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Rohrwacher, Klaus-Michael

Steinmetzmeister, Restaurator | geb. am 4. April 1953 in Leipzig

Als die Einladung ins Schloss Bellevue nach Berlin kommt, hält er es zunächst für einen Scherz: Klaus-Michael Rohrwacher bekommt am 4. Dezember 2015 von Bundespräsident Joachim Gauck das Bundesverdienstkreuz verliehen. Geehrt wird Rohrwacher für seine ehrenamtliche Arbeit als Vorsitzender des Fördervereins Völkerschlachtdenkmal e.V., der 1998 mit dem Ziel gegründet wird, den fortschreitenden Verfall des Leipziger Wahrzeichens aufzuhalten und es ebenso wie die Außenanlagen instand zu setzen. „Ich fühle mich überglücklich. So einen Festakt erlebt man nur einmal im Leben“, sagt der Steinmetzmeister damals und erklärt, dass sich „eine große Familie an Mitstreitern“ um das Völkerschlachtdenkmal kümmert. Und macht als „oberster Spendeneintreiber“ mit seinem Förderverein unermüdlich weiter, um möglichst viele Leipziger und Auswärtige als Stifter für das Denkmal zu begeistern. Als Mann vom Fach und begnadeter Kommunikator erweist er sich schnell als Richtiger an der Spitze des Vereins. Im November 2023 wird der Förderverein Völkerschlachtdenkmal e.V. für sein engagiertes Wirken mit dem Leipziger Tourismuspreis ausgezeichnet, den die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH seit 2002 jährlich vergibt. 

Schon immer mit Völkerschlachtdenkmal verbunden


Rohrwacher ist seit frühester Jugend mit dem Denkmal verbunden. Wahrscheinlich hat er es schon im Kinderwagen besucht. Großvater Walter ist als Steinmetz und Steinbildhauer zu Kaiser Wilhelms Zeiten beim Bau des Kolosses dabei. Vater Hans-Joachim hilft zu DDR-Zeiten in den 1960er Jahren, das Denkmal notdürftig zu sanieren. „Mit dem Essgeschirr haben wir dann als Kinder das Mittagessen in die Bauhütte gebracht und dort auch herumgetobt“, erinnert sich Rohrwacher, der schon immer im Südosten Leipzigs wohnt.

1987 übernimmt er den elterlichen Betrieb und betreibt als Steinmetzmeister eine eigene Firma mit 15 Angestellten, die es inzwischen allerdings nicht mehr gibt. Der Naturstein- und Steinmetzbetrieb stellt im September 2019 den Betrieb ein, weil kein Nachfolger gefunden wird. Sohn Lars betreibt als Steinmetzmeister und Techniker seit Jahren die eigene Firma „Stein und Design“ (Denkmalpflege, Bildhauerei, Grabmalkunst), die ihr Domizil direkt am Ostfriedhof hat.

Eins ist Rohrwacher immer wichtig: An der Sanierung des Denkmals hat sich seine Firma nie beteiligt, um Konflikte zu vermeiden. Die hat dennoch viele Spuren bei zahlreichen Bau- und Restaurierungsobjekten hinterlassen, ob nun beim Dorint Hotel Alter Wall in Hamburg, beim Potsdamer Stadtschloss und vielen Objekten in Dresden und Leipzig. Ein Beispiel sind die Höfe am Brühl.

Fördervereinschef macht Führungen für Stifter


Der Förderverein Völkerschlachtdenkmal, der im Oktober 2023 bei einem Festakt im
Alten Rathaus seinen 25. Geburtstag feierte kann, hat viele Erfolge vorzuweisen. Mehr als 3,5 Millionen Euro hat er seither für die Sanierung des Denkmals eingeworben. 

In den 1990er Jahren wurde erwogen, das Denkmal kontrolliert verfallen zu lassen – schwarz, hässlich und bröckelig, wie es zu diesem Zeitpunkt keineswegs würdig für Leipzig war. Dem zu begegnen, gründete sich 1998 der Förderverein. Anfangs wurden einfach Spenden gesammelt für die Instandsetzung des Denkmalkörpers. Zunächst wurden acht Bänke für Besucher aufgestellt. Für die Finanzierung der Außenanlagen entwickelt der Verein im Jahr 2009 den Stifterbrief, der bisher an fast 1.000 Stifter übergeben wurde. Rohrwacher nimmt sich auch die Zeit, den Stiftern bei Führungen „sein Denkmal“ nahezubringen.

Der Förderverein hat inzwischen fast 300 Mitglieder: Bürger, Unternehmen, Institutionen, Verbände. Sie setzen sich – wie einst der Patriotenbund vor dem Bau des Denkmals – mit bürgerschaftlichem Engagement für dessen Sanierung ein. Die Instandsetzung der Haupttreppe vom Wasserbecken bis zum Eingangsplateau sowie die Erneuerung des Wasserbeckens sind wohl die größten Brocken. Ob Völkerbrot, Völkersalami oder Völkereis – Rohrwacher und seine Mitstreiter sprudeln voller Ideen. Nach vielen Arbeiten am Denkmal, die Bund, Land und Stadt in einem Kraftakt geschafft haben, ist nun die Wiederherstellung der Außenanlagen fast abgeschlossen.

Am Denkmal muss immer etwas repariert werden


„Aber ein Denkmal dieser Größe ist niemals fertig“, sagt Rohrwacher. Die ersten Erhaltungsmaßnahmen an Fugen und Bodenplatten haben schon vor vielen Jahren begonnen. Der kluge Vereinschef, der den Ehrenamtsjob noch eine Weile machen will, baut vor. „Bitte nicht innehalten!“ ist dabei einer seiner Lieblingssprüche geworden. Am Denkmal wird immer etwas zu reparieren und sanieren sein. Ein nächstes Projekt gibt es bereits: Die LED-Leuchten sollen erneuert werden. Damit Energie gespart wird und trotzdem Strahlkraft erhalten bleibt. „Das Denkmal muss beleuchtet werden“, betont Rohrwacher, „wenigstens bis Mitternacht.

Wirtschaftsarchiv benötigt neues Domizil


Der rührige „Südostler“, wie er sich manchmal selbst bezeichnet, hat noch weitere Ehrenämter: So ist er Vorstandesvorsitzender des Vereins Sächsisches Wirtschaftsarchiv, das derzeit in der Industriestraße in Plagwitz in der Konsumzentrale untergebracht ist. Das Sächsische Wirtschaftsarchiv wird im April 1993 durch die drei sächsischen Industrie- und Handelskammern als regionales Wirtschaftsarchiv für Sachsen gegründet. Doch in den Plagwitzer Räumen hat es keine Zukunft. Geplant ist, bis 2026 gemeinsam mit dem Landkreis Leipzig sowie dem Förderverein zum Aufbau des Dokumentationszentrums IndustrieKulturlandschaft Mitteldeutschland Dokmitt einen Neubau für die Sammlung in Borna zu errichten.

Stand: 29.11.2023

Bildergalerie - Rohrwacher, Klaus-Michael

Sächsische Aufbaubank (SAB)

Gerberstraße 5 | Ortsteil: Zentrum-Nord

Wer baut in Zeiten der „Optimierung des Filialnetzes“ und der Schließung von Geschäftsstellen schon ein neues Hauptquartier für eine Bank? Die Sächsische Aufbaubank (SAB) unternahm 2021 genau diesen bemerkenswerten Schritt und eröffnete ihren neuen Sitz in Leipzig, und zwar in einem Gebäude, das bewusst spektakulär auftrumpfen will.

