Schulmuseum

Goerdelerring 20 | Ortsteil: Zentrum

Das Schulmuseum – Werkstatt für Schulgeschichte Leipzig ist eine Einrichtung der Stadt Leipzig in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig und der HTWK Leipzig. Nach den ersten Gründungen 1914 und 1984 und einer inhaltlichen Neuausrichtung befindet es sich seit 2000 am heutigen Standort am Goerdelerring. Das Schulmuseum thematisiert die 800-jährige Leipziger Schul- und Bildungsgeschichte und versteht sich als aktiver Lern- und Arbeitsort. Verschiedene Dauerausstellungen, historische Schulstunden und Workshops bieten Einblicke in die Entwicklung der Schule zwischen 1212 und 1989.

Zeitreise durch 800 Jahre Schulgeschichte in Leipzigs ersten Stasi-Bau


Die Geschichte des Schulmuseums reicht bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück, als im Jahr 1909 ein erster Verein zur Gründung eines Schulmuseums in Leipzig den Anstoß dazu gab, über die Historie und die Zukunft der Schule zu reflektieren. Anstelle eines Museums im klassischen Sinne wurde ein aktiver Lern- und Arbeitsort angestrebt. Der Vorsitzende des initiierenden Vereins, Max Brahn, ein Schüler von Wilhelm Wundt, galt zugleich als Gründer des Instituts für experimentelle Pädagogik und Psychologie mit Hilfe des Leipziger Lehrervereins im Jahr 1906. Die Anfänge des ersten Schulmuseums in einem Klassenzimmer einer Leipziger Volksschule im Jahr 1914 wurden aufgrund des Ersten Weltkrieges frühzeitig beigelegt. Auch nach 1918 konnte die begonnene Gründung des Schulmuseums nicht weiter verfolgt werden. Max Brahn wurde nach 1920 Opfer von zunehmend antisemitischen Anfeindungen, woraufhin sein 1916 gegründetes Archiv für Pädagogik in Leipzig keine Zukunft mehr hatte. Im Jahr 1933 verlor er seine zuvor ausgeübten Ämter in Berlin, darunter jenes als Streitschlichter und als Regierungsrat, bevor er in die Niederlande auswanderte und 1944 in Auschwitz ums Leben kam.

Ein zweiter Anlauf für die Neugründung des Leipziger Schulmuseums fand 1984 statt. Seine erste Heimstätte fand es in einem Klassenzimmer der Georg-Schwarz-Schule im Stadtteil Lindenau. Da durch die begrenzten Räumlichkeiten eine solide Museumsarbeit nur sehr eingeschränkt möglich war, zog das Schulmuseum 1994 in die Hohe Straße am Floßplatz. Als einstiger Fachberater für Staatsbürgerkunde fühlte sich der damalige Museumsleiter seinem Auftrag verpflichtet, den Besuchern die schlechten Seiten der Schule früherer Zeiten zu veranschaulichen und die vorbildliche Schule im Sozialismus aufzuzeigen. 

Durch die Stadt Leipzig wurden nach 1998 eine fundamentale personelle Erneuerung sowie eine inhaltliche Neuausrichtung der Sammlungskonzeption und der Vermittlungsformen initiiert. In diesem Zuge wurde das Schulmuseum im Jahr 2000 in das Gebäude des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR verlagert. Gemeinsam mit seinen Vorgängerbauten, der Burg urbs lipzi aus dem 11. Jahrhundert, dem Franziskanerkloster aus dem 13. Jahrhundert und der Matthäikirche aus dem 19. Jahrhundert, zählt der Standort des Gebäudes zu den ältestem besiedelten Teilen Leipzigs.

Bildungsideale im Wandel der Zeit: Zwischen Kaiserzeit und Diktaturen


Im Schulmuseum werden auf drei Etagen neben den Dauerausstellungen zu den Themen „Schule unterm Hakenkreuz“, „Schule in der DDR“ und „Schule im Widerstand“ auch Sonderausstellungen, Workshops, historische Unterrichtsstunden und Projekte angeboten. Die Ausstellungen thematisieren die Leipziger Schul- und Bildungsgeschichte, die schwerpunktmäßig in den zeitlichen Abschnitten 1212 bis 1933 sowie 1933 bis 1989 illustriert und erörtert wird. Während in der zweiten Etage die Themen „Schule in der Kaiserzeit“, „Israelitisches Schulwesen“, „Bürgerstolz und Bildung“ sowie „Reformpädagogik“ im Fokus stehen, werden in der dritten Etage die Themen „Schule und Widerstand“ während der zwei deutschen Diktaturen dargestellt. Die Dauerausstellung 1212 bis 1933 veranschaulicht die damals gegenwärtigen Bildungsideale, welche mit Hilfe von aussagekräftigen Exponaten dabei hilft, frühere Schulen aus heutiger Sicht neu zu beurteilen. Erörtert werden auch der Einfluss der Kirche und der Universität auf die Bildungsangebote. Die Besucher erhalten Informationen zu den geschichtlichen Hintergründen der Volksschulen sowie der Gymnasien, Berufsschulen und Realschulen, welche in der Kaiserzeit von 1871 bis 1918 einen großen Aufschwung erfuhren. In einem den Vorschriften der Zeit ausgestatteten Klassenzimmer zur Volksschule um 1900 erhalten die Besucher authentische Einblicke: Von geöltem Dielenfußboden, über Herrscherbilder von Kaiser und König an den Wänden, Holzpodest mit Lehrerpult, Doppelsitzer-Schulbänken aus Eiche, olivgrünem Ölsockel und schwarzen Gestelltafeln mit Treppenstufen.

Die Dauerausstellung illustriert weiterhin die schwierigen Anfänge der Waldschule bis zu ihrem Ende 1942, ebenso wie die Carlebach-Schule als erste jüdische Schule Sachsens, welche 1912 geöffnet und 1942 endgülig geschlossen wurde. In einem Schaudepot in der Ausstellung werden mehr als 1.500 Rollkarten, Schulwandbilder und Tafelbilder aubewahrt, die über mehrere Jahrzehnte für die Veranschaulichung verschiedener Unterrichtsfächer verwendet wurden. In der sogenannten „Wunderkammer“ werden historische Unterrichtsmittel der Physik und Chemie, darunter Modelle eines Viertaktmotors, eines Hochofens oder einer Dampfmaschine sowie Schulwandbilder ausgestellt. Der Realienraum mit Herbarien, Tierpräparaten und Schaukästen ist dem fächerübergreifenden Naturkundeunterricht gewidmet. Die Ausstellung wird durch eine geologische Sammlung, Hörstationen und einen Fühlkasten ergänzt. Bei dem Kleinplanetarium ZKP 1 in einem weiteren Ausstellungsraum aus dem Jahr 1957 handelt es sich um eine Rarität, welche Ende der 1980er Jahre aus dem Naturkundemuseum Leipzig ins Schulmuseum gelangte.

„Hände falten, Schnabel halten, Kopf nicht drehen, nach vorne sehen, Ohren spitzen, gerade sitzen!“ – authentische Schulstunden nach historischem Vorbild


In den Dauerausstellungen 1933 bis 1989 werden die zwei Diktaturen und ihre Einflüsse auf die Entwicklung der Leipziger Schulen veranschaulicht. Durch die drei historischen Brüche in den Jahren 1933, 1945 und 1989 wurden jeweils neue Erziehungsziele und Lehrpläne eingeführt. Im Ausstellungsbereich „Schule unterm Hakenkreuz“ wird über Besonderheiten in der nationalsozialistischen Erziehung informiert und mit Filmen, Spielen, Bildern, Lehrplänen und Aufsätzen aus Leipziger Schulen zwischen 1933 und 1945 illustriert. Bei dem Bereich „Die Leipziger Meuten“ handelt es sich um die bisher einzige Ausstellung zum bedeutenden jugendlichen Widerstand zwischen 1933 und 1945 in Leipzig. „Kinder in Uniform – Staatsjugend in zwei deutschen Diktaturen“ lässt überwiegend Bilder, Hörstationen mit Zeitzeugeninterviews sowie originalen Tondokumenten für sich sprechen. Beispiele von widerständigen Lehrern und Schülern während den Diktaturen werden im Ausstellungsabschnitt „Gegen den Strom – Schule im Widerstand“ illustiert und erörtert. Im Raum „Polytechnische Oberschule 1985“ wird ein DDR-Klassenzimmer der achtziger Jahre mit originalen Einrichtungsgegenständen, darunter Schulbücher, originale Pflanzenkübel, beigefarbener Fußbodenbelag, Malimo-Gardinen und Wandbilder, nachgestellt. Das 2017 neu konzipierte „Schaudepot DDR-Schule“ präsentiert rund 1.500 Objekte aus dem Schulalltag und bietet Einblicke in die einzigartigen Exponate zur DDR-Schule. Der Ausstellungsbereich „Fremde und Gleiche“ illustriert den Umgang der DDR-Schule mit Ausländern. Zu den Ausstellungsbereichen werden auch Workshops angeboten.

Zusätzlich zu den Dauerausstellungen bietet das Schulmuseum Unterrichtsstunden der Kaiserzeit und der DDR an. Diese wurden auf Grundlage von Quellentexten und verbindlichen Empfehlungen von 1904 und 1985 konzipiert. Während der Kaiserzeitstunde in einer Volksschule um 1900 kann im historischen Klassenzimmer „Schule früher“ mit Griffel und Schiefertafel, Gebet zu Beginn und am Ende der Stunde nachempfunden werden. Bei dem Angebot „Zivilcourage – Heimatkunde 1985“ handelt es sich deutschlandweit um ein Alleinstellungsmerkmal des Schulmuseums.

Stand: 29.11.2023

Opernhaus

Augustusplatz 12 | Ortsteil: Zentrum

Das Opernhaus an der Nordseite vom Augustusplatz wurde 1956 bis 1960 nach Plänen von Kunz Nierade und Kurt Hemmerling als erster Theaterneubau der DDR errichtet und zählt zu den schönsten Bauten des Stils der ausgehenden 1950er Jahre. Die Oper Leipzig besteht als Drei-Sparten-Theater aus der Oper und dem Leipziger Ballett in der Spielstätte des Opernhauses sowie der Musikalischen Komödie im Haus Dreilinden in Lindenau. 

