Blog

Schinkelportal

Augustusplatz 10 | Ortsteil: Zentrum

Die Universität Leipzig kann von einer Jahrhunderte alten Geschichte erzählen. Zu dieser gehören auch die Gebäudekomplexe und -details, die sich über die Jahre immer wieder veränderten oder neue Standorte erhielten. So erging es auch dem sogenannten Schinkelportal, das am 3. August 1836 eingeweiht wurde. Seinen Namen erhielt es von Karl Friedrich Schinkel, der das Portal entwarf.

Ein Portal, vier Standorte


Um der Universität Leipzig einen neuen Glanz zu geben, wurde in den Jahren 1832 bis 1836 ein neues Hauptgebäude am Augustusplatz errichtet – das
Augusteum. Benannt wurde es nach dem sächsischen König Friedrich August I. Zuständig für den Bau war der Stadt- und Universitätsbaudirektor Albert Geutebrück, der seine Baupläne schließlich dem Baumeister Karl Friedrich Schinkel vorlegte. Inbegriffen in diese Pläne war unter anderem ein Portal am Haupteingang des Universitätskomplexes, für welches Schinkel einen Entwurf vorbereitete. Nach diesem erarbeitete der Dresdner Bildhauer Ernst Rietschel die dafür vorgesehenen Reliefplatten aus Cottaer Sandstein und zwei weibliche Figuren mit Kronen im Haar. Diese sollten die griechischen Musen Kalliope und Polyhymnia darstellen. Erstere verkörpert die Muse der epischen Dichtung und wird mit einer Schreibtafel und Griffel dargestellt. Polyhymnia bedeutet auch „die Hymnenreiche“. Sie ist die Muse der feierlichen Musik und der Hymnendichtung. Die Figuren stehen auf zwei Pfeilern, die mit den Reliefplatten versehen sind. Zwischen ihnen ist eine Balusterbrüstung. Dieser erste Entwurf wurde schließlich am 3. August 1836 eingeweiht.

Im Jahr 1897 zog das Schinkelportal um. Grund hierfür war Arwed Roßbach und seine Umgestaltung des Augusteums. Das Portal wurde zu einem Hoftor südlich neben dem Hauptgebäude der Universität. Im Zuge dieses Umzugs wurden die Öffnung vergrößert und die heute noch erhaltenen Flügelbauten als Fußgängerdurchgänge ergänzt. An diesem Platz stand es bis 1965 und überlebte weitestgehend unbeschadet den Krieg. Lediglich die Balustrade und die beiden Statuen gingen verloren. Bis zu seinem nächsten Standort wurde es im Neubaukomplex der Universität eingelagert.

Bevor das Portal im Jahr 1981, dem 200. Geburtstag von Karl Friedrich Schinkel, einen neuen Platz bekam, wurde die sogenannte Roßbachsche Fassung im Zeitraum 1979 bis 1981 restauriert. Anschließend erhielt es zwischen dem neuen Hauptgebäude und dem Seminargebäude einen neuen Standort als freistehendes Hoftor. Die weiblichen Figuren fehlten hier jedoch weiterhin.

Zurück zu alten Mustern


Seinen vierten und bisher letzten Standort fand das Schinkelportal im Jahr 2004. Hier wurde das Tor demontiert und durch den niederländischen Architekten
Erik van Egeraat in die hofseitige Fassade des Neuen Augusteums integriert. Die Portalfunktion wurde wieder aufgenommen. Somit dient das prächtige Portal heute als Übergang vom Leibnizforum in das Augusteum. Im Verlauf der Restaurierung durch den Leipziger Bildhauer Markus Gläser entstanden auch die Balustrade mit den beiden Musenfiguren neu.

Karl Friedrich Schinkel – Begründer der Denkmalpflege


Bei dem seit 1810 im preußischen Staatsdienst tätigen Schinkel handelt es sich um den bedeutendsten Architekten des Klassizismus. Durch seine klare Formensprache wirkte er weit über Preußen hinaus. Als universeller Künstler prägte er mit Entwürfen für Bühnenbilder, Wandmalerei, Bauplastik, Möbel, Stoffen etc. einen allgemein gültigen Stil, den viele seiner Schüler weiter verbreiteten und der bis etwa 1870 nachwirkte. Schinkel wurde als einer der ersten Studenten der Berliner Bauakademie in die Baukunst eingeführt. Seine Ausbildung schloss er mit einer Italienreise (1803-1805) ab. Im Jahr 1815 stieg er zum preußischen Oberbaurat und 1831 zum Oberbaudirektor auf.

Die Leipziger Architektur beeinflusste Schinkel vor allem mit dem Augusteum und dem Schinkelportal. Weiterhin fungierte Schinkel als Gutachter für das dreigeschossige fünfzehnachsige Schützenhaus (1833/34), das sich im Bereich der heutigen Wintergartenstraße befand sowie beim Entwurf für die 1834 in der Ritterstraße 12 errichtete Deutsche Buchhändlerbörse, die von 1836 bis 1888 Sitz des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler war. Schinkel gilt auch als Begründer der Denkmalpflege, denn auf sein Engagement hin verordnete der preußische König am 4. Oktober 1815 die Genehmigungspflicht für Veränderungen an öffentlichen Denkmälern und Gebäuden.

Stand: 25.04.2024

Bildergalerie - Schinkelportal

Historisches Bildmaterial - Schinkelportal

Sächsisches Apothekenmuseum

Thomaskirchhof 12 | Ortsteil: Zentrum

Selbst zu Karl May gibt es eine Verbindung. Seine Romanfigur Kara Ben Nemsi hat im Buch „Durch die Wüste“ von 1881 eine homöopathische Reiseapotheke von Willmar Schwabe dabei, mit deren Hilfe er mehrere Kranke heilt. Ob der Schriftsteller und der Apotheker sich gekannt haben, ist nicht genau belegt. Zumindest die Centralapotheke am Leipziger Thomaskirchhof kennt May. Er hat ganz in ihrer Nähe gewohnt und sich dort mit großer Wahrscheinlichkeit Anregungen geholt.

Eine solche homöopathische Hausapotheke mit ihren mehr als 200 verschiedenen Wirkstoffen ist im Sächsischen Apothekenmuseum zu sehen. Dieses ist im Haus der ehemaligen Homöopathischen Central-Apotheke untergebracht und erzählt auf rund 100 Quadratmetern Episoden aus der sächsischen Apotheken-Geschichte und der Pharmazie.

Werben für den Apothekerberuf


Die Leipziger Apotheken-Historie startet 1409 mit der
Löwen-Apotheke, der ersten in Sachsen, die von einem aus Prag eingewanderten Heilkundigen eröffnet wird. Die Centralapotheke gilt als die erste rein homöopathische Apotheke Deutschlands.

Das Sächsische Apothekenmuseum wurde am 17. Juli 1999 eröffnet. Betrieben wird es vom Sächsischen Apothekerverband, der mit der Dauerausstellung auch gezielt Nachwuchs werben will. „Das Museum richtet sich nicht nur an Fachbesucher. Schließlich hat jeder ein Verhältnis zur Apotheke, zu Medikamenten und besitzt seine Erfahrungen mit Krankheit und Therapie“, sagt Susanna Seufert, die das Museum leitet. Erklärtes Ziel sei es, möglichst vielen Menschen das Berufsbild des Apothekers nahezubringen.

Ein Buch zum „Heilen der menschlichen Blödigkeit“


Gezeigt wird, wie sich die Ansprüche an die Apotheken im Laufe der letzten 150 Jahre verändern. Zu sehen sind Apotheker-Hilfsmittel wie Zäpfchenpressen, Drogenmühlen, Pillenbretter, Waagen, Mörser, Reibschalen und Spatel oder ein Infundier-Tisch aus dem Jahr 1894, mit dem einst im städtischen
Krankenhaus St. Jacob Kräuter ausgekocht wurden. Ältestes Exemplar der Sammlung ist ein Kräuter-Buch von 1672, das Tipps zum „Heilen der menschlichen Blödigkeit“ parat hat. Das ist allerdings kein Psychiatrie-Lehrbuch. „Blödigkeit steht in jener Zeit einfach für Krankheit“, erklärt Seufert. Ein Thema ist die erste Leipziger Arzneitaxe aus dem Jahr 1669. Das ist ein für alle Apotheken der Messestadt gültiger Preiskatalog mit einem ungewöhnlich großen Angebot von 2.950 Mitteln. Die mussten die Apotheker auch vorrätig haben. Selbst heute merkwürdig anmutende Arzneimittel wie geriebenes Einhornpulver. Das wird bis ins 18. Jahrhundert hinein verkauft. Erst dann stellt sich heraus, dass es sich in Wahrheit um Narwal-Stoßzähne handelt. 

