Blog

Königshaus-Passage

Markt 17 / Petersstraße 13 | Ortsteil: Zentrum

An der südlichen Seite des Markts befindet sich das imposante Königshaus, das 1560 im Stil der Renaissance errichtet wurde. Seine heutige barocke Fassade verdankt das Gebäude einem Umbau 1706//07. Es wurde nach seinen Besitzern, der Familie Apel, auch Apels Haus genannt. Damals diente es vorrangig als Gästehaus der Stadt. Ein weiterer Umbau erfolgte während der Zeit des Ersten Weltkriegs durch Gustav Pflaume, der das Bürgerhaus in einen Messepalast der Mustermesse umfunktionierte. Im Jahr 1932 integrierte dann Curt Schiemichen die Königshaus-Passage. Diese verbindet bis heute die beiden denkmalgeschützten Gebäude Markt 17 und Petersstraße 13.

Zahlreiche Umbauten prägen die Architektur


Die Königshaus-Passage enthielt oberhalb der Schaufenster eine beidseitige Galerie mit Stabgeländern. Hier saßen Gäste der Cafés und konnten das Treiben unter sich beobachten. Das einheitlich durchgängige Oberlicht sorgte dabei für das richtige Ambiente. Die weißen Marmortreppen, die zu den Cafés führten, sind zwar heute noch erhalten. Nach ihrer Beschädigung im Zweiten Weltkrieg wurde jedoch auf Höhe der Café-Galerie eine Zwischendecke eingezogen. Die offene, helle Passage musste einem künstlich beleuchteten, erdgeschosshohen Durchgang weichen. Nach weiteren Umbauten verlängerte sich in den Jahren 1961 bis 1963 die Königshaus-Passage und kreuzt seitdem die
Mädler-Passage und Messehofpassage. Auch die Fassade des Erdgeschosses wurde im Jahr 1992/93 neugestaltet, so dass nun ein symmetrisches Doppelportal den Eingang zur Königshaus-Passage ziert.

Königlich Feiern in Leipzigs Innenstadt


Neben zahlreichen Geschäften und kleineren Restaurants ist die Königshaus-Passage seit vielen Jahren auch ein beliebter Ort für Partys. Wo einst der
Club L1 seine Tore öffnete, erstrahlt seit Oktober 2022 das neue Neonschild des Clubs Koenigshaus, kurz KOE. Die Inhaberinnen Josephine Rath und Stefanie Voigt geben hier Live Acts und wechselnden DJ’s die Möglichkeit, das Publikum zu begeistern. Mit verschiedenen Mottos und Themenabenden wird eine große Bandbreite an Klientel angesprochen. Der Club bietet Platz für bis zu 800 Personen sowie eine neue Lounge und einen VIP-Bereich.

Stand: 23.05.2024

Bildergalerie - Königshaus-Passage

Königshaus

Markt 17 | Ortsteil: Zentrum

Der unmittelbaren Nähe zum Alten Rathaus ist es vermutlich zu verdanken, dass das Königshaus heute seinen Namen trägt. Denn nachdem es als Gästehaus des Leipziger Rates 1560 im Renaissancestil errichtet wurde, ging hier eine lange Reihe illustrer Persönlichkeiten ein und aus. Ein Wendelstein im Inneren erinnert an diesen Ursprung.

Renaissancestil wird zu barockem Flair


Die Geschichte des Gebäudes bzw. seiner Vorgängerbauten geht bis in das 15. Jahrhundert zurück. Der erste Eigentumsnachweis stammt von 1459, seitdem wechselte immer mal der Besitzer. 1704 erwarb schließlich der Quedlinburger Kaufmann
Andreas Dietrich Apel das damals Welschische Haus genannte Gebäude.

Apel wurde 1662 in Quedlinburg geboren und vollzog eine Karriere im Seidenwarenhandel. Nach 1700 errichtete er am Ufer der Pleiße in Leipzig eine Reihe von Fabriken. Diese dienten der Herstellung von Seiden-, Damast- und Atlasstoffen sowie der Gold- und Silbergespinste. Er führte auch einen Garten jenseits der Pleiße, den Apelschen Garten, mit einer Parkanlage und Orangerien.

Fast 200 Jahre lang schrieb die Familie Apel Stadtgeschichte als Ratsherren, Stifter und Künstler. So wurde Heinrich Friedrich Innocentius Apel 1801 Bürgermeister. Sein Sohn Johann August Apel war Stadtrat und schrieb das „Gespensterbuch“. Guido Theodor Apel wurde ebenfalls Schriftsteller für Bühnenstücke und errichtete 44 Apelsteine zur Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig 1813.

1707 ließ Andreas Dietrich Apel das Gebäude vom Renaissancestil in den Barockstil umbauen. Dieser Umbau erfolgte durch den Maurermeister Johann Gregor Fuchs, der unter anderem die Fenster erhöhte und die Läden veränderte. Auch ein dreistöckiger Erker aus Holz wurde an die Fassade angebracht, der bis heute die Mittelachse der Vorderseite ziert. Seitdem wurde das Gebäude als Apelsches Haus bezeichnet. Doch Apels Haus diente auch weiterhin als Gästehaus des Leipziger Rates und war für die Kurfürsten von Sachsen das Quartier, wenn sie in Leipzig waren. Sie hatten bereits für Teile des alten Gebäudes einen Mietvertrag und die Stadt mietete auch weiterhin das erste Geschoss an.

Eine lange Reihe glanzvoller Persönlichkeiten


Jahrhunderte lang logierten hier die großen Herrscher. Das Haus war Schauplatz für kurfürstliche Feiern und die ein oder andere Hochzeit. Deshalb war es nicht weit hergeholt, dass ab 1904 die heute gebräuchliche Bezeichnung Königshaus etabliert wurde. 

So legte zum Beispiel im Mai 1698 Zar Peter der Große hier einen Zwischenstopp auf seiner Rückreise von Holland nach Russland ein. Der Legende nach ließ er Kanonen auf dem Markt aufstellen, die immer abgefeuert wurden, wenn im Königshaus ein Toast gesprochen wurde. Auch August der Starke hielt bei seinen Besuchen der Leipziger Messen in diesem Gebäude Hof. 

Während des Siebenjährigen Krieges ging hier der Preußenkönig Friedrich II ein und aus. Er ließ Leipzig besetzen und plünderte die Stadt. Bei einem seiner Besuche ließ er den Dichter Christian Fürchtegott Gellert für ein Gespräch zu sich kommen. Zwar lobte er ihn, soll aber auch seinen Hass gegenüber der deutschen Sprache ausgedrückt haben. Gellert war ebenfalls mutig und forderte den Frieden.

Um bequemen Fußes zum Alten Rathaus zu gelangen, wurde für hochrangige Gäste mehrmals eine hölzerne Brücke vom Königshaus errichtet. Diese hatte ein solches Ausmaß, dass auf der Brücke Soldaten Spalier stehen und salutieren konnten. Doch diese lange Reihe der berühmten Persönlichkeiten hatte nicht immer nur sein Gutes, denn die Stadt hatte dadurch auch hohe Rechnungen zu begleichen.

Vom Gästehaus zur Einkaufsstraße


Bereits im Ersten Weltkrieg wurde das Bürgerhaus zu einem Messepalast der Mustermesse umfunktioniert und von
Gustav Pflaume umgebaut. Der Leipziger Architekt Curt Schiemichen integrierte schließlich die Königshaus-Passage, welche die beiden denkmalgeschützten Gebäude Markt 17 und Petersstraße 13 verbindet.

Im Inneren des Königshauses ist von der ursprünglichen Substanz nur wenig erhalten geblieben. So zum Beispiel die barocken Stuckdecken im ersten Obergeschoss, die an die Glanzzeit des Hauses erinnern sowie ein kunstvoller Kamin. Im Erdgeschoss sind noch Teile der Joche, der Träger des Kreuzgewölbes, sichtbar. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass sich einst im Hintergebäude ein Saal befand, der mit Deckenmalerei geschmückt war. Hier fanden zuletzt die Konzerte der „Musikübenden Gesellschaft“ des Johann Adam Hiller statt, bevor das Orchester in das Alte Gewandhaus zog, das sich am Neumarkt befand. Heute erinnert dort noch die Gedenktafel – Standort Altes Gewandhaus an die Anfänge des Gewandhausorchesters.

Heute dient das Königshaus als Geschäfts- und Bürogebäude und mit seiner Passage als Einkaufszeile mit Geschäften, Restaurants und einem angesagten Club.

