Zills Tunnel

Barfußgäßchen 9 | Ortsteil: Zentrum

Das historische Gasthaus Zills Tunnel zählt unter dem Motto „urig, sächsisch, gemütlich“ zu den bekanntesten Restaurants in der Leipziger Innenstadt. 1772 als Kaffeeausschank geführt, wurde das Gasthaus im Jahr 1841 in den heutigen Zills Tunnel umbenannt. Neben Bier wurde fortan auch Wein ausgeschenkt. Heute dürfen in dem familiengeführten Lokal im urgemütlichen Ambiente der Kaiserzeit neben Klassikern der altdeutschen und gutbürgerlichen, sächsischen Küche auch Leipziger Spezialitäten auf der Speisekarte nicht fehlen.

Totenbeschwörung im Kaffeehaus 


Wer vom
Lipsia-Brunnen in Richtung Markt schlendert, dem fällt das imposante Eckhaus mit Elementen der deutschen Renaissance zwischen Barfußgäßchen und Klostergasse auf. Baurelikte weisen spätgotische Merkmale auf, was auf erste Bebauungen im 13. Jahrhundert schließen lässt. Die Historie des Gebäudes ist seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dokumentarisch belegt. Ab den 1760er Jahren befand sich in diesem Eckhaus ein Kaffeeausschank, welcher ab 1772 von Johann Georg Schrepfer übernommen und bis 1774 betrieben wurde. Der Kaffeewirt galt als berüchtigter Hochstapler, der in einem Hinterzimmer des Kaffeehauses spiritistische Sitzungen veranstaltete, welchen Interessierte gegen ein „Honorar“ beiwohnen konnten. Anhand einer verborgenen „Laterna magica“ projizierte Schrepfer unscharfe Geisterbilder, in welchen die Teilnehmer ihre Toten zu erkennen vermochten und mit ihnen in Kontakt treten konnten. Alsbald wurde der Schwindel des Kaffeewirts durchschaut und Schrepfer am Morgen des 8. Oktober 1774 erschossen im Rosental aufgefunden. Ungeklärt blieb bis heute, ob es sich um Mord oder Selbstmord handelte.

Vom Café zum Bierausschank


Im Jahr 1775 übernahm
Heinrich Burckhardt den Betrieb und wandelte das Café in einen Bierausschank um. Letzterer wurde über 60 Jahre erfolgreich betrieben und wegen seiner gewölbten, niedrigen Holzdecke unter dem Namen „Burckhardts Biertunnel“ bekannt. Im Jahr 1841 erwarb der Bier- und Branntweinschenker Johann Gottfried Zill das Grundstück sowie die Schankrechte und eröffnete unter dem Namen „Zills Tunnel“ seine Gaststätte. Der Name „Tunnel“ war eine Anspielung auf die gewölbte niedrige Decke. Neben Bier wurde fortan auch Wein ausgeschenkt. Dank der zentralen Lage und der gemütlichen, urigen Atmosphäre gründeten sich im Gasthaus über die Jahre zahlreiche Stammtische, welchen auch bekannte Leipziger Bürger, darunter Künstler und Handwerker, beiwohnten. Insbesondere die Handwerksmeister und ihre Gesellen waren für ihre abendlichen Gesänge in geselliger Runde bekannt. Die Gastwirtschaft erlebte unter Johann Gottfried Zill ihre erste Blütezeit.

Im Jahr 1877 wurde das Gasthaus von der Plagwitzer Brauerei C. W. Naumann erworben, das Gebäude abgebrochen und für insgesamt 996.000 Mark neu errichtet. Die Entwürfe stammten von den Architekten August Hermann Schmidt und Arthur Johlige, die später auch die Konzeption des Neubaus des ebenfalls der Naumann-Brauerei gehörenden Felsenkellers innehatten.

