Bildlexikon Leipzig

Bamberger & Hertz / Königsbau

Goethestraße 1
Ortsteil: Zentrum

Der Königsbau am Augustusplatz wurde nach einem Entwurf der Architekten Arthur Johlige und Hermann Schmidt 1911 im neoklassizistischen Stil von der Königsbau AG errichtet. Er beherbergte seit seiner Fertigstellung bis 1938 das jüdische Kaufhaus „Bamberger & Hertz“ der Familie Bamberger. Dabei handelte es sich seinerzeit um ein führendendes Konfektionshaus für Herrenmode in Deutschland. Heute beherbergt der Königsbau Büro- und Geschäftsräumlichkeiten.

Vom renommierten Konfektionshaus in exponierter Lage


Der unmittelbar neben dem Krochhochhaus gegenüber dem Opernhaus gelegene Königsbau prägt als markantes Eckgebäude seit seiner Errichtung 1911 den Augustusplatz. Das Gebäude an der Grimmaischen Straße beherbergte einst das renommierte Konfektionshaus für Herrenmode „Bamberger & Hertz“, dessen Geschichte bis ins späte 19.Jahrhundert zurück reicht.

Der Beiname „Königsbau“ geht auf die Baufirma Königsbau AG zurück, die das von denArchitekten Arthur Johlige und Hermann Schmidt konzipierte Geschäftshaus im neoklassizistischen Stil 1911 realisierte. Der Grundstein für das erfolgreiche Wirken der Unternehmerfamilie Bamberger wurde durch Jacob Bamberger in Worms gelegt, wo er 1876 sein erstes Konfektionshaus gründete. Dessen Schwager Karl Hertz schied nach anfänglichem Mitwirken in der Firma wenig später wieder aus. Der Name „Bamberger & Hertz“ blieb allerdings bestehen und wurde bald zu einem Begriff in der Branche. Anfang des 20. Jahrhunderts expandierte das Unternehmen und eröffnete weitere Filialen in Frankfurt am Main, Köln, Stuttgart, München und Saarbrücken. Am 7. September 1911 entstand auch in Leipzig eine Zweigniederlassung der Frankfurter Hauptniederlassung, wo die Kaufleute Jacob Bamberger und seine beiden Söhne Ludwig und Fritz als Prokuristen tätig waren. 

Am 18. Oktober 1911 fand im neu errichteten Königsbau am Augustusplatz die feierliche Eröffnung des Spezialhauses für maßgeschneiderte Herren- und Knabenbekleidung durch die geschäftsführenden Brüder Heinrich, Ludwig und Fritz Bamberger statt. Der zur Eröffnung noch unfertige Neubau erhielt sein finales Aussehen nach nur sechs Monaten Bauzeit mit der Fertigstellung des Erweiterungsbaus im Oktober 1912. Das Geschäftsmotto „Verkauf nur gegen bar“ und zu „festen Preisen“ ohne Rabatt bewährte sich in Leipzig – wie zuvor auch in den anderen „Bamberger & Hertz“ Filialen. Trotz der gehobenen Preisklasse stellte sich rasch eine Stammkundschaft ein. Das Kaufhaus genoss einen ausgezeichneten Ruf und zählte zu den führenden Konfektionshäusern Deutschlands. Dank seiner exponierten Lage und den nicht vom Modehaus belegten und stets vermieteten Räumen überstand „Bamberger & Hertz“ die schwierigen Jahre des Ersten Weltkriegs und die Inflation verhältnismäßig unbeschadet unter der Leitung von Ludwig Bamberger und Gustav Bamberger.

Das tragische Schicksal der Familie Bamberger


Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 und den fortschreitenden Repressionen gegenüber den jüdischen Bürgern wurde zunächst deren Ausschaltung aus der Wirtschaft erklärtes Staatsziel. Amtlich ausgesprochene Lieferbeschränkungen und -verbotebeeinflussten nachhaltig das Ladengeschäft und die Umsätze sanken stetig. Immer mehr Kunden hatten Angst, in einem jüdischen Geschäft einzukaufen und dabei gesehen zu werden. Aufgrund des immer größer werdenden Drucks entschied sich die Familie Bamberger im Juli 1936 zur Auflösung des Unternehmens. Seit 1938 gab es Bestrebungen zur Enteignung des Traditionshauses. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde „Bamberger & Hertz“ in Brand gesetzt und die Brüder Bamberger beschuldigt, das Haus selbst angezündet zu haben, um die ansehnliche Versicherungssumme zu erhalten. Wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrug angeklagt wurden Ludwig und Gustav Bamberger inhaftiert, die Firma am 10. Dezember 1938 enteignet und das Familienunternehmen aufgelöst. Die Brüder starben später im Konzentrationslager. An das ehemalige Kaufhaus und das tragische Schicksal der Familie Bamberger erinnert heute eine an der Fassade des Gebäudes angebrachte Gedenktafel. 

Vom Familienunternehmen zum Geschäftshaus


Der Königsbau wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als eines der ersten Gebäude am Augustusplatz wieder aufgebaut und von 1998 bis 2000 grundlegend saniert. Der Komplex beherbergte einst auch das 1926 vom Konditormeister Ernst Fischer als Konzert- und Lesecafé eröffnete Café Corso. Es galt neben Fischers Kaffeehaus Fürst Reichskanzler, einem Lesecafé mit etwa 200 in- und ausländischen Zeitungen, als legendäre und traditionsreiche Leipziger Institution und befindet sich heute in der Brüderstraße. 1949 zog im Erdgeschoss die Firma Blumen Hanisch ein. Zu DDR-Zeiten war das BaukombinatLeipzig, später Erste Baugesellschaft Leipzig, der Hauptnutzer. 1992 wurde das Gebäude den in Israel und den USA lebenden Kindern von Ludwig Bamberger zurückübertragen. Diese verkauften den Königsbau an den Bauunternehmer Jürgen Schneider, der das Hausbei der Deutschen Industriekreditbank (IKB) hoch belieh. Nach dem Schneider-Konkurs 1994 erwarb die IKB das Gebäude und veräußerte es später an das Versicherungsunternehmen Alte Leipziger.

Heute handelt es sich beim Königsbau um eine Büro- und Geschäftsgebäude mit diversenArztpraxen, einer Bank, einer Bäckerei mit Café und verschiedenen Dienstleistern. Hinter der neoklassizistischen Sandsteinfassade mit ionischen Säulen in den Obergeschossenbefinden sich fünf Stockwerke und ein glasüberdachter Innenhof. Das Dach ist mit vier rundbogigen Zwerchgiebeln gestaltet.

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Historisches Bildmaterial - Bamberger & Hertz / Königsbau

Alte Nikolaischule

Nikolaikirchhof 2
Ortsteil: Zentrum

Die Alte Nikolaikirche wurde 1512 unter dem Namen „Schola Nikolaitana“ als erste Bürgerschule Leipzigs eröffnet und gilt als bedeutendes Kulturdenkmal. Sie beherbergt heute neben dem gleichnamigen Gasthaus eine dem berühmten Nikolaitaner Richard Wagner gewidmete Dauerausstellung, das Antikenmuseum der Universität Leipzig sowie eine Veranstaltungsetage mit der historischen Richard-Wagner-Aula.

Die erste Bürgerschule der Stadt entsteht


Die Geschichte der Alten Nikolaischule reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit entwickelte sich Leipzig als Schnittpunkt der West-Ost-Handelsverbindung und mit drei Messen im Jahr zu einem der wichtigsten Warenumschlagplätze Europas. Gleichzeitig stieg auch der Bildungsanspruch in der Stadt. Das Leipziger Patriziat forderte deshalb den Bau einer Schule ähnlich der Thomasschule, jedoch ohne das zeitaufwendige Singen in Gottesdiensten. Angestrebt wurde eine Lateinschule, welche ihre Schüler nicht auf die Handelstätigkeit, sondern auf ein Studium vorbereiten sollte. Ziel war es, eine eigeneBildungs- und Verwaltungsschicht aufzubauen. 1395 genehmigte Papst Bonifatius IX. der Stadt die Errichtung einer eigenen Schule innerhalb der Kirchgemeindegrenzen von St. Nikolai. Die Realisierung der Pläne stieß allerdings auf heftigen Widerstand seitens der Augustiner-Chorherren des Thomasstiftes, welche das Bildungsmonopol der 1212 gegründeten Thomasschule bewahren wollten. Das päpstliche Privileg von 1395 konnte schließlich erst mehr als hundert Jahre später im Jahr 1510 nach zahlreichen Ratsbeschlüssen zur Errichtung der Stadtschule verwirklicht werden. Der Thomasstift überließ dem Rat widerwillig das baufällige Gebäude der Küsterei auf dem Nikolaikirchhof. Dieses wurde unmittelbar abgebrochen, lediglich der Keller mit dem Tonnengewölbe blieb bestehen. Darauf entstand ein zweistöckiger, unmittelbar an seine Nachbarhäuser anschließender Neubau in Traufstellung zum Kirchhof und zur Nikolaikirche. Das Gebäude wurde im Herbst 1512 einschließlich der Ausstattung seiner Schulstuben fertiggestellt. Die„Schola Nikolaitana“ nahm als erste Bürgerschule der Stadt unter ihrem Schulmeister, dem Magister Johannes Rumpfer, ihren Betrieb auf. Der Unterricht erfolgte in vier Klassenstufen. Zu den Fächern zählten Latein, Singen und Schreiben. Im Gegensatz zur Thomasschule musste für den Besuch der Nikolaischule ein Schulgeld entrichtet werden.

