Gondwanaland im Zoo Leipzig

Pfaffendorfer Straße 29 | Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Ein wenig Vorsicht ist bei den Totenkopfäffchen geboten. Brille, Handy oder gar Fotokamera sind vor ihnen manchmal nicht sicher. Ozelots und Fischkatzen rühren sich hingegen tagsüber wenig vom Fleck. Und die Faultiere machen ohnehin ihrem Namen alle Ehre. Etwa 170 Tierarten leben im einzigartigen tropischen Regenwald in Leipzig: Am 1. Juli 2011 eröffnet der Zoo Leipzig seine Tropenerlebniswelt Gondwanaland. Der Name stammt vom Urkontinent, der vor ca. 100 Millionen Jahren zerbricht, sodass sich Südamerika, Afrika und ein Teil Asiens in ihrer heutigen Form entwickeln können.

Das Herzstück vom „Zoo der Zukunft“


Die Zoo-Besucher sollen hier
für das Ökosystem Regenwald sensibilisiert werden. Und natürlich auch dessen schützenswerte Tiere. Der Erfolg gibt dem weltweit beachteten Herzstück des Projektes „Zoo der Zukunft“ Recht. Das Gondwanaland hat seit der Eröffnung Millionen Menschen begeistert. Für Zoodirektor Jörg Junhold und Michael Weichert, dem Chef des Fördervereins Zoo, ist die Tropenlandschaft „die Erfüllung eines Traums“. Die Riesentropenhalle hat die Anziehungs- und Wirtschaftskraft des Leipziger Zoos enorm gesteigert. Und Gäste erleben sie oft wie eine Wundertüte. Es bleibt selbst bei häufigen Stippvisiten immer spannend, welche Tiere die Besucher, die den Regenwald per Boot, aus den Wipfeln der Bäume und ebenerdig erkunden können, zu sehen bekommen und welche nicht. Zahlreiche Tiere streifen frei durch Gondwanaland.

Bis die Attraktion eröffnen kann, vergehen zehn Jahre Vorbereitungszeit. Laut Masterplan „Zoo der Zukunft“ sollte das Projekt zunächst im bisherigen Areal – in der Mitte des Zoos – integriert werden. Doch das erweist sich als schwierig, zumal beim Bau erhebliche logistische Probleme zu überwinden wären. Im Zuge der Olympiabewerbung Leipzigs für 2012 ergibt sich bei der Vorbereitung die Möglichkeit, die benachbarte große Industriebrache zu erwerben. Dort produzierten einst die Kammgarnspinnerei, später dann ORSTA-Hydraulik. Stadt Leipzig und Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG) einigen sich in einem Grundstückspaket über das 2,7 Hektar große Grundstück.

Die größte Tropenhalle Europas


Realisiert wird dort ein Entwurf der Henchion Reuter Architekten aus Berlin/Dublin. Das sind die Zweitplatzierten in einem Wettbewerb. Im November 2017 erfolgte ein erster symbolischer Spatenstich. Die Henchion Reuter Architekten entwerfen eine Stahl- und Glashalle auf einer Fläche von rund 16.500 Quadratmetern. Der Grundriss hat die Form eines gleichseitigen Dreieckes, bei dem die Seiten nach außen gebogen sind. Die gerundeten Kanten gliedern die drei Themenbereiche Afrika, Südamerika und Asien. Die lichte Höhe in der Hallenmitte beträgt bis zu 34,5 Meter. Das ist notwendig, um genügend Platz für großwüchsige Tropengewächse vorzuhalten. Die Baukosten belaufen sich auf nahezu 70 Millionen Euro. Das ist deutlich mehr als ursprünglich vorgesehen (geplant: 49,5 Millionen Euro). Bauverzögerungen und rasant gestiegene Stahlkosten sowie die Insolvenz einer maßgeblich beteiligten Baufirma verteuern
die größte Tropenhalle Europas. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das Innere ist mit einem 360 Meter langen Urwaldfluss „Gamanil“ ausgestattet, auf dem eine Bootsfahrt die Gäste in die Erdgeschichte eintauchen lässt. Im Vulkanstollen sind lebende Fossilien zuhause – wie der Australische Lungenfisch sowie Pfeilschwanzkrebse, die ihr Aussehen seit Jahrmillionen kaum verändert haben. Über 24.000 tropische Pflanzen in der mehr als zwei Fußballfelder großen Halle sorgen für das notwendige Flair eines Urwaldes. Sie stammen aus Baumschulen in aller Welt, darunter aus Thailand, Florida, Singapur und Malaysia. In einem tropischen Nutzgarten gedeihen 60 exotische Früchte und Gewürze.

