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Schneider, Werner

Physiker, Gründer der Leipziger Notenspur | geb. 1951

Fünf Minuten Dialog mit Werner Schneider überzeugen jeden Gesprächspartner, es mit einem ausgewiesenen Spezialisten für klassische Musik zu tun zu haben. Dieses Wissen über den Leitstern der Musikstadt Leipzig, Johann Sebastian Bach! Soviel exzellente, detaillierte Kenntnisse über all die anderen Komponisten und Orchesterleiter und Musikverlage! Werner Schneider muss ein Musikwissenschaftler sein. Das mit dem Wissenschaftler stimmt. Gleichwohl ist sein Fach die Physik. Die wissenschaftliche Akkuratesse dehnte Werner Schneider dann auf seine Leidenschaft, die Musik, aus, und davon profitiert die gesamte Stadt.

Beharrlich in der Spur für die Musikstadt Leipzig


Werner Schneider spricht leise, vollkommen unaufgeregt. Die hastige, gar aufdringliche Rede ist ihm fremd. Er überzeugt mit Wissen und versteht es, Interessenten für das Thema klassische Musik zu gewinnen.

Der Physiker Werner Schneider arbeitet seit 1992 an der Universität Leipzig, seit dem Jahr 2008 hat er eine Professur an der TU Dresden. Schon immer zogen sich das Interesse an der Musik und die Begeisterung für die Musik durch sein Leben. Was als privater Genuss begann, sollte spürbar auf die gesamte Stadt ausstrahlen. So entstand – inspiriert und bestärkt durch seine Ehefrau – die Idee, aus der teils hervorstechenden, teils ein wenig versteckt schlummernden Präsenz von Stätten der Musikkultur in Leipzig ein sichtbares und hörbares Ganzes zu formen, das allen Interessenten eben wie ein urbanes Gesamtkunstwerk begegnet und Zusammenhänge erschließt, Genuss mit Erkenntnis verbindet.

Die Idee der Leipziger Notenspur war geboren. Der geniale Thomaskantor Bach steht selbstverständlich weit vorn. Richard Wagner wird gewürdigt, ebenso Felix Mendelssohn Bartholdy, Clara Schumann und Robert Schumann, Edvard Grieg und viele andere. Komponistenhäuser, Ausbildungszentren, Musikverlage und Aufführungsstätten erstrecken sich über nahezu das gesamte Leipziger Stadtgebiet. In der Innenstadt sind sie nicht zu übersehen, wenige hundert Meter darüber hinaus sollen Hinweise helfen, Kulturpfade zu weisen und Interessenten behutsam zu führen.

Klassische Wegweiser würden das schaffen, doch so besonders, wie die Notenspur ihren hohen Anspruch pflegt, so ästhetisch soll die räumliche Wegweisung durch eine klangvolle Welt auf sich aufmerksam machen. Dies geschieht mit einer sanft geschwungenen Edelstahl-Intarsie, die in das Pflaster der Fußwege eingelassen ist und deren Spitze die Richtung bis zum nächsten authentischen, kulturellen Leuchtturm entlang der Notenspur anzeigt – von der Thomaskirche zum Gewandhaus, an den erhaltenen Gebäuden weltbekannter Musikverlage in Zentrumsnähe vorbei zum Schumann-Haus und wieder zurück in Richtung City mit ihren Denkmalen für berühmte Persönlichkeiten der Musikstadt Leipzig.

So wird eine beschwingte Verbindung zwischen 23 Orten hergestellt. Ein Audio-Guide unterstützt als klangvoller und hervorragend informierter Begleiter alle, die sich auf den Weg machen, also auf die Spur begeben. Die wunderbare Notenspur-Idee von Werner Schneider überzeugte rasch, doch ihre Umsetzung erforderte einen langen Atem. Mitstreiter mussten gefunden werden, Verstärker und Bekräftiger der Idee und natürlich Ermöglicher in der öffentlichen Verwaltung. Mit nimmermüder Energie, die auf den ersten Blick dem sanft auftretenden und mit wohl gesetzten Worten argumentierenden Werner Schneider vielleicht gar nicht zugetraut wird, wurde der Kampf um die Umsetzung der Notenspur-Idee geführt. Beharrlichkeit nennt Werner Schneider denn auch als die unverzichtbare Grundkonstante beim Werben und Erschließen der Lebenskraft „seiner“ Notenspur. Von seiner imaginären Vorderbühne eines Botschafters des Genusses von Klangfülle ließ er sich nicht vertreiben. Musikalisch übersetzt: Auf den Resonanzboden kommt es an.

Einer Idee Klangfülle verliehen


Eine Bürgerinitiative, die engagiert hinter der Notenspur-Idee steht, gibt es seit 2005. Vier Jahre später stellte die Stadt Leipzig erstmals Mittel für die Notenspur in ihren Haushalt ein, und seit dem Jahr 2011 schwingen sich die metallenen Notenspur-Symbole auf insgesamt fünf Kilometern Wegstrecke durch den traditionsgesättigten Leipziger Straßenraum und 300 Jahre Musikgeschichte dieser einzigartigen Kulturmetropole, die ihre Qualitäten durchaus ebenbürtig mit Wien und Paris zum Klingen bringt. Zum Starttermin waren schon mehr als 100 Mitstreiter für die Notenspur aktiv.

Längst freut sich die Stadtverwaltung, dass es die Notenspur gibt und dass die Bürgerstadt Leipzig auf herausragende Akteure wie Werner Schneider zählen kann. Großes Finale also, Tusch, Verneigung vor dem Arrangeur des musikalisch-architektonisch-historischen Kunstgenusses und – Vorhang? Mitnichten. Beseelt vom Gedanken, eine zündende Idee fortzuschreiben und ihre Wirkmächtigkeit zu steigern, ersann Werner Schneider die Folgeprojekte NotenBogen (weiter nach draußen gehen und weniger spektakuläre, aber wichtige Schaffensorte der Musikkultur erkunden), NotenRad (auf Radwegen Melodie und Rhythmus von Orten der Musikgeschichte erfahren) und NotenWeg (wandernd eine Kulturspur aufnehmen, die sich überzeugend verorten lässt). Immer wieder bedarf es des besonderen Engagements von Werner Schneider, der Stadtgesellschaft und ihren zahlreichen Besuchern etwas anzubieten und zurückzugeben. Vielleicht würde er während der ganzen Zeit lieber zu Hause sitzen und entspannt klassischer Musik lauschen? Diesem Genuss frönt Werner Schneider sowieso, steckt parallel jedoch nimmermüde Energie in seine zu einem großen Kunststück verflochtenen Projekte. Denn seit 2015 gibt es zusätzlich noch die Notenspur-Nacht der Hausmusik. Sie begann mit 60 Spielstätten und über 400 Musikern. So viele Spielstätten an einem Abend? Na klar. Die Idee dahinter: Gut bürgerlich wird in vielen Leipziger Wohnungen Hausmusik gepflegt. Warum nicht zu diesen Treffen engagierter Musikliebhaber eine jeweils überschaubare Gästeschar einladen, die sich in recht kleinen, aber kultivierten privaten Räumen ebenso am Wohlklang erfreuen können?

Europaweit gehört werden


Erstmals 2018 lud darüber hinaus das
Festival Europäische Notenspuren ein. Es trägt den Gedanken der Notenspur weit nach vorn in die Konzertsäle.

Werner Schneider einen begnadeten Netzwerker zu nennen, wäre eindeutig zu wenig. Netzwerken können auch blanke Organisationstalente. Doch ambitioniert konzipierte Strukturen mit einem künstlerischen Anspruch anzureichern und ihnen einen Klang einzupflanzen – das gelingt nur wenigen. Am 13. Juni 2018 wurde das angesehene Europäische Kulturerbe-Siegel an herausragende Leipziger Institutionen verliehen. Eine der begehrten Hinweistafeln hielt Werner Schneider in seinen Händen. Wer sonst?

Für sein Engagement für das Gemeinwohl wurde er am 4. Juli 2020 mit dem Bundesverdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Den Orden überreichte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer im Auftrag des Bundespräsidenten.