Auch ein handgeschriebenes Rezepturen-Buch gibt es. Darin sind die geheimsten Mischungen aufgelistet. Glanzstück der Ausstellung ist eine Plastik vom weisen König Salomo, die sich einst an der gleichnamigen Apotheke befand, die 1470 ihr Privileg erhielt. Die Salomoapotheke wechselte mehrmals ihren Standort. Zuletzt am Peterskirchhof 7 angesiedelt, wurde sie 1983 endgültig geschlossen.

Leipzig als Zentrum der Homöopathie


Ein Raum ist
Samuel Hahnemann, dem Erfinder der Homöopathie, sowie dem bereits erwähnten Willmar Schwabe gewidmet, der Leipzig zu einem Zentrum dieser Naturheilmethode macht. Die Museumsbesucher erfahren zudem interessante Geschichten über Persönlichkeiten wie die Leipziger Apothekerfamilie Linck, deren 1757 erbautes Sommerdomizil Lincks Gartenhaus im Hinterhof der Seeburgstraße 45 noch heute existiert. Bei Führungen und Sonderaktionen, etwa bei der Museumsnacht Leipzig-Halle, ist es auch möglich, dass Interessierte sich beim Tabletten pressen ausprobieren können.

Eine typische DDR-Apotheke


Ausgestellt sind Inventar und Arzneimittel aus der
Falken-Apotheke Leipzig von 1982, die sich in der Ernst-Thälmann-Straße 99 (heute: Eisenbahnstraße) befand. In deren ehemaligen Räumen befindet sich seit ein paar Jahren das Szenelokal Kulturapotheke Leipzig. Für die Museumsgäste wird mit der Falken-Apotheke eine typische DDR-Apotheke im Grundriss erlebbar. Gezeigt wird allerdings nicht nur der Verkaufsraum, sondern das zum Funktionieren notwendige „Hinterland“. In verschiedenen ausziehbaren Schränken sind beispielsweise Betäubungsmittel, Gifte, ätherische Öle oder Krankenpfleger-Zubehör zu sehen. Ein Highlight ist das Schaudepot mit Medikamenten der DDR und einer für die 1960er Jahre typische Einrichtung. Es gibt ein Arzneimittelbuch. Ziel ist es, alle DDR-Arzneien zu zeigen. Das ist möglich, weil aus sich auflösenden Apotheken oder dem Nachlass von Verstorbenen immer noch „Neuzugänge“ eintreffen.

Im Museum gibt es inzwischen einen Audioguide, mit dessen Hilfe interessante Episoden aus der Apothekengeschichte zu hören sind. Die reicht weit zurück: Die Pille als älteste Arzneiform ist bereits im alten Mesopotamien und im alten Ägypten bekannt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich neue Formen und Herstellungstechniken entwickelt. Das Sächsische Apothekenmuseum bietet viel Wissenswertes rund um Tabletten, Kapseln und Dragees, um Tees, Tropfen und Tinkturen, um Salben Gele und Pflaster.

Einen Besuch wert ist auch das Restaurant Bachstüb’l im Erdgeschoss des Gebäudes, das viele Jahre unter dem Namen Centralapotheke existierte. Im Lokal befindet sich noch die Schrankwand aus dem Geschäftsraum der ehemaligen Homöopathischen Central-Apotheke.

Stand: 03.03.2024

Robert-Schumann-Denkmal

Universitätsstraße (hinter der Moritzbastei am Promenadenhügel am Roßplatz) | Ortsteil: Zentrum

Leipzig ist bekannt für die zahlreichen Musiker und Komponisten, die hier gewirkt haben. Einer von ihnen ist Robert Schumann. So kommt es nicht von ungefähr, dass in Leipzig das erste Denkmal weltweit für den berühmten Komponisten aufgestellt wurde. Eingeweiht wurde das Robert-Schumann-Denkmal am 8. April 1875 hinter der damaligen 1. Bürgerschule, die 1796 auf den Fundamenten der Moritzbastei errichtet wurde. Im Zweiten Weltkrieg fiel sie 1943 einem Bombenangriff zum Opfer.

Leben und Wirken eines begnadeten Künstlers


Der Komponist und Musikschriftsteller Robert Schumann wurde am 8. Juni 1810 in Zwickau geboren. Nachdem er im Mai 1828 für ein Studium der Rechte nach Leipzig kam, entschloss er sich schnell, sein Leben der Musik zu widmen. Einfluss darauf nahm der Musikpädagoge
Friedrich Wieck, durch welchen er auch seine spätere Frau, die Pianistin Clara Wieck, kennenlernte. In seiner Zeit in Leipzig, die bis in den Dezember 1844 reichte, gründete er die Zeitschrift „Neue Zeitschrift für Musik“, die bis heute besteht. Auch lehrte er am Konservatorium von Felix Mendelssohn Bartholdy und komponierte in dieser Zeit knapp zwei Drittel seiner Kompositionen oder führte sie erstmals auf. Ab 1833 traf er sich regelmäßig mit seinen Davidsbündlern zum Stammtisch im Lokal Zum Arabischen Coffe Baum. Später zog er nach Dresden und anschließend für seine letzte Stelle als Städtischer Musikdirektor nach Düsseldorf. Hier starb er am 29. Juli 1856 nach längerer Krankheit.

Heute wie damals das gleiche Denkmal


Knapp 20 Jahre nach seinem Tod wurde ihm zu Ehren das erste Denkmal überhaupt errichtet. Die Initiative kam dabei von einem Kunstfreund, der unbekannt bleiben wollte. Er trat unter dem Pseudonym Curt Falkenau auf. Heute ist bekannt, dass es sich um den Juristen
Philipp Curt Friedler handelte. Entworfen wurde das Denkmal vom Leipziger Architekten Bruno Leopold Grimm. Er entwarf eine übermannshohe, schlichte Säule, die nur durch einen angedeuteten Sockel gegliedert wurde. Dieser Obelisk ist vierseitig und rund drei Meter hoch. Er wurde aus grauem poliertem Syenit gefertigt. An einer Seite befindet sich ein Medaillon mit einem Durchmesser von 0,49 Metern. Heinrich Natter schuf es aus Bronze und stellte darauf den lebensgroßen Kopf Schumanns im Seitenprofil dar.

Das Denkmal wurde am 8. April 1875 eingeweiht. Knapp 100 Jahre später, im Jahr 1974, verschwand das Medaillon, das schon 1913 erstmals erneuert wurde. Aus Anlass des 125. Todestages Schumanns wurde im Jahr 1981 ein Neuguss vom Leipziger Bildhauer Rolf Nagel gefertigt. Um dem Original treu zu bleiben, nahm er bildliche Vorlagen zur Hand. Unterhalb des Medaillons ist die Inschrift „R. SCHUMANN“ zu lesen.

Das Denkmal finden Interessierte heute in den Promenadenanlagen südlich der Moritzbastei. Den Standort für das Denkmal schlug zur damaligen Zeit Otto Wittenberg vor, der in Leipzig über 40 Jahre als Ratsgärtner und Gartendirektor wirkte.

Stand: 25.04.2024

Bildergalerie - Robert-Schumann-Denkmal

Reclam-Museum

Kreuzstraße 12 / Inselstraße 20 | Ortsteil: Zentrum-Ost

Die Erfolgsgeschichte beginnt mit Faust. Nahezu jeder kennt Reclams Universal-Bibliothek, deren Ursprung in Leipzig liegt. Deshalb hat der Verein Literarisches Museum um Vereinschef Hans-Jochen Marquardt dem Verleger Anton Philipp Reclam ein eigenes Museum gewidmet. Den Grundstock dafür bildet die Privatsammlung Marquardts. Zu finden ist das kleine, aber feine Museum im Souterrain des Gebäudes Inselstraße 20 (Eingang Kreuzstraße 12). Das Haus gehört dem Schulträger Rahn Education, der dem Verein mietfrei zwei Räume bereitstellt. Zugleich hat die Schulgesellschaft eine große Regalwand gesponsert. Gleich gegenüber an der Ecke Inselstraße/Kreuzstraße liegt der frühere Gebäudekomplex des Reclam-Verlags. Im Museum werden gelegentlich Lesungen und andere Veranstaltungen angeboten. Oft ist das aus Kostengründen allerdings nicht möglich, denn ins Museum dürfen maximal 30 Personen hinein.

