Bildlexikon Leipzig

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Bamberger & Hertz / Königsbau

Goethestraße 1
Ortsteil: Zentrum

Der Königsbau am Augustusplatz wurde nach einem Entwurf der Architekten Arthur Johlige und Hermann Schmidt 1911 im neoklassizistischen Stil von der Königsbau AG errichtet. Er beherbergte seit seiner Fertigstellung bis 1938 das jüdische Kaufhaus „Bamberger & Hertz“ der Familie Bamberger. Dabei handelte es sich seinerzeit um ein führendendes Konfektionshaus für Herrenmode in Deutschland. Heute beherbergt der Königsbau Büro- und Geschäftsräumlichkeiten.

Vom renommierten Konfektionshaus in exponierter Lage


Der unmittelbar neben dem Krochhochhaus gegenüber dem Opernhaus gelegene Königsbau prägt als markantes Eckgebäude seit seiner Errichtung 1911 den Augustusplatz. Das Gebäude an der Grimmaischen Straße beherbergte einst das renommierte Konfektionshaus für Herrenmode „Bamberger & Hertz“, dessen Geschichte bis ins späte 19.Jahrhundert zurück reicht.

Der Beiname „Königsbau“ geht auf die Baufirma Königsbau AG zurück, die das von denArchitekten Arthur Johlige und Hermann Schmidt konzipierte Geschäftshaus im neoklassizistischen Stil 1911 realisierte. Der Grundstein für das erfolgreiche Wirken der Unternehmerfamilie Bamberger wurde durch Jacob Bamberger in Worms gelegt, wo er 1876 sein erstes Konfektionshaus gründete. Dessen Schwager Karl Hertz schied nach anfänglichem Mitwirken in der Firma wenig später wieder aus. Der Name „Bamberger & Hertz“ blieb allerdings bestehen und wurde bald zu einem Begriff in der Branche. Anfang des 20. Jahrhunderts expandierte das Unternehmen und eröffnete weitere Filialen in Frankfurt am Main, Köln, Stuttgart, München und Saarbrücken. Am 7. September 1911 entstand auch in Leipzig eine Zweigniederlassung der Frankfurter Hauptniederlassung, wo die Kaufleute Jacob Bamberger und seine beiden Söhne Ludwig und Fritz als Prokuristen tätig waren. 

Am 18. Oktober 1911 fand im neu errichteten Königsbau am Augustusplatz die feierliche Eröffnung des Spezialhauses für maßgeschneiderte Herren- und Knabenbekleidung durch die geschäftsführenden Brüder Heinrich, Ludwig und Fritz Bamberger statt. Der zur Eröffnung noch unfertige Neubau erhielt sein finales Aussehen nach nur sechs Monaten Bauzeit mit der Fertigstellung des Erweiterungsbaus im Oktober 1912. Das Geschäftsmotto „Verkauf nur gegen bar“ und zu „festen Preisen“ ohne Rabatt bewährte sich in Leipzig – wie zuvor auch in den anderen „Bamberger & Hertz“ Filialen. Trotz der gehobenen Preisklasse stellte sich rasch eine Stammkundschaft ein. Das Kaufhaus genoss einen ausgezeichneten Ruf und zählte zu den führenden Konfektionshäusern Deutschlands. Dank seiner exponierten Lage und den nicht vom Modehaus belegten und stets vermieteten Räumen überstand „Bamberger & Hertz“ die schwierigen Jahre des Ersten Weltkriegs und die Inflation verhältnismäßig unbeschadet unter der Leitung von Ludwig Bamberger und Gustav Bamberger.

Das tragische Schicksal der Familie Bamberger


Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 und den fortschreitenden Repressionen gegenüber den jüdischen Bürgern wurde zunächst deren Ausschaltung aus der Wirtschaft erklärtes Staatsziel. Amtlich ausgesprochene Lieferbeschränkungen und -verbotebeeinflussten nachhaltig das Ladengeschäft und die Umsätze sanken stetig. Immer mehr Kunden hatten Angst, in einem jüdischen Geschäft einzukaufen und dabei gesehen zu werden. Aufgrund des immer größer werdenden Drucks entschied sich die Familie Bamberger im Juli 1936 zur Auflösung des Unternehmens. Seit 1938 gab es Bestrebungen zur Enteignung des Traditionshauses. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde „Bamberger & Hertz“ in Brand gesetzt und die Brüder Bamberger beschuldigt, das Haus selbst angezündet zu haben, um die ansehnliche Versicherungssumme zu erhalten. Wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrug angeklagt wurden Ludwig und Gustav Bamberger inhaftiert, die Firma am 10. Dezember 1938 enteignet und das Familienunternehmen aufgelöst. Die Brüder starben später im Konzentrationslager. An das ehemalige Kaufhaus und das tragische Schicksal der Familie Bamberger erinnert heute eine an der Fassade des Gebäudes angebrachte Gedenktafel. 

Vom Familienunternehmen zum Geschäftshaus


Der Königsbau wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als eines der ersten Gebäude am Augustusplatz wieder aufgebaut und von 1998 bis 2000 grundlegend saniert. Der Komplex beherbergte einst auch das 1926 vom Konditormeister Ernst Fischer als Konzert- und Lesecafé eröffnete Café Corso. Es galt neben Fischers Kaffeehaus Fürst Reichskanzler, einem Lesecafé mit etwa 200 in- und ausländischen Zeitungen, als legendäre und traditionsreiche Leipziger Institution und befindet sich heute in der Brüderstraße. 1949 zog im Erdgeschoss die Firma Blumen Hanisch ein. Zu DDR-Zeiten war das BaukombinatLeipzig, später Erste Baugesellschaft Leipzig, der Hauptnutzer. 1992 wurde das Gebäude den in Israel und den USA lebenden Kindern von Ludwig Bamberger zurückübertragen. Diese verkauften den Königsbau an den Bauunternehmer Jürgen Schneider, der das Hausbei der Deutschen Industriekreditbank (IKB) hoch belieh. Nach dem Schneider-Konkurs 1994 erwarb die IKB das Gebäude und veräußerte es später an das Versicherungsunternehmen Alte Leipziger.

Heute handelt es sich beim Königsbau um eine Büro- und Geschäftsgebäude mit diversenArztpraxen, einer Bank, einer Bäckerei mit Café und verschiedenen Dienstleistern. Hinter der neoklassizistischen Sandsteinfassade mit ionischen Säulen in den Obergeschossenbefinden sich fünf Stockwerke und ein glasüberdachter Innenhof. Das Dach ist mit vier rundbogigen Zwerchgiebeln gestaltet.

Bildergalerie - Bamberger & Hertz / Königsbau

Historisches Bildmaterial - Bamberger & Hertz / Königsbau

Bachtaler

Thomaskirchhof 11 und Nikolaistraße 3 (Café Kandler)
Ortsteil: Zentrum

Der original Leipziger Bachtaler wird nur von den Konditoren des Café Kandler hergestellt und ist in den Filialen am Thomaskirchhof 11 und in der Nikolaistraße 3 erhältlich. Kreiert wurde die süße Köstlichkeit im Jahr 1999 anlässlich des bevorstehenden Bachjahres „Bach 2000“. Während dieses Festjahres erinnerte Leipzig mit vielen Aktivitäten an den 250. Todestag von Johann Sebastian Bach.

Der Bachtaler repräsentiert beste sächsische Konditorkunst und besteht aus einer Kuvertüreschale, die mit einer Canachecreme – einer harmonischen Verbindung aus Sahne und Buttercreme – gefüllt wird. Ergänzt wird die Füllung durch einen Moccanougat. Als Referenz an die Kaffeesachsen und an Leipzig als Zentrum der Kaffeehauskultur, befindet sich in der Mitte des Bachtalers eine Kaffeebohne. Wenn man diese zerbeißt, verbreitet sich im Mund ein angenehmer Kaffeegeschmack. Deshalb passt es gut, wenn man die süße Spezialität zusammen mit einer Tasse Kaffee genießt. Alle Zutaten des Bachtalers werden von einem Haselnussmürbeteig bedeckt. 

Der Bachtaler wird vom Café Kandler als Einzelexemplar oder in einer größeren Stückzahl in verschiedenen Geschenkverpackungen verkauft. Auf der Vorderseite befindet sich das berühmte Bach-Porträt, das Elias Gottlob Haussmann in zwei Fassungen 1746 und 1748 als Ölgemälde malte. Das Porträt von 1746 wird im Stadtgeschichtlichen Museum Leipziggezeigt. Das Bach-Porträt von 1748 gelangte 2014 aus Privatbesitz ins Bach-Museum Leipzig und wird dort in der „Schatzkammer“ ausgestellt.

Bildergalerie - Bachtaler

Bach-Museum Leipzig

Thomaskirchhof 15-16
Ortsteil: Zentrum

Das Bach-Museum befindet sich seit seiner Gründung 1985 im Bosehaus am Thomaskirchhof. Die multimediale und interaktive Dauerausstellung widmet sich dem Leben und Wirken Johann Sebastian Bachs und seiner Familie und rückt seine Bedeutung für die Musikstadt Leipzig in den Fokus.