Stand: 30.03.2022

Bildergalerie - Schneider, Werner

Schiller-Denkmal

Schillerstraße – Lenné-Anlage im Promenadenring | Ortsteil: Zentrum

Das vom Leipziger Bildhauer Johannes Hartmann geschaffene Schiller-Denkmal wurde anlässlich Friedrich Schillers 109. Todestags am 9. Mai 1914 in der Lenné-Anlage des Promenadenrings eingeweiht. Das marmorne Monument wurde nach klassizistischem Vorbild mit Einflüssen des Jugendstils erschaffen und zeigt auf einer hohen Stele die Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren in Form eines Mannes und einer Frau angebracht.

Von der Porträtplakette zum marmornen Denkmal am 109. Todestag


Das Leipziger Schiller-Denkmal wurde zu Ehren des über mehrere Monate in Leipzig verweilenden Dichters und dessen Schaffen errichtet. Der Einladung eines Verehrers folgend kam Friedrich Schiller erstmals am 17. April 1785 nach Leipzig. Dort bezog er zunächst in der Petersstraße, später in der Hainstraße 5 im Gasthaus
Kleines Joachimsthal Quartier, wo er 1789 nochmals mit seiner Frau wohnte. Aus diesem Grund wurden an der Fassade zwei 1859 geschaffene Kupfermedaillons mit den Bildnissen des Ehepaares angebracht. Der Verlagsbuchhändler Georg Joachim Göschen vermittelte Schiller ein Zimmer in einem Bauernhaus im Dorf Gohlis bei Leipzig. Im heutigen Schillerhaus schrieb der Dichter seine berühmte Ode „An die Freude“, arbeitete am „Don Carlos“ und am „Fiesko“. Nach seiner Abreise am 11. September 1785 besuchte Schiller Leipzig noch einige Male für kürzere Aufenthalte, so etwa 1801 und 1804. 

Obwohl Friedrich Schillers Geburtstag nach seinem Tod 1805 seit den 1840er in der Stadt als volkstümliches Fest gefeiert wurde, setzten die Leipziger dem berühmten Dichter erst verhältnismäßig spät ein Denkmal. Anlässlich seines 100. Geburtstages wurde im November 1859 auf dem Markt temporär eine Kolossalbüste auf einem hohen Postament errichtet. Gleichzeitig erhielt auch die neu angelegte Straße zwischen Universitätsstraße und Peterstor den Namen Schillerstraße. Anlässlich des 100. Todestages des Dichters ließ der Schokoladenmanufakteur Adolph Schütte-Felsche im Mai 1905 auf dem Gelände des früheren Ausflugslokals Wasserschenke in Gohlis, wo Schiller oft einzukehren pflegte, an einem Granitstein eine von Carl Seffner geschaffene Porträtplakette Schillers anbringen, welche 1975 verloren ging.

Monumente für Schiller gehörten im 19. Jahrhundert zur Standardausstattung deutscher Städte. Als Symbolfigur nationaler Einheitsbestrebungen und Lieblingsfigur des deutschen Volkes wurde Schiller lange Zeit sogar über Johann Wolfgang Goethe gestellt. Erste ernsthafte Bemühungen um ein dauerhaftes Schiller-Denkmal in Leipzig wurden im Januar 1906 durch einen Denkmalausschuss, dessen Leiter später der bekannte Leipziger Literaturhistoriker und geistige Führer des Schillervereins Georg Witkowski war, gemacht. Der hierfür in Betracht gezogene Platz vor dem Alten Theater am heutigen Goerdelerring wurde von der Stadt abgelehnt. Im November 1911 startete der Denkmalausschuss in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Künstler-Verein einen Wettbewerb, dessen 33 eingegangene Entwürfe im April 1912 im Neuen Rathaus ausgestellt wurden. Obwohl ursprünglich ein Denkmal des jungen Schillers, als Kontrast zum Standbild Goethes, angedacht war, wurde der Entwurf des Leipziger Bildhauers Johannes Hartmann zum Sieger auserkoren. Hartmann galt als enger Vertrauter Max Klingers und wurde durch seine Mitarbeit u.a. am Neuen Rathaus, an der Deutschen Bücherei und an dem Brunnen Badendes Mädchen unter den Arkaden des Alten Rathauses bekannt. Am 3. Juli 1912 wurde auf dem ursprünglich für das Denkmal geplanten Platz am Neumarkt eine hölzerne Probefassung aufgestellt, die im März 1913 zum fertigen Monument vollendet wurde. Im Juni wurde der Standort ein weiteres Mal mit der Probefassung getestet. Die Stadt bezuschusste die noch fehlenden 20.000 Mark und trug die Kosten für die 3.270 Mark teure Fundierung, so dass einer rechtzeitigen Fertigstellung bis zum 109. Todestags Schillers am 9. Mai 1914 nichts mehr im Wege stand.

Durch Leipzigs Grün schillert Schiller…


Hartmanns Werk aus Marmor zeigt die sich nach klassizistischem Vorbild auf hoher, schmuckloser Stele befindliche streng frontal und unbekleidete Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren angebracht, links ein Mann, rechts eine Frau. Diese Ausführung erinnert an die Trabantendenkmäler aus dem 19. Jahrhundert. Die beiden Figuren stehen symbolisch für die „Erhabenheit“ und die „Tragik“, was den Betrachter zum Infragestellen des geläufigen Dichterstandbildes anhalten sollte. Beide Sockelfiguren sollen das „Ringende als zentrales Moment des dichterischen Schaffensprozesses“ verkörpern. Ihre Nacktheit zielt auf das „allgemein Menschliche ohne antikisierende Geschlechtslosigkeit“ ab. In Hartmanns ersten Entwurf für das Monument war die weibliche Figur ursprünglich von den Hüften abwärts bekleidet gewesen.

Die beiden Figuren erinnern an das Schaffen Max Klingers, während hinter den bildnerischen Intentionen das Vorbild Max Klingers und Johannes Hartmanns, der französische Bildhauer Auguste Rodin, steht. Ausgangspunkt für Hartmanns Werk waren nicht Schillers frühere Aufenthalte in Leipzig, sondern dessen über die Zeiten gerichtete strebende Idealität, welche bereits von Ernst Rietschel, dem Schöpfer des Weimarer Doppelstandbilds, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für alle folgenden Schiller-Rezeptionen festgeschrieben wurde. Hartmann interpretierte diese in seinem Werk durch den Ausdruck schicksalsschwerer Innenschau und einer Mystifizierung Schillers. Bei der Modellierung der Gesichter sagte sich Hartmann von der vom Stuttgarter Bildhauer Johann Heinrich Dannecker geschaffenen Bildnisbüste Schillers bewusst los: Sein Denkmal in Form eines hohlwangigen Dichters brach mit dem typischen Schillerbild des 19. Jahrhunderts. Dieser vollzogene Formenwandel im Geist des Jugendstils entsprach den veränderten Vorstellungen von Literatur um 1900 und der Entwicklung vom Bild des klassischen Dichterfürsten zum Erlebnislyriker. Insofern war das Monument, damals wie heute, schwer mit der gängigen Vorstellung eines Dichtermonuments in Einklang zu bringen. Für die marmorne Ausführung des Schiller-Denkmals war wohl der langjährige Hilfsarbeiter Max Klingers, der Steinbildhauer August Schmiemann aus Plagwitz, verantwortlich.

„Pfui Teufel“: Warum sich die Leipziger über das Denkmal empörten…


Bereits am Tag nach der Denkmalweihe empörten sich einige Bürger der Stadt in einem anonymen Schreiben mit den Worten: „Ein Paar gemeinere Gestalten konnten unsere allverehrten Stadtväter unsrem edlen Schiller wohl nicht an die Seite stellen als wie den Adam und die Eva, die da nackend sich der Jugend zeigen. Pfui Teufel noch einmal.“ Trotz der Kritik blieb das Denkmal in der Promenadenanlage an der Schillerstraße in seiner Ursprungsform erhalten. Dennoch zählte es nicht wie das
Bach-Denkmal vor der Thomaskirche oder das Goethe-Denkmal auf dem Naschmarkt zu den populären Denkmälern der Stadt. Dies lässt sich zum einen mit der Tatsache begründen, dass sich Schillers Denkmal derart als Kunstwerk geriert, dessen Platz vielmehr im Museum als unter freiem Himmel zu suchen wäre. Zum anderen fehlt es vielen Bürgern inhaltlich an lokalem Bezug. Anstatt der Vorstellungen des „Leipziger Schiller“ in Form einer historisierenden Kostümstatue wurde vielmehr eine geläuterte, abgehobene „Walhalla-Idealität“ Schillers inszeniert, welche der Denkmalserwartung widersprach.

