Doppel-M
Das Doppel-M wurde als Symbol für die in Leipzig erfundene „Mustermesse“ im Auftrag des „Meßamts für die Mustermessen“ von Erich Gruner entworfen und 1917 anlässlich der Herbstmesse der Öffentlichkeit präsentiert. Seitdem entwickelte sich das Messe-Zeichen innerhalb kürzester Zeit zu einer Marke von internationaler Bekanntheit. Trotz der nur bis 1991 verwendeten Bezeichnung „Mustermesse“ handelt es sich bei dem Doppel-M noch heute um das repräsentative Symbol der Leipziger Messe, welches im Stadtbild in überdimensionaler Größe am Eingang zur Alten Messe, auf dem Wintergartenhochhaus sowie auf dem Messeturm am Neuen Messegelände vertreten ist.
Von der Waren- zur Mustermesse: Das älteste Warenzeichen der deutschen Messewirtschaft entsteht
Zu den weltbekannten Symbolen der Leipziger Messe zählen das Messemännchen ebenso wie das Doppel-M. Letzteres ist noch heute an verschiedenen Stellen im Leipziger Stadtbild anzutreffen: So dreht sich das Doppel-M bereits von Weitem sichtbar auf dem Wintergartenhochhaus am Hauptbahnhof, bildet ein 27 Meter hohes Eingangstor zum ehemaligen Messegelände, der „Alten Messe“, unweit des Völkerschlachtdenkmals und prangt als Landmarke am 85 Meter hohen Turm des heutigen Messegeländes, der „Neuen Messe“, im Norden der Stadt.
Als Schnittpunkt der zwei wichtigen Fernhandelsstraßen Via Imperii und Via Regia war Leipzig bereits im Mittelalter Zentrum von Markt haltenden Händlern. Daran erinnert heute u.a. die Bodentafel Leipzig im Schnittpunkt alter Handelsstraßen, die sich gegenüber der Alten Waage auf dem Markt befindet. Gemeinsam mit dem Stadtrecht erhielt Leipzig im Jahr 1165 zugleich auch das Marktrecht: Aus Märkten wurden Messen, welche der Stadt großen Reichtum bescherten. Im Zuge der Industrialisierung und der Möglichkeit zur Massenproduktion gelangte Leipzig Ende des 19. Jahrhunderts an räumliche Kapazitätsgrenzen und die Messen weltweit gerieten in eine existenzbedrohende Krise. Die Zeit der reinen Warenmesse, bei welcher der Verkauf von Produkten im Vordergrund stand, war vorbei. Stattdessen fanden die Leipziger 1894 eine Alternative, welche das Überleben der Branche sicherstellen würde: die Mustermesse. Das Konzept dieser an die neuen Bedingungen der Industrie angepassten Messeform sah vor, dass die Kaufleute ihre Handelsgegenstände nur noch präsentierten und Bestellungen entgegennahmen. Die technischen Entwicklungen ermöglichten eine zunehmende Herstellung der Waren in Serie sowie eine direkte Lieferung an die Kunden. Insofern fungierte das Doppel-M als ältestes Warenzeichen der deutschen Messewirtschaft nicht nur als Wegbereiter für das moderne Messewesen weltweit, sondern stellte zugleich auch eine Zäsur dar, welche der gesamten Branche das Fortbestehen sicherte.
Das Messesymbol zwischen weltweiter Bekanntheit und Modeeinflüssen
Für zwanzig Jahre, von der ersten Mustermesse 1895 bis 1915, blieb die Leipziger Mustermesse weltweit einzigartig. Die Entstehung von Konkurrenzmessen in anderen europäischen Großstädten, darunter Berlin und London, führten während des Ersten Weltkrieges im Jahr 1916 zur Gründung des „Meßamts für die Mustermessen“. Diese einheitliche Behörde hatte künftig die Organisation der Messen sowie die Kommunikation mit potenziellen Ausstellern inne. Zur Wahrung von Leipzigs Ruf als traditionelle Messestadt beschloss das „Meßamt für die Mustermessen“ die Einführung eines Firmenzeichens für die Leipziger Mustermesse. Dieses sollte sich bei Ausstellern und Besuchern leicht einprägen, eine Wiedererkennbarkeit garantieren und Sprachbarrieren überwinden. Ziel war eine künftige Firmierung aller organisatorischen, werblichen und kommerziellen Belange der Leipziger Messe unter diesem Zeichen. Den Auftrag zur Entwicklung dieses Logos erhielt im April 1917 der Leipziger Grafiker, Maler und künstlerische Beirat im Messeamt Erich Gruner. Nach nur knapp sieben Monaten entstand das Doppel-M, welches bis heute als Markenzeichen der Leipziger Messe dient. Mitten im Ersten Weltkrieg zur Herbstmesse 1917 wurde das neue Symbol erstmal der Öffentlichkeit präsentiert. In seiner ersten Fassung hatte Gruner drei übereinanderstehende „M“s entworfen. Den Zwischenraum zwischen den beiden Initialen interpretierte er als dritten Buchstaben, welche für das „Meßamt für die Mustermessen“ stehen sollte. Das dritte „M“ geriet allerdings schnell in Vergessenheit. Das Doppel-M, welches fortan auf allen Publikationen, Werbematerialien und im Schriftverkehr der Leipziger Messe verwendet wurde, erhielt innerhalb kürzester Zeit weltweite Bekanntheit.
