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Gedenktafel zur Einführung der Reformation

Thomaskirchhof 18
Ortsteil: Zentrum

Das wichtigste Denkmal der Lutherzeit ist in Leipzig die Thomaskirche, die bis zur Einführung der Reformation Stiftskirche der Augustiner Chorherren war. An einem Pfeiler im Mittelschiff der Thomaskirche ist eine bronzene Gedenktafel mit erhabenen Versalien im Laubenkranz eingelassen. Auf der 61 x 42 cm großen Schrifttafel steht folgender Text: „Hier predigte D. Martin Luther bei der Einführung der Reformation a. Pfingstmontag 1539“.

Am 7. Juni 1519 hatte in der Thomaskirche die Leipziger Disputation mit einem Gottesdienst begonnen, bei der der Thomanerchor unter Leitung des Kantors Georg Rhau eine 12stimmige lateinische Messe sang. Zwanzig Jahre später, am 25. Mai 1539, war es soweit. Die neue christliche Lehre hatte sich in Sachsen durchgesetzt und Martin Luther predigte zur Einführung der Reformation in der überfüllten Thomaskirche. Das Interesse war so groß, dass Unentwegte sogar von außen Leitern an die Kirchenfenster anlegten, um den Worten des Reformators zu lauschen. Eine Legende ist jedoch, dass Luther von der sogenannten Lutherkanzel in der Nikolaikirche zu den Gläubigen gesprochen haben soll. 

Mit der Einführung der Reformation erlebte die Thomaskirche einen Bildersturm, bei dem das Inventar aus der römisch-katholischen Zeit beseitigt wurde. Zahlreiche Altäre wurden abgebrochen sowie Reliquien und Heiligenbilder entfernt. 

Neben der Gedenktafel erinnern in der Thomaskirche weiterhin das Bleiglasfenster in der südlichen Kirchenseite mit der Darstellung Martin Luthers sowie das Sandsteingrab der Apollonia von Wiedebach an die Reformation. Letztere gründete eine Stiftung, mit der ein Prediger des Evangelismus bezahlt werden konnte.

Bildergalerie - Gedenktafel zur Einführung der Reformation

Gasthaus Barthels Hof

Hainstraße 1
Ortsteil: Zentrum

Das Gasthaus Barthels Hof ist eines der ältesten und traditionsreichsten Lokale. Es befindet sich seit 1750 im Barthels Hof, dem letzten erhaltenen barocken Durchgangshof in Leipzig, in dessen Räumlichkeiten früher Handelsleute aus aller Welt ihre Waren anboten. Unter dem Motto „bewusst, regional, nachhaltig“ wird typisch sächsische Küche angeboten. Betreiber ist seit 2012 die Leipziger Familie Grahl.

Feilschen, handeln und Verträge begießen im letzten barocken Durchgangshof


Das Traditionslokal Barthels Hof gilt neben Adressen wie Auerbachs Keller und dem Thüringer Hof als eines der ältesten und traditionsreichsten Restaurants in Leipzig. Es befindet sich direkt am Markt. Das Gebäudeensemble wurde 1747 bis 1750 von George Werner für den Kaufmann und Stadthauptmann Gottfried Barthel als Bank- und Handelshaus erbaut. Im 16. Jahrhundert wurde der Leipziger Messe wachsende Bedeutung beigemessen. Kaufleute aus aller Welt reisten mit ihren Produkten zur ältesten Warenmesse Deutschlands nach Leipzig und die Stadt entwickelte sich zu einem bedeutenden Umschlagplatz für europäische Handelswaren. Die Messedurchgangshöfe dienten als Verkaufsniederlage sowie Empfangs- und Wohnquartier für die Händler. Die Räume waren mit Handeslwaren, Käufern, Verkäufern, Schreibern, Geldwechslern, Schaulustigen und Aufsehern gefüllt. Während hier tagsüber gefeilscht, gehandelt, Kontakte geknüpft und Geschäfte gemacht wurden, wurden die ausgehandelten Verträge abends zünftig in„Barthels Weinschänke“ begossen. Auch der junge Johann Wolfgang Goethe, der 1765 nach Leipzig kam, soll hier Gast gewesen sein. Dieser Teil des Gewölbes diente schon immer dem leiblichen Wohle. Erster Besitzer des Gasthauses war Hanns Tollhardt. Zwischenzeitlich betrieb der Kaufmann Carl Friedrich Weber seinerzeit ein insbesondere bei den Händlern beliebtes Lokal. Auch einer der im 18. Jahrhundert so beliebten Italienerkeller hatte hier bereits sein Domizil. 1890 etablierte sich die um die Jahrhundertwende vielbesuchte Weinstube von Paege, eine Zeitlang waren die Räume als Egerer Bierstuben bekannt.

Auch zu DDR-Zeiten war das Gasthaus Barthels Hof eine gefragte Adresse. Infolge zunehmenden Verfalls musste das Lokal 1987 geschlossen werden und wurde Dank des Engagements der Deutschen Genossenschats-Hypotheken-Bank AG und der Deutschen Genossenschaftsbank denkmalschutzgerecht rekonstruiert. Nach Abschluss der Sanierung konnte das Gasthaus nach vierjähriger Bauzeit am 18. Januar 1997 seine Neueröffnung unter dem neuen Inhaber Lutz Albrecht von der Fantastic GmbH feiern. Auf der Speisekarte standen überwiegend sächsische Gerichte aus gut bürgerlicher Küche von„Thomanernudeln“ bis zu „Jungfer Kristin Becks Kaninchenkeule“ und der „Leipziger Lerche mit Würzbirne“. Seit 2012 wird das Traditionslokal von Thorsten Grahl und seiner Familie geführt. Aufgrund eines verheerenden Brandes wegen Brandstiftung am 31. Januar 2019 musste Barthels Hof für 13 Monate schließen. Im Zuge der umfassenden Sanierungsarbeiten wurde das historische Gewölbe neu gestaltet und das Lokal Ende Februar 2020 wieder geöffnet.

Regional sächsische Küche in barockem Gewand


Unter dem greentable-zertifizierten Motto „bewusst. regional. nachhaltig.“ werden im Gasthaus Barthels Hof typisch sächsische Speisen und Getränke serviert. Passend zur Saison werden immer neue Gerichte kreiert und mit viel Liebe zum Detail angerichtet. Auf der Speisekarte stehen regionale Spezialitäten, wie die Leipziger Rinderroulade, Sächsischer Sauerbraten und Karpfenfilet aus Wermsdorf. Auch Klassiker wie das Traditionsgebäck Leipziger Lerche, die obergärige Bierspezialität Gose und der Kümmellikör Leipziger Allasch sind erhältlich. Eine Besonderheit sind die Menüs „1.000 Jahre Leipzig“ und „Luthers Familienessen“. Ersteres wurde anlässlich des Stadtjubiläums 2015 eingeführt und soll auf die Vielfalt der heimischen Küche aufmerksam machen. Das exklusive 5-Gänge-Menü besteht aus regionalen Klassikern, feinen Delikatessen und einfachen, rustikalen Speisen, wie die „Alt Leipziger Warmbiersuppe“. Begleitet wird die kulinarische Reise in die Vergangenheit von Anekdoten und Erklärungstexten, die etwa über das jeweilige Gericht oder dessen Komponenten berichten. So wird dem Gast neben dem kulinarischen Erlebnis auch der historische Hintergrund der sächsischen Esskultur näher gebracht. Das Menü „Luthers Familienessen“ wurde anlässlich des Jubiläums „500 Jahre Reformation“ 2017 kreiert und präsentiert ein Familienessen wie zu Luthers Zeiten. Anregung für die Zusammenstellung der Gerichte war „Das Luther Melanchthon Kochbuch“.Martin Luther und seine Frau Katharina von Bora liebten Geselligkeit und gutes Essen und empfingen in ihrer Wohnstätte regelmäßig Gäste zu Speis‘ und Trank. Zu den angebotenen Speisen zählen etwa gebeiztes Zanderfilet auf Wiesenkräutern, Kräuterschweinenacken und „Armer Ritter“. Das gesamte Menü wird ausschließlich auf Tongeschirr mit Messer und Löffel aufgetischt, denn Gabeln gab es zu Luthers Zeiten noch nicht.