Bei dem Leipziger Schiller-Denkmal, welches zeitgleich mit dem Dresdner Schiller-Denkmal entstand, handelt es sich um eines der letzten öffentlichen Monumente, die dem Dichter zahlreich in Deutschland gesetzt wurden. Es ist außerdem das einzige Denkmal Leipzigs, welches stärkere Einflüsse des Jugendstils zeigt.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Schiller-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Schiller-Denkmal

Sachsenbrücke (Stahlbetonbrücke)

Anton-Bruckner-Allee 50 / Clara-Zetkin-Park | Ortsteil: Zentrum-Süd

Die Sachsenbrücke vereint gemeinsam mit der Anton-Bruckner-Allee im weiteren Verlauf als autofreie Verbindung die Stadtteile Plagwitz und Schleußig mit dem Musikviertel. Sie befindet sich inmitten des Clara-Zetkin-Parks über dem Elsterflutbecken und wurde ursprünglich im Jahr 1897 für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) errichtet. Heute dient die Brücke als beliebter Treffpunkt für Fußgänger, Radfahrer, Künstler und Musiker gleichermaßen. 

Als sächsische Truppen und Ausstellungsgänger über die Brücke strömten…


Obgleich architektonisch eher unscheinbar mit ihren drei soliden Betonbögen und ihrem blauen Geländer, gilt die Sachsenbrücke als ein Dreh- und Angelpunkt der innerstädtischen Leipziger Parklandschaft. Inmitten des Clara-Zetkin-Parks über dem Elsterflutbecken gelegen vereint sie gemeinsam mit der Anton-Bruckner-Allee im weiteren Verlauf die Stadtteile Schleußig und Plagwitz als autofreie Verbindung. 

Der Name „Sachsenbrücke“ geht auf den Wechsel der sächsischen Truppen von der Seite Napoleon Bonapartes zu den Verbündeten während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 zurück. Diese Bezeichnung wurde erst am 7. November 1901 amtlich. Die heutige Sachsenbrücke wurde im Jahr 1897 als erstes Bauwerk für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) errichtet. Für letztere wurden nach Plänen des Königlich Sächsischen Baurates Arwed Rossbach neun Ausstellungshallen und zehn Pavillons im heutigen Clara-Zetkin-Park errichtet. Ziel der STIGA war es, das Gelände entlang des Elsterflutbettes zu gestalten und aufzuwerten. Etwa 3.000 Aussteller präsentierten innerhalb eines halben Jahres vor rund 2,4 Millionen Gästen unzählige Innovationen jener Zeit. Nach Ende der Ausstellung wurden die ca. 300 Gebäude abgerissen – nur die Sachsenbrücke nicht. Im Zuge der geplanten Nachnutzung des Ausstellungsgeländes und nach entsprechender Umgestaltung wurde auf dem 400.000 Quadratmeter großen Areal 1898 der König-Albert-Park, ab 1955 „Clara-Zetkin-Park“, eröffnet. Die Anton-Bruckner-Allee führt heute entlang der einstigen Hauptachse vorbei an den zwei ursprünglich für die STIGA geschaffenen und noch heute erhaltenen Teichen über die Sachsenbrücke. Über diese gelangten die Besucher der STIGA einst auf das eigentliche Ausstellungsgelände mit den weitläufigen Maschinen- und Industriehallen. In ihrer heutigen Ausführung wurde die Brücke 1928 im Zuge der Verbreiterung des Elsterflutbettes als Fußgängerbrücke fertiggestellt. Dabei handelt es sich um eine Stahlbetonbrücke mit muschelkalkverkleideten Brückenköpfen, welche heute von technischer und stadtgeschichtlicher Bedeutung ist.

Bunte Vielfalt über dem Elsterflutbecken: Die Sachsenbrücke als Freizeittreff


Im Jahr 2022 wurde die Sachsenbrücke im Rahmen des vom Bündnis „Leipzig fürs Klima“ initiierten und organisierten Projektes zum Klima-Mahnmal. In diesem Zuge wurden gemäß des vom britischen Klimaforscher Ed Hawkins 2018 entwickelten Modells sogenannte „Wärmestreifen“ („Warming Stripes“) auf die Sachsenbrücke gemalt. Dieses Modell bildet anhand eines Farbspektrums – blau für kälter und rot für wärmer – die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur ab. Die an den Rändern der 70 mal 6 Meter großen Streifen angemalten Jahreszahlen verdeutlichen den rasanten Temperaturanstieg zwischen 1850 und 2021 und dienen als visueller Denkanstoß für Passanten und Radfahrer. Die Anbringung der insgesamt 172 Streifen kostete rund 20.000 Euro. Nach einem Jahr waren sie jedoch bereits verblasst.

Heute ist die Sachsenbrücke ein beliebter Treffpunkt für Spaziergänger, Radfahrer und Künstler gleichermaßen. Häufig dient die Brücke für Straßenmusiker als Bühne, während Schaulustige auf der Bordsteinkante der Brücke sitzend den Klängen lauschen oder Paddlern auf dem Elsterflutbecken zuschauen. Für eine kleine Stärkung an der Brücke sorgen Eisstände und nicht selten ein Kaffeefahrrad. Unmittelbar neben der Sachsenbrücke auf der Anton-Bruckner-Allee befindet sich der sogenannte Glücksbaum – ein Kastanienbaum mit vielen kleinen, an den Ästen befestigten Wunschzetteln. In den späten Abendstunden wird die Sachsenbrücke häufig zum Treffpunkt für Leipzigs Partyszene, wobei es in der Vergangenheit nicht selten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und einer entsprechend hohen Polizeipräsenz kam.

Nur wenige einhundert Meter entfernt befinden sich inmitten des Clara-Zetkin-Parks zahlreiche Freizeitattraktionen, darunter der Musikpavillon, die Parkbühne und die Galopprennbahn Scheibenholz mit idyllischem Biergarten und dem Bootsverleih Scheibenholz. Im Sommer können die Gäste auf der Pferderennbahn bei den Filmnächten Freilichtkino genießen.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Sachsenbrücke (Stahlbetonbrücke)

Historisches Bildmaterial - Sachsenbrücke (Stahlbetonbrücke)

Rundgang – SpinnereiGalerien

Spinnereistraße 7 / Leipziger Baumwollspinnerei | Ortsteil: Lindenau

Drei Mal im Jahr – im Frühling, Herbst und Winter – finden an Wochenenden auf dem Gelände der ehemaligen Leipziger Baumwollspinnerei die Rundgänge der SpinnereiGalerien statt, die tausende Besucher und Medienvertreter aus aller Welt anziehen. Rund ein Dutzend Galerien und die HALLE 14 präsentieren neue Ausstellungen. Auch die Mehrzahl der in rund hundert Künstlerateliers und Werkstätten tätigen Kreativen lädt die Besucher ein, hinter die Kulissen zu schauen. Ob Maler, Fotograf, Designer oder Schmuck- und Modemacher – der Rundgang bietet eine hervorragende Möglichkeit, mit den hier lebenden und arbeitenden Künstlern der ehemaligen Fabrikstadt ins Gespräch zu kommen. 

Der erste Rundgang – Spinnerei Galerien fand in der heutigen Form im Jahr 2005 statt und baute auf dem Konzept des Galerienrundgangs von Michael Berninger und Bernd Tischer von der Culturtraeger GmbH auf. Diese hatten zuvor fünf Jahre lang die Liebhaber der zeitgenössischen Kunst zu Rundgängen eingeladen, damit diese städtische Museen, öffentliche Galerien sowie private kommerzielle Galerien entdecken. Ein Shuttle-Service erleichterte die Wege von der Innenstadt zur Baumwollspinnerei und zu den weiter entfernten Museen und Galerien. Seit Ende 2005 lädt die Baumwollspinnerei zu ihren eigenen Rundgängen ein. Zu sehen sind vor allem Werke aus Malerei, Fotografie, Skulptur und zahlreiche Installationen von nationalen und internationalen Künstlern. 

