. Bereits der Leipziger Historiker Johann Jacob Vogel schrieb 1714 in seinem „Leipziger Chronicon“: Das Rosental „hat den Namen von anmuthigen, schattichten und lustigen Spaziergängen, gleich wie anderweit lustige und annehmliche Oerter den Namen des Paradieses führen, oder wie Weinberge zu Jena, diesseits des Saalestrome, wegen der Anmuthigkeit, die Rosenberge heißen“.

Die Rasenfläche des heutigen Rosentals war ursprünglich vom nördlichen Teil des Leipziger Auwaldes bedeckt. Die Herkunft des Namens „Rosental“ ist bis heute nicht geklärt. Diese Bezeichnung fiel erstmals im Jahr 1318, wobei nicht zu erklären ist, wie sich diese zusammensetzte: Es gab weder ein von Bergen begrenztes Tal, noch wuchsen an der Stelle Rosen. Stattdessen handelte es sich damals um einen reinen Nutzwald der Markgrafen von Meißen, welcher von einem Förster bewirtschaftet wurde. 

Der starke August und die Mückenplage


Der ursprüngliche Wirtschaftswald war bis 1663 im Besitz der sächsischen Kurfürsten. In jenem Jahr verkaufte der verschuldete Kurfürst Johann Georg II. das Gebiet dem Rat der Stadt Leipzig für rund 15.000 Taler. Als August der Starke, ab 1694 Kurfürst von Sachsen, von dem Verkauf erfuhr, focht er diesen mit der Begründung an, dass die Fläche mindestens 45.000 Taler wert sei. Gleichzeitig erhob er energisch Anspruch auf das Rosental. Im Jahr 1704 bestimmte er das Gelände zum Bau eines barocken Lustschlosses. Der Entwurf des Ingenieuroffiziers Johann Christoph Naumann aus dem Jahr 1707 zeigt einen prunkvollen, kuppelbekrönten Schlossbau, umgeben von Kanälen, einem vorgelagerten Parterregarten und im Schnittpunkt von 13 strahlenförmig verlaufenden Sichtschneisen. Da das Geld für den Bau aus der Stadtkasse kommen sollte, wurde das teure Vorhaben vom Rat der Stadt unter wechselnden Ausreden über 10 Jahre hinausgezögert. Einige der Vorwände lauteten, das Rosental werde oft überschwemmt, was den Baugrund ungeeignet machte, im Sommer werde man von lästigem „Mückengeschmeiß“ geplagt und die Überfälle von „Räuberrotten“, die hier ihr Unwesen trieben, würden überhandnehmen. Schließlich ließ der Landesherr von seinem Bauvorhaben ab. Einzig ein hölzerner Aussichtsturm aus Fachwerk blieb damals von seinem ehrgeizigen Projekt übrig. Diesen soll er regelmäßig während seiner Aufenthalte in der Stadt bestiegen und die herrliche Fernsicht genossen haben.

Im Jahr 1777 wurde auf Anregung des Hofrats Johann Gottlob Böhme der sogenannte „Dammweg“ als erster Spazierweg durch das Rosental angelegt. Er führte vom Gohliser Schlösschen zum Rosentaltor bei der Rosentalgasse. Nach der Eröffnung der beiden Cafés auf dem Dammweg „Kalte Madame“ im Jahr 1782 und „Schweizerhäuschen“ im Jahr 1824 – später „Café Bonorand“ – wurde der Weg für Besucher aufgewertet und zur Promenade gemacht. Heute befindet sich der Dammweg mitsamt des erhaltenen „Schweizerhäuschens“ auf dem Gelände des Zoos. 

Der heutige Zustand des Rosentals ist dem Leipziger Kunstgärtner Rudolph Siebeck zu verdanken: Dieser gestaltete die Grünfläche zwischen 1837 und 1840 zum englischen Landschaftspark um. Siebeck nahm durch ein unregelmäßiges Wegenetz und gezielte Neubepflanzung dem barocken Grundriss die strenge Regelmäßigkeit. Sechs der ursprünglich 13 strahlenförmig verlaufenden Sichtschneisen und die große Wiese im vorderen Rosental sind bis heute in der Form erhalten.

Gellert, Zöllner und Peters: Leipzigs verewigte Namen im Rosental


Ende des 19. Jahrhunderts entstanden im südlichen Gebiet des Rosentals zahlreiche Einzeldenkmale namhafter Leipziger Persönlichkeiten. Das erste im Rosental errichtete Denkmal war das Gellert-Denkmal östlich des vorderen Rosentalteichs. Der damals hochverehrte Dichter und Professor für Poesie Christian Fürchtegott Gellert besaß als einziger Leipziger Bürger das Privileg, aus gesundheitlichen Gründen im Rosental auszureiten. Gellert galt gleichzeitig als meistgelesener deutscher Dichter des 18. Jahrhunderts. Das Denkmal wurde 1959 wegen Verfall abgetragen. 

Im Jahr 1868 wurde das Zöllner-Denkmal am Südrand der großen Wiese zu Ehren des Chorleiters und Komponisten Carl Friedrich Zöllner errichtet. Unweit davon befindet sich das Louise-Otto-Peters-Denkmal, das an die bedeutende Frauenrechtlerin erinnert. Dieses befand sich ursprünglich auf dem Alten Johannisfriedhof, bevor es 1925 seinen Platz am Wegrand des ersten öffentlichen Kinderspielplatzes der Stadt bekam. Letzterer wurde 1870 am Zöllnerweg auf Initiative des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins gegründet. 