Urige Atmosphäre im Zechgewölbe und gelebte Musiktradition in Barthels Schänke


Im Erdgeschoss befindet sich zum Innenhof gelegen „Barthels Schänke“. Der Raum bietet Platz für 60 Personen und ist mit Massivholz-Tischen, bequemen braunen Lederstühlen und gepolsterten Sitzflächen ausgestattet. Die Wände der historischen Mauern von 1750 wurden im Zuge der Sanierung nach dem Brand 2019 von der Künstlerin Jana Müller im Auftrag der Möbelwerkstätten Klotzsche in zarten Goldtönen bemalt sowie kunstvoll mit individuellen Malereien und Ornamenten gestaltet, welche einen Bezug zu Leipzigs Tradition als Handels- und Messestadt haben. An den Wänden befinden sich elf mit Hilfe einer speziellen Drucktechnik geschaffene Portraits von berühmten Musikern, denen Leipzig seinen Ruf als Musikstadt zu verdanken hat. Dazu zählen Gustav MahlerRichard WagnerFanny HänselFranz LisztFrédéric ChopinGeorg Philipp TelemannFelix Mendelssohn BartholdyAlbert LortzingClara SchumannKurt Masur sowie gegenüber der Eingangstür Johann Sebastian Bach. Im Erdgeschoss befindet sich auch die benachbarte „Webers Speisestube“, benannt nach dem Kaufmann Carl Friedrich Weber, der hier bereits zu früheren Zeiten ein Lokal betrieb. Der Raum bietet 40 Plätze und verbindet moderne mit historischen Stilelementen. Er wurde bewusst nach dem Vorbild einer Suppenküche im 18. Jahrhundert und mit uriger hölzerner Theke gestaltet

Eine Wendeltreppe führt hinab in „Tollhardts Zechgewölbe“ aus dem Jahr 1497. Die über 500 Jahre alte Brauküche wurde nach dem ersten Besitzer des Hauses benannt. Das tonnenförmige prächtige Gewölbe verläuft fast 360 Grad um die Barinsel mit Biertheke in der Mitte des Raumes mit gedrechselten Säulen und darauf befindlichen bleiverglasten Aufsätzen. Für uriges, gemütliches Ambiente sorgen die kleinen Thekentische und Sitzgruppen mit Bänken, die sich zum Teil unter baldachinartigen, in warmem Dunkelbraun gestalteten Holzverkleidungen befinden, auf denen alte Küchen- und Brauutensilien ausgestellt sind. Der Klinkerfußboden, unbearbeitete Findlinge und die unverputzten Wände nach historischem Vorbild erinnern an die über 500-jährige Geschichte des urigen Raumes.Das Zechgewölbe bietet Platz für 70 Personen und eignet sich gut für Feiern jeder Art. In den warmen Monaten können die Gäste auf dem großzügigen Freisitz im barocken Durchgangshof mit 200 Plätzen die historische Atmosphäre bei einer hausgemachten Bowle oder einem frischgezapften Ur-Krostitzer Bier abseits des belebten Barfüßgässchens genießen.

Bildergalerie - Gasthaus Barthels Hof

Galopprennbahn Scheibenholz

Rennbahnweg 2 A
Ortsteil: Südvorstadt

Ein bisschen Ascot hängt immer in der Luft, wenn pünktlich am 1. Mai die Galopprennbahn Scheibenholz zur Saisoneröffnung einlädt. Wie auf der vornehmen Rennbahn in England sind auch in Leipzig attraktive Damen in extravaganten Kleidern und mit verrückten Hüten anzutreffen. Gentlemen im klassischen Outfit beleben die großbürgerlich auftrumpfende Szenerie. Doch die Masse des Publikums ist keineswegs so spleenig wie anlässlich von Renntagen in Merry Old England. Leipzig eben. Dem Pferderennen, worum es ja eigentlich geht, bekommt die Mischung des Publikums jedenfalls gut. Und so unterhaltsam wie das Zuschauer-Spektrum sind die Rennen allemal.

Parklandschaft mit Rennbetrieb


Schön war es im Scheibenholz von alters her. Das Waldgebiet als Teil des Auwalds mit seinem aufragenden Baumbestand und den Wiesen dazwischen gewann zusätzlich an Wert, als die rasant wachsende Industriestadt Leipzig im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts immer dichter bebaut wurde und die Leipziger vor lauter gebauter Umwelt den Wert unverfälschter Natur, von Licht und Luft, besonders zu schätzen begannen. Viele schwärmerische Beschreibungen des Scheibenholzes als „umfänglich Waldgebiet“ mitten im Häusermeer sind aus jenen Tagen überliefert. 

Viel weiter gingen damals die Pläne des einflussreichen Bankiers Wilhelm Seyfferth. An der Spitze des Leipziger Rennklubs hatte er längst einen Blick auf Schimmels Wiese im Scheibenholz geworfen. Mochte Seyfferths Vorgänger Ottomar Spangenberg 1863 auch zufrieden damit sein, mit dem viertältesten Rennklub in Deutschland ein freies Areal jenseits von Lindenau, also weit vor den Toren der Stadt, für Pferderennen nutzen zu können, so konzentrierten sich bald alle Anstrengungen darauf, die neue Sportart im Wortsinn viel näher an die Stadt heran- und in den Grünen Gürtel hineinzuholen. 

Gebaut wurde zügig, nachdem die Entscheidung zugunsten einer Pferderennbahn im Scheibenholz gefallen war. Schon am 14. und 15. September 1867 fand in angenehmer Umgebung das umjubelte Eröffnungsrennen statt. Die Zuschauer folgten dem spannenden Auftakt von einer hölzernen Tribüne aus. Weil das Interesse rasch zunahm, musste schon bald eine größere Tribüne gebaut werden. Und um der wachsenden Popularität des Pferderennsports nicht dauernd hinterherbauen zu müssen, fiel am Beginn des 20. Jahrhunderts die Entscheidung, den großen Entwicklungsschritt hin zu einer dauerhaften, festen Tribüne von gravitätischer Erscheinung zu gehen. Den Auftrag erhielt der Leipziger Architekt Otto Paul Burghardt. Er war gerade einmal 32 Jahre alt, als seine Idee mit der festen, überdachten Tribüne in der Mitte, den beiden flankierenden Türmen und dem während der gesamten Ausflugssaison geöffneten Rennbahn-Restaurant unter dem Tribünenraum 1907 umgesetzt wurde. Burghardts spätere Entwürfe zeigen sich bis heute vor allem in Gestalt des Europahauses am Augustusplatz.

Lockende Pferderennen


Die Leipziger strömten mit Kind und Kegel gern ins Scheibenholz. Sogar die elektrische Straßenbahn reagierte auf den anschwellenden Publikumsstrom mit einer eigenen Linie. Die Rennbahn, das Gelände der Sächsisch-Thüringischen Industrie– und Gewerbeausstellungvon 1897 (der spätere Albertpark bzw. Clara-Zetkin-Park) und die Frankfurter Wiesen bildeten eine ganze Folge populärer „grüner Lungen“ mit Gewässerbegleitung mitten in der Großstadt Leipzig. Jahrzehnte später starteten an Renntagen vor allem die Doppelstockbusse der LVB vom Dimitroff-Museum (dem Gebäude des Reichsgerichts) aus zu einem populären Pendelverkehr bis vor die Rennbahn. Besonders Kinder stritten um den Vorzug, von der oberen Etage der Omnibusse – in der ersten Sitzreihe! – einen Panoramablick über das gesamte Rennbahngelände kurz vor dem Beginn der Wettrennen zu erhaschen. Ehe es so weit war, unterlag auch die Rennbahn allen typischen Einflüssen des 20. Jahrhunderts. Die Erweiterung der Flachbahn auf 1.750 Meter im Jahre 1932, schwere Zerstörungen am Ende des ZweitenWeltkriegs, ein unbändiges Aufbäumen, um in einer provisorisch geprägten Umgebung bereits am 12. August 1945 wieder den ersten deutschen Renntag nach dem Krieg ausrichten zu können und die betriebliche Integration der Rennbahn in den VEB Vollblutrennbahnen Hoppegarten bildeten historische Wegmarken. Nach 1990 kehrte die Galopprennbahn Scheibenholz zu ihren organisatorischen Wurzeln in Gestalt eines privaten Trägervereins zurück. 