Für Kulturinteressierte haben während der Rundgänge auf dem Spinnerei-Gelände auch der Künstlerbedarf „boesner“, verschiedene Druckereien, das Künstlerbuch „Lubok“ sowie die gemeinnützige HALLE 14 geöffnet. Besonders letzte empfiehlt sich für einen Besuch. Nachdem der 1890/91 errichtete Industriebau zehn Jahre leer gestanden hatte, trafen sich im Dezember 2002 auf dem Spinnereigelände Wissenschaftler und Künstler aus verschiedenen Ländern, um über die Umnutzung von Industriebauten zu diskutieren. Fünf Jahre später eröffnete in der HALLE 14, deren Umbau vom Leipziger Architekturbüro Quartier Vier und dem Künstler Tilo Schulz umgesetzt wurde, das Besucherzentrum und die Kunstbibliothek mit in den Wänden integrierten Regalen und über 15.000 Büchern und anderen Medien. An der Besuchertheke kann man sich auch während des Rundgangs über die Ausstellungen in der HALLE 14 und in den anderen Galerien auf dem Spinnereigelände informieren. Als Treffpunkt und Ruhezone dient ein tribünenartig aufgebauter Bereich rechts neben dem Eingang. Der fünfgeschossige, rund 20.000 Quadratmeter große Bau, ist nach seiner Sanierung Heimstatt für viele Kreative und präsentiert im hinteren Bereich auf rund 2.000 Quadratmetern zeitgenössische Kunst. 

Nach der Schließung der im Jahr 1907 größten Baumwollspinnerei Kontinentaleuropas entstand Anfang der 1990er Jahre eine der interessantesten Produktions- und Ausstellungsstätten für zeitgenössische Kunst und Kultur in Europa. Seit 2001 fördert eine Verwaltungsgesellschaft und Geschäftsführung den allmählichen Aus- und Umbau der Gebäude und trug dazu bei, dass die Spinnerei zu dem wurde, was sie heute ist. Die Fabrikstadt genießt inzwischen hohes internationales Ansehen.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Rundgang – SpinnereiGalerien

Richard-Wagner-Denkmal

zwischen Promenadenring und Matthäikirchhof | Ortsteil: Zentrum

Der in Leipzig geborene, jugendliche Richard Wagner in Lebensgröße und dahinter der dunkle, monumentale Schatten des reifen, grandiosen Komponisten – so stellt sich die figürliche Komposition des Richard-Wagner-Denkmals dem Auge des Betrachters. Der farbig bemalte Bronzeguss und der flächige Schatten im Hintergrund ruhen auf einem Marmorsockel, der auf drei Seiten Heroen und Heroinen aus Wagner-Opern zeigt. Ein Stilbruch? Sicher, ein gewollter, denn allzu verschlungen erscheinen aus Leipziger Sicht biographische Details des Komponisten und die Historie des Denkmals.

Wagnerianer wünschen ein Denkmal des Meisters


Zum Entstehungsprozess dieses Denkmals passt nichts besser als der titanisch schwellende Melodienreigen einer Wagner-Oper. 1883, wenige Wochen nach dem Tod des Komponisten im fernen Venedig, fand sich ein Kreis Leipziger Verehrer, um das Andenken des großen Sohnes dieser Stadt wachzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt stand das
Haus zum Roten und Weißen Löwen am Brühl noch, in dem Wagner am 22. Mai 1813, ausgerechnet im Jahr der Völkerschlacht bei Leipzig, geboren wurde. Das betagte Gebäude wurde erst 1886 im Zuge einer der vielen Umgestaltungen der Leipziger Innenstadt abgerissen.

Nicht nach Musealem zwecks Würdigung von Wagners wenigen in Leipzig verbrachten Jugendjahren stand den geschichtsbewussten und geniegeneigten Leipzigern der Sinn. Sie wünschten sich vielmehr ein Denkmal und gründeten dafür ein Komitee. 1903 erging der entsprechende Auftrag an den bekanntesten der damals in Leipzig wirkenden Bildhauer, an Max Klinger. Der Meister wiederum setzte sich, wie es sich für einen angesehenen Vertreter seiner Zunft geziemt, mit dem Auftrag auseinander – schöpferisch, stadtbildbezogen und lang andauernd. Aus der Denkmalweihe im Jahre 1913 wurde jedenfalls nichts, nur die Grundsteinlegung fand zum 100.Geburtstag des Komponisten statt – an der auserwählten Stelle, wo die Elsterniederung unverhofft ansteigt und das Tiefland mit Profil adelt, wo die sagenhafte urs libzi, die Keimzelle der Stadt Leipzig, gestanden haben soll und wo nunmehr eine monumentale Treppenanlage das avisierte Denkmal einnehmend umschlingen sollte. Es folgte ein Jahr später der Beginn des Ersten Weltkriegs, der einen großen künstlerischen Wurf deprimierend blockte, und – im zweiten Friedensjahr nach dem Völkergemetzel – 1920 der Tod von Max Klinger. Immerhin, den Marmorsockel hatte der Meister in Italien in Auftrag gegegen, und die Stadt Leipzig holte daraufhin das Fundament ihres erstrebten Gesamtkunstwerks an Pleiße und Elster, auf dass der Sockel für die nächsten 90 Jahre – die wohl niemand je ernsthaft erwog – sein Interim im beschaulichen Klingerhain finden sollte.

Vergifteter zweiter Anlauf


1934 änderten sich die Zeiten erschreckend. Gut für Leipzig, dass es nun ein Wagner-Nationaldenkmal am östlichen Ufer des
Elsterflutbeckens geben sollte. Schlecht für Leipzig, das Wagner-Fan Adolf Hitler den Grundstein für die Weihestätte legte. Damit war das Ansinnen komplett vergiftet. Doch für den passenden Sockel erging wiederum ein Auftrag, an den zeitgeistig hoch angesehenen Bildhauer Emil Hipp. Dann kam der Zweite Weltkrieg, und der folgende politische Systemwechsel in Leipzig erstickte sämtliche Gelüste auf ein Wagner-Monument in seiner Geburtsstadt. 

Ein Denkmalsockel im stillen Klingerhain, einer in Bayern (durch die Stadt Leipzig wegen der vergifteten Umstände der Entstehungszeit nicht abgeholt, obwohl längst ordentlich bezahlt) und die Treppe am eigentlichen Denkmalort – das war ein Realisierungstorso aus Marmor-Bruchstücken. Zu allem Übel entstand hinter der fertigen Treppenanlage in den 1970er Jahren ein trutzig-düsterer Dienststellen-Klotz des allgegenwärtigen, auf einen eleganten Treppenzugang jedoch keineswegs erpichten Ministeriums für Staatssicherheit. Daraufhin verschwand die Treppenanlage klammheimlich und wich einer abweisenden Umfassungsmauer. Bis zum Anbruch vielversprechender, geänderter Perspektiven nach 1990 änderte sich wenig – abgesehen von der Aufstellung der Richard-Wagner-Büste am Schwanenteich im Jahre 1983, zum 100. Todestag des Komponisten.

Vollendung in Neu-Deutung


Es folgte wieder ein Umbruch. Doch wo waren die Bruchstücke der Treppenanlage? Waren sie ordentlich eingelagert? Oder blieben sie für immer verschollen? Unverhofft stießen Mitarbeiter des städtischen Grünflächenamtes am Rande einer peripheren Deponie auf die Fragmente der Stufen und ihrer künstlerischen Einfassung. Von Einlagerung keine Spur, von Totalverlust glücklicherweise auch nicht. Jetzt hofften die Wagnerianer, dass die Treppenanlage an ihren zugedachten Standort zurückkehren konnte. Eine stadtgeschichtlich neu gepolte Verwaltung hakte sich unter und förderte nach Maßgabe der Vorschriften.

Welches Denkmal sollte an Wagner erinnern, sobald der Klinger-Sockel aus dem Hain an der Elster endlich an seinen geplanten Standort am Promenadenring umgesetzt würde? Vollendung der Klinger-Idee? Oder ein Neuguss des 1934 vorgesehenen, wahrhaft riesigen Standbilds? Im Rückblick behauptet jeder Involvierte, in Kenntnis der drückenden historischen Belastung niemals für den Neuguss gewesen zu sein. Gut so. 

Die Stadt Leipzig und die Verbände der Wagnerianer lobten klugerweise einen künstlerischen Wettbewerb aus. Es gewann Stefan Balkenhol aus Karlsruhe. Er kombinierte das Abbild des jungen Wagner, der all seine Schaffensimpulse in der Jugend in Leipzig erhielt, im Biedermeier-Gewand eines eleganten Gehrocks (farblich akzentuiert) mit dem Schatten der Skulpturen-Idee, wie sie einhundert Jahre zuvor von Max Klinger stammte.