Unter den engagierten und humanistischen Rektoren Johannes Musler und Dr. Wolfgang Meurer erlebte die Nikolaischule ihre erste Blütezeit und die Zahl der Schüler stieg deutlich an. Die unteren der nunmehr sechszügigen Klassen entsprachen einer Grundschule, während die oberen auf das universitäre Studium vorbereitet wurden. Das Bildungsideal zu dieser Zeit sah eine „geistig freie, selbstständig denkende Persönlichkeit“ vor, weshalb das breit gefächerte Unterrichtsprogramm auch Fächer wie Griechisch, Rhetorik und die Aufführung klassischer Tragödien beinhaltete. Im Jahr 1547 wurden die nunmehr 150Schüler von fünf Lehrern unterrichtet.

Die Schola Nikolaitana und ihre berühmten Schüler


Auf die erste Aufbauetappe des Leipziger Bildungswesens folgte eine durch die Einführung der Reformation und die daraus resultierende Umgestaltung der Schule hervorgerufene Stagnation. Die Belastungen durch den Schmalkaldischen Krieg und ein verheerender Brand des Schulgebäudes 1551 schienen den Untergang der Nikolaischule zu besiegeln. Schließlich entstand 1553 ein steinerner Neubau, der von den Leipziger Baumeistern Jacob Griebe und Leonhard Oelfaß von 1596 bis 1597 umgesetzt wurde. Die zwei beengten Schulhäuser wurden zu einem Baukörper vereinigt und in Form eines dreistöckigen Schulhauses der Renaissance zum Kirchhof ausgerichtet.

In der Geschichte der Schule ragten insbesondere vier Nikolaischüler besonders heraus: Gottfried Wilhelm Leibnitz, Universalgenie und bedeutender Philosoph, und Christian Thomasius, der später in der Epoche der Aufklärung berühmt gewordene Staats- und Rechtsgelehrte. Leibnitz war von 1658 bis 1661 Schüler an der Nikolaischule, Thomasius von 1665 bis 1770. Auch der namhafte Dichter und Schriftsteller Johann Gottfried Seumesowie der berühmte Komponist und Dirigent Richard Wagner besuchten 1779/80 bzw. 1828 bis 1830 die Nikolaischule. Daran erinnert noch heute eine Tafel an der Gebäudefassade. 

Mit der industriellen Revolution und dem damit einhergehenden wachsenden Bildungsanspruch kam es zu einem erneuten sprunghaften Anstieg der Schülerzahl. Das zu eng gewordene Schulgebäude wurde nach Plänen des Rektors Albert Forbiger 1826/27 erweitert. Dabei wurde das Eckhaus mit Giebelstellung zum Nikolaikirchhof einbezogen. Im neuen Westflügel wurde das Schulhaus in der zweiten Etage um eine Aula und einen Festsaal bereichert und erhielt insgesamt sieben Auditorien. Da die Schülerzahl inzwischen auf 372 angewachsen war, verlagerte man das Nikolaigymnasium 1872 in einen Neubau in der Königstraße, der heutigen Goldschmidtstraße. Dieser wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach dem Auszug des alten Gymnasiums wurde das Gebäude multikommunal genutzt. Die Universität Leipzig wurde 1953 neuer Rechtsträger und neben der Bau- und Handelshochschule Leipzig Nutzer der Alten Nikolaischule. Aufgrund seiner Baufälligkeit wurde das Gebäude 1976 durch die Bauaufsicht gesperrt. Aufgrund von fehlenden Mitteln zur Sanierung erfolgten zehn Jahre später der Abriss des Hofgebäudes und desTreppenhauses. Am 10. Oktober 1990 wurde die Alte Nikolaischule durch einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung an die Kulturstiftung Leipzig übertragen und zwischen 1991 und 1994 umfassend saniert. 

Gasthaus, Dauerausstellung und Konzerte in authentischem Ambiente 


Ihr heutiges Erscheinungsbild erhielt die Alte Nikolaischule im Zuge zahlreicher Umbautenum 1900. Aus dieser Zeit zeugt noch die von Hugo Licht zwischen 1900 und 1906 für die Königliche Garnisonswache erbaute dekorative dreibogige Arkade. Bei der Sanierung in den1990er Jahren setzten die Architekten bewusst auf einen Kontrast zwischen neu Gebautem und historischer Bausubstanz. Der schlicht gehaltene Putzbau mit den Tür- und Fenstergewänden aus Rochlitzer Porphyrtuff sowie dem Konsolgesims unterhalb der Traufe bewahrten sich bis heute ihr Erscheinungsbild aus dem späten 16. Jahrhundert. Auch die bemalte Holzdecke im Eingangsbereich sowie das sich über der Tür befindliche Stadtwappen stammen aus dieser Epoche. Im Gebäudeinneren führt eine moderne Treppe aus Glas und Stahl zu den Etagen. Im Untergeschoss beherbergt die Alte Nikolaischule dieim Mai 2013 anlässlich des 200. Geburtstages von Richard Wagner eröffnete Dauerausstellung „Der junge Richard Wagner 1813 bis 1834“. Diese widmet sich als erste Ausstellung überhaupt ausschließlich der Persönlichkeit des jungen Genies. Im Fokus stehen dabei sein Umfeld, seine Jugend, sein musikalischer Werdegang und sein Frühwerk. Im Erdgeschoss befindet sich das Gasthaus „Alte Nikolaischule“. Der zentrale Gastraum, heute der historische Leibnitzsaal, befindet sich im Auditorium aus dem 16. Jahrhundert. In dem restaurierten Saal kann man an den Wänden Fragmente der wiederentdeckten lateinischen Inschriften bewundern. Das 1. Obergeschoss beherbergt das Antikenmuseum der Universität Leipzig. Dabei handelt es sich um eine der ältesten und bedeutsamsten Sammlungen römischer und griechischer Altertümer an Universitäten in ganz Deutschland. Sie zeigt rund 10.000 originale Gegenstände. Im 2. Obergeschoss befindet sich die historische Richard-Wagner-Aula im Stil des Klassizismus. Dabei handelt es sich um den einzigen authentischen Ort in Leipzig, der unmittelbar mit dem Wirken Richard Wagners verknüpft ist. Zur Ausstattung gehört neben einem modernen Blüthner-Flügel ein historisches Broadwood-Klavier aus dem Jahr 1835. Mit ihren 100 Plätzen wird die Aula für Veranstaltungen unterschiedlicher Art, darunter Theaterprojekte, Lesungen und Konzerte, genutzt. Im Foyer vor der Aula finden wechselnde Ausstellungen statt. 

Bildergalerie - Alte Nikolaischule

Historisches Bildmaterial - Alte Nikolaischule

Wintergartenhochhaus

Wintergartenstraße 2
Ortsteil: Zentrum

Hochhäuser prägen die Silhouette vieler deutscher Großstädte. Meistens handelt es sich dabei um Bürotürme, denen zugetraut wird, dass sie das Selbstverständnis der darin residierenden Banken oder Industriekonzerne prägnant, ja eindringlich herauskehren. Anders in Leipzig. Hier rangiert ein Wohnhochhaus in der Spitzengruppe der höchsten Bauwerke. Über viele Jahre hinweg ließ es sich der Höhe nach von keinem anderen deutschen Wohnturm übertreffen – das Wintergartenhochhaus.  

