In den Parkanlagen rechts vor dem Eingang zum Areal des Völkerschlachtdenkmals befindet sich der Napoleonstein aus dem Jahr 1857. Der „Verein zur Feier des 19. Oktober“ ließ das Denkmal dort errichten, wo Napoleon am 18. Oktober 1813 seinen Befehlsstand einrichtete und die Völkerschlacht bei Leipzig leitete.
Auf den Spuren Napoleons
Der französische Herrscher Napoleon I. war bis zum Jahr 1812 so erfolgreich wie kein anderer Feldherr seit Alexander dem Großen. Er ging in zahlreichen Kriegen als Sieger hervor, setzte Bekannte und Verwandte als Könige ein und sicherte sich mit Bündnissen ab. Doch immer mehr regte sich Widerstand gegen die französische Vorherrschaft, so dass Napoleon in den Befreiungskriegen zwischen 1813 und 1815 schließlich auf französisches Gebiet zurückgedrängt wurde.
Die größte und wichtigste Schlacht dieser Befreiungskriege fand vom 16. bis zum 19. Oktober 1813 rund um Leipzig statt. In dieser Völkerschlacht schlossen sich Preußen, Österreich, Russland und Schweden zusammen und errangen dabei den entscheidenden Sieg über Napoleon. Mit einer Mehrheit von 295.000 Soldaten und 1.360 Geschützen standen sie den 160.000 französischen Kämpfern mit lediglich 630 Geschützen gegenüber. Nach erbitterten Kämpfen erteilte Napoleon schließlich den Befehl zum Rückzug. Zwar konnte er mit einem Teil seiner Armee in den Morgenstunden des 19. Oktobers nach Westen in Richtung Lindenau entkommen, dennoch boten die Alliierten mit diesem Sieg dem Eroberungszug Napoleons durch Europa Einhalt.
Napoleon und die Tabaksmühle
Doch wo hielt sich Napoleon eigentlich während der Schlacht auf? Um einen möglichst guten Blick auf die Schlachtfelder zu haben, suchte er sich die Marienhöhe aus. Sie lag zwischen den damaligen Dörfern Stötteritz, Probstheida und Connewitz, südöstlich von Leipzig. Hier stand zu diesem Zeitpunkt die Quandtsche Tabaksmühle, die 1743 vom Leipziger Kaufmann Johann Gottfried Quandt errichtet wurde. Die holländische Mühle diente der Verarbeitung von Tabak, der in Stötteritz angebaut wurde. Mit einem hölzernen Tisch, Karten, einem Schemel und großem Wachfeuer bezog Napoleon neben dieser Mühle seinen Posten. Die Mühle sollte jedoch nicht mehr lange dort stehen, da sie bei der Erstürmung Leipzigs zerstört wurde. Von wem, ist bis heute unklar. Die Mühle wurde nie wieder aufgebaut, jedoch erinnert der Name der Straße „An der Tabaksmühle“ noch heute an sie.
Ein kleiner Stein für einen kleinen Mann
Bereits 1832 wurde genau an dieser Stelle in Gedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig ein simpler Gedenkstein errichtet. Dieser wurde später im Grunde des heutigen Napoleonsteins verankert. Auf Initiative des „Vereins zur Feier des 19. Oktobers“ hin wurde das neue Denkmal am 25. Oktober 1857 errichtet und vom Probstheidaer Pastor Blüher eingeweiht. Das Denkmal besteht aus einem gusseisernen, rötlichen Granitblock mit einem Sockel und einer Deckplatte. Darauf liegt ein Kissen mit Nachbildungen des Zweispitzes sowie des Fernrohrs Napoleons. Leidglich der Degen ist heute nicht mehr in Gänze ersichtlich.
Dass der Stein jenen Ort markiert, von dem aus Napoleon 1813 die Schlacht um Leipzig leitete, darauf verweist die Inschrift auf der Ostseite: „Hier weilte Napoleon am 18. Oktober 1813, die Kämpfe der Völkerschlacht beobachtend.“
Die Inschrift der Westseite lautete zunächst „Der Herr ist der rechte Kriegsmann. Herr ist sein Name. 2. Mose 15, 3“. Dieser Bibelauszug wurde jedoch später herausgeschlagen und durch Hinweise auf den Standort der Tabaksmühle ersetzt. So steht hier heute geschrieben: „Standort der ehemaligen Quandtschen Tabaksmühle, Befehlsstand Napoleons“.
Der Wächter und seine Gebeine
Zur Zeit der Erbauung des Napoleonsteins gab es den Südfriedhof und auch den Stadtteil Marienbrunn noch nicht. Somit lag der Standpunkt sehr weit außerhalb der Stadt, weshalb 1869 ein Wächterhäuschen daneben gestellt wurde. Hier lebte in den 1870er Jahren der Alte Peters, ein Invalide aus dem Krieg 1870/71. Offiziell war er als Denkmalswächter angestellt. Gegen einen Obolus erzählte er Interessierten aber auch Geschichten über die Schlacht. In seinem kleinen Haus befand sich ein Kabinett aus Gebeinen, die Bauern über die Jahre fanden. 1886 wurde schließlich der Südfriedhof errichtet. Damit entfiel die Notwendigkeit eines Wächters. Zur Sicherung umschließt heute ein Gitterzaun mit zwölf Säulen das Denkmal.
Im Schatten des großen Nachbarn
Heute ist der Napoleonstein nicht mehr die erste Anlaufstelle für Besucher. Vielmehr zieht es Interessierte zum Völkerschlachtdenkmal in unmittelbarer Nähe. Das von den Leipzigern liebevoll „Völki“ genannte Denkmal wurde genau 100 Jahre nach der Schlacht, am 18. Oktober 1913, eingeweiht. Der Berliner Architekt Bruno Schmitz arbeitete dabei gemeinsam mit den Bildhauern Christian Behrens und Franz Metzner. Heute ist das Völkerschlachtdenkmal Aussichtsplattform und Museum zugleich. Es gehört gemeinsam mit dem am Fuße des Denkmals befindlichen Museum Forum 1813 zum Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.
Stand: 10.01.2024