Feste Größe im Veranstaltungskalender


Erhebliche Investitionen waren zu stemmen, um insbesondere der prägenden Tribüne, die längst zu einem Bestandteil der gestalteten Parklandschaft geworden ist, ein respektables Äußeres zurückzugeben. Zwischen 2010 und 2012 war das Konjunkturpaket II nach der Finanzkrise sehr hilfreich, um seitens des inzwischen zweiten, rührigen Vereins – Leipziger Reit- und Rennverein Scheibenholz e. V. – die erforderlichen zwei Millionen Euro aufzubringen.

Das Kerngeschäft im Scheibenholz bilden selbstverständlich die Renntage und damit der Sport. Der Rennkalender zieht alle möglichen Interessenten von leidenschaftlichen „Pferdenarren“ über Sonntagsspaziergänger mit Unterhaltungsneigung bis zum gehobenen Publikum an, das Wert darauf legt, gesehen zu werden. Für die einen zählt der Ausritt, für die anderen das Outfit. Spaß haben beide Gruppen, auch miteinander. Daneben bietet das weitläufige Gelände, das mit der Tribüne, dem Totalisator von 1907 und einem Teil der historischen Stallungen Denkmalstatus besitzt, eine willkommene Umgebung für einen bunten Blumenstrauß des Veranstaltungs-Business. Sie reichen von Firmenfeiern über Trödelmärkte und Oldtimer-Treffs bis zum saisonalen Freilichtkino. Was kann es Schöneres geben, als an einem warmen Hochsommerabend dem Geschehen auf der Leinwand zu folgen und mitten in der Parklandschaft die Einrahmung durch die markante „Skyline“ der Leipziger Südvorstadt zu genießen?! Und nicht zuletzt laden auch die Rennbahn Gastronomie sowie der idyllisch am Elsterflutbett gelegene Rennbahn-Biergarten zum Verweilen ein.

Bildergalerie - Galopprennbahn Scheibenholz

Edvard Grieg – Gedenktafel

Talstraße 10 – Grieg-Begegnungsstätte
Ortsteil: Zentrum-Südost

Im Seeburgviertel befindet sich das Verlagshaus des Musikverlags C. F. Peters, in dem der norwegische Nationalkomponist Edvard Grieg oft zu Gast war. In der Dachwohnung komponierte er im Jahr 1888 die 1. Peer-Gynt-Suite. Sein bis heute populärstes Werk wurde am 1. November 1888 unter der Leitung von Gewandhauskapellmeister Carl Reinecke im Gewandhaus zu Leipzig uraufgeführt. Leipzig blieb zeitlebens Griegs zweite Heimat. Besonders das reiche Musikleben der Stadt faszinierte ihn. So schrieb er: „Die Musik ist hier in den Häusern, in den Straßen, in den Herzen, in den Gesichtern, überall in der Luft, wo ich hinsehe.“

Neben dem Haupteingang des 1873 bis 1874 erbauten Wohn- und Geschäftshauses befindet sich links eine Gedenktafel zu Ehren des norwegischen Komponisten. Sie besteht aus Kunststoff und enthält den Text: 

Edvard Grieg

(1843 bis 1907)

weilte hier von 1876 bis zu seinem Todesjahr oft in / Begleitung seiner Frau, der Sängerin Nina Grieg, / als Gast seiner Verleger / Max Abraham und Henri Hinrichsen. / Hier entstand 1888 seine berühmte 1. Peer-Gynt-Suite.

Bildergalerie - Edvard Grieg – Gedenktafel

Clown-Museum Leipzig

Breite Straße 22
Ortsteil: Reudnitz-Thonberg

Das Clown-Museum Leipzig wurde 2010 von Hans-Dieter Hormann eröffnet. Europas einziges Clown-Museum beherbergt in vier Ausstellungsräumen rund 25.000 Exponate. Auf der Bühne im Foyer finden regelmäßig verschiedene Aufführungen, darunter Gastspiele von international bekannten Clowns, statt.

Aus Sammelleidenschaft wird Europas einziges Clown-Museum


Die Kunst der Clowns und Spaßmacher reicht mehr als 2.000 Jahre zurück. Wohl kein anderer Beruf sorgt für so viel Heiterkeit, wie der eines Clowns. Sein Name leitet sich vermutlich vom französischen „colon“, zu Deutsch Bauer oder Tölpel, ab. Im 16. Jahrhundert war der Clown eine lustige Theaterfigur mit der Aufgabe, ernste Geschichten aufzulockern. Später traten die Spaßmacher auf Jahrmärkten auf, bevor sie ihren festen Platz schließlich im Zirkus fanden. Die Clowns in Süd- und Mitteleuropa waren poetisch, während sie in Russland politisch und in Nordamerika schriller, dicker und größer als anderswo waren. Die charakteristische weiße Schminke im Gesicht, die roten Lippen und Wangen wurden erst im 19. Jahrhundert zu ihrem Erkennungszeichen.

Die Besucher in Europas einzigem Clown-Museum in Leipzig werden mit den Worten Charlie Chaplins: „Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag.“ begrüßt. Der weltberühmten Stummfilmlegende ist in den Räumlichkeiten ein eigener Bereich gewidmet. Das vom Verein „Dipetos Welt der Clowns e.V.“ betriebene Clown-Museum wurde vom heutigen Museumsdirektor Hans-Dieter Hormann im April 2010 eröffnet. Als pensionierter Architekt und passionierter Clown-Bewunderer galt sein Interesse bereits seit seiner Jugend den Komikern mit der roten Nase und den riesigen Schuhen. Seitdem ihn als Neunjährigen eine Clownsfigur im Schaufenster begeisterte, wurde ihm fortan zu verschiedenen Anlässen etwas mit Zirkus-Bezug geschenkt. Aus dem Interesse wurde schließlich eine Sammelleidenschaft für alles mit Clown-Bezug, welche nach Beendigung seiner beruflichen Laufbahn im Clown-Museum mündete. Ziel Hormanns war es, eine Kultur zu erhalten und diese öffentlich zugänglich zu machen.

Alles rund um die Spaßmacher mit roter Nase und riesigen Schuhen


Die Ausstellung beherbergt in vier Räumen rund 25.000 Exponate, darunter ca. 8.000 Clown-Figuren aus unterschiedlichen Materialien und Ländern, mehr als 3.500 Filmplakate, über 800 Bücher, Marionetten, Programmhefte, Filmaufnahmen, Instrumente sowie historische Fotografien und etwa 600 Zeitungen, die älteste stammt aus dem Jahr 1856. Unter den Exponaten befinden sich auch hunderte katalogisierte Originalfotos berühmter Clowns des bekannten Künstlerfotografen Dieter Preiß. Bei zahlreichen Ausstellungsstücken handelt es sich um Geschenke von weltberühmten Stars der Brancheoder deren Verwandten, darunter Original-Kostüme von Walter GalettiOleg Popow und des beliebten von Jiří Vršťala verkörperten Clowns Ferdinand. Auch eine Grock-Marionette, der Original-Schminkkasten von Charlie Rivel und ein Programmheft von seinem Gastspiel im August 1939 im Krystallpalast Varieté befinden sich in der umfangreichen Sammlung. Die Originalpuppen Hurvinek und Spejbl, die als Vater und Sohn bekannten hölzernen Marionetten aus Prag, sind ein Ausstellungshighlight. Im Jahr 2021 entstand ein Ausstellungsraum, welcher allein der Geschichte des Lachens gewidmet ist. Ein über zwei Meter großes Schaubild veranschaulicht die Entwicklung des Lachens und Frohsinns seit der griechischen Mythologie.

Das Clown-Museum verfügt über die Stadtgrenzen hinaus in der erstaunlich großen Szene in Europa über eine noch stärker ausgeprägte Bekanntheit als in Leipzig selbst. Bezüge der Leipziger Clown-Szene bestehen bis hin zu den Theaterreformatoren Johann Christoph Gottsched und Caroline Neuber, die den Hanswurst – einen Vorgänger des Clowns – in Leipzig 1737 von den Bühnen der Stadt vertrieben. Fortan wurden Schauspiele mit literarischem Anspruch und ohne obszöne Improvisationsspiele aufgeführt. Nach dem Verschwinden des Spaßmachers aus dem Theater kehrte er schließlich über den Zirkus und die Jahrmärkte wieder zurück.