Reclam im Gedächtnis Leipzigs bewahren


„Unser Ziel ist es, den Namen Reclam im kulturellen Gedächtnis der Stadt Leipzig zu bewahren und zu pflegen“, sagt Marquardt. Wie lange das in einem eigenen Museum gelingt, ist offen. Der inzwischen betagte Germanist, Kleist-Forscher und Kulturwissenschaftler sucht einen Nachfolger, der das kleine Museum einmal übernimmt. Er reist zweimal die Woche aus Halle/Saale an, um es zu öffnen. Ein wenig Unterstützung gibt es vom Verein, zu dessen Mitgliedern auch der Verlag als Körperschaft gehört. Der Vereinsname knüpft an den von Reclam 1828 gegründeten Verlag Literarisches Museum an, der 1837 in Verlag Philipp Reclam jr. umbenannt wird. Derzeit laufen die Verhandlungen, die Sammlung dauerhaft in einer städtischen Einrichtung zu bewahren. 

Ein nächstes Highlight steht am 1. Oktober 2028 an. Dann jährt sich die Gründung des Verlages in der Grimmaischen Gasse 4 zum 200. Mal. Dessen erstes Domizil ist ein Haus gegenüber dem Löwenbrunnen neben dem heutigen Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig. Deshalb hat sich der Verein (24 Mitglieder in aller Welt) vorgenommen, dort eine Gedenktafel anzubringen.

Verleger Reclam gelingt Geniestreich


Es war ein Geniestreich: Der Verleger
Anton Philipp Reclam und sein Sohn Hans Heinrich Reclam haben die Neuregelung des Urheberrechts 1837 genutzt. Vom 10. November 1867 an waren Werke von Autoren, die vor dem 9. November 1837 gestorben waren, ‚gemeinfrei‘. Für die Verlage bringt dies den Vorteil, dass sie keine Tantiemen mehr zahlen müssen. Darauf hat sich Reclam akribisch vorbereitet, der mit „Faust I“ sogleich das erste Heft der künftigen Reihe in einer Auflage von 5.000 Exemplaren herausbringt. An diesem Tag legt er bereits 52 weitere Hefte vor, darunter 25 zwischen März 1865 und April 1867 gedruckte Shakespeare-Dramen. Das ist der Start für Reclams Universal-Bibliothek. Zuerst wird im März 1865 „Romeo und Julia“ (später Nr. 5 der Reihe) produziert. Vom historischen Heft 1 sind weltweit noch drei Exemplare bekannt. Eins ist in der Ausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums im Alten Rathaus zu sehen. Bis heute sind in der Universal-Bibliothek des Verlags nahezu 30.000 Titel erschienen.

Eine Leidenschaft für das Sammeln


„Mich hat fasziniert, wie Literatur für wenig Geld weiten Teilen der Bevölkerung zugänglich gemacht wurde“, begründet Marquardt seine Sammelleidenschaft. Der Verlag hat sein früheres Stammhaus in Leipzig im März 2006 geschlossen. Nach wie vor gibt er die älteste noch existierende deutschsprachige Taschenbuchreihe heraus. Das Museum zeigt alle in Leipzig erschienenen Titel der Reihe im Wandel der Zeit. Auch die Nachfolge-Reihe steht im Museum. „Die Stuttgarter Reihe konnte ich leider nicht sammeln, da kam ich zu DDR-Zeiten einfach nicht ran“, bedauert er. Tausende Exemplare hat er aber inzwischen ebenfalls erworben. 

Marquardt besitzt sämtliche Titel der Leipziger Universal-Bibliothek von deren Gründung 1867 bis 1990 und damit deutlich mehr als die Deutsche Nationalbibliothek, die als Deutsche Bücherei erst 1913 gegründet wird und damals zunächst rückwirkend ab 1912 sammelt.

Die Sammlung Marquardts umfasst aber nicht nur die Universal-Bibliothek, sondern ist viel umfangreicher. Dazu gehören auch Zeitschriften, die Reclam einst herausgibt. Eine heißt „Leipziger Locomotive“ – ein Volksblatt für tagesgeschichtliche Unterhaltungen – und wird nach anderthalb Jahren verboten. „Ich gucke weiterhin nach wie vor nach Besonderheiten.“

Bücherautomat und Feldbücherei aus den Weltkriegen


Ein Hingucker ist der Nachbau eines Bücherautomaten, den der Reclam-Verlag der Ausstellung als Leihgabe beisteuert. Von 1912 an können Leser sich aus diesem Automaten, der auf Bahnhöfen, auf Schiffen, in Krankenhäusern oder Kasernen steht, Bücher von Reclams Universal-Bibliothek ziehen. Der Automat ist voll funktionstüchtig. Unikate wie eine Blechkassette als „Wochenendbücherei“ der 1920er-Jahre sowie tragbare Feldbüchereien aus beiden Weltkriegen sind ebenfalls zu sehen. 

Die Feldbücherei hatte fünf verschiedene Füllungen mit deutschsprachiger Literatur, Regelbücher für Karten- und Brettspiele sowie humoristische Ausgaben, um von den Schrecken des Krieges abzulenken. Erschienen sind auch Tarnschriften. Das sind Bücher, die nur wie Reclam-Hefte aussehen. Sie sind von Kriegsgegnern, beispielsweise in England, hergestellt und mit dem Flugzeug abgeworfen worden. Darin konnten die Soldaten lesen, wer schuld am Krieg war. 1936 gibt ein vermeintlicher Dr. med. Wohltat eine Anleitung fürs Vortäuschen von Krankheiten heraus, damit junge Männer schon nach der Musterung nicht zum Militär müssen. Der Verlag kann nichts dagegen machen. Es ist jedoch ein Beleg für die Berühmtheit der Reihe.

Marquardt hat viele Unikate. Darunter die handschriftliche Freigabe des Druckes von Hermann Hesse für seine Erzählung „In der alten Sonne“ sowie viele Briefe. Ebenso zu sehen: Die Festschrift zum 100. Geburtstag des Verlages, bei der Thomas Mann im Alten Theater die Festrede hält. Zu sehen ist auch eine Ausgabe mit falsch gedrucktem Sowjetstern, deren Einband ausgetauscht werden musste. Eingestampft wird das Buch des rumänischen Autors Petru Dumitriu, von dem 1960 nahezu 15.000 Hefte seines Romans „Familienschmuck“ vernichtet werden, weil er in den Westen geflohen ist. Dort erscheint der Roman ebenfalls. Die Reclamhefte liegen zu jenem Zeitpunkt bereits auslieferungsfertig da. Davon gibt es nur noch ein Exemplar – und das befindet sich im Museum. Aufdrucke wie VEB Reclam wurden nur bei zehn Ausgaben verwendet. „Der Verlag war von der Sowjetischen Militäradministration keineswegs als Kriegsverbrecher eingestuft, durfte daher nach geltendem DDR-Recht nicht enteignet werden“, erklärt Marquardt. Ernst Reclam hatte sogar eine Lizenz, hätte daher in der DDR bleiben können. 1948 geht er jedoch nach Stuttgart, um dort den Verlag Philipp Reclam jun. Stuttgart aufzubauen. Das Leipziger Unternehmen wird teilenteignet und als „Verlag mit staatlicher Beteiligung“ weitergeführt. 1992 wird der Leipziger Reclam-Verlag dann reprivatisiert.

