Bildlexikon Leipzig

Kabarett academixer

Kupfergasse 2 | Ortsteil: Zentrum

Als Leipzigs zweitälteste „Brettlbühne“ wurde das Kabarett academixer 1966 als Studentenkabarett der Karl-Marx-Universität Leipzig gegründet. Nachdem die Truppe zunächst nebenberuflich durch die DDR tourte, entwickelten sich die academixer 1976 zum Berufskabarett und erhielten 1980 ihre feste Spielstätte im Keller des ehemaligen Messehauses Dresdner Hof. Zum heutigen Ensemble der academixer zählen über 20 Darsteller und Musiker, welche neben aktuellen politischen Themen auch sächsische Mundartprogramme, ebenso wie satirische und literarisch-musikalische Stücke vorführen. Der Art-Déco Bühnensaal im Untergeschoss des Gebäudes bietet Platz für 250 Gäste.

Vom Amateur- zum Berufskabarett


Bereits in der Antike galt Satire als staatserhaltend. Den Kabarettisten, welche als öffentliche, couragierte Kritiker des Missstandes stellvertretend für das Publikum agierten, war die Verehrung und uneingeschränkte Zuneigung der Zuschauer sicher. Mit der bundesweit höchsten Kabarettdichte pro Kopf gilt Leipzig als die deutsche Kabarett-Hauptstadt. Bereits zur Geburtsstunde des Kabaretts in Deutschland am 18. Januar 1901 mischte neben München, Berlin und Wien auch Leipzig kräftig mit. In den 1920er Jahren besaß die Stadt mehr als ein Dutzend Brettlbühnen, für die Größen wie
Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Joachim Ringelnatz oder Lene Voigt Stücke schrieben. In den 1980er Jahren gab es in Leipzig neben Dutzenden Amateurtruppen zwei Profi-Kabaretts, was für die damaligen Verhältnisse viel war. Mit der Wende vervielfachten sich die Profi-Ensembles, jedoch verkümmerten zahlreiche Neugründungen trotz des politischen Aufwinds aufgrund des marktwirtschaftlichen Gegenwinds.

Bei dem 1954 gegründeten Kabarett Leipziger Pfeffermühle handelt es sich um Sachsens ältestes und traditionsreichstes Kabarett. Unmittelbar darauf folgt das Kabarett academixer. Dieses wurde 1966 als Studentenkabarett der Karl-Marx-Universität gegründet, woraus sich die von „akademisch“ abgeleitete Bezeichnung ergibt. Es formierte sich aus den Resten eines Kabaretts gleichen Namens, welches zwei Jahre zuvor am Dolmetscher-Institut entstanden war. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Jürgen Hart, Gunter Böhnke, Bernd-Lutz-Lange und Christian Becher, welche als Ensemble über viele Jahre das Spiel der academixer prägten. „Kein X für U“ hieß das erste Programm, „Agit Pro & Kontra“ und „SchonZeit für Ideale“ nannten sich weitere Programme der Kabarettisten. Nachdem die Truppe zunächst mehr als zehn Jahre nebenberuflich durch die DDR tourte, entwickelten sich die academixer 1976 zum Berufskabarett und erhielten 1980 ihre feste Spielstätte im Keller des ehemaligen Messehauses Dresdner Hof. Dies war zur damaligen Zeit eine Seltenheit, da jede Bezirksstadt nur ein Kabarett beherbergen durfte und Leipzig bereits das Kabarett Leipziger Pfeffermühle besaß. Aufgrund des großen Erfolgs und der Einnahmen aus den Eintrittspreisen der academixer, waren diese für die Stadt jedoch unentbehrlich. Die Spielstätte in Form der repräsentativ eingerichteten Empfangshalle des in den 1920er Jahren errichteten Messehauses beinhaltete Friseur, Wannenbad, Rezeption, Bar und Post. Nach dem Umbau der Räumlichkeiten zum Kleinkunsttheater entstand ein besonderer Charme aus Nostalgie und Funktionalität.