Der erste Theaterneubau der DDR entsteht


Das Opernhaus beherrscht die Nordfront des Augustusplatzes und befindet sich vis-à-vis zum
Gewandhaus. Durch seine strenge und kompakte Gliederung nimmt es eine dominierende Stellung zwischen den späteren Neubauten ein. 

Die Leipziger Operntradition reicht bis zur Gründung des ersten „Opernhauses am Brühl“ 1693 zurück. Nach Abriss dieser Spielstätte öffnete die zweite Leipziger Oper unter dem Namen Comödienhaus – später „Theater der Stadt Leipzig“ – 1766 auf der Ranstädter Bastei, dem heutigen Richard-Wagner-Platz. Als die Spielstätte für die wachsende Einwohnerzahl zu klein wurde, entstand ab 1868 das Neue Theater auf dem Augustusplatz als Vorgängerbau des heutigen Opernhauses. Der Entwurf stammte von Carl Ferdinand Langhans. Während des amerikanischen Luftangriffs in der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1943 wurden beide Leipziger Theater zerstört. Das Opernensemble war zwischenzeitlich im Haus Dreilinden als Ausweichspielstätte untergebracht. Der Bau des neuen Opernhauses erfolgte in einer Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs. Ein Jahr nach der Gründung der DDR 1949 sollte in Leipzig der erste große Theaterneubau als Teil der sozialistischen Bebauungspläne im Stadtzentrum entstehen. Um Platz für das neue Opernhaus mit Vorbildwirkung für andere Theaterbauten zu schaffen, wurde die Ruine des zerstörten Neuen Theaters gänzlich abgetragen. Der Neubau sollte ursprünglich die Maße und Anordnung des vorherigen Baus wieder aufnehmen. Dieses Vorhaben erwies sich jedoch als nicht durchführbar, da die Anforderungen an ein Opernhaus hinsichtlich der Technik, der Bühnenanlage und der Gestaltung des Foyers deutlich gestiegen waren. 

Vom umstrittenen Prestigebau zum internationalen Aushängeschild


Im Vorfeld wurden zahlreiche Projekte ausgearbeitet und das Bauvorhaben heftig diskutiert. Das Interesse am neuen Opernhaus war seitens der Bevölkerung, der Stadt sowie der Regierung sehr hoch. Im Jahr 1950 wurde ein erster Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich namhafte Architekten wie
Hans Scharoun, Bauherr der Berliner Philharmonie, beteiligten. Da unter den eingereichten Entwürfen keiner überzeugte, wurde 1951 ein zweiter Wettbewerb ausgeschrieben unter der Prämisse, das Opernhaus und den neugestalteten Karl-Marx-Platz schöpferisch zu verbinden. Auch im Rahmen der zweiten Ausschreibung wurde kein Entwurf als umsetzbar erachtet, so dass 1952 ein dritter Wettbewerb stattfand. Diesen konnte der polnische Architekt Piotr Bieganski für sich entscheiden. Seine sich an sowjetischen Modellen orientierenden Pläne wurden im Nachgang jedoch als zu kompliziert sowie wirtschaftlich nicht vertretbar kritisiert und schließlich verworfen. Um einer weiteren Verzögerung vorzubeugen, erhielten die Architekten Kurt Hemmerling und Kunz Nierade 1954 den Bauauftrag für das Prestigeprojekt der jungen DDR. Während des Baus erfolgte eine ständige beratende Begutachtung durch den Architekturbeirat der DDR. Auch der Vorsitzende des Staatsrates, Walter Ulbricht, nahm mehrmals persönlich an den Konsultationen teil. Nach sechsjähriger Bauzeit wurde das Opernhaus am 8. Oktober 1960 mit der Aufführung „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner feierlich eingeweiht. Heute zählt es zu den schönsten Bauten im Stil der ausgehenden 1950er Jahre.

Die Oper Leipzig war auch eine bedeutende Wirkungsstätte namhafter Musiker und Komponisten, darunter Georg Philipp Telemann, der 1701 die „Direction über die Opern“ übernahm. Albert Lortzings Werke „Zar und Zimmermann“ sowie „Der Wildschütz“ wurden 1837 bzw. 1842 uraufgeführt, ebenso wie 1878 Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“. Gustav Mahler wirkte von 1886 bis 1888 als zweiter Kapellmeister.

Wenn Klassizismus und DDR-Moderne aufeinander treffen…


Durch die lange Planungsphase des Opernneubaus wandten sich die Architekten von der ursprünglich geplanten neoklassizistischen Architektur im sowjetischen Stil ab. Das Gebäude ist von Schlichtheit sowie klassischer Strenge geprägt. Es handelt sich bei ihm um eine Stahlbetonkonstruktion in Form einer Stufenpyramide mit sieben Geschossen und einer Höhe von 52 Metern. Der kubische Baukörper wird durch ein klassisch gestaltetes Satteldach mit Giebel und darüberliegendem quadratischen Bühnenturm abgeschlossen. Die vier Ecken des Daches sind mit einer vergoldeten Taube als Friedenssymbol verziert. Die Gebäudefront zum Augustusplatz wird durch einen zweigeschossigen Portikus hervorgehoben. Die Fassade aus Pirnaer Sandstein ist mit einem 350 Meter langen Attikageländer gestaltet. Über den Fenstern im Erdgeschoss sind von
Walter Arnold geschaffene Flachreliefs angebracht, welche das Staatsensemble der DDR sowie Theatersymbole abbilden. Den Eingangsbereich der Oper erreicht man über die zu einer zweigeschossigen Loggia führende Freitreppe. Die acht Pfeiler tragen die Balkone vor dem Parkett- und Rangfoyer. Durch die goldfarbenen Fenster, Türen und Säulen aus Aluminium erhält der Bau in Verbindung mit seiner Sandsteinfassade einen repräsentativen Charakter. Die Rückseite des Gebäudes wird von einer Parkanlage mit dem Schwanenteich als Teil des Promenadenrings begrenzt. Sie verfügt über eine Terrasse und imposant gestaffelte Bautrakte. Vor dem Opernhaus wurde nach 1990 eine runde Brunnenanlage mit Fontäne angelegt, welche optisch an das einstige Rasenrondell Ende des 18. Jahrhunderts erinnert. 

Von der Knospe zur Dolde – was Opernhaus und Pusteblume gemein haben


Auch bei der Innenarchitektur der Oper wurde auf ihre Repräsentanz abgezielt. Im Erdgeschoss befindet sich die Garderobenhalle, die mit einem blauschwarzen Diabasfußboden ausgestattet ist. Die Wände sind zum Teil mit handgefertigten Fliesen aus Meißner Porzellan verziert. Die Zuschauer gelangen über elegant aufwärts schwingende und doppelläufige Treppen in das Parkett- und Ranggeschoss des Zuschauerraums, der von großzügig gestalteten Foyers umfasst wird. Vergoldete Zierornamente, rote Teppiche sowie holzverkleidete Wände aus Schweizer Birnbaum und Riegelahorn verkörpern den Charakter der Erbauungszeit. Von den ornamental gestalteten Decken hängen auffällige Leuchten in Pusteblumen-Ästhetik. Diese sind den verschiedenen Stadien der Pflanzenblüte nachempfunden und ziehen sich in abgewandelter Form durch das gesamte Gebäude: Während die Lampen in der Garderobenhalle noch in Form von Knospen abgebildet sind, präsentieren sich diese im Parkettfoyer bereits als Blüte mit den Dolden einer Pusteblume. 

Der Opernsaal mit dem trapezförmigen Zuschauerraum beherbergt eine 30 mal 23 Meter große Hauptbühne und verfügt über 1.273 Sitzplätze im 25-reihigen Parkett und im 12-reihigen Rang. Die mit Riegelahorn verkleideten, gefalteten Wände und die zur Bühne hin flach ausgelegte Kassettendecke sorgen für eine ausgezeichnete Akustik. Die Hauptbühne umfasst einen Portalausschnitt von 12,5 Metern Höhe und 16 Metern Breite. Davor befindet sich der Orchestergraben, in dem das Gewandhausorchester spielt. Die von Kurt Hemmerling geschaffene Bühne mit versenkbaren Podien und Drehbühne mit einem Durchmesser von 18 Metern zählt noch heute zu den modernsten ihrer Art in Deutschland. In Kombination mit einer hinteren und zwei seitlichen Schiebebühnen wird eine schnelle Verwandlung des Bühnenbildes ermöglicht. Im Saal befinden sich außerdem die Intendanten- und die Stadtloge, welche über separate Eingänge erreicht werden. Das Repertoire der Oper ist vielfältig und reicht vom Barock bis zur Gegenwart. Fester Bestandteil des Spielplans sind die Werke Richard Wagners und Albert Lortzings. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Opernhaus

Historisches Bildmaterial - Opernhaus

Naturkundemuseum Leipzig

Lortzingstraße 3 | Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Wie eine Vielzahl der Leipziger Museen verdankt auch das Naturkundemuseum seine Gründung der Initiative von engagierten Leipziger Bürgern vor mehr als 100 Jahren. Als „Archiv der Natur“ bewahrt das Museum die Sachzeugen der Umwelt und stellt die Daten nach eingehender wissenschaftlicher Erschließung anderen Einrichtungen, wie der Universität Leipzig, zur Verfügung.

Roßmäßlers Aufruf zur Errichtung des naturkundlichen Heimatmuseums


Als Wegbereiter des Naturkundemuseums gilt der Naturwissenschaftler, Politiker und Pädagoge
Emil Adolf Roßmäßler. Als „naturwissenschaftlicher Wanderprediger“ unternahm er Vortragsreisen durch ganz Deutschland mit dem Ziel der gesellschaftlichen Beförderung durch naturwissenschaftliche Volksbildung. Unter dem Titel „Ein Vorschlag für Leipzig und seine Behörden“ verfasste Roßmäßler im „Leipziger Tagesblatt“ vom 2. Januar 1859 einen wegweisenden Artikel, in dem er zur Gründung eines „Landes-Museums für vaterländische Naturgeschichte und Industrie“ aufrief. Ziel war es, eine naturkundliche Bildungseinrichtung für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen. Hintergrund des Appells war die Fertigstellung des Neubaus für das Museum der bildenden Künste Leipzig am 18. Dezember 1858 und Roßmäßlers Forderung eines Äquivalents für die Erforschung der Natur. Aber erst nach Roßmäßlers Tod wurde zur Umsetzung des Projektes eine Einigung erzielt. Am 2. Mai 1906 setzte die „Naturwissenschaftliche Vereinigung“ des Leipziger Lehrervereins Roßmäßlers Forderung von 1859 um und fasste den Beschluss zur Errichtung eines Naturkundlichen Heimatmuseums. Nach Jahren der Sammlungstätigkeiten wurde das Naturkundliche Heimatmuseum am 5. Juni 1912 vor mehr als 200 Gästen in einem Flügel des Gebäudes der ehemaligen dauernden Gewerbeausstellung am Tröndlinring feierlich eröffnet. Die Exposition umfasste technologische, botanische, zoologische und erdgeschichtliche Exponate. Kern der Ausstellung bildeten Objekte zum geologischen Aufbau der Leipziger Region. Dazu zählten Exponate der heimischen Flora und Fauna des Auwalds sowie aus der Eiszeit. 