Marquardt steckt bei den Führungen voller Geschichten, die durchaus Stoff für ein Buch bieten. „Ich werde mich aber zur DDR-Zeit nicht in einem Buch äußern, weil ich mich selbst als befangen betrachte“, erklärt er. Sein Vater Hans Marquardt hat ab 1961 viele Jahre den Reclam-Verlag geleitet. „Von ihm stammt aber keins der Hefte“, so der habilitierte Wissenschaftler, den die Sammelleidenschaft 1967 gepackt hat.“

Stand: 10.03.2024

Pleißenburg

Burgplatz | Ortsteil: Zentrum

Das Neue Rathaus ist mit seinem 114,7 Meter hohen Turm nicht mehr wegzudenken aus Leipzigs Kulisse. Dass das riesige Gebäude einer Burg ähnelt, obwohl es mitten in der Innenstadt steht, kommt nicht von ungefähr. Es wurde der ehemaligen Pleißenburg nachempfunden, die im 13. Jahrhundert an diesem Standort erbaut wurde. Ihre Geschichte ist von zahlreichen bedeutenden historischen Ereignissen geprägt.

Die Ursprünge der Pleißenburg


Die erste dort ansässige Burganlage wurde im 13. Jahrhundert von
Markgraf Dietrich von Meißen erbaut. Dieser ließ um Leipzig drei sogenannte Zwingburgen gegen die Leipziger Bürger errichten, die sich gegen die Machtübernahme des Meißner Herrschers wehrten. Eine von ihnen befand sich in südlicher Richtung und wurde zunächst „markgräfliches Schloss“ und schließlich „Pleißenburg“ genannt. Der Name führte von ihrer Lage am damaligen Pleißemühlgraben her. Es dauerte nicht lange, bis die Bürger im Jahr 1224 die Burgen stürmten. Dabei blieb nur die Pleißenburg erhalten. Später wurde sie von den sächsischen Markgrafen zur Burg ausgebaut. Die Pleißenburg war unter anderem Schauplatz der Leipziger Disputation. Hier führten der katholische Theologe Johannes Eck mit den Reformationsführern Martin Luther, Andreas Karlstadt und Philipp Melanchthon vom 27. Juni bis 15. Juli 1519 ein akademisches Streitgespräch.

Lange galt die Pleißenburg als größtes Bauwerk der Stadt Leipzig. Im Jahr 1547 wurde sie jedoch im Zuge des Schmalkaldischen Kriegs schwer beschädigt. Kurfürst Moritz von Sachsen beauftragte kurzerhand den Leipziger Bürgermeister Hieronymus Lotter zum Bauherrn. Er sollte ein neues Bauwerk errichten. Die neu gebaute Burg galt zu der damaligen Zeit als modernste Anlage, sie sollte vor Feinden und vor allem möglichen Herrschaftsübernahmen schützen.

Mehr als eine Burg


Nach ihrer Rolle als Festung diente die Pleißenburg in vielerlei Hinsicht. So wurde unter anderem ab 1764 ein Flügel von der neu gegründeten
Zeichnungs-, Mahlerey- und Architektur-Academie unter Adam Friedrich Oeser genutzt. Auch Johann Wolfgang Goethe ist hier als Schüler ein- und ausgegangen. Ihre Tradition setzt heute die Hochschule für Grafik und Buchkunst fort. Auch der Turm, der damals eine Höhe von 52 Meter maß, wurde umfunktioniert und zur Sternwarte der Universität Leipzig ausgebaut. Im 19. Jahrhundert wurden Teile der Pleißenburg als Kaserne genutzt. Neben Soldaten zogen aber in dieser Zeit auch eine Dampfbäckerei und Getreidetürme ein. Auch die katholische Kirche nutzte die Räumlichkeiten. So fand im Jahr 1831 die Christmette zu Weihnachten hier statt, bei der auch die Gebrüder Strasser, eine Gesangsgruppe aus dem Zillertal, teilnahmen. Hier gaben sie ihr zu dieser Zeit noch unbekanntes Lied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ zum Besten. Damit begeisterten sie alle Bürger so, dass das Lied von Leipzig aus bekannt wurde.

Die Festung der Verwaltung


Nach der Reichsgründung im Jahr 1871 wuchs die Stadt schnell an. Mehr Einwohner erforderten jedoch auch eine größere Verwaltung, so dass der Entschluss gefasst wurde, das Rathaus zu vergrößern. Es wurde sich für das Grundstück der Pleißenburg entschieden, so dass diese am 21. April 1897 schließlich abgerissen wurde. Die Grundsteinlegung für das Neue Rathaus der Stadt Leipzig erfolgte am 19. Oktober 1899. Unter dem Stadtbaudirektor
Hugo Licht wurde das Neue Rathaus als eines der imposantesten Gebäude der Stadt errichtet. Es ist der alten Pleißenburg nachempfunden, jedoch ist lediglich der Turmstumpf von der alten Burg noch übriggeblieben. Am 7. Oktober 1905 wurde das Neue Rathaus eingeweiht und es erfolgte der Umzug der Verwaltung vom Alten Rathaus hierher. Das Gebäude beherbergt fast 700 Räume auf einer Grundfläche von 10.000 m². Auch im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude noch einmal teilweise zerstört. Jedoch konnten die Schäden schnell behoben werden.

Auf Teilen des Areals der ehemaligen Pleißenburg entstand nach deren Abriss um 1900 der Burgplatz. Fast 100 Jahre später, 1995, wurde dort unter dem Platz eine Tiefgarage errichtet. Zuvor gruben Archäologen die Grundmauern der Pleißenburg aus. Die später neu entstandene Plasterung des Burgplatzes markiert die Umrisse der Mauern mit dunkleren Steinen.

Vom Weinlager zur Hochzeitslocation


Im 14. Jahrhundert wurden unter der Pleißenburg Keller angelegt, die sogenannten Kasematten. Diese blieben auch nach dem Neuaufbau im 16. Jahrhundert erhalten und dienten als Lagerung für Wein. Sogar den der Bau des Neuen Rathauses überstanden die alten Kellergewölbe. Seit 2017 stellen die Kasematten einen Ort der Eheschließung dar. Jeden zweiten Freitag im Monat sind hier Zeremonien für bis zu 90 Personen möglich. Eine Ausnahme im Datum stellt das Pfingstwochenende dar, an dem jährlich das
Wave-Gotik-Treffen in Leipzig stattfindet. Um die Trauungen umsetzen zu können, wurden drei Gewölbetonnen umgerüstet. Die erste Tonne stellt die Garderobe dar, von der aus es weiter in den Trauungsbereich geht. Das dritte Gewölbe wurde mit Sanitäranlagen versehen. Alle anderen Keller blieben unverändert und wurden abgesperrt.

Stand: 16.04.2024

Philippuskirche

Aurelienstraße 54 | Ortsteil: Lindenau

Die zwischen 1907 und 1910 nach Plänen des Architekten Alfred Müller erbaute Philippuskirche befindet sich im Leipziger Stadtteil Lindenau am Karl-Heine-Kanal. Die neobarocke Fassadengestaltung mit markantem Kirchturm steht im Kontrast zum im gemäßigten Jugendstil gestalteten Innenraum. Nachdem die Philippuskirche seit 2002 gemeindlich kaum mehr genutzt wurde, wurde das Gebäudeensemble im Jahr 2012 dem Berufsbildungswerk (BBW) Leipzig zur Nutzung übertragen. Nach einer umfangreichen Umgestaltung des denkmalsgeschützten Gebäudeensembles eröffnete am 1. März 2018 in den Räumlichkeiten Leipzigs erstes Integrationshotel mit Biergarten. Der Kirchsaal wurde zu einem kulturellen, multifunktionalen Veranstaltungszentrum umfunktioniert.

Gemäßigter Jugendstil in neobarocker Hülle


Der markante, 62,5 Meter hohe Kirchturm der Philippuskirche mit neobarocker Kuppel ragt bereits von Weitem sichtbar über die Dächer des Stadtteils Lindenau und prägt diesen optisch. Nach dem starken Wachstum der Gemeinde Lindenau im Jahr 1906 gründete man im südlichen Teil die „Philippusgemeinde“. Bereits ein Jahr später wurde ein Wettbewerb zum Bau eines entsprechenden Gebäudekomplexes, bestehend aus Kirche, Pfarr- und Gemeindehaus, an der Aurelien-/ Helmholtzstraße ausgeschrieben. Den Bauzuschlag erhielt der Leipziger Architekt Alfred Müller, welcher bereits durch den Bau der Michaeliskirche bekannt wurde. Der ungewöhnliche und zugleich interessante Entwurf sah für das Gebäudeensemble einen Winkelbau vor, dessen Blickpunkt der an der Ecke platzierte, knapp 63 Meter hohe Kirchturm mit geschwungener, neobarocker Haube einnahm. Die beiden Gebäudeschenkel werden von dem rückwärtigen Gemeindehaustrakt verbunden. Trotz des auf den ersten Blick sehr massiv wirkenden Baus, erscheinen die Baumassen bei näherem Hinsehen Dank ihrer geschickten Gliederung sehr ausgewogen und harmonisch.