Von Friedenseiche, Zooschaufenster und Wackelturm


Anfangs war ein städtischer Zugang ins Rosental nur über die Angerbrücke möglich. 1548 entstand mit dem Bau der Rosentalbrücke über den Pleiße- und Elstermühlgraben ein weiterer Zugangsweg. Dieser Bereich rund um das ehemalige Rosentaltor, eines der früheren sieben äußeren Stadttore und gleichzeitig Hauptzugang von der Stadt, zählt zum Denkmalschutzgebiet. 1892 wurde an dieser Stelle am Ende der Rosentalgasse ein 12 Meter hoher Fahnenmast als repräsentative Toranlage errichtet. Von hier aus bietet sich ein malerischer Blick auf den vorderen Wiesenbereich mit dem Rosentalteich. Geradeaus gelangt man zum Blindenpark. Dieser wurde 1986 mit einem botanischem Tast- und Riechgarten angelegt. Direkt dahinter liegen die Hundewiese und die Friedenseiche, die auch zum Bestand des Denkmalschutzgebiets Rosental gehört. Der Baum wurde im Jahr 1871 gepflanzt und erinnert an das Ende des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71.

Eine Besonderheit im östlichen Teil des Parks ist das Zooschaufenster. Dieses entstand 1976 aus einem Entwurf der Leipziger Architekten Gerhard Scholz und Eberhard Göschel, da für den Bau des Zoologischen Gartens Randbereiche des Rosentals beansprucht wurden. Über eine Art Terrasse bieten sich den Spaziergängern Einblicke in die nachgestaltete Afrika-Savanne mit der Kiwara-Lodge

Sehr beliebt sind seit 2003 die Open Air-Konzerte Klassik airleben im Rosental, bei denen sich das Gewandhausorchester zum Abschluss der Gewandhaussaison beim Publikum. 

Im nordwestlichen, vorrangig bewaldeten Teil des Rosentals erhebt sich der Rosentalhügel, auch „Scherbelberg“ genannt. Dieser etwa 20 Meter hohe Hügel entstand bis 1896 durch die Aufschüttung von 60.000 Pferdeführen Hausmüll und Schutt. 1896 wurde hier ein 15 Meter hoher, hölzerner Aussichtsturm errichtet, welcher im zweiten Weltkrieg in der Folge des schweren Bombenangriffs am 4. Dezember 1943 niederbrannte. 1975 wurde er durch den 22 Meter hohen, stählernen Aussichtsturm im Rosental ersetzt. Der volkstümlich betitelte „Wackelturm“ zählt heute zu den beliebtesten Aussichtspunkten der Stadt.

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Romanushaus in Leipzig

Katharinenstraße 23 / Brühl 18
Ortsteil: Zentrum

Das Romanushaus wurde zwischen 1701 und 1704 von Johann Gregor Fuchs für Leipzigs Bürgermeister Franz Conrad Romanus erbaut. Das Stadtpalais gehört zu den Leitbauten sächsischer Barockarchitektur und gilt als prächtigstes Bürgerhaus der Stadt. 

Vom Bürgermeister Romanus und dem 150.000 Taler Betrug 


Die Geschichte des Romanushauses reicht bis ins späte 17. Jahrhundert zurück. Der in Leipzig geborene Franz Conrad Romanus arbeitete zu dieser Zeit als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt. Der sächsische Kurfürst Friedrich August I. wurde auf den jungen Advokaten aufmerksam und empfahl dem Leipziger Rat mit Nachdruck, diesen mit dem Bürgermeisteramt zu betrauen. Mit gerade einmal 30 Jahren trat Romanus schließlich im Jahr 1701 das Amt an. Während seiner Zeit als Bürgermeister setzte er sich für den Ausbau der kommunalen Infrastruktur ein: Nur vier Monate nach seinem Amtseintritt brachte er die Einführung der ersten öffentlichen Straßenbeleuchtung der Stadt auf den Weg und ließ später eine Kanalisation bauen. Während seiner zweiten Amtszeit begründete er über die Beschaffung städtischer Sänften und die Anstellung entsprechender Träger Leipzigs öffentlichen Nahverkehr und bewirkte dir Gründung des Armenamtes.

Romanus hatte schon längere Zeit mit dem Gedanken gespielt, sich in exponierter Lage ein prunkvolles Wohnhaus bauen zu lassen, welches seinem hohen Amt würdig war. 1698 erbte er das Eckhaus zwischen Katharinenstraße und Brühl und kaufte die drei angrenzenden Häuser dazu. Auf den Grundstücken der vier Vorgängerbauten ließ Romanus von 1701 bis 1704 vom Dresdner Ratsmaurermeister Johann Gregor Fuchs ein prächtiges Wohnpalais im Stil des Dresdner Barocks errichten. Die Baukosten beliefen sich auf 150.000 Taler – etwa die Hälfte dessen, was später die Dresdner Frauenkirche kosten sollte – und überstiegen deutlich die Vermögensverhältnisse des jungen Bürgermeisters. Um die Kosten decken zu können, erstellte er gefälschte Ratsschuldscheine. Als der Betrug aufflog, kannte August der Starke bei seinem Günstling keine Gnade und Romanus kam 1705 als Gefangener auf die Festung Königsstein, wo er nach 41 Jahren Haft 1746 starb.