Urig, sächsisch, gemütlich


Auch nach dem Umbau des Gebäudes ebbte die Beliebtheit von Zills Tunnel nicht ab. Das Lokal blieb eine bekannte, gemütliche Einkehrstätte, insbesondere für Stammtische und studentische Zusammenkünfte. 1897 wurde es von
Louis Treutler bewirtschaftet. Zu dieser Zeit verfügte Zills Tunnel neben dem Restaurant über das Klosterstübchen, das Speisezimmer und einen weiteren Saal. 1969 wurde das Gasthaus zu einer rustikalen Speisegaststätte mit einem Weinlokal namens „Plovdiv“ in der ersten Etage umgebaut. Seit 1994 wird Zills Tunnel von der Wirtsfamilie Lutz Geyer geführt. Letztere initiierte auch die originalgetreue umfassende, neunmonatige Gebäudesanierung und Restaurierung nach historischen Plänen 1999/2000. Im Rahmen dieser wurde der ursprüngliche, urige Charakter von Zills Tunnel aus dem Jahr 1841 wiederhergestellt, welchen die Gäste noch heute unter der Devise „urig, sächsisch, gemütlich“ erleben können.

Gutbürgerlich sächsisch speisen 


Bei dem von der Brauerei C. W. Naumann initiierten und 1888 enthüllten, hell verputzten Neubau mit dezenten Beschriftungen und Ornamenten handelt es sich um Zills Tunnel in seiner heutigen Gestalt. Der fünfgeschossige Renaissancebau wird optisch durch seinen imposanten, vieretagigen und auf einer Konsole befindlichen Eckerker dominiert. Die Fensterform ändert sich von einer Etage zur nächsten. Auf dem Brüstungsfeld zwischen zweiter und dritter Etage ist ein Ornament abgebildet, während eine Wetterfahne das Türmchen oberhalb der vierten Etage bekrönt. Das Gebäude umlaufend ist der Schriftzug „Zill‘s Tunnel Bier- & Weinstuben“ zu lesen.

Das Gasthaus ist im Stil der Kaiserzeit eingerichtet und besticht durch sein urig sächsisches Ambiente. Im Erdgeschoss laden die „Bierstube“ mit 65 Plätzen und die benachbarte „Klosterstube“ mit 18 Plätzen mit gemütlichen Sitznischen und warm leuchtenden Bogenfenstern zum Verweilen ein. Bei der „Bierstube“ handelt es sich um das namensgebende Tunnelgewölbe mit seiner langgestreckten, holzverkleideten Gewölbedecke. In der ersten Etage von Zills Tunnel befinden sich die „Weinstube“ und die „Erkerstube“ mit jeweils bis zu 25 Sitzplätzen sowie die „Große Stube“ mit maximal 55 Plätzen. Alle drei Gasträume dienen kleineren Veranstaltungen und Festlichkeiten und können für diesen Zweck gemietet werden.

Das Wandern ist des Müllers Lust…


Zur regelmäßig einkehrenden Leipziger Prominenz zählten beispielsweise der Dichter
Adolf Böttger, der Musikschriftsteller Heinrich Pfeil sowie die Komponisten Viktor Neßler und Carl Friedrich Zöllner. Letzterer soll in Zills Tunnel im Jahr 1844 sein allseits bekanntes Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ ersonnen haben. Die überlieferte Wirtshausszene ist seit 2007 auf einem von Volker Pohlenz geschaffenen Gemälde abgebildet. Es hängt in einem der Rundbögen neben der Theke und zeigt eine Männerrunde, bestehend aus dem Volkslied-Komponisten Wilhelm Müller, auf welchen auch der Text von „Das Wandern ist des Müllers Lust“ zurückgeht, den einst berühmten Schauspieler Roderich Benedix und den Komponisten und Chorleiter Carl Friedrich Zöllner. An ihn erinnert im Rosental seit 1868 das Zöllner-Denkmal.

Leipziger Spezialitäten bei Gästen sehr beliebt


Neben Klassikern der traditionellen altdeutschen und gutbürgerlichen Küche dürfen auf der Speisekarte in Zills Tunnel Spezialitäten wie der Kümmellikör
Leipziger Allasch, die Bierspezialität Gose, das Ur-Krostitzer Bier, das Gemüsegericht Leipziger Allerlei (nur saisonal) sowie das Mürbteiggebäck Leipziger Lerche nicht fehlen. Aber auch Weine und Spirituosen aus der Region werden angeboten. Wer wissen möchte, was Leipzig und die Region an typischen Spezialitäten zu bieten hat, wird mit Sicherheit in Zills Tunnel fündig.

Stand: 02.05.2024

Bildergalerie - Zills Tunnel

Historisches Bildmaterial - Zills Tunnel

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