Keine Bank wie andere auch


Normalerweise wechseln Banken aus internem wirtschaftlichen Kalkül an einen neuen Standort. Im Fall der Sächsischen Aufbaubank war das anders. Nicht der spitze Bleistift der Erfolgsrechnung hinterließ für das öffentlich-rechtliche Institut in Analogie zu den vielen privatwirtschaftlichen Repräsentanten der Kreditwirtschaft eine Präferenz für Leipzig, sondern rein politische Kriterien gaben dafür den Ausschlag. Das sächsische Gesetz zur Neuordnung von Standorten der Verwaltung legte 2012 Leipzig als neuen Hauptsitz der SAB fest. Die Sächsische Aufbaubank ist die Förderbank des Freistaats. Die meisten Aktivitäten drehen sich in diesem Institut um gezielte Mittelzuteilung an Unternehmen mit Potential, nicht um Kontoführung oder Kreditgeschäfte im herkömmlichen Sinn. Klassische Bankschalter oder Geldautomaten braucht die SAB deshalb nicht.

Am 9. September 2021 fand die offizielle Eröffnung des Hauptquartiers dieses besonderen Geldhauses in Anwesenheit des halben sächsischen Kabinetts statt. Das bewusst gewählte Datum war der 30. Jahrestag des Instituts.

Ankunft auf dem einstigen Robotron-Areal


Dem Festakt ging eine lange Baugeschichte voraus. Nach der Festlegung auf Leipzig begann die übliche Grundstückssuche. Verstecken wollte sich die SAB nicht, sondern gezielt an den
Promenadenring und an das geschäftige Zentrum der Stadt heranrücken.

In der Gerberstraße wurden die Immobilien-Pfadfinder fündig. Dort erstreckte sich über fünf Büroetagen seit 1969 das Schulungszentrum des Kombinats Robotron. Erwartungsgemäß stand das quaderförmige Gebäude mit seinem 100 Metern Kantenlänge leer, denn zu schulen gab es hier schon lange niemanden mehr. Über das einstige Vorzeigekombinat Robotron der DDR-Wirtschaft war der eisige Wind des Marktzugangs hinweggefegt. Sollte die Sächsische Aufbaubank ausgerechnet hier einziehen? Sie hätte sich in understatement und Bescheidenheit üben können und entschied sich doch für die glatte Gegenstrategie.

Rasch wurde die äußerlich tintenblaue Robotron-Hinterlassenschaft 2012 abgerissen, um Platz für einen Neubau zu schaffen, der bereits im Modell dadurch auffiel, dass er nur Teile des 10.000-Quadratmeter-Areals in die direkte bürotypische Nutzung einbezog und ansonsten lässig mit einer überaus luftigen Weite spielte. Besucher spüren, hier residiert ein Institut, das es nicht nötig hat, mit penibel belegten Quadratmetern zu geizen.

Eine fast schon verschwenderische Raumnutzung


Der Entwurf für das kühne Ensemble stammt vom Londoner Büro ACME, und das ist ein recht selbstbewusstes Akronym für den Anspruch
A company makes everything. Weitere internationale Büros hätten für die SAB gern ihre visionären Vorstellungen fliegen lassen. Dass die Architekturkritik gebannt auf den umgesetzten Entwurf in Leipzig blickt, ist für die ambitionierten Baumeister von der Themse zumindest schon mal die „halbe Miete“. Und die SAB registriert ihren architektonischen Coup voller Genugtuung. Ihre Ansprechpartner finden SAB-Kunden, die als Fördermittel-Bewerber auftreten müssen, in zwei L-förmig angeordneten, vierstöckigen Bürotrakten im nordwestlichen Teil des Grundstücks. Ein reguläres L deuten die beiden Baukörper nur an, denn an die Stelle des inhärenten rechtwinkligen Knicks jedes L tritt hier ein offener Durchlass, der wie eine schmale städtische Gasse anmutet und einen Weg in Richtung Zoo Leipzig öffnet. 

Jeder der beiden Gebäudetrakte löst sich bewusst von der geradlinigen Strenge klassischer Bankgebäude, und schwingt an der Fassade wie ein riesiger, eilig aufgeschichteter Unterlagenstapel, der seiner korrekten Archivierung harrt. Durch das Innere des SAB-Hauptquartiers weht der Zeitgeist immerwährender Flexibilität: angepasst nutzbare Büros, karge Trennwände, stille Rückzugsräume, eine größere Besprechungs- oder Veranstaltungsarena und viel, viel Licht.

Löhr’s Garten als Referenzpunkt


Allerdings flutet die helle Pracht nicht unabgeblendet bis zu den Arbeitsplätzen, denn vor den Bürotrakten – es wäre verwerflich, diese stolz zur Schau getragene Raum-Verschwendung einen „Hof“ zu nennen – recken sich 251 Säulen zwanzig Meter in die Höhe. Erinnern sie an riesige Blumenstengel? Oder an überdimensionierte schlanke Pilze? Ganz oben weiten sie sich jedenfalls in eleganter Linie zu tellerförmigen Trägern, auf denen ein Dach mit der einzigen klaren Kante am Grundstücksrand des Neubaus ruht: 100 mal 100 Meter – wo der Himmel beginnt, ist das SAB-Areal exakt abgesteckt. 

Besucher sollen die Freiflächen der Bank durchschreiten. Landschaftsgärtner griffen auf einen Wechsel aus Anpflanzungen und kleinen Wasserflächen zurück. Die beschwingte Vielfalt an Natur vor den Glas- und Betonkörpern des Bank-Ensembles will die Erinnerung an Löhr’s Garten wachhalten, der sich hier als Lustgarten am historischen Leipziger Stadtrand erstreckte, ehe die gewerbliche Vereinnahmung des Geländes einsetzte. Übrigens erinnert der Namen des benachbarten Gebäudekomplexes der Sparkasse Leipzig und der Landesbank Baden-Württemberg, Löhrs Carré, noch heute an Leipzigs ersten Bürgergarten. 

Zusätzlich zu den Büroräumen und einer Kantine entstand im Innern ein Auditorium mit 200 Sitzplätzen und ein kleines Konferenz-Zentrum, in dem Fachveranstaltungen durchgeführt werden. 

Und Robotron? Mit großem Aufwand vier Wandbilder mit optimistischen Fortschrittsallegorien aus dem niedersinkenden Schulungszentrum zu retten, war die zentrale Forderung der Denkmalschützer vor der Erteilung der Abrissgenehmigung. Angeblich lässt die Raumkonfiguration des Bank-Neubaus nur die Präsentation von drei der vier Werken zu, so dass für das Wandbild von Rolf Kurth ein anderer Ort in Leipzig gesucht wird. Von der Gerberstraße her sind die drei ausgestellten Gemälde von Arno Rink, Frank Ruddigkeit und Klaus Schwabe für jedermann gut zu sehen. Auch für Betrachter ohne Anspruch auf Fördermittel.

Stand: 25.12.2021

Schnecken am Neuen Rathaus

Martin-Luther-Ring 4-6 | Ortsteil: Zentrum

Tausende Mitarbeiter der Stadtverwaltung strömen wochentags täglich durch den Haupteingang am Martin-Luther-Ring in das Neue Rathaus. Eingeweihte wissen dabei um ein humorvolles Geheimnis: Auf den Türklinken der Haupteingangstüren befinden sich eiserne Weinbergschnecken. Diese sollen die Angestellten auf dem Weg ins Büro daran erinnern, nicht im Schneckentempo zu arbeiten.