Poesie und Seidenhandel in barocken Gemäuern


Nach der Inhaftierung von Romanus fiel das Stadtpalais in den Besitz seiner Ehefrau Christiana Maria. Die gemeinsame Tochter Christiana Mariana von Ziegler kehrte zu ihrer Mutter ins Romanushaus zurück und gründete dort einen der ersten literarisch-musikalischen Salons in Deutschland, welcher sich zur „Begegnungsstätte von Bürgern, Gelehrten und Künstlern“ entwickelte. Johann Sebastian Bach, der seit 1723 als Thomaskantor in Leipzig tätig war, vertonte 1725 neun ihrer geistlichen Kantaten-Dichtungen und ließ diese aufführen. Der Schriftsteller Johann Christoph Gottsched ernannte die „Zieglerin“ 1730 zum ersten und einzigen weiblichen Mitglied seiner „Deutschen Gesellschaft“ in Leipzig, wo sie zwei Mal den Preis der Poesie gewann.

Mit dem Verkauf des Romanushauses an den Hofrat Oertel verblieb es von 1735 bis 1770 im Oertelschen Familienbesitz, bis es 1770 an den Weinhändler George Wilhelm Richter veräußert wurde. Letzterer eröffnete 1772 im zweiten Obergeschoss des Romanushauses das vornehme „Richtersche Café“, welches zum Treffpunkt von Künstlern, Literaten und Verlegern wurde und in dem auch Friedrich Schiller des Öfteren zu Gast war. 1792 tagte in den barocken Gemäuern die erste gesellschaftliche Vereinigung des deutschen Buchhandels. Zwei Jahre später verkaufte Richter das Gebäude an den wohlhabenden französischen Kaufmann Jean Marc Albert Dufour-Féronce, der dort eine Seidenwarenhandlung betrieb. Dufour veranlasste eine umfassende Renovierung unter der Leitung von Johann Carl Friedrich Dauthe, bevor er das Haus 1795/96 bezog. Bis 1905 trug das Gebäude zwischenzeitlich den Namen „Dufoursches Haus“. Von 1906 bis 1907 wurde das barocke Palais vom Architekten Otto Paul Burghardt restauriert. Während einer weiteren Sanierung in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre wurden die Stuckdecken und die Hofflügel zerstört, welche Mitte der 1990er Jahren mitsamt der 1874 abgebrochenen Belvedere in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt wurden.

Putten, Stuckgirlanden und Belvedere im historischen Stadtkern


Mit dem Bau des Romanushauses legte der Ratsmaurer Fuchs den Grundstein für die Blütezeit des bürgerlichen Barock in Leipzig. Es galt seinerzeit in „Umfang wie Stil gleich neu und außerordentlich“ (Nikolaus Pevsner). Die Ausgestaltung spiegelt auch das Selbstbewusstsein des bürgerlichen Bauherrn auf eindrucksvolle Art wider. Fortan wurde etwa ein Drittel der städtischen Gebäude im barocken Zeitgeist erbaut oder umgebaut. 

Über dem sockelartigen Erdgeschoss des Romanushauses, in welchem sich einst Kaufgewölbe für den Messehandel befanden, erheben sich drei verschieden hohe Obergeschosse. In diese gelangt man über eine geradläufige Treppenanlage mit Figurennischen. Der barocke Bau ist mit typischen Schmuckelementen wie Girlanden an den Eingängen, Giebeln und Fensterbrüstungen dekoriert. Die Nordfassade am Brühl wird mit ihren dreizehn Fenstern von mehreren Risaliten geschmückt. Der Mittelrisalit vor den Obergeschossen ist von vier angedeuteten Säulen mit ionischen Kapitellen und prachtvoll ornamentierten Dachgiebeln ausgestaltet. Oberhalb des Mittelrisalits befinden sich die Figuren der Minerva und der Fama. Die Brüstungsfelder zeigen liegende Putten, Festons sowie überkreuzte Palm- und Blätterzweige. Besonders eindrucksvoll ist das Belvedere nach italienischem Vorbild über dem Mansarddach, welches sich als optisch separates Aussichtsgeschoss mit dem Sommersaal über dem Gebäude erhebt. Im ersten Obergeschoss der sechs Fenster breiten Ostfassade auf der Katharinenstraße befindet sich ein Balkon, während der darüberliegende Mittelteil in einem breiten barocken Dachgiebel abschließt.

Vom Merkur in der Wandnische


Zwischen Nord- und Ostfassade ist ein zweigeschossiger Eckerker mit einem Balkon auf Höhe des zweiten Obergeschosses zu sehen. Darunter befindet sich in einer von zwei Säulen flankierten Wandnische die Merkur-Statue, dem griechischen Gott des Handels und der Diebe. Diese wurde vom Dresdner Hofbildhauer Balthasar Permoser geschaffen. Mit der Fertigstellung des Romanushauses befand sich die Statue allerdings noch nicht an ihrem heutigen Platz in der Wandnische, sondern wurde zunächst 1752 im Schlosspark Schwerin aufgestellt. Nachdem die Figur in den 1950er Jahren durch eine Kopie ersetzt wurde, gelangte das Original schließlich nach Leipzig und schmückte die Nische des Romanushauses bis in die 1990er Jahre. Als die Stadt Schwerin den Merkur zurückverlangte, wurde auf Anregung der Kulturstiftung Leipzig ein entsprechender Nachguss vom Bildhauer Markus Gläser geschaffen und 2006 an derselben Stelle wieder aufgestellt. 