Von Standortdebatten und Platzmangel


Im Jahr 1923 zog das Museum aufgrund von zunehmenden Platzproblemen in das heutige Gebäude am früheren Schulplatz. Dieses wurde 1837 bis 1839 als
II. Höhere Bürgerschule neben dem heutigen Goerdelerring erbaut. In sieben Räumen des zweiten Obergeschosses wurde 1924 die neue Dauerausstellung mit einer botanischen, geologischen und zoologischen Abteilung wiedereröffnet. Im Jahr 1939 gelangte das Museum in städtische Trägerschaft. Im Zuge der Neugestaltung des Museums von 1937 bis 1942 wurde die Dauerausstellung erneuert und um eine archäologische Abteilung erweitert. Das Treppenhaus wurde mit Gemälden des Leipziger Wandbild- und Glasfenstergestalters Emil Block gestaltet. So entstand im Jahr 1941 ein umfangreiches Freskengemälde, welches eine typische Auenlandschaft mit Pflanzen- und Tierwelt zeigt. Als Vorlage dienten zehn Lichtbilder des Auwaldes sowie verschiedene Tierpräparate. Ein weiteres Großgemälde zeigt eine Mammutherde in eiszeitlicher Landschaft. Bei den Wandgemälden handelt es sich um die einzigen beiden, noch erhaltenen Werke von Emil Block im Museum, die den Krieg überdauerten. Am 23. Februar 1947 öffnete das Naturkundliche Heimatmuseum nach erheblichen Einschränkungen im Museumsbetrieb als erstes Museum in Leipzig seine neue Dauerausstellung. In der Nachkriegszeit erfüllte es bis 1952 die essenzielle Aufgabe, die in der Aufklärung der Bevölkerung über die Nutzung von natürlichen Ressourcen in der Ernährung bestand, darunter die Pilzberatung. Aufgrund der bereits ab Mitte der 1950er Jahre eingetretenen thematischen Erweiterung der Ausstellungen wurde das Museum 1961 in „Naturwissenschaftliches Museum“ umbenannt. Im Zuge der allgemeinen kulturpolitischen Ausrichtung in der DDR sollten fortan auch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt werden. Davon zeugte beispielsweise die „Kosmos-Ausstellung“ von 1959. 

Nach fast zweijähriger Schließung wurde das Museum am 1. Mai 1987 im Rahmen eines Jubiläums wiedereröffnet: 150 Jahre zuvor wurde die II. Höhere Bürgerschule, in der das „Naturkundliche Heimatmuseum“ seit 1923 untergebracht ist, erbaut. Anlässlich der Wiedereröffnung wurde die Einrichtung in „Naturkundemuseum“ umbenannt. In der zweiten Etage veranschaulichte man die Geschichte der Leipziger Fließgewässer, die noch heute ihren Platz in der Dauerausstellung hat. Bis 2006 entstanden aufgrund des fortbestehenden Platzmangels und der geforderten Modernisierung des Naturkundemuseums verschiedene Konzepte an Alternativstandorten. Als neuer Standort in Erwägung gezogen wurde neben dem Stadtbad und dem ehemaligen Landratsamt (Tröndlinring 3) auch die Kongresshalle am Zoo. Aufgrund ihrer zentralen Lage und der möglichen Verknüpfung des Zoo-Besuches mit Informationen zum naturgeschichtlichen Hintergrund im benachbarten Museum erschien dieser Standort sehr attraktiv. Die Räumlichkeiten wurden aber schließlich als unpassend eingestuft und der Plan verworfen. Auch der bis 2020 geplante Umzug in die Halle 7 auf das Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei in Lindenau scheiterte. Bis 2025 ist ein Umzug des Naturkundemuseums vom Goerdelerring in den ehemaligen Bowlingtreff am Wilhelm-Leuschner-Platz geplant. Auf rund 5.500 Quadratmetern Fläche wird soll dort die Ausstellung gezeigt werden, während die Sammlung am gegenwärtigen Standort verbleibt. 

Blick in die Dauerausstellung: Lebensechte Löwen und Bienenstock


In der ersten und zweiten Etage des im schlichten Stil des späten Klassizismus erbauten Museumsgebäudes befindet sich auf etwa 800 Quadratmetern die Dauerausstellung. Charakteristisch sind verschiedene Dioramen, welche Pflanzen und Tiere in ihrer natürlichen Umgebung abbilden. Gezeigt werden Exponate, die die Entstehung, Veränderung und zukünftige Entwicklung des Natur- und Kulturraums im Leipziger Umland veranschaulichen, darunter Präparate bereits ausgestorbener Tierarten. Schwerpunkt aller Sammlungen ist die Leipziger Tieflandsbucht. Weiterhin sind Exponate aus fernen Regionen bis zur Antarktis ausgestellt. Zu den vom Museum aufbereiteten Themen zählen die Ur- und Frühgeschichte Westsachsens, der Leipziger Auwald und der Südraum Leipzig unter dem Titel „Von der Braunkohle zum Landschaftswandel“. Ein besonderes Highlight sind lebende Bienen, die alljährlich vom Frühjahr bis zum Herbst artgerecht im Museum gehalten werden. 

Ein weltweites Alleinstellungsmerkmal besitzt das Naturkundemuseum mit den Großtier-Dermoplastiken des Präparators Hermann ter Meer. Der Niederländer lebte und wirkte zwischen 1907 und 1934 in Leipzig und gilt mit der Entwicklung seiner dermoplastischen Präparationsmethode weltweit als Begründer der modernen Tierpräparation. Das Naturkundemuseum besitzt mit 241 Präparaten die umfangreichste Sammlung von ter Meers Präparaten, die in Naturkundemuseen weltweit ausgestellt sind. Besonders berühmt sind seine Primaten- und Großkatzenplastiken. Die im Zuge seiner 27-jährigen Tätigkeit im Zoologischen Museum der Universität Leipzig entstandenen Säugetier-, Reptilien- und Vogelpräparate gelangten nach dessen Schließung im Jahr 1968 in den Besitz des Naturkundemuseums und sind seit 1977 Teil der Dauerausstellung. Im Naturkundemuseum ausgestellt ist auch der im Juli 2000 im Alter von 19 Jahren gestorbene letzte Löwe „Tamrin“ aus dem alten Raubtierhaus. Dieser wurde mit Hilfe der von ter Meer entwickelten Tierpräparationstechnik von Horst Spicale präpariert 

Das Naturkundemuseum beherbergt weiterhin eine etwa 250.000 Exemplare große Sammlung der Wirbellosenzoologie, eine mehr als 44.000 Objekte und stetig wachsende botanische sowie eine archäologische Sammlung. Im Jahr 2020 erwarb das Museum eine fast 20.000 Objekte umfassende Fossiliensammlung. Bei der einstigen Privatsammlung des geologischen Präparators Frank Trostheide handelt es sich um eine der bedeutendsten paläontologischen Sammlungen Deutschlands.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Naturkundemuseum Leipzig

Historisches Bildmaterial - Naturkundemuseum Leipzig

N’Ostalgiemuseum Leipzig

Nikolaistraße 28-32 / Steibs Hof | Ortsteil: Zentrum

Bei dem N’Ostalgiemusem als private Einrichtung handelt es sich um das drittgrößte DDR-Museum Deutschlands. Es wurde 1999 von Hans Häger aus seiner privaten Sammlung in der Stadt Brandenburg an der Havel gegründet, befand sich zwischenzeitlich auf dem Gelände des Domstiftsguts Mötzow und zog 2016 in seinen heutigen Standort in Steibs Hof nach Leipzig. Das Museum ist eines der ersten seiner Art in Deutschland und präsentiert über 40 Jahre Alltagskultur der DDR.

Aus Sammel-Hobby wird Museum


Bei dem N’Ostalgiemuseum handelt es sich um ein privates Museum, dessen Bezeichnung einem Wortspiel entstammt, wobei die Nostalgie im Kofferwort Ostalgie zusätzlich anders betont wird. Das Museum wurde 1999 von Hans Häger in der Stadt Brandenburg an der Havel gegründet. Häger hatte zuvor seit 1989 im eigenen Keller zahlreiche Alltagsgegenstände aus der DDR gesammelt. Als das Haus einem Einkaufszentrum weichen musste, bot ihm die Stadt Brandenburg ein Ausweichquartier an, damit die Sammlung auch öffentlich ausgestellt werden konnte. Da die Räumlichkeiten für die im Dezember 1999 der Öffentlichkeit vorgestellten Sammlung keine optimale Lage aufwiesen und bald zu klein für die weiter wachsende Sammlung waren, wurden die Exponate schließlich auf einen Ausflugshof, das Gelände des Domstiftsguts Mötzow vor den Toren Brandenburgs, umgesiedelt. Dort stellte Häger sie in einem einstigen unter Denkmalschutz stehenden Stallgebäude aus. Unterstützung erhielt er von seiner Enkelin
Nancy Häger, an die er seine Sammlung im Jahr 2010 übergab. Im Sommer 2016 wurde das Museum an den Wohnort von Nancy Häger nach Leipzig umgesiedelt. Seitdem befindet es sich in seinem heutigen Standort in der Nikolaistraße in Steibs Hof, unweit der Nikolaikirche.