Stand: 21.09.2023

Bildergalerie - Königshaus

Historisches Bildmaterial - Königshaus

Junhold, Jörg

Zoodirektor, Tierarzt, Marketingfachmann | geb. am 25. März 1964 in Ortrand (Brandenburg)

Er krempelt die Ärmel hoch und scheut sich nicht vor gigantischen Projekten. Und es mag sich der ein oder andere gedacht haben, ob er nicht einfach ein wenig übertreibt. Doch Jörg Junhold, der seit 1997 Direktor des Zoos Leipzig ist, hat seine Visionen Wirklichkeit werden lassen. Die meisten Teile seines Masterplans „Zoo der Zukunft“ sind inzwischen realisiert. Ganesha Mandir, Makasi Simbar, die Tropenerlebniswelt Gondwanaland im Zoo Leipzig und Co. sind zu kleinen Paradiesen für die Tiere sowie zu einem Magneten für Besucher geworden. Die enge Käfighaltung von Tieren gehört längst der Vergangenheit an. Und die Leipziger Einrichtung katapultiert sich dank Junhold und seinem Team regelrecht an die internationale Spitzengruppe der Zoolandschaft.

Geboren wird Jörg Junhold 1964 in Ortrand (Landkreis Oberspreewald-Lausitz). Die Polytechnische Oberschule besucht der Tierarztsohn in Bönitz. Es folgt von 1980 bis 1983 eine Ausbildung an der Betriebsschule des BMK Kohle und Energie in Riesa, die er als Baufacharbeiter und mit dem Abitur verlässt. Eigentlich will er Architekt werden, entscheidet sich dann aber doch lieber für einen Berufsweg als Veterinär. Nach dem Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee absolviert er ab 1985 ein fünfjähriges Studium der Veterinärmedizin an der Universität Leipzig. Ein Jahr danach hat er die Approbation als Tierarzt in der Tasche, tritt ein Forschungsstudium an der Chirurgischen Tierklinik der Universität Leipzig an. 1994 wird er promoviert.

Als „unbeschriebenes Blatt“ zum Zoodirektor


Weil er sich neben dem Studium etwas dazuverdienen möchte, bereist er als Tierfuttervertreter mit Probebeuteln von Whiskas, Frolic und Co. den Osten Deutschlands. Sein Verkaufstalent und Geschick fallen auf, er bekommt schließlich einen Job in der westdeutschen Zentrale der Effem GmbH Verden. Bei der Tochter der Firma Mars bleibt er bis 1997 und erledigt Aufgaben als Marketingmanager in verschiedenen Positionen. „Management liegt mir einfach, ich habe schon immer gerne organisiert“, erzählt er später im Interview. Das hätte so weiter gehen können, auch in der großen weiten Welt. Doch ein Leipziger Freund ruft an, erzählt von der Suche nach einem neuen Zoodirektor. In Leipzig sei jemand gefragt, der sich sowohl mit Tieren als auch mit Marketing auskennt. 

Junhold zögert nicht und bewirbt sich. Er ist ebenso in der Fachwelt wie in der Leipziger Politik ein eher unbeschriebenes Blatt. Der promovierte Tierarzt überzeugt jedoch alle mit seinen Ideen. Im November 1997 beginnt sein Abenteuer Zoo als Direktor und Geschäftsführer der Zoo Leipzig GmbH.

Neubeginn mit naturnahen Gehegen


Leipzigs einstiger Besuchermagnet befindet sich in dieser Zeit in einem Sinkflug. Die Gehege sind zu klein, veraltet und die Haltung der Tiere hinter Gittern alles andere als zeitgemäß. Das ist auch an den Besucherzahlen zu spüren. Waren es 1989 noch 1,56 Millionen Gäste im Jahr, zählte man gerade mal noch 687.000 im Jahr 1996. Tierfreunde können inzwischen weit reisen und sich vielen interessanten Zielen in aller Welt zuwenden. Ein großer Neubeginn hin zu naturnahen, großzügigen Gehegen ist das Gebot der Stunde. Den Neustart liefern Junhold und sein Team mit dem Masterplan zum „Zoo der Zukunft“, der sechs große Themenbereiche beeinhaltet.

Die Idee hat allerdings die Konsequenz, dass die Artenvielfalt drastisch reduziert werden muss. Schließlich soll für einzelne Tierarten wesentlich mehr Platz geschaffen werden. Nur so kann für sie ein Lebensraum modelliert werden, der einem Leben in der Natur zumindest nahekommt. Mit seinem Team trifft Junhold sich zur „Spinnstunde“ an einer Art Rundem Tisch, um Ideen zu entwickeln. Das Konzept vom „Zoo der Zukunft“ wird im Jahr 2000 erstmals öffentlich vorgestellt und im Juni 2000 einstimmig vom Stadtrat beschlossen.

Pongoland begeistert Fachwelt und Besucher


Bis das gelingt, muss Junhold mit der Stadtverwaltung und der Politik viel reden, sich Verbündete suchen und Geld einwerben. Der Umbau des Zoos ist immerhin millionenschwer. Doch auch
Oper, Gewandhaus, bröckelnde Häuser etc. benötigen dringend Geld und werden so zur Konkurrenz. Dann kommt allerdings ein wenig Glück ins Spiel: Leipzig erhält den Zuschlag, mit Geld vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, eine neue Menschenaffenanlage samt Forschungsstation zu bauen. Pongoland, die weltweit einzigartige Menschenaffenanlage, wird am 1. April 2001 eröffnet. Die Fachwelt und die Besucher sind begeistert, gleich im ersten Jahr kann der Zoo wieder mehr als eine Million Besucher zählen. Die Menschenaffen-Anlage etabliert sich als Arbeitsplatz für Wissenschaftler aus der ganzen Welt.

Das neue Zoogefühl wird dank Junhold „gitterfrei, naturnah, großzügig.“ Und die Tierlandschaft entwickelt sich zum Naturerlebnispark, angereichert mit Gastronomie, Shops und Veranstaltungsflächen. Weitere Bereiche wie Tiger-Taiga, die Kiwara-Savanne und der Elefantentempel Ganesha Mandir folgen in den nächsten Jahren. Das Prunkstück des Masterplanes wird Gondwanaland, die Riesentropenhalle. Sie verschlingt allein gut 70 Millionen Euro. Die nicht nur im Winter gut besuchte Dschungellandschaft erweist sich als Joker für den Zoo. Die ehemalige Bärenburg wird zum Abenteuerspielplatz für Kinder. Am Ende ist Junhold mit seiner Erfolgsgeschichte noch lange nicht. Nach dem Aquarium wird 2024 das Terrarium saniert.

Weitere Bereiche wie das Feuerland, eine spektakuläre Wasserwelt, mit dem 140 Meter langen, weitgehend verglasten Unterwassertunnel sind noch im Entstehen. Ist diese Wasserwelt fertig, können die Besucher dann den Robben beim Tauchen zuschauen und zwischen Pinguinen schlendern.

Asiatische Inselwelten sind in Planung


Planer arbeiten bereits an den Asiatischen Inselwelten, dem letzten Vorhaben aus dem Masterplan zum „Zoo der Zukunft“. „Unser Ziel ist es, 2028 zum 150. Geburtstag des Zoos komplett fertig zu sein“, kündigt Junhold an, der seit 2013 Honorarprofessor der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig ist. Seit September 2005 gehört der Leipziger, der mit seiner Familie in
Panitzsch lebt, dem Vorstand des Weltverbandes der Zoos und Aquarien (WAZA) an. Vier Jahre später, im Oktober 2009, wird er in St. Louis (USA) bereits Vizepräsident und zugleich als kommender Präsident für die Amtszeit von 2011 bis 2013 bestätigt. Zwei Jahre leitet er den Weltverband der Zoos und Aquarien mit 326 Mitgliedern. Dieses Spitzenamt hat ihn auf fast alle Kontinente geführt.

Hat er jemals Angst vor der eigenen Courage bekommen? „Ich hatte immer Respekt vor dieser Riesenaufgabe“, sagt Visionär Junhold. Aber eben auch Grundvertrauen in das gesamte Zooteam, mit dem diese Aufgabe zu bewältigen ist. Der Erfolg gibt ihm recht: 2023 kommen wieder 1,9 Millionen Besucher, 2022 waren es mit 1,87 Millionen nur geringfügig weniger. Im April 2024 verlängerte der Aufsichtsrat des Zoos den Vertrag Junholds, dessen Lieblingstiere die Elefanten sind, bis 2031.