Authentische Atmosphäre im Bosehaus


Der Name Johann Sebastian Bach prägt maßgeblich die kulturelle Identität der Musikstadt Leipzig. Neben der Thomaskirche, in der Bach von 1723 bis 1750 als Thomaskantor wirkte, war die benachbarte Thomasschule seine Wohn- und Wirkungsstätte. Hier wohnte er bis zu seinem Tod mit seiner Familie, unterrichtete Schüler und komponierte zahlreiche seiner Stücke. Auch das der Thomasschule gegenübergelegene Bosehaus galt als eine wichtige Wirkungsstätte des Thomaskantors. Die Familien Bach und Bose pflegten ein freundschaftliches Nachbarschaftsverhältnis und Bach selbst musizierte des Öfteren in dem Haus.

1985 öffnete das Bach-Museum im ehemaligen Wohnhaus des Kaufmanns Georg Heinrich Bose seine Pforten. Der Ort wurde sorgfältig gewählt. So war es Werner Neumann, Musikwissenschaftler und langjähriger Direktor des Bach-Archivs, welcher in den 1970er Jahren erstmals die Verbindung zwischen den Familien Bach und Bose nachgewiesen hatte. Die Beherberbung des 1950 gegründeten Bach-Archivs und des neu gegründeten Bach-Museums im Bosehaus war deshalb nur konsequent, da die Thomasschule als originale Wohnstätte des Thomaskantors nach ihrem Abriss 1902 nicht mehr zur Verfügung stand. Damit wurde das Haus zum anschaulichen Zeugen der unmittelbaren Lebenswelt des großen deutschen Komponisten und Musikers von Weltrang.

Bachs Antlitz begrüßt die Besucher


Die erste Ausstellung im Museum beherbergte vier Räume im 1. Obergeschoss des Vorderhauses sowie zwei für Sonderausstellungen vorgesehene kleinere Kabinette. Anlässlich Bachs 250. Todestags im Jahr 2000 wurde die Ausstellung erstmals neugestaltetund um ein Hörkabinett sowie einen Medienraum erweitert. Zwischen 2008 und 2010 wurde das Museum erneut erweitert, neu gestaltet und zu Bachs 325. Geburtstag, am 21. März 2010, feierlich eröffnet. Es wurde ein eingeschossiger Anbau mit einem Raum für Sonderausstellungen und einer Schatzkammer ergänzt, welcher sich gemeinsam mit dem neu eingerichteten Lustgarten an den historischen Südflügel ansiedelt. Seit der Gründung des Museums wurden in den Raumlichkeiten bislang rund 100 Sonderausstellungen gezeigt.

Im Foyer des Museums bietet sich den Besuchern der Anblick einer Marmorbüste Bachs im Alter von 60 Jahren. Diese 1897 von Carl Seffner geschaffene Büste entstand in Verbindung mit dem Denkmalprojekt für den Thomaskantor, welches Ende des 19. Jahrhunderts in Leipzigs initiiert wurde. Neben dem Alten Bach-Denkmal von 1843 in den Parkanlagen des Dittrichrings sollte ein zweites Denkmal entstehen. Nach der Wiederentdeckung des Bach-Grabs auf dem Alten Johannisfriedhof und der Identifizierung von Bachs Gebeinen, an der Seffner maßgeblich geteiligt war, wurden entsprechende Abgüsse des Schädels modelliert und mit den bestehenden Bach-Porträts abgeglichen. Nach diesem Vorbild entstanden 1908 das von Carl Seffner geschaffene Neue Bach-Denkmal auf dem Thomaskirchhof sowie mehrere Büsten, darunter jene im Bach-Museum aus Marmor.

Ein Rundgang durch die Dauerausstellung


Auf einer Fläche von rund 450 Quadratmetern bietet die multimediale und interaktive Ausstellung in zwölf thematisch unterteilten Räumen eindrucksvolle Einblicke in das Leben und Wirken Bachs und seiner Familie. Die Schatzkammer im Erdgeschoss beherbergt die wertvollsten Museumsbestände. An der Stirnseite des Raumes befindet sich das wohl herausragendste Ausstellungsstück des Bach-Museums: eines von lediglich zwei authentischen Porträts Johann Sebastian Bachs. Dieses wurde 1748 vom Maler Elias Gottlob Haußmann geschaffen und dem Museum 2015 vom amerikanischen Musikwissenschaftler William Scheide vererbt. In der Vitrine im Zentrum des Raumes sind originale Schriften aus der Feder Bachs ausgestellt. Seine Notenhandschriften und Drucke müssen aufgrund ihrer Fragilität mehrmals jährlich ausgetauscht werden.

Unter den Musikerfamilien des Barocks prägte wohl keine das musikalische Leben Mitteldeutschlands so herausragend, wie die Familie Bach. Dies thematisiert ein klingender Stammbaum in der Dauerausstellung, welcher die Familienmitglieder sowie deren Kompositionen in den Fokus rückt. Die Grundlage stellte Johann Sebastian Bach selbst zur Verfügung, als er in seinem „Urspung der musikalisch-Bachschen Familie“ Kurzbiografien der 53 männlichen Familienmitglieder, darunter Instrumentenbauer, Kantoren sowie Stadt- und Hofmusiker, vorstellte. Ein weiteres Ausstellungsstück ist eine massive Eisentruhe, welche als einziges bekanntes Möbelstück aus dem Besitz der Familie Bach stammt. Diese Tatsache wurde erst 2009 bekannt, als eine Besucherin auf dem Innendeckel der bis dahin im Dommuseum Meißen als Spendenbehälter genutzten Truhe das Monogramm Bachs entdeckte. Die Initialen „JSB“ sind einmal von links nach rechts und einmal spiegelverkehrt zu lesen und werden von einer fünfzackigen Krone komplettiert.

Von der antiken Johannis-Orgel über barocke Klänge im Sommersaal


Im Zentrum der Ausstellung steht eine Orgel, welche das wichtigste Instrument des Thomaskantors war. Seine Orgelstücke zählten zu den anspruchsvollsten, die jemals komponiert wurden, wobei nicht nur sein Orgelspiel selbst, sondern auch seineBegutachtung neu erbauter oder reparierter Orgeln hoch geschätzt wurde. Auf einem ausgestellten Orgelspieltisch ist die vom Orgelbaumeister Johann Scheibe für die ehemalige Johanniskirche erbaute Orgel zu sehen, die von Bach höchstpersönlich 1743 geprüft und für gut befunden worden war. Bei dem Spieltisch handelt es sich um das einzige erhaltene Relikt der Bach-Orgel in Leipzig. Es ist eine Dauerleihgabe des GRASSI Museums für Musikinstrumente der Universität Leipzig.

Zu Bachs wertvollsten Handschriftenbeständen, die im Museum ausgestellt sind, zählen 44 Stimmensätze der Choralkantaten von 1724 bis 1725. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt als Thomaskantor 1723 verschrieb sich Bach dem ehrgeizigen Projekt, für jeden Sonn- und Feiertag eine Kantate zu komponieren und diese aufzuführen. Nach Fertigstellung der Partituren ergänzten Kopisten oder Familienmitglieder die entsprechenden Stimmensätze für das Orchester und den Chor. Vor jeder wöchentlichen Aufführung in der Thomas- oder der Nikolaikirche korrigierte Bach die Abschriften und studierte die Kantaten ein.

Zum Bach-Museum gehört auch ein kleiner Museumsgarten, welcher dem luxuriösen Lustgarten der Familie Bose, dem Großbosischen Garten, zu Beginn des 18. Jahrhunderts nachempfunden ist. Dieser war mit einer Länge von 32 Metern und einer Breite von 18 Metern um einiges größer als der heutige Rosengarten. Hier ließ die Familie Bose Obstbäume, barocke Zierbeete und eine Sommerlaube anlegen, während sich in der Mitte des Gartens ein steinerner Springbrunnen befand. Es wird angenommen, dass sich die Familie Bach selbst des Öfteren bei einem ihrer vielen Besuche bei der Familie Bose in dem Garten aufgehalten haben soll. Ein weiterer Teil des Museums ist der Sommersaal, wo vermutlich Bach selbst musizierte. In seinem barocken Ambiente finden regelmäßig Kammerkonzerte der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts statt.

Bildergalerie - Bach-Museum Leipzig

Bach-Denkmal

Thomaskirchhof
Ortsteil: Zentrum

Das 1908 eingeweihte Bach-Denkmal zu Ehren des einstigen Thomaskantors Johann Sebastian Bach befindet sich vor dem Südportal auf dem Thomaskirchhof. Das Bronzestandbild wurde an der Stelle des ursprünglichen Leibniz-Denkmals vom Bildhauer Carl Seffner geschaffen und entwickelte sich zu einem Symbol der weltweiten Bachverehrung.

