Völkerschlachtdenkmal in Leipzig

Straße des 18. Oktober 100 Ortsteil: Probstheida

Das 91 Meter hohe und 300.000 Tonnen schwere Völkerschlachtdenkmal gilt als monumentalster Denkmalbau Europas. Das Mahnmal erinnert an die Völkerschlacht bei Leipzig, die im Oktober 1813 wütete und mit mehr als 100.000 Todesopfern die bis dahin größte Schlacht der Geschichte war. Das Denkmal wurde am 18. Oktober 1913 anlässlich des 100. Jahrestags der Völkerschlacht als Nationaldenkmal eingeweiht. 

Napoleons Niederlage in Leipzig

Ausgangspunkt des Denkmalbaus war die Völkerschlacht bei Leipzig, welche vom 16. bis 19. Oktober in der Stadt tobte. Im Rahmen der Befreiungskriege führte die Völkerschlacht zur bitteren Niederlage von Napoleon Bonaparte gegen die zahlenmäßig weit überlegene Armee der vereinigten Truppen Österreichs, Preußens, Russlands und Schwedens. Am 19. Oktober zog sich Napoleon mit seinen Truppen geschlagen zurück. Der entscheidende Sieg über das französische Heer besiegelte zugleich auch das Ende der französischen Vorherrschaft in Europa und führte zu einer Neuordnung des Kontinents. Mit rund 600.000 Soldaten aus mehr als 20 Völkern und 100.000 Todesopfern galt die Völkerschlacht bis zum Ersten Weltkrieg als größte Feldschlacht der Weltgeschichte. Wegen mangelnder ärztlicher Versorgung starben in den Folgetagen der Schlacht viele Verwundete. In Leipzig brach eine verheerende Typhus-Epidemie aus, welche viele weitere Todesopfer forderte.

Der Weg zum größten Monumentalbau Europas

Bereits ein Jahr nach der Völkerschlacht entstand die Idee eines Nationaldenkmals, welches die Gefallenen der Schlacht ehren sollte. Erste Pläne stammten vom Dichter Ernst Moritz Arndt, welcher selbst Teilnehmer der Schlacht war. Da Sachsen während der Völkerschlacht auf französischer Seite kämpfte und in Folge der Niederlage große territoriale Einbußen hinnehmen musste, war der Wille zur Errichtung eines solchen Denkmals in der Stadt zunächst eher gering. Auch die vom damaligen Bürgermeister Otto Koch initiierte feierliche Grundsteinlegung anlässlich des 50. Jahrestags 1863 führte nicht zum angestrebten Denkmalsbau. Schließlich gelang es dem Leipziger Architekt Clemens Thieme, große Teile der Bevölkerung Deutschlands für die Idee zu begeistern. Mit der Gründung des „Deutschen Patriotenbunds zur Errichtung des Völkerschlachtdenkmals bei Leipzig“ 1894 konnten zahlreiche Spendengelder für den Monumentalbau gesammelt werden. Anschließend wurde ein Ideenwettbewerb für entsprechende Entwürfe ausgeschrieben. Hier entschied der Berliner Architekt Bruno Schmitz den Auftrag für sich. Dieser hatte zuvor bereits das Kyffhäuserdenkmal, das Deutsche Eck von Koblenz und das Kaiserdenkmal an der Porta Westfalica gestaltet. Unter entscheidender Einflussnahme von Clemens Thieme an Schmitz‘ Entwürfen wurde schließlich am 18. Oktober 1898 symbolisch der erste Spatenstich gesetzt und zwei Jahre später der Grundstein gelegt. Als Ort für das Völkerschlachtdenkmal wurde ein freies Feld in Probstheida ausgewählt, da an dieser Stelle die entscheidenden Kämpfe der Schlacht stattfanden. Anlässlich des 100. Jahrestags wurde das Völkerschlachtdenkmal nach 15 Jahren Bauzeit unter dem Bauherrn Otto Rudolph am 18. Oktober 1913 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und dem Sachsenkönig Friedrich August III. feierlich eingeweiht. Einen Beitrag zur Finanzierung des Völkerschlachtdenkmals leistete ein Teil des Erbes von Franz Dominic Grassi. Der Bau des 300.000 Tonnen schweren Monuments kostete umgerechnet rund 30 Millionen Euro.

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs im April 1954 wurde das Völkerschlachtdenkmal Zufluchtsort für rund 200 Soldaten, die sich unter dem Kommando von Oberst Hans von Poncet vor den angreifenden amerikanischen Truppen im Sockel des Monuments verschanzten. Durch Artillerietreffer wurde das Denkmal beschädigt und die verbliebenen Soldaten mussten sich der Überlegenheit ihrer Opponenten schließlich ergeben.