Am 15. Mai 2013 brachte ein Transporter den lebensgroßen Bronze-Wagner nach Leipzig. An diesem strahlenden Maientag blühten ringsum die Rabatten, so als wäre einzig und allein üppiger Blumenschmuck geeignet das Abbild des Komponisten in seiner Geburtsstadt zu begrüßen, und Stefan Balkenhol leitete persönlich die Aufstellung des Denkmals. Am 22. Mai 2013, zum 200. Geburtstag des Künstlers, fand die Einweihung statt. Seither streiten die Leipziger, ob die skulpturale Würdigung gelungen sei. Denn am authentischen Ort findet sich ein Denkmalsockel, der einst eine andere figurale Version tragen sollte, und das alles findet kaum 150 Meter von Wagners Geburtshaus statt, das es nicht mehr gibt. Wenn endlich das dumpfe Büromonster hinter dem Denkmal verschwinden würde, wären wohl alle Betrachter versöhnter als bislang.

Stand: 10.01.2022

Rabensteinplatz

Rabensteinplatz | Ortsteil: Zentrum-Südost

Der Rabensteinplatz war seit dem Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert eine von mehreren Richtstätten Leipzigs. Hier gab es Hinrichtungen der ehrenvolleren Art von Delinquenten auf dem Schafott. Diese fanden auf einem steinernen Podest vor der Öffentlichkeit statt. Nach dem Abbruch des Galgens und des Rabensteins im Jahr 1822 wurde der Platz 1866 nach Plänen des Ratsgärtners Otto Wittenberg als landschaftliche Anlage mit barocker Brunnenanlage und Spielplatz umgebaut. 1951 wurde der Rabensteinplatz neugestaltet und der Froschbrunnen im Jahr 2018 mit einer neuen Brunnenplastik ausgestattet. Heute steht die Grünanlage des Rabensteinplatzes unter Denkmalschutz.

Thomanergesang zu ehrenhaften Hinrichtungen auf dem Rabensteine…


Der sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum
Johannisplatz und dem Grassimuseum befindliche geschichtsträchtige Rabensteinplatz blickt auf eine wechselvolle Historie zurück. Nachdem die Stadt im Jahr 1423 von Kurfürst Friedrich I., Herzog von Sachsen, die selbstständige Gerichtsbarkeit erhielt, diente das Areal im Mittelalter als Hinrichtungsstätte. Der Strafvollzug wurde an verschiedenen Stellen innerhalb und außerhalb der Stadtgrenzen ausgeübt. Einer dieser Hinrichtungsorte war der Rabensteinplatz, wo auf einem steinernen Podest, dem Rabenstein, Enthauptungen von Delinquenten durchgeführt wurden. Dies stand im Mittelalter nur höherrangigen Personen zu. Eine weitere Hinrichtungsstelle befand sich zu dieser Zeit am Gerichtsweg, wo an einem Doppelgalgen gewöhnliche Verbrecher hingerichtet wurden. 

In Johann Wolfgang Goethes „Faust“ wird der Rabenstein in der Szene „Nacht. Offen Feld“ als unheimlicher Ort erwähnt, der dem Dichter aus seiner Zeit in Leipzig bekannt war. Noch bis ins 18. Jahrhundert fanden auf dem Rabensteinplatz Hinrichtungen statt, bevor diese in das Stadtzentrum auf den Markt verlegt wurden. Da die Todesstrafe zu dieser Zeit normalerweise durch Erhängen am Galgen vollstreckt wurde, galt die Hinrichtung mit dem Richtschwert auf dem Rabensteinplatz als verhältnismäßig ehrenvoll.

Zur Namensherkunft des Rabensteinplatzes gibt es verschiedene Überlieferungen. Neben dem unter dem Namen „Rabenstein“ bekannten steinernen Podest, auf welchem die Hinrichtungen stattfanden, besagt eine weitere Überlieferung, dass die sterblichen Überreste der Enthaupteten zur Abschreckung auf dem Platz der Hinrichtung für die Raben hinterlassen wurden. Der Name existiert ebenfalls in anderen Städten mit ähnlichen Hinrichtungsstätten, etwa in Erfurt, Berlin, Frankfurt und Wien. Die Teilnahme an den Hinrichtungen war für die Bewohner der Städte Pflicht und ein Nichterscheinen strafbar. Die öffentlichen Hinrichtungen sollten der Abschreckung und der Machtdemonstration dienen und galten bis ins 19. Jahrhundert als ein Spektakel, das vom Volk geliebt wurde. Die Hinrichtungsstätten wurden über Jahrhunderte hinweg aufwändig instandgehalten. Wie aus Überlieferungen hervorgeht, wurde der Rabenstein im Jahr 1619 zu einer ca. drei Meter hohen Bühne mit ovalem Grundriss und einem Behältnis für die Werkzeuge des Scharfrichters umgebaut. Die zur Hinrichtung verurteilten Delinquenten begleitete man in einer Prozession vom Alten Rathaus bis zum Schafott. Besonders üble Verbrecher wurden auf einer Kuhhaut bis zur Hinrichtungsstätte geschleift. Da den Verurteilten geistlicher Beistand zustand, musste der Thomanerchor auch zu solchen Anlässen singen.

Von der einst gemiedenen Richtstätte zum beliebten Aufenthaltsort


Wann die letzte Hinrichtung auf dem Rabensteinplatz stattfand, ist nicht genau überliefert. Der Rabenstein und die Galgen wurden im Jahr 1822 abgebrochen und zum Gedenken an der Ecke Gerichtsweg / Dresdner Straße ein Markstein gesetzt, der noch heute als
Denkmal für das Hochgericht Leipzig besichtigt werden kann.

Durch den Verlust seiner einstigen Bedeutung wurde der Rabensteinplatz in der Folgezeit von den Bürgern der Stadt gemieden. Der Platz wurde zwischenzeitlich von der Stadt als Lagerplatz für Baumaterialien oder im Winter für den von den Straßen geräumten Schnee genutzt. 

Im Jahr 1843 stellte Ratsgärtner Otto Wittenberg erste Überlegungen an, den Platz als Gartenanlage umzugestalten. Der überarbeitete Plan wurde aus Kostengründen 23 Jahre später 1866 vom „Comitee zur Unterstützung brodloser Arbeiter“ mit Arbeitslosen umgesetzt. Anstelle der ursprünglich geplanten landschaftlichen Anlage entstand ein funktional aufgebauter, symmetrisch gestalteter Stadtplatz mit zwei ovalen Sandflächen als Spielflächen für die Kinder, Bäumen und sieben Sitzbänken. In den Folgejahren fanden zahlreiche gestalterische Veränderungen und Erweiterungen am Platz statt, der sich zu einem beliebten Aufenthaltsort der Bürger nahe der Innenstadt entwickelte. Initiiert von den aufstrebenden, zunehmend selbstbewussten Bürgern wurde 1869 aus Spendengeldern auf dem östlichen Bereich des Platzes ein barocker Brunnen, bestehend aus einem Bassin mit Fontäne und zwei unterschiedlich großen Schalen, ergänzt. Die von der Firma M Czarnikow & Co. Kunststein und Zinngießerei geschaffenen drei Delphine und drei Knaben gießen Wasser in das Becken. Im Jahr 1880 erhielt der Rabensteinplatz ein öffentliches Pissoir für drei Personen. 1909 wurde auf dem Platz der vermutlich älteste noch bekannte Froschbrunnen erbaut. Die vom Bildhauer Werner Stein geschaffene Brunnenplastik zeigte eine Figurengruppe bestehend aus einem großen, wasserspeienden Frosch mit zwei Kindern, während der Beckengrund mit einem Mosaik aus goldenen und blauen Glassteinen verziert war. 

