Stadtgründung Leipzig / Stadtbrief

Stadtarchiv Leipzig / Stadtgeschichtliches Museum Leipzig | Ortsteil: Zentrum-Südost / Zentrum

Wie alt ist eigentlich Leipzig? Im Dezember des Jahres 1015, so steht es in der von Thietmar von Merseburg angefertigten Chronik, reist der Meißner Bischof Eid nach Merseburg. Dort soll er den Kaiser treffen, um ihm über die wohl erfolgreichen Friedensverhandlungen mit den polnischen Nachbarn zu berichten. Doch sein Ziel erreicht er nicht. Notiert ist: „in urbe Libzi vocata“ stirbt der kirchliche Würdenträger. Das ist ein Ort, der Leipzig genannt wird. Näheres zu Größe und vor allem dem Aussehen des Ortes notiert er nicht. Die Chronik ist eine der zentralen Quellen zur hochmittelalterlichen Geschichte Deutschlands. Und völlig nebenbei hat der Merseburger Bischof mit dieser Notiz die älteste schriftliche Erwähnung Leipzigs formuliert.

Für Leipzig ist dies der Anlass, im Jahre 2015 die 1000. Wiederkehr der schriftlichen Erwähnung mit einem ganzen Festjahr zu begehen. Rund um das Ereignis gibt es viele Forschungen, die in einer neuen vierbändigen wissenschaftlichen Stadtgeschichte münden. Herausgeber sind Enno Bünz, Detlef Döring, Susanne Schötz sowie Ulrich von Hehl.

Neue Erkenntnisse durch archäologische Grabungen


Natürlich ist Leipzig nicht erst 1015 entstanden, sondern viel älter, was mit archäologischen Ausgrabungen in der Leipziger Innenstadt von 1990 an bis etwa 2015 detaillierter nachgewiesen werden kann. Grabungen an der
Hainstraße und an der Großen Fleischergasse beweisen, dass der Ort mit der Burg bereits vor 1015 bestand. Archäologe Thomas Westphalen und seine Kollegen vom Landesamt für Archäologie Sachsen haben an der aus Erdwällen und Baumstämmen errichteten Burg „urbs libzi“ eine Vorstadt nachgewiesen. Und dabei einen etwa 30 Meter langen und über sechs Meter breiten Graben entdeckt, der nicht zu den Befestigungsanlagen der Burg gehört. Bereits Herbert Küas, ein früher Pionier der Leipziger Stadtarchäologie, hat das Areal um die im Krieg zerstörte Matthäikirche untersucht und Reste der Burg sowie eines vorgelagerten Grabens freigelegt. Nach wie vor bleiben viele Fragen, etwa wie der Ort ausgesehen hat, offen. Nachgewiesen ist aber, dass es sich bei dem vier Hektar großen Gebiet um eine abgeriegelte Siedlung mit städtischem Charakter handelt, keineswegs nur um eine befestigte Burganlage. Der trockene Graben wird dem Landesamt für Archäologie Sachsen zufolge im Laufe des 11. Jahrhunderts aufgefüllt. Die heutige Stadt nimmt im 12. Jahrhundert Gestalt an – ein Straßenraster mit Markt, Kirchen, Klöstern entsteht. Ein Vorteil ist die Lage am Schnittpunkt der beiden Handelsstraßen Via regia sowie Via imperii. An diese erinnert seit 2017 die bronzene Bodentafel Leipzig im Schnittpunkt alter Handelsstraßen auf dem Markt, gegenüber der Alten Waage.

Stadtgründung lässt sich nicht exakt datieren


Das Jahr 1165 gilt als Datum der Stadtgründung. Deshalb wurde auch 1965 eine 800-Jahr-Feier veranstaltet. Historisch lässt sich die Stadtgründung allerdings nicht exakt belegen.
Markgraf Otto der Reiche von Meißen verleiht Leipzig zwischen 1156 und 1170 sowohl Stadtbrief als auch Marktprivileg. Das Dokument ist aber undatiert. Die entsprechende, später schriftlich ausgefertigte Urkunde stammt aus der Zeit um 1215. Das Jahr 1165 wird festgelegt – ebenso als Gründungsdatum der Leipziger Messe. Um jene Zeit bezeugt der Markgraf Leipzig seine Gunst, indem er bestimmt, dass „innerhalb einer Meile von der Stadt gelegen kein der Stadt schädlicher Jahrmarkt abgehalten werden dürfe.“ Die Urkunde trägt zwar das Siegel des Markgrafen. Einige Historiker sehen das Papier trotzdem als Fälschung an. Leipziger Bürger könnten es nachträglich selbst angefertigt haben, heißt es. Die Entwicklung nachzuvollziehen, bleibt schwierig, da die Quellenlage spärlich ist. Viele Hoffnungen ruhen dabei auf der Archäologie.

Stadtbrief wird im Stadtarchiv aufbewahrt


Das fragile Dokument wird im
Stadtarchiv Leipzig auf der Alten Messe in einem Archivschrank aus Massivholz aufbewahrt, den der erste Direktor Gustav Wustmann im Jahr 1886 anfertigen ließ. Weil der Stadtbrief so zerbrechlich ist, sind kaum Forschungen am Original möglich.

Im Stadtarchiv Leipzig wird auch das Stadtsiegel von 1287 und das von Kaiser Maximilian I. 1497 ausgestellte und dann 1507 erweiterte Messeprivileg behütet. Im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig im Alten Rathaus sind jeweils Faksimiles zu sehen. Möglich ist dort auch ein Blick auf einfache Gebrauchsgegenstände. Diese Funde erzählen, wie sich Leipzig von der slawischen Siedlung im 7./8. Jahrhundert zur mittelalterlichen Stadt entwickelt.

Stand: 25.01.2024

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Mathias Orbeck
Der in Leipzig-Connewitz geborene und aufgewachsene Journalist ist leidenschaftlicher Radfahrer und Naturliebhaber. 35 Jahre lang arbeitete der Lokalpatriot als Redakteur und Reporter bei der Leipziger Volkszeitung. Inzwischen als freier Autor tätig, gilt sein Interesse nach wie vor Leipzigs Historie sowie den schönen Seiten seiner Heimatstadt, deren Attraktionen er gern Gästen zeigt.
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