Dank seines ausgezeichneten internationalen Rufes und dem damit einhergehenden Vertrauen werden dem Museum immer neue Ausstellungsstücke geschenkt und die Sammlung fortlaufend erweitert. Im Jahr 2014 wurde dem Museum vom World Parlament of Clowns der „Planet of Smile Award“ verliehen. Zu Gast sind jedes Jahr bekannte internationale Clowns, welche dem Museum nicht nur einen Besuch abstatten, sondern auf der kleinen Bühne auftreten. Diese wird auch regelmäßig für diverse Vorführungen für Kindergarten- und Schulkinder genutzt. Ein großer Förderer des originellen Museums ist Thorsten Wolf, Schauspieler sowie Kabarettist des Kabarett-Theaters Leipziger Funzel. Er organisierte für den Erhalt des Museums die Patenschafts-Aktion „Weniger Smartphone – Mehr Phantasie“ und unterstützt es auf vielfältige Weise.

Bildergalerie - Clown-Museum Leipzig

Café Kandler im Teehaus

Thomaskirchhof 11
Ortsteil: Zentrum

Das Café Kandler befindet sich seit 1989 auf dem Thomaskirchhof gegenüber der Thomaskirche. Das Gebäude wurde 1882/1883 von Carl Planer im Stil des Historismus für den Berliner Juwelier Richard Heine erbaut und beherbergte ab 1979 ein Teehaus. In dem traditionsreichen Kaffeehaus werden neben hausgemachten Konditoreiwaren von höchster Qualität auch Tee- und Kaffeekreationen sowie Leipziger Spezialitäten angeboten. Weitere Kandler-Cafés befinden sich in Specks Hof, am Pier 1 am Cospudener See, in der Wildparkgaststätte und im Zoologischen Garten.

Konditorkunst von Leipziger Lerche bis Nougat-Krokant-Stolle


Gegenüber dem Bach-Denkmal vor der Thomaskirche befindet sich seit 1989 das Café Kandler als erstklassiger Treffpunkt für Liebhaber von diversen Tee- und Kaffeespezialitäten, exquisiten Torten, Kuchen und Eis. Hier können die Gäste zu jeder Jahreszeit Kaffeehausqualität auf höchstem Niveau mit Blick auf zwei der berühmtesten Sehenswürdigkeiten inmitten der Innenstadt erleben. Der Name Kandler steht für Konditoreiwaren von höchster Qualität: Alle Spezialitäten werden in der Kandler-Konditorei täglich frisch aus erstklassigen Rohstoffen hergestellt. Beim Betreten des Traditionshauses bietet sich den Besuchern direkt ein überwältigender Anblick auf das üppige Kuchenbuffet, darunter Klassiker wie etwa die Bach-Torte.

Aus dem Angebot des Café Kandler nicht wegzudenken sind echte Leipziger Spezialitäten wie die Leipziger Räbchen und die Leipziger Lerche. Das mit Marzipan gefüllte Mürbeteiggebäck, welches im Zuge des Jagdverbots auf die gleichnamigen Singvögel 1876 von Leipziger Konditoren als Entschädigung kreiert wurde, ist ein Muss für jeden Besucher der Stadt. Auch der Bachtaler, eine Praline bestehend aus Haselnussmürbeteig, einer Ganache-Creme und einer Kaffeebohne, wird exklusiv im Café Kandler angeboten. Diese Leipziger Spezialität wurde anlässlich Johann Sebastian Bachs 250. Todestages und des bevorstehenden Bachjahres – Bach 2000 – im Jahr 1999 vom Leipziger Konditor René Kandler kreiert. Bis heute wird der Bachtaler nur original von den Leipziger Kandler-Konditoren hergestellt. In der Weihnachtszeit bietet das Café Kandler von den Confiseuren eigens kreierte Plätzchen-Spezialitäten wie Zimtdaggel und Kokosknusperli an. Neben Baumkuchen und Lebkuchen runden acht verschiedene Stollensorten – von Klassikern mit Rosinen und Mandeln bis zu Besonderheiten mit Walnuss-Dattel, Aprikose-Cranberry und Nougat-Krokant – das Sortiment ab. Alle Kreationen werden nach Rezepten aus der hauseigenen Konditorei hergestellt. Zum Angebot zählen außerdem verschiedene Kandler-Tees und selbstgerösteter Kaffee. Wer Wissenswertes rund die Teetraditionen aus Friesland, England oder Russlands bei landestypischen Snacks erfahren möchte, der kann an einem vom Café Kandler angebotenen Teeseminar „Teatalk“ teilnehmen. Angeboten werden auch diverse Veranstaltungen wie Pralinenkurse, bei welchen die Teilnehmer unter Anleitung eines Konditors eigene Variationen edler Pralinen aus hochwertigen Zutaten kreieren können. Diese werden im Anschluss verkostet und die Rezepte für zu Hause zur Verfügung gestellt.

Vom Juweliersgebäude zum traditionsreichen Konditor im Teehaus


Das Café Kandler befindet sich in einem viergeschossigen Eckbau. Die Putzfassade des Gebäudes ist mit aufwändigen Sandsteingliederungen und plastischem Schmuck mit einer sich über mehrere Etagen erstreckenden Pilastergliederung gestaltet. Ein Walmdach mit Gauben rundet den Gebäudekomplex ab. Im Innenbereich des Café Kandler, welches sich über insgesamt zwei Stockwerke erstreckt, blieben die Galerie und die gusseisernen Säulen hinter der reich verzierten hölzernen Ladenzone erhalten.

Das Gebäude wurde 1882/83 von Carl Planer im Stil des Historismus für den Berliner Juwelier Richard Heine errichtet. Auf letzteren weist die Initiale „H“ über der Türeinfassung hin. Heine richtete in dem Gebäude seine Werkstatt und sein Geschäft ein und veranlasste im Jahr 1883 einen Generalumbau, im Zuge dessen der Komplex seine reich gestaltete Fassade im Stil der Neorenaissance erhielt. Der Überlieferung nach soll Heine Opfer eines Raubmords geworden sein. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg richtete ein Kunsthändler in dem Gebäude eine Galerie ein, später dienten die Räumlichkeiten einem Geschäft für Dekostoffe und Tapeten als Domizil, bis es ab 1979 als Teehaus mit noblem Interieur der Jahrhundertwende genutzt wurde. Neben 80 Teevariationen wie Pickwick-, Assam-, Schlaraffen-, Havanna-, Früchte- oder Imkertee und flambiertem Tee wurden auch Speisen wie Würstchen, Sandwiches und frischer Kuchen aus der Gohliser Bäckerei Heyer serviert. Geraucht werden durfte in der oberen Etage. Als besonders attraktiv wahrgenommen wurde die Umsicht und Gediegenheit der Kellnerinnen, die Eleganz der Einrichtung sowie das nostalgische Flair. Kunstvoll eingefasste Spiegel verliehen den Räumlichkeiten eine gewisse Transparenz, Velourbespannung an den Wänden und der textile Fußbodenbelag dämpften die Akustik. Trotz des erhöhten Preissegments waren im Teehaus fast immer Studenten anzutreffen und die Lokalität galt als beliebter Anlaufpunkt der in der Thomaskirche probenden Thomaner, Musiker und Dirigenten. Das Teehaus war als Sehenswürdigkeit der Messestadt auch bei Reisegruppen sehr beliebt, die bei den 40 Plätzen im Innenbereich und 56 Plätzen auf dem Sommer-Freisitz Mühe hatten, eine Sitzgelegenheit zu finden. Aufgrund eines Brandes im August 1992 wurde das Haus erheblich beschädigt und 1997/98 umfassend restauriert. Seitdem beherbergt das Gebäude das beliebte und stets hoch frequentierte Café Kandler. In den Sommermonaten bietet sich den Gästen des Kaffeehauses auf dem Freisitz auf dem Thomaskirchhof ein guter Blick auf die Thomaskirche, das Bach-Denkmal und den rund 100 Meter entfernten Markt.

Fünfmal Kandler in unterschiedlichen Lokalitäten für jeden Geschmack


Zwei der insgesamt fünf Kandler Cafés befinden sich unmittelbar in der Innenstadt. Neben dem Standort des traditionellen Kaffeehauses am Thomaskirchhof gibt es ein weiteres Café im Specks Hof gegenüber der Nikolaikirche. Außerhalb des Stadtzentrums befindet sich das Kandler Café im Hafen Zöbigker/Pier 1 am Cospudener See, wo die Besucher die Kaffeespezialitäten in maritimem Ambiente genießen können. Wer ein ruhiges Flair fernab des Großstadttrubels bevorzugt, dem bietet sich eine Kandler-Einkehrmöglichkeit inmitten des Wildparks in der Wildparkgaststätte im satten Grün unweit des Wildschweingeheges. Hier werden neben den Kreationen der Konditorei auch frisch zubereitete Speisen aus der Region angeboten. Weitere Kandler-Kreationen kann man inmitten des Zoologischen Gartens im Teichcafé und im Bärenburg-Café mit Blick auf die Elefanten und Pelikanegenießen.