Parallel zur Umsetzung des Masterplans hat der Professor den Zoo Leipzig nicht nur zu einem touristischen Anziehungspunkt weit über die Stadtgrenzen hinaus entwickelt, sondern ihn auch als Natur- und Artenschutzzentrum etabliert. Das Engagement für bedrohte Arten und Lebensräume reicht vom regionalen Projekt für den vom Aussterben bedrohten Feldhamster bis zum internationalen Schutz hochbedrohter Primaten in Vietnam. „Der Zoo der Zukunft‘ ist ein Ort der Bildung, des Artenschutzes und der Freizeitgestaltung. Er ist Teil der Lösung bei der Rettung bedrohter Tierarten und er ist Brücke in die natürlichen Lebensräume, die es zu kennen und zu schützen gilt. „In den kommenden Jahren wollen wir den Artenschutz und die wissenschaftliche Forschung weiter ausbauen“, formuliert Junhold die Ziele auf diesem Gebiet.

Junhold wird Fußballbotschafter


Als Botschafter der UEFA EURO 2024 ist Jörg Junhold das Gesicht des Spielortes Leipzig. Er wirbt dafür, bei einer Waldmeisterschaft für jedes der vier Leipziger Spiele 2024 Bäume zu pflanzen. Hintergrund: Die deutschen Wälder leiden stark unter Stürmen, Trockenheit und Schädlingen. Das Vorhaben gelingt und der Leipziger Zoodirektor ist mit rund 8.100 Setzlingen der größte Baumpflanzer Sachsens geworden – und möchte das Engagement mit weiteren Pflanzungen fortsetzen. Junhold ist Fußballfan. Kein Wunder, dass sich der Konzertgarten vom Leipziger Zoo zur Fußball-EM in ein sogenanntes „Stadion der Träume“ verwandelte. Träumen kann Junhold. Und er schafft es auch, diese in die Tat umzusetzen.

Stand: 15.07.2024

Bildergalerie - Junhold, Jörg

Hochschule für Grafik und Buchkunst

Wächterstraße 11 | Ortsteil: Zentrum-Süd

Die Geschichte der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) geht bis in das Jahr 1764 zurück. Damit gilt sie als eine der ältesten Kunstakademien Deutschlands. Während zu ihren ersten Studenten Johann Wolfgang Goethe zählte, gingen auch berühmte Künstler wie Werner Tübke, Neo Rauch und Rosa Loy daraus hervor.

Eine Schule, viele Namen


Ihre Ursprünge fand die HGB in der 1764 gegründeten „Zeichnungs-, Mahlerey- und Architektur-Academie“. Ihr Direktor war
Adam Friedrich Oeser, der auch der Zeichenlehrer von Goethe war. Oeser unterrichtete zunächst in seiner Wohnung, bevor die Akademie in das kurfürstliche Amtshaus umzog. Bald darauf bezogen die Studenten den neuen Sitz in einem Flügel der damaligen Pleißenburg. Im Jahr 1814 wurde Hans Veit Schnorr von Carolsfeld der neue Direktor und führte geregelte Stundenpläne sowie eine Registrierung von Schüleraufnahmen und -abgängen ein. Jedoch wollte sich der Erfolg nicht so recht einstellen, so dass 1868 die Stadtverwaltung den Antrag verfasste, die Akademie aufzulösen. Doch Neureformen brachten überarbeitete Lernkonzepte, wie die Verbindung der künstlerischen Lehre mit dem Werkstattunterricht und eine modernere Gestaltung der Ausbildung in Tages- und Abendkursen. Auch an den Bedürfnissen der in der Stadt ansässigen Industrie und des Buchgewerbes wurde sich wieder vermehrt orientiert, wie es zu Beginn der Akademiegründung üblich war. So bekam die Schule einen spürbaren Aufschwung, was sich auch durch ein eigenes Gebäude zeigte. Dafür wurde 1885 ein Wettbewerb für einen Neubau ausgeschrieben, den der Karlsruher Architekt Otto Warth gewann.

Im Jahr 1900 wurde die Akademie zur „Königlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe“ umbenannt. Seitdem entwickelten sich stetig neue und auch wechselnde Abteilungen und Lehrinhalte. International fand die Hochschule immer mehr Ansehen, so dass sie stetig in städtische, nationale sowie internationale Vorhaben eingebunden wurde. So fand 1914 im 150. Jubiläumsjahr erstmals die Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik (BUGRA) statt. Ein weiterer Höhepunkt war im Jahr 1927 die erste Internationale Buchkunst-Ausstellung (IBA).

Doch politische Auseinandersetzungen gingen auch an der Hochschule nicht spurlos vorbei. Nach 1933 änderte sich auch hier die politische Ausrichtung spürbar, so dass Lehrkräfte teilweise das Haus verlassen mussten. Dennoch wurde der Unterricht aufrechterhalten – auch nach Bombenschäden im Krieg, die zwei Drittel der Bausubstanz zerstörten. Nach einigen Umstrukturierungen wurde 1947 die Hochschule mit neu eingesetzten Leitern wiedereröffnet. Kurz danach bekam die Schule den Namen, der heute noch erhalten ist: „Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig“. Die Bereiche Malerei, Buchkunst und Fotografie existieren seitdem in wechselnden Strukturen und Bezeichnungen nebeneinander. Vor allem die Malerei verhalf in den 1960er bis 80er Jahren der Hochschule wieder zu internationalem Ansehen, nicht zuletzt durch die „Leipziger Schule“. Diese Strömung innerhalb der zeitgenössischen Kunst geht auf die von Bernhard Heisig gegründete Malklasse zurück. Nach 1990 kam es schließlich zu erneuten Umstrukturierungen, die in der heutigen Gestaltung der Hochschule mündete. Es entstand auch ein neuer und damit vierter Fachbereich, die Medienkunst.

Die Neuorientierung wird sichtbar


Das 167 Meter lange Gebäude der HGB wurde 1887 bis 1890 nach einem Entwurf von
Otto Warth im Stil der italienischen Hochrenaissance errichtet. Dessen Projektpläne waren jedoch zuvor von den königlich sächsischen Oberbauräten Otto Wankel und Carl Hugo Nauck wesentlich überarbeitet worden. Das repräsentative Gebäude besitzt zwei Seitenflügel mit separaten Eingängen und Treppenhäusern. Es besteht aus zwei Eckrisaliten und einem Mittelrisalit, der dominant hervorkommt. Im zweiten Obergeschoss befinden sich zwischen den Fenstern des Mittelrisaliten Nischen, die mit weiblichen Figuren versehen sind. Eine Figur hält eine Schrifttafel, während die andere eine Amphore als symbolischen Topf für Druckfarbe präsentiert. Den Abschluss bildet ein Giebel, an dem heute noch das Hoheitszeichen der Königlichen Akademie erhalten ist – das sächsische Rautenkranzwappen. Im Inneren gibt es große Treppenaufgänge und einen Lichthof mit einer Galerie. Die Räume sind so konzipiert, dass sich die Theorie mit der Praxis verbinden lässt. Die Geschosshöhe liegt bei fünf Metern, während die Ateliers im Dachgeschoss sogar bis zu sechs Meter in die Höhe reichen.

Bei der Neuorientierung und Umstrukturierung im Jahr 1990 wurde der Umbau abschnittweise bis 2003 realisiert. Neben der Sanierung der Sanierung wurde auch der Innenbereich erneuert. Dazu zählt das Foyer mit den Stuckarbeiten, die Glasdecke mit der Glaspyramide, aber auch die neugestaltete Galerie als Ausstellungsraum. Ebenso wurden technische Neuerungen vorgenommen.

Stand: 02.01.2024

GRASSI Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig

Johannisplatz 5-11 | Ortsteil: Zentrum-Südost

Glockengeläut ruft die Menschen zum Gottesdienst, Fiedler und Geiger unterhalten die Menschen, seit 1599 musizieren in Leipzig die Stadtpfeifer auf dem Balkon des Alten Rathauses. Viele dieser Klänge und Töne haben mit Musikinstrumenten zu tun. Eine Vielzahl historischer Instrumente sind im GRASSI Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig zu sehen. Das begibt sich auf eine Suche nach dem vollkommenen Klang. So jedenfalls ist die Dauerschau überschrieben, die ihren Besuchern viele Kostbarkeiten zeigt. Um die Unikate zu schützen, sind viele davon wohl behütet unter Glas. Nur wenige können noch ein klingendes Zeugnis davon ablegen, wie sich die Musik zu ihrer Zeit tatsächlich anhörte. Doch auch kunsthandwerklich betrachtet sind viele Ausstellungsstücke eine Augenweide. Details wie Intarsien, Malereien oder Ziselierungen lassen den Betrachter heute erahnen, welche hohe Wertschätzung die jeweiligen Besitzer ihren Instrumenten entgegenbrachten.