Der vergessene Bach und das Streben nach einem repräsentativen Denkmal


Einer der wichtigsten Wegbereiter und Begründer Leipzigs als Musikstadt von Weltrang ist der Komponist Johann Sebastian Bach. Er wirkte zwischen 1723 und 1750 als Musikdirektor und Kantor in den vier Hauptkirchen der Stadt, vor allem in der Thomaskirche. Dort leitete er den weltberühmten Thomanerchor. Während seiner 27-jährigen Amtszeit bildete Bach über 300 Thomaner aus. Die ersten Jahre in Leipzig waren die fruchtbarsten Jahre in Bachs Komponistenleben. Er komponierte im Jahr 1727 die weltberühmte Matthäus-Passion und schuf Sonntag für Sonntag neue Kantaten, deren Texte unter anderem Christian Friedrich Henrici unter dem Pseudonym Picander schrieb. Von Bachs Tod am 28. Juli 1750 nahm die Stadt damals kaum Notiz. Der einst berühmte Thomaskantor wurde auf dem Alten Johannisfriedhof ohne Grabstein beigesetzt und geriet schnell in Vergessenheit. Schließlich war es der berühmte Komponist und spätere Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy, der Bach neu entdeckte sowie seine Werke und sein Schaffen aufleben ließ. Mit der von ihm initiierten Aufführung der Matthäus-Passion in der Berliner Singakademie am 11. März 1829 löste er eine anhaltende Bach-Renaissance aus. Nach 100 Jahren war die Matthäus-Passion erstmals wieder erklungen.

Parallel zur Herausbildung einer systematischen Bachforschung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wurde der Person Johann Sebastian Bachs zunehmende Aufmerksamkeit zuteil. Anlässlich des 200. Geburtstages des Komponisten 1885 kam der Gedanke zur Errichtung eines zweiten Bach-Denkmals, zusätzlich zu dem von Felix Mendelssohn Bartholdy gestifteten Alten Bach-Denkmal in den Parkanlagen des Dittrichrings aus dem Jahr 1843, auf. Im Zuge der Umbauarbeiten in der Johanniskirche zwischen 1894 bis 1897wurde Bachs bis dahin nur annähernd lokalisierbares und in Vergessenheit geratenes Grab auf dem Alten Johannisfriedhof wiederentdeckt, überbaut und die Idee weiterverfolgt, ihn zu identifizieren. Zur Konkretisierung des Vorhabens trug maßgeblich die Identifizierung von Bachs Schädel durch den Anatom Wilhelm His und den Leipziger Bildhauer Carl Seffner bei. Das 1895 gegründete Denkmalkomitee plante zunächst ein Monument als Pendant rechts vom Altar der Johanniskirche zu Christian Fürchtegott Gellerts Epitaph linkerhandsowie den Bau der Bach-Gellert-Gruft unterhalb des Altarraums. Unter den Mitgliedern des 32-köpfigen Komitees, zu denen auch prominente Persönlichkeiten wie Johannes BrahmsHugo Licht und Joseph Joachim zählten – herrschte zunächst Einigkeit darüber, Carl Seffner mit dem Bau des Monuments zu beauftragen. Dieser plante, Bach vor der Orgel stehend darzustellen. Seffner zählte zu jener Zeit neben Max Klinger zu den bedeutendsten Bildhauern in Deutschland.

Geldnot und 12 Jahre Standortdebatte


Zur zweiten Sitzung des Denkmalkomitees 1896 präsentierte Seffner einen ersten Entwurf der Bronzestatue. Da bereits der Gruft-Einbau 6.000 Mark kosten sollte, überstiegen die von Seffner veranschlagten 30.000 Mark bei Weitem das Budget der bis dahin gesammelten 14.000 Mark, so dass der Plan zunächst verworfen wurde. Stattdessen dachte man aus Kostengründen über ein bescheideneres Monument in Form einer Büste als Analogie zu Gellerts Epitaph nach. Im Zuge der Sitzungen gelangte das Komitee schließlich zum Entschluss, dass eine Errichtung des Denkmals in den Gemäuern der Johanniskirche undurchführbar sei. Es wurde ein entsprechender Bau im Freien an der Südseite der Kirche bevorzugt. Die Standortfrage entwickelte sich zu einer regelrechten Debatte, welche schließlich 1900 durch eine Ablehnung des bei der Stadt für die Errichtung des Monuments an der Johanniskirche beantragten Zuschusses von 15.000 Mark besiegelt wurde. Grund für die Verweigerung des Zuschusses war dabei nicht Seffners Entwurf, sondern der vorgesehene Standort.

Durch die ohnehin notwendig gewordenen städtebaulichen Veränderungen im Bereich der Thomaskirche, wurde Bachs langjährige Wirkungsstätte für das Denkmalvorhaben und eine bewusste räumliche Trennung vom einstigen Begräbnisplatz und der Johanniskirche in Betracht gezogen. Den Vorschlag äußerte erstmals Gustav Wustmann, Archivar und Mitglied des Denkmalkomitees. Unter Berücksichtigung des neuen Standorts gestaltete Carl Seffner 1900 seinen ursprünglich für den Alten Johannisfriedhof vorgesehenen Entwurf um. Nachdem zunächst ein Platz an der Nordwestecke der Thomaskirche in Richtung der Gottschedstraße anvisiert wurde, fiel 1906 – nach 12 Jahren Standortdebatte – die finale Entscheidung schließlich zugunsten des Südportals vor der Thomaskirche. Das neue Bach-Denkmal sollte anstelle des dort seit 1883 befindlichen Leibniz-Denkmals errichtet werden. Durch bauliche Verzögerungen wurde der 50.000 Mark teure Bronzeguss, an dem sich die Stadt mit 25.000 Mark beteiligte, nicht wie ursprünglich geplant im November 1907, sondern am Kantate-Sonntag am 17. Mai 1908 eingeweiht. Der gewählte Ort bot, gemeinsam mit der sich dahinter erhebenden Thomaskirche als authentischer Bach-Wirkungsstätte, einen historisch abgesicherten Rahmen für die Errichtung des Denkmals durch Carl Seffner.

Der berühmte Thomaskantor mit Perücke und Staatsrock


Mit der bronzenen Bach-Statue – zugleich sein Hauptwerk – schuf Seffner für die Nachwelt ein authentisches Bild des berühmten Thomaskantors. Das vom Bildhauer dargestellteAbbild Bachs entspricht der aus der Schädelrekonstruktion zuvor entstandenen Porträtbüste von 1895. Eine entsprechende Fassung der Büste wurde 1998 im Hinterschiff der Nikolaikirche aufgestellt. Seffner zeigt Bach als vitalen Kantor und Komponisten vor einer Orgel stehend. Seine linke Hand löst sich, vermutlich während einer kirchenmusikalischen Aufführung, gerade vom Orgelmanual. Unterhalb der Orgelpfeifen sind zwei weibliche Gesichter abgebildet, wobei es sich der Überlieferung zufolge um die Bildnisse von Seffners Töchtern handelt. Auf dem Orgeltisch ist ein Teil eines mit floralem Schmuck gestalteten Prospekts dargestellt, der den symbolistisch-jugendstilistischen Stil der Epochewiderspiegelt. Entsprechend des Zeitgeistes tritt Bach mit Schnallenschuhen, offenem Staatsrock und Perücke auf. Mit einem Augenzwinkern deutet Seffner durch den nicht zugeknöpften Rock und die umgestülpten Westentasche auf Bachs nachlässigen Kleidungsstil an. Auf der Rückseite der Orgel wird mit der Inschrift 1723 bis 1750 an Bachs Zeit als Thomaskantor erinnert. Auf einem Flachrelief ist die 1902 abgebrochene Thomasschule abgebildet, in der sich auch Bachs Wohnung befand.

Musikgenuss in idyllischer Atmosphäre

Auf dem Thomaskirchhof rund um das Bach-Denkmal kann man heute auf ganz besondere Weise Musik genießen. Ob bei den Konzerten am Bach-Denkmal im Juli und August, bei Veranstaltungen, die im Rahmen des Bachfestes Leipzig stattfinden oder bei individuellen Auftritten von Musikern – die idyllische Atmosphäre lädt zum Verweilen ein. Nicht umsonst wird der ruhige Thomaskirchhof mit seiner historischen Bebauung und den vielen Freisitzen vor den Cafés und Restaurants als schönster Platz in Leipzig bezeichnet. Wer sich näher mit dem Wirken von Johann Sebastian Bach beschäftigen möchte, der sollte das Bach-Museum im 1711 erbauten Bosehaus besuchen. Es befindet sich schräg gegenüber dem Bach-Denkmal. Bach verkehrte oft im Bosehaus, da er mit der Familie des Kaufmanns Georg Heinrich Bose gut befreundet war und beide Familien gern zusammen musizierten.