Dominante des Aufbauwerks


Ende der 1960er war das Aufbauwerk in Leipzig nach den Zerstörungen der alten Stadt im Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen geschafft. Großzügiger als im Sinne bloßer Stadtreparatur sollte nunmehr geplant und gebaut werden. „Dominanten“ fanden Eingang in den Sprachgebrauch der Baumeister und der an Architektur und Städtebau interessierten breiten Öffentlichkeit. Die Messestadt Leipzig sollte in die Höhe wachsen und an fünf Stellen den Siegeszug einer sich überlegen dünkenden „neuen Gesellschaftsordnung“ gestalterisch in Beton gießen. Die „neuen sozialistischen Stadtzentren“ wurden kräftig propagiert – und im Mai 1968 steckte in der Leipziger Volkszeitung die erste vierfarbige Beilage dieses Blattes mit zahlreichen Planzeichnungen und Modellen, wie schön alles werden sollte. Fünf Hochhäuser – die Dominanten des Forschrittsversprechens und der Schlaglichtauftritte vor dem zwei Mal pro Jahr anreisenden internationalen Messepublikum – sollten eine weithin sichtbare Skyline formen (auch wenn solch ein Amerikanismus damals im Sprachgebrauch fehlte). Es ging neben dem Wohnhochhaus Wintergartenstraße um das Hochhaus der Karl-Marx-Universität (heute City-Hochhaus), ein Hotel am Friedrich-Engels-Platz (heute Goerdelerring, nicht realisiert), ein Hochhaus am Bayerischen Bahnhof als Entree zur Straße des 18. Oktober (nicht realisiert) und einen weiteren Wohnturm im Zentrum der Messemagistrale (nicht realisiert). Die schwindende Umsetzungsquote der hochfliegenden Pläne war der Diskrepanz zwischen Präsentationswunsch und Baukosten für die speziell, keineswegs am Fließband projektierten Hochhäuser geschuldet. Plattenbau ging schneller und war billiger.

Ein Hochhaustraum geht in Erfüllung


Doch an der Wintergartenstraße ging der Hochhaustraum in Erfüllung. Auf dem benachbarten Hauptbahnhof kamen die Messegäste mit den Sonderzügen und mit den Pendelbussen vom Flughafen an. Dort verflocht sich der Stadtverkehr mit dem hereinflutenden Autostrom. Es war die angemessene Stelle, um ein Achtungszeichen in der Symbolgestalt eines erhobenen Zeigefingers zu setzen.

Die geschwungene Einfädelung Promenadenring/Wintergartenstraße ist ein prominenter Ort. Deshalb war Stadtbaurat Hubert Ritter mit seiner legendären Vision einer Ringcity schon in den 1920er Jahren auf die Idee gekommen, an der Ostseite des Hauptbahnhofs ein Hochhaus zu platzieren. Der Krieg hinterließ dagegen an diesem Fleck den Torso des Hotels Stadt Rom. Es fiel 1969, um das Baufeld für das Hochhaus zu räumen, auch wenn die Bodenbeschaffenheit für einen Vielgeschosser an diesem Fixpunkt nicht ideal ist. Mit einer massiven Betonwanne ließen sich die Nachteile korrigieren.

Das Wohnhochhaus entstand zwischen 1970 und 1972. Im wahrhaft praktischen Mittelpunkt stand der erstmals für ein Bauwerk dieser Dimension angewandte Betongleitkern. Wie es damit vorangeht, stand jeden Morgen mit der Regelmäßigkeit des Wetterberichts oder des Fernsehprogramms in der Tageszeitung. Ein gedrucktes Bautagebuch gewissermaßen. Die Tatra-Transportbetonmischer rollten nach einem strengen Plan an. Fiel einer aus, sprang sofort ein vorgehaltenes Ersatzfahrzeug ein. Für die laufenden Messungen der Maßhaltigkeit des Gleitkerns kam erstmals hochmoderne Lasertechnologie zum Einsatz. Die Kontinuität und Zuverlässigkeit des Wachsens prägte alle Abläufe.

Attraktive Perspektiven jederzeit und allerorten


Architektonische Leitidee des Wohnhochhauses, entworfen von Horst Siegel, sind die 16 Außenecken des symmetrischen Grundrisses aller 26 Wohnetagen, die sich optisch durch abgeschrägte Balkonvorderseiten zum Eindruck eines achteckigen Baukörpers verdichten. Rote Sichtflächen an den Vorderseiten der Balkone und die vorgefertigte schneeweiße Außenhaut unterstrichen den herausgehobenen, immer besonders reinlich wirkenden Auftritt des Bauwerks in einem sich ändernden Stadtbild.

Und erst die Aussicht! Egal, auf welcher Seite jemand in der sozial wohlweislich durchmischten Hausgemeinschaft eine Wohnung bekam, für eine überzeugende Perspektive war gesorgt. Die Sonnenaufgänge im Osten der Stadt! Das Innenstadtpanorama im Süden! Das wuselige, großstädtische Umfeld des Hauptbahnhofs! Lob kam und kommt von allen Seiten. Das Wohnhochhaus Wintergartenstraße – wiewohl ein Solitär – stand trotzdem nicht allein. Unten nahm das zweietagige Restaurant Stadt Dresden die leicht geschwungene Linie des Georgirings auf, und nach Osten erstreckte sich der ebenfalls zweigeschossige, ausgreifende Bauriegel des „Einkaufszentrums am Hauptbahnhof“ mit dem Hortex-Markt, der jeden Morgen mit frischem Obst und Gemüse aus Polen direkt beliefert wurde.

In dieser Kombination glitt das Wintergartenhochhaus nahtlos in die deutsche Einheit. Eigentümer des Komplexes wurde im nunmehr marktwirtschaftlichen Gewand die städtische Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft LWB. Sie verkürzt den Namen ihres Juwels gern auf Wiga und hat sich ihm bewusst dadurch genähert, dass sie ihren neuen Unternehmenssitz zu Füßen des damals rund 40 Jahre alten Hochhauses errichtete. Um dieses Vorhaben auf dem kompliziert geformten Grundstück umsetzen zu können, mussten das Restaurant und das Einkaufszentrum abgerissen werden. Leer blieb die Fläche selbstverständlich nicht. Im Anschluss an die gründliche Sanierung des Hochhauses vor der FIFA Fußball-WM 2006 entstanden neben dem genannten LWB-Hauptquartier ein Hotel und schicke Wohnbauten, die es – gemessen an der sich bietenden Aussicht – natürlich nicht mit einer der oberen Etagen des Hochhauses aufnehmen können.

Ach ja, die Höhe. Fast 107 Meter sind es bis zur Oberkante des Doppel-M der Leipziger Messe, das sich von Beginn an in luftiger Höhe dreht. Auf fast 96 Meter Höhe schichten sich die Wohnetagen. Damit war das Wintergartenhochhaus bis zum Jahr 2020 in ganz Deutschland das höchste reine Wohngebäude. Dann stürmte der Grand Tower in Leipzigs Partnerstadt Frankfurt am Main mit seinen 180 Metern Höhe auf 47 Etagen an die Spitze. Sei’s drum: Für Wohnungen im Wiga führt die LWB eine Warteliste.

Bildergalerie - Wintergartenhochhaus

Historisches Bildmaterial - Wintergartenhochhaus

Romanushaus in Leipzig

Katharinenstraße 23 / Brühl 18
Ortsteil: Zentrum

Das Romanushaus wurde zwischen 1701 und 1704 von Johann Gregor Fuchs für Leipzigs Bürgermeister Franz Conrad Romanus erbaut. Das Stadtpalais gehört zu den Leitbauten sächsischer Barockarchitektur und gilt als prächtigstes Bürgerhaus der Stadt. 

Vom Bürgermeister Romanus und dem 150.000 Taler Betrug 


Die Geschichte des Romanushauses reicht bis ins späte 17. Jahrhundert zurück. Der in Leipzig geborene Franz Conrad Romanus arbeitete zu dieser Zeit als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt. Der sächsische Kurfürst Friedrich August I. wurde auf den jungen Advokaten aufmerksam und empfahl dem Leipziger Rat mit Nachdruck, diesen mit dem Bürgermeisteramt zu betrauen. Mit gerade einmal 30 Jahren trat Romanus schließlich im Jahr 1701 das Amt an. Während seiner Zeit als Bürgermeister setzte er sich für den Ausbau der kommunalen Infrastruktur ein: Nur vier Monate nach seinem Amtseintritt brachte er die Einführung der ersten öffentlichen Straßenbeleuchtung der Stadt auf den Weg und ließ später eine Kanalisation bauen. Während seiner zweiten Amtszeit begründete er über die Beschaffung städtischer Sänften und die Anstellung entsprechender Träger Leipzigs öffentlichen Nahverkehr und bewirkte dir Gründung des Armenamtes.