Mehr als 5.000 Musikinstrumente aus fünf Jahrhunderten gehören zu der bedeutenden Sammlung, für die der holländische Musikverleger Paul de Wit 1886 den Grundstock legt. Er gründet sein Musikhistorisches Museum im heutigen Bosehaus am Thomaskirchhof 16. Seine Instrumente bringt er dort gelegentlich auch zum Klingen.

Historische Sammlung kommt ins Grassimuseum


1905 verkauft Paul de Wit die Sammlung an den Papierfabrikanten
Wilhelm Heyer aus Köln, der 1913 das „Musikhistorische Museum Wilhelm Heyer“ eröffnet. Nach seinem Tod wird die Sammlung erneut verkauft – 1926 geht sie in den Besitz der Universität Leipzig über.

Das ermöglicht Henri Hinrichsen, der Inhaber des renommierten Musikverlages C. F. Peters. Er spendet die gewaltige Summe von 200.000 Mark. Der sächsische Staat gibt weitere 600.000 Mark hinzu. Als Domizil bietet die Stadt Leipzig für die Sammlung den Nordflügel des neu erbauten Grassimuseums am Johannisplatz an. Am 30. Mai 1929 eröffnet, dient das Musikinstrumentenmuseum als Teil der Universität der Forschung und Lehre.

Dort erlebt die Sammlung eine wechselvolle Geschichte, was auch mit dem anglo-amerikanischen Bombenangriff am 3./4. Dezember 1943 zu tun hat. Dabei brennt das Grassimuseum fast vollständig aus. Viele Originale der Sammlung können nicht mehr gerettet werden. Es gibt aber auch Schäden an ausgelagerten Beständen sowie Verluste durch unsachgemäße Lagerung und Diebstähle in der Nachkriegszeit. Dennoch besitzt das Museum die größte Sammlung ihrer Art in Deutschland und nach Brüssel die zweitgrößte in Europa. Anfang der 1950er-Jahre öffnet sie wieder schrittweise für die Öffentlichkeit.

1981 müssen die drei Grassi-Museen (Kunsthandwerk, Völkerkunde und Musikinstrumente) nach einer Heizungshavarie geschlossen werden, können erst schrittweise wieder öffnen. In den Jahren 2000 bis 2005 wird das komplette Haus rekonstruiert und modernisiert. Im April 2006 meldet sich das Musikinstrumentenmuseum mit der ersten Ausstellungsfläche zurück.

Eine Suche nach dem vollkommenen Klang


Mehr als 5.550 Instrumente sind heute im Nordflügel des Grassimuseums ausgestellt.
Eszter Fontana, Direktorin des Musikinstrumentenmuseums bis 2013, hat die legendäre Sammlung konzeptionell ins neue Jahrtausend geführt und neu erschlossen. Sie begibt sich mit ihrem Team auf die Suche nach dem vollkommenen Klang. Zu sehen sind nach wie vor Kostbarkeiten, wie das älteste datierte Clavichord aus dem Jahre 1543. Es gibt jedoch viele neue Angebote wie ein Klanglabor, wo beispielsweise ein Plexiglasklavier zum Ausprobieren steht. Im Klanglabor kann erkundet werden, wie ein Klang überhaupt entsteht, wie ein Ton erzeugt werden kann und wie Instrumente von innen aussehen. Besucher dürfen Instrumente wie Clavichord und Cembalo testen, eine Windmaschine und transparente Orgel ausprobieren oder auf einer Trommel heiße Rhythmen spielen – anders als bei den Originalen der Ausstellung ist das sogar erwünscht.

Eine Kostbarkeit und Augenweide der Ausstellung ist der älteste original erhaltene Hammerflügel der Welt, den Bartolomeo Cristofori im Jahre 1726 gebaut hat. Ihm gelang es als erstem, eine funktionstüchtige Mechanik zu konstruieren, die den Anschlag der Saiten durch Hämmer mit einer Tastatur koppelt. Die Oberfläche des Instrumentes ist im Chinoiserie-Stil bemalt und mit Menschen, Tempeln, Blumen, Elefanten und anderen in Gold und Silber gehaltenen Motiven verziert.

Das Museum zeigt natürlich nicht nur Flügel und Klaviere. Wer es besucht, bekommt einen Überblick über die Entwicklung des europäischen Instrumentariums von der Renaissance bis zur Gegenwart. Aber auch Kuriositäten wie Geigen und Flöten in Form eines Spazierstockes, Giraffenflügel, ein „musizierendes“ Spinnrad sowie ein zusammenklappbares Reisecembalo sind zu bewundern.

Konzerte und Tänze im Zimeliensaal


Erinnert wird an
Johann Sebastian Bach, in dessen Wohnung mehrfach bekannte Lautisten musikalisch wetteifern. Instrumente der Barockzeit sind auch zu sehen. Im Zimeliensaal erklingen regelmäßig Konzerte auf historischen Instrumenten. Barocktanz in historischen Kostümen ist ebenfalls hin und wieder zu erleben. Im Bereich der Blechblasinstrumente ist neben verschiedenen Hörnern und Trompeten, wie sie in Militärblaskapellen verwendet werden, auch ein grotesk ins Riesenhafte ausgedehntes Kontrabass-Saxophon zu besichtigen.

Leipzig ist viele Jahrzehnte die Welthauptstadt der Musikautomaten. So existieren in den Jahren zwischen 1876 und 1930 in Leipzig mehr als 100 Fabriken und Werkstätten für den Bau selbstspielender Musikinstrumente. Den Schwerpunkt bilden Lochplatten-Musikwerke und mit Notenrollen gesteuerte Klaviere und Klavier-Orchestrions. Sie verlieren erst mit dem Aufkommen von Schallplatten ihre Bedeutung. Das Museum erinnert an die Automaten, die zur Museumsnacht Halle und Leipzig sogar zum Konzert aufspielen.

Kinoorgel erinnert an Stummfilmzeit


Wer sich einmal in die Stummfilmzeit versetzen lassen will, sollte sich die Kinoorgel im großen Vortragssaal nicht entgehen lassen. Glockengeläut, Vogelgezwitscher, Regen, Donner, Autohupe – eine Kinoorgel kann viele Geräusche imitieren, um Effekte für den Stummfilm zu erzeugen. Das Museum hat die Kinoorgel, die 1929 für das Palast-Theater Erfurt gebaut worden ist, restaurieren lassen und setzt sie – wie andere Originale aus der Sammlung – regelmäßig für Konzerte ein.

Stand: 11.03.2024

Bildergalerie - GRASSI Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig

Gipsabdruck-Sammlung des Antikenmuseums

Dittrichring 13 | Ortsteil: Zentrum

Die Skulpturengruppe des „Toro Farnese“ von 1896 ist knapp vier Meter hoch. Ihr Gipsabdruck – eine spektakuläre Gruppe mit einem wilden Stier in der Mitte – war einst der Hingucker im Leipziger Johanneum. Doch auch der Seitenflügel des Augusteums, des Haupthauses der Universität Leipzig, bleibt im Zweiten Weltkrieg vom Bombenhagel nicht verschont. Vom „Toro Farnese“ blieben rund 50 Einzelteile übrig, die sich seit 1968 – nach der endgültigen Sprengung des Augusteums – im Magazin des Antikenmuseums der Universität Leipzig befinden. Das zeigt seine Ausstellung in der Alten Nikolaischule am Nikolaikirchhof.

Wertvolle Anschauungsobjekte für Forschung und Lehre


Sein Depot hat es inzwischen in ein Bürohaus an den Dittrichring 13 verlagert. Im Gebäude, in dem sich auch die
G2 Kunsthalle befindet, ist nun die Gipsabguss-Sammlung des Museums beheimatet. Sie zählt zu den größten und wertvollsten deutschen Sammlungen ihrer Art. Solche Gipsabgüsse stellt die Klassische Archäologie von den Schlüsselwerken antiker Skulpturen her. Es sind Abformungen originaler Marmor- und Bronzewerke, die in vielen Museen in aller Welt verstreut sind. Für die Forschung, aber auch für die Ausbildung der Studenten, sind sie wertvolle Anschauungsobjekte, weil sie Kunstwerke dreidimensional erlebbar machen. Etwa 800 historische Gipsabgüsse griechischer und römischer Skulpturen werden im Magazin des Leipziger Antikenmuseums gelagert. Aber eben nicht nur aufbewahrt. Die Skulpturengruppe des „Toro Farnese“ wird derzeit bei einem Pilotprojekt restauriert. Von einer Spezialfirma sind zunächst die Teile gereinigt worden. Inzwischen werden sie digital erfasst und über ein 3D-Druckverfahren digital ergänzt. Dadurch wissen die Restauratoren, welche Teile vorhanden sind, welche fehlen. „Unser großer Wunsch ist es, die Skulpturengruppe wieder der Leipziger Öffentlichkeit präsentieren zu können“, sagt der Kustos Jörn Lang zum Start des Projektes. Das wird wahrscheinlich nur in Teilen gelingen. Für eine vollständige Präsentation der 3,60 Meter hohen Skulptur fehlen der Universität derzeit schlichtweg geeignete Räume.

