Dittrich, Gotthard

Diplomökonom, Schulgründer, Stifter | geb. am 29. März 1954 in Nienburg/Weser

Leipzig ist die Wiege seiner Bildungsvisionen. Hier arbeitet Gotthard Dittrich, der Chef der Rahn Education, unermüdlich daran, die Idee weltoffener Bildungsprojekte zu verwirklichen und in andere Länder zu tragen. Am 16. März 1990 gründet Dittrich mit Partnern eine gemeinnützige Schulgesellschaft. Mittlerweile ist daraus ein mittelständisches Unternehmen geworden, das in der Messestadt Leipzig den Bildungscampus im Graphischen Viertel betreibt.

Geboren wird Gotthard Dittrich am 29. März 1954 in Nienburg an der Weser. Er wächst in einfachen Verhältnissen auf und besucht dort die Volksschule. Anschließend macht er eine Ausbildung zum Kaufmann an der Handelsschule Dr. Paul Rahn in Nienburg. In Hannover legt er schließlich am Wirtschaftsgymnasium das Abitur ab. In den 1970er Jahren studiert er an der Bremer Hochschule für Sozialpädagogik und Sozialökonomie. Er wählt das Fach Sozialökonomie, das sich allerdings als Studium der Ernährungswissenschaften erweist. Daher hängt er noch zwei Semester Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bremen an.

Ein Besuch auf der Leipziger Messe


Schon während des Studiums arbeitet er in einem Handelsunternehmen, das norwegische Produkte in Deutschland vertreibt. Das wird allerdings unrentabel, da Norwegen einen Beitritt zur Europäischen Union ablehnt. 1983 besucht er die
Leipziger Messe und findet einen Ausweg: Er vermittelt für die Firma Kompensationsgeschäfte mit der damaligen DDR. Dafür verlegt er 1984 sogar seinen Wohnsitz nach Altenburg bei Leipzig. Gemeldet ist er auch in Westberlin, da er dadurch unkomplizierter als ein Bundesbürger einreisen kann. Im Februar 1990 wird Dittrich Staatsbürger der DDR, damit er leichter eine Firma gründen und Kapital in DDR-Mark einbringen kann. Mit der Einheit Deutschlands erledigen sich die Kompensationsgeschäfte allerdings von selbst.

Der Aufbau der Wirtschaftsakademie


Dittrich hat immer Handel-Seminare an der Rahn-Schule in Nienburg gehalten. Nun beginnt er für diese mit dem Aufbau von privaten Handelsschulen in den neuen Bundesländern. Ziel ist es, den Bedarf nach kaufmännischem Wissen zu befriedigen. Los geht es 1990 zunächst mit einer Wirtschaftsakademie in Leipzig, die Umschulungen und berufliche Fortbildungen anbietet. Die gibt es heute noch ebenso wie die Schulgesellschaft, die mit einer berufsbildenden Schule in der Kochstraße startet. Daraus entwickelt sich schließlich die gemeinnützige Rahn Education, eine Unternehmensgruppe, mit Hauptsitz in Leipzig. Dazu gehören mehrere Firmen.

1995 entsteht die Idee, Pädagogen der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ zum Gespräch einzuladen, um über Konzepte für eine Schule mit musikalisch-künstlerischer Ausrichtung zu reden. Das Resultat: ein Konzept für die Freie Grundschule „Clara Schumann“ im historischen Schumann-Haus in der Inselstraße 18. Die Schulgründung wird nur möglich, da im Freistaat Sachsen von den staatlichen Schulbehörden nichts Vergleichbares angeboten wird. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und auch vom damaligen Leipziger Opernintendanten Udo Zimmermann als Schirmherrn gefördert. Die Genehmigung erfolgt 1997.

Ein Bildungscampus im Graphischen Viertel


Mittlerweile ist die Grundschule „Clara ‚Schumann“ längst Teil eines Bildungscampus mit Musikschulen, Kindertagesstätten, Gymnasium sowie Oberschule. „Ich bin selbst manchmal überrascht, wie sich das alles entwickelt hat“, bekennt Diplomökonom Dittrich, der sich als Ideengeber sieht und den Bau neuer Häuser koordiniert. „Für die Bildungsprojekte hole ich mir Partner vom Fach.“ Der Bildungscampus zwischen Salomon- und Inselstraße im Graphischen Viertel mit rund 2.000 Kindern und Jugendlichen ist das Herzstück des Unternehmens geworden.