Bildergalerie - Bach-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Bach-Denkmal

Aussichtsturm Bistumshöhe

Zwenkau
Uferrundweg am Cospudener See

Am südwestlichen Ufer des Cospudener Sees befindet sich mit einer Höhe von 35 Metern der Aussichtsturm Bistumshöhe. Er wurde vom 18. April bis 2. August 2000 erbaut und bietet Ausflüglern ganzjährig einen beeindruckenden 360 Grad Blick über das Leipziger Neuseenland

Vom Industrie-Schornstein zum Panorama-Blick aus 35 Metern Höhe 


Am Südwestufer des Cospudener Sees südlich von Leipzig befindet sich die 131,2 Meter hohe landschaftliche Erhebung „Bistumshöhe“. Die Bezeichnung geht auf die einstige Zugehörigkeit zum Bistum Merseburg zurück. An der Stelle des heutigen Turms soll sich bereits früher ein Aussichtspunkt mit Bank und Tisch befunden haben, von welchem aus man eine gute Sicht auf den Tagebau Zwenkau hatte. Im Rahmen der EXPO 2000 und der Eröffnung des Cospudener Sees, welcher als erster See im Leipziger Neuseenland durch die Flutung eines ehemaligen Tagebaurestlochs entstand, wurde auch der 35 Meter hohe Aussichtsturm auf der Bistumshöhe errichtet. Der Turm ist bereits von Weitem sichtbar und entwickelte sich zu einem Besuchermagnet, einem Wahrzeichen und einer Landmarke im Leipziger Neuseeland.

Der Entwurf für das Bauwerk stammt vom Stuttgarter Architekt Werner Sobek. Der durch die sogenannte Schlotbauweise entstandene Turm wurde aus Stahl und sibirischer Lärche gefertigt: 40 Meter lange Leimbinder aus Holz bilden einen konischen Schlot, welcher mit seiner Form an die früheren Industrie-Schornsteine der Tagebauwerke erinnern soll, die jahrzehntelang die Landschaft im Südraum Leipzigs prägten. Im nach allen Seiten offenen Turm führt die von einer durchbrochenen Holzkonstruktion umgebene Stahlwendeltreppe auf die beiden Aussichtsplateaus auf 12 bzw. 35 Metern hinauf. Trotz des anfänglich in Verzug geratenen Zeitplans für den Bau aufgrund des verspätet eintreffenden Dampfers mit der sibirischen Lärche im Rostocker Hafen konnte die Bistumshöhe nach nur vier Monaten Bauzeit am 3. August 2000 feierlich eingeweiht werden. Im Innern des 35 Meter hohen Turms führen insgesamt 180 Stufen hinauf zur Aussichtsplattform, wo die Besucher mit einem spektakulären Rundblick belohnt werden. Im Nordosten schaut man über den Cospudener See mit der Hafenanlage des Pier1, weiter nördlich erkennt man bei klarer Sicht die Silhouette Leipzigs mit dem City-Hochhaus, dem The Westin Leipzig und dem Völkerschlachtdenkmal. In entgegengesetzter Richtung im Süden sieht man den rund einen Kilometer entfernten Freizeitpark BELANTIS – Das AbenteuerReich mit dem dahinterliegenden Zwenkauer See und der aufgeforsteten Neuen Harth. Bei klarer Sicht kann man sogar gut 50 Kilometer weit schauen. Der Aussichtsturm ist ganzjährig und kostenfrei zugänglich und wird saisonal bewirtschaftet.

Kulinarische Spezialitäten und Veranstaltungen zwischen Bisonweide und Seeufer


Am Fuße des Aussichtsturms befindet sich der Imbiss „Shambala-Bistumshöhe“. Hier werden den Gästen ganzjährig im Crêperie-Wagen süße oder herzhafte Crêpes und andere frisch zubereitete kulinarische Leckerbissen angeboten. Eine große Auswahl an heißen und kalten Getränken rundet das Angebot ab. Bei schönem Wetter, an Wochenenden und an Feiertagen werden den Gästen Grillspezialitäten, darunter Bisonbratwürste als Spezialität des Hauses, serviert. Einige Tipis und überdachte Sitzmöglichkeiten bieten einen Moment der Ruhe – lediglich das Kreischen aus der Achterbahn im benachbarten Vergnügungspark und das unterschwellige Rauschen der A 38 erinnern an die nahegelegene Großstadt. Mehrmals im Jahr finden hier außerdem verschiedene Veranstaltungen, darunter Live-Konzerte, Vorträge und Yoga-Workshops, statt.

Unterhalb der Bistumshöhe befinden sich zu beiden Seiten des Uferrundwegs offene Weidetiergehege mit einer Bisonherde und Sikawild. Diese dienen zur Erhaltung des gewünschten Offenlandcharakters des Gebiets und zur Freihaltung des Geländes von Bewuchs. Am Gehege befindet sich der 2008 vom Leipziger Bildhauer Reinhard Rösler geschaffene Bisonstein in Form eines 14 Tonnen schweren Findlings in Gestalt eines Bisons. Unweit der Bistumshöhe am Westufer des Cospudener Sees am Mückenhainer Weg liegt außerdem der 2008 im Rahmen der 7-Seen-Wanderung eingeweihte Drei-Städte-Stein. Dabei handelt es sich um einen vom Bergbauunternehmen Mibrag zur Verfügung gestellten Findling, welcher die Stelle markiert, an der die Städtegrenzen von Leipzig, Zwenkau und Markkleeberg aufeinandertreffen. Auf jeder Seite des Findlings ist das jeweilige Stadtwappen abgebildet.

Am Seeufer unterhalb der Bistumshöhe befindet sich außerdem die Schiffsanlegestelle der MS Cospuden, mit welcher man in der Saison bis zu drei Mal pro Tag zum Pier1 und zum Nordstrand befördert wird.

Bildergalerie - Aussichtsturm Bistumshöhe

Alte Nikolaischule

Nikolaikirchhof 2
Ortsteil: Zentrum

Die Alte Nikolaikirche wurde 1512 unter dem Namen „Schola Nikolaitana“ als erste Bürgerschule Leipzigs eröffnet und gilt als bedeutendes Kulturdenkmal. Sie beherbergt heute neben dem gleichnamigen Gasthaus eine dem berühmten Nikolaitaner Richard Wagner gewidmete Dauerausstellung, das Antikenmuseum der Universität Leipzig sowie eine Veranstaltungsetage mit der historischen Richard-Wagner-Aula.

Die erste Bürgerschule der Stadt entsteht


Die Geschichte der Alten Nikolaischule reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit entwickelte sich Leipzig als Schnittpunkt der West-Ost-Handelsverbindung und mit drei Messen im Jahr zu einem der wichtigsten Warenumschlagplätze Europas. Gleichzeitig stieg auch der Bildungsanspruch in der Stadt. Das Leipziger Patriziat forderte deshalb den Bau einer Schule ähnlich der Thomasschule, jedoch ohne das zeitaufwendige Singen in Gottesdiensten. Angestrebt wurde eine Lateinschule, welche ihre Schüler nicht auf die Handelstätigkeit, sondern auf ein Studium vorbereiten sollte. Ziel war es, eine eigeneBildungs- und Verwaltungsschicht aufzubauen. 1395 genehmigte Papst Bonifatius IX. der Stadt die Errichtung einer eigenen Schule innerhalb der Kirchgemeindegrenzen von St. Nikolai. Die Realisierung der Pläne stieß allerdings auf heftigen Widerstand seitens der Augustiner-Chorherren des Thomasstiftes, welche das Bildungsmonopol der 1212 gegründeten Thomasschule bewahren wollten. Das päpstliche Privileg von 1395 konnte schließlich erst mehr als hundert Jahre später im Jahr 1510 nach zahlreichen Ratsbeschlüssen zur Errichtung der Stadtschule verwirklicht werden. Der Thomasstift überließ dem Rat widerwillig das baufällige Gebäude der Küsterei auf dem Nikolaikirchhof. Dieses wurde unmittelbar abgebrochen, lediglich der Keller mit dem Tonnengewölbe blieb bestehen. Darauf entstand ein zweistöckiger, unmittelbar an seine Nachbarhäuser anschließender Neubau in Traufstellung zum Kirchhof und zur Nikolaikirche. Das Gebäude wurde im Herbst 1512 einschließlich der Ausstattung seiner Schulstuben fertiggestellt. Die„Schola Nikolaitana“ nahm als erste Bürgerschule der Stadt unter ihrem Schulmeister, dem Magister Johannes Rumpfer, ihren Betrieb auf. Der Unterricht erfolgte in vier Klassenstufen. Zu den Fächern zählten Latein, Singen und Schreiben. Im Gegensatz zur Thomasschule musste für den Besuch der Nikolaischule ein Schulgeld entrichtet werden.

Unter den engagierten und humanistischen Rektoren Johannes Musler und Dr. Wolfgang Meurer erlebte die Nikolaischule ihre erste Blütezeit und die Zahl der Schüler stieg deutlich an. Die unteren der nunmehr sechszügigen Klassen entsprachen einer Grundschule, während die oberen auf das universitäre Studium vorbereitet wurden. Das Bildungsideal zu dieser Zeit sah eine „geistig freie, selbstständig denkende Persönlichkeit“ vor, weshalb das breit gefächerte Unterrichtsprogramm auch Fächer wie Griechisch, Rhetorik und die Aufführung klassischer Tragödien beinhaltete. Im Jahr 1547 wurden die nunmehr 150Schüler von fünf Lehrern unterrichtet.