Während des 2. Weltkriegs wurde zum Schutz der Bevölkerung ein Luftschutzbunker auf dem östlichen Teil des Rabensteinplatzes errichtet, wofür der Fontänebrunnen demontiert werden musste. 1942 wurde die bronzene Figurengruppe als „Metallspende des Deutschen Volkes an den Führer“ demontiert. Jahrzehnte lang war nur noch der Beckenrest zu sehen. Nach 1945 wurden die sichtbaren Teile des Luftschutzbunkers entfernt und der unterirdische Teil mit Erde überdeckt. Im Jahr 1951 erfolgte die Umgestaltung des Rabensteinplatzes nach Plänen des Landschaftsarchitekten Gerhard Scholz. Diese nahmen jedoch keinen Bezug auf die ursprüngliche Anlage von Wittenberg. Stattdessen wurde eine dem damaligen Zeitgeist entsprechende landschaftliche Anlage geschaffen. Nach einigen Jahren der Vernachlässigung wurde der Rabensteinplatz 2017 neu bepflanzt und ein Jahr später der Froschbrunnen mit der vom Leipziger Bildhauer Markus Gläser geschaffenen Brunnenplastik wieder in Betrieb genommen. Der Rabensteinplatz steht heute unter Denkmalschutz. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Rabensteinplatz

Porzellanglockenspiel

Grimmaische Straße 2-4 / Mädler-Passage | Ortsteil: Zentrum

In der vor allem von Touristen stark frequentierten Mädler-Passage befindet sich neben Auerbachs Keller und der davor platzierten Figurengruppe Faustskulpturen eine weitere Attraktion, die nur von wenigen Passanten wahrgenommen wird, da sie nicht auf den ersten Blick sichtbar ist. Auch nach über 50 Jahren gilt deshalb das Porzellanglockenspiel in der Mädler-Passage als Geheimtipp. Wer an einer organisierten Stadtführung mit einem Leipziger Gästeführer teilnimmt, wird natürlich auf das originelle Glockenspiel hingewiesen, denn ein Rundgang durch Leipzigs attraktivste Passage ist ein Bestandteil jeder Gästeführung, die durch die Innenstadt führt. 

Das eher unscheinbare Glockenspiel wurde 1970 in der Rotunde der Mädler-Passage am Übergang zur Petersstraße angebracht. Es besteht aus 25 Glocken, die in der Porzellanmanufaktur Meissen aus Meissner Porzellan gefertigt wurden. Bis heute spielt das automatisch gesteuerte Glockenspiel zwischen 10 und 18 Uhr zu jeder vollen Stunde unterschiedliche klassische Melodien oder Volkslieder.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Porzellanglockenspiel

Orte der Friedlichen Revolution – Stelenprojekt

Stadtraum | Ortsteil: Zentrum (drei weitere Standorte befinden sich außerhalb des Zentrums)

Das Stelenprojekt für die „Orte der Friedlichen Revolution“ markiert seit dem 9. Oktober 2010 insgesamt 20 Originalschauplätze der Aktionen des politischen Widerstands gegen das SED-Regime zwischen dem 15. Januar 1989 und dem 18. März 1990. Initiator des Projektes ist das Bürgerkomitee Leipzig e.V., das auch Träger der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker ist. Es möchte mit den Stelen die geschichtlichen Ereignisse für Leipziger und Touristen vergegenwärtigen und an die Kraft des Demokratie-Gedankens erinnern. Die Umsetzung des Projekts erfolgte in Zusammenarbeit mit der Stadt, dem Freistaat und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die 20 Stelen informieren chronologisch auf deutsch-englischen Tafeln mit historischen Fotos über die Aktionen und machen die zeitliche sowie räumliche Dimension der Protestbewegungen in Leipzig erlebbar.

Lebendige Stadtgeschichte im Zeichen der Friedlichen Revolution


Die Idee zum Stelenprojekt geht auf das Bürgerkomitee Leipzig e.V. für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit zurück. Dieses stellte bereits anlässlich des 50. Jahrestags des Volksaufstandes von 1953 am 17. Juni 2003 an elf Orten im Stadtgebiet Stelen auf, die an wichtige Ereignisse des Aufstandes erinnerten. Das Bürgerkomitee sah diese nicht als Denkmale, sondern als Kennzeichen für markante Punkte der Stadtgeschichte an. Die Stelen sollten anfangs nur kurze Zeit stehen, wurden jedoch so gut angenommen, dass einer Weiterentwicklung des Projektes nichts im Weg stand. Im Jahr 2004, dem 15. Jahrestag der
Friedlichen Revolution, kamen zwei weitere Stelen hinzu. Anschließend entstand der Plan, im Jahr 2009 an insgesamt 25 Orten der Friedlichen Revolution Stelen zu positionieren. Diese Zahl wurde schließlich auf 20 reduziert. Die ersten Stelen wurden am 9. Oktober 2010 aufgestellt und sukzessive ergänzt. Neben der Vergegenwärtigung der geschichtlichen Ereignisse sollen die Stelen vorrangig an die Kraft des Demokratie-Gedankens erinnern, welcher die Bürger der DDR zur eigenen Befreiung aus der Diktatur befähigte. Ferner soll auf die Bedeutung der Zivilcourage aufmerksam gemacht und die Beweggründe der Akteure in der Friedlichen Revolution und ihr Kampf für einen freien und demokratischen Staat ins Gedächtnis gerufen werden.

20 Originalschauplätze: Von der ersten Demonstration für demokratische Grundrechte zur ersten freien Volkskammerwahl


Die drei Meter hohen Stelen sind aus sogenanntem Steckmetall gefertigt. Das Material wurde einst für Grenzbefestigungen an der deutsch-deutschen Grenze verwendet. Der Entwurf für die Stelen stammt vom Frankfurter Studio KW.Kommunikationsdesign, welches aus dem Gestaltungswettbewerb als Sieger hervorging. Auf den Stelen angebrachte Tafeln vermitteln die Besonderheit und Komplexität der Friedlichen Revolution mit deutschen und englischen Texten sowie entsprechenden Fotos. Durch die historischen Fotografien lässt sich auch der Stadtwandel seit 1989 nachvollziehen. Die Idee zu den Informationstafeln entstand in Anlehnung an Ausdruckweisen der Erinnerungskultur, welche nach einschneidenden Erlebnissen an zahlreichen Orten des Geschehens in Form von beispielsweise ausgehangenen Zetteln, Schildern, Kerzen oder Blumen zu finden sind und die Gefühle zum Ausdruck bringen. Dies war auch im Herbst 1989 der Fall, als die Leipziger Bürger an der
Nikolaikirche auf diese Weise die Freilassung von politischen Inhaftierten forderten.

Durch die Stelen wird die zeitliche und räumliche Dimension der Friedlichen Revolution in Leipzig erlebbar. Sie markieren nicht nur die 20 wichtigsten Punkte, sondern bilden zugleich eine Chronologie der Ereignisse ab, angefangen am 15. Januar 1989 mit der ersten Demonstration für demokratische Grundrechte (Station 1) bis zur ersten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 (Station 20). An der Ecke der Ritterstraße wird beispielsweise an das Friedensgebet und die Ausreisedemonstration während der Frühjahrsmesse 1989 erinnert (Station 2), während auf Höhe der Goethestraße eine Stele zu den landesweiten Protesten im Zuge der Feiern zum 40. Jahrestag der DDR aufgestellt ist (Station 12). Am südlichen Eingang zum City Tunnel auf dem Markt wird an die gefälschte Kommunalwahl und die anschließenden Proteste am 7. Mai 1989 erinnert. Die Stele 11 befindet sich am Tröndlinring und vergegenwärtigt die Montagsdemonstration am 2. Oktober 1989, aus der sich mit 20.000 Teilnehmern eine Massenbewegung entwickelte. Gegenüber dem ehemaligen Alten Landratsamt erinnert Station 15 an die größte Leipziger Montagsdemonstration am 6. November 1989. Den Höhepunkt der Friedlichen Revolution am 9. Oktober 1989 markieren die Stationen 13 und 14 auf dem Augustusplatz bzw. dem Willy-Brandt-Platz.