Bildergalerie - Café Kandler im Teehaus

Bundesverwaltungsgericht / Reichsgericht

Simsonplatz 1
Ortsteil: Zentrum-Süd

Das Bundesverwaltungsgericht, ehemals Reichsgericht, ist seit 2002 Sitz des oberstenVerwaltungsgerichts Deutschlands. Es wurde zwischen 1888 und 1895 von den Architekten Ludwig Hoffmann und Peter Dybwad als Reichsgericht erbaut. Ebenso wie sein Berliner Pendant, der Reichstag, gilt das Gebäude als eindrucksvolles Beispiel Wilhelminischer Staatsarchitektur im Stil des späten Historismus und der italienischen Hochrenaissance.

Ein wilhelminischer Monumentalkoloss entsteht


Die Geschichte des Bundesverwaltungsgerichts reicht bis ins Jahr 1871 zurück. Nachdem sich 17 deutsche Staaten nach dem deutsch-preußischen Krieg am 18. Januar 1871 unterder neuen Kaiserkrone vereint hatten, bedurfte es einer gesamtstaatlichen Verfassung. Voraussetzung für den Bau des Obersten Gerichts war, dass es seinen Standort in keinem der großen Staaten, wie Bayern oder Preußen, haben sollte. Deshalb einigte man sich auf das machtpolitisch unauffällige Leipzig. Von 1879 bis 1895 tagte das Reichsgericht übergangsweise in der Georgenhalle in den ehemaligen Leipziger Fleischhallen am Brühl, Ecke Goethestraße. Als Präsident des Gerichts und Disziplinarhofs fungierte zwischen 1879 und 1891 Eduard von Simson. Aus dem ausgeschriebenen Architekturwettbewerb zum Bau eines neuen Reichsgerichtsgebäudes gingen 1885 der Berliner Architekt Ludwig Hoffmann und der Norweger Peter Dybwad mit ihrem Entwurf als Sieger hervor – und die Errichtung des Monumentalbaus als Sitz des einst höchsten Gerichts des Landes wurde auf den Weg gebracht. Das Reichsgerichtsgebäude wurde zwischen 1888 und 1895 nach seinem Berliner Vorbild, dem Reichstag, errichtet. Sowohl an der Grundsteinlegung am 31. Oktober 1888 als auch an der feierlichen Einweihung am 26. Oktober 1895 nahm Kaiser Wilhelm II. teil. Auch nach dem Untergang des Kaiserreichs 1919 behielt das Oberste Deutsche Gericht an gleicher Stelle seinen Sitz.

Zwischen Reichstagsbrandprozess und Entstehung des Bundesverwaltungsgerichts


Internationale Beachtung wurde dem Reichsgericht durch die Austragung vieler bekannter Prozesse zuteil, darunter das Hochverratsverfahren gegen Karl Liebknecht 1907, der Ulmer Reichswehrprozess 1930 und die nach dem Ersten Weltkrieg geführten Kriegsverbrechensprozesse. Auch der Reichstagsbrandprozess 1933 war einer der aufsehenerregendsten Prozesse in den Gemäuern des Reichsgerichts. Nach derBrandstiftung im Berliner Reichstag in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 wurde der kommunistische Holländer Marinus van der Lubbe im brennenden Gebäude verhaftet. Den Nazis gelang es jedoch nicht, ihm im Reichstagsbrandprozess die Schuld an der Brandstiftung nachzuweisen. Wegen Hochverrats und Brandstiftung veranlassten der Reichspräsident Paul von Hindenburg und die Reichsregierung die Todesstrafe und die Hinrichtung van der Lubbes am 10. Januar 1934. Die mitangeklagten kommunistischen Führer Georgi Dimitroff und Ernst Torgler mussten freigesprochen werden. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde die Institution des Reichsgerichts von den Alliierten aufgelöstund über mehrere Jahrzehnte von unterschiedlichen Institutionen genutzt, darunter das Institut für Länderkunde, das Sächsische Staatsarchiv und Synchronstudios der DEFA. Die Verhandlungssäle des stark vom Krieg beschädigten Baus dienten zwischen 1952 und 1997 als Georgi-Dimitroff-Museum und beinhalteten die noch erhaltenen Bestände des Museums der bildenden Künste Leipzig.

Nördlich des Bundesverwaltungsgerichts befindet sich der Mühlgrabenbereich mit der im Jahr 2000 nach Plänen von Angela Wandelt neugestalteten Fritz-von-Harck-Anlage. Dabei handelt es sich um eine Grünanlage im Geist der Gründerzeit. Ab 2001 erfolgte die erneute Freilegung des Pleißemühlgrabens auf dem Simsonplatz vor dem Gebäude. Zur optisch wirkungsvollen Ausgestaltung des Uferrands wurden, ebenfalls von Angela Wandeltkonzipiert, Stelen platziert, die nachts leuchten. Nach einer Teilrekonstruktion und umfassenden Sanierung wurde das Justizgebäude 2002 Sitz des Bundesverwaltungsgerichts und beherbergt heute das oberste deutsche Verwaltungsgericht.

Von der rechtsprechenden Veritas über dem Justizpalast


Die Gesamterscheinung des Bundesverwaltungsgerichts repräsentiert auf imposante Weise die Macht des einstigen Reichstagsgebäudes. Die hohen Säulen des Hauptportals in der Mitte des großzügig angelegten Simsonplatzes und die darüber gelegene, die Stadtsilhouette dominierende Kuppel, prägen das beeindruckende Gesamtgefüge. Die siebenjährige Bauphase spiegelt die architektonischen Einflüsse der Zeit wider und vereint Stilelemente unterschiedlicher Architekturströmungen. So wurde das Gebäude als eindrucksvolles Beispiel Wilhelminischer Staatsarchitektur im Stil des späten Historismus mit Einflüssen der italienischen Hochrenaissance errichtet. Die Kuppelsilhouette nach Vorbild des Straßburger Kaiserpalasts versinnbildlicht das Machtgefüge seiner Entstehungszeit. Die 68 Meter hohe Zentralkuppel mit vier Eckobelisken verkörpert die Allmächtigkeit des Kaisers und ist von der göttlichen Skulptur der Veritas als Symbol der Wahrheit gekrönt. Die vom Bildhauer Otto Lessing geschaffene Veritas hebt die Fackel der Wahrheit in den Himmel und vertreibt mit dem Licht des Rechts das Dunkel. Die beiden niedrigeren Kuppeln rechts und links von der Zentralkuppel symbolisieren die Legislative und Exekutive und stehen für den Reichstag und das Reichsgericht. Auf beiden Spitzen thront zur Verdeutlichung der Machtverhältnisse die Kaiserkrone. Am Nordgiebel wird durch die vollplastischen Figuren der Säulenheiligen die deutsche Rechtsgeschichte vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert dargestellt: Von links beginnend sind Eike von RepgowJohann Freiherr zu SchwarzenbergJohann Jakob MoserCarl Gottlieb SvarezAnselm von Feuerbachund Friedrich Carl von Savigny abgebildet. Die gesamte Außenfassade ist mit zahlreichen Schmuckelementen und Symbolen gestaltet, darunter Adler, Löwen und Eulen als Zeichen der kaiserlichen Macht, Stärke und Weisheit. Auch das Schwert als Zeichen der richterlichen Gewalt ist mehrmals vertreten. Der Mittelrisalit vor der 126 Meter breiten Hauptfassade wurde nach dem Vorbild antiker Tempel gestalterisch umgesetzt. Die sechs 13 Meter hohen korinthischen Säulen tragen ein mit Figuren geschmücktes Tympanon. Justitia wird in ihren beiden Funktionen, linkerhand in der befreienden und rechterhand in der bestrafenden,abgebildet. Sie trägt ein Schwert als Symbol der richterlichen Gewalt über Leben und Tod in den Händen.

