Der Leipziger Auwald ist mit etwa 2.000 Hektar Fläche der größte in einer Stadt gelegene Auwald Europas und gehört zu den größten noch geschlossenen Auwäldern Mitteleuropas. Er gliedert sich als „Stadtwald“ in und um die Stadt Leipzig ein und gilt mit seiner einmaligen Nähe zur Großstadt als seltenes Naturdenkmal. Trotz zahlreicher menschlicher Einflüsse konnte der Leipziger Auwald sich einen sehr naturnahen Charakter erhalten und zählt zum Landschaftsschutzgebiet. Als Teil des Grünen Rings Leipzig kommt ihm neben der forstlichen Nutzung ein außerordentlicher Erholungswert zu.
Auenlandschaft als Naturschutzgebiet und Erholungszentrum
Der Leipziger Auwald ist in einen nördlichen und einen südlichen Teil gegliedert. Zum nördlichen Teil gehören das Rosental, das Leutzscher Holz, die Burgaue, der Hintere Forst und die Gundorfer Lachen. Der südliche Teil umfasst das Connewitzer Holz mit Wildpark, das Küchenholz, die Lauer, die Nonne und den Zschocherschen Winkel. Beide Teile sind durch das Elsterflutbecken sowie zahlreiche Grünflächen und Parkanlagen, darunter der Clara-Zetkin-Park, der Palmengarten, der Johannapark, der Klingerhain und der Richard-Wagner-Hain, miteinander verbunden.
Zu den Naturschutzgebieten des Auwaldes zählen u.a. die Burgaue, die Luppeaue und das Elsterflutbecken. Als Erholungszentren ausgewiesen sind u.a. der Wildpark, Cospuden sowie der Auensee. Der heutige Auwald wächst größtenteils auf einer etwa sechs Meter dicken Schicht aus Auwaldlehm aus den Flussauen der Pleiße, Luppe und Elster. Der nährstoffreiche, basische Lehm ermöglichte die Entstehung des artenreichen Mischholzbestandes.
Bewirtschaftung des Auwaldes im Wandel der Zeit
Als Auwald wird ein Wald bezeichnet, der in Überschwemmungsgebieten von Flüssen zu finden ist, wobei der Leipziger Auwald im Überschwemmungsgebiet der Flüsse Elster, Pleiße und Luppe liegt. Bereits seit dem 12. Jahrhundert wurden die nicht überfluteten Waldgebiete größtenteils gerodet. In den folgenden Jahrhunderten entstanden zum Zweck der Regulierung von Überschwemmungen Mühlgräben, wie der Elstermühlgraben und der Pleißemühlgraben, Wehre und Kanäle. Diese sollten die Stadt später an das Wassertransportnetz anschließen.
Der Leipziger Auwald war zunächst in eine überschwemmungsresistente, flussnahe Weichholzaue mit Erlen, Espen, Pappeln und Weiden und eine flussfernere, weniger resistente Hartholzaue mit Eschen, Linden, Eichen und Hainbuchen aufgeteilt. Diese Aufteilung wurde sukzessive durch menschliche Einflussnahme aufgelöst: Durch die veränderte Bewirtschaftung des Auwaldes in Form von Regulierungsmaßnahmen, Nährstoffeintrag und Einschränkung der jährlichen Überschwemmungen kam es zu einer Umstrukturierung des Waldes. Deshalb setzte sich heute ausschließlich eine Hartholzaue mit natürlichen Stickstoffanzeigern wie der Brennnessel und dem Spitzahorn durch.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Leipziger Auwald als Mittelwald bewirtschaftet. Im Zuge der Industrialisierung und des enormen Wachstums der Stadt wurde er durch die neuen Industriestandorte Plagwitz und Lindenau im Westen der Stadt erschlossen. Hierfür wurden Auen vor Ort zerschnitten und die natürlichen Flussläufe reguliert, wodurch die periodischen Überflutungen ausblieben. Ende des 19. Jahrhunderts mussten wesentliche Teile des Auwaldes im Süden Leipzigs zugunsten des Braunkohletagebaus weichen. Auch die Grundwasserabsenkungen während des Braunkohleabbaus führten zu einer sukzessiven Austrocknung des Waldgebiets. Nach der Wiedervereinigung trieb die Stadt Leipzig eine erneute saisonale Flutung des Auwaldes voran. Durch zahlreiche Neuaufforstungen wurde zudem versucht, den vergleichsweise geringen übrig gebliebenen Waldanteil zu kompensieren.