Versteckte Anspielungen der Rathaus-Erbauer


Der Stadtbaudirektor
Hugo Licht hat sich mit seinem Team beim Bau des Neuen Rathauses aber noch andere Schelmereien ausgedacht. Wer die Fassade aufmerksam betrachtet, entdeckt jede Menge Tiere und Fabelwesen. Ein Detail ragt dabei heraus: die Plastik Der Steuermoloch verschlingt den Bürger am Zugang zum Ratskeller Leipzig am Burgplatz. 

Besonders originell ist im Innern des Neuen Rathauses die Haupttreppe gestaltet, die die untere Wandelhalle mit der oberen Wandelhalle verbindet. Das Treppengeländer der prachtvollen Steintreppe ziert plastischer Schmuck von Georg Wrba. Der Bildhauer verknüpfte dabei Elemente der Renaissance, des Barock und des Jugendstils. Neben menschlichen Darstellungen entdeckt man zahlreiche Tiere, darunter zwei Schildkröten, einen Affen und ein Krokodil. Letztere mahnen die Angestellten ebenfalls daran, das Arbeitstempo zu beschleunigen.

Doch wie kam es zu diesen scherzhaften Symbolen?

Hugo Licht ist wütend


Das imposante Neue Rathaus mit seinem 114,5 Meter hohen Rathausturm wurde am 7. Oktober 1905 eingeweiht. Es ist seitdem eines der Wahrzeichen der Stadt und schon von weitem sichtbar. Sein Bau verlief jedoch nicht immer plangemäß. Da die Leipziger Bevölkerung um 1900 rasant wuchs und sich somit auch die Stadtverwaltung vergrößern musste, reichte der Platz im
Alten Rathaus nicht mehr aus. Die Stadt kaufte deshalb vom Königreich Sachsen die Pleißenburg, um sie abzureißen und auf ihren Grundmauern das Neue Rathaus zu errichten. Den ausgeschriebenen Architekturwettbewerb gewann 1897 Stadtbaudirektor Hugo Licht mit dem Entwurf „Arx nova surgit – Eine neue Burg entstehe“. Nachdem Oberbürgermeister Otto Georgi am 19. September 1899 den Grundstein für den Neubau legte, verzögerten sich die Bautätigkeiten um fast zwei Jahre. Ein wesentlicher Grund dafür war, dass die Stadtverordneten die benötigten Gelder nicht in den geplanten Zeiträumen freigaben. Hugo Lichts Verärgerung war sehr groß. Oft stritt er sich in den Sitzungen lautstark mit den Verantwortlichen und soll sogar getobt haben: „Wer große Haufen scheißen will, muss auch den Arsch dazu haben.“ 

Dieser Ärger führte dazu, dass Hugo Licht noch kurz vor Eröffnung des Neuen Rathauses einem Schlossermeister den Auftrag erteilte, auf die Türklinken am Haupteingang Schnecken zu setzen. Und so mahnen die possierlichen Tierchen nun schon seit über 100 Jahren, dass die Angestellten zügig arbeiten sollen und der Stadtrat seine Entscheidungen schneller treffen muss.

Stand: 29.11.2023

Bildergalerie - Schnecken am Neuen Rathaus

Schornstein der Stadtwerke Leipzig

Arno-Nitzsche-Straße 35 / Stadtwerke-Gelände Leipzig Südost | Ortsteil: Connewitz

Leipzigs Skyline hat sich verändert: Ein Wahrzeichen der Braunkohlen-Ära, der 170 Meter hohe Schornstein des ehemaligen Kraftwerkes „Max Reimann“ in der Arno-Nitzsche-Straße in Leipzig-Connewitz, ist verschwunden. Am 10. September 2023 wurde er gesprengt. Das Interesse an diesem Ereignis war riesig. In vielen Straßen rund um den 200-Meter-Sperrkreis, der im Auftrag der Stadtwerke Leipzig angelegt wurde, herrschte regelrecht Volksfeststimmung. Hunderte Leipziger kamen, um sich das seltene Spektakel anzuschauen. Viele Anwohner hatten es sich auf Balkons, Terrassen oder in Gärten bequem gemacht, um die dreifache Faltsprengung zu verfolgen. Dabei zerfiel der Schornstein in drei Teile. Alles verlief komplett nach Plan. Die Thüringer Sprenggesellschaft setzte etwa 100 Kilogramm Sprengstoff ein.

Kurze Nutzungsdauer für den Schornstein


Der Schornstein auf dem Gelände der Stadtwerke Leipzig ist zum Zeitpunkt der Sprengung fast ein Vierteljahrhundert in seiner ursprünglichen Funktion ungenutzt. Ende des 19. Jahrhunderts entsteht auf dem Areal ein Gaswerk. Bis 1910 werden vier Behälter errichtet, die für die Speicherung von Gas und den Druckausgleich im Rohrnetz sorgen. 

1952 erhält das Gaswerk den Namen Gaskokerei „Max Reimann“. In den 1970er-Jahren endet die Geschichte des Werks als Erzeugungsort für Stadtgas aus Kohle. Danach wandelt es sich zu einem Standort der Fernwärmeversorgung. In diese Phase fällt der Bau des Heizwerkes mit dem 170-Meter-Schornstein. Dessen Grundstein wird im Mai 1984 gelegt. Ab Januar 1987 wird die weithin sichtbare Esse für die Rauchgasabführung eingesetzt. Ihre Nutzungsdauer ist kurz. Bereits 1996 rollt der letzte Kohlezug ins Kraftwerk in Connewitz. Somit hat der Schornstein nur eine Betriebszeit von neun Jahren. 

Fernsehsender kommen vom Schornstein


Zuletzt wird er von der Deutschen Funkturm GmbH für die Ausstrahlung von Fernsehsendern genutzt. Die hat 2016 einen neuen Funkturm an der Zwickauer Straße/Richard-Lehmann-Straße errichtet, um das digitale Antennenfernsehen DVB-T2 HD ausstrahlen zu können. Weil die Stadtwerke Leipzig jedes Jahr viel Geld in die Sicherung des riesigen Schornsteins investieren mussten, von dem der Putz bröckelte, wurde er abgerissen.

Stand: 29.11.2023

Bildergalerie - Schornstein der Stadtwerke Leipzig

Schulmuseum

Goerdelerring 20 | Ortsteil: Zentrum

Das Schulmuseum – Werkstatt für Schulgeschichte Leipzig ist eine Einrichtung der Stadt Leipzig in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig und der HTWK Leipzig. Nach den ersten Gründungen 1914 und 1984 und einer inhaltlichen Neuausrichtung befindet es sich seit 2000 am heutigen Standort am Goerdelerring. Das Schulmuseum thematisiert die 800-jährige Leipziger Schul- und Bildungsgeschichte und versteht sich als aktiver Lern- und Arbeitsort. Verschiedene Dauerausstellungen, historische Schulstunden und Workshops bieten Einblicke in die Entwicklung der Schule zwischen 1212 und 1989.

