Auensee

Gustav-Esche-Straße, Rittergutsstraße | Ortsteil: Wahren

Ein Badegewässer ist es nicht. Dabei besitzt der Auensee im Leipziger Stadtteil Wahren einst ein Freibad. Doch das muss aufgrund der schlechten Wasserqualität 1979 geschlossen werden – seitdem gilt ein Badeverbot. In heißen Sommern bei starker Sonneneinwirkung treten regelmäßig Blaualgen auf, die Karpfen, Hecht, Zander und Co. arg zu schaffen machen und selbst für Hunde gefährlich werden können. Dennoch ist der Auensee ein beliebtes Erholungs- und Ausflugsgebiet. Die Natur rund um den 12 Hektar großen See im Landschaftsschutzgebiet „Leipziger Auwald“ lädt regelrecht zum Entschleunigen ein. Beliebt bei Familien ist die Parkeisenbahn, die in der Saison von Anfang April bis Ende Oktober gemütlich um den Auensee zuckelt. Und auch das Haus Auensee zieht Besucher aus nah und fern regelmäßig zu Konzerten an.

Kiesabbau für den Hauptbahnhof


Der Auensee ist ein künstlich entstandener Landschaftssee, der sich an manchen Tagen sogar ein wenig verwunschen zeigt. Im 19. Jahrhundert wird auf dem Areal in der nordwestlichen
Elsteraue Lehm abgebaut, um die Ziegeleien zu versorgen. Später entdeckt man dort Kies, der von der Firma Willybald Hoffmann für den Bau des Leipziger Hauptbahnhofes verwendet wird.

Bereits 1908 gibt es erste Pläne der Bank für Grundbesitz Leipzig, einen künstlichen See samt Vergnügungsetablissement anzulegen. Der See wird aus dem Wasser eines Nebenarmes der Weißen Elster gespeist, das sogenannte Hundewasser ist aber schon lange zugeschüttet. 1913 kann der Luna-Park schließlich dank der ein Jahr zuvor gegründeten gleichnamigen Luna-Park-Gesellschaft GmbH öffnen. Absolute Attraktion wird die Gebirgsszenerie-Bahn, eine Achterbahn mit Alpenkulisse. Die mächtige Alpenkulisse ist 160 Meter lang und 30 Meter breit. Es ist die Zeit, als in Leipzig große Vergnügungsstätten wie der Krystallpalast, der Palmengarten sowie der Felsenkeller entstehen.

Ein Ort „vielerlei Lustbarkeiten“


Kurz vor dem Ersten Weltkrieg entwickelt sich das Areal um den Auensee als beliebter Ort für „vielerlei Lustbarkeiten“, wie es in zeitgenössischen Veröffentlichungen heißt. Dabei profitieren die Lunapark-Investoren von der
Internationale Baufachausstellung (IBA) in Leipzig im Jahre 1913. Diese endet zwar mit einem finanziellen Desaster. Aus der Konkursmasse können sich die Investoren jedoch bedienen. Zum Schnäppchenpreis erwerben sie zwei kleine Dampfloks, die wenig später den Luna-Express um den See ziehen. Für die Bahn wird sogar eine Brücke gebaut. Die Grundstücke verpachten die Betreiber an Wirte und Schausteller. Eine Reithalle namens Hippodrom, eine Gondelstation, ein Motodrom sowie der Musikpavillon und ein Tanzpalast werden zum Publikumsmagneten. Alte Postkarten, etwa vom „Gebirgsrestaurant“, lassen erahnen, dass dort wohl eine Stimmung wie auf dem Münchner Oktoberfest herrscht.

Eine der Attraktionen wird das Strandbad am östlichen Ufer. Dafür wird sogar Sand von der Ostsee geholt. 1919 wird das Sportbad mit 100-Meter-Bahnen eingerichtet, das auch als Neptunbad bekannt wird. Eigentümer ist der LSC Neptun. 

Im See gibt es Schwimmwettkämpfe, das Bad hat einen zehn Meter hohen Sprungturm. Verschiedene Schwimmvereine trainieren hier. 1921 erlebt der Auensee sogar eine vom Schwimmverein Poseidon organisierte Deutsche Schwimmmeisterschaft.