Gegenüber der niederländisch geprägten neobarocken Fassadengestaltung der Philippuskirche ließ Alfred Müller den Innenraum im gemäßigten Jugendstil gestalten. Eine Besonderheit stellt hier der nur äußerlich kreuzförmig erscheinende, überkuppelte Hauptraum dar. Hierbei orientierte sich Müller an der liturgischen Anordnung des Wiesbadener Programms aus dem Jahr 1891, welches einen Zentralraum forderte, in welchem sich die Gemeinde um Altar, Orgel und Kanzel herum „auf Augenhöhe“ versammelte. Die pneumatisch betriebene Jehmlich-Orgel, die Kanzel und der Altar wurden stufenförmig hintereinander angeordnet, während sich das Gestühl in halbkreisförmig ansteigenden Reihen um die liturgische Mitte gruppiert und auf gleicher Ebene wie die Kanzel und der Altar liegt. Dieser barocken Tradition entsprechend orientierte sich bereits George Bähr beim Bau der Dresdner Frauenkirche. Bei der Philippuskirche handelt es sich in Leipzig und der Region um den einzigen, nach diesem Prinzip entwickelten Sakralbau. Der reich geschmückte Innenraum der Kirche verfügt weiterhin über Messinglampen, welche sowohl mit Strom als auch mit Gas funktionieren. Nach drei Jahren Bauzeit von 1907 bis 1910 wurde die Kirche mit 730 Plätzen am 16. Oktober 1910 geweiht. Während der Kirchweihe spielte Paul Gerhardt auf der von ihm mitentwickelten Jehmlich-Orgel. Im Jahr 1999 vereinigten sich die Gemeinden der Philippuskirche und der Heilandskirche zur Kirchgemeinde Lindenau-Plagwitz. Seit 2002 fanden die Gottesdienste ausschließlich in der Heilandskirche statt.

Aus 100-jährigem Pfarrhaus wird modernes Integrationshotel


Nachdem die Philippuskirche über ein Jahrzehnt nicht mehr für Gottesdienste genutzt wurde, übertrug man das Gebäudeensemble im Jahr 2012 dem Berufsbildungswerk (BBW) Leipzig zur Nutzung. Das BBW plante für das denkmalgeschützte Gebäudeensemble eine Umgestaltung zum PHILIPPUS Leipzig Inklusionshotel mit Gastronomie und Freisitz direkt am Karl-Heine-Kanal. Die Idee dazu stammte ursprünglich aus Hamburg, wo 1993 Eltern von behinderten Kindern das Stadthaushotel in Altona gründeten. Entsprechend des „Philippus-Projektes“ begann unter der Leitung von Wolfgang Menz Anfang 2015 der Umbau der neobarocken Kirche zu einem 3-Sterne-Hotel. Ausgeführt wurde das Projekt vom Architekturbüro RKW. Ziel war es, die seit 2002 gemeindlich nicht mehr genutzte Philippuskirche zu einem multifunktionalen Veranstaltungsort umzuwandeln, ohne diese zu entweihen. Für die Umsetzung des Projektes stellte der Mitgliedsbetrieb des Diakonischen Werks insgesamt 4,2 Millionen Euro zur Verfügung, weitere 250.000 Euro wurden von der Fernsehlotterie „Aktion Mensch“ beigesteuert. Dabei handelte es sich um ein Förderprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Zu den Festangestellten sollten mindestens 40 Prozent Behinderte zählen.

Die Eröffnung von Leipzigs erstem Integrationshotel fand am 1. März 2018 statt. Zur Verfügung stehen seitdem 28 Doppel- und ein Einzelzimmer in den Kategorien „Klassik“ mit etwa 18 Quadratmetern und „Komfort“ mit circa 25 Quadratmetern mit Ausblick auf den Karl-Heine-Kanal. 28 der insgesamt 29 Räume sind barrierefrei. Zum PHILIPPUS Leipzig Inklusionshotel gehören eine Catering-Abteilung mit gastronomischer Versorgung der Hotelgäste sowie die Philippuskirche. Das neue Konzept umfasst die drei „Bs“ Beherbergung, Bewirtung und Botschaft. Teil der regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen ist seit 2014 auch die Benefizreihe verschiedener musikalischer Stilrichtungen namens „Konzerte am Kanal“ im Kirchsaal.

Frisch gezapftes Philippus-Bräu und Flammkuchen im einstigen Kirchgarten


Um die Eingriffe in den denkmalgeschützten Bestand auf ein Minimum zu reduzieren, wurde an der Westseite des Pfarrhauses neben dem Eingang ein gläsernes Foyer mit gläsernem Außenfahrstuhl geschaffen. Im Souterrain der Kirche entstanden eine Küche, Seminar- und Besprechungsräume, während der Kirchsaal in ein kulturelles, multifunktionales Veranstaltungszentrum umgewidmet wurde, in welchem u.a. Hochzeiten, Theateraufführungen, Firmen- und Geburtstagsfeiern sowie an jedem letzten Freitag im Monat ein Gottesdienst stattfinden. Der ehemalige Gemeindesaal wurde zum Frühstücks- und Seminarraum mit unmittelbarem Gartenzugang umfunktioniert. Im Jahr 2019 waren die umfangreichen Sanierungsarbeiten im Inneren der Kirche abgeschlossen. Anschließend wurde das Ensemble mit moderner Technik ausgestattet sowie die mehr als 100 Jahre alte Jehmlich-Orgel fachmännisch überholt.

Den idyllischen Kirchgarten funktionierte man zum Philippus-Biergarten mit 40 Plätzen um. Er wird vom Inklusionshotel betrieben. Gelegen zwischen Philippuskirche und Karl-Heine-Kanal ist dieser von Donnerstag bis Sonntag geöffnet und wird in den Sommermonaten zur Kulisse von Live-Musik und Theatervorführungen. Der Freisitz ist ebenfalls barrierefrei. Neben einem kleinen Imbissangebot, darunter saisonale Speisen, Flammkuchen und Brotzeitplatten, werden verschiedene warme und kalte Getränke sowie frisch gezapftes Philippus-Bräu angeboten. Der Biergarten verfügt zudem über eine kleine Bootsanlegestelle.

Stand: 28.09.2022

Bildergalerie - Philippuskirche

Historisches Bildmaterial - Philippuskirche

Otto-Koch-Denkmal

Roßplatz / Promenadenhügel | Ortsteil: Zentrum

Auf dem Grünstreifen zwischen Moritzbastei und Roßplatz ist ein Denkmal zu finden, das dem einstigen Leipziger Bürgermeister Karl Wilhelm Otto Koch gewidmet wurde. Kochs Nachfolger Otto Robert Georgi weihte es am 16. Mai 1899 ein.

Vom Juristen zum Bürgermeister


Otto Koch wurde am 3. Mai 1810 in Leipzig geboren. Nach dem Besuch der Leipziger Nikolaischule studierte er an der
Universität Leipzig Jura. Ab 1841 war er als Rechtsanwalt in Leipzig tätig und wurde 1844 Stadtverordneter. Im Jahr 1848 wirkte er zunächst als Vizebürgermeister, bevor er schließlich 1849 zum Bürgermeister der Stadt Leipzig ernannt wurde. Während seiner Amtszeit entstanden u.a. das Neue Theater am Augustusplatz sowie das Museum der bildenden Künste. Koch starb am 14. August 1876 in Connewitz und wurde auf dem Neuen Johannisfriedhof bestattet. Nach der Säkularisation des Friedhofs 1971 und der Anlage des Friedensparks wurde Kochs Grabmal in das Lapidarium des Alten Johannisfriedhofs überführt.