Die Schola Nikolaitana und ihre berühmten Schüler


Auf die erste Aufbauetappe des Leipziger Bildungswesens folgte eine durch die Einführung der Reformation und die daraus resultierende Umgestaltung der Schule hervorgerufene Stagnation. Die Belastungen durch den Schmalkaldischen Krieg und ein verheerender Brand des Schulgebäudes 1551 schienen den Untergang der Nikolaischule zu besiegeln. Schließlich entstand 1553 ein steinerner Neubau, der von den Leipziger Baumeistern Jacob Griebe und Leonhard Oelfaß von 1596 bis 1597 umgesetzt wurde. Die zwei beengten Schulhäuser wurden zu einem Baukörper vereinigt und in Form eines dreistöckigen Schulhauses der Renaissance zum Kirchhof ausgerichtet.

In der Geschichte der Schule ragten insbesondere vier Nikolaischüler besonders heraus: Gottfried Wilhelm Leibnitz, Universalgenie und bedeutender Philosoph, und Christian Thomasius, der später in der Epoche der Aufklärung berühmt gewordene Staats- und Rechtsgelehrte. Leibnitz war von 1658 bis 1661 Schüler an der Nikolaischule, Thomasius von 1665 bis 1770. Auch der namhafte Dichter und Schriftsteller Johann Gottfried Seumesowie der berühmte Komponist und Dirigent Richard Wagner besuchten 1779/80 bzw. 1828 bis 1830 die Nikolaischule. Daran erinnert noch heute eine Tafel an der Gebäudefassade. 

Mit der industriellen Revolution und dem damit einhergehenden wachsenden Bildungsanspruch kam es zu einem erneuten sprunghaften Anstieg der Schülerzahl. Das zu eng gewordene Schulgebäude wurde nach Plänen des Rektors Albert Forbiger 1826/27 erweitert. Dabei wurde das Eckhaus mit Giebelstellung zum Nikolaikirchhof einbezogen. Im neuen Westflügel wurde das Schulhaus in der zweiten Etage um eine Aula und einen Festsaal bereichert und erhielt insgesamt sieben Auditorien. Da die Schülerzahl inzwischen auf 372 angewachsen war, verlagerte man das Nikolaigymnasium 1872 in einen Neubau in der Königstraße, der heutigen Goldschmidtstraße. Dieser wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach dem Auszug des alten Gymnasiums wurde das Gebäude multikommunal genutzt. Die Universität Leipzig wurde 1953 neuer Rechtsträger und neben der Bau- und Handelshochschule Leipzig Nutzer der Alten Nikolaischule. Aufgrund seiner Baufälligkeit wurde das Gebäude 1976 durch die Bauaufsicht gesperrt. Aufgrund von fehlenden Mitteln zur Sanierung erfolgten zehn Jahre später der Abriss des Hofgebäudes und desTreppenhauses. Am 10. Oktober 1990 wurde die Alte Nikolaischule durch einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung an die Kulturstiftung Leipzig übertragen und zwischen 1991 und 1994 umfassend saniert. 

Gasthaus, Dauerausstellung und Konzerte in authentischem Ambiente 


Ihr heutiges Erscheinungsbild erhielt die Alte Nikolaischule im Zuge zahlreicher Umbautenum 1900. Aus dieser Zeit zeugt noch die von Hugo Licht zwischen 1900 und 1906 für die Königliche Garnisonswache erbaute dekorative dreibogige Arkade. Bei der Sanierung in den1990er Jahren setzten die Architekten bewusst auf einen Kontrast zwischen neu Gebautem und historischer Bausubstanz. Der schlicht gehaltene Putzbau mit den Tür- und Fenstergewänden aus Rochlitzer Porphyrtuff sowie dem Konsolgesims unterhalb der Traufe bewahrten sich bis heute ihr Erscheinungsbild aus dem späten 16. Jahrhundert. Auch die bemalte Holzdecke im Eingangsbereich sowie das sich über der Tür befindliche Stadtwappen stammen aus dieser Epoche. Im Gebäudeinneren führt eine moderne Treppe aus Glas und Stahl zu den Etagen. Im Untergeschoss beherbergt die Alte Nikolaischule dieim Mai 2013 anlässlich des 200. Geburtstages von Richard Wagner eröffnete Dauerausstellung „Der junge Richard Wagner 1813 bis 1834“. Diese widmet sich als erste Ausstellung überhaupt ausschließlich der Persönlichkeit des jungen Genies. Im Fokus stehen dabei sein Umfeld, seine Jugend, sein musikalischer Werdegang und sein Frühwerk. Im Erdgeschoss befindet sich das Gasthaus „Alte Nikolaischule“. Der zentrale Gastraum, heute der historische Leibnitzsaal, befindet sich im Auditorium aus dem 16. Jahrhundert. In dem restaurierten Saal kann man an den Wänden Fragmente der wiederentdeckten lateinischen Inschriften bewundern. Das 1. Obergeschoss beherbergt das Antikenmuseum der Universität Leipzig. Dabei handelt es sich um eine der ältesten und bedeutsamsten Sammlungen römischer und griechischer Altertümer an Universitäten in ganz Deutschland. Sie zeigt rund 10.000 originale Gegenstände. Im 2. Obergeschoss befindet sich die historische Richard-Wagner-Aula im Stil des Klassizismus. Dabei handelt es sich um den einzigen authentischen Ort in Leipzig, der unmittelbar mit dem Wirken Richard Wagners verknüpft ist. Zur Ausstattung gehört neben einem modernen Blüthner-Flügel ein historisches Broadwood-Klavier aus dem Jahr 1835. Mit ihren 100 Plätzen wird die Aula für Veranstaltungen unterschiedlicher Art, darunter Theaterprojekte, Lesungen und Konzerte, genutzt. Im Foyer vor der Aula finden wechselnde Ausstellungen statt. 

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Wintergartenhochhaus

Wintergartenstraße 2
Ortsteil: Zentrum

Hochhäuser prägen die Silhouette vieler deutscher Großstädte. Meistens handelt es sich dabei um Bürotürme, denen zugetraut wird, dass sie das Selbstverständnis der darin residierenden Banken oder Industriekonzerne prägnant, ja eindringlich herauskehren. Anders in Leipzig. Hier rangiert ein Wohnhochhaus in der Spitzengruppe der höchsten Bauwerke. Über viele Jahre hinweg ließ es sich der Höhe nach von keinem anderen deutschen Wohnturm übertreffen – das Wintergartenhochhaus.  

Dominante des Aufbauwerks


Ende der 1960er war das Aufbauwerk in Leipzig nach den Zerstörungen der alten Stadt im Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen geschafft. Großzügiger als im Sinne bloßer Stadtreparatur sollte nunmehr geplant und gebaut werden. „Dominanten“ fanden Eingang in den Sprachgebrauch der Baumeister und der an Architektur und Städtebau interessierten breiten Öffentlichkeit. Die Messestadt Leipzig sollte in die Höhe wachsen und an fünf Stellen den Siegeszug einer sich überlegen dünkenden „neuen Gesellschaftsordnung“ gestalterisch in Beton gießen. Die „neuen sozialistischen Stadtzentren“ wurden kräftig propagiert – und im Mai 1968 steckte in der Leipziger Volkszeitung die erste vierfarbige Beilage dieses Blattes mit zahlreichen Planzeichnungen und Modellen, wie schön alles werden sollte. Fünf Hochhäuser – die Dominanten des Forschrittsversprechens und der Schlaglichtauftritte vor dem zwei Mal pro Jahr anreisenden internationalen Messepublikum – sollten eine weithin sichtbare Skyline formen (auch wenn solch ein Amerikanismus damals im Sprachgebrauch fehlte). Es ging neben dem Wohnhochhaus Wintergartenstraße um das Hochhaus der Karl-Marx-Universität (heute City-Hochhaus), ein Hotel am Friedrich-Engels-Platz (heute Goerdelerring, nicht realisiert), ein Hochhaus am Bayerischen Bahnhof als Entree zur Straße des 18. Oktober (nicht realisiert) und einen weiteren Wohnturm im Zentrum der Messemagistrale (nicht realisiert). Die schwindende Umsetzungsquote der hochfliegenden Pläne war der Diskrepanz zwischen Präsentationswunsch und Baukosten für die speziell, keineswegs am Fließband projektierten Hochhäuser geschuldet. Plattenbau ging schneller und war billiger.

Ein Hochhaustraum geht in Erfüllung


Doch an der Wintergartenstraße ging der Hochhaustraum in Erfüllung. Auf dem benachbarten Hauptbahnhof kamen die Messegäste mit den Sonderzügen und mit den Pendelbussen vom Flughafen an. Dort verflocht sich der Stadtverkehr mit dem hereinflutenden Autostrom. Es war die angemessene Stelle, um ein Achtungszeichen in der Symbolgestalt eines erhobenen Zeigefingers zu setzen.