Zeitreise durch 800 Jahre Schulgeschichte in Leipzigs ersten Stasi-Bau


Die Geschichte des Schulmuseums reicht bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück, als im Jahr 1909 ein erster Verein zur Gründung eines Schulmuseums in Leipzig den Anstoß dazu gab, über die Historie und die Zukunft der Schule zu reflektieren. Anstelle eines Museums im klassischen Sinne wurde ein aktiver Lern- und Arbeitsort angestrebt. Der Vorsitzende des initiierenden Vereins, Max Brahn, ein Schüler von Wilhelm Wundt, galt zugleich als Gründer des Instituts für experimentelle Pädagogik und Psychologie mit Hilfe des Leipziger Lehrervereins im Jahr 1906. Die Anfänge des ersten Schulmuseums in einem Klassenzimmer einer Leipziger Volksschule im Jahr 1914 wurden aufgrund des Ersten Weltkrieges frühzeitig beigelegt. Auch nach 1918 konnte die begonnene Gründung des Schulmuseums nicht weiter verfolgt werden. Max Brahn wurde nach 1920 Opfer von zunehmend antisemitischen Anfeindungen, woraufhin sein 1916 gegründetes Archiv für Pädagogik in Leipzig keine Zukunft mehr hatte. Im Jahr 1933 verlor er seine zuvor ausgeübten Ämter in Berlin, darunter jenes als Streitschlichter und als Regierungsrat, bevor er in die Niederlande auswanderte und 1944 in Auschwitz ums Leben kam.

Ein zweiter Anlauf für die Neugründung des Leipziger Schulmuseums fand 1984 statt. Seine erste Heimstätte fand es in einem Klassenzimmer der Georg-Schwarz-Schule im Stadtteil Lindenau. Da durch die begrenzten Räumlichkeiten eine solide Museumsarbeit nur sehr eingeschränkt möglich war, zog das Schulmuseum 1994 in die Hohe Straße am Floßplatz. Als einstiger Fachberater für Staatsbürgerkunde fühlte sich der damalige Museumsleiter seinem Auftrag verpflichtet, den Besuchern die schlechten Seiten der Schule früherer Zeiten zu veranschaulichen und die vorbildliche Schule im Sozialismus aufzuzeigen. 

Durch die Stadt Leipzig wurden nach 1998 eine fundamentale personelle Erneuerung sowie eine inhaltliche Neuausrichtung der Sammlungskonzeption und der Vermittlungsformen initiiert. In diesem Zuge wurde das Schulmuseum im Jahr 2000 in das Gebäude des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR verlagert. Gemeinsam mit seinen Vorgängerbauten, der Burg urbs lipzi aus dem 11. Jahrhundert, dem Franziskanerkloster aus dem 13. Jahrhundert und der Matthäikirche aus dem 19. Jahrhundert, zählt der Standort des Gebäudes zu den ältestem besiedelten Teilen Leipzigs.

Bildungsideale im Wandel der Zeit: Zwischen Kaiserzeit und Diktaturen


Im Schulmuseum werden auf drei Etagen neben den Dauerausstellungen zu den Themen „Schule unterm Hakenkreuz“, „Schule in der DDR“ und „Schule im Widerstand“ auch Sonderausstellungen, Workshops, historische Unterrichtsstunden und Projekte angeboten. Die Ausstellungen thematisieren die Leipziger Schul- und Bildungsgeschichte, die schwerpunktmäßig in den zeitlichen Abschnitten 1212 bis 1933 sowie 1933 bis 1989 illustriert und erörtert wird. Während in der zweiten Etage die Themen „Schule in der Kaiserzeit“, „Israelitisches Schulwesen“, „Bürgerstolz und Bildung“ sowie „Reformpädagogik“ im Fokus stehen, werden in der dritten Etage die Themen „Schule und Widerstand“ während der zwei deutschen Diktaturen dargestellt. Die Dauerausstellung 1212 bis 1933 veranschaulicht die damals gegenwärtigen Bildungsideale, welche mit Hilfe von aussagekräftigen Exponaten dabei hilft, frühere Schulen aus heutiger Sicht neu zu beurteilen. Erörtert werden auch der Einfluss der Kirche und der Universität auf die Bildungsangebote. Die Besucher erhalten Informationen zu den geschichtlichen Hintergründen der Volksschulen sowie der Gymnasien, Berufsschulen und Realschulen, welche in der Kaiserzeit von 1871 bis 1918 einen großen Aufschwung erfuhren. In einem den Vorschriften der Zeit ausgestatteten Klassenzimmer zur Volksschule um 1900 erhalten die Besucher authentische Einblicke: Von geöltem Dielenfußboden, über Herrscherbilder von Kaiser und König an den Wänden, Holzpodest mit Lehrerpult, Doppelsitzer-Schulbänken aus Eiche, olivgrünem Ölsockel und schwarzen Gestelltafeln mit Treppenstufen.

Die Dauerausstellung illustriert weiterhin die schwierigen Anfänge der Waldschule bis zu ihrem Ende 1942, ebenso wie die Carlebach-Schule als erste jüdische Schule Sachsens, welche 1912 geöffnet und 1942 endgülig geschlossen wurde. In einem Schaudepot in der Ausstellung werden mehr als 1.500 Rollkarten, Schulwandbilder und Tafelbilder aubewahrt, die über mehrere Jahrzehnte für die Veranschaulichung verschiedener Unterrichtsfächer verwendet wurden. In der sogenannten „Wunderkammer“ werden historische Unterrichtsmittel der Physik und Chemie, darunter Modelle eines Viertaktmotors, eines Hochofens oder einer Dampfmaschine sowie Schulwandbilder ausgestellt. Der Realienraum mit Herbarien, Tierpräparaten und Schaukästen ist dem fächerübergreifenden Naturkundeunterricht gewidmet. Die Ausstellung wird durch eine geologische Sammlung, Hörstationen und einen Fühlkasten ergänzt. Bei dem Kleinplanetarium ZKP 1 in einem weiteren Ausstellungsraum aus dem Jahr 1957 handelt es sich um eine Rarität, welche Ende der 1980er Jahre aus dem Naturkundemuseum Leipzig ins Schulmuseum gelangte.

„Hände falten, Schnabel halten, Kopf nicht drehen, nach vorne sehen, Ohren spitzen, gerade sitzen!“ – authentische Schulstunden nach historischem Vorbild


In den Dauerausstellungen 1933 bis 1989 werden die zwei Diktaturen und ihre Einflüsse auf die Entwicklung der Leipziger Schulen veranschaulicht. Durch die drei historischen Brüche in den Jahren 1933, 1945 und 1989 wurden jeweils neue Erziehungsziele und Lehrpläne eingeführt. Im Ausstellungsbereich „Schule unterm Hakenkreuz“ wird über Besonderheiten in der nationalsozialistischen Erziehung informiert und mit Filmen, Spielen, Bildern, Lehrplänen und Aufsätzen aus Leipziger Schulen zwischen 1933 und 1945 illustriert. Bei dem Bereich „Die Leipziger Meuten“ handelt es sich um die bisher einzige Ausstellung zum bedeutenden jugendlichen Widerstand zwischen 1933 und 1945 in Leipzig. „Kinder in Uniform – Staatsjugend in zwei deutschen Diktaturen“ lässt überwiegend Bilder, Hörstationen mit Zeitzeugeninterviews sowie originalen Tondokumenten für sich sprechen. Beispiele von widerständigen Lehrern und Schülern während den Diktaturen werden im Ausstellungsabschnitt „Gegen den Strom – Schule im Widerstand“ illustiert und erörtert. Im Raum „Polytechnische Oberschule 1985“ wird ein DDR-Klassenzimmer der achtziger Jahre mit originalen Einrichtungsgegenständen, darunter Schulbücher, originale Pflanzenkübel, beigefarbener Fußbodenbelag, Malimo-Gardinen und Wandbilder, nachgestellt. Das 2017 neu konzipierte „Schaudepot DDR-Schule“ präsentiert rund 1.500 Objekte aus dem Schulalltag und bietet Einblicke in die einzigartigen Exponate zur DDR-Schule. Der Ausstellungsbereich „Fremde und Gleiche“ illustriert den Umgang der DDR-Schule mit Ausländern. Zu den Ausstellungsbereichen werden auch Workshops angeboten.

