Eberle, Friedhelm

Schauspieler | geb. am 21. September 1935 in Oberhausen

Viele ältere Menschen erkennen ihn an der markanten Stimme. 45 Jahre lang ist Friedhelm Eberle fest am Schauspiel Leipzig engagiert. Von Hamlet über Faust, König Lear bis zu Othello hat er dort alle großen Rollen gespielt, die sich ein Schauspielerherz nur wünschen kann. Er spricht Hörspiele und dreht Filme. Das Publikum schätzt das Ehrenmitglied des Schauspielhauses für seine Hinwendung zum künstlerischen Wort. Fast 90 Jahre alt, hat Friedhelm Eberle seine Erinnerungen im Buch „Dem schönen Ziele zu“ veröffentlicht. Das ist im April 2025 im Leipziger Passage-Verlag erschienen.

Nach der Schlosserlehre folgt das Theater


Geboren wird Friedhelm Eberle am 21. September 1935 in Oberhausen. Im Ruhrgebiet wächst er auf und geht dort zur Volksschule. Der Vater, der im Krieg bleibt, ist Schlosser. Die Mutter Hausfrau. Daher ist es keineswegs naheliegend, dass er sich einem künstlerischen Beruf zuwendet. „Ein Lehrer, der spürte, dass ich empfänglich war, hat mich mit Literatur wie
Theodor Storm und Gottfried Keller versorgt. Und er gab mir Friedrich Schillers ‚Räuber‘ zu lesen“, erinnert er sich. Die Räuber haben ihn verfolgt, er hat dieses Stück immer wieder gelesen, im nach dem Krieg wiedereröffneten Stadttheater Oberhausen gesehen… So entsteht der heimliche Wunsch, selbst auf der Bühne zu stehen. Doch zunächst geht er in eine Schlosserlehre. Der junge Mann nimmt privat Schauspielunterricht. Doch seine Leistungen in der Lehre nehmen ab, so dass die Familie schon seinen Rausschmiss befürchtet. Die Familie bittet ihn, zunächst die Lehre zu beenden. Nach der Gesellenprüfung nimmt er wieder privaten Unterricht.

Der Weg in den Osten Deutschlands


Eberle folgt seinem Schauspiellehrer nach Basel, damit der Unterricht für ihn weitergeht. Dann absolviert er die Prüfung in Düsseldorf. Der Lehrer ist inzwischen an die Volksbühne in Ostberlin gewechselt. Er vermittelt für Friedhelm Eberle ein Engagement in Plauen, später folgt Erfurt. Von dort zieht es Eberle 1962 nach Leipzig ins Theaterkombinat von
Karl Kayser. Gemustert für die Armee wird er auch, einberufen allerdings nicht – vermutlich wegen der vielen Westverwandtschaft und der vielen großen Rollen am Theater.

Der umstrittene Generalintendant Kayser, mit dem sich Eberle oft zofft, ist von 1958 bis 1990 im Amt. Durch seinen Einfluss sind seit 1964/65 auch Gastspiele im Westen möglich. „Für mich war es etwas Besonderes, dass ich bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen im Festspielhaus den Hamlet und den Faust spielen konnte“, erinnert er sich. Schon als 16-Jähriger habe er dort viele große deutsche Schauspieler wie Ernst Deutsch oder Gustaf Gründgens erleben dürfen.

Als Dozent an der Theaterhochschule Leipzig unterrichtet er 38 Jahre lang „Künstlerisches Wort“. Dort wird er 1994 zum Professor berufen. Vor der Kamera steht Eberle auch: So spielt er in den 1970/80er-Jahren den Hauptmann Reichenbach in der Krimiserie „Polizeiruf 110″ des DDR-Fernsehens. Er ist Synchronsprecher, hat sogar kurioserweise mal Bruno Ganz seine Stimme geliehen.

Nach den Vorstellungen nimmt er nachts sehr viele Hörspiele auf. Ein Freund hat einmal einen alten Mitschnitt ausgegraben, da hat er sich selbst nicht erkannt. Ob Tragödie, Komödie oder Gegenwartsstück – er kommt in jedem Genre zurecht. Für sein Wirken erhält er den Kunstpreis der Stadt Leipzig sowie den Nationalpreis der DDR.

Mit dem Gewandhausorchester auf Tour


Er gehört zu jenen, die im Herbst 1989 für eine humane DDR und Reisefreiheit auf die Straße gehen. Auch an jenem legendären 9. Oktober 1989, der als entscheidender Tag der
Friedlichen Revolution in die Weltgeschichte eingeht. Bis zum Ausscheiden des Intendanten Wolfgang Engel im Jahr 2007 ist er in Leipzig fest engagiert.

Schon in den 1980er Jahren hat Eberle das Musiktheater für sich entdeckt, begleitet Kurt Masur und das Gewandhausorchester bei Gastspielen durch die Welt. 2006 ist er mit Masur in Israel. Nach dem Abschied vom Schauspielhaus ist Eberle weiterhin in Film und Fernsehen zu sehen, verfasst eigene musikalisch-literarische Programme und Stücke. Seinen letzten Fernsehauftritt hat er in der Verfilmung des Buches „Der Turm“ von Uwe Tellkamp im Jahr 2012. Seine letzte große Arbeit ist „Der Theatermacher“ von Thomas Bernhard in einer eigenen Fassung.

Der Schauspieler ist keiner, der zur Ruhe kommen will. Keiner, der in sich ruht, höchstens in seinen Rollen. Nach wie vor hält er sich fit. Er trainiert regelmäßig an den Geräten bei Kieser in der Leipziger Innenstadt und spielt Tennis. Und ist auch noch mit dem Auto unterwegs. „Wenn ich aufhöre zu arbeiten, werde ich alt“, hat der Gohliser einmal gesagt. „Pläne mache ich keine, ich lasse alles auf mich zukommen“, so Eberle. Er freut sich, engagiert zu werden. Doch er nimmt längst nicht mehr jede Rolle an. Rollen können klein sein, betont er, müssen aber einen künstlerischen Anspruch haben. „Nur das Gesicht zeigen – das will ich nicht“. Deshalb tritt er auch nicht in Soaps auf.

Eine bedeutende Theaterkarriere


Friedhelm Eberle blickt auf eine bedeutende Theaterkarriere zurück. Dies wird auch in seinen Lebenserinnerungen deutlich, die sich durchaus wie ein deutsch-deutsches Geschichtsbuch lesen. Offen und ehrlich gesteht er, warum er bei seinen zahlreichen Gastspielen nicht im Westen geblieben ist. Zunächst spielt die Familie eine große Rolle. 60 Jahre lang ist er mit der Opernsängerin
Sigrid Kehl zusammen, davon 25 Jahre verheiratet. Die Sopranistin ist am 18. Dezember 2024 gestorben. Eberle hat drei Kinder.

Es gibt aber noch einen zweiten Grund, warum er nie im Westen geblieben ist. Er habe so seine Zweifel, ob ein Theater im Westen ihn mit so vielen Rollen verwöhnt hätte, wie das Schauspiel Leipzig. „Ich durfte ja alles hier spielen – vom Hamlet angefangen, Othello bis zu König Lear“, sagt er. Und die vielen Perestroika-Stücke und viele Gegenwartsstücke gehören ebenfalls zu den angenehmen Lebenserinnerungen. Wie im Buch „Dem schönen Ziele zu“ nachzulesen ist.

Stand: 29.04.2025

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