Heute beherbergt das Romanushaus das ur-sächsische Restaurant Romanushof, wo die Gäste saisonale und regionale Spezialitäten genießen können. Neben sächsischer Hausmannskost werden auch königliche Leibspeisen aus längst vergangener Zeit serviert, darunter hausgebackene Brote, deftige Bierhappen und saftige Rinderbraten. In den lauen Sommermonaten lädt der idyllische Innenhof zum Verweilen und Genießen in historischem und mediterranem Flair ein.

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Promenadenring in Leipzig

Richard-Wagner-Straße, Georgiring, Augustusplatz, Roßplatz, Martin-Luther-Ring, Dittrichring, Goerdelerring
Ortsteil: Zentrum

Der Leipziger Promenadenring ist der älteste städtische Landschaftspark Deutschlands und eines der herausragendsten Denkmäler der Gartenkunst. Der Park wurde seit 1777 auf den Flächen der ehemaligen Befestigungsanlagen angelegt und umgibt mit einer Länge von 3,6 Kilometern als „grüner Ring“ den Stadtkern. Er ist in den Unteren Park / Müller-Anlage, den Oberen Park / Schwanenteich-Anlage, den Augustusplatz, die Lenné-Anlage, den Martin-Luther-Ring, den Dittrichring und den Goerdelerring/Tröndlinring eingeteilt.

Am Anfang stand die Befestigungsmauer…


Bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die ersten grünen Alleen um den Stadtkern gepflanzt. Zu diesem Zeitpunkt war die Leipziger Innenstadt noch von Befestigungsmauern aus dem Mittelalter umgeben. Da der Verteidigungswall der modernen Kriegsführung nicht mehr standhalten konnte, bat der Leipziger Rat die Landesregierung, die Befestigung niederzureißen. König Friedrich August III. erhörte Ende 1769 die Bitte der Stadtväter und schenkte der Stadt die Befestigungsanlagen mit Ausnahme der Pleißenburg. In den 1770er Jahren wurde mit den Abrissarbeiten begonnen. Der Ausbau zu einem grünen Gürtel um den Stadtkern ist dem kunstsinnigen Bürgermeister Carl Wilhelm Müller zu verdanken: Anstatt die gewonnenen Flächen zu vermarkten und zu bebauen, stellte Müller die sozialen und ästhetischen Gesichtspunkte über die wirtschaftlichen und initiierte so den Bau der großzügigen Grünanlage um den Stadtkern. Dieses Engagement ehrten die Leipziger Bürger 1819 mit dem Bürgermeister-Müller-Denkmal, das noch heute an seinem Lieblingsplatz im Unteren Park gegenüber dem Hauptbahnhof steht. 

Ausbau zum Innerstädtischen Grüngürtel


Die Bauplanung des Promenadenrings leitete maßgeblich Johann Friedrich Carl Dauthe. Die äußeren Promenadenanlagen wurden dicht bepflanzt und bildeten eine breite Lindenallee mit Sitzmöglichkeiten für Spaziergänger, die an eine Ringstraße für den Fahrverkehr grenzte. Auch vor den Stadttoren entstanden großzügig angelegte Plätze. Im Jahr 1794 wurde der Ratsgärtner Carl F. Kühn zur Pflege der neu entstandenen Anlagen eingestellt. In der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurden die Promenadenanlagen stark verwüstet und in den Folgejahren nach und nach wieder instandgesetzt. 

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stagnierte der Ausbau der Promenadenanlagen, bis auf Initiative von Bürgermeister Otto Koch ab 1857 zunächst der Bereich zwischen dem heutigen Augustusplatz und dem Peterstor nach Entwürfen des preußischen Gartendirektors Peter Joseph Lenné umgestaltet wurde. Im Jahr 1859 waren die umfangreichen Neugestaltungen abgeschlossen. In der Folgezeit initiierte die Stadt weitere Umgestaltungen der übrigen Abschnitte des Promenadenrings. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Bereich des Augustusplatzes beigemessen, welcher ebenfalls nach den Plänen von Lenné neu konzipiert wurde. Der Gartendirektor sah dort großzügige Alleen und formale Schmuckgestaltungen rund um das damalige Bildermuseum vor. 

Neugestaltung und Instandsetzung


In den Folgejahren wurden innerhalb des Promenadenrings zahlreiche Denkmäler zu Ehren berühmter Leipziger Bürger aufgestellt. Allein in der Lenné-Anlage, auch als Schillerpark bekannt, gibt es fünf repräsentative Denkmäler: das Robert-Schumann-Denkmal hinter der Moritzbastei, das Otto-Koch-Denkmal zu Ehren des früheren Bürgermeisters, das Gellert-Denkmal auf der Hauptachse der Anlage, das Schiller-Denkmal Richtung Neumarkt und das Thaer-Denkmal zur Erinnerung an den Agrarwissenschaftler Albrecht Thaer.