Nächtliche Warteschlangen vorm Kassenhäuschen der „Mixer“…


Gründungsmitglied Jürgen Hart war bis 1990 Leiter des Kabaretts. Seine Führung, Regiearbeiten und Texte verhalfen den academixern maßgeblich zum Erfolg auf nationaler Ebene. Eintrittskarten für die Kabarettaufführungen wurden zu dieser Zeit nur zweimal jährlich verkauft. Die Zuschauer reihten sich nachts in die Warteschlange in der Kupfergasse ein, um rechtzeitig vor dem Ausverkauf – nach maximal vier Stunden – Tickets für mehr als vierhundert Veranstaltungen des Jahres am Kassenhäuschen zu erwerben. Im Jahr 1992 wurde das Kabarett academixer zu einer GmbH umgewandelt, in deren Folge nun täglich Eintrittskarten gekauft werden konnten. In ihren Darbietungen beschäftigte sich das Kabarett auch verstärkt mit den Wende-Nachwehen: „Da gibt es für die Zeiterscheinung eine Wegwerfmeinung, für die Weltanschauung Wegwerfbücher und wir Witzemacher machen Wegwerfwitze über Wegwerfköpfe der Regierungsspitze“ heißt es etwa im Lied „Wir werfen weg“. In den neueren Stücken spielten Themen wie der Kapitalismus eine Hauptrolle. Im Jahr 1995 nahmen die academixer als Vertreter Deutschlands am Kabarettfestival in Luxemburg teil. Das Repertoire reicht von politischem Kabarett, über sächsische Mundartprogramme bis hin zu satirischem Theater. Im Gegensatz zum literarischen oder journalistischen Kabarett pflegen die „Mixer“, wie sie im Volksmund genannt werden, vorrangig das Ensemblespiel.

Sächsische Mundartprogramme und Satire-Theater im Art-Déco-Interieur


Während der Sanierung des gesamten Gebäudekomplexes der Spielstätte 1999/2000 spielten die academixer zwischenzeitlich in der benachbarten Kalinin-Mensa, dem heutigen
Kupfersaal. Die Interimsspielstätte nannten sie „Lampenladen“. Zum heutigen Ensemble der academixer zählen über 20 Darsteller und Musiker, welche neben aktuellen politischen Themen auch sächsische Mundartprogramme, ebenso wie satirische und literarisch-musikalische Stücke vorführen. Entsprechend der individuellen Autoren-Handschrift reichen die Darbietungen von locker und heiter bis hin zu schwarzhumorig. Stammgäste bei den academixern sind nach wie vor die Gründungsmitglieder Bernd-Lutz Lange und Günter Böhnke. Das Star-Duo war nicht nur in Sachsen ein Markenzeichen des Kabaretts. Obwohl sich beide 1988 als erfolgreiche Buchautoren in die Selbstständigkeit verabschiedeten, blieben sie dem Kabarett für Gastspiele ihrer Solo-Programme bis in die Gegenwart erhalten. Weitere heimische Kabarettgrößen sind Tom Pauls, Katrin Weber und Uwe Steimle. Abgerundet wird das Repertoire mit Gastspielen namhafter Größen der deutschsprachigen Kabarettszene, darunter Gerd Dudenhöffer und Max Uthoff. Der Leitspruch der academixer lautet „Täglich ein Programm“, wobei die Kabarettisten diesen Spruch zwischenzeitlich mit sogar zwei Vorstellungen am Tag noch übertreffen. 

Der academixer-Keller im ehemaligen Untergeschoss des Dresdner Messehofes ist von einem originalen Art-Déco Interieur geprägt. Die Decken- und Wandflächen im Bühnensaal sind mit Stahlbetonträgern unterbrochen und mit farbigem Spiegelglas ausgestaltet. Einen Kontrast bildet die originale Marcel-Breuer-Bestuhlung im Zuschauerraum im Stil der Bauhaus-Architektur mit 250 Plätzen im Mittel- und Seitenparkett. Das Treppenhaus ist mit allegorischen Alltagsbildern in Lebensgröße an den Wänden und zahlreichen, von den Kabarettisten zusammengetragenen Accessoires des Genres, gestaltet. Neben unterhaltsamen Kabarettdarbietungen können die Gäste in der zur Spielstätte gehörenden „Mixer“-Gaststätte speisen und trinken. Egal ob zur Einstimmung auf die Vorstellung oder Tisch an Tisch neben den Kabarettisten im Nachhinein: Bei einem Speisenangebot aus verschiedenen Nostalgie-Gerichten, darunter Soljanka, Fettbemmen oder Karlsbader Schnitte, kommt fast jeder Gast auf seine Kosten.

In den lauen Monaten findet alljährlich das Sommerkabarett der academixer im Paulaner Palais in der Klostergasse mit den Partnern Café Madrid und Restaurant Paulaner statt. Aus dem Veranstaltungskalender nicht wegzudenken ist im Sommer das alljährliche Leipziger Zoo Spezial, bei welchem die Zuschauer erstklassiges academixer-Kabarett im Gründergarten des Zoo Leipzig erleben können. Ein jährlicher Höhepunkt ist auch das Internationale Humor- und Satirefestival Leipziger Lachmesse, welches an acht Tagen auf den Bühnen der innerstädtischen Kabaretthäuser stattfindet. Die präsentierten Genres reichen von Kabarett, Musik und Komödie bis Dichtung und Pantomime.

Stand: 26.09.2023

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Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.
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