Ein Blick hinter die historischen Gemäuer der Justiz


Das Bundesverwaltungsgericht ist hinter seinen historischen Mauern in den öffentlich zugänglichen Mittelbau unterhalb der Zentralkuppel sowie den Nord- und Südflügel gegliedert. In der Kuppelhalle können die Besucher eine kleine museale Ausstellung zum Reichsgericht besuchen. Die in den Lünetten gelegenen Wandreliefs wurden vom Bildhauer Markus Gläser geschaffen. In den zwei Hauptgeschossen des Komplexes ist neben sechs Sitzungssälen der historische Plenarsaal im Obergeschoss untergebracht. Dieser wurde ehemals für Hochverratsprozesse genutzt, darunter der Reichstagsbrandprozess 1933. Er wurde nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg umfassend saniert, darunter die zahlreichen Wand- und Deckenvertäfelungen aus Eichenholz, Malereien und vergoldeten Stuckverzierungen. Im Südflügel befindet sich der renovierte neobarocke Festsaal mit der ehemaligen Dienstwohnung des Reichsgerichtspräsidenten. Dieser dient dem Bundesverwaltungsgericht als Versammlungsraum für besondere Anlässe und repräsentative Veranstaltungen. Der nebenan gelegene ehemalige Speisesaal des Reichsgerichtspräsidenten wird heute als Konferenzraum genutzt. Im Nordflügel befinden sich neben zahlreichen Dienstzimmern ein zweigeschossiger Lesesaal der privaten Bibliothek des Bundesverwaltungsgerichts. Die historischen Bestände der Bibliothek umfassen rund 240.000 Bände.

Bildergalerie - Bundesverwaltungsgericht / Reichsgericht

Historisches Bildmaterial - Bundesverwaltungsgericht / Reichsgericht

Bosehaus

Thomaskirchhof 15-16
Ortsteil: Zentrum

Das Bosehaus zählt zu den ältesten Gebäuden am Thomaskirchhof. Georg Heinrich Boseließ es zwischen 1709 und 1711 im Stil des Barock umbauen. Bekanntheit erlangte das Bosehaus durch die freundschaftliche Nachbarschaftsbeziehung der Familie Bose und der Familie Johann Sebastian Bachs, die in der gegenüberliegenden Thomasschule lebte. Das Gebäude ist seit 1985 Sitz des Bach-Museums und des Bach-Archivs Leipzig.

Als die Dielen noch unter Johann Sebastian Bach knarzten… 


Das Bosehaus gegenüber der Thomaskirche zählt zu den schönsten erhaltenen Bürgerhäusern des frühen 18. Jahrhunderts. Das Grundstück, auf dem es steht, gehörte im 13. Jahrhundert zum Areal des Thomasklosters. Da es sich um ein kleineres Bürgerhaushandelte, wurde dem erstmals 1558 erwähnten Gebäude in der Vergangenheit nur wenig Bedeutung zuteil. Nach mehreren Besitzerwechseln ließ Peter Hofmann 1585 bis 1586 anstelle des alten Hauses ein neues errichten. Dabei entstand das Vorderhaus im Stil der Renaissance. Das Haus wurde 1709 von Georg Heinrich Bose, einem angesehen Leipziger Handelskaufmann und Besitzer einer Gold- und Silberwarenmanufaktur, zum Kaufpreis von 8.000 Talern erworben. Im Besitz der weit verzweigten Familie Bose befanden sich auch groß angelegte Barockgärten, welche zu den berühmtesten der ganzen Stadt zählten. Im Jahr 1711 ließ Bose das Gebäude durch den Maurermeister Nikolaus Rempe zu einem großzügigen Kaufmannshaus im Stil des Barock umbauen. Dabei wurden die Seitenflügel und das Hintergebäude neu errichtet. Die Fassade des Vorderhauses wurde mit einem zweigeschossigen Erker ausgebaut. Im hinteren Hofquerflügel wurde 1717 der Sommersaal als repräsentativer Festsaal mit Wandspiegeln, Musikgalerie und einem beweglichen Deckengemälde von Adam Friedrich Oeser eingerichtet. 

Das Bosehaus erlangte insbesondere durch seinen berühmten Nachbarn Johann Sebastian Bach Berühmtheit. Als Thomaskantor wohnte Bach von 1723 bis 1750 in der gegenüberliegenden Thomasschule, die 1902 abgebrochen wurde. Die Familien Bose und Bach pflegten trotz beträchtlicher sozialer Unterschiede ein freundschaftliches Nachbarschaftsverhältnis.

Eine besondere kulturhistorische Bedeutung wurde dem Gebäude unter seinem Besitzer Johann Zacharius Richter zuteil, welcher das Bosehaus 1745 erwarb. Der Schwiegersohn von Georg Heinrich Bose machte es mit der „Richterschen Sammlung“ zum Domizil einer der bedeutendsten Leipziger Kunstsammlungen. Diese umfasste ca. 400 Gemälde, darunter Werke von Rembrandt, Tizian und Rubens, etwa 1.000 Handzeichnungen sowie tausende Kupferstiche. Richters Sohn Johann Thomas Richter erweiterte die Sammlung und machtesie 1764 der Öffentlichkeit zugänglich. Zwischen 1763 und 1773 wurde das Richtersche Haus zum Treffpunkt einflussreicher Zeitgeister, darunter die „Societät von Gelehrten, Schöngeistern, Künstlern und Kunstförderern“. Zu den namhaften Besuchern der Sammlung zählten Johann Wolfgang GoetheChristoph Martin WielandJean Paul und Moses Mendelssohn. Goethe beschreibt in „Dichtung und Wahrheit“, wie sehr er von der Sammlung beeindruckt war. Nach dem Tod seines Bruders Johann Thomas übernahm Johann Friedrich Richter die Sammlung bis zu ihrer Versteigerung 1810.

Ansbacher Bierhallen im Konzert- und Künstlerhaus


Im Jahr 1859 erfuhr das Bosehaus unter seinem neuen Besitzer Johann Ludwig Beck eine umfassende bauliche Veränderung im neuen Zeitgeschmack und unter funktionellen Gesichtspunkten. Die Eingangshalle wurde für Verkaufszwecke mit zwei großen Läden zum Thomaskirchhof hin eingerichtet. Um mehr Platz für Wohnraum zu erlangen, wurde das vierte Obergeschoss hinzugefügt und das hintere Quergebäude erhielt zur Hofseite hin eine Erweiterung über alle Geschosse.

1893 eröffnete der holländische Instrumentensammler Paul de Wit im zweiten Geschoss des Vorderhauses das Musikhistorische Museum, dessen wichtigste Exponate sich heute im Besitz des GRASSI Museums für Musikinstrumente der Universität Leipzig befinden. Mit der kostbaren Sammlung rückte das Bosehaus erneut in den Fokus der Öffentlichkeit. Neben zahlreichen historischen Musikinstrumenten beherbergte das Museum Notenhandschriften, Gemälde und Briefe von Instrumentenbauern und Komponisten. Bis zu de Wits Tod 1925 war das Haus Treffpunkt für Verleger, Künstler und Instrumentenmacher.

Neben seiner Funktion als Wohnhaus und Museum wurde das Bosehaus seit den 1880er Jahren zudem als Veranstaltungsort genutzt. Es war Standort für verschiedene Gaststätten und Spielorte der leichten Muse, darunter die „Ansbacher Bierhallen“. 1910 kam das Bosehaus in den Besitz von Friedrich Wilhelm Reinhardt, dem Direktor der Riebeck-Brauerei in Reudnitz. Reinhardt etablierte in dem Haus mit großem Erfolg das „Konzert- und Künstlerhaus Oberpollinger“. Seit Mitte der 1920er Jahre traten die „Seidel-Sänger-Singspiele“ im Bosehaus auf. Von 1960 bis 1961 wurde im hinteren Quergebäude ein Anbaufür das 1954 gegründete Kabarett „Leipziger Pfeffermühle eingerichtet, welches bis 2007 hier seine Spielstätte hatte. 1973 erfolgte die Einweihung einer kleinen Bach-Gedenkstätte in der Eingangshalle des Bosehauses. Zwischen 1983 und 1985 wurde das Bosehaus unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten saniert und entsprechend der vierflügeligen Hausanlage von 1711 originalgetreu rekonstruiert. Die Umbauarbeiten wurden anlässlich Bachs 300. Geburtstags 1985 fertiggestellt. Im selben Jahr zog auch das Bach-Archiv Leipzig, welches bis dahin seinen Sitz im Gohliser Schlösschen hatte, in das Bosehaus ein und eröffnete hier das „Johann Sebastian Bach-Museum Leipzig“. Damit wurde das Bosehaus zum authentischen Ort und anschaulichen Zeugen, in dessen Gemäuern der große Komponist und Thomaskantor seinerzeit verweilte und musizierte.