Die geschwungene Einfädelung Promenadenring/Wintergartenstraße ist ein prominenter Ort. Deshalb war Stadtbaurat Hubert Ritter mit seiner legendären Vision einer Ringcity schon in den 1920er Jahren auf die Idee gekommen, an der Ostseite des Hauptbahnhofs ein Hochhaus zu platzieren. Der Krieg hinterließ dagegen an diesem Fleck den Torso des Hotels Stadt Rom. Es fiel 1969, um das Baufeld für das Hochhaus zu räumen, auch wenn die Bodenbeschaffenheit für einen Vielgeschosser an diesem Fixpunkt nicht ideal ist. Mit einer massiven Betonwanne ließen sich die Nachteile korrigieren.

Das Wohnhochhaus entstand zwischen 1970 und 1972. Im wahrhaft praktischen Mittelpunkt stand der erstmals für ein Bauwerk dieser Dimension angewandte Betongleitkern. Wie es damit vorangeht, stand jeden Morgen mit der Regelmäßigkeit des Wetterberichts oder des Fernsehprogramms in der Tageszeitung. Ein gedrucktes Bautagebuch gewissermaßen. Die Tatra-Transportbetonmischer rollten nach einem strengen Plan an. Fiel einer aus, sprang sofort ein vorgehaltenes Ersatzfahrzeug ein. Für die laufenden Messungen der Maßhaltigkeit des Gleitkerns kam erstmals hochmoderne Lasertechnologie zum Einsatz. Die Kontinuität und Zuverlässigkeit des Wachsens prägte alle Abläufe.

Attraktive Perspektiven jederzeit und allerorten


Architektonische Leitidee des Wohnhochhauses, entworfen von Horst Siegel, sind die 16 Außenecken des symmetrischen Grundrisses aller 26 Wohnetagen, die sich optisch durch abgeschrägte Balkonvorderseiten zum Eindruck eines achteckigen Baukörpers verdichten. Rote Sichtflächen an den Vorderseiten der Balkone und die vorgefertigte schneeweiße Außenhaut unterstrichen den herausgehobenen, immer besonders reinlich wirkenden Auftritt des Bauwerks in einem sich ändernden Stadtbild.

Und erst die Aussicht! Egal, auf welcher Seite jemand in der sozial wohlweislich durchmischten Hausgemeinschaft eine Wohnung bekam, für eine überzeugende Perspektive war gesorgt. Die Sonnenaufgänge im Osten der Stadt! Das Innenstadtpanorama im Süden! Das wuselige, großstädtische Umfeld des Hauptbahnhofs! Lob kam und kommt von allen Seiten. Das Wohnhochhaus Wintergartenstraße – wiewohl ein Solitär – stand trotzdem nicht allein. Unten nahm das zweietagige Restaurant Stadt Dresden die leicht geschwungene Linie des Georgirings auf, und nach Osten erstreckte sich der ebenfalls zweigeschossige, ausgreifende Bauriegel des „Einkaufszentrums am Hauptbahnhof“ mit dem Hortex-Markt, der jeden Morgen mit frischem Obst und Gemüse aus Polen direkt beliefert wurde.

In dieser Kombination glitt das Wintergartenhochhaus nahtlos in die deutsche Einheit. Eigentümer des Komplexes wurde im nunmehr marktwirtschaftlichen Gewand die städtische Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft LWB. Sie verkürzt den Namen ihres Juwels gern auf Wiga und hat sich ihm bewusst dadurch genähert, dass sie ihren neuen Unternehmenssitz zu Füßen des damals rund 40 Jahre alten Hochhauses errichtete. Um dieses Vorhaben auf dem kompliziert geformten Grundstück umsetzen zu können, mussten das Restaurant und das Einkaufszentrum abgerissen werden. Leer blieb die Fläche selbstverständlich nicht. Im Anschluss an die gründliche Sanierung des Hochhauses vor der FIFA Fußball-WM 2006 entstanden neben dem genannten LWB-Hauptquartier ein Hotel und schicke Wohnbauten, die es – gemessen an der sich bietenden Aussicht – natürlich nicht mit einer der oberen Etagen des Hochhauses aufnehmen können.

Ach ja, die Höhe. Fast 107 Meter sind es bis zur Oberkante des Doppel-M der Leipziger Messe, das sich von Beginn an in luftiger Höhe dreht. Auf fast 96 Meter Höhe schichten sich die Wohnetagen. Damit war das Wintergartenhochhaus bis zum Jahr 2020 in ganz Deutschland das höchste reine Wohngebäude. Dann stürmte der Grand Tower in Leipzigs Partnerstadt Frankfurt am Main mit seinen 180 Metern Höhe auf 47 Etagen an die Spitze. Sei’s drum: Für Wohnungen im Wiga führt die LWB eine Warteliste.

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Volkshain Stünz in Leipzig

Stünz-Mölkauer Weg / Theodor-Neubauer-Straße / Pflaumenallee / Borngasse
Ortsteil: Anger-Crottendorf

Der Volkshain Stünz, auch bekannt als „Stünzer Park“, ist eine rund 11 Hektar große Parkanlage im Osten Leipzigs. Sie wird im Osten und Norden vom Flusslauf der Östlichen Rietzschke begrenzt. Im Westen grenzt der Park an einen Bahndamm, im Süden an mehrere Kleingartenvereine. Das ehemalige Dorf Stünz, 1335 erstmals als „Schtynsch“ urkundlich erwähnt, wurde erst im Jahr 1910 nach Leipzig eingemeindet. 

Vom Dorf zum sportlich-spielerischen Erholungspark


Im Zuge der Industrialisierung und dem damit verbundenen raschen Bevölkerungswachstum in den 1880er Jahren sollten in den ursprünglich weniger grünen östlichen Stadtteilen Leipzigs mehr Grünanlagen zur Naherholung und sportlich-spielerischen Betätigung der Einwohner geschaffen werden. 1892 wurde in einem Bebauungsplan die Errichtung eines Parks im damals eigenständigen Vorort Stünz vorgesehen. Angesichts der erwarteten städtischen Expansion nahm sich der Leipziger Stadtrat zwei Jahre später dem Projekt an. Zu diesem Zeitpunkt war der heutige Ort des Parks noch nicht festgelegt. Der damalige Oberbürgermeister Otto Robert Georgi und Stadtgartendirektor Carl Otto Wittenberg wählten schließlich das Gelände des zu der Zeit noch unabhängigen Vororts Stünz aus und planten den Bau einer weitläufigen Anlage. Nach Fertigstellung der konkreten Baupläne und Kostenvoranschläge 1896 begannen ein Jahr später die Arbeiten. Im April 1898 wurde der Park fertig gestellt und im September des gleichen Jahres feierlich eröffnet. Durch den starken Andrang aus der Stadt wurde im Dezember 1898 ein Parkwächter mit Polizeigewalt im Park eingesetzt. Am 1. Januar 1910 wurde der Volkshain eingemeindet und gehörte fortan zu Leipzig. 

Volkshain Stünz damals und heute


Der letztlich umgesetzte Bebauungsplan des Parks sah ein weitläufig gegliedertes Gelände mit großzügig geschwungenen Wegen, einer geradlinig verlaufenden Hauptallee in Richtung Mölkau und locker angelegten Gehölzpflanzungen vor. Die nach dem Ideal den englischen Landschaftsparks angelegten, großflächigen Rasenspielplätze wurden von dichten Baumreihen, darunter zahlreiche Roteichen, begrenzt. Zwei kleinere Aussichtshügel und ein Teich im westlichen Teil des Parks mit unregelmäßigen Uferlinien sind heute Höhepunkte im Volkshain. 

Direkt neben dem 9500 m² großen Stüntzer Teich steht der Apelstein Nr. 43. Dieser wurde als einer von insgesamt 44 Steinen vom Leipziger Schriftsteller Theodor Apel zwischen 1861 und 1864 errichtet und erinnert an die Kämpfe der Völkerschlacht bei Leipzig 1813. An der Stelle des Apelsteins Nr. 43 machte während der Völkerschlacht eine ostpreußische Landwehrtruppe unter Major Carl Friccius vor dem Sturm auf Leipzig ihre letzte Rast. 

Die ursprünglichen Strukturen des Volkshains sind heute noch weitgehend erhalten. Lediglich die Spielplätze wichen in der Nachkriegszeit einfachen Rasenflächen. Im östlichen Parkteil befindet sich neben einem Kinderspielplatz zum Klettern eine Boule-Bahn. 

Exoten des Parks


Der Baum- und Pflanzenbestand im Volkshain Stünz stammt fast gänzlich aus der Gründerzeit des Parks. Auffallend sind dicht gepflanzte Gruppen von Rotbuchen, die im Herbst mit ihren golden-rötlich gefärbten Blättern das Parkbild prägen. Neben einheimischen Waldpflanzen, wie Gelben Windröschen, Bärlauch und Geflecktem Aronstab sind auch Exoten wie beispielsweise die Amerikanische Weißeiche im Park heimisch: Mit ihren unregelmäßig gelappten und im Herbst weinrot gefärbten Blättern ist sie eine seltene Besonderheit im Park. Auch der Sibirische Blaustern oder die Armenische Traubenhyazinthe wachsen im Park. 