Romanus hatte schon längere Zeit mit dem Gedanken gespielt, sich in exponierter Lage ein prunkvolles Wohnhaus bauen zu lassen, welches seinem hohen Amt würdig war. 1698 erbte er das Eckhaus zwischen Katharinenstraße und Brühl und kaufte die drei angrenzenden Häuser dazu. Auf den Grundstücken der vier Vorgängerbauten ließ Romanus von 1701 bis 1704 vom Dresdner Ratsmaurermeister Johann Gregor Fuchs ein prächtiges Wohnpalais im Stil des Dresdner Barocks errichten. Die Baukosten beliefen sich auf 150.000 Taler – etwa die Hälfte dessen, was später die Dresdner Frauenkirche kosten sollte – und überstiegen deutlich die Vermögensverhältnisse des jungen Bürgermeisters. Um die Kosten decken zu können, erstellte er gefälschte Ratsschuldscheine. Als der Betrug aufflog, kannte August der Starke bei seinem Günstling keine Gnade und Romanus kam 1705 als Gefangener auf die Festung Königsstein, wo er nach 41 Jahren Haft 1746 starb.

Poesie und Seidenhandel in barocken Gemäuern


Nach der Inhaftierung von Romanus fiel das Stadtpalais in den Besitz seiner Ehefrau Christiana Maria. Die gemeinsame Tochter Christiana Mariana von Ziegler kehrte zu ihrer Mutter ins Romanushaus zurück und gründete dort einen der ersten literarisch-musikalischen Salons in Deutschland, welcher sich zur „Begegnungsstätte von Bürgern, Gelehrten und Künstlern“ entwickelte. Johann Sebastian Bach, der seit 1723 als Thomaskantor in Leipzig tätig war, vertonte 1725 neun ihrer geistlichen Kantaten-Dichtungen und ließ diese aufführen. Der Schriftsteller Johann Christoph Gottsched ernannte die „Zieglerin“ 1730 zum ersten und einzigen weiblichen Mitglied seiner „Deutschen Gesellschaft“ in Leipzig, wo sie zwei Mal den Preis der Poesie gewann.

Mit dem Verkauf des Romanushauses an den Hofrat Oertel verblieb es von 1735 bis 1770 im Oertelschen Familienbesitz, bis es 1770 an den Weinhändler George Wilhelm Richter veräußert wurde. Letzterer eröffnete 1772 im zweiten Obergeschoss des Romanushauses das vornehme „Richtersche Café“, welches zum Treffpunkt von Künstlern, Literaten und Verlegern wurde und in dem auch Friedrich Schiller des Öfteren zu Gast war. 1792 tagte in den barocken Gemäuern die erste gesellschaftliche Vereinigung des deutschen Buchhandels. Zwei Jahre später verkaufte Richter das Gebäude an den wohlhabenden französischen Kaufmann Jean Marc Albert Dufour-Féronce, der dort eine Seidenwarenhandlung betrieb. Dufour veranlasste eine umfassende Renovierung unter der Leitung von Johann Carl Friedrich Dauthe, bevor er das Haus 1795/96 bezog. Bis 1905 trug das Gebäude zwischenzeitlich den Namen „Dufoursches Haus“. Von 1906 bis 1907 wurde das barocke Palais vom Architekten Otto Paul Burghardt restauriert. Während einer weiteren Sanierung in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre wurden die Stuckdecken und die Hofflügel zerstört, welche Mitte der 1990er Jahren mitsamt der 1874 abgebrochenen Belvedere in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt wurden.

Putten, Stuckgirlanden und Belvedere im historischen Stadtkern


Mit dem Bau des Romanushauses legte der Ratsmaurer Fuchs den Grundstein für die Blütezeit des bürgerlichen Barock in Leipzig. Es galt seinerzeit in „Umfang wie Stil gleich neu und außerordentlich“ (Nikolaus Pevsner). Die Ausgestaltung spiegelt auch das Selbstbewusstsein des bürgerlichen Bauherrn auf eindrucksvolle Art wider. Fortan wurde etwa ein Drittel der städtischen Gebäude im barocken Zeitgeist erbaut oder umgebaut. 

Über dem sockelartigen Erdgeschoss des Romanushauses, in welchem sich einst Kaufgewölbe für den Messehandel befanden, erheben sich drei verschieden hohe Obergeschosse. In diese gelangt man über eine geradläufige Treppenanlage mit Figurennischen. Der barocke Bau ist mit typischen Schmuckelementen wie Girlanden an den Eingängen, Giebeln und Fensterbrüstungen dekoriert. Die Nordfassade am Brühl wird mit ihren dreizehn Fenstern von mehreren Risaliten geschmückt. Der Mittelrisalit vor den Obergeschossen ist von vier angedeuteten Säulen mit ionischen Kapitellen und prachtvoll ornamentierten Dachgiebeln ausgestaltet. Oberhalb des Mittelrisalits befinden sich die Figuren der Minerva und der Fama. Die Brüstungsfelder zeigen liegende Putten, Festons sowie überkreuzte Palm- und Blätterzweige. Besonders eindrucksvoll ist das Belvedere nach italienischem Vorbild über dem Mansarddach, welches sich als optisch separates Aussichtsgeschoss mit dem Sommersaal über dem Gebäude erhebt. Im ersten Obergeschoss der sechs Fenster breiten Ostfassade auf der Katharinenstraße befindet sich ein Balkon, während der darüberliegende Mittelteil in einem breiten barocken Dachgiebel abschließt.

Vom Merkur in der Wandnische


Zwischen Nord- und Ostfassade ist ein zweigeschossiger Eckerker mit einem Balkon auf Höhe des zweiten Obergeschosses zu sehen. Darunter befindet sich in einer von zwei Säulen flankierten Wandnische die Merkur-Statue, dem griechischen Gott des Handels und der Diebe. Diese wurde vom Dresdner Hofbildhauer Balthasar Permoser geschaffen. Mit der Fertigstellung des Romanushauses befand sich die Statue allerdings noch nicht an ihrem heutigen Platz in der Wandnische, sondern wurde zunächst 1752 im Schlosspark Schwerin aufgestellt. Nachdem die Figur in den 1950er Jahren durch eine Kopie ersetzt wurde, gelangte das Original schließlich nach Leipzig und schmückte die Nische des Romanushauses bis in die 1990er Jahre. Als die Stadt Schwerin den Merkur zurückverlangte, wurde auf Anregung der Kulturstiftung Leipzig ein entsprechender Nachguss vom Bildhauer Markus Gläser geschaffen und 2006 an derselben Stelle wieder aufgestellt. 

Heute beherbergt das Romanushaus das ur-sächsische Restaurant Romanushof, wo die Gäste saisonale und regionale Spezialitäten genießen können. Neben sächsischer Hausmannskost werden auch königliche Leibspeisen aus längst vergangener Zeit serviert, darunter hausgebackene Brote, deftige Bierhappen und saftige Rinderbraten. In den lauen Sommermonaten lädt der idyllische Innenhof zum Verweilen und Genießen in historischem und mediterranem Flair ein.

Bildergalerie - Romanushaus in Leipzig

Historisches Bildmaterial - Romanushaus in Leipzig

Krochhochhaus in Leipzig

Goethestraße 2
Ortsteil: Zentrum

Das Krochhochhaus wurde als erstes Hochhaus der Stadt Leipzig und zugleich erstes privates Bankgebäude in dieser Größe in Deutschland errichtet. Es wurde 1927/28 auf Ansinnen des Bankiers Hans Kroch nach Entwürfen von German Bestelmeyer als Bankhaus im Stil des venezianischen Torre dell‘ Orologio geschaffen. Der 43 Meter hohe Bau prägt noch heute das Erscheinungsbild des Augustusplatzes. Seit 2010 beherbergt das Krochhochhaus das Ägyptische Museum der Universität Leipzig, dessen Eingang sich in der Theaterpassage befindet.