Der Weg zum Denkmal


Die Idee eines Denkmals stammte vom Kaufmann
Carl Ferdinand Rhode. Er hielt in seinem Testament diese Bestimmung fest und vermachte seinen Nachlass der Stadt. Da Koch zum Tod Rhodes noch am Leben war, verschob man den Bau und stellte erst 15 Jahre nach Rhodes Tod und mehr als 10 Jahre nach Kochs Tod die Mittel für ein Denkmal in Aussicht. Nach einigen Überlegungen schuf schließlich Carl Seffner im Jahr 1896/97 zwei Varianten einer Büste, die beide auf dem Promenadenhügel innerhalb des Promenadenrings aufgestellt wurden. Seffner wurde bereits durch Aufträge vom Gewandhaus zu Leipzig und dem Grassimuseum bekannt. Er schuf in Leipzig auch das Bach-Denkmal, das Goethe-Denkal, das Karl-Heine-Denkmal und das Kaiser-Maximilian-Denkmal.

Zum 50-jährigen Amtsantritt Otto Kochs, das im Jahr 1898 gefeiert wurde, stellte die Stadt Geld für das Postament und der Aufstellung der Büste zur Verfügung. Der Entwurf des Postaments stammte vom Bauinspektor Emil Friedrich Rayher. Das Ende November 1898 errichtete Denkmal steht in Blickrichtung der südlichen Grünanlage, die ein Projekt Kochs war. Es wurde schließlich am 16. Mai 1899 von Bürgermeister Otto Robert Georgi eingeweiht. Kurz vorher wurde das Denkmal bereits Opfer eines Anschlags.

Augrund seines schlechten Zustands wurde das Koch-Denkmal mitsamt Sockel im Jahr 1996, also fast 100 Jahre später, vom Steinbildhauer Christian Walter kopiert und am 2. April 1997 am selben Ort neu errichtet. Das alte verwitterte Original deponierte man im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.

Die Büste im Zeitkostüm


Das Denkmal zeigt eine sogenannte Hermenbüste, die den Kopf sowie den Oberkörper Kochs darstellt. Der Fokus liegt dabei auf der Frontansicht, während die Rückseite dagegen nur grob bearbeitet ist. Koch wird im Zeitkostüm präsentiert. Die Büste selbst misst 1,25 Meter und wird von einer 2-Meter hohen Säule getragen. Diese steht auf einem quadratischen Steinsockel mit mehreren Stufen. Auf der Vorderseite des Denkmals befindet sich eine Inschrift, die auf den Sockel und die Säule aufgeteilt ist. Hier steht geschrieben: „Dr. Otto Koch / 1849 – 1876 / Bürgermeister von Leipzig. / Errichtet von der dankbaren Stadt.“

Stand: 08.04.2024

Bildergalerie - Otto-Koch-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Otto-Koch-Denkmal

Liebknecht-Haus

Braustraße 15 | Ortsteil: Südvorstadt

Auf der Schreibmaschine von Karl Liebknecht können Interessierte sogar Texte schreiben. Das funktioniert über das Internet. Die Leipziger Linke, in deren Parteizentrale in der Braustraße 15 das Original aufbewahrt wird, hat die Bedienung so authentisch wie möglich gestaltet. Es handelt sich um eine „Frister & Rossmann, Modell 4“, die zwischen 1904 und 1910 in Berlin hergestellt wurde. Die Webseite enthält das Abbild der originalen Tastatur, mit der sich eigene Texte im Stile klassischer Schreibmaschinen erstellen lassen. Das historische Gerät ist eine Leihgabe des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig.

In einer Vitrine geschützt steht die Schreibmaschine des Gründers der Kommunistischen Partei Deutschlands im Liebknecht-Haus in der Südvorstadt.

Karl Liebknecht wird am 13. August 1871 in Leipzig geboren. Karl Marx und Friedrich Engels sind die Taufpaten des kleinen Karl, sind damals bei der Taufe in der Leipziger Thomaskirche allerdings nicht persönlich anwesend.

Ein Zentrum der deutschen Sozialdemokratie


Vater
Wilhelm Liebknecht lebt mit seiner Familie von 1867 bis 1881 in der Erdgeschosswohnung in der Braustraße 15. Mehr als ein Jahrzehnt wird das Haus zum Aktionszentrum der deutschen Sozialdemokratie. Wilhelm Liebknecht gehört zu deren führenden Köpfen. Auch August Bebel ist hier häufig zu Gast. Nach dem Abitur an der Alten Nikolaischule 1890 studiert Karl Rechtswissenschaft und Nationalökonomie, weil die Partei dringend Anwälte braucht. Eine Gedenktafel am Geburtshaus Karl Liebknechts an der Fassade erinnert an den Besuch von Karl Marx im Jahre 1874. Das Wohnhaus wird im Zweiten Weltkrieg zerstört. Danach wird die Erdgeschosswohnung, in der Karl Liebknecht die ersten zehn Lebensjahre verbrachte, restauriert und zur Gedenkstätte umgestaltet. Bereits am 13. August 1946 weiht DDR-Präsident Wilhelm Pieck hier eine Gedenktafel für Karl Liebknecht ein.

Ob Liebknecht auf der Schreibmaschine seine berühmte Rede verfasst hat, die er am 2. Dezember 1914 im Reichstag halten wollte, ist nicht nachgewiesen. „Es ist zwar wahrscheinlich. Wir wissen aber nicht, ab wann er die Maschine benutzt hat“, so Historiker Volker Külow, der für Die Linke im Leipziger Stadtrat sitzt. Als einziger Abgeordneter stimmte Liebknecht 1914 gegen die Bewilligung von Kriegskrediten und löste damit tumultartige Auseinandersetzungen im Parlament aus.

Ein Diebstahl sorgt für Schlagzeilen


Die Schreibmaschine sorgt bundesweit für Schlagzeilen, nachdem sie im November 2001 aus dem Liebknecht-Haus gestohlen wird. „Wir waren in heller Aufregung. Zum Glück stellte sich aber heraus, dass es im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig zuvor eine Verwechslung gab“, erinnert sich Külow. Beim Diebstahl handelte es sich gar nicht um die originale Schreibmaschine. Die historische Schreibmaschine ist inzwischen besser geschützt. Im Liebknecht-Haus wird noch ein Frack von Liebknecht aufbewahrt, den Enkelin
Maja Karlena Liebknecht gestiftet hat. Eine originale Nickelbrille ist im Stadtgeschichtlichen Museum zu finden.

Begegnungsstätte steht allen offen


Die Linken haben das Gebäude von der Stadt Leipzig 1997 in Erbbaupacht übernommen und mittels Spenden saniert und ausgebaut. Es beherbergt heute die Geschäftsstelle des Leipziger Stadtverbandes Die Linke, Abgeordnetenbüros, die Geschäftsstelle des Connewitzer Fußballvereins Roter Stern sowie den Rosa-Luxemburg-Raum auf dem ausgebauten Dachboden. Dort gibt es auch eine Bibliothek sowie Nachbildungen des Herbariums von
Rosa Luxemburg. „Wir wollten sie an die Seite von Karl Liebknecht stellen, obwohl sie mit dem Haus nichts zu tun hat“, erklärt Külow. Als Begegnungsstätte ist das Liebknecht-Haus für alle Interessierten offen. Bei schönem Wetter steht auch der Garten zur Verfügung.

Stand: 11.03.2024

Bildergalerie - Liebknecht-Haus

Historisches Bildmaterial - Liebknecht-Haus

Leipziger Weihnachtsmarkt

Markt / Augustusplatz und weitere Plätze und Straßen der Innenstadt | Ortsteil: Zentrum

Der Leipziger Weihnachtsmarkt wird alljährlich von Ende November bis zum 23. Dezember auf dem Markt und in weiteren Bereichen der Innenstadt veranstaltet. Organisator ist das Marktamt der Stadt Leipzig. Die Tradition des Leipziger Publikumsmagneten reicht bis ins Jahr 1458 zurück, womit er einer der ältesten und mit über 2,5 Millionen Besuchern einer der größten Weihnachtsmärkte in ganz Deutschland ist. Mit rund 300 Ständen wird ein einzigartiges kulturelles und kulinarisches Angebot geschaffen.