Schicksal ist mit Sprengung zunächst besiegelt


Das war nicht immer so. Die Abguss-Sammlung der Universität hat eine lange Tradition. In ihrer Blütezeit sind 3:000 solcher Abgüsse registriert. Bis zum Zweiten Weltkrieg sind diese in mehreren großen Sälen im Erdgeschoss des Johanneums untergebracht. Nach dem Bombenangriff im Dezember 1943 können nur noch 600 Abgüsse gerettet werden. Letztmalig sind diese in den wiedererrichteten Räumen von 1955 bis 1968 ausgestellt. Doch mit der Sprengung der Universitätsbauten im Juni 1968 ist ihr Schicksal besiegelt. Notdürftig werden sie – obwohl von großem historischen Wert – in einem ehemaligen Kohlebunker gelagert.

Es gibt aber auch andere Standorte für die Statuen. Oft verschwanden sie in feuchten Räumen, was teilweise zu irreparablen Schäden führt. Nach der politischen Wende in den Jahren 1989/90 bleibt die Sammlung zunächst in den provisorischen Depoträumen. Erst im Januar und Februar 1999 kann sie in das neue Magazin am Dittrichring umziehen. Jenes Gebäude entstand im Jahr 1986 als volkseigenes Datenverarbeitungszentrum. Die Decken müssen für die damalige Computertechnik eine hohe Traglast aufweisen. Das kommt der Gipsabguss-Sammlung mit ihren teilweise schweren Statuen nun zugute.

Magazin öffnet jeden Mittwoch für Gäste


Für Lehre und Forschung am Lehrbereich Klassische Archäologie beim Historischen Seminar der Universität Leipzig sind die historischen Gipsabgüsse von unschätzbarem Wert. Abgüsse können und wollen die Originale zwar nicht ersetzen. Gegenüber herkömmlichen Fotografien haben sie aber den Vorteil, dass sie die antiken Bildwerke im Maßstab 1:1 wiedergeben und als dreidimensionale Objekte von allen Seiten sichtbar machen. Originale sind oft verwittert oder im Freien gealtert. Abgüsse können daher sogar unverfälschter sein – zumindest was den Eindruck der reinen plastischen Form ausmacht.

Seit 2022 ist die Sammlung bei Führungen zugänglich, zur Museumsnacht Halle und Leipzig 2023 erstmals auch für eine breitere Öffentlichkeit. Inzwischen öffnet das Magazin regelmäßig für Besucher – an Mittwochnachmittagen. Die können zwar keine fertige Ausstellung besichtigen, erhalten jedoch einen besonderen Einblick hinter die Kulissen der Arbeit des Antikenmuseums.

Von der Wölfin bis zum Gänsewürger


Abgüsse gibt es beispielsweise auch von einem nördlichen Fries, der die frühesten Stationen aus dem Leben des Telephos zeigt. Der „Telephosfries“ gehört als Teil des großen Altars von Pergamon sicherlich zu einem der bekanntesten antiken Bauwerke. Bei der Museumsnacht 2024 standen Studierende bereit, die Kunstwerke zu erklären. In der Gipsabguss-Sammlung gibt es viel zu entdecken. Ob nun Apollo, den Gott der Sonne, des Frühlings, des Lichtes. Die Wölfin aus Rom, unter der zwei Knaben sitzen. Einen Redner aus Florenz, die Statuengruppe des sogenannten Gänsewürgers oder eben die Reste des „Toro Farnese“, der hoffentlich mal wieder in alter Pracht entsteht.

Stand: 05.05.2024

Bildergalerie - Gipsabdruck-Sammlung des Antikenmuseums

FORUM 1813

Straße des 18. Oktober 100 | Ortsteil: Probstheida

Es ist ein besonderer Teppich: Soldaten haben ihn einst für Napoleon Bonaparte genäht und als Zeichen ihrer Verehrung nach St. Helena verschifft. Sie haben Aufschläge mit dem „N“-Monogramm für Napoleon und dem Kaiseradler, die nach Ende seiner Herrschaft von allen französischen Uniformen entfernt werden müssen, auf ein großes Stück Sackleinen aufgenäht. Zu sehen ist der zweieinhalb Quadratmeter große Teppich im FORUM 1813, dem zum Völkerschlachtdenkmal gehörenden Museum. Der Teppich ist eine der etwa 350 Originalexponate, die Geschichte(n) von der bis dahin blutigsten Massenschlacht des 19. Jahrhunderts erzählen können. Eine halbe Million Soldaten aus ganz Europa kämpfte während der Befreiungskriege um die politische Zukunft des Kontinents.

Museum lenkt Blick auf Alltag der Menschen


Das FORUM 1813 möchte dabei keineswegs ein „lückenloses Geschichtsbuch“ aufblättern. Doch Besucher stehen dem Denkmal, das den Betrachter ob seiner Wucht durchaus verstören kann, häufig unvorbereitet gegenüber. Etliche bringen das Monument sogar mit Schwedenkönig
Gustav II. Adolf und dem Dreißigjährigen Krieg in Verbindung. Seit seiner Eröffnung 1999 vermittelt das FORUM 1813 ein Bild der Völkerschlacht bei Leipzig und der daran beteiligten Nationen. Für viele Menschen außerhalb Leipzigs ist die Völkerschlacht allerdings kein Begriff.

Das Museum will diese nicht als reines Ereignis der Militärgeschichte vermitteln, sondern den Blick ebenfalls auf den Alltag der Menschen lenken. Im Zentrum stehen dabei die historischen Ereignisse in Leipzig und Sachsen zwischen 1789 und 1814 – also zwischen der französischen Revolution und dem Wiener Kongress. So neutral wie möglich. Denn die Befreiungskriege werden in den vergangenen Jahrzehnten oft vereinnahmt.

Waffen, Uniformen, Ausrüstungsgegenstände, Bilder und persönliche Erinnerungsstücke lassen die tragische Kriegszeit lebendig werden. Ein Blickfang ist das 18 Quadratmeter große Diorama, das mit etwa 3.600 Figuren sowie 40 teils zerstörten Häusern im Maßstab 1:72 den Kampf um das Dorf Probstheida bei einem russisch-preußischen Angriff nachstellt. Zeitgenössische Beschreibungen werden verwendet, um das Szenario so genau wie möglich zu rekonstruieren.

Bildschirm zeigt historischen Schlachtverlauf


Wichtig ist dem Museumsteam um Denkmalsleiter
Steffen Poser, über die einzelnen Objekte hinaus historische Zusammenhänge zu erzählen. Für viele Besucher ist es beispielsweise schwierig, Karten zu lesen. Besonders für jene, die Leipzig nicht kennen und nun einordnen sollen, wie wichtig Probstheida oder Stötteritz für den Verlauf der Völkerschlacht sind. Deshalb ist auf einem Bildschirm eine historische Karte zu sehen, auf der die Truppenbewegungen vom 16. bis 19. Oktober 1813 animiert und so veranschaulicht werden können. Etwa wenn Napoleon über den Westen Leipzigs flüchtet.

Das Museumsteam will den Menschen vor allem ein Gefühl für Schlacht und Denkmal vermitteln. Das passiert im Denkmal selbst durch einen Film mit vielen Bildern auf einer großen Leinwand – ohne Worte. Der Film konzentriert sich auf die Kernbotschaften. „Selbstverständlich bieten wir auch Führungen an. Wer etwas über den Verlauf der Völkerschlacht oder über kunsthistorische Aspekte des Denkmals hören will, wird natürlich bedient“, so Steffen Poser.

Ein Prunkstück der Ausstellung ist der restaurierte Sattel des polnischen Fürsten Józef Antoni Poniatowski. Der Fürst verstärkte 1813 mit seinem 20.000 Mann starken polnischen Kontingent die französischen Truppen. Der Nationalheld des Nachbarlandes, der erst drei Tage vor seinem Tod von Napoleon zum Marschall von Frankreich ernannt wird, springt beim Rückzug in Leipzig in die Hochwasser führende Elster. Da ist er bereits durch zwei Kugeln verwundet. Sein Pferd überschlägt sich und drückt ihn unter Wasser – er ertrinkt. An der Stelle, wo Fischer später seinen Leichnam finden, wird für ihn 1834 das Poniatowski-Denkmal errichtet. Nicht weit davon entfernt erinnert das Brückensprengungsdenkmal an die Sprengung der dort gelegenen Elsterbrücke, die den Verfolgern des aus Leipzig fliehenden französischen Heeres den Weg abschneiden sollte.