Vom Bauskandal zum ersten Hochhaus der Stadt


Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg versuchte die Weltmessestadt Leipzig das verlorengegangene Selbstbewusstsein zumindest symbolisch durch den Bau von Messepalästen und Hochhäusern nach amerikanischem Vorbild wiederzuerlangen. Während dieses Vorhaben zunächst an der Inflation scheiterte, setzte der Stadtbaurat Hubert Ritter wenig später mit seinem Konzept für einen Hochhausring um die Leipziger Innenstadt einen neuen Impuls. Der Bankier Hans Kroch griff die Idee auf und schlug vor, die Privatbank Kroch nach diesem Vorbild neu zu errichten. Am besten geeignet für ein solches Gebäude war der Augustusplatz, jedoch war dort lediglich das schmale Grundstück der Theaterpassage zwischen Konfektionshaus Bamberger & Hertz und der Dresdner Bank – ehemals Hotel „Schwarzes Bret“ – verfügbar. Den 1926 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb „zur Erlangung von Entwürfen für die städtebauliche Ausgestaltung des Augustusplatzes und für die architektonische Durchbildung des Bankhauses Kroch“ gewann der Münchner Architekt German Bestelmeyer. Sein ambitionierter Entwurf für ein alle anderen Bauten überragendes Hochhaus nach dem Vorbild des venezianischen Torre dell‘ Orologio rief bei den Bürgern der Stadt zunächst großen Widerstand hervor. Hintergrund war die Vorschrift, dass sämtliche Neubauten in der exponierten Innenstadtlage die Firsthöhe der bereits bestehenden Bauten nicht überschreiten dürften – schon gar nicht ein Privatbau. Der Entwurf wurde schließlich unter der Voraussetzung genehmigt, dass das Hochhaus die weiteren Gebäude nicht allzu aufdringlich überschreiten dürfe. So konzipierte Kroch die vier Etagen nach Erreichen der Normhöhe als Attrappen und überzeugte damit schließlich die Entscheider. Der 43 Meter hohe Komplex wurde 1927/28 als erstes Hochhaus der Stadt und zugleich erstes privates Bankgebäude in dieser Größe in Deutschland errichtet. Bestelmeyer schuf damit eines der Wahrzeichen Leipzigs, welches noch heute den Augustusplatz prägt, und gab zugleich den Auftakt für den Hochhausbau in Leipzig.

Venezianisches Flair auf dem Augustusplatz


Wer schon einmal auf dem Markusplatz in Venedig stand, dem kommt der imposante Bau des Krochhochhauses sehr bekannt vor – und das mit guten Grund: Der elfgeschossige kalksteinverkleidete Stahlbetonbau wurde nach dem Vorbild des Uhrturms am Markusplatz gestaltet. Passend dazu wurden dem Gebäude zwei bronzene Glockenschläger aufgesetzt. Sie galten zur Eröffnung 1928 als das größte Turmschlagwerk der Welt. Der Schmied Eugen Ehrenbock schuf die 3,30 m hohen Kupferfiguren nach Entwürfen des Bildhauers Josef Wackerle. Letzterer wollte damit einen harten oberen Abschluss des kantigen Gebäudes vermeiden. Der eine Glockenmann, ein Jüngling, schlägt aller 15 Minuten, der andere bärtige Alte schlägt jede volle Stunde. Das darunter gelegene Giebelfeld trägt, ganz im Geist der Handelsstadt, die lateinische Inschrift „Omnia vincit labor“ (Arbeit überwindet alles). Die Turmuhr der Leipziger Firma Berhard Zachariä auf Höhe des elften Obergeschosses wird von zwei reliefierten Löwen flankiert. Die Symbole Venedigs und zugleich Wappentiere Leipzigs spiegeln die Bedeutung und Macht des Bankhauses wider. Der Bezug Leipzigs und der einst dominierenden Welthandelsstadt Venedig war durchaus eine Verbidnung, die damals wie heute gefiel. An der Kugel oberhalb der Uhr werden können die Mondphasen abgelesen werden.

Altes Ägypten im ehemaligen Bankhaus 


In der Schalterhalle des ehemaligen Bankhauses Kroch in der Theaterpassage hat heute das Ägyptische Museum der Universität Leipzig sein Domizil. Die Halle stellt ein bedeutendes Interieur des Leipziger Art déco dar. Besonders eindrucksvoll ist auch der von Josef Wackerle geschaffene Neptunbrunnen aus Terrakotta mit der vergoldeten Figur des Meeresgottes. Im Jahr 2010 wurde das ehemalige Bankhaus zu einem Ort der Wissenschaft und der Forschung umgewidmet, der heute die größte und bedeutendste Universitätssammlung ihrer Art in ganz Deutschland beinhaltet. Die Sammlung setzt sich im Wesentlichen aus archäologischen Funden und Käufen des Ägyptologen und Museumsleiters Georg Steindorff zusammen und umfasst rund 7.000 Objekte. Diese stammen aus fünf Jahrtausenden, insbesondere aus dem unternubischen Aniba. Neben zahlreichen Statuen, alltäglichen Gegenständen und einigen Mumien bildet ein mumienartig gestalteter Sarg mit Hieroglyphen den Grundstock des Museums. Dieser wurde 1840 vom Professor für Archäologie der Universität Leipzig, Gustav Seyffart, in Triest erworben und zählt noch heute zu einer echten Rarität und Attraktion des Museums. 

Das Krochhochhaus hat bis heute nichts von seiner architektonischen Bedeutung eingebüßt. Der Bau wurde mit Muschelkalkplatten verkleidet und weist nur wenig figürliche Ornamentik auf, die auf die unterste und oberste Geschosszone beschränkt ist. Das gesamt Bildprogramm spiegelt die Lebenseinstellung des bodenständigen Bankiers wider und zeugt von seiner Einbindung in die Gesellschaft. Auf den kantigen, mit Naturstein verkleideten Betonsäulen des Eingangsbereichs entdeckt man beim näheren Hinschauen einen symbolischer Bildschmuck. Dieser wurde in der Art frühzeitlicher Ritzzeichnungen ausgeführt. Im Untergeschoss befindet sich die Theaterpassage mit zahlreichen Geschäften. Sie wurde damals so benannt, weil sie unmittelbar zum gegenüberliegenden Neuen Theater auf dem Augustusplatz führte. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg 1943 zerstört. An gleicher Stelle wurde bis 1960 das heutige Opernhaus errichtet.

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Klinger-Haus in Leipzig

Petersstraße 48
Ortsteil: Zentrum

Das malerisch gestaltete Wohn- und Geschäftshaus befindet sich am Südende der Petersstraße und gilt als eines der schönsten Leipziger Bauten. Es wurde 1887 bis 1889 nach Plänen von Arwed Rossbach errichtet. Bei der Gestaltung verwendete Rossbach Elemente der deutschen und niederländischen Renaissance. Davon zeugen die mit Arabesken, Terrakottenverblendungen und Säulen verzierte Fassade, der dreigeschossige Eckerker, der bemalte Putz sowie die beiden prächtigen Giebel im Dachbereich. 

Auftraggeber für den Bau war der Seifenfabrikant Heinrich Louis Klinger, von den Leipzigern auch „Seefen-Klinger“ genannt. Ihm und seinem Vater gehörten vier Grundstücke in der Schlossgasse und Petersstraße. Für den Bau von Klingers Haus ließ er 1880 das vorherige Gebäude abreißen. In diesem hatte sein Sohn, der bedeutende Künstler Max Klinger, das Licht der Welt erblickt. Seit 2008 erinnert am Haus eine Gedenktafel an ihn.

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Gohliser Schlösschen in Leipzig

Menckestraße 23
Ortsteil: Gohlis-Süd

Das Gohliser Schlösschen wurde zwischen 1775 und 1780 vom Ratsbaumeister Johann Caspar Richter als bürgerlicher Sommerlandsitz erbaut und gehört zu den einzigartigen sächsischen Kleinoden und Höhepunkten der Rokoko-Architektur in Leipzig. Besonders sehenswert ist der von Adam Friedrich Oeser 1771 ausgemalte Festsaal mit dem Deckengemälde „Triumph der Psyche“. Bei dem Schlossgarten mit zentralem Zierbrunnen handelt es sich um den letzten erhaltenen Garten der einst berühmten Leipziger Gartenkultur des Barocks. Heute finden im Gohliser Schlösschen kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen sowie Hochzeiten statt.