Rund 40 Jahre nach dessen Einführung, am 15. März 1956, wurde das Messe-Logo in der Schweiz international registriert und ist seitdem als eingetragenes Markenzeichen in rund 60 Ländern weltweit geschützt. Im Zuge dessen war es Ausstellern und Partnern der Messegesellschaft gestattet, das Doppel-M lediglich in eindeutigem Bezug zur Leipziger Messe zu verwenden. Ferner durfte dieses nicht in zusätzliche Gestaltungen einbezogen und nur in festgelegten Proportionen verwendet werden sowie musste freistehen. Im Laufe der Jahrzehnte war das Doppel-M einer Reihe von modischen Einflüssen unterworfen. Um 1920 wurde die von Gruner bevorzugte klare Formgebung des Symbols etwa von einer verschnörkelten, vom Rokoko inspirierten Variante abgelöst. Zwischenzeitlich wurde ein wehendes Band oder später der Schriftzug „Leipzig“ hinzugefügt. In den 1960er Jahren etablierte sich schließlich die bis heute verwendete Variante in Form eines freistehenden, schmalen und hohen Doppel-Ms.
Dreimal Doppel-M im Leipziger Stadtbild
Auch nach dem Übergang von der Waren- zur Mustermesse konnte das räumliche Kapazitätsproblem nicht gelöst werden und es bedurfte eines neuen Ausstellungsplatzes. Hierfür diente ab 1920 zunächst das Areal unweit des Völkerschlachtdenkmals, wo 1913 bereits die Internationale Baufach-Ausstellung (IBA) ausgetragen worden war. Der Bau von neuen Hallen komplettierte das Gelände als neuen Veranstaltungsort für die Technische Messe, wo auch während der DDR mehrere Messen stattfanden. Eines der Bauwerke aus jener Zeit ist das 27 Meter hohe, unter Denkmalschutz stehende Doppel-M in Stahlskelettkonstruktion und mit Aluminiumblech verkleidet, welches sich noch heute am Eingang zur Alten Messe an der Prager Straße befindet. Die Gestaltungen der Eingangsportale in Form des Doppel-Ms entstanden anlässlich der Jubiläumsmesse im Frühjahr 1965. Das Konzept für dieses Doppel-M stammt von den Leipziger Architekten Martin Lehmann und Manfred Weigend. Die anderen beiden der ursprünglich drei baugleichen Doppel-Ms, welche die drei der einst vier Haupteingänge der Technischen Messe kennzeichneten, wurden abgerissen. Auf dem Gelände fand 1991 die letzte große Universalmesse statt, bevor das Areal in ein Gewerbegebiet umgewandelt und in Alte Messe umbenannt wurde. Das einstige Messegelände wird heute unterschiedlich genutzt: Im Sowjetischen Pavillon befindet sich das Stadtarchiv, in der Messehalle 11 ein Supermarkt. Ferner entstanden verschiedenen Neubauten, darunter die Bio-City Leipzig, welche das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie beherbergt.
Im Norden Leipzigs befindet sich seit der Gründung der Leipzig Messe GmbH im Jahr 1991 das moderne Neue Messegelände. Der Name „Mustermesse“ war bis zu diesem Zeitpunkt gebräuchlich. Dort wurden 1996 die Neue Messe und das Congress Center Leipzig eröffnet. Seitdem ersetzten etwa dreißig Fachmessen die klassischen Frühjahrs- und Herbstmessen. Seit 1998 findet vor Ort auch die Leipziger Buchmesse statt. Das Doppel-M krönt den 90 Meter hohen Messeturm und ist bereits von Weitem sichtbar.
Stand: 26.09.2023