Staunen und erleben: Von Kinderspielzeug über Mopeds zu Backmischungen…


Das N’Ostalgiemuseum zeigt auf einer Fläche von über 300 Quadratmetern mehr als 30.000 Exponate zu 40 Jahren Alltagskultur der DDR in Deutschland. Dazu zählen Haushaltsgeräte, Uhren, Radios, Kinderspielzeug, Original-Backmischungen ebenso wie Autos und Mopeds sowie ein vollständig eingerichtetes Wohnzimmer aus den 1960er Jahren. Auch ein Trabant 501 ist Teil der Ausstellung. In einem separaten Raum sind Ehrenzeichen, NVA-Uniformen und FDJ-Hemden ausgestellt. Die umfassende Sammlung machte das N’Ostalgiemuseum auch zu einem langjährigen Partner der Filmindustrie. Das ein oder andere Exponat ist auch in Kinofilmen zu sehen, unter anderem in dem Film „Russendisko“ aus dem Jahr 2012. Um den Fokus auf das Erleben, Entdecken und Bestaunen der Exponate zu legen, wurde auf Hinweis- und Erläuterungstexte bewusst weitgehend verzichtet. So sind die Besucher, die die DDR erlebt haben, eingeladen, in Erinnerungen zu schwelgen und von ihren Erlebnissen mit den ausgestellten Gegenständen zu erzählen. All diejenigen, die nicht in der DDR gelebt haben, wird die Möglichkeit geboten, sich dem „real existierenden Sozialismus“ zu nähern.

Der Fundus des N’Ostalgiemuseums wurde über Jahrzehnte kontinuierlich auf- und ausgebaut. Die ersten Ausstellungsstücke erwarb Hans Häger bei Haushaltsauflösungen und Trödelmärkten. Inzwischen wurde der Fundus durch Spenden erweitert. Im Museum kann man zudem alte DDR-Fahrzeuge ausleihen. So werden etwa Stadtrundfahrten in einem originalen 311er Wartburg mit Chauffeur angeboten. Zudem können sich Zweiradfans originale DDR-Mopeds der Marken Simson und Schwalbe stundenweise ausleihen. 

Im Eingangsbereich des Museums befindet sich ein kleines Café, dessen Name „Café 1:33“ in Anlehnung an das Mischverhältnis für Benzin und Öl bei DDR-Fahrzeugen entstand. Hier gibt es Kaffee und hausgemachten Kuchen. Neben dem täglichen Betrieb im Café finden auch ein monatlicher Oldtimerstammtisch, Autorenlesungen und Dia-Aufführungen statt.

Neben dem N’Ostalgiemuseum informieren in Leipzig ebenfalls die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ sowie das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig zum Thema DDR aus verschiedenen Blickwinkeln.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - N’Ostalgiemuseum Leipzig

Museum im Stasi-Bunker Machern

Machern | Lübschützer Teiche

Am Rande des Naherholungsgebiets Lübschützer Teiche bei Machern befindet sich die einstige als Ferienanlage getarnte Ausweichführungsstelle (AfüSt) des Leiters der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig. Im Spannungs- und Mobilmachungsfall sollten die Tätigkeiten der Staatssicherheit Leipzig im Dienstsitz in Machern im 1968 bis 1972 erbauten Bunker fortgesetzt werden und das Ministerium für Staatssicherheit seinen Machtanspruch bewahren. Die 5,2 Hektar große, denkmalgeschützte und original erhaltene Anlage mit all seinen Bauten kann heute als Teil der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ besichtigt werden. Träger ist das Bürgerkomitee Leipzig.

Was es mit der als Ferienanlage getarnten „Affäre 5“ auf sich hatte…


Rund 30 Kilometer östlich von Leipzig bei Machern liegt die ehemalige Ausweichführungsstelle (AfüSt) des Leiters der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig. Als Teil des Museums in der „Runden Ecke“ wird die Anlage durch das Bürgerkomitee Leipzig e.V. als bundesweit einmalige Gedenkstättenkombination aus ehemaliger Bezirksleitung für Staatssicherheit und dazugehöriger Ausweichführungsstelle betrieben.

Die 1967 vom Minister für Staatssicherheit Erich Mielke erlassene Direktive 1/67 legte alle zentralen Aufgaben und Tätigkeiten fest, die das Ministerium für Staatssicherheit im Mobilmachungs- und Ernstfall übernehmen sollte und traf hierfür die notwendigen Vorbereitungen. Die sogenannte „geheime Kommandosache“ sah neben Anweisungen zum Bau von Ausführungsstellen auch Pläne zur Festnahme, Isolierung und Überwachung Andersdenkender vor. Um eine Zerstörung oder Behinderung der Staatssicherheit zu verhindern, sollten dezentrale Ausweichobjekte errichtet werden. In diesem Zuge entstanden in allen 15 Bezirken der DDR Ausweichführungsstellen für die entsprechenden Bezirksverwaltungen der Stasi. So wurde von 1968 bis 1972 am Rande des Naherholungsgebiet Lübschützer Teiche bei Machern ein Bunker für die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig erbaut. Getarnt als eine Ferienanlage des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Leipzig wurde das 5,2 Hektar große Areal mit dem Decknamen „Affäre 5“ gut bewacht und vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen. In fünf Metern Tiefe unter der Erde stand in dem ca. 1.500 Quadratmeter großen ABC-Schutzbunker alles bereit, was der Führungsstab der Leipziger Staatssicherheit im Spannungs- und Mobilmachungsfall für eine Fortsetzung der geheimdienstlichen Tätigkeiten als Schutz- und Führungsbunker benötigt hätte. In diesem Zuge hätte Leipzigs Stasi-Chef gemeinsam mit bis zu 120 Mitarbeitern und zwei Verbindungsoffizieren des sowjetischen Geheimdienstes KGB seinen Dienstsitz aus der Bezirksverwaltung in der „Runden Ecke“ nach Machern verlagert. Für diesen Fall waren die Versorgungssysteme für Wasser, Strom und Luft für die Gewährleistung eines autarken Betriebs von mindestens sechs Tagen vorgesehen. Im Zuge dieser Dezentralisierung wäre der Machtanspruch des Ministeriums für Staatssicherheit des SED-Regimes auch im Falle eines Ausnahmezustands gesichert worden.

Von der Bunkeranlage bis zur authentischen Gedenkstätte mit Museum


Die Bunkeranlage wurde bis zum Ende der DDR stets einsatzfähig gehalten. Ständig vor Ort waren der Bunkerkommandant, sein Stellvertreter und etwa sechs Wachsoldaten des Ministeriums für Staatssicherheit mit Wachhunden. Die Kernaufgabe der Ausweichführungsstelle bestand in der Aufrechterhaltung der Kommunikation und in diesem Sinne der operativen Handlungsfähigkeit im Falle eines Krieges. Aus diesem Grund wurde der Nachrichtentechnik eine besondere Stellung zuteil. Im Ernstfall war der Bunker dazu konzipiert, sämtliche Aktionen zur Niederschlagung einer Volkserhebung zu koordinieren. Die detaillierten Pläne dazu wurden nach dem Aufstand der DDR-Bürger am 17. Juni 1953 entwickelt und im Herbst 1989 durch eine Aktualisierung der Liste für die Isolierungslager in Leipzig in der Nacht vor dem 9. Oktober 1989 aktiviert. Aufgrund der zu großen Anzahl von ca. 70.000 friedlich demonstrierenden DDR-Bürger am 9. Oktober 1989 wurden die Pläne letztlich nicht umgesetzt.

Bis Dezember 1989 ahnte keiner, dass die Leipziger Staatssicherheit die unterirdische Ausweichungsstelle für den Ernstfall stets funktionsbereit hielt. Erst im Zuge der Friedlichen Revolution und den damit verbundenen neu erworbenen Kenntnissen um sämtliche Dienstobjekte der Stasi sowie aufgrund des Engagements des Pfarrers der Gemeinde Machern, Gottfried Süß, wurde die Existenz des Bunkers publik. Die neu gegründeten Bürgerkomitees Leipzig und Wurzen setzten sich frühzeitig für den Erhalt als Gedenkstätte des zunächst unter der Kontrolle des Amtes für Nationale Sicherheit stehenden Bunkers ein. Der Kreistag Wurzen übernahm den Bunker schließlich am 20. September 1990 und legte im Folgejahr die zukünftige Nutzung der Anlage als Gedenkstätte fest. Ab 1993 wurde das Bürgerkomitee Leipzig zum neuen Pächter des Areals. In den Folgejahren wurde die Bunkeranlage durch die Beseitigung von Zerstörungen sowie die Wiederbeschaffung von Einrichtungsgegenständen wieder größtenteils in den Originalzustand versetzt. Er gilt heute als einziger, nahezu vollständig erhaltene Stasi-Bunker der DDR und steht seit 1995 unter Denkmalschutz.

Mobilmachung, Isolierung, Kommunikation: Einblicke in die Vorbereitungen für „Tag X“


Seit September 1996 dient das Areal offiziell als Museumsanlage, öffentliche Führungen werden jedes letzte Wochenende im Monat angeboten. Besichtigt werden kann das 5,2 Hektar große Areal mit all seinen Bauten sowie dem 1.500 Quadratmeter großen Bunkerinneren als Kern der Anlage. Dieser kann noch weitestgehend originalgetreu mit seinen spartanisch eingerichteten Schlaf- und Arbeitsräumen, winziger Küche, bescheidenen Waschräumen, mehreren Entgiftungszonen, Waffenschränken, Schleusen und tonnenweise Technik begutachtet werden.

Anders als bei anderen der Öffentlichkeit zugänglichen Bunkeranlagen wird im Museum im Stasi-Bunker Machern genau darauf geachtet, die Geschichte nicht zu glorifizieren und damit zu verzerren. Während der Führungen durch das unterirdische Museum werden entsprechend dieser Divise Einblicke in die Mobilmachungsplanung im Bezirk Leipzig sowie die Einbeziehung der Ausweichführungsstelle in die Vorbereitungen auf diesen „Tag X“ gewährt. Dazu zählen Informationen zur Funktionsweise der Versorgungssysteme, das potenzielle Zustandekommen von Nachrichtenkontakten in der DDR sowie die von der Stasi im „Ernstfall“ entwickelten Überlebensstrategien bis hin zur Errichtung von Isolierungslagern für Oppositionelle. Zu den Ausstellungsstücken gehören Original-Bunker-Utensilien, von Funktechnik bis hin zum Folienschweißgerät, vom Schlafsack bis zum Panzerschrank.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Museum im Stasi-Bunker Machern

Leipziger Baumwollspinnerei

Spinnereistraße 7 | Ortsteil: Lindenau

Auf den Bergbau im Erzgebirge und die Textilindustrie in den Städten stützte sich das deutsche industrielle Kernland Sachsen anfangs vor allem. Die aufblühende Industriestadt Leipzig folgte diesem Muster und verdankte ein Gutteil ihrer Geltung im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts der florierenden Textilindustrie und ihren Vorstufen. Ein Branchenprimus genießt Weltgeltung bis heute – die Leipziger Baumwollspinnerei. Doch nicht mehr als Arbeitsstätte tausender Frauen, sondern in erster Linie als Zentrum von Künstlerateliers und Galerien. Hier steckt der industrielle Wandel förmlich in jeder Mauerritze.