Individueller Stadtrundgang mit der App „Leipzig `89“


Seit 2015 können die 20 Originalschauplätze auch digital mit der App „Leipzig ’89“ in Form eines mehrsprachigen Audioguides abgerufen werden. Somit ist es möglich, dass die Nutzer des GPS-gestützten Rundgangs den Stadtwandel direkt vor Ort auf individuelle Weise erkunden. Anhand von QR-Codes an den Stelen kann die App auf mobile Endgeräte heruntergeladen werden. Die einzelnen Stationen können auch direkt aufgerufen werden. Zusätzlich zur deutschen Version ist die App auch in englischer, französischer, spanischer, italienischer, niederländischer und arabischer Sprache erhältlich. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Orte der Friedlichen Revolution – Stelenprojekt

Opernhaus

Augustusplatz 12 | Ortsteil: Zentrum

Das Opernhaus an der Nordseite vom Augustusplatz wurde 1956 bis 1960 nach Plänen von Kunz Nierade und Kurt Hemmerling als erster Theaterneubau der DDR errichtet und zählt zu den schönsten Bauten des Stils der ausgehenden 1950er Jahre. Die Oper Leipzig besteht als Drei-Sparten-Theater aus der Oper und dem Leipziger Ballett in der Spielstätte des Opernhauses sowie der Musikalischen Komödie im Haus Dreilinden in Lindenau. 

Der erste Theaterneubau der DDR entsteht


Das Opernhaus beherrscht die Nordfront des Augustusplatzes und befindet sich vis-à-vis zum
Gewandhaus. Durch seine strenge und kompakte Gliederung nimmt es eine dominierende Stellung zwischen den späteren Neubauten ein. 

Die Leipziger Operntradition reicht bis zur Gründung des ersten „Opernhauses am Brühl“ 1693 zurück. Nach Abriss dieser Spielstätte öffnete die zweite Leipziger Oper unter dem Namen Comödienhaus – später „Theater der Stadt Leipzig“ – 1766 auf der Ranstädter Bastei, dem heutigen Richard-Wagner-Platz. Als die Spielstätte für die wachsende Einwohnerzahl zu klein wurde, entstand ab 1868 das Neue Theater auf dem Augustusplatz als Vorgängerbau des heutigen Opernhauses. Der Entwurf stammte von Carl Ferdinand Langhans. Während des amerikanischen Luftangriffs in der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1943 wurden beide Leipziger Theater zerstört. Das Opernensemble war zwischenzeitlich im Haus Dreilinden als Ausweichspielstätte untergebracht. Der Bau des neuen Opernhauses erfolgte in einer Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs. Ein Jahr nach der Gründung der DDR 1949 sollte in Leipzig der erste große Theaterneubau als Teil der sozialistischen Bebauungspläne im Stadtzentrum entstehen. Um Platz für das neue Opernhaus mit Vorbildwirkung für andere Theaterbauten zu schaffen, wurde die Ruine des zerstörten Neuen Theaters gänzlich abgetragen. Der Neubau sollte ursprünglich die Maße und Anordnung des vorherigen Baus wieder aufnehmen. Dieses Vorhaben erwies sich jedoch als nicht durchführbar, da die Anforderungen an ein Opernhaus hinsichtlich der Technik, der Bühnenanlage und der Gestaltung des Foyers deutlich gestiegen waren. 

Vom umstrittenen Prestigebau zum internationalen Aushängeschild


Im Vorfeld wurden zahlreiche Projekte ausgearbeitet und das Bauvorhaben heftig diskutiert. Das Interesse am neuen Opernhaus war seitens der Bevölkerung, der Stadt sowie der Regierung sehr hoch. Im Jahr 1950 wurde ein erster Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich namhafte Architekten wie
Hans Scharoun, Bauherr der Berliner Philharmonie, beteiligten. Da unter den eingereichten Entwürfen keiner überzeugte, wurde 1951 ein zweiter Wettbewerb ausgeschrieben unter der Prämisse, das Opernhaus und den neugestalteten Karl-Marx-Platz schöpferisch zu verbinden. Auch im Rahmen der zweiten Ausschreibung wurde kein Entwurf als umsetzbar erachtet, so dass 1952 ein dritter Wettbewerb stattfand. Diesen konnte der polnische Architekt Piotr Bieganski für sich entscheiden. Seine sich an sowjetischen Modellen orientierenden Pläne wurden im Nachgang jedoch als zu kompliziert sowie wirtschaftlich nicht vertretbar kritisiert und schließlich verworfen. Um einer weiteren Verzögerung vorzubeugen, erhielten die Architekten Kurt Hemmerling und Kunz Nierade 1954 den Bauauftrag für das Prestigeprojekt der jungen DDR. Während des Baus erfolgte eine ständige beratende Begutachtung durch den Architekturbeirat der DDR. Auch der Vorsitzende des Staatsrates, Walter Ulbricht, nahm mehrmals persönlich an den Konsultationen teil. Nach sechsjähriger Bauzeit wurde das Opernhaus am 8. Oktober 1960 mit der Aufführung „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner feierlich eingeweiht. Heute zählt es zu den schönsten Bauten im Stil der ausgehenden 1950er Jahre.

Die Oper Leipzig war auch eine bedeutende Wirkungsstätte namhafter Musiker und Komponisten, darunter Georg Philipp Telemann, der 1701 die „Direction über die Opern“ übernahm. Albert Lortzings Werke „Zar und Zimmermann“ sowie „Der Wildschütz“ wurden 1837 bzw. 1842 uraufgeführt, ebenso wie 1878 Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“. Gustav Mahler wirkte von 1886 bis 1888 als zweiter Kapellmeister.

Wenn Klassizismus und DDR-Moderne aufeinander treffen…


Durch die lange Planungsphase des Opernneubaus wandten sich die Architekten von der ursprünglich geplanten neoklassizistischen Architektur im sowjetischen Stil ab. Das Gebäude ist von Schlichtheit sowie klassischer Strenge geprägt. Es handelt sich bei ihm um eine Stahlbetonkonstruktion in Form einer Stufenpyramide mit sieben Geschossen und einer Höhe von 52 Metern. Der kubische Baukörper wird durch ein klassisch gestaltetes Satteldach mit Giebel und darüberliegendem quadratischen Bühnenturm abgeschlossen. Die vier Ecken des Daches sind mit einer vergoldeten Taube als Friedenssymbol verziert. Die Gebäudefront zum Augustusplatz wird durch einen zweigeschossigen Portikus hervorgehoben. Die Fassade aus Pirnaer Sandstein ist mit einem 350 Meter langen Attikageländer gestaltet. Über den Fenstern im Erdgeschoss sind von
Walter Arnold geschaffene Flachreliefs angebracht, welche das Staatsensemble der DDR sowie Theatersymbole abbilden. Den Eingangsbereich der Oper erreicht man über die zu einer zweigeschossigen Loggia führende Freitreppe. Die acht Pfeiler tragen die Balkone vor dem Parkett- und Rangfoyer. Durch die goldfarbenen Fenster, Türen und Säulen aus Aluminium erhält der Bau in Verbindung mit seiner Sandsteinfassade einen repräsentativen Charakter. Die Rückseite des Gebäudes wird von einer Parkanlage mit dem Schwanenteich als Teil des Promenadenrings begrenzt. Sie verfügt über eine Terrasse und imposant gestaffelte Bautrakte. Vor dem Opernhaus wurde nach 1990 eine runde Brunnenanlage mit Fontäne angelegt, welche optisch an das einstige Rasenrondell Ende des 18. Jahrhunderts erinnert. 

Von der Knospe zur Dolde – was Opernhaus und Pusteblume gemein haben


Auch bei der Innenarchitektur der Oper wurde auf ihre Repräsentanz abgezielt. Im Erdgeschoss befindet sich die Garderobenhalle, die mit einem blauschwarzen Diabasfußboden ausgestattet ist. Die Wände sind zum Teil mit handgefertigten Fliesen aus Meißner Porzellan verziert. Die Zuschauer gelangen über elegant aufwärts schwingende und doppelläufige Treppen in das Parkett- und Ranggeschoss des Zuschauerraums, der von großzügig gestalteten Foyers umfasst wird. Vergoldete Zierornamente, rote Teppiche sowie holzverkleidete Wände aus Schweizer Birnbaum und Riegelahorn verkörpern den Charakter der Erbauungszeit. Von den ornamental gestalteten Decken hängen auffällige Leuchten in Pusteblumen-Ästhetik. Diese sind den verschiedenen Stadien der Pflanzenblüte nachempfunden und ziehen sich in abgewandelter Form durch das gesamte Gebäude: Während die Lampen in der Garderobenhalle noch in Form von Knospen abgebildet sind, präsentieren sich diese im Parkettfoyer bereits als Blüte mit den Dolden einer Pusteblume. 