Eine gemütliche Einkehrmöglichkeit am Park ist die Gaststätte Volkshain Stünz. Hier bekommt der Gast regionales Essen und Getränke serviert.

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Völkerschlachtdenkmal in Leipzig

Straße des 18. Oktober 100
Ortsteil: Probstheida

Das 91 Meter hohe und 300.000 Tonnen schwere Völkerschlachtdenkmal gilt als monumentalster Denkmalbau Europas. Das Mahnmal erinnert an die Völkerschlacht bei Leipzig, die im Oktober 1813 wütete und mit mehr als 100.000 Todesopfern die bis dahin größte Schlacht der Geschichte war. Das Denkmal wurde am 18. Oktober 1913 anlässlich des 100. Jahrestags der Völkerschlacht als Nationaldenkmal eingeweiht. 

Napoleons Niederlage in Leipzig

Ausgangspunkt des Denkmalbaus war die Völkerschlacht bei Leipzig, welche vom 16. bis 19. Oktober in der Stadt tobte. Im Rahmen der Befreiungskriege führte die Völkerschlacht zur bitteren Niederlage von Napoleon Bonaparte gegen die zahlenmäßig weit überlegene Armee der vereinigten Truppen Österreichs, Preußens, Russlands und Schwedens. Am 19. Oktober zog sich Napoleon mit seinen Truppen geschlagen zurück. Der entscheidende Sieg über das französische Heer besiegelte zugleich auch das Ende der französischen Vorherrschaft in Europa und führte zu einer Neuordnung des Kontinents. Mit rund 600.000 Soldaten aus mehr als 20 Völkern und 100.000 Todesopfern galt die Völkerschlacht bis zum Ersten Weltkrieg als größte Feldschlacht der Weltgeschichte. Wegen mangelnder ärztlicher Versorgung starben in den Folgetagen der Schlacht viele Verwundete. In Leipzig brach eine verheerende Typhus-Epidemie aus, welche viele weitere Todesopfer forderte.

Der Weg zum größten Monumentalbau Europas

Bereits ein Jahr nach der Völkerschlacht entstand die Idee eines Nationaldenkmals, welches die Gefallenen der Schlacht ehren sollte. Erste Pläne stammten vom Dichter Ernst Moritz Arndt, welcher selbst Teilnehmer der Schlacht war. Da Sachsen während der Völkerschlacht auf französischer Seite kämpfte und in Folge der Niederlage große territoriale Einbußen hinnehmen musste, war der Wille zur Errichtung eines solchen Denkmals in der Stadt zunächst eher gering. Auch die vom damaligen Bürgermeister Otto Koch initiierte feierliche Grundsteinlegung anlässlich des 50. Jahrestags 1863 führte nicht zum angestrebten Denkmalsbau. Schließlich gelang es dem Leipziger Architekt Clemens Thieme, große Teile der Bevölkerung Deutschlands für die Idee zu begeistern. Mit der Gründung des „Deutschen Patriotenbunds zur Errichtung des Völkerschlachtdenkmals bei Leipzig“ 1894 konnten zahlreiche Spendengelder für den Monumentalbau gesammelt werden. Anschließend wurde ein Ideenwettbewerb für entsprechende Entwürfe ausgeschrieben. Hier entschied der Berliner Architekt Bruno Schmitz den Auftrag für sich. Dieser hatte zuvor bereits das Kyffhäuserdenkmal, das Deutsche Eck von Koblenz und das Kaiserdenkmal an der Porta Westfalica gestaltet. Unter entscheidender Einflussnahme von Clemens Thieme an Schmitz‘ Entwürfen wurde schließlich am 18. Oktober 1898 symbolisch der erste Spatenstich gesetzt und zwei Jahre später der Grundstein gelegt. Als Ort für das Völkerschlachtdenkmal wurde ein freies Feld in Probstheida ausgewählt, da an dieser Stelle die entscheidenden Kämpfe der Schlacht stattfanden. Anlässlich des 100. Jahrestags wurde das Völkerschlachtdenkmal nach 15 Jahren Bauzeit unter dem Bauherrn Otto Rudolph am 18. Oktober 1913 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und dem Sachsenkönig Friedrich August III. feierlich eingeweiht. Einen Beitrag zur Finanzierung des Völkerschlachtdenkmals leistete ein Teil des Erbes von Franz Dominic Grassi. Der Bau des 300.000 Tonnen schweren Monuments kostete umgerechnet rund 30 Millionen Euro.

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs im April 1954 wurde das Völkerschlachtdenkmal Zufluchtsort für rund 200 Soldaten, die sich unter dem Kommando von Oberst Hans von Poncet vor den angreifenden amerikanischen Truppen im Sockel des Monuments verschanzten. Durch Artillerietreffer wurde das Denkmal beschädigt und die verbliebenen Soldaten mussten sich der Überlegenheit ihrer Opponenten schließlich ergeben.

Erzengel, Totenwächter und Soldaten in historischer Atmosphäre

Heute erhebt sich der gewaltige Monumentalbau des Völkerschlachtdenkmals, von den Leipzigern auch „Völki“ genannt, vor dem „See der Tränen“. Dieses 162 Meter lange und bis zu 79 Meter breite Wasserbecken soll die für die Gefallenen vergossenen Tränen symbolisieren. Das Becken wurde bewusst so angelegt, dass sich das Völkerschlachtdenkmal darin in kompletter Größe spiegelt. Das aus Beton und Granitporphyr errichtete 91 Meter hohe Denkmal wurde mit gigantischen behauenen Blöcken gebaut. Das Monument ruht auf 65 Gründungspfeilern aus Stampfbeton, welche die quadratische Fundamentplatte tragen. Darauf baut sich der dreigeteilte Kuppelbau des Denkmals auf. An der Stirnseite des Unterbaus, von welchem die beiden Treppenanlagen links und rechts ausgehen, ist in einem großen Steinrelief das damalige Schlachtfeld symbolisch abgebildet. Auf der Terrasse vor dem Eingang wacht die gigantische zwölf Meter hohe Statue des Erzengels Michael als Schutzpatron der Deutschen. Seitlich flankiert wird er von Flammenschwertern, darüber erhebt sich ein Siegesadler mit der Inschrift „Gott mit uns“. Die plastischen Arbeiten wurden vom Breslauer Bildhauer Christian Behrens begonnen und nach dessen Tod von Franz Metzner vollendet. Außen rings um die Kuppel stehen zwölf gigantische Ritterfiguren, die sich auf ihre Schwerter stützen und Totenwache halten.

500 Stufen führen vom Eingang bis zur oberen Aussichtsplattform. Über eine antike Doppeltreppenanlage, die das Bildnis von Kaiser Barbarossa zeigt, gelangt man nach 136 Stufen zunächst in die Krypta, welche an die über 100.000 gefallenen Soldaten erinnert. Hier halten 16 Krieger aller am Kampf beteiligten Völker vor acht Pfeilern in Form von riesigen Schicksalsmasken Totenwache, die Köpfe in Trauer gesenkt. In der Krypta tritt mehrmals pro Jahr der Denkmalchor auf. In den Konzerten werden Stücke von der Renaissance bis hin zur zeitgenössischen Musik vorgetragen, welche den Besuchern ein besonderes Klangerlebnis in einzigartiger Atmosphäre bieten. In der über der Krypta liegenden Ruhmeshalle personifizieren vier zehn Meter hohe Kolossal-Figuren die Tugenden des deutschen Volkes, die 1813 zum Sieg geführt haben: Glaubensstärke, Tapferkeit, Volkskraft und Opferbereitschaft. In der darüberliegenden 68 Meter hohen Kuppel werden 324 fast lebensgroße Reiterfiguren dargestellt, welche die heimkehrenden Sieger aus der Schlacht verkörpern. Von der Krypta führen über eine Wendeltreppe 364 Stufen auf die obere Aussichtsplattform, welche den Besucher mit einem einmaligen Panoramablick über Leipzig für den kräftezehrenden Aufstieg entschädigt.

Forum 1813, Napoleonstein und Apelsteine

Am Fuß des Völkerschlachtdenkmals befindet sich das Museum Forum 1813 aus dem Jahr 1998. Dieses gehört gemeinsam mit dem Völkerschlachtdenkmal zum Ring der dezentralen Themenmuseen des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig. Im „Forum 1813“ werden dem Besucher in zwölf Ausstellungskapiteln die Geschichte der Befreiungskriege und der Völkerschlacht zwischen 1789 und 1813 nähergebracht. 

An die Völkerschlacht erinnern u.a. auch der Napoleonstein, die Russische Gedächtniskirche St. Alexej und die Apelsteine. Die vom Schriftsteller Theodor Apel zwischen 1861 und 1864 errichteten 44 Gedenksteine markieren wichtige Orte der Kämpfe von 1813. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens im Jahr 2013 wurde das Völkerschlachtdenkmal saniert und die im Zweiten Weltkrieg zerstörte und einst von August Unger konzipierte Verglasung der vier Themenfenster in der Ruhmeshalle rekonstruiert. Jedes Jahr pilgern über 200.000 Besucher zum Schauplatz europäischer Geschichte. Mit einem Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wird jährlich im Oktober mit Biwaks am Torhaus Dölitz und am Torhaus Markkleeberg sowie einer historischen Gefechtsdarstellung an die viertägige Schlacht und deren Auswirkungen erinnert.