Am Kanal wächst eine Fabrikstadt


Früher handelte es sich bei der Baumwollspinnerei um eine nahezu geschlossene Fabrikstadt, die sich über eine Gesamtfläche von zehn Hektar erstreckte. Den Kern bildeten die Fabrikationsstätten; am Rand der geschäftigen Stadt in der Stadt – zur Thüringer Straße hin – reihte sich für die dort Beschäftigten Wohnhaus an Wohnhaus. Die Baumwollspinnerei war ein schmuckes Kind des phänomenalen industriellen Aufschwungs der jungen Großstadt Leipzig nach 1871. Sie entstand ab 1884 auf freiem Gelände, aber in weiser Voraussicht einer kommenden, leistungsstarken infrastrukturellen Anbindung. Gegenüber vom damaligen
Bahnhof Plagwitz-Lindenau gelegen, war dem Industriebetrieb eine Anschlussbahn bis vor die Fabrikhallen ebenso sicher wie der Zugang zu den Brauchwasserressourcen des entstehenden Elster-Saale-Kanals, den heutzutage jedermann nur als Karl-Heine-Kanal kennt. 

Insgesamt vier Entwicklungsschübe ließen „die Spinne“ längs der Anschlussbahn wachsen, deren Gleise bis heute im Pflaster der innerbetrieblichen Werkstraße zu finden sind. Eigene Baumwollplantagen in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika sicherten der Baumwollspinnerei den Rohstoffbezug. Damit machte sich das Unternehmen unabhängig vom Baumwollimport aus England, der bis dahin dominiert hatte.

Primus im Kreis der europäischen Spinnereien


Im Gründungsjahr 1884 drehten sich in
Lindenau, das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht nach Leipzig eingemeindet war, 30.000 Spindeln. 1909 – am Höhepunkt der Unternehmensentwicklung – waren es 240.000. Damit stieg die Leipziger Baumwollspinnerei zur größten in Kontinentaleuropa auf. Eine klassische gemalte Fabrikansicht öffnet das Fabrikpanorama über den Kanal hinweg bis zur Spinnerei und zu weiteren Plagwitzer Unternehmen in der Ferne. Überall rauchende Schlote – so sah damals Fortschrittsgewissheit aus, und Leipzig verströmte mit seinen Großbetrieben eine Menge davon. 1928, am Vorabend der Weltwirtschaftskrise, fand sich die Baumwollspinnerei nach ihrem Aktienkapital auf Rang 21 der größten Leipziger Unternehmen. Doch mit ihren 2.290 Beschäftigten war sie die Nummer 2 der Großindustrie in der Messestadt.

1946 ging die Baumwollspinnerei in Volkseigentum über. Ihr wirtschaftlicher Rang als Exportbetrieb blieb bestehen. Allerdings ließ sich die Wettbewerbsposition im Laufe der Zeit nur unter Mühen aufrecht erhalten. Spinnereien in den Anbauländern der Baumwolle ließen sich viel kostengünstiger betreiben. Die deutsch-deutsche Währungsunion ab dem 1. Juli 1990 schuf Tatsachen: In D-Mark zu zahlende Löhne für die in Leipzig versponnene, importierte Baumwolle trieben den Betrieb in der Weltmarktkonkurrenz vollkommen ins Abseits. 1993 kam das Aus für die Garnproduktion in dem Traditionsunternehmen. Als letzter aktiver Betriebsteil bestand die Reifencordherstellung an der Alten Salzstraße bis in die frühen 1990er Jahre. Dann schwiegen auch dort die grenzwertig beanspruchten Maschinen, und ein Großbetrieb mit einst tausenden Beschäftigten verschwand aus dem Handelsregister.

From Cotton to Culture – was für ein Wandel


Ein Investor aus Köln erkannte zum Glück das in den massiven Fabrikgebäuden schlummernde Potential. Als Produktionsstätte von Wolle waren sie aus dem Marktgeschehen ausgeschieden. Als neues Domizil für Kreative eigneten sie sich dagegen vorzüglich. Der Slogan „From Cotton to Culture“ für das Spinnereigelände verdichtet den Anspruch zur Gewissheit. 24 markante Gebäude und Gebäudeteile finden sich auf dem optischen Wegweiser am Eingang zur Fabrik. Manche erwecken den Eindruck, dass hier erst vor Kurzem der letzte Zug mit Baumwollballen oder Kohle angekommen ist, andere stellen den Wandel hinter den historischen Fassaden demonstrativ heraus. Seit 2001 ist der gelernte Architekt
Bertram Schultze Geschäftsführer der Betreibergesellschaft der Spinnerei. Er ist davon überzeugt, dass niedrige Mieten die Basis für Künstler und Kreative sind, dass sie Räume anmieten und ohne Druck arbeiten können. 

Zwölf Galerien haben sich hier angesiedelt, darunter Eigen+Art von Gerd Harry „Judy“ Lybke. In mehreren Ateliers arbeiten bekannte Maler der Leipziger Schule. Es kann durchaus passieren, dass einem zwischen den Fabrikgebäuden Neo Rauch auf seinem Fahrrad entgegenkommt. Spezialgeschäfte für Künstlerbedarf stellen die materielle Basis für die neuen Werke sicher. Das SpinLab in Regie der Handelshochschule nutzt die knisternde Atmosphäre des Areals, um versponnenen Produktideen junger Innovatoren den Weg zum Pionierunternehmen zu bahnen. Und ein Ingenieurbüro, das auf vielfältige Weise den industriellen Wandel in Leipzig und drumherum begleitet, ist ebenfalls Mieter auf dem Spinnereigelände. Lofft – das Theater für Tanz, Theater und Performances bildet in der Halle 7 die jüngste Ansiedlung in der zu Kreativität einladenden Umgebung. Grelle Leuchtbuchstaben im Werbestil der 1960er Jahre weisen den Weg.

Favorit der Umgestaltung


Bundes- und Landesprominenz ist gern und häufig zu Gast in der Baumwollspinnerei. Wo sonst lässt sich so eindringlich der Wandel von einem epocheprägenden Industrieareal zu einer Heimstatt für Kreative zahlreicher Richtungen und Inspirationen ablesen?! Deshalb fiel die Wahl zur anschaulichen Präsentation einer gelungenen Transformation schon mehrfach auf die Baumwollspinnerei. Tage des Stadtumbaus sind ebenso wie der
Tag des offenen Denkmals oder der Tag der Industriekultur wie geschaffen für einen Besuch des weitläufigen Areals. Vom jährlich dreimal durchgeführten Rundgang – SpinnereiGalerien als Großereignis für Kunstinteressierte ganz zu schweigen. 

Es ist die Stärke dieses versunkenen Fabrikgeländes, dass es industriekulturell Interessierte mit authentischen Sachzeugen anzieht, während Freunde der Kunst ihren passenden Zugang zur stillen Welt der Ateliers oder zu heißen Debatten in dem dafür eingerichteten Kunstzentrum in der Halle 14 finden.

Stand: 25.12.2021

Bildergalerie - Leipziger Baumwollspinnerei

Historisches Bildmaterial - Leipziger Baumwollspinnerei

Kindermuseum Leipzig

Böttchergässchen 3 | Ortsteil: Zentrum

Das Kindermuseum wurde als Teil des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig am 28. Juli 2015 im Böttchergässchen neu eröffnet. Es bietet neben dem 2010 in Plagwitz gegründeten UNIKATUM Kindermuseum Leipzig Museumserlebnisse zum Anfassen für die ganze Familie. In Kooperation mit der Leipziger Messe werden in der Dauer- und Mitmach-Ausstellung „Kinder machen Messe“ die eng mit Leipzig verbundenen Themen Handel und Messe für Kinder ab sechs Jahren erlebbar gemacht. In sechs Themenbereichen können die Gäste spielerisch anhand von interaktiven Stationen die Ausstellung mit allen Sinnen entdecken. Bei der Ausstellung handelt es sich um ein deutschlandweit einzigartiges Museumsprojekt, welches erstmals die Messe in den Fokus einer Kinderausstellung rückt. 

Von der Waren- zur Mustermesse: Leipzigs Historie spielerisch entdecken


Wie bringt man Kindern Geschichte nahe? Am einfachsten, indem sie mitmachen, anfassen und ausprobieren dürfen. Besucher zwischen sechs und zehn Jahren können im ersten Obergeschoss des Stadtgeschichtlichen Museums die Geschichte und Bedeutung des Messegeschehens und des Handels in Leipzig vor 200 Jahren anhand von zahlreichen interaktiven Ausstellungselementen erkunden. Ziel des Ausstellungsprojektes war es, die Vielfalt der heutigen Besuchermessen auf kind- und zeitgemäße Weise darzustellen, Neugier zu wecken und die Entwicklung von der Waren- zur Mustermesse spielerisch verständlich zu gestalten. Seit der Eröffnung haben bereits zehntausende Gäste die Ausstellung im Zuge des Vorschul- und Schulunterrichts oder in ihrer Freizeit besucht.

