Altes Rathaus in Leipzig

Markt 1 Ortsteil: Zentrum

Das Alte Rathaus befindet sich am Markt. Es ist eines der bedeutendsten Bauwerke der deutschen Renaissance und ein Wahrzeichen Leipzigs. Es wurde 1556 als erstes Renaissance-Rathaus in Deutschland von Hieronymus Lotter errichtet und diente bis 1905 als Sitz der Stadtverwaltung. Heute beherbergt das Alte Rathaus das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig.

Vom Tuchhaus zum „schönsten Renaissancebau nördlich der Alpen“

Das Alte Rathaus dominiert mit seiner 87 Meter langen Fassade beinahe die gesamte Ostseite des Marktes. Mittels eines Durchgangs unterhalb des Rathausturms, in dem sich der Eingang zum heutigen Stadtgeschichtlichen Museum befindet, gelangt man zur Rückseite des Baus. Hier befindet sich der Naschmarkt mit der Alten Handelsbörse. Im Norden wird es durch das Salzgässchen begrenzt, im Süden durch die Grimmaische Straße.

Das Alte Rathaus blickt auf eine fast 500-jährige Historie zurück und spiegelt die Leipziger Stadtgeschichte wider. Im 19. Jahrhundert wurde es auch als „schönster Renaissance-Bau nördlich der Alpen“ bezeichnet. Das Gebäude entstand ursprünglich auf den Grundmauern eines alten Handelshauses der Tuchherren und seines gotischen Vorgängerbaus aus dem Jahr 1480. Nach nur neun Monaten Bauzeit wurde der imposante Renaissance-Bau 1556/57 nach Plänen des damaligen Bürgermeisters Hieronymus Lotter errichtet. Mit dem Tod des Baumeisters Paul Speck übernahm Anfang 1557 Paul Widemann die Arbeiten. Den Baumeistern lag zu dieser Zeit weder etwas an einer wohl proportionierten Abstimmung des Baus noch an einer streng gegliederten, symmetrischen Fassade mit horizontalem Abschluss. Durch die Überbauung der Vorgängerbauten entstand eine asymmetrische Teilung der Rathaus-Fassade, welche noch heute in Form eines Knicks zu erkennen ist. Diese unregelmäßige Aufteilung lässt sich insbesondere an der zur Ostseite des Markts gerichteten Schaufassade erkennen: So hat der Rathausturm seinen Platz nicht wie gewöhnlich in der Mitte der Fassade, sondern wurde stattdessen im Goldenen Schnitt mit asymmetrisch aufgeteilten Zwerchgiebeln links und rechts entworfen.

Das Alte Rathaus wird baulich verändert – Besonderheiten und Merkwürdigkeiten

1564 erhielt das Alte Rathaus zusätzlich einen hölzernen Laubengang und einen Altan unmittelbar über dem Turmportal, welcher zu besonderen Anlässen von den Ratsherren betreten wurde. Im Zuge von Renovierungsarbeiten 1599 wurde am Rathausturm eine Schlaguhr vom Annaberger Uhrmacher Georg Werner angebracht. Im selben Jahr wurde über dem Altan ein kleiner Pfeiferstuhl geschaffen, auf dem die Stadtpfeifer zu Festlichkeiten spielten. Der Ratssaal diente seinerzeit für Staatsempfänge, Handwerkerfeste und für Gerichtsverhandlungen, woran der noch heute erhaltene Richterstuhl erinnert.

Im Zuge einer ersten Restaurierung des Alten Rathauses 1672 wurde unter dem Hauptgesims eine das Gebäude umlaufende und später vergoldete lateinische Schrift angebracht, bei der es sich um die weltweit längste Inschrift dieser Art handelt. Sie beinhaltet eine Huldigung an den Landesherrn sowie den ersten Vers aus dem 127. Psalm. Im Jahr 1703 erhielt der Rathausturm zur Nord-, Süd- und Ostseite jeweils eine prunkvolle astronomische Uhr. Das größte Ziffernblatt an der Marktseite zeigt zusätzlich die Mondphasen an. 1744 wurde der Rathausturm von Christian Döring erhöht und mit einer barocken Turmhaube bekrönt. Durch die wachsende Einwohnerzahl und die zunehmenden administrativen Aufgaben mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Überlegungen angestellt, das Alte Rathaus zugunsten eines neuen, größeren Rathauses abzureißen. Durch die Mehrheit von nur einer Stimme wurde 1904 vom geplanten Abriss abgesehen. Stattdessen wurde der Sitz der Stadtverwaltung 1905 in das Neue Rathaus verlagert.