Vergnügen endet mit der Inflation


Ende der 1920er Jahre stellen verschiedene Amüsierbetriebe und Gaststätten ihren Betrieb ein. Der Luna-Park
überlebt die Inflationsjahre und Weltwirtschaftskrise nicht. 1932 wird die GmbH zwangsversteigert. Vorhandene Bauten verschwinden spätestens mit der Regulierung der Neuen Luppe im Jahr 1934. Vom Park blieb lediglich das Hauptrestaurant erhalten, welches 1936 in Haus Auensee umbenannt und weiterhin für Veranstaltungen genutzt wird. Die Stadt Leipzig wird 1941 Eigentümerin des Areals. Nach dem Zweiten Weltkrieg gibt es Pläne, einen Volkspark zu gestalten. Das Haus Auensee wird zu DDR-Zeiten als HO-Gaststätte geführt und für viele Veranstaltungen genutzt.

Seit Sommer 1951 dreht die Miniaturbahn ihre Runden um den idyllischen Auensee. Der Fahrbetrieb wird von Kindern und Jugendlichen in der Freizeit durchgeführt. Sie startet am 5. August 1951 als zweite Pioniereisenbahn der DDR. Auf dem Rundkurs mit einem Bahnhof und den drei Haltepunkten legt sie schon damals eine Strecke von 1,9 Kilometern zurück. Heute wird die Parkeisenbahn von einem gleichnamigen gemeinnützigen Verein betrieben. Während der Betriebszeiten werden am Bahnhof Fahrräder verliehen und der Verkaufskiosk hat geöffnet.

Eins der modernsten Konzerthäuser Europas


Nach der
Friedlichen Revolution will Leipzig Investoren gewinnen, die neue Ideen für die Erholungslandschaft rund um den Auensee entwickeln und Geld investieren. Um Anreize zu schaffen, bietet die Stadt ihnen Grundstücke – etwa für ein Freizeithotel – an. Diese Pläne werden aber zum Glück nie realisiert.

Das Haus Auensee steht zwischen 1998 und 2006 unter Insolvenzverwaltung, wird aber für einzelne Veranstaltungen vermietet. Die MAWI Concert GmbH um Veranstalter Matthias Winkler, die seit den frühen 1990er Jahren dort regelmäßig Konzerte anbietet, erwirbt es schließlich. Betrieben wird es von der 2010 eigens gegründeten „Haus und Park Entertainment GmbH“. Die saniert das Gebäude und entwickelt es zu einem der modernsten Konzerthäuser Europas.

Der Auensee wird heute hauptsächlich durch sauerstoffloses und nährstoffreiches Grundwasser gespeist. Das erklärt das hohe Algenwachstum und die Verschlammung. Das Umweltamt der Stadt Leipzig bringt daher regelmäßig Tiefenwasserbelüfter zum Einsatz, die dem See Sauerstoff zuführen. Ab und an riecht der See sogar ein wenig. Das stört die Gäste, die im Haus am See einen Pelikan, einen Schwan oder ein Tretboot ausleihen aber wenig. Ganz idyllisch gelegen, lockt der liebevoll ausgebaute Imbiss an lauen Sommertagen reichlich Besucher an. Ebenso wie der Spielplatz und die bereits erwähnte Parkeisenbahn. Viele Infotafeln informieren zudem, welche Tiere hier leben. Der See ist als Angelgewässer verpachtet. Der zwischen 3 und 8 Meter tiefe Auensee ist rundherum gut begehbar.

Durch die Gustav-Esche-Straße getrennt, befindet sich seit 1969 der Campingplatz Auensee in der Nähe. Hausherr ist dort inzwischen die Helmut Knaus KG aus dem unterfränkischen Ochsenfurt, die verschiedene Campingparks in ganz Deutschland betreibt. Wohnwagen- Stellplätze, Zeltplätze, Ferienhäuser sowie Finnhütten gehören zum Angebot. 

Stand: 17.07.2024

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Mathias Orbeck
Der in Leipzig-Connewitz geborene und aufgewachsene Journalist ist leidenschaftlicher Radfahrer und Naturliebhaber. 35 Jahre lang arbeitete der Lokalpatriot als Redakteur und Reporter bei der Leipziger Volkszeitung. Inzwischen als freier Autor tätig, gilt sein Interesse nach wie vor Leipzigs Historie sowie den schönen Seiten seiner Heimatstadt, deren Attraktionen er gern Gästen zeigt.
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