Ein Messplatz für Kinder


Bei der Ausstellungseröffnung handelte es sich zugleich auch um die Neueröffnung des Kindermuseums, dessen Vorgänger – das Kindermuseum LIPSIKUS – 2012 für eine thematische Neuausrichtung geschlossen wurde. Für die Neukonzeption war insbesondere die unmittelbare Verbindung zur Stadtgeschichte von besonderer Bedeutung. Die kleinen Gäste können entdecken, was eine Messe ist, welche Ideen von dieser ausgehen und wie sich die Händler und Messebesucher selbst fühlten. Unter dieser Prämisse wurde das Kindermuseum in eine Mitmach- und Spielewelt verwandelt. Die entstandene Ausstellung „Kinder machen Messe“ steht ganz in der Tradition der Messestadt Leipzig. An zahlreichen interaktiven Stationen in insgesamt sechs Themenbereichen kann die Ausstellung mit allen Sinnen entdeckt werden: Waren aus fernen Ländern, darunter der Kakao, können ertastet, gewogen oder per Hörmemory erraten werden. Ausgestattet mit nach historischem Vorbild geschneiderten Kostümen können die Kinder außerdem in die Rollen der Marktfrauen, Marktschreier und Kaufleute der Leipziger Messewelt des 19. Jahrhunderts schlüpfen. Beim Messen und Wiegen der Waren werden alte Währungen, Gewichts- und Längenmaße veranschaulicht und in der Münzwerkstatt Geld selbst gestanzt. Über Spiele und an Medienstationen erfahren die Besucher mehr über den Weg der Waren auf den wichtigen Handelswegen Via Regia und Via Imperii. An diese erinnert seit 2017 auf dem Markt die Bodentafel
Leipzig im Schnittpunkt alter Handelsstraßen

Zwei eigene Bereiche sind dem für Leipzig bedeutsamen Buch- und Tuchhandel gewidmet. In einem weiteren Themenbereich wird anhand von Spielen wie Galgenkegeln und der Wundertrommel veranschaulicht, wie wichtig Vergnügen und Spaß bereits während den Besuchen auf der Leipziger Messe vor 300 Jahren waren.

Am Ende des Rundgangs tauchen die Gäste aus der vergangenen Messewelt in die gegenwärtige ein: Im Jahr 2021 entstand, ebenfalls in Kooperation mit der Leipziger Messe, der Ausstellungsbereich „Messe der Gegenwart“ in Form einer großen Wandfläche mit einer Vielzahl an neuen analogen und digitalen Ausstellungselementen. Im Design und den Spielen des Bereichs finden sich neue technische Entwicklungen ebenso wie die Zukunftsorientiertheit des heutigen Leipziger Messebetriebs wieder. Inhaltlich und visuell wird dadurch ein Bezug zum bereits bestehenden Ausstellungsbereich hergestellt. Zu den interaktiven Elementen zählen das Messe-Memory sowie ein Hologramm.

Wenn in der kurzweiligen Erlebnisausstellung lauthals fröhliche Kinderstimmen ertönen, dann geht das Motto der Ausstellungsmacher auf: Museum macht Spaß!

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Kindermuseum Leipzig

Kabarett academixer

Kupfergasse 2 | Ortsteil: Zentrum

Als Leipzigs zweitälteste „Brettlbühne“ wurde das Kabarett academixer 1966 als Studentenkabarett der Karl-Marx-Universität Leipzig gegründet. Nachdem die Truppe zunächst nebenberuflich durch die DDR tourte, entwickelten sich die academixer 1976 zum Berufskabarett und erhielten 1980 ihre feste Spielstätte im Keller des ehemaligen Messehauses Dresdner Hof. Zum heutigen Ensemble der academixer zählen über 20 Darsteller und Musiker, welche neben aktuellen politischen Themen auch sächsische Mundartprogramme, ebenso wie satirische und literarisch-musikalische Stücke vorführen. Der Art-Déco Bühnensaal im Untergeschoss des Gebäudes bietet Platz für 250 Gäste.

Vom Amateur- zum Berufskabarett


Bereits in der Antike galt Satire als staatserhaltend. Den Kabarettisten, welche als öffentliche, couragierte Kritiker des Missstandes stellvertretend für das Publikum agierten, war die Verehrung und uneingeschränkte Zuneigung der Zuschauer sicher. Mit der bundesweit höchsten Kabarettdichte pro Kopf gilt Leipzig als die deutsche Kabarett-Hauptstadt. Bereits zur Geburtsstunde des Kabaretts in Deutschland am 18. Januar 1901 mischte neben München, Berlin und Wien auch Leipzig kräftig mit. In den 1920er Jahren besaß die Stadt mehr als ein Dutzend Brettlbühnen, für die Größen wie
Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Joachim Ringelnatz oder Lene Voigt Stücke schrieben. In den 1980er Jahren gab es in Leipzig neben Dutzenden Amateurtruppen zwei Profi-Kabaretts, was für die damaligen Verhältnisse viel war. Mit der Wende vervielfachten sich die Profi-Ensembles, jedoch verkümmerten zahlreiche Neugründungen trotz des politischen Aufwinds aufgrund des marktwirtschaftlichen Gegenwinds.

Bei dem 1954 gegründeten Kabarett Leipziger Pfeffermühle handelt es sich um Sachsens ältestes und traditionsreichstes Kabarett. Unmittelbar darauf folgt das Kabarett academixer. Dieses wurde 1966 als Studentenkabarett der Karl-Marx-Universität gegründet, woraus sich die von „akademisch“ abgeleitete Bezeichnung ergibt. Es formierte sich aus den Resten eines Kabaretts gleichen Namens, welches zwei Jahre zuvor am Dolmetscher-Institut entstanden war. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Jürgen Hart, Gunter Böhnke, Bernd-Lutz-Lange und Christian Becher, welche als Ensemble über viele Jahre das Spiel der academixer prägten. „Kein X für U“ hieß das erste Programm, „Agit Pro & Kontra“ und „SchonZeit für Ideale“ nannten sich weitere Programme der Kabarettisten. Nachdem die Truppe zunächst mehr als zehn Jahre nebenberuflich durch die DDR tourte, entwickelten sich die academixer 1976 zum Berufskabarett und erhielten 1980 ihre feste Spielstätte im Keller des ehemaligen Messehauses Dresdner Hof. Dies war zur damaligen Zeit eine Seltenheit, da jede Bezirksstadt nur ein Kabarett beherbergen durfte und Leipzig bereits das Kabarett Leipziger Pfeffermühle besaß. Aufgrund des großen Erfolgs und der Einnahmen aus den Eintrittspreisen der academixer, waren diese für die Stadt jedoch unentbehrlich. Die Spielstätte in Form der repräsentativ eingerichteten Empfangshalle des in den 1920er Jahren errichteten Messehauses beinhaltete Friseur, Wannenbad, Rezeption, Bar und Post. Nach dem Umbau der Räumlichkeiten zum Kleinkunsttheater entstand ein besonderer Charme aus Nostalgie und Funktionalität.

Nächtliche Warteschlangen vorm Kassenhäuschen der „Mixer“…


Gründungsmitglied Jürgen Hart war bis 1990 Leiter des Kabaretts. Seine Führung, Regiearbeiten und Texte verhalfen den academixern maßgeblich zum Erfolg auf nationaler Ebene. Eintrittskarten für die Kabarettaufführungen wurden zu dieser Zeit nur zweimal jährlich verkauft. Die Zuschauer reihten sich nachts in die Warteschlange in der Kupfergasse ein, um rechtzeitig vor dem Ausverkauf – nach maximal vier Stunden – Tickets für mehr als vierhundert Veranstaltungen des Jahres am Kassenhäuschen zu erwerben. Im Jahr 1992 wurde das Kabarett academixer zu einer GmbH umgewandelt, in deren Folge nun täglich Eintrittskarten gekauft werden konnten. In ihren Darbietungen beschäftigte sich das Kabarett auch verstärkt mit den Wende-Nachwehen: „Da gibt es für die Zeiterscheinung eine Wegwerfmeinung, für die Weltanschauung Wegwerfbücher und wir Witzemacher machen Wegwerfwitze über Wegwerfköpfe der Regierungsspitze“ heißt es etwa im Lied „Wir werfen weg“. In den neueren Stücken spielten Themen wie der Kapitalismus eine Hauptrolle. Im Jahr 1995 nahmen die academixer als Vertreter Deutschlands am Kabarettfestival in Luxemburg teil. Das Repertoire reicht von politischem Kabarett, über sächsische Mundartprogramme bis hin zu satirischem Theater. Im Gegensatz zum literarischen oder journalistischen Kabarett pflegen die „Mixer“, wie sie im Volksmund genannt werden, vorrangig das Ensemblespiel.

Sächsische Mundartprogramme und Satire-Theater im Art-Déco-Interieur


Während der Sanierung des gesamten Gebäudekomplexes der Spielstätte 1999/2000 spielten die academixer zwischenzeitlich in der benachbarten Kalinin-Mensa, dem heutigen
Kupfersaal. Die Interimsspielstätte nannten sie „Lampenladen“. Zum heutigen Ensemble der academixer zählen über 20 Darsteller und Musiker, welche neben aktuellen politischen Themen auch sächsische Mundartprogramme, ebenso wie satirische und literarisch-musikalische Stücke vorführen. Entsprechend der individuellen Autoren-Handschrift reichen die Darbietungen von locker und heiter bis hin zu schwarzhumorig. Stammgäste bei den academixern sind nach wie vor die Gründungsmitglieder Bernd-Lutz Lange und Günter Böhnke. Das Star-Duo war nicht nur in Sachsen ein Markenzeichen des Kabaretts. Obwohl sich beide 1988 als erfolgreiche Buchautoren in die Selbstständigkeit verabschiedeten, blieben sie dem Kabarett für Gastspiele ihrer Solo-Programme bis in die Gegenwart erhalten. Weitere heimische Kabarettgrößen sind Tom Pauls, Katrin Weber und Uwe Steimle. Abgerundet wird das Repertoire mit Gastspielen namhafter Größen der deutschsprachigen Kabarettszene, darunter Gerd Dudenhöffer und Max Uthoff. Der Leitspruch der academixer lautet „Täglich ein Programm“, wobei die Kabarettisten diesen Spruch zwischenzeitlich mit sogar zwei Vorstellungen am Tag noch übertreffen. 