Zusätzlich zu den Dauerausstellungen bietet das Schulmuseum Unterrichtsstunden der Kaiserzeit und der DDR an. Diese wurden auf Grundlage von Quellentexten und verbindlichen Empfehlungen von 1904 und 1985 konzipiert. Während der Kaiserzeitstunde in einer Volksschule um 1900 kann im historischen Klassenzimmer „Schule früher“ mit Griffel und Schiefertafel, Gebet zu Beginn und am Ende der Stunde nachempfunden werden. Bei dem Angebot „Zivilcourage – Heimatkunde 1985“ handelt es sich deutschlandweit um ein Alleinstellungsmerkmal des Schulmuseums.

Stand: 29.11.2023

Weinkauf, Bernd

Schriftsteller, Kunsthistoriker | geb. am 26. Februar 1943 in Küstrin

Vor der Faust- und Mephisto-Statue mit dem goldenen Schuh von Mathieu Molitor – immerhin eines der beliebtesten Fotomotive für Touristen in Leipzig – möchte Bernd Weinkauf diesmal nicht abgelichtet werden. Er ist zwar seit 1996 der Haushistoriker vom Auerbachs Keller in der Mädler Passage. Doch im inzwischen zweiten Buch „Leipziger Merkwürdigkeiten“, welches im Sax-Verlag erschienen ist, tauchen die beiden Gesellen eben nicht auf. Schriftsteller Weinkauf kommt es auf jedes Detail an. Er liebt es, fragile Fakten zu recherchieren und unbekannte Dinge zu hinterfragen. Mit seinem Spürsinn ist es dem Kunsthistoriker mehrfach gelungen, in seinen Büchern mit liebgewonnen Missverständnissen aufzuräumen und unbekannte Kapitel in der Leipziger Geschichte zu beleuchten. Wie jüngst die Momente aus der jüngeren Geschichte der Stadt Leipzig, die eben „des Merkens würdig sind“, wie der Verlag schreibt. Im kurzweiligen Band, der mit einem antiquarischen Outfit daherkommt, klärt er beispielsweise über die (hierzulande längst vergessenen) Trinkhallen auf, die hier einst ebenso wie die weitaus bekannteren „Büdchen“ in Düsseldorf oder Köln ihre Genießer finden.

Ein bekennender Leipziger mit Faible für Historie


Weinkauf ist ein bekennender Leipziger, seit er als junger Mann zugewandert ist. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird seine Familie von Küstrin nach Hettstedt vertrieben. Der junge Mann macht das Abitur, studiert danach Deutsche Sprache, Literatur und Kunsterziehung am Pädagogischen Institut in Erfurt. Nach einigen Jahren als Lehrer und Truppenbibliothekar verschlägt es ihn 1973 ans Institut für Literatur „Johannes R. Becher“ nach Leipzig, wo er bis 1976 lehrt. Es folgt die Arbeit als Dramaturg am
Theater der Jungen Welt (bis 1979). Seitdem ist er als freier Autor und Werbetexter tätig und begeistert durch seine Neugier auf Themen ein geschichtsbegeistertes Publikum. Und er gehört zur illustren Runde am Stammtisch „Goglmohsch“, den der Leipziger Kabarettist und Schriftsteller Bernd Lutz-Lange im Jahre 1984 in der Gaststätte Boccaccio in der Kurt-Eisner-Straße in der Südvorstadt gründet. 

Nach der Friedlichen Revolution folgt ein kurzes Intermezzo im Leipziger Rathaus als Stadtrat für Kultur, das aber am 9. Mai 1991 beendet wird, als eine Zusammenarbeit als informeller Mitarbeiter für die DDR-Staatssicherheit publik wird. Dennoch kann er im Rathaus einige Weichen stellen, etwa den Neustart der Stadtbibliothek im ehemaligen Gebäude des VEB Chemieanlagenkombinates Leipzig beflügeln, das einst als Grassi-Museum gebaut worden war. Seitdem ist er als freier Autor tätig. Und legt 1999 ein bemerkenswertes Buch vor, in welchem er Leipzig mit Goethes Augen sieht.

Der Haushistoriker von Auerbachs Keller


Zum Haushistoriker von Auerbachs Keller ist er ernannt worden. 1998 ist er beteiligt, die Feierlichkeiten zu 450 Jahre Weinausschank im Traditionslokal vorzubereiten. Er richtet ein „Faustseminar“ ein und braucht eine Visitenkarte. Doch was darauf schreiben? Haushistoriker eben. Sein Meisterwerk wird dann 2015 die „Chronik von Auerbachs Keller“.

Zuvor hat er schon die Gästebücher ausgewertet und muss dafür wahre Detektivarbeit leisten. Die Idee dafür entsteht, als jemand den damaligen Wirt Bernhard Rothenberger fragt, ob Adolf Hitler jemals Gast im Auerbachs Keller war? War er nicht, dafür viele andere Persönlichkeiten. Dazu gehört beispielsweise auch Bismarck. Die Recherche ergibt, dass es keineswegs der Reichskanzler ist, sondern jemand aus dessen Familie. Wer genau, kann allerdings nicht exakt geklärt werden.

Nur wenige Gästebucheinträge sind bei null Promille geschrieben worden, auf einigen Seiten hat auch der Rotwein seine Spuren hinterlassen. Es ist schwierig, die alten Handschriften zu entziffern. Sogar Hieroglyphen müssen gelesen werden, wobei Weinkauf dabei auf Experten zurückgreift. Dutzende Napoleons haben sich in den Büchern der Traditionsgaststätte verewigt. Wobei der echte Franzosenkaiser, so der Autor, niemals in Auerbachs Keller eingekehrt ist. Was auf der Flucht nach der Völkerschlacht 1813 wohl auch etwas schwierig gewesen wäre.

Leipziger Geheimnisse


Weinkauf ist auch vielen anderen „Leipziger Geheimnissen“ auf der Spur. So erklärt er in einem gleichnamigen im Bast Medien Verlag erschienen Buch, warum es sich beim Hufeisen an der
Nikolaikirche um ein echtes Leipziger Wahrzeichen handelt. Und warum an den Klinken der Eingangstüren vom Neuen Rathaus Schnecken aus Eisen zu finden sind. Das sind liebenswerte Relikte, die an die Entstehungsjahre des Verwaltungssitzes erinnern. Die sollen sicherlich keine Konkurrenz für den Leipziger Löwen sein. Das langsam kriechende Weichtier ist nur ein hübscher Schmuck. Es weist darauf hin, wie sehr sich der Bau des Neuen Rathauses in die Länge gezogen hat.

Regelmäßig publiziert Bernd Weinkauf in den „Leipziger Blättern“.

