Der Botanische Garten der Universität Leipzig wurde im Jahr 1543 gegründet. Er beheimatet auf einer Gesamtfläche von etwa drei Hektar Fläche mehr als 10.000 verschiedene Pflanzenarten und gilt als älteste derartige Einrichtung Deutschlands sowie als einer der ältesten Botanischen Gärten weltweit. Der Besuch der Außenanlagen ist kostenlos. Wer die Pflanzenvielfalt in den Gewächshäusern entdecken möchte, bezahlt Eintritt.
Wechselvolle Geschichte in wechselnden Standorten
Die Geschichte des Botanischen Gartens Leipzig reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Er entstand im Jahr 1543 aus dem Klostergarten des Dominikanerklosters „St. Pauli“. In diesem Jahr überließ der damalige Herzog Moritz von Sachsen den Garten der Universität als Schenkung. Er wurde zunächst als Arzneipflanzengarten „Hortus medicus“ der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig angelegt. Die dort kultivierten Heilpflanzen dienten damals vorrangig als Anschauungsmaterial für Studenten. Aufgrund von zahlreichen Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg musste die ursprüngliche Anlage zwischen der Universitätskirche St. Pauli und der heutigen Grimmaischen Straße im Jahr 1641 schließen. Zehn Jahr später wurde sie nur wenige Meter weiter in das Universitätsgelände an der Grimmaischen Gasse verlagert und auf 450 Quadratmetern neu eröffnet.
Auch ein bemerkenswertes Herbarium aus über 1.000 verschiedenen Pflanzenarten gehörte zum Hortus Botanicus. Dieses wurde zwischen 1600 und 1606 vom Leipziger Medizinstudenten Georg Kirchen angelegt und enthielt neben Heilpflanzen aus der Umgebung auch zahlreiche exotische Exemplare aus dem Mittelmeerraum und dem damals erschlossenen Teil Südamerikas. Das Bemerkenswerte an diesem Herbarium war die Tatsache, dass einige Pflanzenarten erstmals in Deutschland beschrieben wurden, darunter beispielsweise die Paprika oder die Wunderblume.
Wegen des begrenzten Platzes in der Innenstadt wurde die botanische Einrichtung im Jahr 1806 in das deutlich größere Areal am Pleißemühlgraben im Bereich des heutigen Bundesverwaltungsgerichts verlegt. Mit der Errichtung des damaligen Reichsgerichts auf dem Gelände wurde der Botanische Garten schließlich 1876/77 an seinen heutigen Standort in der Linnéstraße verlagert. Mit nunmehr 1.200 Quadratmetern Fläche bot sich die Gelegenheit zur Errichtung eines großzügigen Gewächshauskomplexes mit Botanischem Institut.
Von Zerstörung bis Wiederaufbau
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Botanische Garten durch Bombenangriffe im Dezember 1943 und im Februar 1944 fast gänzlich zerstört, darunter auch das Herbarium von Georg Kirchen. Die Zerstörungen führten auch zum fast vollständigen Verlust des Pflanzenbestandes. Lediglich 26 Kalthauspflanzen überlebten in den Gewächshäusern. Im Zuge eines umfassenden Wiederaufbaus bis 1954 entstanden fünf neue Gewächshäuser, in denen bereits ein Jahr später wieder mehr als 2.400 Pflanzenarten gezählt werden konnten. Ab 1991 wurde der Garten umfassend saniert und im Jahr 1998 um ein Schmetterlingshaus ergänzt. Insbesondere bei Sonnenlicht kann der Besucher hunderte tropische Tagschmetterlinge, die mehr als zwei Dutzend verschiedenen Arten angehören, beobachten.
Besuch im Hortus Botanicus Lipsiensis
Im Eingangsbereich des Botanischen Gartens führt der Weg vorbei an der Linné-Büste. Carl von Linné galt im 18. Jahrhundert als Begründer des vorherrschenden Leitbilds botanischer Gärten. Seinem Idealbild nach musste sich die Systematik des botanischen Gartens in ihrer formal und geometrisch gestalteten Anlage repräsentiert werden. Heute erinnern die Einfassungsmauer an der Johannisallee, das Verwaltungsgebäude mit klassizistischer Formensprache sowie die erhaltenen Teile des Gewächshauskomplexes an sechs Jahrhunderte Tradition des Botanischen Gartens und vermitteln historisches Flair.
Die Besucher können im Freigelände des Botanischen Gartens neben beeindruckenden exotischen Altraumbeständen im Arboretum Teich- und Feuchtpflanzenareale, ein Alpinum und zahlreiche pflanzengeografische Sammlungen erkunden. Inzwischen gehören auch ein Apothekergarten „Hortus medicus“ sowie ein Duft- und Tastgarten auf dem Areal des benachbarten Friedensparks zum Botanischen Garten. Die architektonische Strenge der Anlage orientiert sich am historischen Vorbild des Heilpflanzengartens aus der Mitte des 16. Jahrhunderts.
Eine Attraktion: das sanierte Victoriahaus
Das Victoriahaus im Botanischen Garten wurde 1876 nach Plänen des Gartendirektors August Schenk und des Leipziger Baurates Gustav Müller als spezieller Gewächshaustyp zur Kultivierung der tropischen Riesenseerose Victoria amazonica errichtet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte die öffentliche Präsentation der spektakulären Pflanze zu einer weltweiten Verbreitung. Heute existieren nur noch fünf im Original erhaltene Victoriahäuser. Das Leipziger Victoriahaus wurde bis 2018 saniert und ist das drittälteste überhaupt sowie das einzige dieses speziellen Bautyps in Deutschland. Das Gewächshaus besitzt die Form einer flachen, achtseitigen Pyramide.
Direktoren als botanische Wegbereiter
Der Botanische Garten kann auf eine Tradition bedeutender Direktoren zurückschauen, die dessen Entwicklung prägten. Seinen Höhepunkt erlebte der Botanische Garten unter der Leitung von Paul Ammann zwischen 1664 und 1681. Ammann veröffentlichte das erste Verzeichnis der im Garten und in der Umgebung der Stadt kultivierten Pflanzen. Er bemühte sich außerdem, dem Botanischen Garten eine Stellung in der Lehre zu verschaffen. Teil davon war sein alljährlich durchgeführtes „Herbation“, zu dem er Kollegen und Freunde der Botanik einlud, um ihnen Pflanzen des Botanischen Gartens vorzustellen. Johann Hedwig, Direktor zwischen 1789 und 1799, war Begründer der wissenschaftlichen Mooskunde. Gustav Kunze legte den Grundstock des Leipziger Herbars mit 30.000 Arten. Er war von 1837 bis 1851 Direktor des Botanischen Gartens. Ihnen und zahlreichen weiteren Direktoren ist es zu verdanken, dass sich der Botanische Garten zur heutigen angesehen Lehr- und Forschungsstätte entwickelte.