Vom Sommerlandsitz zum Rokoko-Schlösschen


Die Geschichte des Gohliser Schlösschen reicht über 250 Jahre zurück, als Leipzig noch von einem übelriechenden Wassergraben umgeben war, welcher für schlechte Luft und eine Mückenplage sorgte. Um dem zu entkommen, zog es viele Leipziger in den lauen Sommermonaten hinaus aufs Land in das 20 Minuten entfernte Dorf Gohlis mit weitaus frischerer Luft. Die reicheren Bürger leisteten sich hier ein Sommerhaus. Im Jahr 1755 beauftragte der Leipziger Kaufmann und Ratsbaumeister Johann Caspar Richter den Dresdner Oberlandbaumeister und Begründer des Barocks, Christoph Knöbel, mit dem Bau eines Sommerlandsitzes im Dorf Gohlis. Die Entwürfe dafür werden Friedrich Seltendorff und Johann Christoph Knöffel zugeschrieben. Auch George Werner, der bedeutendste Baumeister des Leipziger Spätbarocks und Rokoko, soll um 1755/56 am Bau des Schlösschens mitgewirkt haben. Da Leipzig zwischen 1756 und 1763 im Siebenjährigen Krieg von preußischen Truppen besetzt wurde, mussten die Innenausbauten zunächst unterbrochen werden. Noch bevor es mit dem Bau weiterging, verstarb Richter. Seine Witwe heiratete wenig später den Geschichtsprofessor der Universität Leipzig, Johann Gottlob Böhme, der das Schlösschen 1780 vollenden ließ. Mit der malerischen Ausgestaltung des Salons wurde der damals prominenteste Leipziger Maler, Adam Friedrich Oeser, beauftragt. Zwischen 1781 und 1792 lebte der Justizrat Johann Hieronymus Hetzer im Schloss. Als Liebhaber der Künste machte er das Schlösschen zum „Musenhof am Rosental“. In dieser Zeit wurde das damals noch vor den Stadttoren gelegene Gohliser Schlösschen als geistiges Zentrum angesehen. In den prunkvollen Gemäuern verkehrten angesehene Bürger, darunter der Verleger Georg Joachim Göschen, der Schriftsteller Christian Gottfried Körner und der Dichter Friedrich Schiller.

Im Jahr 1793 wurde das Gohliser Schlösschen an die Stadt Leipzig übereignet unter der Bedingung, für dessen Erhalt und Verschönerung zu sorgen. Während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurde das Schloss geplündert und diente als Militärhospital. 1832 wurde das Areal an die Familie des Halberstädter Domherrn Karl Wilhelm Rudolf von Alvensleben verkauft und 1864 vom Leipziger Kaufmann Christoph Conrad Nietzsche erworben, der auch die Renovierung des gesamten Schlosses veranlasste. 1906 erwarb die Stadt Leipzig das Schloss zurück. Nach einer durch den Stadtrat Friedrich August Hauptmann und den damaligen Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler initiierten Sanierung und einem teilweisen Umbau 1934/35 wurde das Gohliser Schlösschen schließlich als „Haus der Kultur“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Durch Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg musste das Areal umfassend saniert werden, bevor zwischen 1950 und 1985 Teilbereiche des Schlösschens vom Bach-Archiv Leipzig genutzt wurden. Im Jahr 2003 übernahm der Freundeskreis „Gohliser Schlösschen“ e.V. zunächst den Veranstaltungsbetrieb und wurde 2005 schließlich zum Betreiber.

Sächsisches Kleinod zwischen Parthe und Rosental


Der fünfachsige Haupttrakt des Gohliser Schlösschens besteht aus einer etwa 40 Meter langen Dreiflügelanlage, die sich zwischen Poetenweg und Menckestraße befindet und im Süden von der Parthe begrenzt wird. Das prächtige schmiedeeiserne Tor zur Menckestraße gehörte einst zur bürgerlichen barocken Gartenanlage Gerhards Garten und wurde um 1936 an die heutige Stelle versetzt. Zur Hofseite hin ist das Gebäude eingeschossig gebaut, zur Gartenseite in Richtung Rosental zweigeschossig. Der Bau wird von einem Mansardgeschoss mit Dacherkern und zahlreichen Schmuckelementen des Rokokos abgerundet, welche dem Schlösschen eine vornehme Eleganz verleihen. Den Mitteltrakt schmückt ein 56 Meter hoher, markanter Turmaufbau mit Uhr und Zwiebelhaube. Die Wetterfahne mit den Initialen „C R“ und der Jahreszahl 1756 erinnert an das Baujahr und den einstigen Bauherrn, Caspar Richter. Der Turm war ehemals ein Sichtpunkt, auf den eine der 13 strahlenförmig verlaufenden Alleen des von August dem Starken im Rosental geplanten Schlosses 1707 ausgerichtet war. 

Barocke Atmosphäre im Oesersaal erleben


Durch den langen Zeitraum zwischen Errichtung und Ausbau des einstigen Landhauses präsentiert sich die Inneneinrichtung des Gohliser Schlösschens heute im Stil des 18. Jahrhundert mit bürgerlichem Inventar aus der Zeit um 1900. Sie ist weniger vom Rokoko, sondern mehr vom Klassizismus geprägt. Auf jeder der drei Etagen im Mittelbau befindet sich ein Saal. Das Treppenhaus und die Zimmer neben den imposanten Sälen sind eher schlicht gehalten. Der als Memorial gestaltete Steinsaal im Erdgeschoss ist mit einem klassizistischen Denkmal mit Urne und Schrifttafel in Gedenken an die Bauherren Richter und Böhme ausgestattet. Er ist von der Gartenanlage aus begehbar und wird für Trauerfeiern im würdigen Rahmen genutzt. Im Geschoss darüber befindet sich der imposante Festsaal, der von Adam Friedrich Oeser malerisch ausgestaltet wurde. Das von ihm geschaffene, illusionistische Deckengemälde „Lebensweg der Psyche“ wurde, ebenso wie die Landschaftsgemälde an den Wänden, im Zuge der Restaurierung in den späten 1990er Jahren wiederhergestellt. Im Türbereich befinden sich zusätzlich zwei abendliche Phantasielandschaften, die ebenfalls von Oeser geschaffen wurden. Durch die deckenhohen Fenster im Saal dominiert ein helles, angenehmes Licht, welches mit den zarten Pastelltönen harmoniert und die heitere Stimmung des Rokokos verkörpert. Der Oesersaal wird heute für kulturelle Veranstaltungen und Konzerte sowie für standesamtliche Trauungen genutzt. Im Obergeschoss des Gohliser Schlösschens ist eine Bibliothek mit verglasten Wandschränken untergebracht.

Spaziergang durch den letzten erhaltenen Bürgergarten des Barocks


Der Schlossgarten wurde einst als kleiner Rokokogarten angelegt und später zum englischen Landschaftspark umgestaltet. Dabei handelt es sich um den letzten erhaltenen Bürgergarten der einst berühmten Leipziger Gartenkultur des Barocks. Heute befindet sich hier neben dem zentralen Zierbrunnen das von Adam Friedrich Oeser konzipierte Gellert-Sulzer-Denkmal aus dem Jahr 1935. Dabei handelt es sich um einen klassizistischen Stein, der an den berühmten Dichter Christian Fürchtegott Gellert und den Schweizer Theologen und Philosophen der Aufklärung, Johann Georg Sulzer, erinnert. Er trägt die Inschrift: „Durch Weisheit und Tugend unvergesslich“. Außerdem befindet sich das Friedrich-August-Denkmal zu Ehren des sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. im Schlossgarten, welches um 1936 vom Königsplatz an die heutige Stelle versetzt wurde. Am Wasserbecken befinden sich die vom Dresdner Bildhauer Pierre Coudray geschaffenen Skulpturen des römischen Gottes Vertumnus und seiner Frau, der Göttin Pomona. Unweit des Hauptgebäudes gibt es zwei Anbauten. Das westliche Gebäude beherbergte einst die Orangerie, in dem östlichen befanden sich die Kegelbahn und das Billardzimmer. Hier ist heute ein Café untergebracht.

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Altes Rathaus in Leipzig

Markt 1
Ortsteil: Zentrum

Das Alte Rathaus befindet sich am Markt. Es ist eines der bedeutendsten Bauwerke der deutschen Renaissance und ein Wahrzeichen Leipzigs. Es wurde 1556 als erstes Renaissance-Rathaus in Deutschland von Hieronymus Lotter errichtet und diente bis 1905 als Sitz der Stadtverwaltung. Heute beherbergt das Alte Rathaus das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig.