Der Opernsaal mit dem trapezförmigen Zuschauerraum beherbergt eine 30 mal 23 Meter große Hauptbühne und verfügt über 1.273 Sitzplätze im 25-reihigen Parkett und im 12-reihigen Rang. Die mit Riegelahorn verkleideten, gefalteten Wände und die zur Bühne hin flach ausgelegte Kassettendecke sorgen für eine ausgezeichnete Akustik. Die Hauptbühne umfasst einen Portalausschnitt von 12,5 Metern Höhe und 16 Metern Breite. Davor befindet sich der Orchestergraben, in dem das Gewandhausorchester spielt. Die von Kurt Hemmerling geschaffene Bühne mit versenkbaren Podien und Drehbühne mit einem Durchmesser von 18 Metern zählt noch heute zu den modernsten ihrer Art in Deutschland. In Kombination mit einer hinteren und zwei seitlichen Schiebebühnen wird eine schnelle Verwandlung des Bühnenbildes ermöglicht. Im Saal befinden sich außerdem die Intendanten- und die Stadtloge, welche über separate Eingänge erreicht werden. Das Repertoire der Oper ist vielfältig und reicht vom Barock bis zur Gegenwart. Fester Bestandteil des Spielplans sind die Werke Richard Wagners und Albert Lortzings. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Opernhaus

Historisches Bildmaterial - Opernhaus

Nikolaisäule

Nikolaikirchhof | Ortsteil: Zentrum

Die Nikolaisäule befindet sich auf der östlichen Seite des Nikolaikirchhofs neben der Nikolaikirche und erinnert an die Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989. Sie wurde nach einem Entwurf von Andreas Stötzner vom Leipziger Bildhauer Markus Gläser ausgeführt und anlässlich des 10. Jahrestags der Friedlichen Revolution am 9. Oktober 1999 enthüllt. Bei der mit grünen Palmblättern bekrönten 16 Meter hohen, klassizistischen Säule handelt es sich um eine entsprechende Replik aus dem Kirchenschiff der Nikolaikirche. Die Palmblätter erinnern als Symbole des Friedens an die Friedliche Revolution und ihre Ursprünge in den Friedensgebeten.

Eine Friedenssäule auf dem Platz, „auf dem alles begann“


Mit der legendären Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 wurden das politische Ende der DDR und die Wiedervereinigung eingeleitet. Als Ausgangspunkt dieser revolutionären Bewegungen im Herbst 1989 galt die Nikolaikirche. An den Punkt, wo sich nach den Friedensgebeten die Montagsdemonstranten versammelten, erinnert die Nikolaisäule auf dem Nikolaikirchhof gegenüber dem
Predigerhaus.

Im Zuge der Sanierung und Umnutzung der Alten Nikolaischule sollte zugleich auch der Nikolaikirchhof künstlerisch und stadtgestalterisch aufgewertet werden. 1992 wurde von der Kulturstiftung Leipzig ein internationaler Wettbewerb zur Neugestaltung des Nikolaikirchhofs ausgeschrieben. Ziel war es, auf dem Platz, „auf dem alles begann“, in würdiger Form an die Friedliche Revolution und die daraus resultierenden tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen zu erinnern und diese erlebbar zu machen. Die Grundlagen für den Wettbewerb wurden auf Anregung von Heinz-Jürgen Böhme in einer Stiftungsratssitzung am 31. Januar 1991 beschlossen. Nur zwei Monate später sicherte die Stadt Leipzig ihre inhaltliche und finanzielle Unterstützung zu, auch die Landesregierung Nordrhein-Westfalens beteiligte sich mit einer großzügigen Summe von 83.200 DM am Ideenwettbewerb. Das von der Kulturstiftung Leipzig ausgearbeitete Wettbewerbskonzept richtete sich an bildende Künstler und Arbeitsgemeinschaften aus Architekten und Künstlern aus Deutschland, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn. Die aus 13 Wissenschaftlern, Kulturpolitikern, Stadtplanern, Künstlern und Architekten bestehende Fachjury entschied sich nach der Beurteilung der eingereichten Entwürfe anstatt der Vergabe eines ersten Preises für die Nominierung von zwei Preiskategorien mit je vier Preisträgern. Die Preisträger der ersten Kategorie waren mit jeweils 9.000, die der zweiten mit jeweils 3.800 DM dotiert. In der ersten Kategorie wurden Andreas Heinke Binder, Andreas Martin, Manfred Küster und Andreas Stötzner ausgezeichnet, in der zweiten Clemens Brocker, Heinz-Jürgen Böhme, Bill Fontana in Zusammenarbeit mit Kister Scheithauer und die Partnerschaft aus Andreas Gaiser und Thomas Lehnerer. Am 10. Januar 1994 wurde unter vier gleichwertigen Entwürfen der Leipziger Künstler Andreas Stötzner mit seiner originalen Nachbildung einer Säule aus dem Kirchenschiff der Nikolaikirche vom Beirat „Kunst im öffentlichen Raum“ zum Sieger gekürt.

Die notwendigen Mittel von 260.000 DM wurden zur Hälfte durch Spenden von Bürgern, Einrichtungen und Unternehmen, zum anderen Teil von der Stadt Leipzig und der Bundesregierung aufgebracht. Im Herbst 1997 startete eine Spendenaktion in Form einer Versteigerung von 15 Flaschen Wein vom Weinstock an der Alten Nikolaischule, die von Kurt Masur signiert waren. Das Bankhaus Reuschel & Co veranstaltete ein Benefizkonzert zugunsten des Denkmals, die US-Airforce-Band spendete den Ertrag eines Gewandhaus-Konzerts und der Vorsitzende der Frankfurter Aufbau AG erbat sich bei seinem Ausscheiden anstelle von Geschenken Spenden für die Säule. Die Namen aller Spender wurden in einer Kupferröhre im Innern der Säule festgehalten. Mit der Ausführung wurde der Leipziger Bildhauer Markus Gläser mit seiner Firma beauftragt. Am 9. Oktober 1999, dem 10. Jahrestag der Friedlichen Revolution, wurde die Nikolaisäule nach dem Friedensgebet im Beisein von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee auf der Ostseite des Nikolaikirchhofs neben der Nikolaikirche vor Hunderten Bürgern enthüllt.

Vom „Tree of Liberty“ und der klassizistischen Palme als Freiheitsbaum


Die Nikolaisäule schafft einen starken räumlichen Akzent, der in würdiger Relation zum Denkmalensemble Nikolaikirchhof steht. Sie gilt als eine äußerst positive und offene Form der Erinnerung an den Herbst 1989 und trägt den Gedanken des Aufbruchs während der Friedlichen Revolution aus der Kirche hinaus. Die Nikolaisäule als Abbild der klassizistischen Säulen im Kirchenschiff der Nikolaikirche wurden von Andreas Stötzner als Baum neuinterpretiert, der nach oben geöffnet an eine Palme erinnert. Die Palmblätter als Symbole des Friedens erinnern an die Friedliche Revolution und ihre Ursprünge in den Friedensgebeten. Damit griff der Künstler auch das in den Revolutionsjahren Ende des 18. Jahrhunderts stark verbreitete Bild der Friedensbäume auf, welches weltweit als Symbol der Auflehnung gegen die herrschende Klasse angesehen wurde. Diese Tradition ist der Überlieferung nach auf eine Ulme in Boston, den sogenannten „Tree of Liberty“, zurückzuführen. Dieser galt als zentraler Versammlungsort des amerikanischen Widerstands während des Unabhängigkeitskrieges gegen die Unterdrückung durch die britische Kolonialmacht. Im Zuge der Französischen Revolution verbreitete sich durch den Freiheitsbaum der Jakobiner dieser Brauch in ganz Europa.

Die vor der Säule im Boden liegende Bronzeplatte mit eingelassenen Schuhabdrücken und der Aufschrift „9. Oktober 1989“ wurde ebenfalls von Markus Gläser entworfen und umgesetzt. Die Schuhabdrücke weisen in Richtung Augustusplatz, dem früheren Karl-Marx-Platz, wohin im Oktober 1989 bis zu 500.000 Leipziger im Zuge der abendlichen Montagsdemonstrationen pilgerten und friedlich gegen das DDR-Regime demonstrierten. Seit dem 9. Oktober 2009 wird die Nikolaisäule bei Dunkelheit durch drei Bodenstrahler illuminiert und entfaltet somit auch eine attraktive Wirkung bei Nacht.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Nikolaisäule

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