Im Jahr 1901 löste der Stadtgartendirektor Carl Hampel seinen Vorgänger Carl Otto Wittenberg ab und begann mit dem Ausbau und der Anpassung des Promenadenrings an die aufstrebende Großstadt. Hampel baute 1904 zunächst das Gebiet rund um das Neue Rathaus mitsamt der angrenzenden nördlichen Promenade bis hin zum Hallischen Tor um. Auch der östliche Promenadenring bis hin zur Goethestraße wurde mit Bau des Hauptbahnhofs ab 1910 umfassend neugestaltet.

Durch den wachsenden Verkehr mussten die Straßen verbreitert werden. Immer mehr Grünfläche wich den Baumaßnahmen. Im Zweiten Weltkrieg wurden durch Bombenangriffe viele markante Gebäude zerstört, die den Promenadenring lange prägten, darunter die Matthäikirche und die 1. Bürgerschule auf der Moritzbastei. Seit 1990 engagiert sich das Grünflächenamt der Stadt Leipzig für eine Wiederherstellung des Promenadenrings unter gartendenkmalpflegerischen Aspekten. So wurden u.a. die Bereiche vor dem Hauptbahnhof und der Thomaskirche durch neue Bepflanzungen aufgewertet.

Die Abschnitte des Promenadenrings und ihre Denkmäler


Dass der Untere Park und Obere Park am Hauptbahnhof ursprünglich bis zum Bau der Goethestraße miteinander verbunden waren und das gemeinsame Herzstück des Promenadenrings bildeten, kann man heute nur noch erahnen. Beim Schwanenteich im Oberen Park handelt es sich um einen Rest des ehemaligen Stadtgrabens, welcher mit Wasser aufgefüllt und zu einem Teich umgestaltet wurde. Hier befinden sich hinter der Oper die Richard-Wagner-Büste sowie an der Goethestraße der Eisenbahnobelisk, der an den Bau der ersten deutschen Fernbahnstrecke von Leipzig nach Dresden erinnert.

Besonders das Erscheinungsbild des Augustusplatzes veränderte sich im Laufe der Zeit gewaltig. Der 1883 errichtete Mendebrunnen ist der einzige erhalten gebliebene Teil der alten Platzanlage. Hinter dem Augustusplatz markiert die 1550 von Hieronymus Lotter erbaute Moritzbasteiden Rand der Lenné-Anlage. Peter Joseph Lenné legte hier eine zentrale Hauptachse an, die quer durch den Park führt. Der Promenadenhügel ist noch heute markante Blickachse zum Neuen Rathaus. Im Sommer wird kaum ein anderer Abschnitt des Promenadenrings von Erholungssuchenden so intensiv genutzt, wie die Lenné-Anlage. 

Die zuvor eher bescheiden gestalteten Grünanlagen am Martin-Luther-Ring erhielten nach Entwürfen von Hampel aufwändige Schmuckbepflanzungen. Hier befindet sich das 1999 eingeweihte Goerdeler-Denkmal, das an Leipzigs mutigen Bürgermeister Carl Friedrich Goerdeler erinnert, der am Hitler-Attentat mitwirkte und nach dessen Scheitern hingerichtet wurde. Westlich der Innenstadt am Dittrichring kann seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein einmaliges Zusammenspiel aus rahmender Bebauung und Grünanlage bewundert werden. Die Schmuckbepflanzungen Hampels wurden nach dem Zweiten Weltkrieg durch historische Grünstrukturen und einfache Gehölzbepflanzungen ersetzt. 2008 wurde hinter dem Westportal der Thomaskirche das Mendelssohn-Denkmal aufgestellt, eine detailgetreue Kopie des 1936 zerstörten Originals. Unweit davon entdeckt man weitere bedeutende Denkmale: das Alte Bach-Denkmal und das Plato-Dolz-Denkmal. Sehenswert ist auch der etwas versteckt gelegene Märchenbrunnen, entworfen 1906 von Josef Mágr.

Im Bereich des Goerdelerrings/Tröndlinrings befindet sich heute im ehemaligen Komplex des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit das Museum in der „Runden Ecke“. In der nahe gelegenen Grünanlage wurde 2013 anlässlich des 200. Geburtstages Richard Wagners das Richard-Wagner-Denkmal enthüllt. Die von Stephan Balkenhol geschaffene Plastik steht auf einem von Max Klinger gefertigten Sockel. Nur wenige Meter weiter befindet sich am Richard-Wagner-Platz das 1851 errichtete Hahnemann-Denkmal

Wie der Name „Promenadenring“ verdeutlicht, besteht der Stellenwert des Leipziger Rings bis heute im Promenieren – dem Spazieren entlang attraktiv gestalteter Gartenanlagen.

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Nikolaikirche in Leipzig

Nikolaikirchhof 3
Ortsteil: Zentrum

Die um 1165 erbaute Nikolaikirche ist mit einer Höhe von 63 Metern und einer Breite von 46 Metern die größte und zweitälteste Kirche Leipzigs. Sie erlangte im Herbst 1989 internationale Bekanntheit durch die Friedensgebete und die daran anschließenden Montagsdemonstrationen, welche das Ende der DDR und die Einheit Deutschlands einläuteten. Zehn Jahre später wurde auf dem Nikolaikirchhof die 16 Meter hohe Nikolaisäule aufgestellt, welche als Symbol für die Friedliche Revolution steht.