Uniformen in Vitrinen zu sehen


Berühmt ist der Mantel eines Baschkiren, die damals ebenfalls kämpften. Er ist nur selten zu sehen, weil das Original nicht über Jahre dem Licht ausgesetzt werden darf. Alle Uniformen und Erinnerungsstücke werden zwar in den verschlossenen Vitrinen unter optimalen Bedingungen ausgestellt. „Dennoch handelt es sich um kostbare Originale, die teilweise aus Naturmaterialien hergestellt worden sind“, erklärt Poser. Deshalb können sich in den Uniformen Insekten einnisten. Spinnen gibt es am naturnah und in Nähe zum
Südfriedhof gelegenen FORUM 1813 reichlich. Selbst die Helme können für Ungeziefer interessant sein. So wird beispielsweise ein vergoldeter Kürassierhelm für sächsische Offiziere (um 1806) gezeigt, der mit einem Seehundfell verziert ist. Eine hohe Kopfbedeckung für französische Gardegrenadiere ist mit Bärenfell geschmückt.

Zusätzliche Informationen hören die Besucher in einem Audioguide-System, das Fakten und Anekdoten freundlich und unterhaltsam vermittelt. Bei der Führung durchs FORUM 1813 gibt der Bankangestellte Johann Carl Scheube preis, wie man sich mit einem guten Trinkgeld vorm Militärdienst drücken kann oder was eine Haarlocke Theodor Körners über die Völkerschlacht erzählt.

Empfehlenswert sind auch die Ausstellungen im Völkerschlachtdenkmal selbst. Dazu gehört die zur jüngsten Baugeschichte in den Katakomben, die derzeit nur bei Führungen für Gruppen zugänglich ist. Das soll sich allerdings ändern. Zu diesem Zweck muss ein zweiter Fluchtweg eingebaut werden. Aus rund 3.600 Fotos einer aufwendigen Dokumentation sind 36 ausgewählt worden, die großformatig und beleuchtet auf die Besucher wirken.

Stand: 10.03.2024

Diebitz, René

Tierpräparator | geb. am 14. Dezember 1959 in Leipzig

15 Meter hoch ist die Skulptur, die aus etwa 50 großen Tierpräparaten bestehen wird. Sie wird der Hingucker im neuen Naturkundemuseum sein, das bis 2029 im ehemaligen Bowlingtreff auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz entstehen soll. Dort müssen zwar erst die Bauleute anrücken. Doch Tierpräparator René Diebitz ist mit seinen Kollegen längst dabei, eine Installation namens „Tour de ter Meer“ vorzubereiten. Die erinnert an Hermann H. ter Meer, den Begründer der modernen Präparationstechnik. Im Naturkundemuseum, das mit 233 wertvollen Exponaten seine weltgrößte Sammlung besitzt, wird dieser liebevoll „der Meister“ genannt. Doch Diebitz ist inzwischen ebenfalls ein Meister seines Fachs, da er bei internationalen Wettbewerben wie den Weltmeisterschaften der Präparatoren sechs Goldmedaillen holte.

Geboren wird René Diebitz in Leipzig. Er wächst in Lindenau auf, geht in die 144. Polytechnische Oberschule in der Demmeringstraße. Schon als Kind hat er daheim Tiere, um die er sich kümmert. Vater Heinz hält Waldvögel in Volieren im Garten. Mit zehn Jahren bekommt der Junge ein Frettchen, ein Eichhörnchen wird zuhause mit der Flasche aufgezogen … Durch den Vater und eine Kulturbund-Gruppe bekommt er frühzeitig Kontakt zum Leipziger Naturkundemuseum, da Ausstellungen mit lebenden Vögeln organisiert werden. Der Vater kennt zudem einen Präparator, der biologische Lehrmittel anfertigt. „Das hat mich fasziniert. Ich wollte immer einen Beruf ergreifen, der etwas mit Tieren zu tun hat“, erzählt er, „und will auch mit den Händen arbeiten, ein Ergebnis sehen.“ Auch für Pferde hat er sich interessiert. Doch er entscheidet sich für eine Arbeit beim VEB Biologische Lehrmittel, absolviert schließlich eine Ausbildung zum Facharbeiter für zoologische Präparation im Naturkundemuseum Berlin.

Elf Jahre arbeitet er im Leipziger Betrieb, der vor allem Unterrichtsmittel anfertigt. Im Fernstudium macht er den Fachabschluss für Präparation an der Berliner Humboldt-Universität. Von der Anfertigung von Schauobjekten für den Unterricht hat er irgendwann die Nase voll, macht sich daher am 1. September 1990 selbstständig. Er findet einen Gewerberaum in der GuthsMuthstraße, die Firma will weitere Mitarbeiter einstellen. Das zerschlägt sich. Mit einem Partner zieht die Werkstatt schließlich nach Holzhausen, seit 2002 arbeitet Diebitz wieder allein. Die Werkstatt betreibt er nach wie vor – fertigt Präparate fürs Naturkundemuseum Erfurt oder das Meeresmuseum in Stralsund an.

Als Präparator im Naturkundemuseum


2008 kann er eine zunächst auf zwei Jahre befristete Stelle im Naturkundemuseum Leipzig antreten. Nach dem altersbedingten Ausscheiden seines Vorgängers
Horst Spicale ist diese mehr als fünf Jahre unbesetzt. Aus Kostengründen soll der Zweijahresvertrag dann nicht verlängert werden. Das führt zu Protesten beim Freundeskreis des Museums sowie bei Stadträten, zumal das Museum mit Hilfe von Mitteln aus dem Konjunkturpaket eine moderne Präparationswerkstatt einrichten kann. In ihr gibt es genügend zu tun: Die Kühltruhen mit diversen naturkundlichen Belegen, die das Museum sammeln, pflegen, konservieren und für die nächsten Generationen bewahren muss, sind voll. Es gilt zudem, neue Exponate für die Ausstellungen anzufertigen, aber auch die bestehende Sammlung konservatorisch zu betreuen. Sieben Monate dauert es, bis er zurück ins Museum darf.

Oft muss René Diebitz erklären, dass seine Tiere nicht „ausgestopft“ werden, was ein weit verbreiteter Irrtum ist. Die Tierkörper werden keineswegs wie ein Sofakissen gefüllt. Ter Meer hat die Methode entwickelt, Dermoplastiken anzufertigen. Danach wird die gegerbte Haut oder das Fell eines Tieres auf die vorgeformte Plastik geklebt. Ter Meer selbst operierte noch mit Gips, Ton und Maschendraht. Heute gibt es genormte Hartschaumkörper, die auch per Katalog zu haben sind. Wichtig ist es, die Anatomie und natürliche Haltung des Tieres nachzuempfinden.

Ein Handwerker mit künstlerischem Anspruch


„Ich habe einen handwerklichen Beruf mit künstlerischem Anspruch“, sagt Diebitz. Denn er möchte Tiere realitätsnah für die Ewigkeit bewahren. Das schränke die künstlerische Freiheit ein. „Ich versuche aber, die Illusion eines lebenden Tieres zu schaffen.“ Bevor ein Präparat fertig ist, gibt es verschiedene praktische Arbeitsschritte zu erledigen.

Zunächst wird das Objekt mit Fundort, Funddatum und Finder wissenschaftlich erfasst, vermessen und gewogen. Die Präparation beginnt mit einem Körperschnitt. Die äußere Hülle mit Haut, Fell bzw. Federkleid wird dabei vom Körper getrennt und von allen Fleisch-, Bindegewebs- und Fettteilen befreit sowie anschließend gewaschen und aufbereitet. Außerdem entsteht ein künstlicher Körper aus Polyurethan-Schaum, notwendige Stützdrähte werden ebenfalls vorbereitet. Dann erfolgt die Montage von Haut und neuem Körper. Wichtig ist, Schädel und die Augenhöhlen mit Ton zu füllen und künstliche Glasaugen einzusetzen. „Wenn der Blick des präparierten Tieres nicht stimmt, kann die Darstellung den Betrachter nicht überzeugen“, nennt er ein weiteres Beispiel.

Das ist Diebitz bestens gelungen. Davon zeugen neben den Meisterschaftstiteln viele Ausstellungen. „Greif zu! Greifvögel aus aller Welt“ heißt beispielsweise eine Sonderschau, bei der 2017 er eindrucksvoll einen Sperber präparierte, der im Flug Sperlinge jagt. Dafür hat er auch historische Präparate, etwa Kondor, Sekretär oder Harpyie von Ter Meer, restauriert und überarbeitet.

