Nathanaelkirche

Rietschelstraße 5A | Ortsteil: Altlindenau

Die Evangelisch-Lutherische Nathanaelkirche wurde nach Entwürfen von Constantin Lipsius und August Hartel zwischen 1881 und 1884 im neugotischen Stil errichtet. Dabei handelte es sich um einen monumentalen Ersatz für den Vorgängerbau in Form einer kleinen romanischen Dorfkirche. Besonders charakteristisch ist neben dem Kirchturm die Außenfassade in Form von roten Verblendziegeln.

Von der romanischen Chorturmkirche zum neugotischen Meisterwerk


Der 74 Meter hohe Turm der Nathanaelkirche mit seiner auffälligen, überstreckten Spitze im Stadtteil
Lindenau ist bereits von weitem sichtbar. Die Geschichte der Kirche reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Überlieferungen zufolge soll es bereits an gleicher Stelle um das Jahr 1276 eine kleine romanische Chorturmkirche gegeben haben. Diese wurde für die Gemeinde allmählich zu klein, so dass sie, nicht zuletzt auch aufgrund ihrer Baufälligkeit, 1878 abgebrochen wurde. Für die Entstehung einer neuen Kirche wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, aus welchem die Architekten Constantin Lipsius und August Hartel als Gewinner hervorgingen. Nach ihren Entwürfen wurde zwischen 1881 und 1884 eine neue, deutlich größere Kirche in Form eines neugotischen roten Verblendziegelbaus mit bis zu 1.100 Sitzplätzen erbaut. Die Kosten beliefen sich auf rund 225.000 Reichmark, von denen 80.000 Mark vom Lindenauer Gemeinderat getragen wurden.

Unterhalb des Kirchturms, welcher zu beiden Seiten von Treppenaufgängen flankiert wird, befindet sich der Hauptraum mit einer dreischiffigen Gewölbehalle mit Chor. Im Jahr 1909 wurde der Bereich unterhalb der Orgelempore abgetrennt und 1922 nochmals vergrößert. Der in diesem Zuge entstandene Raum wird seither als Winterkirche genutzt. Besonders charakteristisch ist das Kreuzrippengewölbe, welches die Halle und den Chor architektonisch prägt. Die reiche Ausgestaltung des Innenraums wurde vom Dekorationsmaler Richard Schulz im Jahr 1890 umgesetzt. Die imposante Wirkung des neugotischen Kirchinnenraums wird maßgeblich durch die massive Empore beeinflusst, die dreiseitig verläuft und deren Brüstung eine bogenförmige Architektur trägt. Besonders geprägt wird die Raumatmosphäre von den auffälligen, farbenprächtigen Chorfenstern mit Ornamenten und Figuren. Dabei handelt es sich um eine Stiftung des sächsischen Kulturfonds aus dem Jahr 1887. Die Entwürfe stammen vom Dresdner Maler Carl Bertling und repräsentieren die sakrale Glasmalerei des Historismus. Abgebildet sind Petrus, Paulus und die vier Evangelisten sowie oberhalb der Figuren Christus in einer Rose mit einem Kelch. Die ursprüngliche Orgel von Christoph Donati, welche zwischen 1690 und 1692 entstand, ging verloren, ebenso wie jene von Zacharias Hildebrandt aus dem Jahr 1732, welche seit 1878 als verschollen galt. Die heutige Orgel wurde im Jahr 1884 von Richard Kreutzbach für den Kirchenneubau geschaffen.

Aufgrund von mangelndem Material und fehlenden Geldern wurde die Nathanaelkirche Mitte des 20. Jahrhunderts stark vernachlässigt. Das Kirchendach musste aufgrund von Bauschäden durch das Eindringen von Feuchtigkeit im Jahr 1982 mit Pappschindeln neu gedeckt werden. Ab 1983 konnte das baufällige Kirchgebäude nicht mehr genutzt werden und diente stattdessen zwischen 1989 und 1994 als Materiallager. Nach einer umfassenden Sanierung und Restaurierung konnten ab 1994 wieder Gottesdienste in der Kirche stattfinden.

In direkter Nachbarschaft zur Nathanaelkirche befinden sich der Lindenauer Markt und das Theater der Jungen Welt. Letzteres zählt als ältestes professionelles Kinder- und Jugendtheater Deutschlands seit seiner Eröffnung im Jahr 1950 zu einer festen Größe in Leipzigs Kultur.

Stand: 25.02.2025

Bildergalerie - Nathanaelkirche

Historisches Bildmaterial - Nathanaelkirche

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