Barockes Flair am Thomaskirchhof


Das Bosehaus hat mit seinem zweigeschossigen Kastenerker und der gelben Fassade das typische Aussehen eines barocken Leipziger Bürgerhauses. Über dem gewölbten Erdgeschoss befinden sich zwei Obergeschosse. Ein dreietagiges Mansarddach schließt das Haus nach oben hin ab. Über eine rundbogige Durchfahrt gelangt man in eine geschlossene geometrische Hofanlage mit Fassadenbemalung im Zeitgeist des Barock. Im einst im Stil der Renaissance entstandenen Vorderhaus befindet sich eine zweischiffige, kreuzgratgewölbte Eingangshalle mit toskanischen Säulen und einem Rundbogenportal aus Rochlitzer Porphyrtuff. Das von der Halle abgehende gewölbte Treppenhaus beherbergt eine moderne, geradläufige Treppenanlage mit Sandsteinstufen. Der Südflügel erhielt einen Durchgang zu einem kleinen Garten und zum historischen Sommersaal im zweiten Obergeschoss des Hinterhauses. Der im Stil des Barock rekonstruierte Saal wird heute von einem neuen Deckengemälde des Leipziger Malers Wolfgang Peuker geschmückt, das das verlorengegangene Oesersche Gemälde ersetzt. Angeregt von barocker Plafondmalerei zeigt es eine Allegorie mit Wolkenhimmel. Eine Besonderheit ist die Echokammer, eine Öffnung in der Saaldecke zur darüberliegenden Galerie mit Balustradengeländer. Diese kann mit Hilfe eines beweglichen Holzdeckels geöffnet und geschlossen werden und sorgt heute bei Konzerten für einzigartige Echoeffekte. Im ersten Obergeschoss des Bosehauses ist heute das Bach-Museum untergebracht, im zweiten Obergeschoss befindet sich das Bach-Archiv Leipzig.

Das alljährlich im Juni stattfindende „Bachfest Leipzig“ lockt Bachfans aus der ganzen Welt in die Musikstadt. Bei einem abwechslungsreichen Programm aus weltlichen und kirchlichen Konzerten, Open-Air-Veranstaltungen, Kammerkonzerten und Jazz-Interpretationen wird der berühmte Thomaskantor geehrt.

Bildergalerie - Bosehaus

Bergbau-Technik-Park

Großpösna
Am Westufer 2 (Freiluftmuseum an der Bundesautobahn A 38)

In dieser Gegend haben Menschen die Landschaft mit all ihren ursprünglichen Merkmalen komplett umgestaltet. Ein knappes Jahrhundert lang fand ein Totaleingriff in die vorgefundene Natur statt, wie sie zuvor über Jahrtausende hinweg ohne menschliches Zutun entstanden war. Im Leipziger Südraum hat der Braunkohlebergbau das Land und die Menschen geprägt. Akribisch gesammelte technische Sachzeugen im Bergbau-Technik-Park zeigen, mit welch immensem technischen Aufwand und warum der Eingriff in die natürliche Umwelt geschah. Ein Besuch erleichtert die Spurensuche und deckt Zusammenhänge auf. Aus luftiger Höhe eröffnet sich aus Baggerfahrerperspektive ein verstörend-erklärender Blick, wie dicht der Bergbau bis in die frühen 1990er Jahre bereits an die Großstadt herangerückt war, als abrupt der große Stopp verordnet wurde. Die Leipziger Silhouette mit Neuem RathausThomaskircheCity-Hochhaus und Völkerschlachtdenkmal liegt zum Greifen nahe.

Technische Riesen im Leipziger Neuseenland


Der Bergbau-Technik-Park befindet sich zwischen Markkleeberger See und Störmthaler See. Er ist ein Freiluftmuseum und präsentiert im Leipziger Neuseenland Industriekultur pur. Hier stehen keine Modelle in Vitrinen, sondern die zur Ruhe gekommenen Tagebauriesen vermitteln einen selten gewordenen Originaleindruck von den Dimensionen der Kohleförderung und der eingesetzten Technik. 

Kein Museumsbau hätte die beiden größten Exponate beherbergen können, den Bandabsetzer 1115 und den Schaufelradbagger 1547 mit ihren beeindruckenden reichlich 30 Metern Höhe. Beide Großgeräte stammen aus den Jahren 1985 bzw. 1986, haben also nur rund ein Jahrzehnt im aktiven Dienst gestanden – der eine, um Erdmassen, die auf dem Kohleflöz lagerten, über einen weit gespannten Ausleger zu verkippen, der andere, um den eigentlichen Zweck aller Aktivitäten zu erfüllen, nämlich das natürliche Kohlelager abzubauen. Ein vielschichtiges Räderwerk aus Mensch und Maschine griff ineinander, um bei jedem Wetter und an jedem Tag des Jahres Kohle zu fördern. Kräftige E-Loks zogen die Züge mit dem Abraum oder mit dem aufwendig gewonnenen „braunen Gold“. Die beweglichen Gleise mussten hinter den ausgreifenden Baggern kontinuierlich bis zum Abbauort gerückt werden. Der gesamte Zugbetrieb wurde aus Stellwerken gesteuert, die dank ihrer Kufen auf den einzelnen „Etagen“der Tagebaue ebenso beweglich wie die Gleise sein mussten. Armdicke Kabel für die Stromzufuhr wandten sich durch das umgepflügte Gelände und folgten den Baggern und den Werkbahnen.

Von all diesen technischen Sachzeugen blieben typische Vertreter erhalten, die im Bergbau-Technik-Park zu bestaunen sind. „Ich bin Bergmann! Wer ist mehr?“ war ein geflügeltes Wort in der DDR. Es drückte demonstrativ den Stolz dieser Berufsgruppe aus und vermittelte die Überzeugung, unverzichtbar im Wirtschaftsgefüge zu sein. Umso tiefer saß der Schock, als kurz nach der deutschen Einheit aus ökologischen und ökonomischen Gründen beschlossen wurde, den Braunkohleabbau im Süden und Norden von Leipzig drastisch einzuschränken. Die Kohleförderung litt an kompletter Erschöpfung. 

Rettung für die Riesen 


Nunmehr kehrten sich Berufsstolz und Traditionsbewusstsein der Bergleute dahin, ausgesuchte technische Sachzeugen einer ganzen industriellen Epoche zu bewahren und – so lange es geht – durch lebendige Berichte der Männer und Frauen, die unter komplizierten Bedingungen damit gearbeitet hatten, sachkundig zu begleiten. Bagger, Schienenfahrzeuge, Raupenschlepper, Speziallader und vieles mehr sollten für nachfolgende Generationen aufbewahrt werden. Dank des 2002 gegründeten Vereins Bergbau-Technik-Park e.V. und seiner Unterstützer aus den umliegenden Kommunen und aus der öffentlichen Verwaltung wurde die stillgelegte Technik gerettet. Ohne dieses Engagement wären vor allem die beiden riesigen Bagger – der eine 2.400 Tonnen, der andere 1.300 Tonnen schwer – längst verschrottet worden und den Weg allen alten Eisens gegangen. So jedoch halten sie in der weitläufigen Ausstellung die Erinnerung an den Großtagebau Espenhain wach.

Reichlich „Kohle“ nach der Kohle


Großtagebau Espenhain? Es gibt ihn nicht mehr. Eine vom Menschen geformte Landschaft kehrte stattdessen zurück. Das war immer so geplant, wurde in der DDR aber eher nachrangig, gemessen an der Priorität der nie enden wollenden „Schlacht um Kohle“, betrieben. Die drastische Einschränkung der Braunkohleförderung in den 1990er Jahren ging als Glücksfall einher mit dem sofortigen Schwenk zum Sanierungsbergbau. Nach der Kohle rollte „die Kohle“an. In die entstehende größte Landschaftsbaustelle der Welt flossen Milliardenbeträge. 