Erzengel, Totenwächter und Soldaten in historischer Atmosphäre

Heute erhebt sich der gewaltige Monumentalbau des Völkerschlachtdenkmals, von den Leipzigern auch „Völki“ genannt, vor dem „See der Tränen“. Dieses 162 Meter lange und bis zu 79 Meter breite Wasserbecken soll die für die Gefallenen vergossenen Tränen symbolisieren. Das Becken wurde bewusst so angelegt, dass sich das Völkerschlachtdenkmal darin in kompletter Größe spiegelt. Das aus Beton und Granitporphyr errichtete 91 Meter hohe Denkmal wurde mit gigantischen behauenen Blöcken gebaut. Das Monument ruht auf 65 Gründungspfeilern aus Stampfbeton, welche die quadratische Fundamentplatte tragen. Darauf baut sich der dreigeteilte Kuppelbau des Denkmals auf. An der Stirnseite des Unterbaus, von welchem die beiden Treppenanlagen links und rechts ausgehen, ist in einem großen Steinrelief das damalige Schlachtfeld symbolisch abgebildet. Auf der Terrasse vor dem Eingang wacht die gigantische zwölf Meter hohe Statue des Erzengels Michael als Schutzpatron der Deutschen. Seitlich flankiert wird er von Flammenschwertern, darüber erhebt sich ein Siegesadler mit der Inschrift „Gott mit uns“. Die plastischen Arbeiten wurden vom Breslauer Bildhauer Christian Behrens begonnen und nach dessen Tod von Franz Metzner vollendet. Außen rings um die Kuppel stehen zwölf gigantische Ritterfiguren, die sich auf ihre Schwerter stützen und Totenwache halten.

500 Stufen führen vom Eingang bis zur oberen Aussichtsplattform. Über eine antike Doppeltreppenanlage, die das Bildnis von Kaiser Barbarossa zeigt, gelangt man nach 136 Stufen zunächst in die Krypta, welche an die über 100.000 gefallenen Soldaten erinnert. Hier halten 16 Krieger aller am Kampf beteiligten Völker vor acht Pfeilern in Form von riesigen Schicksalsmasken Totenwache, die Köpfe in Trauer gesenkt. In der Krypta tritt mehrmals pro Jahr der Denkmalchor auf. In den Konzerten werden Stücke von der Renaissance bis hin zur zeitgenössischen Musik vorgetragen, welche den Besuchern ein besonderes Klangerlebnis in einzigartiger Atmosphäre bieten. In der über der Krypta liegenden Ruhmeshalle personifizieren vier zehn Meter hohe Kolossal-Figuren die Tugenden des deutschen Volkes, die 1813 zum Sieg geführt haben: Glaubensstärke, Tapferkeit, Volkskraft und Opferbereitschaft. In der darüberliegenden 68 Meter hohen Kuppel werden 324 fast lebensgroße Reiterfiguren dargestellt, welche die heimkehrenden Sieger aus der Schlacht verkörpern. Von der Krypta führen über eine Wendeltreppe 364 Stufen auf die obere Aussichtsplattform, welche den Besucher mit einem einmaligen Panoramablick über Leipzig für den kräftezehrenden Aufstieg entschädigt.

Forum 1813, Napoleonstein und Apelsteine

Am Fuß des Völkerschlachtdenkmals befindet sich das Museum Forum 1813 aus dem Jahr 1998. Dieses gehört gemeinsam mit dem Völkerschlachtdenkmal zum Ring der dezentralen Themenmuseen des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig. Im „Forum 1813“ werden dem Besucher in zwölf Ausstellungskapiteln die Geschichte der Befreiungskriege und der Völkerschlacht zwischen 1789 und 1813 nähergebracht. 

An die Völkerschlacht erinnern u.a. auch der Napoleonstein, die Russische Gedächtniskirche St. Alexej und die Apelsteine. Die vom Schriftsteller Theodor Apel zwischen 1861 und 1864 errichteten 44 Gedenksteine markieren wichtige Orte der Kämpfe von 1813. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens im Jahr 2013 wurde das Völkerschlachtdenkmal saniert und die im Zweiten Weltkrieg zerstörte und einst von August Unger konzipierte Verglasung der vier Themenfenster in der Ruhmeshalle rekonstruiert. Jedes Jahr pilgern über 200.000 Besucher zum Schauplatz europäischer Geschichte. Mit einem Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wird jährlich im Oktober mit Biwaks am Torhaus Dölitz und am Torhaus Markkleeberg sowie einer historischen Gefechtsdarstellung an die viertägige Schlacht und deren Auswirkungen erinnert.

Bildergalerie - Völkerschlachtdenkmal in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Völkerschlachtdenkmal in Leipzig

Picture of Sophie Weinhold
Sophie Weinhold
Die gebürtige Leipzigerin studierte in Passau und Marseille Internationales Management und besitzt ein Faible für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch spricht sie fließend spanisch und italienisch. Bereits als Zwölfjährige führte sie internationale Austauschschüler durch die Stadt und begeisterte sie für Leipzigs Geschichte und Sehenswürdigkeiten. Die Liebe zu Leipzig bestimmt nach wie vor ihre Freizeitgestaltung. Ob Museumsbesuche, Konzerte oder Fahrradtouren in die Umgebung – die kreative Lokalpatriotin findet immer ausreichend Anregungen, um darüber zu schreiben.
error: Dieser Inhalt ist geschützt! Es ist nicht gestattet, diesen Inhalt zu kopieren. Vielen Dank für Ihr Verständnis.