Der academixer-Keller im ehemaligen Untergeschoss des Dresdner Messehofes ist von einem originalen Art-Déco Interieur geprägt. Die Decken- und Wandflächen im Bühnensaal sind mit Stahlbetonträgern unterbrochen und mit farbigem Spiegelglas ausgestaltet. Einen Kontrast bildet die originale Marcel-Breuer-Bestuhlung im Zuschauerraum im Stil der Bauhaus-Architektur mit 250 Plätzen im Mittel- und Seitenparkett. Das Treppenhaus ist mit allegorischen Alltagsbildern in Lebensgröße an den Wänden und zahlreichen, von den Kabarettisten zusammengetragenen Accessoires des Genres, gestaltet. Neben unterhaltsamen Kabarettdarbietungen können die Gäste in der zur Spielstätte gehörenden „Mixer“-Gaststätte speisen und trinken. Egal ob zur Einstimmung auf die Vorstellung oder Tisch an Tisch neben den Kabarettisten im Nachhinein: Bei einem Speisenangebot aus verschiedenen Nostalgie-Gerichten, darunter Soljanka, Fettbemmen oder Karlsbader Schnitte, kommt fast jeder Gast auf seine Kosten.

In den lauen Monaten findet alljährlich das Sommerkabarett der academixer im Paulaner Palais in der Klostergasse mit den Partnern Café Madrid und Restaurant Paulaner statt. Aus dem Veranstaltungskalender nicht wegzudenken ist im Sommer das alljährliche Leipziger Zoo Spezial, bei welchem die Zuschauer erstklassiges academixer-Kabarett im Gründergarten des Zoo Leipzig erleben können. Ein jährlicher Höhepunkt ist auch das Internationale Humor- und Satirefestival Leipziger Lachmesse, welches an acht Tagen auf den Bühnen der innerstädtischen Kabaretthäuser stattfindet. Die präsentierten Genres reichen von Kabarett, Musik und Komödie bis Dichtung und Pantomime.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Kabarett academixer

Gewandhaus zu Leipzig

Augustusplatz 8 | Ortsteil: Zentrum

Das Gewandhaus zu Leipzig wurde von 1977 bis 1981 als dritter Standort und Spielstätte des weltberühmten Gewandhausorchesters nach Entwürfen von Rudolf Skoda und Horst Siegel errichtet. Es ist der erste und einzige Konzerthaus-Neubau der DDR. Mit derzeit etwa 185 Berufsmusikern gilt das Gewandhausorchester als weltweit größtes Berufsorchester. 

Von der Tuchhalle zur Heimstätte des Gewandhausorchesters


Die lange Tradition des Gewandhausorchesters als ältestes deutsches bürgerliches Konzertorchester reicht bis 1743 zurück. Da gründete die Leipziger Kaufmannschaft das Musikunternehmen „Großes Concert“. Als Auftrittsort diente dem Ensemble zunächst der Saal im
Gasthaus „Zu den drey Schwanen“ am Brühl. Als die Räumlichkeiten zu klein wurden, wechselte das Orchester in ihre erste offizielle und zugleich namensgebende Spielstätte. Das erste Gewandhaus befand sich in der 1498 errichteten spätgotischen Verkaufshalle für Tuchwarenhändler und Gewandschneider an der Universitätsstraße. Auf Anregung von Bürgermeister Carl Wilhelm Müller wurde im Obergeschoss des Zeug- und Gewandhauses unter der Leitung von Baudirektor Johann Carl Friedrich Dauthe ein neuer Konzertsaal mit 500 Plätzen erbaut, welcher am 25. November 1781 feierlich eröffnet wurde. Der riesige Resonanzkörper von Tuchboden und Dach sorgte für eine unvergleichliche Akustik. Im Jahr 1894 brach man das Gewandhaus zugunsten des Messehauses Städtisches Kaufhaus und unter dem Protest vieler Leipziger Musikfreunde ab.

Zwischen 1882 und 1884 wurde im Musikviertel gegenüber der Universitätsbibliothek nach Plänen von Martin Gropius und Heino Schmieden das zweite Gewandhaus erbaut. Das am 11. Dezember 1884 eingeweihte Konzerthaus verfügte über einen Konzertsaal mit 1.560 Plätzen sowie einen kleineren Kammermusiksaal mit 700 Plätzen. Den Bau finanzierte man aus dem Nachlass von Franz Dominic Grassi. Das zweite Gewandhaus wurde bei einem Bombenangriff 1944 schwer beschädigt und schließlich 1968 gesprengt. Nach Kriegsende dienten dem Gewandhausorchester verschiedene Kirchen als Domizil, in denen „Musikalische Gottesdienste“ gestaltet wurden. Ab 1946 war die Kongresshalle am Zoo Interimsspielstätte. Hier musizierte das Orchester bis zur Fertigestellung des Neubaus auf dem damaligen Karl-Marx-Platz, heute Augustusplatz

Basierend auf der von Rudolf Skoda und Horst Siegel 1975/76 erarbeiteten städtebaulich-architektonischen Konzeption schuf ein Architektenkollektiv das Neue Gewandhaus. Unter Leitung von Chefarchitekt Rudolf Skoda wirkten Eberhard Göschel, Volker Sieg und Winfried Sziegoleit mit. Das heutige Gewandhaus befindet sich auf dem Gelände des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Museums der bildenden Künste. Es wurde anlässlich des Jubiläums „200 Jahre Gewandhaus“ nach vierjähriger Bauzeit am 8. Oktober 1981 öffnet. Im Beisein des amtierenden Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur übergab der damalige Staaatsratsvorsitzende Erich Honecker das Gebäude der Öffentlichkeit. Beim Eröffnungskonzert führte das Gewandhausorchester Siegfried Thieles „Gesänge an die Sonne“ sowie Ludwig van Beethovens „Sinfonie Nr. 9“ auf.

Moderne und Tradition auf dem Augustusplatz vereint


Seit seiner Eröffnung 1981 ist das Neue Gewandhaus ein international anerkannter Ort musikalischer Darbietungen und verbindet die Tradition des Gewandhausorchesters mit der Moderne der Aufführungen zeitgenössischer Komponisten. Im Herbst 1989 öffnete Kurt Masur das Konzerthaus auch als Stätte für die politische Diskussion. Am 5. Oktober 1989 äußerten Kurt Masur und Mitarbeiter des Gewandhauses in einer unterzeichneten Willenserklärung öffentlich große Sorge um die aktuellen Entwicklungen in der DDR. Am Nachmittag des 9. Oktobers 1989 verfasste Kurt Masur gemeinsam mit dem Kabarettisten
Bernd-Lutz Lange, dem Theologen Peter Zimmermann sowie den SED-Funktionären Jochen Pommert, Kurt Meyer und Roland Wötzel einen Aufruf, in welchem sie eindringlich um einen friedlichen Dialog baten. Dieser Appell wurde bei den Friedensgebeten in den Kirchen Leipzigs sowie über Radio und Stadtfunk verlesen. Die Botschaft trug maßgeblich dazu bei, dass die Montagsdemonstration in Leipzig friedlich verlief und die deutsche Wiedervereinigung einleitete. Im Laufe der 1990er Jahre konnte das Gewandhausorchester seine Spitzenposition als eines der renommiertesten Orchester weltweit ausbauen. Sein Ruhm wurde zuvor durch Musiker und einstige Gewandhauskapellmeister wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Arthur Nikisch und Wilhelm Furtwängler begründet.

Das größte Deckengemälde Europas im „Tempel der Musik“


Der Bau des Gewandhauses war unter den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Der moderne Gebäudekomplex wurde von den Architekten unter funktionellen Erfordernissen und minimierten Baumassen umgesetzt. Dass das Gebäude schließlich als „Tempel der Musik“, wie es der Dirigent und Geiger
Sir Yehudi Menuhin einst betitelte, bekannt wurde, ist neben des baulichen Geschicks der Architekten nicht zuletzt auf das Engagement von Kurt Masur zurückzuführen.

Das Gewandhaus komplettierte die Neugestaltung des damaligen Karl-Marx-Platzes. Es befindet sich in einer Sichtachse zum Opernhaus und dem vorgelagerten Mendebrunnen. Der in Stahlskelettbauweise errichtete dreigeschossige Grundkörper ist mit einer Fassade aus Cottaer Sandstein verkleidet. Durch die platzseitige Glasfassade, hinter welcher sich die Treppenaufgänge und das Hauptfoyer befinden, entfaltet das Gebäude eine besondere städtebauliche Wirkung. Hinter dem Haupteingang des Foyers befindet sich das 714 Quadratmeter große und 31,80 Meter hohe Deckengemälde „Gesang vom Leben“ von Sighard Gille, welches durch Gustav Mahlers sinfonische Dichtung „Lied von der Erde“ angeregt wurde. Es ist in die vier Teile „Orchester“, „Mächte der Finsternis“, „Lied der Stadt“ und „Lied vom Glück“ unterteilt. Bei dem Gemälde handelt es sich um das größte zeitgenössische Deckengemälde Europas. An der Seite zur Universität Leipzig führt ein gläserner Fußgängerübergang vom Gewandhaus in den MDR-Kubus im City-Hochhaus.

Der Eingang zum Konzerthaus erfolgt durch eine Passage, in der sich das aus Marmor bestehende Relief „Orpheus“ befindet. Der Durchgang mündet in einen kleinen Lichthof, welcher die von Horst Georg Skorupa geschaffene Brunnenplastik „Stadtpfeifer beherbergt. Massive Bronzetüren, die von der Kunstgießerei Lauchhammer gegossen wurden, markieren den Eingang zum Foyer. Im zweiten Obergeschoss sind in der „Galerie des Gewandhauses“ Kunstwerke zeitgenössischer Maler aus den 1970er Jahren ausgestellt. Dazu zählen Arbeiten von Heinz Zander, Arno Rink und Volker Stelzmann.

Zwei Konzertsäle für Augen und Ohren…


Das Gewandhaus beherbergt zwei Konzertsäle: Der Kleine Saal, auch „Mendelssohn-Saal“ genannt, umfasst 498 Plätze und wird für Kammerkonzerte genutzt. Er spiegelt den sechseckigen Grundriss des Großen Saales wider. Im Foyer des Mendelssohn-Saals befindet sich das von
Jo Jastram geschaffene Mendelssohn-Denkmal, eine Bronzestatue des früheren Gewandhauskapellmeisters Felix Mendelssohn Bartholdy. Der Große Saal bietet mit seinem ansteigenden Parkett, den Rängen und Emporen 1.920 Besuchern Platz. Drei Zuschaueremporen umschließen das Podium, was dem Konzerthaus die ungewöhnliche Form eines sechseckigen Amphitheaters verleiht und den Zuschauern eine gleich gute Akustik und Sicht von allen Plätzen aus ermöglicht. Das Gestühl, die Wände und das Orgelgehäuse sind mit Eichenholz vertäfelt. Die weiß gehaltene „Wolkendecke“ stellt einen wirkungsvollen Kontrast zu dem dunklen Rot der Stuhlbezüge her. Der historische Leitspruch des Gewandhausorchesters von Seneca „Res severa verum gaudium“ („Eine ernste Sache ist eine wahre Freude“) ziert in großen Lettern die Orgelempore. Das innenarchitektonische Zentrum des Saales bildet die 15 Meter breite und 10 Meter hohe Konzertorgel der Firma Alexander Schuke mit 92 Registern und 6.638 Pfeifen.