Goldmedaillen bei der Weltmeisterschaft in Salzburg


In der Sonderschau 2012 „Fast für die Ewigkeit“ sind ein Kormoran, eine Schleiereule und spielende Füchse von Diebitz zu sehen. Es sind seine preisgekrönten Exponate von der Weltmeisterschaft in Salzburg 2012. Dort hat er seine Künste mit etwa 140 Teilnehmern aus 25 Nationen gemessen. Von dort bringt er drei Siege in den Kategorien große Vögel, kleine Vögel und kleine Säugetiere mit. „Weltmeister bin ich aber nicht“, erklärt er.  Denn er sei in der Professional-Class angetreten. Weltmeistertitel vergibt nur die Master-Class. Dennoch kann er auf sechs Goldmedaillen verweisen.

Welche Herausforderungen alte Objekte haben können, haben die Museumsleute bei einer Schau in einem Laborzelt gezeigt. So müssen Schutzanzug und Maske angezogen werden, da ein Teil der historischen Präparate kontaminiert sein kann. „Sie sind sehr unterschiedlich geschädigt. So kann es passieren, dass die Haut teilweise gerissen ist. Dann muss sie neu verklebt, retuschiert und eventuell koloriert werden“, erklärt er. Staub und Umwelteinflüsse haben den Exponaten oft zugesetzt und Schäden verursacht, die nicht alle zu reparieren sind. So bekomme man nicht alle Federn wieder weiß wie beim Original, nennt er ein Beispiel. „Der eigene Anspruch erfüllt sich meist nicht. Gestalterisch kann ich nichts machen – es geht um den Erhalt der Objekte.“

Tierplastik für neues Museum ist Herausforderung


Die nächste Herausforderung ist die große Tierplastik für das neue Naturkundemuseum im ehemaligen Bowlingtreff am Leuschnerplatz. Dafür werden selbstverständlich die Ter-Meer-Präparate nicht verwendet. „Die sind schließlich Kulturgut“, sagt Diebitz. Sie werden in Vitrinen um die Installation gruppiert. Bei der neuen Tierplastik werden Haut und Panzer von verstorbenen Zootieren verklebt. Sie wird Elemente der natürlichen Nahrungskette darstellen und viele Arten berücksichtigen – darunter Gnus, die von einem Nilkrokodil angefallen werden, und Löwen. Ein Jaguar nimmt es mit einem Kaiman auf, überrascht den kleinen Alligator hinterrücks und erlegt ihn mit einem kräftigen Biss ins Genick. Die Idee dazu stammt ebenso wie das Konzept für die Neuausrichtung des Museums von Direktor
Ronny Maik Leder.

René Diebitz stehen bei der Arbeit Markus Ranf sowie Louisa Bosse zur Seite. Die anstehenden Arbeiten bei der Überarbeitung bestehender Dermoplastiken sind sehr umfangreich. Deshalb werden Experten aus anderen deutschen Naturkundemuseen der Mannschaft vor dem Umzug ins moderne Haus am Leuschnerplatz ein wenig unter die Arme greifen.

Stand: 16.07.2024

Bildergalerie - Diebitz, René

Deutsches Buch- und Schriftmuseum

Deutscher Platz 1 | Ortsteil: Zentrum-Südost

Es ist das Schaufenster der Deutschen Nationalbibliothek: Unter dem Titel „Zeichen – Bücher – Netze: Von der Keilschrift zum Binärcode“ lädt das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Nationalbibliothek zum Streifzug durch die Mediengeschichte der Menschheit. „Schrift, Buchdruck mit beweglichen Lettern und digitale Netzwelten sind dabei das chronologische Rückgrat der Ausstellung“, sagt Stephanie Jacobs, die das Museum seit März 2007 leitet. Etwa 800 Objekte sind aus dem riesigen Fundus an Schätzen ausgewählt worden.

Die Einrichtung, 1884 als Deutsches Buchgewerbemuseum gegründet, zählt zu den ältesten und nach Umfang und Qualität der Bestände wohl auch zu den weltweit bedeutendsten Sammlungen auf dem Gebiet der Buchkultur. Im Zweiten Weltkrieg verliert das Museum sein Domizil im Deutschen Buchgewerbehaus am Gutenbergplatz. Sie wird in die damalige Deutsche Bücherei integriert. „Merkur und die Bücher“ heißt eine Ausstellung rund um den Buchplatz Leipzig, die 2008 schließen muss und zu diesem Zeitpunkt wohl auch überholt war. 2012 öffnet dann eine moderne Dauerausstellung, die durch verschiedene Sonderschauen ergänzt wird.

Die Ausstellung ist im verglasten Erdgeschoss des vierten Erweiterungsbaus der Deutschen Nationalbibliothek beheimatet, der 2011 mit dem Leipziger Architekturpreis ausgezeichnet wurde. Entworfen hat das Gebäude die Stuttgarter Architektin Gabriele Glöckler. Fünf große Vitrinenkörper bilden darin eine räumliche Struktur für das Museum, die an dreidimensionale kalligraphische Zeichen erinnert. Dabei gibt es den Anspruch, die eigentlich stummen Objekte in den Vitrinen zum Sprechen zu bringen und auch einige Überraschungscoups zu landen. Vom frühzeitlichen Kerbholz bis zur Replik der Voyager Golden Records werden 5.000 Jahre Mediengeschichte durchaus spannend erzählt.

Rollsiegel ist ältestes Exponat der Sammlung


Ein Hingucker ist der „schwarze Obelisk“. Es ist ein Kalkstein-Abguss des Originals, das sich im British Museum in London befindet. Dabei handelt es sich um eine Ikone der Schriftgeschichte. Dargestellt sind auf dem Obelisken des assyrischen Königs Salmanassar III. eine Eroberungsszene in Bild und Text. Sie stammt aus der Zeit 858 bis 824 vor Christus. Die Flachreliefs zeigen unterworfene Könige aus Iran, Israel, Ägypten, Syrien und anderen Ländern, die vor dem Herrscher niederknien. Die Keilschrift beschreibt die Tributleistungen. „Die Säule steht natürlich für die Entwicklung der Schrift, die sich auf sehr vielfältige Art und Weise vollzog“, erklärt Jacobs. Das älteste Objekt in der Schau ist völlig unscheinbar: ein etwa 5.000 Jahre altes Rollsiegel, mit dessen Hilfe Zeichen in den Ton gerollt wurden.

Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern optimiert die Verbreitung von Wissen um die Mitte des 15. Jahrhundert herum. „Es war nicht nur eine technische Innovation, sondern auch eine gesellschaftliche. Erst da konnte Wissen unendlich vervielfältigt werden“, erklärt die Museumschefin. Zu sehen ist eine Druckerpresse als Symbol für die Industrialisierung der Buchproduktion. Vorgestellt werden Meisterleistungen mittelalterlicher sowie moderner Buchkunst. Thematisiert wird, wie mit Zensur versucht wurde, die Verbreitung von Schriften zu verhindern. Dafür steht die Zensurliste der katholischen Kirche – der zwischen 1559 und 1967 erschienene Index librorum prohibitorum. Das ist wohl der prominenteste Versuch, den Buchmarkt systematisch zu kontrollieren. Aber auch Tarnschriften und Untergrundliteratur, mit der Autoren und Verleger Fangnetzen der Obrigkeit entgehen wollten, sind zu sehen. Medienstationen stehen bereit, damit die Besucher ihr Wissen vertiefen können.

Buch verliert seine Rolle als Leitmedium


Ebenso spannend: Die rasante Medienentwicklung im 20. Jahrhundert zeigt auf, wie das Buch seine Rolle als Leitmedium verliert und mit Radio, Fernsehen und später dann auch mit digitalen Netzwelten konfrontiert wird.

Doch die Verbreitung von immer mehr Informationen im Netz ist Fluch und Segen zugleich. Elektronische Daten sind oft unübersichtlich, aber auch manipulierbar. „Unsere Funktion als Bibliothek und Museum ist es, auch dieses Wissen zu speichern“, erklärt Jacobs. Möglichkeiten, Texte zu manipulieren, haben indes rasant zugenommen. Das könne das Museum nicht verhindern. Notwendig sei aber, viel Bildung- und Aufklärungsarbeit zu leisten und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, achtsam mit den Quellen zu sein.