Stand: 29.11.2023

Bildergalerie - Weinkauf, Bernd

Orpheus – Relief

Augustusplatz 8 | Ortsteil: Zentrum

Das Relief „Orpheus“ schuf der Bildhauer Johannes Hartmann 1904 anlässlich der Weltausstellung in Saint Louis. Es befindet sich heute am 1981 eröffneten Gewandhaus zu Leipzig und wurde am Eingang eines Durchgangs angebracht, der in einen kleinen Lichthof mündet. Von dort aus gelangt man zur Gewandhauskasse und zum Mendelssohn-Saal.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Orpheus – Relief

Wolff, Ann-Elisabeth

Festivalleiterin der euro-scene Leipzig | geb. am 14. März 1953 in Halle (Saale)

Theater, Theater – auch das ist Leipzig. Große Spielstätten und kleine Bühnen. Bekannte Stücke und experimentelle Performances. Immer aber: Leidenschaft und brennendes Engagement. So wie bei Ann-Elisabeth Wolff. Sie hat dem Festival euro-scene Leipzig ihren Stempel aufgedrückt. Entschlussbereit, hartnäckig, strahlkräftig.

Künstlerisch ambitioniert, von Anfang an


Die familiäre Herkunft von Ann-Elisabeth Wolff war prägend. Sie wuchs in Leipzig in einer künstlerisch ambitionierten Familie auf. Von 1971 bis 1975 studierte sie Musikwissenschaften an der damaligen
Karl-Marx-Universität. Ihren Berufseinstieg vollzog sie 1975 beim weltberühmten Leipziger Musikverlag Edition Peters. Lektorin blieb sie dort bis 1990. An dieser Stelle muss der Hinweis genügen, dass auch die Edition Peters der gewundenen, teils erratischen Geschichte vieler Leipziger Verlage folgte. Unerschütterlich Geglaubtes galt ab 1990 in der unverhofft wiedererlangten deutschen Einheits-Verlagslandschaft plötzlich nicht mehr. 

Ausgerüstet mit jeder Menge Fachwissen und professioneller, publizistischer Neugier und ausgestattet mit der nötigen Änderungsbereitschaft stieg Ann-Elisabeth Wolff um und gelangte als Stellvertreterin des Theaterwissenschaftlers und Schauspielregisseurs Matthias Renner ab 1991 an die Spitze der neu etablierten euro-scene, eines Leipziger Theaterfestivals. Mitten in den allgegenwärtigen Umbrüchen der Jahre 1990 und 1991 ging die euro-scene als Neugründung aus der Leipziger Schauspielwerkstatt hervor und nannte sich im Untertitel unmissverständlich gleich selbst Festival der europäischen Avantgarde.

Prägende Leiterin der euro-scene Leipzig


Später nahm die euro-scene explizit Bezug auf zeitgenössisches europäisches Theater und Tanz. Da war das experimentierfreudige Treffen unkonventionell agierender Bühnenschaffender längst eine bekannte Marke in der Szene in Europa, Euro-Scene eben. 

Nach dem frühen Tod von Matthias Renner im Jahre 1993 regte der damalige Leipziger Kulturbürgermeister Georg Girardet an, Ann-Elisabeth Wolff solle die Leitung des Festivals übernehmen. Im Leitungskollektiv hatte sie längst die erforderlichen Erfahrungen gesammelt. Und damit bekam die euro-scene in ihrem dritten und den folgenden fast 30 Jahren eine resolute Chefin.

Ann-Elisabeth Wolff ist keine Leiterin vom Büro aus. Sie muss raus, viel unterwegs sein, andere Festivals kennenlernen, Eintrittskarten für Aufführungen ergattern, für die es monatelang schon keine Karten mehr gibt, Kontakte knüpfen, Avantgardisten nach Leipzig locken. Und damit hatte jeder Leipziger Kulturherbst eine Konstante mit enormer Ausstrahlung, die euro-scene. Der europäische Gedanke ist ihr fest eingepflanzt. Als sich immer mehr mittel- und osteuropäische Länder anschickten, Mitglieder der Europäischen Union zu werden, gingen Einladungen nach Leipzig gezielt dorthin. Das Festival und seine Leiterin wirkten als Brückenbauer in Europa, und es gelang ihnen, viele kulturvolle Konstruktionselemente in die verbindenden symbolischen Bauwerke einzufügen.

„Ein Festival ist kein Supermarkt. Es ist ein Rausch“, versuchte Ann-Elisabeth Wolff einem auf unsicherem Terrain wandelndem Nachfrager das Geheimnis der alljährlichen Leipziger Avantgarde-Zusammenkunft zu erschließen. 

Mediale Aufmerksamkeit war dem Theater- und Tanz-Treffen und seiner Leiterin stets sicher. Die euro-scene sei eines der schrillsten europäischen Festivals, befand die Hamburger „Zeit“ und lobte – üblicherweise mit höchster Anerkennung eher geizend – die besondere Qualität der sechs besonderen Leipziger Performance-Tage in jedem November. Da war die euro-scene sehr zur Freude des aufgeschlossenen Publikums längst in der Spitzengruppe der deutschen Theater- und Tanzfestivals angekommen. Das Experimentelle, die kühne Ästhetik waren gefragt und wurden mit Beifall goutiert.

Drei markante Festival-Jahrzehnte


Festivalleiterin Wolff fand im Autokonzern
BMW, der in Leipzig ab dem Jahr 2001 mit einem neuen Werk intensiv Wurzeln zu schlagen begann und Unternehmens-Kultur besonders hochhielt, einen potenten Förderer der euro-scene. Mit diesem Engagement schmückten sich beide Seiten über zehn Jahre hinweg. Doch irgendwann fällt jeder Vorhang. 

Ein Autokonzern greift dem Festival längst nicht mehr als finanzieller Förderer unter die Arme. Diese Aufgabe müssen die Stadt Leipzig und das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus inzwischen allein stemmen.

Wichtiger noch: Im Jahr 2020 sollte Festivalleiterin Wolff den Staffelstab nach dem 30. Jahrgang der euro-scene planmäßig an Christian Watty übergeben. „Planmäßig“ bekam wegen Corona allerdings einen unverschuldet herben Beigeschmack. Festivals waren von den verordneten Einschränkungen öffentlicher Auftritte und Begegnungen mit am härtesten betroffen. Die 30. euro-scene musste abgesagt werden. Auch wenn Ann-Elisabeth Wolff ein öffentlich wirksamerer beruflicher Abschied als vor dem Start der 31. euro-scene unbedingt zu gönnen gewesen wäre, bleibt als ihr finales, fortwirkendes Verdienst doch bestehen, dass sie diesem Festival ein Gesicht, eine klare Handschrift und einen europäischen Zuschnitt gegeben hat. Nachhaltigkeit und die Arbeitswelt umschreiben den inhaltlichen und ästhetischen Kosmos, in dem das Festival weiterhin verortet werden soll.

Ann-Elisabeth Wolff und die euro-scene Leipzig nicht in einem Atemzug zu nennen, das wäre drei Jahrzehnte lang nicht gegangen. Das Festival wird deshalb wohl noch geraume Zeit vom Wirken und den Impulsen seiner langjährigen Leiterin profitieren. Sie wohnt ja mitten in der Stadt und hat es nicht weit bis zu den 12 bis 14 Theater- und Tanzstücken an den sechs Festivaltagen jedes Herbstes.

Stand: 01.04.2022

Bildergalerie - Wolff, Ann-Elisabeth

Wildpark

Koburger Straße 12 a | Ortsteil: Connewitz

Der Wildpark befindet sich im Connewitzer Holz im südlichen Auwald. Auf rund 46 Hektar Fläche können 25 einheimische Tierarten mit etwa 250 Tieren aus den Wäldern Mitteleuropas in weitläufigen, naturnahen Tiergehegen beobachtet werden. Gegründet wurde die Anlage im Jahr 1904, als ein Connewitzer Mühlenbesitzer der Stadt vier Damhirsche schenkte, für die eine artgerechte Unterbringung nötig wurde. Der Wildpark zählt zu den beliebtesten Ausflugszielen in Leipzig. Der Eintritt ist frei.