Vom Tuchhaus zum „schönsten Renaissancebau nördlich der Alpen“

Das Alte Rathaus dominiert mit seiner 87 Meter langen Fassade beinahe die gesamte Ostseite des Marktes. Mittels eines Durchgangs unterhalb des Rathausturms, in dem sich der Eingang zum heutigen Stadtgeschichtlichen Museum befindet, gelangt man zur Rückseite des Baus. Hier befindet sich der Naschmarkt mit der Alten Handelsbörse. Im Norden wird es durch das Salzgässchen begrenzt, im Süden durch die Grimmaische Straße.

Das Alte Rathaus blickt auf eine fast 500-jährige Historie zurück und spiegelt die Leipziger Stadtgeschichte wider. Im 19. Jahrhundert wurde es auch als „schönster Renaissance-Bau nördlich der Alpen“ bezeichnet. Das Gebäude entstand ursprünglich auf den Grundmauern eines alten Handelshauses der Tuchherren und seines gotischen Vorgängerbaus aus dem Jahr 1480. Nach nur neun Monaten Bauzeit wurde der imposante Renaissance-Bau 1556/57 nach Plänen des damaligen Bürgermeisters Hieronymus Lotter errichtet. Mit dem Tod des Baumeisters Paul Speck übernahm Anfang 1557 Paul Widemann die Arbeiten. Den Baumeistern lag zu dieser Zeit weder etwas an einer wohl proportionierten Abstimmung des Baus noch an einer streng gegliederten, symmetrischen Fassade mit horizontalem Abschluss. Durch die Überbauung der Vorgängerbauten entstand eine asymmetrische Teilung der Rathaus-Fassade, welche noch heute in Form eines Knicks zu erkennen ist. Diese unregelmäßige Aufteilung lässt sich insbesondere an der zur Ostseite des Markts gerichteten Schaufassade erkennen: So hat der Rathausturm seinen Platz nicht wie gewöhnlich in der Mitte der Fassade, sondern wurde stattdessen im Goldenen Schnitt mit asymmetrisch aufgeteilten Zwerchgiebeln links und rechts entworfen.

Das Alte Rathaus wird baulich verändert – Besonderheiten und Merkwürdigkeiten

1564 erhielt das Alte Rathaus zusätzlich einen hölzernen Laubengang und einen Altan unmittelbar über dem Turmportal, welcher zu besonderen Anlässen von den Ratsherren betreten wurde. Im Zuge von Renovierungsarbeiten 1599 wurde am Rathausturm eine Schlaguhr vom Annaberger Uhrmacher Georg Werner angebracht. Im selben Jahr wurde über dem Altan ein kleiner Pfeiferstuhl geschaffen, auf dem die Stadtpfeifer zu Festlichkeiten spielten. Der Ratssaal diente seinerzeit für Staatsempfänge, Handwerkerfeste und für Gerichtsverhandlungen, woran der noch heute erhaltene Richterstuhl erinnert.

Im Zuge einer ersten Restaurierung des Alten Rathauses 1672 wurde unter dem Hauptgesims eine das Gebäude umlaufende und später vergoldete lateinische Schrift angebracht, bei der es sich um die weltweit längste Inschrift dieser Art handelt. Sie beinhaltet eine Huldigung an den Landesherrn sowie den ersten Vers aus dem 127. Psalm. Im Jahr 1703 erhielt der Rathausturm zur Nord-, Süd- und Ostseite jeweils eine prunkvolle astronomische Uhr. Das größte Ziffernblatt an der Marktseite zeigt zusätzlich die Mondphasen an. 1744 wurde der Rathausturm von Christian Döring erhöht und mit einer barocken Turmhaube bekrönt. Durch die wachsende Einwohnerzahl und die zunehmenden administrativen Aufgaben mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Überlegungen angestellt, das Alte Rathaus zugunsten eines neuen, größeren Rathauses abzureißen. Durch die Mehrheit von nur einer Stimme wurde 1904 vom geplanten Abriss abgesehen. Stattdessen wurde der Sitz der Stadtverwaltung 1905 in das Neue Rathaus verlagert.

Aus Alt mach Neu: die Scharenbergsche Sanierung

Sein heutiges Erscheinungsbild verdankt das Alte Rathaus im Wesentlichen der umfassenden Sanierung unter der Leitung des Stadtbaurats Otto Wilhelm Scharenberg zwischen 1906 und 1909. Dabei sollte das Bauwerk im Wesentlichen originalgetreu rekonstruiert und ausgebessert werden. Im Erdgeschoss auf der Marktseite wurde anstelle der vorherigen hölzernen Verkaufslauben ein steinerner Arkadengang aus rotem Rochlitzer Porphyr geschaffen. In die einzelnen Kaufgewölbe unter den Arkaden zogen kleine Geschäfte ein, während der Festsaal fortan für öffentliche Veranstaltungen genutzt wurde. Das Alte Rathaus wurde zum Stadtgeschichtlichen Museum umfunktioniert, welches am 11. Dezember 1911 eröffnete. Im Durchgang vom Markt zum Naschmarkt wurden 1909 zwei Zierbrunnen aufgestellt. Der Brunnen „Badender Knabe“ stammt von Carl Seffner. Johannes Hartmann schuf den Brunnen „Badendes Mädchen“, der sich in einer Fassadennische links neben dem Durchgang zum Markt befindet. 

Durch die Bombenangriffe auf Leipzig im Zweiten Weltkrieg wurde das Alte Rathaus 1943 stark beschädigt, wobei der Turm und das Dachgeschoss des Gebäudes vollkommen ausbrannten. Mit dem Wiederaufbau und der Restaurierung von 1946 bis 1950 unter dem verantwortlichen Architekten Walter Gruner war das Alte Rathaus eines der ersten historischen Gebäude der Stadt, das instandgesetzt wurde. Aus dieser Zeit stammt auch der charakteristische ockerfarbene Anstrich.

Ein Blick hinter die geschichtsträchtigen Gemäuer


Während die Fassaden im Zuge des Umbaus zwischen 1906 und 1909 weitgehend ihr Aussehen von 1557 behielten, kam es im Inneren des Alten Rathauses zu größeren Umgestaltungen. Das erste Stockwerk wird beinahe vollständig vom früheren 43 Meter langen Festsaal, der früheren Ratsdiele, eingenommen. Hier kann heute eine Gemäldegalerie mit Bildnissen sächsischer Kurfürsten begutachtet werden. In das Gestühl darunter wurden Porträts Leipziger Stadtrichter eingebaut, welche um 1800 von Anton Graff geschaffen wurden. Die vier Prunkkamine aus dem Jahr 1610 stammen von Friedrich Fuß. Im Festsaal ist auch das 25 Quadratmeter große Stadtmodell ausgestellt, welches 1823 von Johann Christoph Merzdorf geschaffen wurde. Hierbei handelt es sich um ein einzigartiges Exponat von kulturgeschichtlichem Wert, welches die mittelalterliche Stadtstruktur Leipzigs vor Beginn der industriellen Revolution zeigt. 

Im Durchgang vom Festsaal zur benachbarten Ratsstube hängt ein Porträt von Hieronymus Lotter. In der Ratsstube selbst unterzeichnete Johann Sebastian Bach 1723 seinen Anstellungsvertrag als Thomaskantor. Der Raum unmittelbar neben der Ratsstube ist exklusiv Bach und seinem Schaffen gewidmet. Hier befindet sich auch das nachweislich einzige authentische Porträt des Thomaskantors, welches von Elias Gottlob Haussmann im Jahr 1746 geschaffen wurde. Im Nebenraum wird die Leipziger Musiktradition erlebbar gemacht und ist der Kirchenmusik vor Bach und der frühen Geschichte des Gewandhausorchesters gewidmet. Hier sind Raritäten wie die Gründungsurkunde der Gewandhauskonzerte von 1781, ein Modell des ersten Gewandhaussaales im Maßstab 1:25 sowie das Dirigentenpult aus dem einstigen Konzertsaal ausgestellt. Sehenswert sind auch das Landschaftszimmer mit Malereien aus dem Spätbarock, die Schatzkammer sowie das Tapetenzimmer aus Kochs Hof, welches 1749 von Benjamin Calau geschaffen wurde.

Einen Besuch wert ist das Restaurant „Altes Rathaus“, das sächsische Küche und zahlreiche Bierspezialitäten anbietet. Hier sitzt man entspannt unter den Rathaus-Arkaden und genießt den Blick auf das Markt-Getümmel.