Baumwipfelpfad ist eine Attraktion


Wie im echten Dschungel wächst die Vegetation in mehreren Etagen, die Lebensräume für verschiedene Tierarten bilden. Kleine Bodengewächse gehören ebenso dazu wie Bambushaine, Sumpf- und Wasserpflanzen sowie wahre Baumriesen. Eine Attraktion ist der 90 Meter lange Baumwipfelpfad, von dem aus die Besucher herrliche Ausblücke über die Tropenerlebniswelt genießen. 

In Tropenmanier mit einer Machete schneidet Zoodirektor Jörg Junhold das Band nach mehr als drei Jahren Bauzeit zur Eröffnung durch. Am 1. Juli 2011 und an den Folgetagen stehen die Menschen Schlange, um die neue Attraktion in Besitz zu nehmen. Und vor allem die Tiere zu sehen. Anfangs sind es 90, mittlerweile 170 Tierarten. Viel Aufmerksamkeit beschert dem Zoo zunächst seine unangefochtene Schönheitskönigin: Heidi, das schielende Opossum. Die Beutelratte erreichte Popularität bis hin nach Hollywood.

Im Gondwanaland herrschen 25 Grad Raumtemperatur sowie eine hohe Luftfeuchtigkeit. Dadurch entsteht das Gefühl, tatsächlich einen tropischen Dschungel zu betreten. Ein hochmodernes Heiz-, Bewässerungs- und Belüftungssystem, das ganz auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausgerichtet ist, sorgt für die notwendige Atmosphäre. Genutzt wird die natürliche Sonneneinstrahlung, um das Gebäude wie ein Gewächshaus aufzuheizen. 407 Folienkissen in der Dachkonstruktion lassen beispielsweise einen Großteil der sichtbaren Licht- und Wärmestrahlung passieren. Letztere wird in einem 100.000 Liter großen Wärmespeicher gesammelt und nachts zum Heizen genutzt. Nur im Winter ist eine zusätzliche Heizung nötig.

Artenschutz und viele Zuchterfolge


Artenschutz und Nachhaltigkeit sind wichtige Eckpfeiler des Großprojektes. Regelmäßige Zuchterfolge bei den Ozelots, Dianameerkatzen und Tüpfelbeutelmarder (Quolls) bestätigen das eindrucksvoll. Die Zucht der erstmals in Europa gehaltenen Tüpfelbeutelmarder ist eine absolute Erfolgsgeschichte.

Einmal im Jahr zaubert der Zoo sogar Lichter unter sein Tropendach. Dann wird das Gondwanaland – wie andere Bereiche – beim Magischen Tropenleuchten illuminiert. Wer möchte, kann im Januar/Februar an verschiedenen Abenden auf einem funkelnden Lichterweg durch einzelne Zoobereiche spazieren, glitzernde Gestalten treffen, illuminierte Fassaden und leuchtende 3D-Tierfiguren bestaunen. 

Der Eintritt in die Tropenerlebniswelt Gondwanaland ist im Zooticket enthalten. Ein separater Besuch ist jedoch nicht möglich.

Stand: 11.03.2024

Picture of Mathias Orbeck
Mathias Orbeck
Der in Leipzig-Connewitz geborene und aufgewachsene Journalist ist leidenschaftlicher Radfahrer und Naturliebhaber. 35 Jahre lang arbeitete der Lokalpatriot als Redakteur und Reporter bei der Leipziger Volkszeitung. Inzwischen als freier Autor tätig, gilt sein Interesse nach wie vor Leipzigs Historie sowie den schönen Seiten seiner Heimatstadt, deren Attraktionen er gern Gästen zeigt.
error: Dieser Inhalt ist geschützt! Es ist nicht gestattet, diesen Inhalt zu kopieren. Vielen Dank für Ihr Verständnis.