Am Anfang waren vier Damhirsche…


Die Anfänge des direkt an der
Pleiße im südlichen Auwald gelegenen Wildparks reichen bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück. Der Mühlenbesitzer Richard Jacob aus Connewitz schenkte der Stadt Leipzig im Jahr 1904 vier Damhirsche, welche im Connewitzer Holz anständig untergebracht und eingepfercht werden mussten. In den Folgejahren wurde der Tierbestand um Rot- und Schwarzwild erweitert und die bauliche Ausstattung vergrößert. Aufgrund des hochwassergefährdeten Geländes wurde 1906 unter der Leitung des damaligen Connewitzer Revierförsters ein 55 Hektar großes Gehege auf den hochwassergeschützten Heidaer Wiesen angelegt. Aus einer einstigen Grube, die dem Lehmabbau für die Abdichtung des Wasserbeckens vor dem Völkerschlachtdenkmal diente, entstand der sogenannte Hakenteich gegenüber dem Wildschweingehege. 1911 wurde ein Schutzhäuschen erbaut und der Wildpark entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsziel der Leipziger. Um die gastronomische Versorgung zu gewährleisten, wurde 1922 unter dem Namen Café zum Hirschpark ein massives Gasthaus errichtet, dessen Geschäft bis zur Weltwirtschaftskrise erfolgreich lief. Nach dem Konkurs wurde es 1934 von Hermann Konrad ausgebaut und 1935 unter dem Namen Gaststätte Wildpark wiedereröffnet. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gaststätte und der Wildpark zum Großteil zerstört und der gesamte Tierbestand in die Freiheit entlassen. Der vom Stadtrat beschlossene Wiederaufbau des Wildparks an gleicher Stelle begann erst 1974, bevor er 1979 schließlich in viel größerem Umfang als zuvor wiedereröffnet wurde. Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Tierbestandes entstanden auch ein Kinderspielplatz, eine Ponyreitbahn und die unmittelbar am Hakenteich gelegene Wildparkgaststätte. Im Jahr 1992 wurde ein 4.800 Quadratmeter großer Froschteich zum Feuchtbiotop erweitert und ein Ottergehege mit Teich angelegt sowie 1998 ein 500 Quadratmeter großes Luchsgehege errichtet. 1997 folgte der Bau eines 1,6 Hektar großen Wolfsgeheges. 2003 wurde ein durch das Gehege des Dam-, Rot- und Muffelwilds führender Erlebnispfad eingeweiht.

Artgerechte (Er-)haltung inmitten des Auwaldes


Auf der 42 Hektar großen Fläche können die Besucher im Wildpark etwa 25 verschiedene heimische Tierarten mit circa 250 Tieren in naturnaher Umgebung aus nächster Nähe beobachten. Der Tierbestand umfasst Damwild, Haarraubwild, darunter Iltisse, Hermeline, Baum- und Steinmarder sowie Füchse, ebenso wie Greifvögel, verschiedene Eulenarten, Kolkraben, Elche und Wisente. Auch Tierarten, die erst in letzter Zeit bei uns heimisch geworden sind, kann man sehen, darunter Waschbär, Mink oder Muffelwild. In den Vogelhütten sind Taggreifvögel wie Mäusebussarde und Habichte untergebracht. Das Hauptaugenmerk liegt auf der heimischen Fauna sowie auf in Mitteleuropa lebenden Tieren, die in der Umgebung heimisch geworden sind. Besonderer Wert wird auf eine artgerechte Haltung der Tiere gelegt. Die Gehege sind naturnah gestaltet, damit die Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen beibehalten und durch die weitläufigen Freigehege unter authentischen Bedingungen beobachtet werden können. Auffallend ist, dass das Areal beinahe nahtlos in den angrenzenden Auwald eingebunden ist. Neben der Versorgung von wildlebenden Tieren widmet sich der Wildpark heute auch der Erhaltungszucht seltener Tierarten, welche in freier Wildbahn beinahe ausgestorben sind. Dazu zählen beispielsweise Wisente und der Europäische Nerz. Der Wildpark nimmt am Internationalen Erhaltungszuchtprogramm für den Europäischen Nerz teil und ist im Zusammenhang mit seinem Wisentbestand im „Internationalen Wisentzuchtbuch“ gelistet. Mit seinem Tierartenbestand ergänzt sich der Wildpark sehr gut mit dem
Zoo Leipzig, der hauptsächlich exotische und vom Aussterben bedrohte Tiere aus der ganzen Welt zeigt.

Von Ponyreiten bis Klassenzimmer im Grünen: Spaß und Bildung für jedermann


Heute ist der Wildpark Anziehungspunkt für Leipziger, Auswärtige, Tierfreunde und Spaziergänger gleichermaßen. Auch Fahrradfahrer, die den Wildpark auf dem Weg zum nahegelegenen
Cospudener See im Leipziger Neuseenland durchqueren, machen gern einen Abstecher zu den Wildgehegen. Für Familien ist er eines der beliebtesten Ausflugsziele in Leipzig, nicht nur aufgrund der Tiere, sondern auch aufgrund des großzügig und originell gestalteten Spielplatzes, an dessen benachbarten Kiosk man sich stärken kann. Einen Besuch wert ist unbedingt die Haustierfarm im Wildpark Leipzig, wo die Gäste gegen Eintritt über 21 Tierarten und 44 Rassen mit rund 150 Tieren sehen können. Auch Kamel- und Ponyreiten oder Kremserfahrten durch den Auwald werden angeboten.

Herzstück des Wildparks ist noch heute die nach Entwürfen von Winfried Sziegoleit und Volker Sieg gestaltete rustikale Wildparkgaststätte. In urigem Ambiente werden deutsche Hausmannskost und saisonale Gerichte angeboten. Wem es weniger nach deftigen Speisen zumute ist, der kann aus einem großen Angebot an Kuchen und Torten des Café-Kandler wählen. Im südlichen Abschnitt des Wildparks gelegen befindet sich auch das ursprünglich als Russisches Blockhaus erbaute Teehaus. Dieses wurde vier Wochen vor der Übergabe an den Wildpark auf der Herbstmesse 1979 im Sowjetischen Pavillon als russisches Bauernhaus ausgestellt, bevor es zu einer gemütlichen Gaststube mit verschiedenen Teespezialitäten wurde. 

Der am 8. Juli 2002 gegründete Verein der Freunde und Förderer des Wildpark Leipzig e.V. kümmert sich neben der Unterhaltung und Entwicklung des Parks um ein breites Bildungsprogramm. Zu den Angeboten zählen neben Rundgängen für Schulklassen und Kindergartengruppen das extra für Schulklassen konzipierte „Klassenzimmer im Grünen“ mit Unterricht im Freien und einem hohen Erlebnis- und Anschauungswert. Im Ausstellungsraum des Wirtschaftsgebäudes finden zudem regelmäßig interessante Veranstaltungen statt. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Wildpark

Historisches Bildmaterial - Wildpark

VINETA

Großpösna (Sachsen) | Störmthaler See

Das auf dem Störmthaler See schwimmende Kunstprojekt VINETA erinnert seit seiner Eröffnung am 3. Juni 2011 als Mahnmal für die dem Braunkohletagebau zum Opfer gefallenen Dörfer. Mit einer Traufhöhe von 15 Metern gilt die VINETA als höchstes schwimmendes Bauwerk auf einem deutschen See und dient als beliebtes Ausflugsziel. Seit der Eröffnung wird sie vom Krystallpalast Varieté Leipzig betrieben.

