Etwas versteckt steht die Stele am Weg nordwestlich des Bassins in der Anton-Bruckner-Allee. Sie wurde am 24. April 2022 enthüllt und erinnert an die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) in Leipzig. Die umfassende Leistungsschau Mitteldeutschlands zog von April bis Oktober 1897 nahezu 2,4 Millionen Besucher an. Die Gäste und Einheimischen kamen, um die neueste Technik zu bestaunen oder um sich zu vergnügen. Die STIGA war für Leipzig ein großes Volksfest. Aus dieser Leistungsschau ging ein Teil des heutigen Clara-Zetkin-Parkes hervor. Platziert in der wichtigen Etappe Leipzigs, in dem es sich von der reinen Handels- zur Industriestadt wandelte, war die STIGA eine Schau der Superlative.
Völkerschau mit 47 Afrikanern
1897 ist Leipzig eine Stadt mitten im Wandel – die Leipziger Messe entwickelt sich rund ums Jubiläumsjahr zur modernen Musterschau. Es gibt aber auch dunkle Seiten, wie der offen zur Schau gestellte Kolonialismus bei der integrierten Deutsch-Ostafrika-Ausstellung (DOAA), bei der 47 Menschen aus den damaligen deutschen Kolonien in Afrika zur Schau gestellt werden. Hinter einem doppelten Zaun zeigen sie inszenierte alltägliche Handlungen sowie angeblich traditionelle Tänze und Schaukämpfe. Die sogenannte Völkerschau sollte für die „koloniale Sache“ in der Bevölkerung sowie in Unternehmen in Mitteldeutschland werben. Für 30 Pfennig Eintritt konnten die Besucher einen Rundgang entlang von Nachbauten kolonialer Gebäude und vorbei an den afrikanischen Menschen, die einer angeblich überlegenen deutschen Kultur gegenübergestellt wurden, unternehmen.
Leipzig arbeitet Kolonialismus auf
Die Organisatoren um den Kolonialoffizier Kurt Blümcke haben die Ausstellung nach der Vorstellung einer erfolgreichen und friedlichen Musterkolonie aufbauen lassen. Sie orientieren sich dabei an den vom Deutschen Reich kontrollierten Gebieten im heutigen Tansania, Ruanda, Burundi und dem Kionga-Dreieck im nördlichen Mosambik (damals „Deutsch-Ostafrika”). Hintergrund: Für einen Großteil der Menschen sind damals Urlaubs- oder gar Fernreisen unerreichbar. Dadurch soll die Schau ihre Neugier auf das „Fremde“ wecken. Die Gegenüberstellung von vermeintlich „zivilisiert“ und „unzivilisiert“ hätte nicht stereotyper sein können. Über die Biografien der 47 Menschen ist bisher kaum etwas bekannt. Unklar bleibt, ob alle Männer und Frauen überhaupt überleben konnten. Die Stadt Leipzig ist dabei, den Kolonialismus aufzuarbeiten.
In seiner Gestaltung kopierte das STIGA-Ausstellungsgelände damals ein wenig die Weltausstellungen in London, Paris, New York oder Wien. Die Attraktionen sind auf einer Karte auf der zweiseitigen Stele sichtbar, die leider häufig mit Graffiti beschmiert ist. Die Stele befindet sich nordwestlich des Bassins in der Anton-Bruckner-Allee – dem Ort, an dem 1897 die STIGA eröffnet wurde und an die die Stadt Leipzig im Rahmen des Themenjahrs „2022 – Freiraum für Bildung“ mit einem umfangreichen Programm erinnerte. Auf der einen Seite der Stele wird die STIGA allgemein dargestellt, auf der anderen die darin integrierte Deutsch-Ostafrika-Ausstellung (DOAA). Die neue Informationstafel für die STIGA ergänzt dauerhaft die unweit davon 2018 aufgestellte Stele zur Geschichte des Clara-Zetkin-Parks.
Stand: 24.2.2024