Aus Alt mach Neu: die Scharenbergsche Sanierung

Sein heutiges Erscheinungsbild verdankt das Alte Rathaus im Wesentlichen der umfassenden Sanierung unter der Leitung des Stadtbaurats Otto Wilhelm Scharenberg zwischen 1906 und 1909. Dabei sollte das Bauwerk im Wesentlichen originalgetreu rekonstruiert und ausgebessert werden. Im Erdgeschoss auf der Marktseite wurde anstelle der vorherigen hölzernen Verkaufslauben ein steinerner Arkadengang aus rotem Rochlitzer Porphyr geschaffen. In die einzelnen Kaufgewölbe unter den Arkaden zogen kleine Geschäfte ein, während der Festsaal fortan für öffentliche Veranstaltungen genutzt wurde. Das Alte Rathaus wurde zum Stadtgeschichtlichen Museum umfunktioniert, welches am 11. Dezember 1911 eröffnete. Im Durchgang vom Markt zum Naschmarkt wurden 1909 zwei Zierbrunnen aufgestellt. Der Brunnen „Badender Knabe“ stammt von Carl Seffner. Johannes Hartmann schuf den Brunnen „Badendes Mädchen“, der sich in einer Fassadennische links neben dem Durchgang zum Markt befindet. 

Durch die Bombenangriffe auf Leipzig im Zweiten Weltkrieg wurde das Alte Rathaus 1943 stark beschädigt, wobei der Turm und das Dachgeschoss des Gebäudes vollkommen ausbrannten. Mit dem Wiederaufbau und der Restaurierung von 1946 bis 1950 unter dem verantwortlichen Architekten Walter Gruner war das Alte Rathaus eines der ersten historischen Gebäude der Stadt, das instandgesetzt wurde. Aus dieser Zeit stammt auch der charakteristische ockerfarbene Anstrich.

Ein Blick hinter die geschichtsträchtigen Gemäuer


Während die Fassaden im Zuge des Umbaus zwischen 1906 und 1909 weitgehend ihr Aussehen von 1557 behielten, kam es im Inneren des Alten Rathauses zu größeren Umgestaltungen. Das erste Stockwerk wird beinahe vollständig vom früheren 43 Meter langen Festsaal, der früheren Ratsdiele, eingenommen. Hier kann heute eine Gemäldegalerie mit Bildnissen sächsischer Kurfürsten begutachtet werden. In das Gestühl darunter wurden Porträts Leipziger Stadtrichter eingebaut, welche um 1800 von Anton Graff geschaffen wurden. Die vier Prunkkamine aus dem Jahr 1610 stammen von Friedrich Fuß. Im Festsaal ist auch das 25 Quadratmeter große Stadtmodell ausgestellt, welches 1823 von Johann Christoph Merzdorf geschaffen wurde. Hierbei handelt es sich um ein einzigartiges Exponat von kulturgeschichtlichem Wert, welches die mittelalterliche Stadtstruktur Leipzigs vor Beginn der industriellen Revolution zeigt. 

Im Durchgang vom Festsaal zur benachbarten Ratsstube hängt ein Porträt von Hieronymus Lotter. In der Ratsstube selbst unterzeichnete Johann Sebastian Bach 1723 seinen Anstellungsvertrag als Thomaskantor. Der Raum unmittelbar neben der Ratsstube ist exklusiv Bach und seinem Schaffen gewidmet. Hier befindet sich auch das nachweislich einzige authentische Porträt des Thomaskantors, welches von Elias Gottlob Haussmann im Jahr 1746 geschaffen wurde. Im Nebenraum wird die Leipziger Musiktradition erlebbar gemacht und ist der Kirchenmusik vor Bach und der frühen Geschichte des Gewandhausorchesters gewidmet. Hier sind Raritäten wie die Gründungsurkunde der Gewandhauskonzerte von 1781, ein Modell des ersten Gewandhaussaales im Maßstab 1:25 sowie das Dirigentenpult aus dem einstigen Konzertsaal ausgestellt. Sehenswert sind auch das Landschaftszimmer mit Malereien aus dem Spätbarock, die Schatzkammer sowie das Tapetenzimmer aus Kochs Hof, welches 1749 von Benjamin Calau geschaffen wurde.

Einen Besuch wert ist das Restaurant „Altes Rathaus“, das sächsische Küche und zahlreiche Bierspezialitäten anbietet. Hier sitzt man entspannt unter den Rathaus-Arkaden und genießt den Blick auf das Markt-Getümmel.

Bildergalerie - Altes Rathaus in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Altes Rathaus in Leipzig

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Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.
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