Ein außergewöhnliches Projekt wird ebenfalls das Gymnasium im brandenburgischen Stift Neuzelle (Landkreis Oder-Spree) an der polnischen Grenze. Das Besondere: An der Ganztagsschule wird bilingual Deutsch und Polnisch unterrichtet. Durch das zum Kloster gehörige Internat können dort auch Kinder lernen, deren Eltern nicht in Deutschland leben. Insgesamt werden Schüler aus 20 Nationen betreut.

Die ersten Auslandsaktivitäten der Rahn Education starten 1993 in Zielona Góra in Polen. Dort werden eine Grundschule mit musikalisch-künstlerischer Ausrichtung sowie ein Gymnasium eingerichtet, an dem die Schüler auch das deutsche Sprachdiplom ablegen können. Zu Neuzelle entsteht eine deutsch-polnische Bildungsbrücke.

Eine eigenständige Schule in Kairo


Ein besonderes Augenmerk legt Dittrich auf die ägyptische Hauptstadt Kairo. Dort gibt es die eigenständige Rahn-Schule Kairo, an der nach brandenburgischem Curriculum unterrichtet wird. Für ihre Absolventen besteht die Möglichkeit, in Neuzelle bei einer zweijährigen zusätzlichen Ausbildung das deutsche Abitur abzulegen. Seit 2003 existiert die Hotelfachschule Paul Rahn in El Gouna am Roten Meer. Dort fahren sogar Vertreter der Leipziger Industrie- und Handelskammer (IHK) hin, um Prüfungen abzunehmen. „Dadurch erwerben die Jugendlichen einen Abschluss, der auch in Deutschland anerkannt ist“, erläutert Dittrich. Aufgrund des Fachkräftemangels gewinnt das zusehends an Bedeutung. Einige kommen nach Leipzig, um hier in der Gastronomie zu arbeiten. Rahn Education betreibt auch im Auftrag der Schweiz eine Schule in Mailand sowie in Cadorago am Comer See.

Eine Herzensangelegenheit ist es für Dittrich, das Polnische Institut – seit 1969 fester Bestandteil der Leipziger Kulturszene – in Leipzig zu erhalten. Diesem droht die Schließung. Die Rettung ist nur möglich, weil die Europäische Stiftung der Rahn Dittrich Group für Bildung und Kultur das Institut als Untermieter beherbergt. In den Räumen der Stiftung am Markt 10 ist inzwischen ebenso das neue Partnerstadtquartier der Stadt Leipzig untergekommen.

An seinen Standorten beschäftigt das Unternehmen Rahn Education ca. 1.100 Mitarbeiter, die über 800 Lernende betreuen. Zum Portfolio gehören Kindertagesstätten, Grundschulen, Sekundar- und Oberschulen und Gymnasien, Fachoberschulen, Studienkollegs, Berufsbildungszentren sowie Musik- und Sprachschulen. Es gibt rund 40 Bildungseinrichtungen in Deutschland, Ägypten, Italien und Polen. 

Auf dem Bildungscampus in Leipzig entstand das Café Salomon, das ursprünglich koschere Küche nicht nur für jüdische Mitbürger anbot. Es musste aber schließen. Ende Februar 2025 eröffnete dort die Stullenfabrik, ebenfalls mit einem innovativen Konzept.

Stand: 13.01.2025

Bildergalerie - Dittrich, Gotthard

Picture of Mathias Orbeck
Mathias Orbeck
Der in Leipzig-Connewitz geborene und aufgewachsene Journalist ist leidenschaftlicher Radfahrer und Naturliebhaber. 35 Jahre lang arbeitete der Lokalpatriot als Redakteur und Reporter bei der Leipziger Volkszeitung. Inzwischen als freier Autor tätig, gilt sein Interesse nach wie vor Leipzigs Historie sowie den schönen Seiten seiner Heimatstadt, deren Attraktionen er gern Gästen zeigt.
error: Dieser Inhalt ist geschützt! Es ist nicht gestattet, diesen Inhalt zu kopieren. Vielen Dank für Ihr Verständnis.