Deutsche Weihnachtsmarkttradition: Vom Fleischmarkt zum mehrwöchigen Event


Weihnachtliche Musik, hell erleuchtete Stände, Duft nach gebrannten Mandeln und Glühwein: Alljährlich in der Vorweihnachtszeit sind Weihnachtsmärkte für jedermann ein beliebtes Ausflugsziel. Die Wurzeln dieser Tradition reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. In Deutschland fanden erste Märkte bereits um das Jahr 1300 statt. Bereits zu früheren Zeiten galt die Versorgung der Besucher mit Speisen und Heißgetränken an diversen Verkaufsständen als wichtiger Bestandteil des Weihnachtsmarktes. Besonders beliebt waren schon damals Stollen, gebrannte Mandeln, Maronen, heiße Schokolade und Glühwein. An zahlreichen Buden wurden auch Weihnachtsartikel und Christbaumschmuck verkauft, während ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm aus Schauspiel- und Musikstücken das Spektakel abrundete. Im Zentrum des Weihnachtsmarktes standen ein riesiger Weihnachtsbaum oder eine große Weihnachtspyramide, die durch ihre festliche Beleuchtung für eine gemütliche Atmosphäre in der kalten Jahreszeit sorgten.

Weihnachtsmärkte sind heute über Deutschland hinaus auch in Österreich, der Schweiz, in Frankreich bis nach Italien und vereinzelt in Osteuropa verbreitet. Im englischsprachigen Raum sind die Kopien deutscher Weihnachtsmärkte unter der Bezeichnung „German Christmas Markets“ sehr populär. In Deutschland sind vor allem bayrische und sächsische Weihnachtsmärkte sehr bekannt. Der berühmteste – und zugleich einer der ältesten – ist der seit 1434 jährlich stattfindende Dresdner Striezelmarkt. Dabei handelte es sich ursprünglich um einen eintägigen Fleischmarkt, auf dem der Weihnachtsbraten ausgewählt werden konnte. Der älteste deutsche Weihnachtsmarkt ist nach dem Münchner Christkindlmarkt der Wenzelsmarkt in Bautzen, dessen Ursprünge bis ins Jahr 1384 zurückreichen. Als Besuchermagnete über die nationalen Grenzen hinaus gelten auch die Erzgebirgischen Weihnachtsmärkte. Die größten befinden sich in Freiberg, Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg. Besonders bekannt sind diese für den Verkauf von typisch erzgebirgischer Volkskunst, darunter Schwibbögen und Räuchermännchen.

Tradition seit 1458 – und wie aus Mangelwirtschaft der Märchenwald wurde…


Der Leipziger Weihnachtsmarkt gilt als einer der ältesten Weihnachtsmärkte in Deutschland. Wie aus dem „Leipzigschen Geschichtsbuch“ von 1714 durch den Historiker
Johann Jacob Vogel hervorgeht, reicht seine Tradition bis ins Jahr 1458 zurück: „Anno 1458 hat Churfürst Friedrich Marggraff zu Meissen und Hertzog zu Sachsen den Weynachtsmarckt öffentlich ausgeschrieben und die Stadt wegen der geleisteten treuen Dienste so Ihme von dem Rathe und der Bürgerschaft erweisen damit begnadiget.“

Sehr wahrscheinlich ist der Leipziger Weihnachtsmarkt sogar noch älter. Zu seiner Entstehungszeit fand er nur wenige Tage vor dem Fest statt. Da im Winter traditionell mehrmals geschlachtet wurde, versorgten sich die Leipziger hier vor allem mit Fleisch. Somit wurde die Versorgung der Bevölkerung, die oftmals nicht ausreichend Platz für die eigene Tierhaltung hatte, bis Ostern sichergestellt. Der Weihnachtsmarkt bot auch den Handwerksbetrieben die Möglichkeit, mit dem Verkauf ihrer selbst hergestellten Töpfe und Pfannen, gedrechseltem Spielzeug oder Schnitzerware in den auftragsarmen Wintermonaten dennoch genügend Umsatz zu machen. Vor allem Händler aus anderen Regionen kamen in die Stadt, um ihre Waren in der Vorweihnachtszeit feilzubieten. Somit wurde das Angebot des Leipziger Weihnachtsmarktes bedeutend ausgeweitet und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Die Verkaufsstände, die sich zunächst auf den Markt beschränkten, wurden auch in die umliegenden Gassen erweitert und der Brauch eines Weihnachtsbaums mit Lametta, Weihnachtsschmuck aus Glas und Lichterketten setzte sich durch. Zu dieser Zeit ähnelte der Weihnachtsmarkt bereits dem heutigen. Überlieferungen aus dem 19. Jahrhundert zufolge waren einige Besucher beinahe überfordert von der Vielzahl an Buden.

Der Zweite Weltkrieg und die Nachkriegszeit hatten einen starken Einfluss auf die Vielfalt der angebotenen Waren. Aufgrund der Mangelwirtschaft in der DDR konnten Spielzeug und Weihnachtsschmuck nicht ausreichend angeboten werden. Deshalb beauftragte die Stadtverwaltung die Werbefirma DEWAG, einen neuen Anreiz auf dem Weihnachtsmarkt zu schaffen: In diesem Zuge ebnete Elke Herschel den Weg für den traditionellen und noch heute sehr beliebten Märchenwald. Die Grafikerin war seit dessen Beginn 1978 für die Gestaltung der Märchenszenen verantwortlich.

Von 1997 bis 2012 erregte der von Tourismusfachmann Richard Schrumpf initiierte Weltgrößte freistehende Adventskalender große Aufmerksamkeit bei Medien und Besuchern. Zuerst in der Richard-Wagner-Straße aufgestellt, später im Böttchergässchen, gelangte er mit einer Größe von 857 Quadratmetern ins Guinness-Buch der Rekorde.

Internationales Flair: Finnisches Dorf, Südtiroler Dorf und Alt Leipzig…


Der Hauptbereich des Weihnachtsmarktes ist der vor dem
Alten Rathaus gelegene Markt. Hier findet alljährlich das Eröffnungsprogramm mit den Auftritten des Thomanerchors sowie der Leipziger Ratspfeifer statt, die vom Rathaus-Balkon musizieren. Auf dem Markt befinden sich inmitten der zahlreichen Verkaufsstände eine rund 20 Meter hohe Tanne und die Marktbühne, auf der ein umfangreiches Weihnachtsprogramm präsentiert wird. Im Café Zimtstern mit Kinderbäckerei werden winterliche Kaffeespezialitäten und hausgemachtes Gebäck in gemütlicher Atmosphäre angeboten. Auf der Marktbühne finden außerdem die Sprechstunden des Weihnachtsmanns statt, der sich höchstpersönlich um die kleinen Besucher kümmert. Seine Ankunft mit einer historischen Dampflok auf dem Hauptbahnhof bejubeln vor allem die kleinen Besucher.

Im benachbarten Salzgässchen befindet sich das historisch nachempfundene Etagenkarussell. Der Historische Weihnachtsmarkt Alt Leipzig auf dem Naschmarkt zwischen Löwenbrunnen und Alter Handelsbörse bringt den Besuchern die Kunst- und Handwerkstradition Leipzigs vom Kerzenzieher bis zum Kunstschmied nahe. Hier werden deftige Spezialitäten und heißer Met angeboten. Auf dem Nikolaikirchhof befindet sich nicht nur Leipzigs größter Adventskranz, sondern auch die größte Weihnachtspyramide, an der heiße Feuerzangenbowle ausgeschenkt wird. Seit 2019 ist die Grimmaische Straße mit einem Magischen Wald geschmückt, bestehend aus leuchtenden Tierfiguren wie Reh, Hase und Fuchs. Internationale Vielfalt wird auf dem Augustusplatz geboten: Hier befindet sich das Finnische Dorf mit landestypischem Handwerk und Köstlichkeiten wie Glögi und Flammlachs. Im benachbarten Südtiroler Dorf vor der Universität Leipzig können die Besucher neben Winzer-Glühwein auch Schüttelbrot und Kaminwurzen genießen. Vor dem Opernhaus werden im Märchenwald Grimms bekannteste Märchen in Lebensgröße dargestellt. In den Motiven wurden Fehler eingebaut, bei deren richtiger Lösung Preise gewonnen werden können. Neben zwei Kinderkarussells befindet sich hier auch das rund 38 Meter hohe Riesenrad, von dem aus sich ein einzigartiger Blick über die weihnachtlich geschmückte Stadt bietet.