Guckkästen lassen in die Zukunft blicken


Das Museum hat Guckkästen geschaffen, um augenzwinkernd die Zukunft der Medien zu hinterfragen. Und stellt beispielsweise eine Kopie der Voyager Golden Records vor. Das sind Datenplatten mit Bild- und Audio-Informationen, die 1977 an Bord von Raumsonden angebracht werden, damit außerirdische Lebensformen etwas von der Menschheit erfahren können.

Zum Museum gehört ein begehbarer Tresor, der für das Zeigen wertvoller Originale und Sonderausstellungen genutzt wird. Ein Lesesaal mit modern ausgestatteten Arbeitsplätzen lädt zum Recherchieren ein. Wer möchte, kann eine KI-Box als Guckloch in die Zukunft nutzen. Mit „KlingKlang – Geräusche aus der Mediengeschichte“ bietet das Museum sogar eine Schatzkammer fürs Ohr. 

Museum etabliert sich als Ort der Demokratie


Wichtig ist Stephanie Jacobs, die Deutsche Nationalbibliothek und das Museum als Ort der Demokratie ins Bewusstsein zu rücken. „Die Nationalbibliothek stellt der Öffentlichkeit Wissensressourcen bereit“, erklärt sie. Die Institution sammle, dokumentiere und archiviere alle Werke in Schrift und Ton, die seit 1913 in Deutschland und weltweit über Deutschland oder in deutscher Sprache veröffentlicht werden. Dabei gibt es keine Restriktion, keine Zensur.

„Wir stehen für Meinungsfreiheit und ermöglichen Demokratie.“ 2024 organisiert das Museum anlässlich des 35. Jahrestags der Friedlichen Revolution erstmals ein Jazzfestival, das das revolutionäre Potenzial des Freejazz als Medium des Widerstands in der DDR ins Zentrum stellt. Im Sommer 2025 folgt ein „Sommerfest der Demokratie“.

Stand: 24.02.2024

Antikenmuseum der Universität Leipzig

Nikolaikirchhof 2 | Ortsteil: Zentrum

Antike Vasen, Krüge und Gefäße vermitteln ein eindrucksvolles Bild von der Welt der Helden und Götter. Sie erzählen, wie die Krieger in den Kampf zogen, von sportlichen Wettkämpfen und dem Leben der Frauen in ihren Gemächern. Sie lassen die Besucher im Antikenmuseum der Universität Leipzig in der Alten Nikolaischule am Nikolaikirchhof teilhaben am wilden Treiben des Weingottes Dionysos, der inmitten seines ausgelassenen Gefolges manchen Becher kippte. Die Porträtsammlung mit den Bildnissen von Dichtern, Kaisern und Gelehrten bringt eine längst entschwundene Zeit nahe.

Eine der ältesten Sammlungen antiker Kunst


Schon seit 1841 wird in Leipzig systematisch antike Kunst gesammelt. Voraussetzungen dafür werden bereits 1735 geschaffen, als
Johann Friedrich Christ erstmals an einer deutschen Hochschule archäologische Denkmale als Gegenstand seiner Vorlesungen behandelt. Zur Anschauung legt er seinen Studenten antike Münzen und Antiquitäten aus eigenem Besitz vor. Dieser Nachlass könnte wohl der Grundstock für das spätere Antikenmuseum gewesen sein.

Die Universität Leipzig besitzt eine der ältesten und bedeutendsten Schau- und Lehrsammlungen ihrer Art in Deutschland. Mehr als 10.000 Sachzeugnisse der Antike umfasst die Sammlung, die einst mit Hilfe Leipziger Bürger zusammengetragen wurde. Etwa 450 Werke können im kleinen Museum exemplarisch gezeigt werden. Zudem lädt der Lehrbereich Klassische Archäologie der Universität Leipzig in sein Magazin mit der Gipsabguss-Sammlung des Antikenmuseums im Bürohaus am Dittrichring 13 regelmäßig zu Führungen ein.

Nach seiner Gründung erhält das Institut für Klassische Archäologie einen provisorischen Standort im Augusteum, dem Hauptgebäude der Universität am Augustusplatz. Ein Museum entsteht zunächst im Jahr 1843 im Fridericianum, einem Gebäude in der Schillerstraße. Es ist etwa 240 Quadratmeter groß. Von Anfang an ist dort an einem Tag in der Woche für die Öffentlichkeit geöffnet.

Monumentale Skulpturengruppe wird Hingucker


Dort wurde es zunehmend zu eng, denn der Platz reichte trotz Erweiterungen nicht mehr aus. Deshalb zieht die Sammlung 1881 zunächst ins zentrale Hauptgebäude der Universität. Nur wenige Jahre später bekommt das Museum an diesem Standort ein neues Quartier. Im Erdgeschoss des Johanneums – dem Südflügel des von
Arwed Roßbach umgestalteten Hauptgebäudes der Universität – belegt die Sammlung ab 1897 mehrere Säle. Damals besteht sie noch hauptsächlich aus Gipsabgüssen. In der Blütezeit gibt es rund 3.000 Inventarnummern.

Unter der Leitung von Franz Studniczka wird die Sammlung griechischer und römischer Originale systematisch ausgebaut. Geschenke von Wissenschaftlern, Gelehrten, Sammlern und anderer Kunstfreunde lassen den Fundus rasch anwachsen und verhelfen der einst bescheidenen Lehrsammlung antiker Kunst zum Ruf eines Museums von internationaler Bedeutung. Die dazugehörige Abguss-Sammlung wird von Beginn an ein Ort des Studiums der Archäologie, ist aber auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein Hingucker in der Ausstellung wird der imposante Abguss einer monumentalen Skulpturengruppe. Das ist der „Toro Farnese“ aus Neapel, der nun zumindest digital neu entsteht.

Schattendasein nach der Sprengung des Universitäts-Gebäudes


Die Universität Leipzig muss bei den anglo-amerikanischen Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg allerdings schwere Verluste am Augusteum hinnehmen. Auch Räume des Museums im Johanneum werden zerstört. In der Nachkriegszeit startet zwar der Wiederaufbau des Museums. So wurden etwa 600 Gipsabgüsse gerettet, die ab 1955 auch ausgestellt werden. Doch der Wiederaufbau endet 1968 durch den willkürlichen Akt der Sprengung von
Universitätskirche und der Universitäts-Hauptgebäude abrupt. Hinzu kommt: Mit ihrer Hochschulreform verbannen die DDR-Machthaber „bürgerliche Bildungsfächer“ zu einem Schattendasein und liquidieren den Lehrstuhl für Archäologie sogar.

Nach der Sprengung des Universitätsgebäudes sind die Exponate der Gips-Sammlung in einem alten Kohlebunker eingelagert. Auch dort gibt es zahlreiche Verluste an der Sammlung. Selbst das Schalck-Imperium hat ein Auge auf einige verbliebene Kostbarkeiten geworfen. Es wurde aber verhindert, dass sie gegen Devisen in den Westen verkauft werden. Erst die politische Wende nach 1989 bringt mit der Neugründung des Institutes für Archäologie den lang ersehnten Neuanfang.

Mit der Sanierung der Alten Nikolaischule, die die Kulturstiftung Leipzig vorantreibt, erhält das Antikenmuseum wieder ein neues Domizil. Es kann am 21. Oktober 1994 öffnen. Seitdem bietet es einen Überblick über die wichtigsten Kunstgattungen und Stilperioden der griechischen und römischen Antike sowie angrenzender Mittelmeergebiete. Troja beispielsweise ist mit mehreren Funden aus den Grabungen von Heinrich Schliemann vertreten.

Vasen erzählen von Helden und Göttern


Ein Schwerpunkt der Sammlung sind Vasen aus dem 6. und 5. Jahrhundert vor Christus, der Blütezeit griechischer Vasenmalerei. Durch die Abbildungen wird ein eindrucksvolles Bild von der Welt der Götter und Helden vermittelt. Ob nun die Abenteuer des Herakles, das Trinkgelage griechischer Männer, das wilde Treiben des Weingottes Dionysos oder Bilder vom Leben der Frauen – es gibt viel an den Vasen zu entdecken.

Das Modell eines pompejanischen Hauses zeigt detailliert, wie wohlhabende römische Bürger einst gelebt haben. Eindrucksvoll sind die Marmorplastiken. In der kleinen Porträtgalerie sind die Bildnisse griechischer Dichter und Denker, eines römischen Kaisers und unbekannter Privatpersonen zu erkunden. Es warten auch drei Porträts in Gips, die ertastet werden dürfen.

Stand: 05.05.2024

Bildergalerie - Antikenmuseum der Universität Leipzig

error: Dieser Inhalt ist geschützt! Es ist nicht gestattet, diesen Inhalt zu kopieren. Vielen Dank für Ihr Verständnis.