Kunst statt Kohle: Vom Tagebau zum Schwimmenden Mahnmal


Bis zum Anfang der 1990er Jahre war die Region im Südraum Leipzigs eine weitläufige Braunkohlelandschaft. Im Zuge des Braunkohletagebaus verschwanden zahlreiche Dörfer für immer, darunter allein im zwischen 1937 und 1996 bestehenden Tagebau Espenhain die Gemeinde
Magdeborn sowie 19 weitere Siedlungen. Als Anregung für die VINETA diente die Magdeborner Kirche. Die Gemeinde Magdeborn lag rund 12 Kilometer südöstlich von Leipzig. Der Ort wurde um 1940 um eine Siedlung für die Beschäftigten des entstehenden Braunkohlewerks Espenhain erweitert. Gegen Ende der 1960er Jahre wurden die rund 3.200 Einwohner Magdeborns schrittweise aus dem zum Abriss und zur Überbaggerung durch den Tagebau Espenhain freigegebenen Ort umgesiedelt. Dabei handelt es sich um die größte Anzahl an Einwohnern, die im Südraum Leipzigs ihre Heimat aufgrund des Braunkohleabbaus verlassen musste. Die letztliche Überbaggerung fand zwischen 1977 und 1980 statt. Heute ist ein Großteil der Fläche des ehemaligen Dorfes Magdeborn vom Störmthaler See bedeckt, der andere Teil gehört zum 1996 nach Großpösna eingemeindeten Störmthal. VINETA symbolisiert heute die einstige, das Stadtbild Magdeborns prägende Magdeborner Kirche. Vor ihrem Abriss wurde letztere am 3. September 1978 entwidmet und ihr Inventar in anderen Kirchen untergebracht, so etwa die Orgel in der Martin-Luther-Kirche Markkleeberg, drei Glocken in der Pauluskirche im Leipziger Stadtteil Grünau und der Altar in der Lutherkirche Chemnitz-Harthau.

Seit Ende der 1990er Jahre arbeitete eine Leipziger Künstlergruppe mit dem Leitnamen „Kunst statt Kohle“ an der Entwicklung von Kunstobjekten, welche eine Verbindung zwischen Geschichte und Landschaft darstellen sollten. In diesem Zuge entstanden neben den Projekten „Sirenen“, „Schmetterling“ und „Versteinerte Zeit“ auch die VINETA als schwimmendes Mahnmal in Gedenken an die rund 24.000 Menschen, die aufgrund des Espenhainer Braunkohletagebaus ihre Heimat verloren. Nach der Flutung der Tagebaulöcher entstanden der Störmthaler See und der Markkleeberger See.

Kultur- und Gedächtnisstätte am historischen Standort


Die Anregung zum Bau der VINETA stammte von der Künstlerin
Ute Hartwig-Schulz. Die erste Idee zu einer Installation in Form eines aus dem Wasser ragenden Kirchturms kam der Bildhauerin bereits 13 Jahre vor der letztlichen Umsetzung. Der Überlieferung nach versank die Stadt Vineta aufgrund ihrer unverhältnismäßigen Prachtentfaltung und Prunksucht im Zuge einer verheerenden Flut als Gottesurteil vor etwa 1.000 Jahren in der Ostsee.

Die Grundsteinlegung für den Bau der VINETA erfolgte im Jahr 2002 durch den Einbau von vier, die Ankerkette haltenden Fundamenten, in den trockenen Seegrund. Während der zunächst natürlichen Flutung des Tagebaulochs ab 2001 trug ein Hilfsponton die Ketten nach oben. Im Jahr 2003 begann die aktive Flutung des Tagebaus Espenhains, dem zukünftigen Areals des Störmthaler Sees. Nach der langwierigen Planungsphase und der Beschaffung von notwendigen Fördermitteln erfolgte 2007 die Anlieferung und der Bau des 300 Quadratmeter großen, unsinkbaren und etwa 260 Tonnen schweren Pontons, dem schwimmenden Fundament der VINETA. Von 2009 bis 2010 wurde das Kunstobjekt schließlich in Form eines 15 Meter hohen Baukörpers in Anlehnung an die Kirchturmspitze der verloren gegangenen Magdeborner Kirche errichtet und inmitten des entstandenen Störmthaler Sees verankert. Das schwimmende Kunstwerk befindet sich rund 630 Meter vom Ufer entfernt über jenem Platz, an dem zuvor das überbaggerte Gotteshaus statt.

Seit ihrer Eröffnung am 3. Juni 2011 mahnt die VINETA die ideellen und materiellen Verluste aufgrund des stetig wachsenden Energieverbrauchs der Menschen an. Im Kontrast dazu steht der in das Bauwerk integrierte Niedrigstenergieraum und die damit verknüpfte Idee einer Erweiterung der Gedanken von Erinnerung und Verlust um eine nachhaltigere Alternative in Form eines ökologischen Energieverbrauchs.

Ausflugsziel mit Seltenheitswert: Von Trauung bis Konzert


Das Ziel der Architektin Ute Hartwig-Schulz, ein Kunstwerk zu schaffen, welches sich in die Landschaft einfügt, im Inneren kulturell genutzt und als Ort der Erinnerung mit Leben gefüllt werden soll, wurde erreicht: Als höchstes freischwimmendes Denkmal auf einem deutschen See bildet die VINETA seit ihrer Eröffnung einen Veranstaltungsrahmen der besonderen Art. Auf der Insel finden alljährlich zahlreiche Trauungen, Kulturveranstaltungen wie Lesungen und Konzerte sowie exklusive Feierlichkeiten statt. Die vom Betreiber, Krystallpalast Varieté Leipzig, organisierten Events dienen in den warmen Sommermonaten als Ausgleich für das winterlastige Geschäft des Varietés. Von April bis Oktober fährt außerdem die „VINETA-Fähre“ ausgehend vom VINETA-Hafen zur schwimmenden Insel. Während der Fahrt erfahren die Gäste Wissenswertes über die Tagebau- und Seenlandschaft.

Am VINETA-Hafen befindet sich neben 2 Stegen und 30 Liegeplätzen für Segel- und Motorboote auch das für Veranstaltungen genutzte Hafengebäude. Im VINETA-Bistro am Dispatcherturm mit teils überdachtem Freisitz wird den Besuchern eine Auswahl an verschiedenen Getränken und frisch zubereiteten, regionalen Speisen angeboten. An einigen Tagen im Jahr wird frisch geräucherter Fisch aus der Region serviert.  Übernachtungsmöglichkeiten bestehen seit März 2019 im Schlafstrandkorb und im Miet-Elektro-Boot vor Ort. Am VINETA-Anleger unterhalb des Bistros sind außerdem zahlreiche Freizeitangebote wie ein Bootsverleih, Jetski, Stand-Up-Paddling, Flyboard sowie ein Beachvolleyball-Feld zu finden. Wer es weniger sportlich liebt, der kann sich am kleinen Sandstrand abkühlen und ausruhen.

Seit ihrer Errichtung trägt die VINETA als beliebtes Ausflugsziel zur Steigerung des Bekanntheitsgrades des Leipziger Neuseelands als Tourismusmagnet bei und entwickelte sich zu einem Wahrzeichen der Region. Lagovida?

Stand: 27.09.2023

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