Stand: 26.09.2023

Bildergalerie - Gewandhaus zu Leipzig

Ägyptisches Museum – Georg Steindorff – der Universität Leipzig

Goethestraße 2 | Ortsteil: Zentrum

Das Ägyptische Museum der Universität Leipzig präsentiert seit 2010 im Krochhochhaus die älteste ägyptologische Lehrschausammlung einer deutschen Universität. Auf zwei Etagen und 500 Quadratmetern werden rund 7.000 altägyptische Ausstellungsstücke aus vier Jahrtausenden gezeigt. Im Jahr 1870 wurde an der Universität Leipzig ein Lehrstuhl für Ägyptologie eingerichtet und der Bestand an ägyptischen Sammlungsobjekten wuchs, so dass diese mit Beginn des 20. Jahrhunderts in einem Museum untergebracht wurden. Einen wertvollen Beitrag für die Erweiterung der Sammlung leistete der Ägyptologe Georg Steindorff durch zahlreiche Grabungskampagnen.

An Anfang war der Holzsarg: Ein Stück Altes Ägypten inmitten von Leipzig


Die Entstehung des Ägyptischen Museums begann mit der Einrichtung des Lehrstuhls für Ägyptologie an der Universität Leipzig im Jahr 1870. Als Begründer der ägyptischen Universitätssammlung gilt der Philologe und Professor für Archäologie an der Universität Leipzig,
Gustav Seyffarth. Er besuchte die bedeutendsten ägyptischen Sammlungen in Europa, fertigte Kopien ägyptischer Texte an und leistete einen entscheidenden Beitrag für den Aufbau der heutigen Sammlung. Das Ägyptische Museum verdankt Seyffarth den 2,12 Meter langen Zedernholzsarg des Hed-bast-iru, den die sächsische Landesregierung im Jahr 1842 auf sein Anraten für 289 Taler in Triest käuflich erwarb. Dieses Exponat gilt noch heute als Herzstück der Leipziger Sammlung. Die Nachfolge von Gustav Seyffarth übernahm der Ägyptologe Georg Ebers, der 1870 sein Professorenamt an der Universität Leipzig antrat. Internationale Bekanntheit wurde ihm durch den Erwerb eines knapp 19 Meter langen ägyptischen Papyrus während einer seiner Reisen nach Ägypten 1872/73 zuteil. Dabei handelt es sich um eine rund 3.500 Jahre alte medizinische Sammelschrift aus 879 Einzeltexten, die heute in einem Schauraum der Universitätsbibliothek ausgestellt ist. 

Von der Lehrsammlung zum Museum


Am 1. Oktober 1893 wurde der heutige Namenspatron des Ägyptischen Museums, Georg Steindorff, zum außerordentlichen Professor in Leipzig berufen und erhielt 1904 den Lehrstuhl für Ägyptologie. Steindorff erweiterte den Sammlungsbestand durch eigene Funde aus Grabungskampagnen. Die Ausstellungsfläche von 166 Quadratmetern wurde bald zu knapp für neue Funde, Schenkungen und Ankäufe, so dass zwischen 1912 und 1915 ein Kreuzgangflügel an der Südseite des
Johanneums angebaut wurde. Dort richtete Steindorff das Ägyptische Museum ein. Besonderen Fokus legte er auf die Beschaffung von Gebrauchsgegenständen aus dem Alten Ägypten, darunter Kosmetikutensilien. Unter seiner Leitung gelangten im Zuge mehrerer Grabungskampagnen in der Nekropole Giza ab 1903 zahlreiche Reliefs, Privatstatuen und Grabbeigaben nach Leipzig. Bei Grabungsarbeiten 1909 im Tempelkomplex des Pharaos Chephren, des Erbauers der zweitgrößten Giza-Pyramide, wurden Bruchstücke von zerschlagenen Königsstatuen zutage gefördert, welche im Ägyptischen Museum in Leipzig und anderen Museen ausgestellt wurden. Als besonderes Meisterstück des Museums galt ein aus sieben Gneis-Fragmenten zusammengesetztes Chephren-Gesicht. Im Zuge von Georg Steindorffs Grabungskampagne in Abusir im Jahr 1910 erhielt das Ägyptische Museum frühdynastische Steingefäße und kleinere Exponate aus Kupfer und Elfenbein. Nach Ausgrabungen im unterirdischen Aniba in den Jahren 1912/14 und 1930/31 durch Steindorff und sein Team wurde der Museumsbestand um nubische Töpferware sowie Kult- und Alltagsgegenstände ergänzt. Hinzu kam eine Schenkung aus dem Museum of Fine Arts Boston. Dabei handelte es sich um Ausgrabungsstücke aus dem obernubischen Ort Kerma im heutigen Sudan. Weitere Objekte des Ägyptischen Museums entstammten Schenkungen aus dem In- und Ausland, darunter die Grabausstattung des Totenpriesters Herischef-hotep aus Abusir von der Deutschen Orient-Gesellschaft.

Trotz seiner Konvertierung zum Christentum erfolgte 1934 Steindorffs Emeritierung. Ab 1941 wurden zahlreiche Leipziger Exponate zum Schutz vor Bombenangriffen ausgelagert. Eine Vielzahl an Objekten wurde 1943 auf Schloss Mutzschen und nach Technitz bei Döbeln geschafft. Die größten Exponate blieben jedoch in den Ausstellungsräumen und fielen dem Bombenangriff vom 4. Dezember 1943 zum Opfer, darunter die Opfertafel des Seschem-nefer aus Giza. Auch die sich im Keller des Johanneums befindlichen Ausstellungsstücke wurden zerstört. Andere als verschollen geltende Museumsstücke waren, wie sich später herausstellte, in die Sowjetunion gelangt. Am 12. Mai 1976 wurde das Ägyptologische Institut mitsamt der Dauerausstellung im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses Schillerstraße 6 wiedereröffnet. Die rund 4.000 Jahre altägyptische Kultur widerspiegelnde Exposition wurde 2003 für sieben Jahre in ein Interim in der Burgstraße verlagert.

Streifzug durch altägyptische Kulturgeschichte im einstigen Bankkaufhaus


Im Jahr 2010 fand das 2008 umbenannte „Ägyptische Museum – Georg Steindorff“ seine neue und repräsentative Heimstätte in den Art-Déco-Räumlichkeiten des ehemaligen Bankhauses von
Hans Kroch, dem repräsentativen Krochhochhaus am Augustusplatz. Seit der feierlichen Eröffnung präsentiert sich dort auf den zwei unteren Etagen des ersten Leipziger Hochhauses eine deutschlandweit einmalige Schau- und Lehrsammlung aus rund 7.000 altägyptischen Exponaten in überzeugender Konzeption. Eine besondere Anforderung an das Konzept der Exposition bestand in der Gestaltung der unter Denkmalschutz stehenden Räume im ersten Obergeschoss des Gebäudes und in der großen Ausstellungshalle. Auf über 500 Quadratmetern wurde ausreichend Platz geboten, um nahezu den gesamten Bestand zu präsentieren. Die ehemalige Schalterhalle des Bankhauses Kroch – die heutige Ausstellungshalle – beherbergt altägyptische Plastiken und Skulpturen sowie an den Wänden umlaufend die wichtigsten Reliefs. Zu sehen sind Exponate vom Alten Reich um 2540 v. Chr. bis in die Spätantike. Besonders eindrucksvoll ist das aus zehn Dienerfiguren sowie zwei Darstellungen des Grabherrn bestehende Skulpturenensemble „Djascha“. Neben weiteren Einzel- und Gruppenstatuen aus der 5. Dynastie bildet dieses nahezu vollständige Grabzusammenhänge ab. 

Das benachbarte „Direktorenzimmer“ beherbergt einen einmaligen Fundkomplex in Form des gesamten Grabensembles eines Priesters aus dem frühen Mittleren Reich um 1970 v. Chr. Dieses besteht aus zwei ineinander geschachtelten Särgen und einem kompletten Beigabensortiment. In den beiden Seitenkabinetten auf der Geschossebene 1 sind Funde aus der prä- und frühdynastischen Periode des Alten Ägypten ausgestellt. Gegenüber befindet sich eine Übersicht über die Schriftentwicklung im Vorderen Orient. Das im Jahr 1842 aufgekaufte und somit erste altägyptische Sammlungsstück des Museums ist der Zedernholzsarg des Hed-bast-iru. Im angrenzenden ehemaligen, holzgetäfelten Besprechungsraum des Bankhauses erfährt der Besucher mehr über die nubischen Funde des Museums. Zu den bedeutenden Exponaten des Raumes zählen zwei filigrane Bronze-Gefäßständer aus dem Neuen Reich, die weltweit ihresgleichen suchen. Im zweiten Obergeschoss befindet sich ein großes Modell des Pyramiden- und Totentempelkomplexes des Pharao Sahure aus der 5. Dynastie um 2496 bis 2483 v. Chr. Dieses wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der Berliner Firma Gebrüder Stegemann geschaffen. Im benachbarten Schaumagazin wird eine Vielzahl archäologischen Grabungsmaterials mit themengebundenen Vitrinenabschnitten, etwa zur Keramikentwicklung im Alten Ägypten sowie Totenfigurinen und Göttern, gezeigt. Den Abschluss der Gesamtkonzeption bildet ein Raum zum Totenkult der Alten Ägypter. Dieser beherbergt u.a. einige in ihrer Wicklung und Verzierung vollständig erhaltene Mumien und ein Sargensemble.

Stand 26.09.2023

Bildergalerie - Ägyptisches Museum – Georg Steindorff – der Universität Leipzig

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