Bildergalerie - Altes Rathaus in Leipzig

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Alte Handelsbörse in Leipzig

Naschmarkt 2 |
Ortsteil: Zentrum

Die Alte Handelsbörse ist das älteste, noch erhaltene Versammlungsgebäude der Leipziger Kaufmannschaft und zugleich der älteste Barockbau der Stadt. Sie wurde 1678 auf Initiative Leipziger Kaufleute errichtet, diente 200 Jahre lang als repräsentativer Versammlungs- und Handelsort und wird seit 1962 für kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Vom Holzstand zum barocken Handelshaus


Die Alte Handelsbörse befindet sich auf dem Naschmarkt, welcher vom Salzgässchen, der Grimmaischen Straße und der Westseite des Alten Rathauses begrenzt wird. Sie gehört heute zum Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.
Leipzig blickt auf eine jahrhundertelange Handelstradition zurück und galt mit der Leipziger Messe einst als eine der bedeutendsten Metropolen des weltweiten Handels. Zahlreiche Kaufleute ließen sich in der Stadt nieder und begründeten ihren Reichtum. Einige Fernhandelskaufleute kamen aus italienischen und flandrischen Handelsstätten mit weitaus prunkvolleren Börsen als dem hölzernen Stand nahe der Alten Waage auf dem Markt. Die Leipziger Kaufleute, die auch einen großen Einfluss auf die Politik und architektonische Entwicklung hatten, fanden die heimischen Bedingungen im nach dem Dreißigjährigen Krieg stark verschuldeten Leipzig beschämend. Schließlich wurden Forderungen nach einem städtischen Versammlungsgebäude für die Abwicklung größerer Börsengeschäfte, welches mit dem europäischen Handel mithalten könne, laut. Die Initiative der 30 Handelsherren wurde vom Stadtrat am 6. Mai 1678 bewilligt und noch im selben Monat der Grundstein für die Börse gelegt. Die Entwürfe für den Bau stammten vermutlich vom Dresdner Oberlandbaumeister Johann Georg Starcke. Das zweigeschossige Gebäude wurde 1679 unter der Leitung des Ratsmaurermeisters Christian Richter errichtet und bereits vor dessen Vollendung am 13. Oktober desselben Jahres von der Kaufmannschaft genutzt. Zu diesem Zeitpunkt ließ sich noch nicht erahnen, dass hier das erste Leipziger Bauwerk im barocken Stil und nicht nach dem bisher üblichen streng geometrischen antiken Vorbild entstehen sollte.

Tauschen, wettbieten und verhandeln in internationaler Atmosphäre


Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss wurden ab 1682 für den Messewarenhandel an auswärtige Kaufleute vermietet, während der prunkvoll ausgestaltete Börsensaal im Obergeschoss erst 1687 fertiggestellt und fortan für Wechsel- und Geldgeschäfte genutzt wurde. Die Händler tauschten bei einem „guten Umtrunk“ Informationen über Handelswege, Preise und Risiken zu Absatzmärkten aus. Die Börse diente auch als Auktionshaus zur Versteigerung von Grundstücken, Häusern und beschlagnahmten Handelswaren. Kurfürst Friedrich August I. ließ 1699 im Erdgeschoss ein Kreditinstitut nach italienischem Vorbild einer „Banco di Depositi“ einrichten, wo die Händler ihr Geld zu wechselnden Zinsen anlegen, auswärtige Währung umtauschen und Kredite aufnehmen konnten. Die Bankfunktion der Börse wurde 1706 mit der Neuordnung des sächsischen Finanzwesens durch den Kurfürsten beendet.

Nach Vollendung der mit dekorativen Blumen- und Früchtegirlanden verzierten, lichten Fassade wurde die barocke Pracht des Bauwerks erkennbar. Trotz einer zwischenzeitlichen Erweiterung der Börse 1816 durch einen Vorbau, erwies sich das Gebäude als zu klein für das stark wachsende Messeaufkommen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Deshalb wurde die Börse im selben Jahr nach Plänen der Baumeister Johann Carl Friedrich Dauthe und Friedrich Weinbrenner umgebaut, erweitert und der Vorbau wieder entfernt.
Daraufhin wurde von 1883 bis 1886 am Tröndlinring 2 die Neue Börse errichtet. Mit ihrer Fertigstellung wurde das Gebäude auf dem Naschmarkt fortan als Alte Börse bezeichnet. Durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg wurde die Neue Börse 1943 vollkommen zerstört und, im Gegensatz zur ebenfalls völlig ausgebrannten Alten Börse, nicht wieder aufgebaut. Dabei gingen die prunkvolle Stuckdecke des schweizerischen Baumeisters und Stuckateurs Giovanni Simonetti und die Deckenmalereien von Johann Heinrich Am Ende im prunkvollen Börsensaal unwiederbringlich verloren. Gut zwölf Jahre nach der Zerstörung begann 1955 der Wiederaufbau der Alten Börse, die 1962 in vereinfachter Form wiederhergestellt wurde. Die heutige charakteristische Farbgebung wurde 1994 ergänzt. Seitdem wird sie für kleinere Kongresse und verschiedene kulturelle Anlässe genutzt. Auch die Internationale Ostereierbörse Leipziger Eierlei findet hier seit über 25 Jahren statt.

Die Rathausfrage


Durch die zunehmenden administrativen Aufgaben infolge des starken Einwohnerwachstums Ende des 19. Jahrhunderts plante die Stadt ein neues, größeres Rathaus. 1877 beschloss der Stadtrat den Abriss der Alten Börse zugunsten eines größeren Rathauses. Aus Kostengründen wurde der Beschluss 1883 wieder verworfen. Zwischenzeitlich gab es die Idee, einen kleineren Neubau des Rathauses zu entwickeln, der mit der Alten Handelsbörse und dem Alten Rathaus verbunden werden sollte. Auch dieser Plan wurde nicht umgesetzt und die Alte Börse diente den Stadtverordneten von 1887 bis zur Fertigstellung des Neuen Rathauses 1905 als Sitzungssaal.

Wenn sich Barock und Renaissance vereinen… 



Der pavillonartige Bau der Alten Handelsbörse erstrahlt heute in historischem weißen Gewand und mit zahlreichen vergoldeten Schmuckelementen. Das Gebäude weist durch seinen streng rechteckigen Bau mit fünf Fensterachsen in der Breite und sieben Fensterachsen in der Länge charakteristische Elemente der Renaissance auf. Von dem kleinen, von einer weißen Sandsteinbalustrade umfassten Vorhof, führt eine doppelseitige Treppenanlage zum oberen Stockwerk mit dem Börsensaal. Über dem Giebel des schmalen Eingangsportals sind zwei geflügelte Knaben abgebildet, die das vergoldete Relief des Leipziger Stadtwappens tragen. Damit bekundete man früher, dass es sich um eine offizielle städtische Institution handelt.

Die Alte Handelsbörse vereint gestalterische Elemente des italienischen und niederländischen Barocks, was ihre Einmaligkeit in der Leipziger Architektur betont. Die Fensterbrüstungen der Fassaden werden von plastischen, vergoldeten Girlanden nach niederländischem Vorbild geschmückt. Der gerade Dachabschluss weist Elemente der italienischen Architektur auf. Auf den vier Ecken der umlaufenden Balustrade wurden die zwei Meter hohen Figuren der römischen Gottheiten Apollo, Venus, Merkur und Minerva platziert. Dabei handelt es sich um originalgetreue Kopien der einst vom Bildhauer Hans Caspar Sandtmann 1683 erbauten und im Zweiten Weltkrieg zerstörten Sandsteinfiguren.

Mittelalterliches Treiben zwischen jungem Goethe und Löwenbrunnen


Auf einem hohen Sockel vor der Alten Börse befindet sich das Goethe-Denkmal. Das 1903 von Carl Seffner geschaffene Bronzestandbild zeigt den jungen Johann Wolfgang von Goethe im Zeitkostüm mit kaum 20 Jahren und erinnert an seine fast dreijährige Studienzeit in Leipzig. An der Grimmaischen Straße auf dem Naschmarkt befindet sich der 1918 nach Plänen von Hugo Licht neugestaltete Löwenbrunnen. Dabei handelt es sich um den ältesten noch funktionierenden Brunnen der Stadt.
Alljährlich zur Adventszeit verwandelt sich das Areal vor der Alten Handelsbörse zum mittelalterlichen Weihnachtsmarkt „Alt Leipzig“. Dort kann man historischen Handwerkern bei der Arbeit zusehen und Leckereien wie Heurekaner und warmen Met probieren.

Bildergalerie - Alte Handelsbörse in Leipzig

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