Aus den Restlöchern, die nach der Materialentnahme aus dem Schoß der Erde übrigblieben, entstanden anmutige künstliche Seen, was anfangs nur wenige glauben wollten. Die verkippten Erdmassen im Rücken der Abbauseite der aufgelassenen Gruben wurden planiert, mit schnell wachsenden Gehölzen bepflanzt und mit einem Wegenetz für Wanderer erschlossen. Der Bergbau-Technik-Park ruht auf aufgefülltem Gelände des früheren Tagebaus. Es scheint, als würden die Bagger hoch über ihrem einstigen Einsatzrevier aufragen. Und die vorüberführende Autobahn, wo mancher Fahrer beim ersten Mal von den schieren Dimensionen der ausgestellten Technikzeugen nebenan überrascht ist, gründet in weiten Abschnitten auf Betonpfählen, die in das frisch aufgeschüttete, erst allmählich zur Ruhe kommende Erdreich getrieben wurden. Die Abkehr von der Kohleförderung und die Rekultivierung der Landschaft sollten schließlich schnell geschehen.

Dass nunmehr das für 2038 vereinbarte und „idealerweise“ vielleicht auf 2030 vorgezogene Ende des Braunkohlebergbaus in ganz Deutschland viel schneller kommt, als noch vor wenigen Jahren absehbar war, steigert den Wert der bewahrten Technik im Bergbau-Technik-Park. Sie hat die Zeugenschaft für eine komplizierte industrielle Epoche übernommen.

Bildergalerie - Bergbau-Technik-Park

Bayerischer Bahnhof

Bayerischer Platz / Arthur-Hoffmann-Straße
Ortsteil: Zentrum-Süd

Solch einen Bahnhof muss der geneigte Besucher erst einmal entdecken: Wo früher die Züge ankamen und abfuhren, liegen keine Gleise mehr. Der Name blieb. 126 Jahre nach der Eröffnung des Vorgängers übernahm eine andere Station mit der Traditionsbezeichnung Bayerischer Bahnhof tief unter der Erde eine neue Funktion im Zuge des City-Tunnels. In die ehrwürdigen Gemäuer des früheren Bayerischen Bahnhofs an der Oberfläche zog stattdessen zünftige Gastronomie ein, Eisenbahn-Flair inklusive.

Grün-Weiß strebt Weiß-Blau entgegen


Der Bayerische Bahnhof war ein Kind des ausgebrochenen Eisenbahnfiebers in den 1830er Jahren. Die Annalen des Eisenbahnknotens Leipzig verzeichnen ihn als dritten Fernbahnhof. Nach dem Dresdner Bahnhof (1837/Gesamtstrecke in die sächsische Landeshauptstadt 1839) und dem Magdeburger Bahnhof (1840) im Nordosten der historischen Kernstadt stieß der Bayerische Bahnhof 1842 das Tor nach Süden weit auf. Mit einem Schienenweg zunächst bis Altenburg und anschließend etappenweise bis Reichenbach und Plauen tastete sich die Strecke in Richtung Hof vor, wo auf bayerischer Seite das neue Verkehrsmittel Eisenbahn geschwind vorankam.

Wie an vier anderen Stellen in Leipzig ebenfalls bot die kompakte, ihre mittelalterliche Enge erst langsam sprengende Stadt keine andere Gelegenheit, als einen Kopfbahnhof anzulegen. Einen Schienenweg mitten durch das historische Leipzig anzulegen, war undenkbar. 

Den ursprünglichen Bayerischen Bahnhof bildeten zwei helle, längliche Gebäudetrakte für die Bahnhofsverwaltung und als Wohnstätte der höheren Bahnbeamten zu beiden Seiten der Gleise für Ankunft und Abfahrt in der viergleisigen Bahnhofshalle. Quer über die Gleise wölbte sich auf der Stadtseite ein klassizistisch gestalteter Portikus mit seinen erhabenen Buchstaben „Sächsisch-Bayersche Staats-Eisenbahn“ und den Flaggen in Grün-Weiß und Weiß-Blau der beiden Freistaaten nebst den entsprechenden Wappen. Ankommende Lokomotiven rollten durch einen Torbogen auf die Drehscheibe vor dem Portikus (in Höhe des heutigen Zugangs zum City-Tunnel) und setzten sich nach dem Drehen in die entgegengesetzte Fahrtrichtung und dem Passieren des benachbarten Torbogens für die Rückfahrt wieder vor ihren Zug. 

Praktisch genutzter Denkmal-Solitär


Mühsam teilreparierte Kriegsschäden verliehen dem bedeutenden Baudenkmal, das sich weiterhin in voller Nutzung befand, in der DDR eine traurige Gestalt. Doch das Traditionsbewusstsein war wach genug, um den Bayerischen Bahnhof auf die Zentrale Denkmalliste zu setzen. Damit erlangte der Denkmalschutz Gesetzeskraft. Eine Zeitlang spornten Träume, hier ein Zentrales Eisenbahnmuseum mit historischen Fahrzeugen einzurichten, sogar die Phantasie an. Alles andere wäre Frevel gewesen – teilte sich der Bayerische Bahnhof in Leipzig mit einer Station in Liverpool doch den Spitzenplatz, ältester in Betrieb befindlicher Bahnhof der Welt aus der Frühzeit der Eisenbahn zu sein.

Sanierung des Klassikers, Wechsel in den Untergrund


„Rettet den Bayerischen Bahnhof in Leipzig“ befanden Münchner Eisenbahn-Enthusiasten, die 1990 viel Gefallen daran gefunden hatten, dass ein Bahnhof mitten in Sachsen mit seinem exklusiven Namen ununterbrochen das Fernweh nach dem weiß-blauen Freistaat im Süden wachgehalten hatte. Rasch begannen sichtbare Reparaturen der angegriffenen Bausubstanz und denkmalpflegerische Arbeiten, die diesen Namen verdienten. Nunmehr konnte an festlichen Tagen der zu alter Schönheit zurückgekehrte Portikus guten Gewissens wieder im Scheinwerferlicht erstrahlen.

Veränderungsdruck nahte von anderer Seite: Endlich ging der alte Traum von einer durchgängigen innerstädtischen Schienenverbindung zwischen dem Hauptbahnhof und dem Bayerischen Bahnhof in Erfüllung. Die Tunnelidee, die bis in das frühe 20. Jahrhundert zurückreichte, sollte im 21. Jahrhundert Realität werden. Das ließ sich nur mit zwei Großvorhaben umsetzen. Der Bayerische Bahnhof verlor seine oberirdischen Bahnanlagen, und der prächtig sanierte Portikus musste während des Tunnelbaus in offener Baugrube für den Anschnitt der Tunnelstrecke zur Seite geschoben werden. Im Juni 2001 verließ der letzte Zug in Anwesenheit einer treuen Fan-Gemeinde den in jeder Beziehung zum Klassiker avancierten Bayerischen Bahnhof.

Gastronomie mit Eisenbahn-Flair


Dicht an dicht gedrängt verfolgte eine riesige Menschenmenge am 10. April 2006 das Zur-Seite-Rücken des 2.800 Tonnen schweren Portikus in seine 30 Meter entfernte Parkposition während des Tunnelbaus. Hin- und Rückfahrt am 30. Oktober 2006 gelangen perfekt. Als der Portikus wieder am westlichen Bahnhofstrakt „andockte“, blieb nicht der geringste Spalt. Und seit dem 13. Dezember 2013 rollen in der Hauptverkehrszeit tief unter dem historischen Bahnhofsareal die Züge der S-Bahn Mitteldeutschland im Fünf-Minuten-Takt in Richtung Innenstadt oder Süden.

Derweil lädt in den historischen Räumen des Empfangsgebäudes die Gasthaus und Gosebrauerei Bayerischer Bahnhof zur Einkehr ein. Vor dem Gebäude ist die Speisekarte in einem Blechkasten mit der Kontur der weltberühmten bayerischen Dampflok-Baureihe S 3/6 in ihrem klassischen Grün zu finden. Der sächsisch-bayerische Traditionsbezug lebt. Alle Speisen tragen bahnpersonalaffine Namen und entstammen dem beliebten deftigen Kreis der Kulinarik. In der warmen Jahreszeit öffnet außerdem ein gemütlicher Biergarten im Schatten des alten Baumbestands. Historische Fotos und Bahnutensilien unterstreichen die Verbundenheit mit der Bahnhofsgeschichte. Während die Mitropa früher einen Teil des Bahnhofsinnenlebens bestritt, dominiert die heutige Gaststätte das historische Gemäuer des Bayerischen Bahnhofs. Eisenbahnfreunde schätzen diesen stets präsenten emotionalen Brückenschlag zu den Ursprüngen des Bahnhofs.

Bildergalerie - Bayerischer Bahnhof

Historisches Bildmaterial - Bayerischer Bahnhof

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