Von der romanischen Basilika zur reformatorischen Kirche


Die Geschichte der Nikolaikirche reicht über 850 Jahre zurück. Sie wurde um 1165 nach der Verleihung des Stadt- und Marktrechts an Leipzig im Stil einer romanischen Basilika erbaut, besaß der Überlieferung nach aber bereits einen Vorgängerbau. Der romanische Ursprung ist bis heute an der Westseite der Kirche zu erkennen. Das Patrozinium des heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron der Kaufleute und der Reisenden, über der Kirche legt eine Gründung und Errichtung des Gotteshauses durch die ansässigen Kaufleute nahe. Die erste urkundliche Erwähnung als Bürgerkirche geht auf das Jahr 1212 zurück. Acht Jahre später wurde die Nikolaikirche dem Thomasstift unterstellt und verlor damit ihren Status als eigenständige Stadtkirche. Zwischen 1513 und 1525 erfolgte der Umbau durch den Maurermeister Benedikt Eisenberger zu einer dreischiffigen spätgotischen Hallenkirche. In diesem Zuge erhielt das Gebäude seine heutigen Maße von 63 Metern Länge und 46 Metern Breite. Am 31. Mai 1525 wurde die Nikolaikirche durch den Bischof von Merseburg eingeweiht. Mit der Einführung der Reformation in Leipzig zu Pfingsten 1539 hielt der evangelische Theologe und Reformator Johann Pfeffinger die erste evangelische Predigt. Auch das Innere der Kirche wurde nach reformatorischen Vorstellungen umgestaltet, Heiligenbilder und Nebenaltäre beseitigt. Der bedeutende Bau- und Bürgermeister der Stadt, Hieronymus Lotter, ließ 1555 die gotischen Turmspitzen durch flachere Dächer ersetzen, erhöhte den barocken Mittelturm auf seine heutigen 76 Meter und ergänzte im Inneren eine Türmerwohnung. Der Leipziger Architekt Johann Michael Senckeisen schuf zwischen 1730 und 1734 den Abschluss des Mittelturmes mit barocker Haube. Die spätgotische Kanzlei in der Nordkapelle der Nikolaikirche aus dem Jahr 1521 stammt noch aus Martin Luthers Zeiten und wird deshalb im Volksmund „Lutherkanzel“ genannt, obwohl der Reformator dort nie gepredigt haben soll. 1723 absolvierte Johann Sebastian Bach im Zuge seiner Bewerbung als Thomaskantor und städtischer Musikdirektor sein Orgelvorspiel der Kantate „Die Elenden sollen essen“ in der Nikolaikirche. Auch seine berühmte Johannes-Passion und das Weihnachtsoratorium mit dem Thomanerchor wurden in der Nikolaikirche uraufgeführt. An die Zeit Bachs erinnern noch heute das schlicht gehaltene Eingangsportal und die Turmhaube.

Klassizismus, Porsche und Clara Schumann unter einem Dach 


Der Umbau des Kircheninneren zum heutigen klassizistischen Erscheinungsbild im Geist der bürgerlichen Aufklärung erfolgte zwischen 1784 und 1797 unter der Leitung des Stadtbaumeisters Johann Carl Friedrich Dauthe. Dauthes Innengestaltung wurde maßgeblich durch die Architekturtheorie von Marc-Antoine Laugier beeinflusst. Die Umgestaltung zu einem modernen, hellen Predigtsaal mit der dominierenden Farbgebung Gold, Rosé, Weiß und Hellgrün zählt zu den bedeutendsten Raumschöpfungen des deutschen Klassizismus. Die ehemals spätgotischen Pfeiler wurden durch Stuckverzierungen in Form von stilisierten Palmwedeln zu antikisierenden Säulen umgestaltet. Neben dem Altarbild mit der Auferstehung Christi stammen rund 30 weitere Gemälde im Innern der Kirche vom damals bedeutendsten Maler und Bildhauer Leipzigs, Adam Friedrich Oeser. Der Chorraum wurde von Felix Pfeifer mit vier großflächigen Alabasterreliefs ausgestattet. Der Weißenfelser Orgelbauer Friedrich Ladegast ersetzte den Vorgängerbau von Johann Gottlob Trampeli 1862 durch eine neue Orgel mit 84 Registern auf vier Manualen und Pedal. Dabei handelt es sich noch heute um die größte Kirchenorgel Sachsens und zugleich Ladegasts wichtigstes Werk. Die spätere Erneuerung der Orgel durch die Firma Wilhelm Sauer belief sich auf rund 2,3 Millionen Euro. An der Finanzierung beteiligte sich die Porsche AG als Hauptsponsor, was mit dem edelstählernen Porsche-Schriftzug am Spieltisch der Orgel verewigt ist. Im Zuge der Sanierung wurden die Grabstellen der Kirche gänzlich überbaut. In den Gemäuern fand unter anderem der Theologe und Sympathisant Luthers, Petrus Mosellanus, 1524 seine letzte Ruhe.

Nach Abschluss der Umbau- und Renovierungsarbeiten im Jahr 1897 wurde die Kirche neu eingeweiht. Bei den im Turmaufgang ausgestellten Mauerresten des Portals aus dem Jahr 1170 sowie den grauen Steinen in der Kirchenmauer am Eingang handelt es sich um die ältesten Stücke Leipzigs. Die Nikolaikirche war die einzige Kirche, die während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 nicht als Lazarett umfunktioniert wurde. Am Abend des 19. Oktober 1813 fand in der Kirche der erste Gottesdienst nach Ende der Schlacht statt. Im Jahr 1817 wurde die Musikerin Clara Schumann in der Nikolaikirche getauft, 1838 heiratete der Leipziger Vater des Kleingärtnertums, Moritz Schreber, in der Kirche.