Stand: 10.01.2024

Leipziger Buchmesse

Messe-Allee 1 | Ortsteil: Seehausen

In Leipzig wird der Frühling vier Tage lang zum Literaturfrühling. Die Buchmesse lockt mit dem Lesefestival „Leipzig liest“ Jahr für Jahr hunderttausende Besucher, mehr als 2.000 Aussteller sowie viele namhafte Autoren in die Messehallen in den Norden sowie an besondere Orte der Stadt. Im Zoo Leipzig und im Botanischen Garten werden Lesungen rund um Tiere und Natur organisiert, auf dem Südfriedhof eine Krimi- oder Gruselnacht, das Planetarium Schkeuditz widmet sich der Geschichte der Raumfahrt. Bei der Buchmesse rückt jeweils ein Gastland besonders in den Fokus. 2024 sind es unter dem Motto „alles außer flach“ die Niederlande und Flandern. 2025 folgt Norwegen.

Es geht um die Begegnung zwischen Verlagen und „Büchermachenden“ mit ihren Lesern. Literarische Neuerscheinungen bekommen – darunter auch durch den Preis der Leipziger Buchmesse in den Kategorien Belletristik, Sachbuch und Übersetzung – viel Aufmerksamkeit. Die Veranstaltung gilt als erster großer Branchentreff des Jahres. Anders als die Frankfurter Buchmesse ist die Leipziger Buchmesse eine Publikumsmesse. 2024 kommen 283.000 Gäste – rund 9.000 mehr als 2023. Insgesamt 2.085 Verlage aus 40 Ländern haben ihre Neuheiten auf der Frühlingsschau präsentiert. Buchmessechefin Astrid Böhmisch nennt insbesondere den wachsenden Zuspruch durch jüngere Menschen „sehr erfreulich“.

Fans stellen Idole aus Manga und Videospielen nach


Zu diesem Erfolg trägt die
Manga-Comic-Con bei. Das ist die wichtigste deutsche Frühjahrsveranstaltung der Manga- und Comicszene, die in die Buchmesse ebenso wie das Lesefestival „Leipzig liest“ und die Leipziger Antiquariatsmesse integriert ist. Fans können bei Lesungen, Signierstunden oder Workshops auf Stars der Branche treffen. Viele stellen dabei ihre Idole aus Manga, Anime, Filmen und Videospielen nach. Das Ganze nennt sich Cosplay. Der Begriff setzt sich aus den englischen Begriffen Costume und Play zusammen und bedeutet wörtlich übersetzt Kostümspiel. Für viele Cosplayer besteht das Ziel darin, ihre Lieblingsfiguren so originalgetreu wie möglich zu kopieren. Sie schlüpfen in bunte Accessoires, Perücken und meist selbst genähte Kleidung und flanieren durch die Hallen. Es ist aber mehr als Kostümieren, es werden auch typische Verhaltensweisen der jeweils dargestellten Charaktere adaptiert. Ein Highlight ist jedes Jahr der Cosplay-Wettbewerb, bei dem das schönste Kostüm gekürt wird.

Buchmesse hat eine lange Tradition


Die Geschichte der Buchmesse in Leipzig hat eine lange Tradition. Bereits mit der Reformation und dem daraus folgenden Boom des Buchdrucks wird Leipzig zu einem der wichtigsten Druckorte in Europa. Der erste Ratsmessekatalog, der die Neuerscheinungen auflistet, erscheint 1594. Viele Jahrhunderte gilt Leipzig als das Zentrum des deutschen Buchhandels. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kann die Frankfurter Buchmesse der Leipziger den Rang ablaufen.

Dennoch bleibt sie auch in der DDR für lesehungrige Menschen das Frühjahrsereignis. Immerhin werden auf der Messe DDR-Bücher ausgestellt, die in den Buchhandlungen nicht einfach gekauft werden können, weil die Auflage oft sehr klein bemessen ist. Hinzu kommt: Es gibt viele begehrenswerte Bücher westlicher Autoren und Verlage. Die sind allerdings nur Ausstellungsstücke. Viele Menschen lesen sie gleich am Messestand. Wer das begehrte Buch an einem Tag nicht schafft, kommt oft am nächsten Tag wieder.

Üblich wird es auch, dass ganze Bücher gleich abgeschrieben werden. Etwa von Studenten – einer liest vor und diktiert, ein anderer stenografiert mit. Damit begehrte Bücher nicht einfach im Gedränge verschwinden, hängen sie an Angelsehnen. Doch Bücherklau gibt es trotzdem – die Westverlage stellen sich darauf ein. „Bücherklauen zu DDR-Zeiten war quasi geistiger Mundraub!“ erzählt der Leipziger Kabarettist und Autor Bernd-Lutz Lange in seinem Buch „Mauer, Jeans und Prager Frühling“. Besonders groß ist das Interesse an Autoren, die in der DDR tabu sind. Dazu gehören auch zensierte Werke von unliebsamen DDR-Schriftstellern, die nur in Westverlagen erscheinen können. Bei DDR-Verlagen kommt es sogar vor, dass sie Blindbände in die Regale stellen, weil die Werke noch nicht gedruckt werden konnten.

Die DDR nutzt die Buchmesse als Leistungsschau, um Bücher und Kultur vor internationaler Kulisse in Szene zu setzen. Die DDR-Führung will dabei vor allem die Attraktivität des Sozialismus zeigen. Zudem bringt die Messe Devisen, weil viele Westverlage ihre Werke gern preiswerter als im Westen in der DDR drucken lassen. Die Buch- und Medienwissenschaftlerin Patricia F. Blume hat die Geschichte der Leipziger Buchmesse in der DDR in einem Buch aufgearbeitet, das 2024 im Verlag De Gruyter Saur erschienen ist.

Neues Messekonzept mit „Leipzig liest“ bringt Aufschwung


Mit der
Friedlichen Revolution und der Einheit Deutschlands hört das abgeschottete Leseland DDR auf zu existieren. Der freie Markt schwemmt Bücher im Überfluss in den Osten. Verlage der ehemaligen DDR müssen nun ums Überleben kämpfen. Der ostdeutsche Buchmarkt ist im Umbruch. Die erste eigenständige Leipziger Buchmesse – bislang ist sie Teil der Frühjahrsmesse – öffnet im Frühjahr 1990. Es kommen allerdings nur knapp 25.000 Besucher. Das ist auf den Umbruch des ostdeutschen Buchmarktes im Zuge der deutschen Einheit zurückzuführen. Es wird ein neues Messekonzept erarbeitet, das schon 1991 zu einem Besucherplus führt. Leipzig besinnt sich auf seine lange gewachsene Tradition der Buchkultur. Das bis heute sehr beliebte Lesefestival „Leipzig liest“ wird aus der Taufe gehoben. In jenem Jahr lesen 80 Autoren an knapp 160 Leipziger Orten.

Der Umzug der Buchmesse 1998 vom Messehaus am Markt in der Innenstadt auf das 1996 eröffnete neue Messegelände bringt ihr weiteren Aufschwung. Inzwischen hat sich Leipzig seinen Ruf als Bücherstadt längst zurückerobert. Leipzig ist jedes Jahr buchstäblich im Literaturfieber. Neue Formate wie #buchbar, bei dem Interessierte mit ihrem Autor einen Kaffee trinken können, sind beliebt. „Auch 2024 hat die Leipziger Buchmesse gezeigt, wie stark die Kraft des freien Wortes ist, die es gerade in schwierigen Zeiten wie diesen braucht“, resümiert Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe, in der Abschlussbilanz. Für 2025 ist ein Themenjahr „Buchstadt Leipzig – Stadt des freien Wortes“ geplant. Anlass dafür ist die Gründung des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler in Leipzig 1825. Leipzig will dabei die große Verlagstradition sowie die heutige Lese- und Buchstadt feiern. Im 19. Jahrhundert wächst mit dem Graphischen Viertel ein Areal, in dem sich Verlage wie Brockhaus, Philipp Reclam jr., Breitkopf & Härtel sowie Druckereien und Buchbindereien ansiedeln. Das Deutsche Buchgewerbehaus, der Sitz des Deutschen Buchgewerbevereins, entsteht hier ebenfalls.

Stand: 21.03.2024

Bildergalerie - Leipziger Buchmesse

Historisches Bildmaterial - Leipziger Buchmesse

error: Dieser Inhalt ist geschützt! Es ist nicht gestattet, diesen Inhalt zu kopieren. Vielen Dank für Ihr Verständnis.