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Südfriedhof in Leipzig

Friedhofsweg 3
Ortsteil: Probstheida

Der Südfriedhof ist mit einer Fläche von 78 Hektar die größte Friedhofsanlage in Leipzig und gilt als einer der größten und schönsten Parkfriedhöfe Deutschlands. Er befindet sich im Leipziger Süden nur wenige Meter vom Völkerschlachtdenkmal entfernt. Innerhalb seiner großzügig angelegten Grünflächen mit Parkatmosphäre beheimatet er zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Seit der Eröffnung fanden hier über 600.000 Leipziger ihre letzte Ruhe, darunter viele bedeutende Unternehmer, Wissenschaftler, Künstler sowie – bis auf eine Ausnahme – alle Oberbürgermeister. An der Gestaltung der zahlreichen historischen Grabmäler waren bedeutende Bildhauer wie Max Klinger, Adolf Lehnert, Carl Seffner, Walter Arnold und Josef Mágr beteiligt.

Vom Lindenblatt zum Parkfriedhof


Die Erschließungsarbeiten des Friedhofs begannen im Jahr 1885. Neben seiner Funktion als Begräbnisstätte sollte der Südfriedhof als ein Ort der Erholung dienen und entsprechend ausgebaut werden. Nach Plänen des Architekten Hugo Licht und Stadtgartendirektor Otto Wittenberg wurde die Anlage mit einer geschwungenen Wegführung in Form eines Lindenblattes konzipiert. Durch diese gestalterische Besonderheit sollte auf den slawischen Ursprungsnamen Leipzigs als „Der Ort, an dem die Linden stehen“ Bezug genommen werden. Mit der Eröffnung im Jahr 1886 hatten Licht und Wittenberg ein in dieser Form einmaliges Gesamtkunstwerk im Jugendstil geschaffen. Die zumeist auf Friedhöfen bedrückend und eintönig wirkenden Reihengräber wurden parkartig umpflanzt. Die erste Beisetzung fand am 1. Juni 1886 statt. Dabei handelte es sich um den Markthelfer Carl August Schmidt, dessen Grabstelle noch heute in der I. Abteilung des Südfriedhofs besichtigt werden kann.

Neuromanische Baukunst im Grünen 


In den Folgejahren nach seiner Eröffnung war der Südfriedhof als Begräbnisplatz zunächst unter den Leipzigern eher unbeliebt: Diese zogen es vor, sich auf dem Neuen Johannisfriedhof, dem heutigen Friedenspark, bestatten zu lassen. Als der von Wittenberg und Licht beabsichtigte Parkcharakter langsam erkennbar wurde, änderte sich dies und der Südfriedhof füllte sich zusehends. Zwischen 1905 und 1910 erfolgte der Bau des Gebäudekomplexes mit Krematorium im Zentrum des Südfriedhofes nach Entwürfen des Stadtbaurats Otto Wilhelm Scharenberg. Zusammen mit der großen Haupthalle und zwei kleineren Kapellen ist das imposante Gebäude mit dem charakteristischen 63 Meter hohen Glockenturm bereits von Weitem sichtbar. Die gesamte Anlage im neuromanischen Stil wurde der mittelalterlichen Benediktinerabtei Maria Laach nachempfunden. Noch vor der Bauabnahme des Krematoriums erfolgte am 4. Dezember 1909 die erste Einäscherung. Es handelte sich um den Fabrikanten Max Woelker, der als Mitglied im „Verein für Feuerbestattung“ als Erster kremiert wurde. Sein Grab befindet sich in der II. Abteilung des Südfriedhofs und blieb bis heute erhalten. Seitdem stieg der Anteil der Feuerbestattungen stetig an und beträgt heute über 90 Prozent. Das prägte auch die Gestaltung des Südfriedhofs, denn dadurch entstanden seit den 1960er Jahren zahlreiche Grabfelder für Urnenbeisetzungen. Aufgrund der geringen Grabgröße konnten einzelne Bereiche des Friedhofs großzügiger bepflanzt werden, was den Parkcharakter erhöhte. 

Ebenso wie die Hauptkapelle diente die in Kreuzform gehaltene östliche Kapelle überwiegend konfessionellen Trauerfeiern, während die als Sprecherhalle konzipierte westliche Kapelle für weltliche Feiern genutzt wurde. Auf der gesamten Kapellenanlage befinden sich neben den drei Trauerhallen Ost, West und der Großen Trauerhalle einige Abschiedsräume, der Urnenübergaberaum sowie das Kolumbarium und das Krematorium. Die Grundrisse aller Trauerhallen sind in ihrer Form einem griechischen Kreuz nachempfunden. Bis 1924 wurde der Südfriedhof von seinen ursprünglichen 54 Hektar auf 63 Hektar erweitert. Während des Zweiten Weltkriegs erfolgte der Ausbau auf die heutige Fläche von 78 Hektar. In der XXVIII. Abteilung wurden rund 3.500 Opfer der Bombenangriffe auf Leipzig bestattet.

Die großzügig gestalteten Friedhofsteile mit viel Grünfläche beheimaten zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Besonders schön anzusehen sind die etwa 9.000 Rhododendren, die zur Blütezeit im Mai für eine Farbenpracht im Grünen sorgen. Auf den Glatthaferwiesen am Westeingang des Friedhofs können nicht nur Vögel, Hasen und Eichhörnchen beobachtet werden, sondern mit etwas Glück auch Rehe oder Füchse. Der Rhododendrenbestand und die Glatthaferwiesen stehen unter Naturschutz.

Historisch künstlerische Grabkunst zu Ehren von Leipzigs Größen 


Auf dem Südfriedhof befinden sich viele Gräber berühmter Leipziger Persönlichkeiten, darunter jene der Verlegerfamilie Baedecker. Eine weitere berühmte deutsche Verlegerfamilie ist ebenfalls auf dem Südfriedhof vertreten, die Ullsteins. Ferdinand Eduard Ullstein wirkte in Leipzig als Papierhändler und starb 1912. Als künftige Familiengruft wurde ihm im folgenden Jahr eine sechs Meter steil aufsteigende Pyramide errichtet. Deren großes Bronzeportal ziert ein reichgeschmückter Türklopfer, der unbeweglich ist. 

Ihre letzte Ruhestätte fanden auch zahlreiche Gewandhauskapellmeister, darunter Carl Reinecke, Arthur Nikisch und Franz Konwitschny sowie die Thomaskantoren Gustav Schreck, Karl Straube, Günther Ramin und Erhard Mauersberger. Auch der Kabarettist Jürgen Hardt, die bedeutenden Maler Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer, die als Begründer der sogenannten Leipziger Schule gelten, sind auf dem Südfriedhof begraben. Sehr sehenswert sind die von berühmten Bildhauern wie Max Klinger, Carl Seffner und Walter Arnold geschaffenen historischen Grabmäler, welche in unterschiedlichen Stilen gestaltet wurden. Eine weitere Besonderheit ist das eindrucksvolle Grabmal von Kurt Masur aus dem Jahr 2017, welches in Gedenken an den weltberühmten Dirigenten und Leipziger Gewandhauskapellmeister als Ehrendenkmal errichtet wurde. Geschaffen hat es der Leipziger Bildhauer Markus Gläser in enger Absprache mit der Witwe Masurs, Tomoko Sakurai

Neben den ursprünglichen Grabmälern wurden einige Grabstätten auf den Südfriedhof umgebettet. Dazu gehört das Grab des Dichters Christian Fürchtegott Gellert vom Alten Johannisfriedhof und jenes des Bankiers und Handelsherren Christian Gottlob Frege und seiner Familie vom Schloss Abtnaundorf

Die Friedhofsbesucher stoßen aber auch auf moderne Kunst. So fertigten die niederländischen Künstler Ron Sluik und Reinier Kurpershoek ein Denkmal für Marinus van der Lubbe, das am 13. Januar 1999 eingeweiht wurde. Van der Lubbe hatte das Berliner Reichstagsgebäude in Brand gesetzt und wurde in einem legendären Prozess im Leipziger Reichsgericht zum Tode verurteilt. Nach seiner Hinrichtung auf dem Schießstand Bienitz bei Rückmarsdorf bestattete man ihn auf dem Südfriedhof. 

Wer sich intensiver mit dem Südfriedhof, den dort beerdigten Personen und der Grabmalkunst beschäftigen möchte, der sollte sich die Reihe „Die Kunst im Stillen“ zulegen, die von Friedhofsforscher Alfred E. Otto Paul verfasst und herausgegeben wird. Im Jahr 2020 erschien bereits Band 7 seiner einzigartigen Reihe, die dazu beiträgt, der Sepulkralkultur mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Führungen über den Südfriedhof bietet regelmäßig die Paul-Benndorf-Gesellschaft zu Leipzig e.V. an.

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