Außerhalb der Südsakristei der Kirche hängt in einer Wandnische ein überdimensioniertes Hufeisen. Dieses stammt der Überlieferung nach aus dem frühen 14. Jahrhundert, als der Markgraf Dietrich IV., genannt Diezmann, 1307 zum Gottesdienst nach Leipzig ritt und dort während der Christmette in der Thomaskirche ermordet wurde. Auf dem Weg nach Leipzig scheute sein Pferd und verlor das Hufeisen, das bis in die Nikolaikirche geschleudert wurde. Eine andere Überlieferung schreibt es dem Pferd des Heiligen Georg zu. Dieses soll das Hufeisen beim Kampf gegen den Drachen verloren haben. 

Der Weg zur Friedlichen Revolution im Herbst ‘89


Die Bedeutung der Nikolaikirche reicht weit über ihre Kunst- und Baugeschichte zurück. In den 1980er Jahren wurden unter dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ zahlreiche Veranstaltungen für die Abrüstung und Entmilitarisierung im Kalten Krieg organisiert. Im Rahmen der Friedensdekade fanden schließlich ab dem 20. September 1982 jeden Montag um 17 Uhr die Friedensgebete gegen das Wettrüsten in Ost und West statt, die durch Pfarrer Christian Führer und ab 1986 durch den Pfarrer der Lukaskirche, Christoph Wonneberger, koordiniert wurden. Als Symbol für die ersten Friedensgebete wurde rechts neben dem Hochaltar auf einem Ständer aus Metall ein einfaches Holzkreuz aufgestellt.

Trotz zahlreicher Sanktionsmaßnahmen und Einflussnahme vom Staat bot die Kirche einen der wenigen geistigen Freiräume in der DDR, welchen die Gemeinde unter dem Motto „Nikolaikirche – offen für alle“ nutzte. Die regelmäßig stattfindenden Friedensgebete waren ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur Überwindung der Teilung Deutschlands und ganz Europas – obwohl niemand dieses Ziel offenkundig ins Leben gerufen hatte. Am 7. Oktober 1989, dem 40. Jahrestag der DDR, wurde jeder Versuch des Protests gewaltsam von der Staatsmacht unterbunden. Der darauffolgende Montag, der 9. Oktober 1989, wurde schließlich zum entscheidenden Tag der Friedlichen Revolution. Rund 70.000 Demonstranten versammelten sich vor der Nikolaikirche und in der Innenstadt mit den Rufen „Wir sind das Volk!“ und „Keine Gewalt!“. Dieser Tag markierte das Ende der DDR und machte den Weg zur Einheit Deutschlands frei. 

Die Friedensgebete finden nach wie vor montags um 17 Uhr in der Nikolaikirche statt. Der Leipziger Autor Erich Loest setzte der Friedlichen Revolution in Leipzig mit seinem Bestseller-Roman „Nikolaikirche“ aus dem Jahr 1995 ein literarisches Denkmal. Das Buch spiegelt die tägliche Gespaltenheit der Menschen in der DDR in einer spannenden Familien-Saga auf lebendige Weise wider.

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Krochhochhaus in Leipzig

Goethestraße 2
Ortsteil: Zentrum

Das Krochhochhaus wurde als erstes Hochhaus der Stadt Leipzig und zugleich erstes privates Bankgebäude in dieser Größe in Deutschland errichtet. Es wurde 1927/28 auf Ansinnen des Bankiers Hans Kroch nach Entwürfen von German Bestelmeyer als Bankhaus im Stil des venezianischen Torre dell‘ Orologio geschaffen. Der 43 Meter hohe Bau prägt noch heute das Erscheinungsbild des Augustusplatzes. Seit 2010 beherbergt das Krochhochhaus das Ägyptische Museum der Universität Leipzig, dessen Eingang sich in der Theaterpassage befindet.

