Bethanienkirche

Stieglitzstraße 42 | Ortsteil: Schleußig

Die Evangelisch-Lutherische Bethanienkirche im Stadtteil Schleußig wurde zwischen 1931 und 1933 nach Plänen der Leipziger Architekten Hans Voigt und Carl William Zweck im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtet. Sie wurde am 21. Januar 1933 eingeweiht. Besonders charakteristisch ist der zentral angeordnete Rundturm, welcher einem mittelalterlichen Bergfried ähnelt. Im Inneren beeindruckt die Kirche mit einer einzigartigen Beleuchtung durch hohe Fenster und einer Orgel der Brüder Jehmlich.

Vom Gutshof zur „Zitronenpresse“: Ein mittelalterlicher Bergfried entsteht


Die Bethanienkirche in Schleußig befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Leipziger
Auwald zwischen Karl-Heine-Kanal mit den Buntgarnwerken und dem Elsterflutbett mit der Galopprennbahn Scheibenholz. Der Stadtteil Schleußig entstand einst aus einem kleinen mittelalterlichen Gutshof. Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das an der Elsteraue gelegene Dorf rasant. Allein zwischen 1875 und 1925 stieg die Einwohnerzahl von ca. 300 auf rund 17.000. Damit das kirchliche Leben im Zuge des stetigen Bevölkerungswachstums fortbestehen konnte, wurde in den Jahren 1904/1905 eine turnhallenähnliche Interimskirche errichtet. Die Bestrebungen um den Bau einer neuen, größeren Kirche kamen angesichts des Ersten Weltkriegs zunächst zum Erliegen. Nachdem im Jahr 1928 eine entsprechende Baufläche in der Stieglitzstraße erworben wurde, stand einer Realisierung des Bauvorhabens nichts mehr im Weg. Noch im selben Jahr wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Als Sieger vor dem Preisgericht mit Stadtbaurat Hubert Ritter gingen die Leipziger Architekten Hans Voigt und Carl William Zweck hervor, die sich einstimmig gegen 58 weitere Teilnehmer durchsetzen konnten. Der Kirchenbau begann im Jahr 1931 und wurde mit der Einweihung am 21. Januar 1933 abgeschlossen. Im Gegensatz zum von Voigt und Zweck konzipierten Grassimuseum, ist die Bethanienkirche mit ihrer kubischen Form klar der Neuen Sachlichkeit zuzuordnen. Besonders charakteristisch ist der sich in der Eingangsfront befindende Rundturm mit spitzem Dachkegel, welcher an einen Bergfried der mittelalterlichen Burgen an der Saale, wie etwa die Burg Saaleck, erinnert. Zugleich wird ein Bezug zu Martin Luthers Lied „Eine feste Burg ist unser Gott“ hergestellt. Auffallend ist das Betonkreuz, das beinahe die gesamte Länge des Kirchturmes einnimmt und bei Dunkelheit beleuchtet wird. Der Turmbereich unterhalb des Kirchdaches ist geprägt von kleinen Balkonen und vier Großuhren. Die markante, metallene Turmspitze brachte der Kirche den Beinamen ‚Zitronenpresse‘ ein.

Wenn Christus in der Abendsonne strahlt…


Zum Kircheneingang gelangt der Besucher über einen Innenhof mit klassischen, seitlich angeordneten Arkadengängen. Den Kirchensaal im Hauptgeschoss erreicht man über die von zwei seitlichen Pfeilergängen flankierte und zweieinhalb Meter hinaufführende Treppe. Der etwas tiefer gelegene Ehrenhof führt in den sich unterhalb des Kirchenschiffs befindlichen Gemeindesaal. Der Altarraum im Kirchensaal wird von einem hohen Fenster dominiert. Das Glasgemälde auf einer mehrfach gestaffelten, tiefblauen Wandfläche stellt „Den eintretenden Christus“ vom Maler
Emil Block dar. Eine besondere Wirkung wird erzielt, wenn das Fenster bei Gottesdiensten von der Abendsonne angestrahlt wird. Neben dem von Otto Wutzler geschaffenen Altar zu beiden Seiten des Chors sind zwei Szenen aus dem Neuen Testament, „Die Auferweckung des Lazarus“ sowie „Maria und Martha“ abgebildet. Die beiden auf Leder gemalten Tafelbilder stammen ebenfalls von Block. Er schuf auch für die Sakristei die Bildnisse der Pfarrer Kurt Schröder und Otto Flor.

Die Empore, in deren Brüstung eine vom Bildhauer Johannes Konstantin Göldel geschaffene Porträtbüste von Johann Sebastian Bach als Symbolbild für die Kirchenmusik eingelassen ist, wurde in den Rundturm der Kirche integriert. Die Orgel stammt von den Brüdern Jehmlich aus Dresden. Um die durch die vierzehn golden verglasten, hohen Fenster geschaffene Belichtung nicht zu beeinträchtigen, wurde die Anordnung der Emporen auf die Stirnseite neben der weit in den Raum hineinragenden, gerundeten Sängerempore begrenzt.

Das im Souterrain gelegene Foyer des Gemeindesaals wird von einer farbigen, mittelalterlichen Christusplastik aus dem Jahr 1482 geschmückt, welche sich oberhalb des mit der Jahreszahl 1931 versehenen, symbolischen Grundsteins befindet. Bei der Statue handelt es sich um ein Geschenk der letzten Besitzerin des einstigen Schleußiger Gutshofes, Frau Stieglitz, an die Gemeinde. Die Christusplastik entstammte einem Gewölbepfeiler in den Kellerräumen des Gutshauses. Aufgrund von Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde die Bethanienkirche nach Kriegsende bis 1950 renoviert sowie von 1988 bis 1989 erneut umfassend unter der Leitung des Architekten Gerhart Pasch restauriert. Die Kirche bekam 1954 als Ersatz für die im Krieg eingeschmolzenen Bronzeglocken ein neues Geläut aus drei Gussstahlglocken, gefertigt von der Glockengießerei Schilling & Lattermann.

Stand: 25.02.2025

Bildergalerie - Bethanienkirche

Historisches Bildmaterial - Bethanienkirche

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