Pflanzenvielfalt in der Hartholzaue
Die heutige Struktur des Leipziger Auwaldes stellt ein direktes Abbild der Stadtgeschichte dar: Durch Eingriffe im 30-jährigen Krieg, Zweiten Weltkrieg, Baumaßnahmen und Industrialisierung wurde der Waldbestand immer wieder entsprechend verändert. Heute kommen neben den für die Hartholzaue typischen Arten auch durch Aufforstung standortfremde Gewächse wie beispielsweise Roteichen, Rotbuchen und Robinien vor.
Die gegenwärtige Bewirtschaftung des Auwaldes zielt langfristig darauf ab, den Zustand des Auwaldes Mitte des 19. Jahrhunderts wieder zu etablieren. Bestandteile dessen sind zum einen ein wesentlich höherer Anteil an Stieleichen, zum anderen ein strukturiertes, abwechslungsreiches Arten- und Altersklassengemisch. Auffallend ist die Vielfalt der saisonalen Gewächse im Auwald: Während im Frühjahr eine unüberblickbare Fülle an Blüten von Märzenbechern, Veilchen und Buschwindröschen den Auwaldboden bedeckt, übersät wenig später der Bärlauch flächendeckend die Erde. Dieser macht sich bis zur weißen Blüte durch seinen auffälligen Knoblauchgeruch bemerkbar und kommt auch in der Küche in zahlreichen kulinarischen Spezialitäten zum Einsatz.
Die Arche Noah des Auwalds
Der Burgaue ist von einer artenreichen Fauna mit Reh- und Schwarzwild, Feldhasen, Dachsen, Füchsen und vielen weiteren Säugetieren besiedelt. Hinzu kommen verschiedene Arten an Kriechtieren, Lurchen, Insekten und Spinnen. Insbesondere die Artenvielfalt der Fledermäuse ist beeindruckend: So konnten innerhalb eines Hektars Waldgebiet 75 Prozent der in Sachsen heimischen Fledermausarten nachgewiesen werden. Auch circa 100 verschiedene Brutvogelarten sind im Auwald heimisch. Der im südlichen Auwald gelegene Wildpark hat sich auf die naturnahe Haltung und den aktiven Artenschutz von einheimischen Säugetieren konzentriert. Hier leben auf 40 Hektar etwa 40 verschiedene Tierarten. Eine beliebte Einkehrmöglichkeit im Wildpark ist das Russische Teehaus, welches zudem die lange Geschichte des Leipziger Auwalds illustriert.
Vom Schlosspark bis zum Auensee – Freizeitgestaltung im Auwald
Zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten im Auwald zählen der Schlosspark Lützschena, die Auwaldstation, der Auensee, der Aussichtsturm im Rosental und der Wildpark. Letzterer gilt als echte Oase und Erholungsgebiet inmitten des Auwalds im Nordwesten Leipzigs. Der Auensee ist ein bis zu 10 Meter tiefer Grundwassersee, derursprünglich um 1910 als Kiesgrube für den Bau des Leipziger Hauptbahnhofes ausgehoben wurde. 1914 entstand hier der Luna Park, ein Vergnügungspark mit zahlreichen Fahrgeschäften, Musikpavillon und gastronomischen Einrichtungen. Der Park wurde 1931 zwangsversteigert und es blieb lediglich dessen Hauptrestaurant erhalten, das 1936 in Haus Auensee umbenannt wurde und heute ein bekannter Treffpunkt für kulturelle Veranstaltungen und Konzerte ist. Rund um den Auensee führt seit 1951 die Parkeisenbahnals Liliputbahn, am See selbst befindet sich ein Boots- und Fahrradverleih.
Durch das ausgedehnte und gut beschilderte Wegenetz werden Spaziergängern, Läufern, Radfahrern und Reitern optimale Bedingungen zur Naherholung geboten. Für ein besonderes Naturerlebnis sorgen zahlreiche urige Gaststätten wie die Domholzschänke, eine direkte Anbindung an den Cospudener See, Fitnessparcours, Grill- und Spielplätze sowie regelmäßige Führungen und Veranstaltungen.