Vom Bauskandal zum ersten Hochhaus der Stadt


Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg versuchte die Weltmessestadt Leipzig das verlorengegangene Selbstbewusstsein zumindest symbolisch durch den Bau von Messepalästen und Hochhäusern nach amerikanischem Vorbild wiederzuerlangen. Während dieses Vorhaben zunächst an der Inflation scheiterte, setzte der Stadtbaurat Hubert Ritter wenig später mit seinem Konzept für einen Hochhausring um die Leipziger Innenstadt einen neuen Impuls. Der Bankier Hans Kroch griff die Idee auf und schlug vor, die Privatbank Kroch nach diesem Vorbild neu zu errichten. Am besten geeignet für ein solches Gebäude war der Augustusplatz, jedoch war dort lediglich das schmale Grundstück der Theaterpassage zwischen Konfektionshaus Bamberger & Hertz und der Dresdner Bank – ehemals Hotel „Schwarzes Bret“ – verfügbar. Den 1926 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb „zur Erlangung von Entwürfen für die städtebauliche Ausgestaltung des Augustusplatzes und für die architektonische Durchbildung des Bankhauses Kroch“ gewann der Münchner Architekt German Bestelmeyer. Sein ambitionierter Entwurf für ein alle anderen Bauten überragendes Hochhaus nach dem Vorbild des venezianischen Torre dell‘ Orologio rief bei den Bürgern der Stadt zunächst großen Widerstand hervor. Hintergrund war die Vorschrift, dass sämtliche Neubauten in der exponierten Innenstadtlage die Firsthöhe der bereits bestehenden Bauten nicht überschreiten dürften – schon gar nicht ein Privatbau. Der Entwurf wurde schließlich unter der Voraussetzung genehmigt, dass das Hochhaus die weiteren Gebäude nicht allzu aufdringlich überschreiten dürfe. So konzipierte Kroch die vier Etagen nach Erreichen der Normhöhe als Attrappen und überzeugte damit schließlich die Entscheider. Der 43 Meter hohe Komplex wurde 1927/28 als erstes Hochhaus der Stadt und zugleich erstes privates Bankgebäude in dieser Größe in Deutschland errichtet. Bestelmeyer schuf damit eines der Wahrzeichen Leipzigs, welches noch heute den Augustusplatz prägt, und gab zugleich den Auftakt für den Hochhausbau in Leipzig.

Venezianisches Flair auf dem Augustusplatz


Wer schon einmal auf dem Markusplatz in Venedig stand, dem kommt der imposante Bau des Krochhochhauses sehr bekannt vor – und das mit guten Grund: Der elfgeschossige kalksteinverkleidete Stahlbetonbau wurde nach dem Vorbild des Uhrturms am Markusplatz gestaltet. Passend dazu wurden dem Gebäude zwei bronzene Glockenschläger aufgesetzt. Sie galten zur Eröffnung 1928 als das größte Turmschlagwerk der Welt. Der Schmied Eugen Ehrenbock schuf die 3,30 m hohen Kupferfiguren nach Entwürfen des Bildhauers Josef Wackerle. Letzterer wollte damit einen harten oberen Abschluss des kantigen Gebäudes vermeiden. Der eine Glockenmann, ein Jüngling, schlägt aller 15 Minuten, der andere bärtige Alte schlägt jede volle Stunde. Das darunter gelegene Giebelfeld trägt, ganz im Geist der Handelsstadt, die lateinische Inschrift „Omnia vincit labor“ (Arbeit überwindet alles). Die Turmuhr der Leipziger Firma Berhard Zachariä auf Höhe des elften Obergeschosses wird von zwei reliefierten Löwen flankiert. Die Symbole Venedigs und zugleich Wappentiere Leipzigs spiegeln die Bedeutung und Macht des Bankhauses wider. Der Bezug Leipzigs und der einst dominierenden Welthandelsstadt Venedig war durchaus eine Verbidnung, die damals wie heute gefiel. An der Kugel oberhalb der Uhr werden können die Mondphasen abgelesen werden.

Altes Ägypten im ehemaligen Bankhaus 


In der Schalterhalle des ehemaligen Bankhauses Kroch in der Theaterpassage hat heute das Ägyptische Museum der Universität Leipzig sein Domizil. Die Halle stellt ein bedeutendes Interieur des Leipziger Art déco dar. Besonders eindrucksvoll ist auch der von Josef Wackerle geschaffene Neptunbrunnen aus Terrakotta mit der vergoldeten Figur des Meeresgottes. Im Jahr 2010 wurde das ehemalige Bankhaus zu einem Ort der Wissenschaft und der Forschung umgewidmet, der heute die größte und bedeutendste Universitätssammlung ihrer Art in ganz Deutschland beinhaltet. Die Sammlung setzt sich im Wesentlichen aus archäologischen Funden und Käufen des Ägyptologen und Museumsleiters Georg Steindorff zusammen und umfasst rund 7.000 Objekte. Diese stammen aus fünf Jahrtausenden, insbesondere aus dem unternubischen Aniba. Neben zahlreichen Statuen, alltäglichen Gegenständen und einigen Mumien bildet ein mumienartig gestalteter Sarg mit Hieroglyphen den Grundstock des Museums. Dieser wurde 1840 vom Professor für Archäologie der Universität Leipzig, Gustav Seyffart, in Triest erworben und zählt noch heute zu einer echten Rarität und Attraktion des Museums. 

Das Krochhochhaus hat bis heute nichts von seiner architektonischen Bedeutung eingebüßt. Der Bau wurde mit Muschelkalkplatten verkleidet und weist nur wenig figürliche Ornamentik auf, die auf die unterste und oberste Geschosszone beschränkt ist. Das gesamt Bildprogramm spiegelt die Lebenseinstellung des bodenständigen Bankiers wider und zeugt von seiner Einbindung in die Gesellschaft. Auf den kantigen, mit Naturstein verkleideten Betonsäulen des Eingangsbereichs entdeckt man beim näheren Hinschauen einen symbolischer Bildschmuck. Dieser wurde in der Art frühzeitlicher Ritzzeichnungen ausgeführt. Im Untergeschoss befindet sich die Theaterpassage mit zahlreichen Geschäften. Sie wurde damals so benannt, weil sie unmittelbar zum gegenüberliegenden Neuen Theater auf dem Augustusplatz führte. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg 1943 zerstört. An gleicher Stelle wurde bis 1960 das heutige Opernhaus errichtet.

Bildergalerie - Krochhochhaus in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Krochhochhaus in Leipzig

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